Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17.03.2004

OVG NRW: sinn und zweck der norm, vorbehalt des gesetzes, verordnung, bahn, post, schwellenwert, beamter, anschluss, leiter, analogie

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 661/02
Datum:
17.03.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 A 661/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Minden, 4 K 2021/00
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags abwenden,
wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben
Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger steht als Justizvollzugsobersekretär (Besoldungsgruppe A 7) im Dienste des
beklagten Landes und wird in der Justizvollzugsanstalt E. eingesetzt. Auf den dort für
die Bediensteten geführten Arbeitszeitkonten werden u. a. die im Laufe eines
Kalenderjahres geleisteten Nachtdienststunden festgehalten und fortlaufend addiert.
Sobald die Gesamtzahl dieser Nachtdienststunden den Schwellenwert erreicht oder
überschreitet, bei dessen Vorliegen ein Anspruch auf Gewährung von Dienstbefreiung
von einem Arbeitstag nach § 5 Abs. 4 ArbZV begründet ist, wird zeitnah Dienstbefreiung
gewährt; die hierdurch "verbrauchten" Nachtdienststunden werden von der Gesamtzahl
der geleisteten Nachtdienststunden abgezogen. Diejenigen Nachtdienststunden, die bis
zum Ablauf des 31. Dezember eines Jahres nicht (erneut) den genannten
Schwellenwert erreichen, werden nicht auf das Arbeitszeitkonto des neuen Jahres
übertragen, sondern verfallen ersatzlos. Entsprechend wird bei den übrigen
Dienstbefreiungstatbeständen des § 5 ArbZV verfahren.
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Der Kläger hat in den Jahren 1998 bis 2000 nur in begrenztem Umfang Nachtdienst
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geleistet. Im Übrigen hat er durchgängig im Tagesdienst (Werkaufsichtsdienst)
gearbeitet und damit keinen Schichtdienst geleistet. Im Laufe des Jahres 1998
überschritt der Kläger den Schwellenwert von 150 Nachtdienststunden und erhielt einen
Tag Dienstbefreiung; die darüber hinaus angesammelten Nachtdienststunden - die
Beteiligten streiten darüber, ob es 52 oder 60 waren - wurden ebenso wenig auf das
Arbeitszeitkonto des Folgejahres übertragen wie die in den Jahren 1999 bzw. 2000
insgesamt erreichten Zahlen von Nachtdienststunden in Höhe von 120 bzw. 130
Stunden.
Mit Schreiben vom 7. Januar und 14. Februar 2000 beantragte der Kläger bei dem Leiter
der Justizvollzugsanstalt E. eine Überprüfung der dort geübten Verwaltungspraxis, dass
Nachtdienststunden eines Kalenderjahres, die noch nicht die notwendige Höhe für eine
Dienstbefreiung nach § 5 Abs. 3 und 4 ArbZV erreichen, nicht in das nächste
Kalenderjahr übernommen werden. Zur Begründung führte er aus: Die genannten
Regelungen stellten lediglich darauf ab, dass mindestens 110 bzw. 150 Stunden
Nachtdienst geleistet worden seien, enthielten aber keine zeitliche Begrenzung für das
Erreichen dieser Stunden. Begrenzt sei nur die Anzahl der in einem Kalenderjahr zu
gewährenden Zahl der freien Tage. Die geübte Verwaltungspraxis führe im Extremfall
dazu, dass 149 Nachtdienststunden verfallen könnten. Mit Blick auf den Zweck des § 5
ArbZV, der Regeneration der Nachtdienste leistenden Bediensteten zu dienen, könne
dies nicht der Fürsorgepflicht entsprechen. Die Praxis könne auch nicht durch einen
Vergleich mit der Situation der Bundesangestellten gerechtfertigt werden, da eben
unterschiedliche Regelungen für Angestellte einerseits und für Beamte andererseits
existierten. Insbesondere sei Beamten Dienstbefreiung nach § 5 Abs. 7 Satz 2 ArbZV in
einem zeitnahen Anschluss an das Vorliegen ihrer Voraussetzungen zu erteilen,
während die Bundesangestellten die Voraussetzungen für die Dienstbefreiung erst nach
Ablauf des Kalenderjahres erfüllten.
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Mit Schreiben vom 21. Januar 2000 teilte der Leiter der Justizvollzugsanstalt E. das
Ergebnis seiner Prüfung der dortigen Verwaltungspraxis mit. § 5 ArbZV stelle auf das
Kalenderjahr ab. Deutlicher als in der ArbZV werde das in der sachgleichen Vorschrift
des BAT. Dort heiße es unzweideutig, dass Dienstbefreiung sich nach der im
vorangegangenen Kalenderjahr erbrachten Arbeitsleistung bemesse. Damit solle
sichergestellt werden, dass zu Beginn des Kalenderjahres feststehe, ob und in welcher
Höhe Anspruch auf Dienstbefreiung bestehe. Das Verfallen der Überhangsstunden mit
dem Jahreswechsel sei hinzunehmen. So könne Mehrarbeit von bis zu fünf Stunden im
Monat auch nicht in den Folgemonat übertragen werden. Mit weiterem Schreiben vom
26. Januar 2000 wies der Leiter der Justizvollzugsanstalt noch darauf hin, dass § 5
ArbZV und die Regelung des BAT denselben Zweck verfolgten, und verblieb mit
Schreiben vom 25. Februar 2000 insgesamt bei seiner Auffassung. Den drei Schreiben
des Leiters der Justizvollzugsanstalt war keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.
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Mit Schreiben vom 21. März 2000 erhob der Kläger bei dem Präsidenten des
Justizvollzugsamtes X. -M. "Beschwerde" und bat um einen rechtsmittelfähigen
Bescheid zu der Frage, ob die von der Justizvollzugsanstalt E. geübte
Verwaltungspraxis rechtmäßig sei. Der Präsident des Justizvollzugsamtes X. - M.
wertete die "Beschwerde" als Widerspruch und wies diesen mit Bescheid vom 15. Mai
2000 zurück. Zur Begründung führte er aus: Die von dem Leiter der Justizvollzugsanstalt
E. vertretene Auffassung sei rechtens. Zwar enthalte der Wortlaut des § 5 Abs. 4 ArbZV
keine zeitliche Begrenzung. Die Vorschrift sei aber in einer Gesamtschau mit den
übrigen Bestimmungen der ArbZV zu sehen, die insgesamt auf die Jahresarbeitszeit
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abstelle. Gerade § 5 Abs. 7 ArbZV, der eine Begrenzung der Dienstbefreiung für das
Kalenderjahr enthalte und auf § 5 Abs. 4 ArbZV Bezug nehme, verdeutliche dies.
Darüber hinaus regele § 48 a BAT denselben Sachverhalt für Angestellte und stelle
ausdrücklich auf die Leistung von Nachtarbeitsstunden im Kalenderjahr ab. Es gebe
keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber Beamte insoweit habe günstiger
stellen wollen als die in einem dem BAT unterliegenden Arbeitsverhältnis zu dem
beklagten Land stehenden Angestellten.
Hiergegen hat der Kläger am 8. Juni 2000 Klage erhoben und zu deren Begründung
ergänzend ausgeführt: Ein Vergleich des § 5 Abs. 4 ArbZV mit § 48 a Abs. 4, 9 BAT
rechtfertige keine für ihn negativen Rückschlüsse: Weder sei er Angestellter noch könne
der Begriff "Zusatzurlaub" dem Begriff "Dienstbefreiung" gleichgesetzt werden. Wenn
der Verordnungsgeber eine der Regelung des BAT entsprechende zeitliche
Begrenzung auf das Kalenderjahr für § 5 Abs. 4 ArbZV gewollt hätte, hätte er dies in der
Verordnung geregelt. Eine solche zeitliche Begrenzung folge auch nicht aus der in § 5
Abs. 7 Satz 1 ArbZV geregelten Obergrenze für zu gewährende Dienstbefreiungen im
Kalenderjahr. Für die Beamten gebe es nach § 12 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 EUrlV die
Möglichkeit, dass für geleistete Nachtdienststunden die Monate Januar und Februar des
Folgejahres hinzugerechnet werden könnten, um den erforderlichen Schwellenwert zu
erreichen. Im Übrigen enthalte § 12 Abs. 5 EUrlV eine eindeutige Regelung dergestalt,
dass bei der Bemessung des Zusatzurlaubs für ein Urlaubsjahr (nur) die in diesem
Urlaubsjahr erbrachten Dienstleistungen nach den Absätzen 1 bis 4 zugrunde zu legen
seien. Eine solche Regelung fehle indes in der ArbZV; der Landesverordnungsgeber
habe die Regelungslücke nicht geschlossen. Der Dienstherr genüge nicht seiner
Fürsorgeverpflichtung, wenn er bei nicht eindeutiger Rechtslage die für ihn günstigste
Regelung anwende. Schließlich liege auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung
der Landesbeamten in Bezug auf (bestimmte) Bundesbeamte vor, bei denen auch die in
den Monaten Januar und Februar des Folgejahres erbrachten Dienstleistungen nach §
12 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 EUrlV berücksichtigt werden könnten. Es gehe ihm um eine
vernünftige Lösung des Problems für die Zukunft: Da von ihm in der Regel jährlich 4
Nachtdienste zu je 60 Stunden erwartet würden, ergebe sich jeweils eine nach der
Praxis der Beklagten verfallende Reststundenzahl von 90.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Bescheide des Leiters der Justizvollzugsanstalt E. vom 21. Januar 2000 und vom
26. Januar 2000 sowie den Widerspruchsbescheid des Präsidenten des
Justizvollzugsamtes X. -M. vom 15. Mai 2000 aufzuheben und den Beklagten zu
verpflichten, dem Kläger auf seinen Antrag vom 7. Januar 2000 geleistete
Nachtdienststunden in einem Kalenderjahr auch auf folgende Kalenderjahre zu
übertragen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung hat er ergänzend geltend gemacht: Sämtliche in der ArbZV getroffenen
Regelungen sähen eine Beschränkung auf das Kalenderjahr vor (§ 2 a Abs. 1 und 3 und
§ 5 Abs. 7 ArbZV). Lediglich (der frühere) § 2 a Abs. 3 ArbZV gestatte die Übernahme
von Leistungen in das Folgejahr. Hätte der Verordnungsgeber dieses auch im Falle des
§ 5 Abs. 4 ArbZV gewollt, so hätte er es dort auch entsprechend formuliert. Auch § 12
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Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 EUrlV lege als zeitliche Grenze das Urlaubsjahr zugrunde und
nicht das Folgejahr und belege damit die Auffassung des Beklagten.
Mit ohne mündliche Verhandlung ergangenem und am 15. Januar 2002 zugestelltem
Urteil hat das Verwaltungsgericht Minden die Klage am 28. November 2001
abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt: Die als allgemeine Leistungsklage
zulässige Klage sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übertragung
der nicht durch Dienstbefreiung abgegoltenen Nachtdienststunden aus den
Kalenderjahren 1998 und 1999 auf das folgende bzw. die folgenden Kalenderjahre. Der
Anspruch folge nicht aus dem hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht
kommenden § 5 Abs. 4 ArbZV, weil die Vorschrift für die Gewährung einer
Dienstbefreiung auf das Kalenderjahr abstelle. Dies folge aus dem Sinn und Zweck der
Norm ebenso wie aus dem Regelungszusammenhang der Norm in der ArbZV. Die
Dienstbefreiung stelle keine Entlohnung für geleisteten Nachtdienst dar, sondern diene,
wie § 5 Abs. 7 Satz 2 ArbZV belege, allein dem zeitnahen Ausgleich der zusätzlichen
Beanspruchung und damit dem Erhalt der Arbeitskraft. Diesem Zweck werde nicht mehr
Rechnung getragen, wenn etwa ein Beamter pro Kalenderjahr nur 15
Nachtdienststunden leiste und nach zehn Jahren einen Tag Dienstbefreiung erhalte,
obwohl keine ausgleichsbedürftige zusätzliche Beanspruchung vorliege. Die
Nichtübertragbarkeit von Nachtdienststunden in das Folgejahr ergebe sich auch aus § 5
Abs. 7 Satz 1 ArbZV. Diese Vorschrift liefe nämlich bei Übertragbarkeit der über die
Höchstgrenze von 600 Nachtdienststunden hinaus geleisteten Stunden leer, weil es
dann doch zu einer zusätzlichen Dienstbefreiung komme, und zwar im Folgejahr.
Außerdem liege den Regelungen der ArbZV als größte zeitliche Einheit das
Kalenderjahr zugrunde (§§ 2 a, 5 Abs. 7, Abs. 8 ArbZV). Auch andere sachgleiche
Regelungen für den öffentlichen Dienst bestimmten, dass bei der Bemessung des
Zusatzurlaubs bzw. der Dienstbefreiung die innerhalb eines Kalenderjahres erbrachten
Arbeits- bzw. Dienstleistungen maßgeblich seien, so insbesondere § 48 a Abs. 4 BAT
und § 8 a Abs. 5 Satz 1 AZVOPol. Auch die Regelung des § 12 EUrlV rechtfertige keine
andere Sichtweise, da sie grundsätzlich jahresbezogen sei (§ 12 Abs. 5 EUrlV) und
hiervon lediglich zwei begrenzte Ausnahmen gestatte (§ 12 Abs. 8 und 9 EUrlV).
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Zur Begründung der von dem Senat mit Beschluss vom 18. September 2003
zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen noch vor: Wortlaut,
Regelungszusammenhang sowie Sinn und Zweck des § 5 ArbZV erlaubten es nicht,
nicht nach § 5 Abs. 4 ArbZV in Dienstbefreiung umgewandelte Nachtdienststunden zum
Ende jeden Jahres aus dem Zeitguthaben des Beamten zu streichen. § 5 Abs. 4 ArbZV
bestimme gerade nicht, dass die dort aufgeführten Mindeststunden für die
Dienstbefreiung in einem Kalenderjahr angefallen sein müssten; deshalb sei es auch
unmaßgeblich, ob bzw. dass die ArbZV das Kalenderjahr als größte zeitliche Einheit
zugrunde lege. Auch § 5 Abs. 7 Satz 2 ArbZV rechtfertige nicht die Streichung der
Restnachtdienststunden eines Jahres zum Jahreswechsel. Zum einen überzeuge das
Beispiel des Verwaltungsgerichts - Ansammlung von je 15 Nachtdienststunden in zehn
Jahren - schon praktisch nicht, weil von Beamten wie dem Kläger regelmäßig die
Ableistung von vier Nachtdienstschichten zu je 60 Stunden pro Jahr erwartet werde, so
dass jeweils ein Rest von 90 Stunden verbleibe; komme es etwa aufgrund von
Krankheit, dienstlicher Unabkömmlichkeit oder Überstundenabbau zu einer Zahl von
weniger als 150 Nachtdienststunden pro Jahr, so bestehe die Gefahr, dass diese
sämtlich verfielen. Zum anderen sei eine "zeitnahe" Gewährung auch im Folgejahr
möglich, da die Vorschrift insoweit nicht auf eine zeitliche Nähe zu den Nachtdiensten
abstelle, sondern an das Vorliegen der Voraussetzungen anknüpfe. Auch § 5 Abs. 7
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Satz 1 ArbZV rechtfertige die Praxis des Beklagten nicht, da die Norm nur die
Höchstbegrenzung pro Kalenderjahr regele und ein Beamter, der schon in einem Jahr
mehr als 600 Nachtdienststunden leiste, der zusätzlichen Dienstbefreiung (im Folgejahr)
ganz besonders bedürfe. Die Regelungen des § 8 a Abs. 5 AZVOPol und des § 12
EUrlV verdeutlichten nur, dass die dortigen Verordnungsgeber die
Übertragbarkeitsfrage gesehen und (grundsätzlich) verneinend geregelt hätten, woran
es hier aber gerade fehle. Schließlich gebiete der Sinn und Zweck des § 5 ArbZV - der
Ausgleich der körperlichen Beanspruchungen, die mit dem Nachtdienst einhergingen -
eine Übertragbarkeit der Restnachtdienststunden. Grundsätzlich könnte der angestrebte
Ausgleich am ehesten im möglichst unmittelbaren zeitlichen Anschluss an den
jeweiligen Nachtdienst erfolgen. Diesen Grundsatz habe der Verordnungsgeber indes -
wohl aus Gründen der Praktikabilität und der dienstlichen Erfordernisse - durch
Regelung der Schwellenwerte, durch Verlangen eines zeitlichen Anschlusses nur an
das Vorliegen der Voraussetzungen (§ 5 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 ArbZV), durch die
Kappungsgrenze des § 5 Abs. 7 Satz 1 ArbZV und durch die Regelung des § 5 Abs. 7
Satz 2 Halbs. 2 ArbZV eingeschränkt. Die weitere, vom Beklagten vorgenommene
Einschränkung sei sachlich unnötig und ungerecht.
Der Kläger hat seinen erstinstanzlichen Antrag dahingehend klarstellend neugefasst,
dass er beantragt,
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die Bescheide des Leiters der Justizvollzugsanstalt E. vom 21. Januar 2000 und vom
26. Januar 2000 sowie den Widerspruchsbescheid des Präsidenten des
Justizvollzugsamtes X. -M. vom 15. Mai 2000 aufzuheben und den Beklagten zu
verurteilen, zugunsten des Klägers diejenige Summe von Nachtdienststunden, die in
einem Kalenderjahr angefallen ist und die nicht den Schwellenwert erreicht, den § 5
Abs. 4 ArbZV für die Gewährung einer Dienstbefreiung voraussetzt, bei der Gewährung
von Dienstbefreiung im jeweils folgenden Kalenderjahr zu berücksichtigen.
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Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem neugefassten Antrag erster
Instanz zu erkennen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend noch vor, dass die
Einteilung der Beamten zu Nachtdiensten in Absprache mit diesen erfolge. Diese hätten
die Gelegenheit, sich viermal im Jahr zum Nachtdienst zu von ihnen gewünschten
Zeitpunkten eintragen zu lassen; bei Nichterreichen der Stundenzahl werde, sofern der
betroffene Beamte dies wünsche, regelmäßig - ggf. durch Einteilung zu zusätzlichen
einzelnen Nachtdiensten - für ein Erreichen des Schwellenwertes gesorgt. Mit dem
Zweck des § 5 ArbZV, dem Erhalt der Arbeitskraft zu dienen, sei es unvereinbar, wenn
ein zeitlicher Ausgleich erst mehrere Jahre nach der konkreten Belastung durchgeführt
werde. Dies würde z. B. zu dem von dem Verordnungsgeber nicht gewollten Ergebnis
führen, dass ein Beamter, der 20 Jahre lang jährlich nur acht Stunden Nachtdienst
geleistet habe, dennoch eine Arbeitsbefreiung von einem Arbeitstag erhalte. Auch aus §
5 Abs. 4 ArbZV folge die Nichtübertragbarkeit nicht ausgeglichener
Restnachtdienststunden. Danach erfordere die Gewährung einer Dienstbefreiung auch
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nur von einem Arbeitstag mindestens 150 geleistete Nachtdienststunden; andernfalls
werde keine Dienstbefreiung geleistet, weil die Belastung als zu gering dafür
angesehen werden. Dem würde es widersprechen, wenn Stunden über Jahre hinweg
gesammelt werden dürften, bis sie sich auf 150 summiert hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (zwei Hefte) ergänzend
Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23
Die form- und fristgerecht begründete Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das
Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.
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Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte zu seinen - des Klägers -
Gunsten diejenige Summe von Nachtdienststunden, die in einem Kalenderjahr
angefallen ist und die nicht den Schwellenwert erreicht, den § 5 Abs. 4 ArbZV für die
Gewährung einer Dienstbefreiung voraussetzt, bei der Gewährung von Dienstbefreiung
im jeweils folgenden Kalenderjahr berücksichtigt.
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Der behauptete Anspruch folgt nicht aus der hier allein als Anspruchsgrundlage in
Betracht kommenden Regelung des § 5 Abs. 4 ArbZV. Nach dieser Vorschrift erhalten
Beamte, die - wie der Kläger - die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 3 nicht erfüllen, also
keinen in Abs. 1 näher bestimmten Wechselschichtdienst und keinen Schichtdienst zu
erheblich unterschiedlichen Zeiten im Sinne von Abs. 3 verrichten, Dienstbefreiung von
einem Arbeitstag, wenn mindestens 150 Stunden, einem zweiten Arbeitstag, wenn
mindestens 300 Stunden, einem dritten Arbeitstag, wenn mindestens 450 Stunden,
einem vierten Arbeitstag, wenn mindestens 600 Stunden Nachtdienst geleistet worden
sind.
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1. § 5 ArbZV enthält zwar keine ausdrückliche Regelung der Frage, ob bei der
Bemessung der Dienstbefreiung nur die innerhalb eines bestimmten Bezugszeitraumes
sowie ggf. welchen Zeitraumes erbrachten Dienstleistungen zugrunde gelegt werden
können oder ein Bezugszeitraum überhaupt nicht gewollt ist. Eine insbesondere an die
Gesetzessystematik, daneben aber auch an den Sinn und Zweck der Vorschrift
anknüpfende Auslegung der Norm führt zu dem Ergebnis, dass maßgeblicher
Bezugszeitraum für die nach § 5 Abs. 4 ArbZV zu berücksichtigenden Dienstleistungen
das jeweilige Kalenderjahr ist. Zudem stellt sich dieses Ergebnis mit Blick auf
sachgleiche Parallelregelungen für andere - vergleichbar betroffene -
Beschäftigtengruppen gewissermaßen wie "selbstverständlich" dar.
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§ 5 Abs. 4 ArbZV steht in einem engen systematischen Zusammenhang mit § 5 Abs. 7
Satz 1 Halbs. 1 ArbZV. Nach dieser Vorschrift darf, soweit sie hier von Interesse ist, die
Dienstbefreiung nach Abs. 4 insgesamt vier Arbeitstage im Kalenderjahr nicht
überschreiten. Mit dieser - deutlich auf den Bezugsrahmen des Kalenderjahres
abstellenden - Begrenzung der zu gewährenden Dienstbefreiung auf maximal vier
Arbeitstage korrespondiert in auffälliger Weise § 5 Abs. 4 ArbZV, indem er im Wege der
oben angeführten - ausdrücklich und begrenzt aufzählenden - Staffelung der
erforderlichen Mindeststunden sinngemäß die als höchstmögliche zu gewährende
Dienstbefreiung ebenfalls auf vier Arbeitstage festlegt. Aus der Festlegung der für den
Erhalt dieser Dienstbefreiung erforderlichen Anzahl von mindestens 600
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Nachtdienststunden, die sich zugleich als Höchstzahl der nach der gestaffelten
Regelung berücksichtigungsfähigen Nachtdienststunden darstellt, folgt, dass über 600
Nachtdienststunden hinausgehend geleistete Stunden nicht zu einer weiteren
Dienstbefreiung führen sollen und dass deshalb der Bezugsrahmen des § 5 Abs. 4
ArbZV der gleiche sein muss wie der des § 5 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 1 ArbZV: Nämlich
das Kalenderjahr.
Zwar ließe sich argumentieren, dass § 5 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 1 ArbZV - isoliert gesehen
- nur verlangt, dass die Dienstbefreiung innerhalb eines Kalenderjahres vier Arbeitstage
nicht überschreiten darf, nicht aber ausschließt, dass beispielsweise in einem
Kalenderjahr "angesparte", 600 Nachtdienststunden überschreitende weitere 100 oder
150 Nachtdienststunden im Folgejahr zur Anspruchsbegründung (mit)verwendet
werden, weil § 5 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 1 ArbZV auch im Folgejahr anzuwenden ist mit
der Konsequenz, dass in keinem Jahr mehr als eine Dienstbefreiung von vier
Arbeitstagen gewährt werden kann. Eine solche Argumentation trüge aber dem Sinn
und Zweck des § 5 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 1 ArbZV nicht hinreichend Rechnung und
würde eine Umgehung der Vorschrift ermöglichen. Der Verordnungsgeber hat die
Begrenzung ansonsten zu gewährender weiterer Dienstbefreiung auf maximal vier
Arbeitstage erkennbar vorgenommen, um die Zeiten, zu denen der Beamte aufgrund
von Dienstbefreiung nach § 5 ArbZV nicht zur Verfügung steht, aus dienstlichen
Gründen zu begrenzen; zugleich mag ihn die Vorstellung geleitet haben, aus
fürsorgerischen Gründen keinen Anreiz für eine - den Beamten gesundheitlich
besonders belastende - Dienstleistung von (im Falle des § 5 Abs. 4 ArbZV) wesentlich
mehr als 600 Nachtdienststunden zu setzen. Bestünde nun aber die Möglichkeit, in
einem Jahr beispielsweise 900 Nachtdienststunden zu leisten und deshalb im Jahr
dieser Dienstleistungen vier und im Folgejahr weitere zwei freie Tage zu erhalten, so
stünde der Beamte seinem Dienstherrn wegen innerhalb eines Jahres geleisteter
Nachtdienststunden insgesamt sechs Tage nicht zur Verfügung, was besonders deutlich
dann wird, wenn er im Folgejahr überhaupt keine weiteren Nachtdienststunden leistet.
Außerdem bestünde dann auch ein Anreiz dafür, in einem Kalenderjahr die Zahl von
600 Nachtdienststunden zu überschreiten. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass die
Berücksichtigung von Restnachtdienststunden im Folgejahr den genannten Zwecken
des § 5 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 1 ArbZV zuwiderliefe und seine Umgehung ermöglichen
würde.
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Auch aus dem Regelungszusammenhang, der zwischen § 5 Abs. 4 ArbZV und § 5 Abs.
7 Satz 2 Halbs. 1 ArbZV besteht, ist abzuleiten, dass bei der Gewährung von
Dienstbefreiung nur die in einem Kalenderjahr geleisteten Nachtdienststunden
berücksichtigungsfähig sind. Nach der zuletzt genannten Vorschrift ist die
Dienstbefreiung in einem zeitnahen Anschluss an das Vorliegen ihrer Voraussetzungen
zu erteilen. Wann die Voraussetzungen der Dienstbefreiung vorliegen, ergibt sich aus §
5 Abs. 1 bis 4 ArbZV: Der Beamte muss einen in diesen Vorschriften näher bestimmten
Nachtdienst oder Wechselschichtdienst mit einem bestimmten Nachtschichtanteil
geleistet und dabei eine bestimmte Mindestzahl von Nachtdienststunden bzw.
Arbeitstagen erreicht haben. Der Zweck dieser anspruchsbegründenden Bestimmungen
besteht darin, dem Beamten einen Ausgleich für anhand der Mindestzahlen typisierte
besondere körperliche und soziale Belastungen zu gewähren, denen er bei der Leistung
von Schicht- oder Nachtdienst ausgesetzt gewesen ist.
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Vgl. Fieberg, in: Fürst, GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Komm., Band
IV, Stand: Januar 2004, § 48 a BAT, Rn. 5, 3 (zu der Parallelvorschrift § 48 a BAT).
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Dieser Ausgleich wiederum soll, wie § 5 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 ArbZV zeigt, zumindest
auch Erholungszwecken dienen. Denn dem Gebot, die Dienstbefreiung in einem
zeitnahen Anschluss an das Vorliegen ihrer Voraussetzungen zu erteilen, dürfte neben
einem etwaigen Zweck, es aus dienstlichen Gründen nicht zu einer Ansammlung
mehrerer Dienstbefreiungstage kommen zu lassen, die dann zu einem "Kurzurlaub"
verbunden werden, vor allem ein Erholungszweck zugrunde liegen. Wenn nämlich
möglichst unmittelbar nach Ableistung der in § 5 Abs. 1 bis 4 ArbZV vorgesehenen, zu
einer Dienstbefreiung von einer Freischicht bzw. von einem Arbeitstag führenden
Mindestzahl an Arbeitstagen bzw. Nachtdienststunden Dienstbefreiung gewährt wird, ist
dies geeignet, kurz zuvor erfahrene besondere Belastungen durch eine Phase der
Erholung des Beamten auszugleichen. Dieser Zweck mag zwar in etlichen
Fallkonstellationen auch bei "Übertragbarkeit" von Restnachtdienststunden in das
nächste Jahr nicht gefährdet sein oder sogar gefördert werden: So etwa, wenn ein
Beamter in einem Jahr nur 90 Nachtdienststunden geleistet hat und nach weiteren 60
Nachtdienststunden im darauffolgenden Jahr Erholung jedenfalls von den weiteren 60
Nachtdienststunden benötigt und daher eine Dienstbefreiung von einem Arbeitstag
begehrt. Insoweit ist jedoch zu bedenken, dass der Verordnungsgeber eine typisierende
Regelung getroffen hat, bei der auch gewisse Härten hinzunehmen sind, so z. B. die
Härte, dass in einem Kalenderjahr über 600 Nachtdienststunden hinaus geleistete
Nachtdienststunden nach den obigen Ausführungen generell nicht zur Begründung
eines (weiteren) Anspruchs auf Dienstbefreiung herangezogen werden können. In
diesem Rahmen läge es ohne weiteres auch, eine Zahl von weniger als 150 (Rest-
)Nachtdienststunden nicht nur - wie schon vom Wortlaut des § 5 Abs. 4 ArbZV
vorgegeben ("mindestens") - im Jahr der Dienstleistung nicht zur Anspruchsbegründung
ausreichen zu lassen und deshalb insoweit für unbeachtlich zu erklären, sondern auch
ihre anspruchsbegründende Berücksichtigung im Folgejahr auszuschließen. Vor allem
aber würde die Übertragbarkeit von Restnachtdienststunden auch zu solchen
Ergebnissen führen, die der - typisierende und ohnehin die gewährten Ansprüche auch
Einschränkungen unterwerfende - Verordnungsgeber nicht gewollt haben kann:
Gestattete man die Übertragung der Restnachtdienststunden in das Folgejahr, so
stünde z. B. einem Beamten, der in einem Kalenderjahr jeweils lediglich 10
Nachtdienststunden leistet, im 15. Jahr eine Dienstbefreiung von einem Tag zu, obwohl
er zu keinem Zeitpunkt einer nennenswerten und ausgleichsbedürftigen zusätzlichen
Beanspruchung ausgesetzt gewesen wäre, die (zeitnah) auszugleichen wäre.
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Ein weiteres Indiz dafür, dass sich die zu gewährende Dienstbefreiung allein nach den
in einem Kalenderjahr geleisteten Nachtdienststunden bemessen soll, ist der frühere,
durch die Siebte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der
Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen vom 6. Januar 1982 (GV. NW. 1982 S. 16)
eingefügte § 5 a Abs. 8 Satz 1 ArbZV, der später zum § 5 Abs. 8 Satz 1 ArbZV wurde
und als solcher noch bis zum Inkrafttreten der Elften Verordnung zur Änderung der
Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten im Lande Nordrhein- Westfalen vom 12.
März 1991 (GV. NW. 1991 S. 179) fortgalt. Nach dieser Vorschrift, der nur eine zeitlich
begrenzte Bedeutung zukam, erhöhte sich die für das Jahr 1982 zustehende
Dienstbefreiung nach den Abs. 1 bis 4 für Beamte, die das 55. Lebensjahr vollendet
hatten oder vollendeten, um eine Freischicht bzw. einen Arbeitstag. Aus der durch den
Senat hervorgehobenen Passage wird die (generelle) Vorstellung des
Verordnungsgebers ersichtlich, die dem Beamten nach den Abs. 1 bis 4 zustehende
Dienstbefreiung auf das jeweilige Kalenderjahr zu beziehen.
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Im Rahmen der systematischen Auslegung ist ferner noch zu berücksichtigen, dass die
Regelungen der Arbeitszeitverordnung keine größere zeitliche Einheit bzw.
Bezugsgröße kennen als das Kalenderjahr. So nimmt nicht nur § 5 Abs. 7 Satz 1 Halbs.
1 ArbZV, sondern auch § 5 Abs. 8 ArbZV auf das Kalenderjahr Bezug, indem er
Beamten ab dem Kalenderjahr, in dem sie das 50. Lebensjahr vollenden, eine
Erhöhung der ihnen nach den Abs. 1 bis 4 zustehenden Dienstbefreiung um eine
Freischicht bzw. einen Arbeitstag gewährt. Schließlich war auch der Anspruch auf
Freistellung vom Dienst an einem Arbeitstag oder für eine Dienstschicht nach der
(inzwischen aufgehobenen) Vorschrift des § 2 a Abs. 1 Satz 1 ArbZV - d. h. der
Anspruch auf den sog. Arbeitszeitverkürzungstag - auf das Kalenderjahr bezogen.
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Ein über die Bestimmungen der Arbeitszeitverordnung hinausgehender Blick auf
sachgleiche Vorschriften für andere Beschäftigtengruppen bestätigt das dargelegte
Auslegungsergebnis. Denn es gibt, ohne dass ein sachlicher Grund für eine
Besserstellung der der Arbeitszeitverordnung unterfallenden Beamten ersichtlich wäre,
mehrere Vorschriften in anderen Verordnungen sowie im
Bundesangestelltentarifvertrag, in denen der jeweilige Normgeber in dem hier
interessierenden Zusammenhang als Bemessungsgrundlage für den zu gewährenden
Zeitausgleich ausdrücklich das Kalenderjahr genannt hat.
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Zunächst ist auf die (rückwirkend) seit dem 1. Januar 1981 geltende Vorschrift des § 48
a BAT zu verweisen, die bereits durch § 1 Nr. 8 des 47. Änderungs- Tarifvertrages vom
1. Juli 1981 geschaffen worden und der deshalb offenbar eine Vorreiterrolle für die
später normierten sachgleichen Regelungen für Beamte zugekommen ist. § 48 a BAT
bestimmt in seinem Abs. 9, dass der Zusatzurlaub sich nach der bei demselben
Arbeitgeber im vorangegangenen Kalenderjahr erbrachten Arbeitsleistung bemisst (Satz
1). Der Anspruch auf Zusatzurlaub entsteht nach Satz 2 der Vorschrift mit Beginn des
auf die Arbeitsleistung folgenden Urlaubsjahres, was allerdings hinsichtlich des
Zeitpunktes der Entstehung und Fälligkeit des Anspruches eine von den
beamtenrechtlichen Vorschriften abweichende Regelung darstellt. Aus § 48 a Abs. 9
Satz 1 BAT ist aber jedenfalls abzuleiten, dass im Kalenderjahr erbrachte
Nachtarbeitsstunden, die noch nicht den Anspruch auf einen weiteren Tag Zusatzurlaub
i.S.v. § 48 a Abs. 4 BAT begründen, bei der Bemessung des Zusatzurlaubs
unberücksichtigt bleiben müssen. Denn auch im folgenden Jahr gilt erneut § 48 a Abs. 9
BAT und hat zur Folge, dass Restnachtarbeitsstunden aus dem Vorjahr nicht
berücksichtigungsfähig sind.
36
Vgl. Fieberg, a.a.O., § 48 a BAT, Rn. 14, 20.
37
Eine hinsichtlich des Bezugszeitraumes entsprechende Regelung enthält der mit
Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der
Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen - AZVOPol - vom 18.
Dezember 1981 (GV. NW. 1982 S. 16) in die AZVOPol eingefügte und rückwirkend,
nämlich mit Wirkung vom 1. Januar 1981 in Kraft getretene § 8 a AZVOPol. Denn nach §
8 a Abs. 5 Satz 1 AZVOPol werden der Bemessung der Dienstbefreiung die innerhalb
des Kalenderjahres erbrachten Dienstleistungen nach den Abs. 1 bis 4 zugrundegelegt,
wobei § 8 a Abs. 3 AZVOPol der Regelung des § 5 Abs. 4 ArbZV entspricht. Auch diese
Vorschrift schließt es mithin aus, erbrachte Dienstleistungen noch aus dem
vorhergehenden Jahr im Folgejahr zu berücksichtigen. Schließlich existiert auch für
Bundesbeamte jedenfalls grundsätzlich eine den vorgenannten Vorschriften im
Wesentlichen entsprechende Norm. Nach § 12 Abs. 5 Satz 1
38
Erholungsurlaubsverordnung - § 12 EUrlV wurde durch Art. 1 der Verordnung zur
Änderung urlaubsrechtlicher Vorschriften vom 7. April 1982 (BGBl. I S. 426) in die EUrlV
eingefügt, der mit Wirkung vom 1. Januar 1982 in Kraft trat - werden nämlich der
Bemessung des Zusatzurlaubs für ein Urlaubsjahr - das ist das Kalenderjahr, § 1 Abs. 1
EUrlV - die in diesem Urlaubsjahr erbrachten Dienstleistungen u. a. nach der § 5 Abs. 4
ArbZV entsprechenden Vorschrift des § 12 Abs. 3 EUrlV zugrunde gelegt mit der Folge,
dass Nachtdienststunden eines anderen Urlaubsjahres nicht miterfasst werden dürfen,
um auf diese Weise mehr Zusatzurlaubstage zu erreichen.
Vgl. Weber/Banse, Das Urlaubsrecht des öffentlichen Dienstes, Komm., Stand: April
2003, I/1, EUrlV § 12 Rn. 10.
39
Indem § 12 EUrlV, obwohl eine beamtenrechtliche Regelung darstellend, wie § 48 a
BAT von "Zusatzurlaub" statt wie die im Lande Nordrhein-Westfalen geltenden
einschlägigen Verordnungen (ArbZV und AZVOPol) von "Dienstbefreiung" spricht, wird
im Übrigen deutlich, dass beiden Begriffen der Sache nach die gleiche Bedeutung
zukommt. Überhaupt verhält es sich insoweit offenbar so, dass allein Nordrhein-
Westfalen bei der Normierung der § 48 a BAT entsprechenden Vorschriften als Ort der
Regelung die Arbeitszeitverordnungen und dementsprechend den Begriff der
"Dienstbefreiung" gewählt hat, während der Bund und die übrigen Bundesländer die
jeweilige Regelung in ihre Urlaubsverordnungen eingefügt und dabei von
"Zusatzurlaub" gesprochen haben.
40
Vgl. Fieberg, a.a.O., BAT § 48 a Rn. 3.
41
Die zugleich in § 12 EUrlV enthaltenen Vorschriften, nach denen für den Bereich der
Deutschen Bahn Aktiengesellschaft sowie einer gemäß §§ 2 Abs. 1 und 3 Abs. 3 des
Deutsche Bahn Gründungsgesetzes ausgegliederten Gesellschaft und für die bei dem
Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost beschäftigten Beamten die
jeweilige oberste Dienstbehörde bei der Bemessung des Zusatzurlaubs bzw. der
Freischichten das Kalenderjahr zugrundelegen und dabei abweichend von Abs. 5 auch
die in den Monaten Januar und Februar des folgenden Kalenderjahres erbrachten
Dienstleistungen berücksichtigen kann (§ 12 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2, Abs. 9 Satz 1 Nr. 3
EUrlV), bestätigen als eng gefasste Ausnahmeregelungen lediglich den auch nach § 12
EUrlV geltenden Grundsatz, dass allein die in einem Kalenderjahr erbrachten
Dienstleistungen anspruchsbegründend herangezogen werden können.
42
Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, aus dem der nordrhein-westfälische
Verordnungsgeber für die Landes- und sonstigen Beamten, die von seiner
Arbeitszeitverordnung nach § 1 Abs. 1 erfasst werden, hinsichtlich des
Bemessungszeitraums für die zu gewährende Dienstbefreiung eine Besserstellung
gegenüber den - ebenfalls seiner alleinigen Regelungskompetenz unterfallenden -
Polizeivollzugsbeamten des Landes vorgesehen haben könnte, zumal gerade die
Polizeivollzugsbeamten durch Schicht- und Nachtdienste besonders belastet sind. Auch
in Bezug auf die Angestellten des öffentlichen Dienstes im Lande, auf die § 48 a BAT
anwendbar ist, sind keine Gründe für eine Privilegierung gerade der Beamten nach § 1
Abs. 1 ArbZV erkennbar. Soweit hingegen zwar nicht allgemein für Bundesbeamte,
wohl aber ausnahmsweise im Bereich von Bahn und Post bei der Berechnung des
Zusatzurlaubs nach § 12 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2, Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 EUrlV nicht nur die
Nachtdienststunden eines (Urlaubs-)Jahres, sondern auch noch in den Monaten Januar
und Februar des folgenden Jahres aufkommende Nachtdienststunden (zum Auffüllen
43
der Stundenzahl des Vorjahres) berücksichtigt werden dürfen, liegen die Ursachen
dieser - auch nur geringfügigen - Besserstellung gegenüber sonstigen Bundesbeamten,
Angestellten im Bunde und auch gegenüber den Beamten und Angestellten im Lande
im Tarifbereich. Dort waren für die Arbeitnehmer von Bahn und Post einerseits und des
übrigen öffentlichen Dienstes andererseits voneinander abweichende Regelungen
vereinbart worden. Der Verordnungsgeber der Erholungsurlaubsverordnung war
insofern vor die Wahl gestellt, entweder mit einheitlichen Regelungen für alle
Bundesbeamten unterschiedliche Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer und Beamte
innerhalb eines Geschäftsbereichs (Bahn bzw. Post) zu schaffen, oder zu Lasten der
Einheitlichkeit des Urlaubsrechts der Bundesbeamten die Gleichbehandlung aller
Beschäftigten eines Verwaltungszweiges (Bahn bzw. Post) zu sichern. Im Interesse des
Betriebsfriedens hat sich der Verordnungsgeber für die Gleichbehandlung von Beamten,
Angestellten und Arbeitern innerhalb desselben Geschäftsbereichs entschieden und
musste deshalb die oben genannten Ausnahmevorschriften schaffen.
Vgl. Weber/Banse, a.a.O., EUrlV § 12 Rn. 15.
44
In diesem Zusammenhang ist auch die Rüge des Klägers zurückzuweisen, er werde bei
Nichtübertragbarkeit angesammelter Restnachtdienststunden in das Folgejahr
schlechter gestellt als die von § 12 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2, Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 EUrlV
erfassten Beamten. Denn im Rahmen dieser Argumentation, mit der er eine Verletzung
von Art. 3 Abs. 1 GG behauptet, wird ein Vergleichsfall herangezogen, der aus
kompetenzrechtlichen Gründen verfassungsrechtlich nicht relevant ist. Jeder Träger
öffentlicher Gewalt hat den Gleichheitssatz nämlich grundsätzlich nur innerhalb seines
eigenen Zuständigkeitsbereichs zu beachten, und dieser begrenzten Bindung entspricht
ein - in gleicher Weise eingeschränkter - Gleichheitsanspruch nur gegenüber dem nach
der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt.
45
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 21. Dezember 1966 - 1 BvR 33/64 -, BVerfGE 21, 54 ff.
(68), und vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127 ff. (158);
vgl. ferner Heun, in: Dreier, Grundgesetz, Komm., Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 3 Rn. 48;
Osterloh, in: Sachs, Grundgesetz, Komm., 3. Aufl. 2003, Art. 3 Rn. 80 f.; Starck, in: von
Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Band 1, 4. Aufl. 1999, Art. 3 Abs. 1 Rn.
226.
46
Es ist daher schon vom Ansatz her grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der
Landesverordnungsgeber in § 5 Abs. 4 ArbZV, § 8 a Abs. 5 Satz 1 AZVOPol eine
Regelung trifft, die von den Regelungen des Bundesverordnungsgebers für die
Bundesbeamten bei Post und Bahn abweicht.
47
Schließlich wäre § 5 Abs. 4 ArbZV gerade in der vom Kläger vertretenen Auslegung
verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, weil eine dann gegebene
Schlechterstellung der Polizeivollzugsbeamten des Landes durch denselben
Verordnungsgeber vor dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz kaum zu
rechtfertigen sein dürfte; auch dieser Gedanke spricht für die Auslegung des § 5 Abs. 4
ArbZV, dass nur die innerhalb eines Kalenderjahres angesammelten
Nachtdienststunden Grundlage für einen Anspruch auf Dienstbefreiung sein können.
48
2. Könnte nicht schon eine Auslegung des § 5 ArbZV zu dem hier dargelegten Ergebnis
führen, so läge jedenfalls eine planwidrige Lücke vor, die im Wege einer Rechts- bzw.
Gesamtanalogie durch Heranziehung der §§ 48 a Abs. 9 Satz 1 BAT, 8 a Abs. 5 Satz 1
49
AZVOPol, 12 Abs. 5 Satz 1 EUrlV zu schließen wäre.
Eine planwidrige Lücke in einem Regelungswerk besteht dann, wenn eine nach dem
Regelungszusammenhang oder dem Gesamtzusammenhang des Regelungswerkes zu
erwartende Regelung fehlt.
50
Zu den Voraussetzungen einer im Wege der Analogie zu schließenden Regelungslücke
vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2001 - X ZR 134/00 -, BGHZ 149, 165 ff. (174);
Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl. 1983, S. 360.
51
So liegt der Fall hier. Denn § 5 ArbZV enthält keine (ausdrückliche) Regelung der
Frage, welcher Zeitraum der Bemessung der zu gewährenden Dienstbefreiung
zugrundezulegen ist, obgleich dies mit Blick auf die sachgleichen Vorschriften der §§ 48
a Abs. 4, Abs. 9 Satz 1 BAT, 8 a Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 AZVOPol und 12 Abs. 3, Abs. 5
Satz 1 EUrlV zu erwarten wäre. Zu erwarten wäre dies deshalb, weil die
anspruchsbegründenden Tatbestände des § 5 Abs. 4 ArbZV und der §§ 48 a Abs. 4
BAT, 8 a Abs. 3 AZVOPol und 12 Abs. 3 EUrlV im Wesentlichen identisch sind, alle
genannten Vorschriften den gleichen Zweck verfolgen und, wie bereits ausgeführt,
sachliche Gründe für eine Privilegierung der § 1 Abs. 1 ArbZV unterfallenden Beamten
gegenüber den sonstigen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Lande (und den
Bundesbeamten einschließlich der bei Bahn oder Post beschäftigten Beamten), nicht
erkennbar sind.
52
Die Schließung einer planwidrigen Lücke im Wege der Analogie setzt voraus, dass das
Gesetz - hier also die Regelungen zum Bemessungszeitraum in den soeben
aufgeführten drei Vorschriften - für einen dem nicht geregelten Sachverhalt ähnlichen
Sachverhalt eine Regelung enthält, die auf den nicht geregelten Sachverhalt übertragen
werden kann, weil beide Tatbestände in den für die gesetzliche - hier:
verordnungsrechtliche - Bewertung maßgeblichen Hinsichten gleich zu beurteilen sind.
53
Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 1995 - 3 C 11.94 -, NVwZ-RR 1996, 393 ff. (395 f.);
weitergehend BGH, Urteil vom 13. März 2003 - I ZR 290/00 -, NJW 2003, 1932 ff. (1933),
nach dem, was vorliegend mit Blick auf das Vorstehende zu bejahen wäre,
angenommen werden können muss, der Gesetzgeber wäre bei einer
Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen
wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen
Abwägungsergebnis gekommen.
54
Eine Bewertung des in Rede stehenden Tatbestandes - Berücksichtigung angefallener
Restnachtdienststunden im Folgejahr - als gleich ist hier, auch wenn § 5 ArbZV
einerseits und die für die Gesamtanalogie heranzuziehenden Vorschriften andererseits
naturgemäß unterschiedliche Verwaltungsbereiche bzw. Beschäftigtengruppen
betreffen, aus den Gründen gerechtfertigt, die hier auch schon zur Bejahung einer
planwidrigen Lücke geführt haben.
55
Einer solchen Analogie stünde hier auch kein Analogieverbot entgegen. Zwar wird
teilweise vertreten, dass es im Bereich der Eingriffsverwaltung unzulässig sei, die
gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für einen belastenden Verwaltungsakt im Wege
der analogen Anwendung einer Eingriffsnorm zu gewinnen
56
- vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. August 1996 - 2 BvR 2088/93 -, NJW 1996,
57
3146; zustimmend Konzak, NVwZ 1997, 872 f.; kritisch Schwabe, DVBl. 1997, 352 f.,
und ablehnend Sachs, in: Sachs, GG, a.a.O., Art. 20 Rn. 121: kein allgemeines
Analogieverbot für das Recht der Eingriffsverwaltung, da die methodisch gerechtfertigte
Analogie Ausdruck der dem Vorbehalt des Gesetzes genügenden Rechtsbindung des
Rechtsanwenders sei; vgl. ferner allgemein Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik
Deutschland, Band III/2, 1994, S. 436: Die Befugnis der Gerichte, in der Bindung an
Wertungen des Gesetzes Vorschriften analog anzuwenden, sei im Grundsatz davon
unabhängig, ob ein grundrechtlicher Gesetzesvorbehalt eingreife -;
ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Denn die Gewährung von Dienstbefreiung nach
§ 5 ArbZV ist nicht dem Bereich der Eingriffsverwaltung zuzurechnen. Außerdem ist der
lediglich im Verordnungswege gewährte und zugleich Begrenzungen unterworfene
Anspruch auf Dienstbefreiung nicht im Landesbeamtengesetz gesetzlich abgesichert
oder auch nur erwähnt worden, sondern lediglich der aus Gründen des Betriebsfriedens
gewollten Gleichbehandlung der Beamten mit den sonstigen Beschäftigten des
öffentlichen Dienstes geschuldet, die die Regelungen über Zusatzurlaub wegen
Schicht- und Nachtdienst in Tarifverhandlungen durchgesetzt hatten.
58
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 10, 711 ZPO.
59
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür (§ 132 Abs. 2
VwGO, § 127 BRRG) nicht vorliegen.
60