Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 24.02.2011

OVG Koblenz: örtliche zuständigkeit, schichtdienst, beamtenverhältnis, verordnung, erfüllung, feiertag, anteil, vertretung, quelle, beweisantrag

OVG
Koblenz
24.02.2011
10 A 11079/10.OVG
Beamtenrecht
Oberverwaltungsgericht
Rheinland-Pfalz
Beschluss
In dem Verwaltungsrechtsstreit
…………
- Kläger und Antragsteller -
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Andreas Gronimus, Alte Schulstraße 54, 53229 Bonn,
gegen
die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten der Wehrbereichsverwaltung West,
Wilhelm-Raabe-Straße 46, 40470 Düsseldorf,
- Beklagte und Antragsgegnerin -
wegen Freizeitausgleichs
hier: Zulassung der Berufung
hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom
24. Februar 2011, an der teilgenommen haben
Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling
Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig
Richterin am Oberverwaltungsgericht Brink
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom
29. Juli 2010 wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt.
G r ü n d e
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die vom Kläger geltend gemachten
Zulassungsgründe nicht gegeben sind.
Vorab ist festzustellen, dass das Streitverfahren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach der
Verwaltungsgerichtsordnung und nicht im Beschlussverfahren nach § 83 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2
Bundespersonalvertretungsgesetz – BPersVG - durchzuführen ist. Bei dem geltend gemachten Anspruch
auf Freizeitausgleich für die Personalratstätigkeit des Klägers nach § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG geht es
nicht um die Rechtsstellung der Personalvertretung bzw. eines einzelnen Mitglieds derselben in seiner
Eigenschaft als Personalrat, sondern es ist zu klären, welche Folgen aus einem
personalvertretungsrechtlich bedeutsamen Sachverhalt für die dienstrechtliche Stellung des Klägers zu
ziehen sind. Es handelt sich daher, wie schon das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Juli
2010 unter Hinweis auf einschlägige Kommentierungen und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 23. Oktober 1980 (Az.: 2 C 43/78, juris) ausgeführt hat, um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis.
Das vom Kläger zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht herangezogene Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Februar 2003 (Az.: 6 P 9/02, BVerwGE 118, 1) betrifft hingegen einen
Anspruch eines Personalrats auf Erstattung der ihm bei der Wahrnehmung personalvertretungsrechtlicher
Aufgaben und Befugnisse erwachsenen Kosten auf der Grundlage des § 44 Abs. 1 BPersVG. Dass ein
solcher Anspruch eine Streitigkeit gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BPersVG ist, wird schon im oben
genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 1980 zur Erläuterung der Abgrenzung
beider Verfahrensarten erwähnt. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher, anders als der Kläger meint,
seine Rechtsprechung nicht geändert.
Daraus folgt zugleich dass die vom Kläger insoweit geltend gemachte Grundsatzbedeutung (vgl. § 124
Abs. 2 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -) nicht gegeben ist. Streitigkeiten über den
Freizeitausgleich für Personalratstätigkeiten sind vielmehr nach höchstrichterlicher
Rechtsprechungeindeutig solche aus dem Beamtenverhältnis.
Ohne Erfolg bleibt auch die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge eines Verfahrensmangels (vgl. §
124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Soweit der Kläger die Entscheidung der Beamtenrechtskammer des
Verwaltungsgerichts Mainz anstelle der personalvertretungsrechtlichen Fachkammer beanstandet, kann
auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Nicht durchgreifend ist aber auch sein Einwand, das
Verwaltungsgericht Mainz sei für die von ihm angenommene beamtenrechtliche Streitigkeit örtlich
unzuständig gewesen. Ein etwaiger diesbezüglicher Verfahrensmangels unterliegt nämlich nicht, wie in §
124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO gefordert, der Beurteilung des Berufungsgerichts. Nachdem die Vorinstanz das
Verfahren nach § 83 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - eingehalten hat,
prüft der Senat nicht mehr die örtliche Zuständigkeit (vgl. § 83 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 5 GVG).
Die vom Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen
Entscheidung (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind ebenfalls nicht gegeben. Dabei kann der Kläger seine
Zweifel von vornherein nicht auf die Annahme des Verwaltungsgerichts stützen, bei einer viertägigen
Sitzung des Personalrats werde eine Inanspruchnahme von lediglich zehn Stunden für die ersten drei
Sitzungstage für den Fall berechnet, dass der vierte Tag durch eine ausfallende Schicht abgedeckt sei.
Eine derartige Annahme ist dem verwaltungsgerichtlichen Urteil nämlich nicht zu entnehmen. Vielmehr
begreift es aufgrund der Besonderheiten des Wechselschichtdienstes die vier Abwesenheitstage als
Einheit und rechnet auf dieser Grundlage für 34 Stunden Personalratsarbeit 24 Stunden Arbeitszeit plus
10 Stunden Freizeitausgleich an. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung
ergeben sich hieraus nicht. Der Kläger kann mit der von ihm angestrebten isolierten Betrachtung jedes
Abwesenheitstages eine Zulassung der Berufung nicht erreichen. Das Verwaltungsgerichtist vielmehr zu
Recht der Berechnung des Beklagten mit der Begründung gefolgt, nur diese Art der „Saldierung“ trage der
dem Schichtdienst zugrunde liegenden Eigenheit, dass die einzelnen Arbeitstage nicht unabhängig
voneinander zu sehen seien, sondern hinsichtlich der Erfüllung der Arbeitszeit in untrennbarem
Zusammenhang stünden, angemessen Rechnung. Dieses Ergebnis findet seine normative Verankerung
in § 87 Abs. 3 Satz 1 Bundesbeamtengesetz – BBG – i.V.m. der Verordnung über die Arbeitszeit der
Beamtinnen und Beamten des Bundes (Arbeitszeitverordnung – AZV -) in der hier maßgebenden Fassung
vom 16. Dezember 2010 (BAnz 2010 Nr. 194, 4262). Auch der im Schichtdienst tätige Beamte hat nach §
3 Abs. 1 Satz 1 AZV eine (durchschnittliche, vgl. § 2 Nr. 1 AZV) regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von
41 Stunden, die gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 AZV grundsätzlich auf Montag bis Freitag verteilt wird. Für jeden
Beamten ist daher im Grundsatz von einer Fünf-Tage-Woche auszugehen, auch wenn die Arbeitszeit
hiervon abweichend eingeteilt wird (vgl. VGH BW, Urteil vom 22. Oktober 2002 – 4 S 676/01 -, juris). Die
Arbeitszeitverordnung lässt im Interesse eines flexiblen Personaleinsatzes zwar verschiedene Modelle
der Arbeitszeitgestaltung zu; dies ändert aber nichts daran, dass das Arbeitszeitvolumen (sei es im
Hinblick auf die Wochenstundenzahl, sei es im Hinblick auf die sich von Montag bis Freitag erstreckende
Arbeitswoche) der Vollzeitbeamten gleich bleibt ohne Rücksicht darauf, ob sie feste Arbeitszeiten
einzuhalten haben oder im Schichtdienst tätig sind. Folgerichtig verkürzt sich zum Beispiel die
regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für jeden gesetzlichen Feiertag auch für Beamten im Schichtdienst,
selbst wenn sie an diesen Tagen keinen Dienst leisten mussten (§ 3 Abs. 3 AZV; vgl. hierzu BVerwG,
Urteil vom 1. April 2004 – 2 C 14/03, NVwZ-RR 2004, 864).
Hat das Verwaltungsgericht schon hiernach in nicht zu beanstandender Weise die gesamte Zeit der
Abwesenheit des Klägers wegen seiner Personalratstätigkeit als „regelmäßige Arbeitszeit“ zugrunde
gelegt, entspricht auch nur diese Vorgehensweise der Intention des § 46 Abs. 2 Satz BPersVG,
Personalratsmitglieder wegen ihrer Amtstätigkeit weder zu benachteiligen noch zu bevorzugen; § 46 Abs.
2 stellt insoweit eine besondere Ausprägung des § 8 BPersVG dar. Insoweit kann auf die
nachvollziehbaren Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen werden, denen der Senat folgt (Bl. 9
f. des Urteilsabdrucks).
Aus der einheitlichen Betrachtung der Abwesenheitstage des Klägers folgt zugleich, dass die von diesem
beanstandete „Rückwärtsverrechnung“ nicht erfolgt ist. Richtigkeitsbedenken hinsichtlich der
erstinstanzlichen Entscheidung kann er diesbezüglich daher nicht geltend machen. Gleiches gilt – soweit
überhaupt entscheidungsrelevant - bezüglich des Einwands des Klägers, durch die Abrechnungsweise
der Beklagten ergebe sich für ihn ein höherer Anteil an Wochenenddiensten; hierfür ist nämlich, wie schon
das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, nach Vorlage der Dienstpläne durch die Beklagte nichts
ersichtlich.
Grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt der vom Kläger als klärungsdürftig
aufgeworfenen Frage, wie der Freizeitausgleich nach § 46 Abs. 2 Satz 2 BPersVG in
Wechselschichtmodellen zu berechnen ist, ebenfalls nicht zu. Die von der Beklagten vorgenommene
Berechnungsweise lässt sich nämlich bereits – wie oben dargelegt – nicht nur unmittelbar aus § 87 BBG
i.V.m. den Vorschriften der Arbeitszeitverordnung entnehmen, sondern ist auch von § 46 Abs. 2 BPersVG
i.V.m. § 8 BPersVG geboten.
Soweit der Kläger einen Aufklärungsmangel geltend macht (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), weil das
Verwaltungsgericht seine zeitliche Inanspruchnahme durch die Personalratstätigkeit nicht durch
Beweiserhebung geklärt hat, ist ihm entgegenzuhalten, dass er trotz anwaltlicher Vertretung in der ersten
Instanz keinen diesbezüglichen Beweisantrag gestellt hat. Dem Verwaltungsgericht musste sich eine
Beweisaufnahme auch nicht aufdrängen, weil der Kläger trotz Nachfrage nicht erklärt hat, mehr als die
angenommenen 34 Stunden tätig gewesen zu sein.
Schließlich sind nach alledem auch besondere Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art nicht
ersichtlich (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes für das Zulassungsverfahren folgt aus §§ 47
Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
Der Beschluss ist gemäß § 52 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
gez. Steppling
gez. Hennig
gez. Brink