Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 01.10.2008

OVG Koblenz: bebauungsplan, wohnheim, gemeinderat, stiftung, öffentliche bekanntmachung, geistig behinderter, eigentum, landschaft, gefahr, anwohner

OVG
Koblenz
01.10.2008
8 C 10611/08.OVG
Baurecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Normenkontrollverfahren
1. des Herrn …
2. des Herrn …
- Antragsteller -
Prozessbevollmächtigte zu 1: Rechtsanwälte Heidemann & Baumgarten, Hauptstraße 90,
23879 Mölln,
Prozessbevollmächtigte zu 2: Rechtsanwälte Ewert und Kollegen, Rheinstraße 6, 76829 Landau,
gegen
die Ortsgemeinde Rülzheim, vertreten durch den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Rülzheim, Am
Deutschordensplatz 1, 76761 Rülzheim,
- Antragsgegnerin -
Prozessbevollmächtigte: Meiborg Rechtsanwälte, Hindenburgplatz 3, 55118 Mainz,
wegen Bebauungsplan (Normenkontrolle)
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 1. Oktober 2008, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held
Richterin am Oberverwaltungsgericht Lang
Richter am Oberverwaltungsgericht Müller-Rentschler
für Recht erkannt:
Die Normenkontrollanträge werden abgelehnt.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragsteller wenden sich mit ihren Normenkontrollanträgen gegen den Bebauungsplan
„Sondergebiet – Barrierefreies Wohnen“ der Antragsgegnerin.
Beide Antragsteller sind Eigentümer von mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücken im Wohngebiet
an der Straße „H… E…“. Beide Grundstücke grenzen im Süden – mit der Gartenseite – an einen ca. 3 m
breiten Wirtschaftsweg, der von der Straße „A. St.“ nach Westen abzweigt und Teil eines überörtlichen
Wander- und Radwegenetzes ist. Südlich an den Wirtschaftsweg grenzt das sehr große, unbebaute und
überwiegend mit Buchenmischwald bestandene Flurstück … an, das im Eigentum der Antragsgegnerin
steht. Südlich dieses Flurstücks und teilweise von ihm umgeben befindet sich das ebenfalls im Eigentum
der Antragsgegnerin stehende Flurstück …, das mit einer Sonderschule, einem Förderkindergarten und
Nebeneinrichtungen bebaut ist. Das Sonderschul- und Kindergartengelände wird über einen Privatweg
an die Straße „A. St.“ angebunden. Für den Bereich der beiden Flurstücke … und … enthält der
Flächennutzungsplan die Darstellung einer „Fläche für den Gemeinbedarf“ mit der Zweckbestimmung für
„sozialen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen“.
Am 31. Mai 2007 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans
„Sondergebiet - Barrierefreies Wohnen“. Das Plangebiet umfasst eine ca. 1,1 ha große Teilfläche im
Norden des Flurstücks 6061/6 ‑ zwischen dem Sonderschulgelände und dem Wirtschaftsweg - , innerhalb
deren eine 1.200 qm große Fläche als überbaubare Fläche für die Errichtung eines Wohnheims für
Menschen mit Behinderungen in der Trägerschaft der Jacob-Friedrich-Bussereau-Stiftung ausgewiesen
ist. Um dieses „Baufenster“ herum ist eine zwischen 3 und 7,75 m breite „nicht überbaubare
Grundstücksfläche“ vorgesehen. Im übrigen Plangebiet ‑ bis zum nördlich angrenzenden Wirtschaftsweg -
wird eine „Fläche für Wald“ festgesetzt, die zwischen der „nicht überbaubaren Grundstücksfläche“ und
dem Wirtschaftsweg eine Breite von ca. 26 m hat.
Im Anschluss an die vorgezogene Bürgerbeteiligung wandten sich rund 550 Personen – darunter die
beiden Antragssteller – mit einem Schreiben vom 20. August 2007 an die Fraktionen im Gemeinderat und
sprachen sich gegen die Rodung eines Teils der Waldfläche für die Errichtung der geplanten Wohnanlage
für 20 behinderte Menschen aus.
Da das Plangebiet innerhalb des Geltungsbereichs des Regionalen Raumordnungsplans (ROP)
Rheinpfalz am äußersten östlichen Rand eines „regionalen Grünzugs“ gelegen ist, wurde ein
Zielabweichungsverfahren nach § 10 Abs. 6 LPlG durchgeführt. Mit Bescheid vom 31. Oktober 2007 ließ
die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd für die Ausweisung des geplanten „Sondergebietes -
Barrierefreies Wohnen“ eine Abweichung von dem raumordnerischen Ziel „regionaler Grünzug“ zu.
Nachdem im Laufe des Planaufstellungsverfahrens ein Grundstück südlich der K.-M.-Straße, auf dem
bereits eine Streuobstwiese als Ausgleichsfläche angelegt ist, als Alternativstandort für das geplante
Behindertenwohnheim in die Diskussion gebracht worden war, holte die Antragsgegnerin hierzu fachliche
Stellungnahmen ein. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 wies die Kreisverwaltung Germersheim
darauf hin, dass der Alternativstandort in einem „regionalen Grünzug“ des ROP Rheinpfalz gelegen sei
und daher gegen Ziele der Raumordnung verstoße. Eine Änderung des Flächennutzungsplans, der hier
eine „landespflegerisch begründete Siedlungsgrenze“ darstelle, zugunsten einer Sonderbaufläche sei
gemäß § 1 Abs. 4 BauGB nicht genehmigungsfähig, die Aufstellung eines entsprechenden
Bebauungsplans daher gemäß § 8 Abs. 2 BauGB materiell rechtswidrig.
Im Zuge der Anhörung von Trägern öffentlicher Belange führte das Forstamt „Pfälzer Rheinauen“ aus,
dass aus Gründen der Verkehrssicherheit alle Bäume im Umgriff des geplanten Wohnheimgebäudes, die
eine Gefahr – z. B. durch Windwurf – darstellten, zu fällen seien und für den Waldverlust auf den
überbauten Flächen Ersatzaufforstungen im Verhältnis 1 : 1 erbracht werden müssten. Die NABU
Regionalstelle Süd machte geltend, trotz der notwendigen Fällung eines mittelalten Baumbestandes
würden keine Einwendungen aus naturschutzfachlicher Sicht vorgebracht, da die zu rodende Fläche klein
sei, keine Vorkommen seltener Vogelarten bekannt seien und die Bebauung wegen der bereits im Wald
vorhandenen Sonderschule den Charakter einer Nachverdichtung habe.
Am 17. Januar 2008 wurde der Beschluss des Gemeinderates über die Offenlegung des
Bebauungsplanentwurfs unter Angabe der Planbezeichnung „Sondergebiet – Barrierefreies Wohnen“ und
Beifügung der Planzeichnung öffentlich bekannt gemacht. Im Verlaufe der Offenlegung des Planentwurfs
vom 28. Januar bis 29. Februar 2008 brachte der Antragsteller zu 2.) in einem Schreiben vom 28. Februar
2008 gegen den Bebauungsplan insbesondere vor, es sei unklar, ob ein barrierefreies Wohnheim für
Rollstuhlfahrer, ein Wohnheim für geistig Behinderte oder ein Altenwohnheim geplant sei; es gebe
weitere, besonders für die Integration von geistig Behinderten geeignete Alternativstandorte im Ortskern;
die Belange der Anwohner seien bisher nicht genügend berücksichtigt worden. Der Antragsteller zu 1.)
schloss sich in einem Schreiben vom 28. Februar 2008 den Ausführungen der Eigentümer des Anwesens
„H.E. “ vom selben Tage an, die insbesondere geltend gemacht hatten, der Bebauungsplan sei
abwägungsfehlerhaft, weil die Streuobstwiese an der K.-M.-Straße nicht als Alternativstandort
berücksichtigt und die Eigentumsinteressen der benachbarten Wohnbebauung, insbesondere im Hinblick
auf die Interaktionen der vorhandenen Anwohner mit den künftigen Bewohnern der geplanten Einrichtung,
nicht in die Abwägung eingestellt worden seien.
In seiner Sitzung vom 3. April 2008 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan
einschließlich Begründung mit Umweltbericht als Satzung. Zugleich wurde beschlossen, die u. a. von den
Antragstellern vorgebrachten Anregungen und Bedenken zur Kenntnis zu nehmen, aber an den Fest-
setzungen des Bebauungsplans festzuhalten.
Der Bebauungsplan setzt ein „Sondergebiet – Barrierefreies Wohnen“ als „sonstiges Sondergebiet“ i. S. v.
§ 11 BauNVO mit einer überbaubaren Grundfläche von 1.200 qm und einer höchstzulässigen
Geschossfläche von 2.400 qm bei maximal zwei Vollgeschossen und einer maximalen Firsthöhe von 11 m
fest. Nach Ziffer 1.5 der textlichen Festsetzungen werden dem Plangebiet gemäß § 9 Abs. 1 a BauGB als
Ausgleichsmaßnahme eine Teilfläche von 4.400 qm Größe des ca. 1.400 m westlich des
Bebauungsplanvorhabens in der Gewanne „W.“ gelegenen Flurstücks Nr. … (westlich des Sees und des
Hundesportplatzes) sowie die darauf auszuführenden Ausgleichsmaßnahmen (Aufforstung mit
standortgerechtem Laubmischwald) zugeordnet.
In der Begründung des Bebauungsplans wird insbesondere ausgeführt, der Bebauungsplan solle
Planungs- und Baurecht zur Errichtung eines Wohnheims für behinderte Menschen mit ca. 20
Wohnheimplätzen schaffen. Der demographische Wandel der Bevölkerung in Deutschland habe zur
Folge, dass Altenheime und barrierefreie Wohnheime für Menschen mit Behinderungen an Bedeutung
gewonnen hätten. Um diesem Bedarf zu entsprechen, solle das Vorhaben im „Sondergebiet –
Barrierefreies Wohnen“ realisiert werden. Nach Prüfung und Abwägung verschiedener
Standortalternativen, darunter auch des bereits als Ausgleichsfläche (Streuobstwiese) angelegten
Grundstücks südlich der K.-M.-Straße, habe sich der Gemeinderat entschieden, die bereits im
Flächennutzungsplan mit der Zweckbestimmung für „sozialen Zwecken dienende Gebäude und
Einrichtungen“ dargestellte Fläche als Standort für das barrierefreie Wohnheim für Menschen mit
Behinderungen vorzusehen.
Im „Umweltbericht“ als Bestandteil der Begründung wird ausgeführt, die Ausrichtung der geplanten
Einrichtung als „Wohnheim für behinderte Menschen“ – mit überwiegend geistigen Behinderungen – habe
bei der Standortwahl eine besondere Rolle gespielt. Weiter wird im Rahmen der Beschreibung des der-
zeitigen Umweltzustandes und der zu erwartenden Auswirkungen auf die natürlichen Schutzgüter infolge
der Realisierung der Planung im Hinblick auf das Schutzgut „Mensch“ ausgeführt, aus dem Betrieb des
geplanten Wohnheims würden sich kaum Beeinträchtigungen ergeben. Das durch den Betrieb hervor-
gerufene Verkehrsaufkommen beschränke sich auf Betreuungs-, Anliefer- und Besucherverkehr und
werde über die bereits vorhandene Erschließung des Sonderschul- bzw. Kindergartenstandortes
abgewickelt. Art, Umfang und Schwere der sich aus dem geplanten Bauvorhaben ergebenden
Betroffenheiten seien als sehr untergeordnet zu bezeichnen. Möglichen sehr geringen
Beeinträchtigungen seien die Positivwirkungen der Anlage für dessen künftige Bewohner gegenüber zu
stellen. Im Rahmen der Bilanzierung des planungsbedingten Eingriffs in Natur und Landschaft wird
dargelegt, dass sich der Ausgleichsumfang aus dem erforderlichen Ausgleich für die Neuversiegelung
bisher unversiegelter Waldflächen und dem forstwirtschaftlichen Ausgleich für die Rodung von Wald –
jeweils eine Fläche von ca. 2.200 qm betreffend – zusammensetze. Mit der in Abstimmung mit dem
Forstamt und der Unteren Naturschutzbehörde durchzuführenden Aufforstung von zunächst 4.400 qm der
zugeordneten Ausgleichsfläche könne ein Ausgleich sowohl für die Neuversiegelung als auch für den
Verlust von Waldfläche geschaffen werden. Obwohl grundsätzlich ein Ausgleichsverhältnis von 1 : 1
ausreichend wäre, habe sich der Gemeinderat für ein Ausgleichsverhältnis von 1 : 2 entschieden, um
auch den Verlust von im Rahmen der Verkehrssicherung zu fällenden Einzelbäumen zu kompensieren.
Durch die auch danach noch verbleibende „Überkompensation“ wolle die Gemeinde ihr besonderes
Anliegen einer nachhaltigen Waldentwicklung unterstreichen.
Mit Schreiben vom 9. April 2008 wurde den Antragstellern die Beschlussfassung des Rates über die von
ihnen vorgebrachten Bedenken und Anregungen mit der sich aus der fachlichen Stellungnahme hierzu
ergebenden Begründung mitgeteilt.
Der Bebauungsplan wurde am 7. Mai 2008 ausgefertigt und am 21. Mai 2008 ortsüblich bekanntgemacht.
Mit ihren am 11. Juni 2008 bzw. 01. September 2008 eingegangenen Normenkontrollanträgen verfolgen
die Antragsteller ihre Begehren weiter.
Der Antragsteller zu 1.) trägt vor, der Bebauungsplan verstoße gegen das Abwägungsgebot. Der
Gemeinderat habe sich mit dem Schutzgut Eigentum der unmittelbar angrenzenden, mit Wohnhäusern
bebauten Grundstücke überhaupt nicht befasst. Die Streuobstwiese hätte als für das Planungsvorhaben
geeigneter Alternativstandort in die Abwägung eingestellt werden müssen, zumal es dort zu einer
wesentlich geringeren Beeinträchtigung privater Belange, insbesondere durch Emissionen und sonstige
Betroffenheiten von zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken kommen würde. Soweit die
Antragsgegnerin den Alternativstandort erst nach Abschluss der Offenlegung des Bebauungsplans im
Rahmen einer geänderten Fassung der Planbegründung in die Abwägung eingestellt habe, hätte sie den
Bebauungsplan gemäß § 4 a Abs. 3 BauGB erneut auslegen müssen. Die Beeinträchtigung des
raumordnerischen Ziels „regionaler Grünzug“ könne auch bei der Streuobstwiese durch ein
Zielabweichungsverfahren überwunden werden. Auch im Rahmen der Untersuchung der
Sozialverträglichkeit des Vorhabens sei die unmittelbar benachbarte Wohnbebauung mit
Einfamilienhäusern abwägungsfehlerhaft nicht erwähnt worden. Ebenso wenig seien im Hinblick auf das
Schutzgut „Mensch“ die Interaktionen der vorhandenen Anwohner mit den zu erwartenden Bewohnern der
geplanten Einrichtung abgewogen worden. Auch die Emissionsbelastung der unmittelbar neben dem
Plangebiet gelegenen Grundstücke durch Lärm und Geruch sei keineswegs wegen geringfügiger
Betroffenheit abwägungsunbeachtlich. Denn die Einrichtung eines zweistöckigen Behindertenwohnheims
erfordere Lieferverkehr im Plangebiet und das Betreiben von Versorgungseinrichtungen wie Küche und
Wäscherei mit entsprechender Geruchsentwicklung. Auch die Lebensäußerungen der Bewohner sowie
die Gefahr, dass sie die Grundstücke und Gebäude im Wohngebiet betreten, seien beachtlich, da die
Heimbewohner in ihrem Verhalten nicht immer rationalen Vorgaben folgen würden. Mit den
entsprechenden Einwendungen der Antragsteller habe sich die Begründung des Plans nicht auseinander
gesetzt. Darüber hinaus sei die Abwägung auch in Bezug auf den Ausgleich für planungsbedingte
Eingriffe in Natur und Landschaft fehlerhaft, da die für die Ausgleichsmaßnahme vorgesehenen Flächen
im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht im Eigentum der Gemeinde gestanden hätten. Schließlich sei
auch die Abwägung sonstiger Umweltbelange mangelhaft, denn der Umweltbericht räume selbst ein, dass
einige erforderliche Informationen nicht aus vorhandenen Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit
hätten abgeleitet werden können.
Der Antragsteller zu 2.) führt aus, der Bebauungsplan sei bereits aus formellen Gründen rechtswidrig. Die
Bezeichnung des Bebauungsplans in der Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung als „Sondergebiet
– Barrierefreies Wohnen“ habe der Anstoßfunktion der Bekanntmachung nicht genügen können, da aus
der Bekanntmachung nicht ersichtlich gewesen sei, dass es um ein Wohnheim mit 20 Plätzen für
behinderte Menschen mit überwiegend geistigen Behinderungen ging. Auch die Beteiligung der Träger
öffentlicher Belange sei fehlerhaft gewesen, weil diese offenbar von einem Bedarf in der
Verbandsgemeinde für ein Behindertenwohnheim, also von einer Daseinsfürsorge der
Verbandsgemeinde für ihre Bürger, und nicht von der Ansiedlung einer wirtschaftlich selbständigen
Einrichtung einer Stiftung ausgegangen seien. Darüber hinaus entspreche die Planung, bei der es sich
um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan handele, nicht den Vorgaben des § 12 BauGB, da es an
dem notwendigen Durchführungs- und Erschließungsvertrag fehle. Der Bebauungsplan stehe aber auch
mit dem materiellen Recht nicht im Einklang. Es fehle an der Auseinandersetzung mit der Frage, ob für die
Verbandsgemeinde ein Bedarf für ein Wohnheim für 20 Rollstuhlfahrer bestehe. Mit den
Eigentumsgrundrechten der Eigentümer der sich unmittelbar im Anschluss an das Plangebiet befindlichen
Wohnbebauung habe sich die Gemeinde nicht auseinandergesetzt. Die als Alternativstandort in Betracht
kommende Streuobstwiese finde im Abwägungsvorgang keine Erwähnung. Auch ein weiterer Alter-
nativstandort, das Anwesen „M. O…“, sei in der Planung nicht in Betracht gezogen worden, obwohl es von
einer Erbengemeinschaft für den Bau des Heimes angeboten worden sei. Im Umweltbericht werde mit
keinem Wort auf die Wechselbeziehungen zwischen der Normalbevölkerung, den Anwohnern, und der zu
erwartenden Neubevölkerung, den Heimmitgliedern, eingegangen. Auch mit den entstehenden Lärm-
und Geruchsemissionen habe sich die Gemeinde nicht auseinandergesetzt. Ferner sei der Ausgleich der
zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft unzureichend, weil es an dem erforderlichen
Mindestmaß an rechtlicher Bindung der Gemeinde für die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen fehle,
denn es lägen nur Absichtserklärungen der Gemeinde vor. Schließlich sei die Methodik der
Umweltprüfung zu beanstanden, weil die Annahmen nach eigenen Angaben der Entwurfsverfasser nicht
wissenschaftlich gestützt seien, sondern nur subjektiven Annahmen entsprächen.
Die Antragsteller beantragen jeweils,
den Bebauungsplan „Sondergebiet – Barrierefreies Wohnen“ der Antragsgegnerin für unwirksam zu
erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Normenkontrollanträge zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass das geplante Wohnheim in einer Entfernung von ca. 38 m von den
Grundstücksgrenzen der Antragsteller errichtet werden solle, von denen es durch einen ca. 26 m breiten
Waldstreifen und einen Wirtschaftsweg getrennt werde. Entgegen der Annahme der Antragsteller sei eine
Großküche nicht erforderlich, da das Mittagessen für die Bewohner des geplanten Wohnheims aus der
Zentralküche der Stiftung in Herxheim angeliefert werden solle. Die Befürchtung der Antragsteller, dass
sich die künftigen Heimbewohner nicht nur auf dem Gelände des Wohnheims aufhalten, sondern auch die
Gärten und u. U. die Häuser der Antragsteller betreten werden, sei fernliegend, da die Heimbewohner
ständig durch qualifiziertes Personal betreut würden. Die Gemeinde habe sich durchaus mit dem
Alternativstandort „Streuobstwiese“ auseinandergesetzt, der sich jedoch aus rechtlichen Gründen als nicht
geeignet erwiesen habe. Zudem sei dieser Standort teilweise näher an vorhandener Wohnbebauung
gelegen und nicht durch einen Waldstreifen von dieser getrennt. Der weitere, erstmals im gerichtlichen
Verfahren angesprochene Alternativstandort „M. O…“ sei mit einer Fläche von 540 qm für das geplante
Wohnheim zu klein. Das für die Ersatzaufforstung vorgesehene Grundstück befinde sich entgegen der
Annahme der Antragsteller im Eigentum der Gemeinde. Auch die Ermittlung und Bewertung der sonstigen
Umweltbelange weise keine Fehler auf.
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten
Schriftsätzen und Schriftstücken sowie aus den beigezogenen Unterlagen des
Planaufstellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässigen Normenkontrollanträge sind nicht begründet. Der angegriffene Bebauungsplan hält der
rechtlichen Überprüfung stand.
Der Bebauungsplan ist zunächst in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Es ist nicht ersichtlich, dass die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des Bebauungsplans vom 17.
Januar 2008 der so genannten „Anstoßfunktion“ der Bekanntmachung nicht genügt hat (vgl. dazu
BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984, BVerwGE 69, 344, 345 f.). Zwar ließ sich der Bezeichnung des
Plangebiets als „Sondergebiet - Barrierefreies Wohnen“ nicht eindeutig entnehmen, dass Ziel des
Bebauungsplans die Schaffung der planungsrechtlichen Grundlagen für die Errichtung eines Wohnheims
für behinderte Menschen mit ca. 20 Wohnheimplätzen war. Wie sich aus dem Umstand ergibt, dass sich
schon aufgrund der frühzeitigen Bürgerbeteiligung nicht weniger als 550 Bürger mit einem Sammel-
einwendungsschreiben vom 20. August 2007 ausdrücklich gegen die Errichtung einer „Wohnanlage für
20 behinderte Menschen“ gewandt hatten, bedurfte es indessen insoweit keiner besonderen
Anstoßfunktion der Bekanntmachung mehr. Denn aufgrund der bereits seit dem Stadium der Vorplanung
geführten öffentlichen Diskussionen in der Gemeinde war die konkrete Zweckbestimmung des durch den
Plan ermöglichten Vorhabens ohnehin allgemein bekannt. Im Übrigen wäre ein etwaiges Defizit der
öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2. Halbsatz BauGB hier
unbeachtlich. Denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Belange, die von Bürgern im Rahmen der
Öffentlichkeitsbeteiligung hätten geltend gemacht werden können und nicht unerheblich gewesen wären,
in der Abwägung unberücksichtigt geblieben sind. Wie noch auszuführen sein wird, sind vielmehr
insbesondere die Belange der benachbarten Wohnbebauung sowie alle einschlägigen Belange des
Umweltschutzes im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB umfassend in die Abwägung mit dem ihnen
zukommenden Gewicht eingestellt worden.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers zu 2) bedurfte der Planentwurf nicht gemäß § 4 a Abs. 3 Satz 1
BauGB der erneuten Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB, weil die Begründung des Planentwurfs unter
Ziffer 1.2 „Prüfung alternativer Standorte“ erst nach der öffentlichen Auslegung vom 28. Januar bis 29.
Februar 2008 - nämlich in der Fassung vom April 2008 - um Ausführungen zu der Streuobstwiese auf
einem Grundstück südlich der K.-M.-Straße als Alternativstandort ergänzt worden ist. Eine die erneute
Auslegung erfordernde Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplans im Sinne von § 4 a Abs. 3 Satz 1
BauGB ist grundsätzlich nur gegeben, wenn Festsetzungen des Bebauungsplans (nachträglich) geändert
oder ergänzt werden (vgl. z. B. Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 4 a, Rn. 5). Die
(bloße) Änderung oder Ergänzung der Begründung des Planentwurfs erfordert nur dann eine erneute
Auslegung, wenn der Planentwurf ohne jegliche oder mit einer völlig unzureichenden Begründung
ausgelegt worden ist; daneben wird noch vertreten, dass eine Änderung des Umweltberichts (als Teil der
Begründung des Planentwurfs) dann eine erneute Auslegung erforderlich macht, wenn die Gemeinde die
darin zu machenden Angaben „wegen der Besorgnis zusätzlicher oder anderer nachteiliger
Umweltauswirkungen ändert oder ergänzt“ (so noch § 3 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbsatz BauGB a.F., jetzt nicht
mehr ausdrücklich in § 4 a Abs. 3 BauGB n.F. gefordert, aber in der Fachliteratur zum Teil unter Hinweis
auf die Gesetzesmaterialien für notwendig erachtet, vgl. z. B. Gaentzsch, a.a.O., Rn. 6). Hier war der
Bebauungsplanentwurf indessen weder mit einer völlig unzureichenden Begründung ausgelegt worden,
noch wurden nach der Auslegung Festsetzungen geändert oder ergänzt. Zwar wurde auch der
Umweltbericht u.a. um die Ziffer 10.7 „Darstellung der Prüfung anderweitiger Planungsmöglichkeiten“
ergänzt, doch beruhte dies gerade nicht auf einer Besorgnis zusätzlicher oder anderer nachteiliger
Umweltauswirkungen, sondern lediglich auf der zusätzlichen Einbeziehung der Streuobstwiese in die
Prüfung alternativer Standorte.
Der angegriffene Bebauungsplan ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Ihm kann zunächst die städtebauliche Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht
abgesprochen werden. Erforderlich für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Sinne dieser
Vorschrift ist ein Bebauungsplan nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann,
wenn seine Aufstellung nach der planerischen Konzeption der Gemeinde als erforderlich angesehen
werden kann; welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem - grundsätzlich weiten -
planerischen Ermessen (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss v. 11.05.1999, NVwZ 1999, S. 1338), weshalb ein
Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen in
Betracht kommt (vgl. OVG RP, Urteil v. 16.01.1985, NVwZ 1985, S. 766).
Auch wenn vorliegend das Plangebiet mit ca. 1,1 ha Größe relativ klein ist und die Planung nur ein
einzelnes Vorhaben betrifft, erforderte die Errichtung eines größeren Baukörpers in einer bisherigen
Außenbereichslage - verbunden mit der Notwendigkeit, einen Teil eines bestehenden
Buchenmischwaldes zu roden - sowie die konkrete Zweckbestimmung als Wohnheim für behinderte
Menschen eine abwägende Konfliktbewältigung, sowohl der Umweltbelange als auch der Belange der
künftigen Bewohner und der Nachbarschaft, in einem Planungsprozess. Im Übrigen verlangt § 1 Abs. 3
BauGB nicht, dass für die Planung ‑ überhaupt und an dieser Stelle - zwingende Gründe gegeben sein
müssen. Die Aufstellung eines Bebauungsplans ist namentlich auch zur Schaffung der planerischen
Voraussetzungen zulässig, um einer Bedarfslage in der näheren Zukunft gerecht zu werden (vgl. z. B.
Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, § 1, Rn. 32). Hier hat die Antragsgegnerin
nachvollziehbar dargelegt, dass sie mit der Planung auf einen vom vorgesehenen künftigen Träger der
Einrichtung plausibel dargelegten Bedarf für ein Wohnheim zur Unterbringung vorwiegend älterer
Menschen mit geistigen Behinderungen reagiert hat, die derzeit noch in einem anderen Wohnheim, das
geschlossen werden soll, untergebracht sind. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist die
Antragsgegnerin nicht darauf beschränkt, mit der Planung einem in der örtlichen Gemeinschaft
wurzelnden Bedarf an Wohnheimplätzen für Behinderte Rechnung zu tragen, oder Aufgaben der
Daseinsvorsorge gerade für die Bürger der Gemeinde zu erfüllen. Sie kann ‑ gerade als Gemeinde, die
Sitz einer Verbandsgemeindeverwaltung und raumordnerisch als Grundzentrum eingestuft ist - auch
einen Bedarf, der über die Gemeindegrenzen hinausreicht, aufgreifen, um sich als Standort zentraler
sozialer Einrichtungen - neben den schon in unmittelbarer Nähe bestehenden Einrichtungen einer
Sonderschule und eines Förderkindergartens - weiter zu profilieren.
Vor diesem Hintergrund begegnet auch das Zusammenwirken der Gemeinde mit der Jacob-Friedrich-
Bussereau-Stiftung als privatem Investor bei der Einleitung des Verfahrens und der Aufstellung des Plans
keinen durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf § 1 Abs. 3 BauGB. Die Gemeinde darf auch
hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass für die Aufstellung eines Bebauungsplans nehmen
und sich dabei an Wünschen des künftigen Vorhabenbetreibers orientieren, solange sie zugleich auch
städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolgt (vgl. Söfker, in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., Rn. 34), also keine bloße „Gefälligkeitsplanung“ vorliegt
(vgl. dazu: BVerwG, Beschluss vom 16. August 1993 - 4 NB 29.93 -, juris). Von einer derartigen bloßen
Gefälligkeitsplanung kann hier keine Rede sein, weil der Bebauungsplan sich schon aus den oben
genannten Gründen zur Gewährleistung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Sinne von § 1
Abs. 5 BauGB als erforderlich erweist und die Antragsgegnerin zudem mit dem Ziel der Stärkung und
Weiterentwicklung der Gemeinde als Standort zentraler sozialer Einrichtungen ein legitimes
städtebauliches Interesse verfolgt.
Die konkreten Festsetzungen des Bebauungsplans stehen mit höherrangigem Recht im Einklang.
Insbesondere entspricht die Festsetzung des „Sondergebiets - Barrierefreies Wohnen“ den Vorgaben des
§ 11 Abs. 2 BauNVO für die Festsetzung eines „sonstigen Sondergebiets“. In Ziffer 1.1.1 der
Textfestsetzungen ist die Zweckbestimmung des Sondergebiets entsprechend den Anforderungen des
§ 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hinreichend eindeutig dahin festgelegt worden, dass das Sondergebiet der
„Errichtung eines barrierefreien Wohnheims für Menschen mit Behinderungen mit den erforderlichen
Nebenanlagen und Stellplätzen“ dienen soll. Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass damit
zugleich die in dem Sondergebiet zulässige Art der Nutzung im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO
hinreichend konkret und im Einklang mit der Zweckbestimmung festgelegt worden ist. Weitergehender
Differenzierungen - etwa hinsichtlich der Art der Behinderungen der Menschen, zu deren Unterbringung
das Sondergebiet dienen soll - bedurfte es in diesem Rahmen nicht.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers zu 2.) müssen daneben nicht die besonderen gesetzlichen
Voraussetzungen für einen „vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ im Sinne von § 12 BauGB erfüllt sein.
Der vorliegende Bebauungsplan ist kein „vorhabenbezogener Bebauungsplan“ im Sinne dieser Vorschrift
und hätte auch nicht als solcher erlassen werden müssen. Während der vorhabenbezogene
Bebauungsplan gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB wesentlich dadurch gekennzeichnet ist, dass ein
Vorhabenträger (in der Regel, aber nicht zwingend, auf eigene Initiative) einen „Vorhaben- und
Erschließungsplan“ aufstellt, sich aufgrund eines Durchführungsvertrages mit der Gemeinde zur
Verwirklichung des Vorhabens einschließlich der Erschließungsanlagen auf eigene Kosten verpflichtet
und die Gemeinde im Wesentlichen lediglich die Zulässigkeit des Vorhabens in einem Bebauungsplan
bestimmt, hat die Antragsgegnerin hier aufgrund eines von der genannten Stiftung geltend gemachten
Bedarfs für ein Wohnheim die Planung in einem herkömmlichen Bebauungsplan in eigener Ver-
antwortung erarbeitet und rechtswirksam aufgestellt. Es bestand auch keine Verpflichtung der
Antragsgegnerin, sich des Instruments des vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu bedienen, weil
Gegenstand der Planung ein konkretes Vorhaben (Behindertenwohnheim) eines „Investors“ ist. Nach dem
BauGB besteht kein Vorrang des vorhabenbezogenen Bebauungsplans im Sinne von § 12 BauGB. Das
Gesetz stellt vielmehr beide Planungsinstrumente ohne ein Rangverhältnis nebeneinander. Die
Gemeinde kann nach der konkreten Sachlage auswählen, ob sie sich des vorhabenbezogenen
Bebauungsplans oder eines herkömmlichen Bebauungsplans bedienen will (vgl. Krautzberger, in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O., § 12, Rn. 3 und 19).
Der Bebauungsplan steht schließlich auch mit den Anforderungen des Abwägungsgebots gemäß § 1
Abs. 7 BauGB im Einklang.
Danach sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander
und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine sachgerechte
Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung abwägungsbeachtliche Belange nicht
eingestellt werden oder ihre Bedeutung verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen in
unverhältnismäßiger Art und Weise erfolgt. Innerhalb des gesetzlich so gezogenen Rahmens wird das
Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen
verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des
anderen entscheidet (st. Rspr. des BVerwG, vgl. z.B. BVerwGE 34, 301 309; 45, 309, 314 f.; 48, 56, 63).
Vorliegend bestehen zunächst keine Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin die privaten
Eigentumsinteressen der Antragsteller grundsätzlich gesehen und in die Abwägung eingestellt hat. Dies
gilt zum einen für das Interesse der Antragsteller als Eigentümer benachbarter Wohnanwesen, von
etwaigen Geräusch- und Geruchsimmissionen des geplanten Wohnheims sowie von Belästigungen im
Rahmen der Wechselbeziehungen zwischen Anwohnern und künftigen Heimbewohnern verschont zu
bleiben. Schon der Umweltbericht als Bestandteil der Planbegründung setzt sich unter Ziffer 10.4.7
(„Schutzgut Mensch“) - wenn auch knapp - mit Beeinträchtigungen für die nächste angrenzende
Wohnbebauung auseinander. Insbesondere aber hat der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 3. April 2008
die fachliche Stellungnahme zu den in der Öffentlichkeitsbeteiligung ‑ auch von den Antragstellern -
vorgebrachten Anregungen „zur Kenntnis genommen“, sich also damit auseinandergesetzt, aber in deren
Kenntnis an den Festsetzungen festgehalten. Die dadurch in Bezug genommene fachliche Stellungnahme
enthält eine Auseinandersetzung auch mit der von den Antragstellern vorgebrachten „Betroffenheit des
nach Art. 14 GG geschützten Privateigentums“, etwa durch „Interaktionen zwischen künftigen Bewohnern
und Anwohnern“, sowie mit „Bedenken hinsichtlich der Sozialverträglichkeit des Wohnheims mit
angrenzender Wohnnutzung“ und mit „Lärmimmissionen (Verkehrs- und Betriebslärm)“ sowie mit den
generell behaupteten „unzumutbaren Beeinträchtigungen der Anwohner“ (vgl. die fachliche
Stellungnahme in Teil 7 der Verwaltungsakte, S. 10 ff.).
Zum anderen trifft die Behauptung der Antragsteller nicht zu, die Antragsgegnerin habe sich mit ihrem
Interesse an der Berücksichtigung von Alternativstandorten für das Wohnheim, die von ihrem Eigentum
weiter entfernt liegen, nicht auseinandergesetzt. So findet sich in der Begründung des Bebauungsplans
unter Ziffer 1.2 „Prüfung alternativer Standorte“ eine eingehende Auseinandersetzung mit der Frage der
Eignung der Streuobstwiese auf einem Grundstück südlich der K.-M.-Straße als „weiterem
Alternativstandort“, ebenso im Umweltbericht unter Ziffer 10.7, und auch in der vom Gemeinderat
gewürdigten fachlichen Stellungnahme zu den Einwendungen der Antragsteller (dortige S. 14 f.). Das vom
Antragsteller zu 2.) erstmals im gerichtlichen Verfahren angesprochene Anwesen „M. O…“ ist zwar im
Planaufstellungsverfahren als Alternativstandort nicht ausdrücklich geprüft worden. Indessen hatten die
Antragsteller dieses Anwesen im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht konkret benannt, und seine
Einbeziehung in die Abwägung musste sich der Antragsgegnerin nach Lage der Dinge auch nicht
aufdrängen. Vielmehr spricht alles dafür, dass das Grundstück mit einer Fläche von nur 540 m² für die
Errichtung des hier geplanten Behindertenwohnheims mit 20 Wohnheimplätzen schon von der Größe her
und wohl auch wegen seiner Lage an einer stark befahrenen Kreuzung von vornherein ungeeignet
gewesen wäre.
Die Antragsgegnerin hat im Rahmen ihrer Abwägung auch keineswegs die Bedeutung der privaten
Eigentumsinteressen der Antragsteller verkannt, ihnen insbesondere kein zu geringes Gewicht
beigemessen.
So hat die Antragsgegnerin zunächst das Interesse der Antragsteller, von (zusätzlichen) Geräusch- und
Geruchsimmissionen durch den Betriebs des Wohnheims verschont zu bleiben, nicht zu gering gewichtet,
sondern ist zu Recht von einer allenfalls geringfügigen Betroffenheit der benachbarten Wohnbebauung
ausgegangen. Dies gilt zum einen für die zu erwartenden, mit dem Betrieb des Wohnheims
zusammenhängenden Geräuschimmissionen. Die Einschätzung der Antragsgegnerin, das weder durch
das Verkehrsaufkommen zum und vom Wohnheim noch durch dessen Betrieb für die angrenzende
Wohnbebauung unverträgliche Lärmimmissionen zu erwarten sind, ist ohne weiteres nachvollziehbar.
Beim Verkehrsaufkommen handelt es sich vorwiegend um Anliefer- und Mitarbeiterverkehr, der über die
vorhandene Anbindung der Zufahrt zum Wohnheim an die Straße „A. St.“ - nämlich über einen Privatweg
und den Sonderschulhof an der künftigen (von den Anwesen der Antragsteller abgewandten)
Gebäudesüdseite - geführt wird; schon aufgrund der Entfernung von rund 50 m zur Wohnbebauung und
der abschirmenden Wirkung des erhalten bleibenden Waldes und des Wohnheimbaukörpers sind mehr
als nur unerhebliche Belästigungen nicht zu erwarten. Dies gilt erst recht für den Besucherverkehr, der bei
20 Wohnheimplätzen von der Antragsgegnerin zu Recht als von „untergeordneter Bedeutung“ eingestuft
wurde. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass mit einer nennenswerten Steigerung des
Verkehrsaufkommens auf der Straße „H. E.“, an der die Anwesen der Antragsteller gelegen sind, infolge
des Wohnheimbetriebs zu rechnen ist, da die Anbindung an das überörtliche Verkehrsnetz über die
Straße „A. St.“ erfolgt (vgl. dazu die Begründung des Bebauungsplans, S. 8 und 25). Sonstige
Betriebsgeräusche von ins Gewicht fallender Intensität sind von den Antragstellern nicht konkret dargelegt
worden, angesichts der Entfernung des Wohnheims zu ihren Anwesen und der Abschirmung durch den
verbleibenden Waldstreifen auch nicht zu erwarten. Etwaige Lautäußerungen der Wohnheimbewohner
wären, soweit sie überhaupt wahrnehmbar sein werden, ebenso wie etwa der Lärm von spielenden
Kindern in einem benachbarten reinen oder allgemeinen Wohngebiet als sozialadäquat hinzunehmen.
Was zum anderen die von den Antragstellern ins Feld geführten Geruchsimmissionen angeht, bedurften
diese schon keiner näheren Auseinandersetzung im Abwägungsprozess, weil das Vorbringen der
Antragsteller insoweit unsubstantiiert bzw. nicht nachvollziehbar - weil auf unrichtigen Tatsachen-
annahmen beruhend - ist. So wird das künftige Wohnheim nach den plausiblen Angaben der
Antragsgegnerin und entgegen der Annahme der Antragsteller nicht über eine „Großküche“ verfügen, weil
das Essen aus einer Zentralküche des künftigen Betreibers angeliefert werden soll. Auch für den Betrieb
einer geruchsintensiven Wäscherei ist nichts ersichtlich. Sonstige von der Anlage ausgehende Gerüche
sind, soweit aufgrund der Entfernung zur Wohnbebauung überhaupt wahrnehmbar, jedenfalls
unerheblich.
Soweit die Antragsteller Belästigungen durch das Verhalten geistig behinderter Wohnheimbewohner
befürchten, ist ihr Vorbringen von der Antragsgegnerin zu Recht als eine rein spekulative, jedenfalls nicht
schutzwürdige Betroffenheit gewertet worden. Die Befürchtung der Antragsteller, es müsse mit dem
Betreten ihrer Grundstücke oder sogar ihrer Häuser durch geistig behinderte Wohnheimbewohner
gerechnet werden, ist rein spekulativ und stellt keine vom Plangeber zu berücksichtigende, vom Betrieb
des Vorhabens typischerweise ausgehende Gefahr dar. Die Antragsgegnerin darf vielmehr darauf
vertrauen, dass die künftigen Bewohner des Hauses durch ausgebildetes und fachkundiges Pflege-
personal der mit dem Betrieb derartiger Heime erfahrenen Stiftung betreut werden. Dies gilt umso mehr,
als das künftige Wohnheim der Unterbringung vorwiegend älterer Menschen mit leichten geistigen
Behinderungen, die derzeit ein anderes Wohnheim der Stiftung bewohnen, dienen soll. Das bloße
Interesse, in einem allgemeinen Wohngebiet oder dessen Nachbarschaft nicht mit dem Anblick und den
Lebensäußerungen von - auch geistig - behinderten Bewohnern eines Wohnheims konfrontiert zu
werden, ist im Übrigen nicht schutzwürdig. Deshalb ist etwa die Errichtung eines Wohnheims für geistig
Behinderte in einem allgemeinen Wohngebiet nach den Wertungen der BauNVO allgemein zulässig und
die dortige Unterbringung etwa von 18 geistig behinderten Menschen gegenüber der Nachbarschaft nach
der Rechtsprechung generell nicht rücksichtslos (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.12.1985, NJW 1986,
S. 3157). Ebenso wenig begegnet die Ausweisung einer Fläche für den Gemeinbedarf mit der Zweck-
bestimmung „Altenwohn- und Pflegeheim mit psychiatrischer Abteilung“ selbst in einem reinen
Wohngebiet oder unmittelbar daran anschließend rechtlichen Bedenken (vgl. BVerwG, Beschluss vom
27.01.1994 - 4 NB 1.94 ‑, juris). Nicht schutzwürdig ist schließlich die Befürchtung der Antragsteller, die
Wohnheimbewohner könnten Einsicht in ihre Häuser, Außenwohnbereiche und Gärten nehmen, da das
Baurecht generell keinen über das Abstandsflächenrecht hinausgehenden Schutz vor
Einsichtsmöglichkeiten gewährleistet (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 28.10.1993, BauR 1994, S. 354).
Es liegt des Weiteren keine Fehlgewichtung des Interesses der Antragsteller an der Berücksichtigung der
in Rede stehenden Streuobstwiese als Alternativstandort vor. Die Antragsgegnerin durfte davon
ausgehen, dass sich dieser Standort nicht als gegenüber dem gewählten Standort eindeutig
vorzugswürdige Alternative aufdrängt. Dies schon deshalb nicht, weil es sich um eine bereits vor Jahren
angelegte Ausgleichsfläche handelt, deren Beseitigung einen doppelten Ausgleichsbedarf an anderer
Stelle auslösen würde, sowohl für den in der Beseitigung der Streuobstwiese liegenden Eingriff als auch
zum Ausgleich des ursprünglichen Eingriffs, der durch die Anlegung der Streuobstwiese ausgeglichen
werden sollte. Darüber hinaus widerspräche die Ausweisung eines Wohnheims an dieser Stelle einem
Ziel der Raumordnung („Regionaler Grünzug“). Die Antragsgegnerin braucht sich insoweit nicht auf die
Möglichkeit eines (weiteren) Zielabweichungsverfahrens nach § 11 ROG verweisen zu lassen, weil sich
aus dem Schreiben der SGD Süd vom 29. November 2007 bereits deutlich ergibt, dass hier - anders als
am jetzigen Standort - nicht mit einer Zulassung der Zielabweichung zu rechnen ist. Ferner würde die
gemäß § 8 Abs. 2 BauGB erforderliche Änderung des Flächennutzungsplans, der hier eine
„landespflegerisch begründete Siedlungsgrenze“ darstellt, nach dem Schreiben der Kreisverwaltung vom
11. Dezember 2007 von dieser nicht nach § 6 BauGB genehmigt werden. Danach ist es nicht
abwägungsfehlerhaft, den jetzt geplanten Wohnheimstandort vorzuziehen, bei dem die Anpassung an die
Ziele der Raumordnung aufgrund der zugelassenen Abweichung und die Entwicklung aus dem
Flächennutzungsplan, der hier bereits eine Fläche für den Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung
„sozialen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen“ darstellt, sichergestellt ist.
Die Antragsgegnerin hat ferner die Belange des Umweltschutzes, namentlich des Naturschutzes und der
Landschaftspflege im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB im Rahmen der Abwägung nicht verkannt.
Insbesondere ist eine abwägungsfehlerfreie Sicherung des Ausgleichs planbedingter Eingriffe in Natur
und Landschaft gegeben. Art und Umfang der planbedingten Eingriffe in Natur und Landschaft werden im
Umweltbericht umfassend dargestellt und bewertet. Nach der „Eingriffsbilanzierung“ (Ziffer 10.9 des
Umweltberichts) ist ein Ausgleich für die Neuversiegelung bisher unversiegelter Waldflächen und ein
forstwirtschaftlicher Ausgleich für die Rodung von Waldflächen im Umfang von 2.200 m² erforderlich. Als
Ausgleichsmaßnahme ist die Aufforstung einer 4.400 m² großen, zurzeit als Wildacker genutzten
Teilfläche des Flurstücks Nr. … in der Gewanne „W.“ (ca. 1,4 km westlich des Plangebiets) in Abstimmung
mit dem Forstamt und der unteren Naturschutzbehörde vorgesehen, was ein Ausgleichsverhältnis von 1 :
2 ergibt. Diese Maßnahme ist als „sonstige geeignete Maßnahme auf von der Gemeinde bereitgestellten
Flächen“ im Sinne von § 1 a Abs. 3 Satz 4, 1. Alternative BauGB zu qualifizieren. Die rechtlichen
Anforderungen, die an derartige Maßnahmen zu stellen sind, sind vorliegend ‑ entgegen der Ansicht der
Antragsteller - erfüllt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Mindestmaß an
rechtlicher Bindung der Gemeinde erforderlich, die gewährleistet, dass die Gemeinde sich von der nur
einseitig gegebenen Erklärung, mit der sie eine Ausgleichsmaßnahme in Aussicht gestellt hat, nicht im
Nachhinein ohne weitere Kontrolle und ohne Gefahr für den rechtlichen Bestand des Bebauungsplans
wieder lossagen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2002, BVerwGE 117, 58, 67 ff.). Nach der
Rechtsprechung des (erkennenden) Senats ist deshalb neben dem Eigentum der Gemeinde an den
ausgleichsgeeigneten Grundstücken zusätzlich erforderlich, dass sich aus den Gesamtumständen des
konkreten Planungsverfahrens ein Mindestmaß an rechtlicher Bindung der Gemeinde hinsichtlich der
Durchführung der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen auf derartigen Grundstücken ergibt, zum Beispiel
durch hinreichend konkrete Beschreibung der gemeindeeigenen Grundstücke und der auf ihnen
durchzuführenden Ausgleichsmaßnahmen auf der Planurkunde oder in der Planbegründung, darüber
hinaus eine Zuordnungsfestsetzung nach § 9 Abs. 1 a Satz 2 BauGB im Bebauungsplan sowie einen
ausdrücklichen Beschluss des Gemeinderates über die Durchführung der Ausgleichsmaßnahme im Sinne
einer Selbstverpflichtungserklärung (vgl. das Urteil des Senats vom 14. September 2005 ‑ 8 C
10317/05.OVG -, ESOVGRP; s.a. das Urteil des 1. Senats vom 20. Januar 2005 - 1 C 11071/04.OVG -,
ESOVGRP). Hier ist nach den Gesamtumständen eine hinreichende, abwägungsfehlerfreie Sicherung des
Ausgleichs zu bejahen. Die Antragsgegnerin hat dargelegt, dass ihr das Eigentum an der Parzelle Nr.
4105 zusteht und hierzu einen Katasterauszug vorgelegt; die Eigentümerstellung der Antragsgegnerin ist
von den Antragstellern nur pauschal bestritten worden. Der Senat hat danach keinen Anlass, am
Eigentum der Antragsgegnerin zu zweifeln. Der Bebauungsplan enthält unter Ziffer 1.5 der
Textfestsetzungen eine nach Lage, Größe und Art der Maßnahme hinreichend konkrete
Zuordnungsfestsetzung im Sinne von § 9 Abs. 1 a Satz 2 BauGB. Schließlich hat der Gemeinderat seine
Zustimmung zu der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahme erteilt. Der Satzungsbeschluss erging
ausdrücklich „unter Berücksichtigung der vorgenannten Kommentierungen zu den überarbeiteten text-
lichen Festsetzungen einschließlich der Begründung mit Umweltbericht“; zugleich hat der Rat
ausdrücklich der fachlichen Stellungnahme zu den vom Forstamt „Pfälzer Rheinauen“ mit Schreiben vom
8. Februar 2008 und den von der unteren Naturschutzbehörde mit Schreiben vom 19. Februar 2008
hinsichtlich des erforderlichen Ausgleichs vorgebrachten Anregungen zugestimmt; diese Stellungnahme
enthält ebenfalls eine Beschreibung und Begründung der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen.
Hierdurch wird deutlich, dass die Gemeinde sich hinsichtlich der Durchführung der Ausgleichsmaßnahme
auf den genannten Flächen gebunden hat und sich bei der konkreten Ausgestaltung des Ausgleichs an
fachliche Vorgaben des Forstamtes und der Naturschutzbehörde gebunden sieht.
Auch die sonstigen Belange des Umweltschutzes sind von der Antragsgegnerin abwägungsfehlerfrei
berücksichtigt worden.
Soweit die Antragsteller rügen, der Umweltbericht beruhe nicht auf wissenschaftlich gestützten, sondern
auf „lediglich subjektiven Annahmen“ und wichtige Umweltbelange seien „durch schlichtes Verweisen auf
Informationslücken“ im Ergebnis völlig ignoriert worden, kann dem nicht gefolgt werden. Der Hinweis im
Umweltbericht unter Ziffer 10.3 „Methodik“ auf Schwierigkeiten und Kenntnislücken entspricht vielmehr
den Vorgaben in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2, §§ 2 a und 4 c BauGB. Nach Ziffer 3 a der Anlage besteht der
Umweltbericht unter anderem auch aus „Hinweisen auf Schwierigkeiten, die bei der Zusammenstellung
der Angaben aufgetreten sind, zum Beispiel technische Lücken oder fehlende Kenntnisse“. Dahinter steht
die Erkenntnis, dass eine lückenlose, mathematisch exakte Beschreibung und Bewertung von
Umweltauswirkungen nach ihrer Art und Intensität aufgrund der Komplexität ökologischer Systeme und
Beziehungen nach derzeitigem Stand der Wissenschaft ohnehin nicht möglich ist, so dass es wissen-
schaftlicher Seriosität entspricht, auf Schwierigkeiten und Kenntnislücken hinzuweisen. In diesem
Rahmen und mit dieser gebotenen Relativierung enthält der Umweltbericht eine umfassende Ermittlung
und Bewertung der Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf alle Umweltmedien, unter Auswertung
auch der Stellungnahmen von Umweltbehörden und -verbänden im Verfahren zur Beteiligung der Träger
öffentlicher Belange. Im Übrigen werden von den Antragstellern auch keine Umweltbelange oder
auswirkungen konkret benannt, die nicht oder unzureichend ermittelt oder bewertet wurden. Solche sind
auch nicht ersichtlich.
Die Antragsgegnerin hat schließlich auch die Gesamtbewertung des Abwägungsmaterials nicht in einer
Weise vorgenommen, die zum objektiven Gewicht einzelner Belange außer Verhältnis steht.
So steht zunächst die Bewertung der den privaten Eigentumsinteressen der Antragsteller
entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belange als höherwertig nicht außer Verhältnis zum
objektiven Gewicht dieser Belange. Wie sich aus dem oben Gesagten ergibt, werden die Antragsteller
durch das geplante Vorhaben in ihren privaten Eigentumsinteressen nur geringfügig bzw. unerheblich
beeinträchtigt. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin sowohl dem entgegenstehenden privaten
Interesse der Stiftung an einer Verwirklichung des Wohnheims an diesem Standort als auch dem
städtebaulichen Interesse an einer Planung zur Stärkung des Profils der Gemeinde als Standort zentraler
sozialer Einrichtungen zu Recht ein höheres Gewicht beigemessen, zumal sich aufdrängende, besser
geeignete Alternativstandorte nicht ersichtlich sind.
Die Entscheidung für den gewählten Standort unter Inkaufnahme der Rodung eines Teils des
vorhandenen Buchenmischwalds steht auch nicht außer Verhältnis zum Gewicht der beeinträchtigten
Umweltbelange. Die zu rodende Fläche ist relativ klein, Anhaltspunkte für ihre besondere ökologische
Wertigkeit bestehen nicht; ein Großteil des Waldes bleibt bestehen. Für den Verlust an Wald ist ein
Ausgleich im Verhältnis 1 : 2, also eine Überkompensation vorgesehen. Umgekehrt sprechen für den
Standort die Darstellung im Flächennutzungsplan, die Nähe zu vorhandenen sozialen Einrichtungen mit
der Möglichkeit der Nutzung vorhandener Zufahrtswege und der Standortvorteil, die für die Integration der
Behinderten wichtige Nähe zur bebauten Ortslage mit ihren Infrastruktureinrichtungen mit den
Bedürfnissen der Wohnheimbewohner nach Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten - und entsprechenden
therapeutischen Bedürfnissen - kombinieren zu können.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO
i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
gez. Dr. Held gez. Lang gez. Müller-Rentschler
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000,-- € (15.000,-- € je Antragsteller) festgesetzt (§ 52 Abs. 1
GKG i.V.m. Ziffer 9.8.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
gez. Dr. Held gez. Lang gez. Müller-Rentschler