Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.06.2002

OVG NRW: widerruf, verwaltungsakt, verteilung der beweislast, beginn der frist, behörde, zuwendung, rückforderung, erfüllung, geschäftsführer, buchführung

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 693/99
Datum:
13.06.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 A 693/99
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 K 5481/96
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Der Kläger ist tätig im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten
der Stadt E. zum Zwecke der Jugendpflege und Jugendfürsorge sowie der
Familienbildung und der politischen Bildung.
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Nach seinen Angaben unterhielt der Kläger in den Jahren 1989 bis 1992 bis zu acht
Arbeitslosentreffs in sozialen Brennpunkten der Stadt E. . Einer dieser Treffs soll sich
vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1992 in der M. Straße 25 in E. befunden haben.
Für diesen Arbeitslosentreff beantragte der Kläger unter dem 2. November 1989, 27.
Juni 1990, 17. Juni 1991 und 16. März 1992 jeweils für das laufende Kalenderjahr
Zuwendungen des Landes Nordrhein-Westfalen gemäss den Richtlinien über die
Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Arbeitslosenzentren und
Arbeitslosentreffs (vgl. Erlass des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 9.
Juli 1984 - II C 1 - 3409.00 -). Zur Art und zum zeitlichen Umfang der in diesem
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Arbeitslosentreff in den Jahren 1989 und 1990 durchgeführten Maßnahmen gab der
Kläger an, in Fragen der Arbeitslosigkeit werde beraten, Begegnungsmöglichkeiten für
Arbeitslose untereinander, für Arbeitslose mit Arbeitenden sowie für Arbeitslose mit
gesellschaftlichen Institutionen und Organisationen würden geschaffen, allgemein- und
berufsbildende Maßnahmen würden durchgeführt und es werde Freizeitbeschäftigung
angeboten. Geöffnet sei der Arbeitslosentreff an drei Tagen für jeweils acht Stunden. In
den Anträgen für die Jahre 1991 und 1992 gab der Kläger an, zusätzlich Maßnahmen im
Bereich neuer Formen der Beschäftigung und in der Öffentlichkeitsarbeit durchzuführen.
Geöffnet sei der Treff an zwei Tagen für jeweils acht Stunden. Allen Anträgen fügte der
Kläger eine aktuelle Bestätigung der Stadt E. des Inhalts bei, dass er bereits seit Jahren
mit Jugendlichen und insbesondere auch mit arbeitslosen Jugendlichen aus
Notunterkünften arbeite. Mit dem Antrag für das Jahr 1989 legte der Kläger ferner ein
Schreiben des Jugendberufshilfe E. e.V. vor, in dem dieser bestätigte, dass er mit dem
Kläger seit Jahren in dem gemeinsamen Ziel, Jugendarbeitslosigkeit zu verhindern und
zu beseitigen, eng zusammenarbeite.
Mit Zuwendungsbescheiden vom 15. November 1989, 5. Juli 1990, 25. Juli 1991 und 3.
Juli 1992 bewilligte das Landesversorgungsamt dem Kläger in Form der
Festbetragsfinanzierung für das jeweilige Kalenderjahr einen Zuschuss in Höhe von
6.000,00 DM. Unter Nr. 6 des jeweiligen Bescheides erklärte es die beigefügten
Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest- P)
mit Ausnahme der Nummern 1.2, 1.3, 1.4, 2, 3, 4, 5.11, 5.14, 5.15, 6.1 bis 6.5, 6.9, 7.2,
7.4 und 8.31 zum Bestandteil desselben. Ferner wurde bestimmt, dass spätestens
innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Bewilligungszeitraums ein
Verwendungsnachweis nach dem beigefügten Muster zu führen und der
Zuwendungsempfänger verpflichtet sei, unverzüglich anzuzeigen, wenn er nach
Vorlage des Finanzierungsplans weitere Zuwendungen für denselben Zweck bei
anderen öffentlichen Stellen beantrage oder von ihnen erhalte oder wenn sich eine
Ermäßigung der Gesamtausgaben oder eine Änderung der Finanzierung um mehr als
1.000,00 DM ergebe. Im Bescheid vom 15. November 1989 wurde dem Kläger ferner zur
Auflage gemacht, dass der Arbeitslosentreff als solcher äußerlich zu erkennen sein und
auch nach außen hin auftreten müsse. Der Kläger legte daraufhin zwei Fotografien vor,
auf denen zu erkennen ist, dass ein Schild mit der Aufschrift Arbeitslosentreff an einem
Wohnhaus mit der Hausnummer 25 angebracht war, und überreichte zahlreiche
Handzettel, mit denen zu unterschiedlichen Aktivitäten des Arbeitslosentreffs M. Straße
25 eingeladen wurde.
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In den vorgelegten Verwendungsnachweisen vom 27. Juni 1990, 17. Juni 1991, 16.
März 1992 und 10. Februar 1993 betreffend das jeweils voraufgegangene Kalenderjahr
bestätigte der Kläger ausdrücklich, dass die Allgemeinen und Besonderen
Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides beachtet worden und die Ausgaben
notwendig gewesen seien, wirtschaftlich und sparsam verfahren worden sei und die
Angaben im Verwendungsnachweis mit den Unterlagen übereinstimmten.
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Jedem Verwendungsnachweis war ein Sachbericht beigefügt. Im Sachbericht für das
Jahr 1989 gab der Kläger die durchschnittlichen monatlichen Gesamtausgaben für
Betriebs- und Sachkosten mit ca. 470,00 DM an. Diese setzten sich aus Strom-, Heiz-,
Telefonanschluss-, Reinigungs- und Reparaturkosten zusammen. Für die inhaltliche
Arbeit seien Kosten der Erstausstattung entstanden. Für die eigentliche Arbeit mit den
Betroffenen sei nur ein geringer Betrag übrig geblieben. Nur durch seine finanzielle
Unterstützung und derjenigen der von ihm getragenen Familienbildungsstätte hätten die
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Maßnahmen in diesem Umfang durchgeführt werden können. Laut Sachbericht für das
Jahr 1990 beliefen sich die Gesamtausgaben für Betriebs- und Sachkosten auf ca.
500,00 DM monatlich. Zusätzliche Kosten seien dem Kläger für die inhaltliche Arbeit
aus der Durchführung unterschiedlicher Maßnahmen und Veranstaltungen, aus der
Anschaffung von Werkzeug, Bastelmaterial und Spielen sowie aus der Bereitstellung
und Verbreitung von Info-Material entstanden. Der Kläger bezifferte im Sachbericht
betreffend das Jahr 1991 die monatlichen Betriebs- und Sachkosten mit ca. 470,00 DM
und verwies erneut darauf, dass für die eigentliche Arbeit mit den betroffenen Personen
nur ein geringer Betrag übrig bleibe. Daher hätten nur durch seine finanzielle
Unterstützung auch im Bereich der Sach- und Personalkosten die Maßnahmen in
diesem Umfang durchgeführt werden können. Nach dem Sachbericht für das Jahr 1992
beliefen sich die Betriebs- und Sachausgaben auf ca. 600,00 DM im Monat, so dass
nach Angaben des Klägers für die pädagogische Arbeit nur noch ein geringer Anteil
übrig geblieben sei, der durch Eigenmittel habe aufgestockt werden müssen.
Nach dem Ergebnis der Prüfung der für die Jahre 1989, 1990 und 1992 erstellten
Verwendungsnachweise durch das Landesversorgungsamt ergaben sich keine
Beanstandungen. Im Rahmen der Prüfung des Verwendungsnachweises für das Jahr
1991 forderte das Landesversorgungsamt vom Kläger eine Kostenaufstellung. In ihr gab
der Kläger die Ausgaben für den Arbeitslosentreff M. Straße pauschal mit 6.800,00 DM
an. Die Prüfung des Verwendungsnachweises wurde daraufhin ohne einen Vermerk
über das Vorliegen von Beanstandungen unter dem 30. März 1992 abgeschlossen.
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Im Januar 1993 leitete die Staatsanwaltschaft E. ein strafrechtliches
Ermittlungsverfahren (302 Js 227/92) gegen den Geschäftsführer sowie den
Vorsitzenden des Klägers ein und beschlagnahmte zahlreiche Unterlagen des Klägers.
Soweit das Verfahren den Verdacht des Betruges zum Nachteil des
Landesversorgungsamtes im Hinblick auf die Vorgänge um den Betrieb der
Arbeitslosentreffs betraf, wurde es abgetrennt, unter dem Aktenzeichen 302 Js 207/95
fortgeführt und nach § 154 StPO eingestellt. Das andere Strafverfahren führte am 5.
Oktober 1995 zur Verurteilung des Geschäftsführers wegen Betruges in 20 Fällen, in
einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung und in vier Fällen in Tateinheit mit
versuchtem Betrug. Der Vereinsvorsitzende wurde wegen gemeinschaftlichen Betruges
verurteilt. Danach kam es zu einem personellen Wechsel in der Geschäftsführung des
Klägers.
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Bereits unmittelbar nach Beschlagnahme der Unterlagen teilte der Kläger dem
Landesversorgungsamt mit, dass er die Betreuungstätigkeit in den Arbeitslosentreffs
eingestellt und den Arbeitslosentreff in der M. Straße 25 zum 31. Dezember 1992
geschlossen habe.
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Im Jahr 1993 prüfte der Landesrechnungshof die Verwendung von Landesmitteln durch
den Beklagten, u.a. soweit diese zur Förderung der in Rede stehenden Aktivitäten des
Klägers vergeben worden waren. In seinem Abschlussbericht vom 8. Dezember 1993
traf er folgende Feststellungen: Der Arbeitslosentreff sei zum 31. Dezember 1992 mit der
Begründung mangelnder Resonanz und Akzeptanz des Projekts bzw. wegen
Personalveränderungen geschlossen worden. Nach Erkenntnissen des von ihm
einbezogenen Rechnungsprüfungsamtes der Stadt E. befinde sich seit dem 15. Mai
1992 in der Einrichtung M. Straße eine Kindertagesstätte. Vor diesem Zeitpunkt seien
dort umfangreiche Umbauarbeiten durchgeführt worden, die eine Fortsetzung von
Vereinstätigkeiten im Bereich der Arbeitslosentreffs nicht zuließen. Die meisten der von
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ihm bei der Staatsanwaltschaft eingesehenen Belege seien nicht zweifelsfrei den
Arbeitslosentreffs zuzuordnen; vielmehr könne das Gros der Ausgaben (Nahrungsmittel
und Getränke in Supermärkten gekauft) auch dem Betrieb von Kindertagesstätten
zugerechnet werden. Eine Kostenstelle für die Arbeitslosentreffs sei nicht eingerichtet
gewesen.
Unter dem 21. Juli 1994 gab das Landesversorgungsamt dem Kläger auf Grund des
Berichts des Landesrechnungshofes Gelegenheit zur Stellungnahme zum
beabsichtigten Widerruf und zur etwaigen Rückforderung der Zuwendungen. Daraufhin
erklärte der Kläger: In seiner Satzung finde die Arbeit mit Langzeitarbeitslosen und
Einrichtungen für diesen Personenkreis nicht ausdrücklich ihre Verankerung, was
jedoch nicht bedeute, dass die Arbeit mit diesem Klientel nicht geleistet werden dürfe.
Im Rahmen der Gesamtarbeit in sozialen Brennpunkten sei eine Ausgrenzung dieses
Personenkreises nicht zu vertreten und widerspreche auch allen pädagogischen
Grundsätzen. Entgegen der Ansicht des Landesrechnungshofs sei die Kostenstelle
4447 für alle Arbeitslosentreffs eingerichtet gewesen. Es sei allerdings versäumt
worden, für jeden Treff eine gesonderte Kostenstelle einzurichten. Nur Belege der
Arbeitslosentreffs und mit Sicherheit keine Ausgaben für die Kindertagesstätten seien
auf dieser Kostenstelle gebucht worden. Es gebe aber Kostenstellen für andere
Maßnahmen, die Ausgaben für die einzelnen Arbeitslosentreffs enthielten. Tatsächlich
sei das Haus M. Straße 25 im Jahr 1992 zu einer Kindertagesstätte umgebaut worden.
Die Aktivitäten des Arbeitslosentreffs seien deshalb in anderen Räumen der jeweiligen
Siedlung oder im näheren Umfeld, und zwar ordnungsgemäß, durchgeführt worden.
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Mit Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 30. Januar 1995 (in ihm angegeben
ist - offensichtlich versehentlich - das Jahr 1994) widerrief das Landesversorgungsamt
die Zuwendungsbescheide vom 15. November 1989, 5. Juli 1990, 25. Juli 1991 und 3.
Juli 1992 und forderte die Zuwendungen in Höhe von insgesamt 24.000,00 DM zurück.
Zur Begründung führte es aus: Die für eine Förderung als Arbeitslosentreff
vorgegebenen Bestimmungen der Richtlinien seien nicht erfüllt gewesen. Die
Vereinstätigkeit im Bereich der Arbeitslosentreffs ab 1989 habe nicht nachgewiesen
werden können. Die eingesehenen Belege seien nicht zweifelsfrei dem Arbeitslosentreff
zuzuordnen gewesen. Eine gesonderte Kostenstelle sei nicht geführt worden. Am 16.
März 1992 habe der Kläger Fördermittel abgerufen, obwohl ein ordnungsgemäßer
Ablauf der Maßnahmen allein durch die Umbauarbeiten im Gebäude zu einer
Kindertagesstätte nicht gewährleistet gewesen sei. Die Verlegung des Arbeitslosentreffs
in ein anderes Gebäude habe der Bekanntgabe an die Bewilligungsbehörde bedurft.
Der Mitteilungspflicht sei der Kläger nicht nachgekommen. Im Rahmen des ihm
zustehenden Ermessens fordere er die Zuwendungen zurück. Sämtliche Verstöße lägen
allein im Verantwortungsbereich des Klägers. Daher sei das öffentliche Interesse an der
Rückforderung höher zu bewerten, als das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der
Bescheide.
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Unter dem 22. Februar 1995 legte der Kläger Widerspruch gegen diesen Bescheid ein
und führte aus: In dem Arbeitslosentreff sei ein Mitarbeiter den Richtlinien entsprechend
tätig gewesen. Vor Ort sei pädagogisch im Sinne der Richtlinie gearbeitet worden. Er
habe auf den Bestand der Zuwendungsbescheide vertraut. Anhand von formalen
Fehlern, die von ihm auch nicht bestritten würden, werde mit einem Federstrich gute,
sinnvolle Arbeit mit Betroffenen in Frage gestellt. Bei der Rückforderung sei
unberücksichtigt geblieben, dass von ihm benannte Kostenstellen Buchungsbelege für
einzelne Arbeitslosentreffs enthielten. Bei einem Festhalten an der Rückforderung sei
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sein - des Klägers - Fortbestand erheblich in Frage gestellt. Dies würde 69 Arbeitsplätze
betreffen und einen Verlust an Betreuung für die Betroffenen vor Ort in den sozialen
Brennpunkten und Übergangswohnheimen bedeuten.
In einer Besprechung am 6. März 1995 trafen Vertreter der Parteien folgende
Vereinbarungen: Der Kläger habe detailliert für alle Einrichtungen, getrennt nach
Jahren, Belege und Sachberichte über die geleistete Arbeitslosenarbeit vorzulegen.
Sollte dies nicht zu erfüllen sein, würden eidesstattliche Versicherungen anerkannt.
Dem Kläger werde zugesagt, die vorliegenden Widersprüche auf die ergangenen
Rückforderungsbescheide nicht weiter zu bearbeiten und zudem keine weiteren
Rückforderungsbescheide zu erteilen, solange die Unterlagen nicht vorlägen. Sollte
sich herausstellen, dass die Verwaltungsakte zurückzunehmen seien, beginne die
Jahresfrist ab Eingang der Sachberichte und Belege.
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Im August 1995 teilte der Kläger dem Landesversorgungsamt mit: Im Arbeitslosentreff M.
Straße seien drei ABM-Kräfte zum Einsatz gekommen. Von diesen seien nachweisbar
19.500,00 DM verwandt worden. Dazu könne versichert werden, dass darin keine
Personalkosten enthalten seien. Der Betrag sei vielmehr gemäß den Richtlinien für die
Arbeit in den einzelnen Arbeitslosentreffs und den Werkstätten eingesetzt worden. Eine
Verbuchung über Konten der Kindertagesstätten könne mit Sicherheit ausgeschlossen
werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es aber nicht mehr möglich, eine detaillierte
Aufstellung der Belege vorzunehmen.
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Ergänzend zu diesem Schreiben erklärte der Geschäftsführer des Klägers: "Wir
versichern, dass nach unserer Erinnerung und unserem heutigen Kenntnisstand die
Betreuung der Arbeitslosentreffs in der Zeit von 1989 - 1992 ordnungsgemäß
stattgefunden hat und den Richtlinien gemäß durchgeführt wurde. Eine
Zweckentfremdung der bewilligten und erhaltenen Fördermittel hat zu keinem Zeitpunkt
stattgefunden."
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Ferner bestätigte eine in der Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 30. September 1992 beim
Kläger angestellte und als Zeuge benannte ABM-Kraft, vorwiegend in den sozialen
Brennpunkten M. Straße und Liebrechtstraße im Rahmen der im ABM- Antrag
formulierten Aufgabenbereiche, das waren Planung, Organisation und Betreuung eines
Arbeitslosenzentrums, beschäftigt gewesen zu sein.
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In einer weiteren Erklärung vom 29. Januar 1996 versicherte der bis August 1995 tätig
gewesene Geschäftsführer des Klägers: Für den Arbeitslosentreff M. Straße seien in der
Zeit von 1989 bis 1992 Kosten in Höhe von insgesamt 24.000,00 DM "wirklich"
entstanden. Die Betreuung des Arbeitslosentreffs sei ordnungsgemäß durchgeführt
worden. Eine Zweckentfremdung der bewilligten und erhaltenen Fördermittel habe nach
seinem heutigen Kenntnisstand zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Er sei als
Geschäftsführer verantwortlich gewesen. Antragstellungen und Abrechnungen seien
aber nicht von ihm durchgeführt worden. Nach dem langen Zeitraum sei ihm eine
Spezifizierung der Einzelbelege nicht möglich.
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Nachdem das Landesversorgungsamt mit der Staatsanwaltschaft vereinbart hatte, dass
zwei Mitarbeiter des Klägers die beschlagnahmten Belege einsehen und kopieren
könnten, forderte es den Kläger mit Schreiben vom 29. April 1996 im Rahmen der
Verwendungsnachweisprüfung auf, die Belege für das Jahr 1992 einzusehen und zu
kopieren. Die Kopien sollten danach, sortiert nach Kostenpositionen und den jeweiligen
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Arbeitslosentreffs zugeordnet, ihm vorgelegt werden. Gleichzeitig bat es um
zahlenmäßige Auflistung der für das Jahr 1992 entstandenen Kosten.
Unter dem 4. Juni 1996 teilte der neue Geschäftsführer des Klägers mit, die Akten der
Monate Mai bis August 1992 seien bei der Staatsanwaltschaft nicht vorhanden
gewesen. Nur Akten betreffend die Monate Januar bis April 1992 hätten eingesehen
werden können. Die Akten ab September 1992 befänden sich im Besitz des Klägers.
Für die Monate Mai bis August 1992 habe er anhand der DATEV- Kontonummern
Positionen und Ausgaben herausgesucht. Auf Grund der damaligen unzureichenden
und chaotischen Buchführung seien Ausgaben für die Bereiche der Arbeitslosentreffs
auf andere Konten gebucht worden. Aus welchen Gründen ein solches Verfahren
gewählt worden sei, sei nicht mehr nachvollziehbar. Nach Durchsicht der einzelnen
Konten und Positionen ergäben sich Kosten in Höhe von 37.843,07 DM. Ausgaben der
Familienbildungsstätte "Haus W. " für Seminare seien darin nicht enthalten.
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Am 14. Juni 1996 vereinbarten Vertreter der Parteien, dass noch Nachweise über
gezahlte Mieten und Nebenkosten sowie eine Aufschlüsselung dieser Ausgaben nach
dem Verhältnis der vom Arbeitslosentreff genutzten Fläche zur Gesamtfläche der
angemieteten Räume vorzulegen seien. Ferner seien Stellungnahmen dazu
erforderlich, dass Dritte zu den Kosten in Höhe von 37.843,07 DM keine Zuschüsse
geleistet hätten und der Kläger den Arbeitslosentreff trotz Kindertagesstätte bzw.
Umbaumaßnahmen ordnungsgemäß betrieben habe. Gegebenenfalls könne der Kläger
zu den Kosten für die Raumpflege eine Erklärung der Reinigungskraft des Inhalts
beibringen, dass in den Räumen des Arbeitslosentreffs geputzt worden sei.
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Nachdem der Geschäftsführer des Klägers mitgeteilt hatte, dass es ihm nicht möglich
sei, Mietkosten nachzuweisen, weil zwar Mietverträge vorhanden, aber Zuordnungen
der Mieten zu dem Arbeitslosentreff nicht möglich seien, wies das
Landesversorgungsamt den Widerspruch mit Bescheid vom 25. Juli 1996 zurück. Zur
Begründung führte es aus: Trotz seines Entgegenkommens, Fristen außer Acht zu
lassen, auf Vorlage aller Belege zu verzichten, nur eine stichprobenartige Überprüfung
der Belege durchzuführen sowie auf Originalbelege zu verzichten und kopierte Belege
anzuerkennen, sei dem Kläger der Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung
der Zuwendung nicht gelungen. Nicht eine einzelne Kontoführung sei zu rekonstruieren.
Selbst die zum Schluss als Ersatz für Belege zugelassene Eidesstattliche Versicherung
von Seiten der Geschäftsführung des Klägers sei nicht beigebracht worden. Nach
nochmaliger wohlwollender Prüfung habe der Kläger nicht nachweisen können, dass
die Zuwendung für den bewilligten Zweck verwandt worden sei.
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Der Kläger hat am 26. August 1996 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt:
Soweit das Landesversorgungsamt den Widerruf mit einem mangelhaften
Verwendungsnachweis begründe, setze es sich in Widerspruch zu seinem bisherigen
Verwaltungshandeln. Das Landesversorgungsamt habe auf die Einhaltung der
Anforderungen, die sich aus den Nrn. 6 ff. ANBest-P ergäben, verzichtet und stattdessen
zunächst eine Eidesstattliche Versicherung verlangt und nachfolgend eine einfache
Erklärung des damaligen Geschäftsführers akzeptiert. Diese habe er vorgelegt. Die vom
Landesversorgungsamt geforderten Verwendungsnachweisvordrucke seien stets
ausgefüllt und vorgelegt worden. Belege hätten diesen Vordrucken nicht beigefügt
werden müssen. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn das Landesversorgungsamt
zunächst von der Vorlage der Belege absehe, später jedoch ihre Vorlage verlange. Das
Landesversorgungsamt habe durch die laufende Gewährung von Zuwendungen selbst
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einen Vertrauenstatbestand gesetzt. Es habe die Zuwendungen fortlaufend gewährt,
obwohl er einem Verwendungsnachweis nie die summarische Darstellung der
Einnahmen und Ausgaben entsprechend der Gliederung des Finanzierungsplanes
beigefügt habe. Es sei schon erstaunlich, dass sich das Landesversorgungsamt auf die
Nichtvorlage der Originalbelege berufe, selbst jedoch in den Jahren zuvor Bescheide
erlassen habe, obwohl die Voraussetzungen für eine Bewilligung von ihm nie
vollständig und korrekt dargelegt worden seien. Die finanziellen Mittel seien
nachweisbar zweckentsprechend verwandt worden. Selbst wenn das
Landesversorgungsamt zum Widerruf berechtigt gewesen sei, habe es keinen Anspruch
auf Erstattung der Zuwendungen, weil er auf Grund zweckentsprechender Verwendung
der Mittel nicht mehr bereichert sei. Ihn treffe an der sehr schwierigen Nachweisführung
kein Verschulden. Er sei nicht davon ausgegangen, dass ein unzureichender
Verwendungsnachweis zum Widerruf der Bescheide führen könne.
Der Kläger hat beantragt,
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die Bescheide des Landesversorgungsamtes vom 30. Januar 1995 und 25. Juli 1996
aufzuheben.
25
Das Landesversorgungsamt hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Es hat vorgetragen: Eine Möglichkeit, von der bisherigen Entscheidung abzuweichen,
sehe es nicht. Trotz seines massiven Entgegenkommens sei es dem Kläger nicht
möglich gewesen, eine zweckentsprechende Verwendung nachzuweisen. Mit einer
einfachen Bestätigung der zweckentsprechenden Mittelverwendung habe es sich nicht
einverstanden erklärt. Der Kläger sei auch darauf hingewiesen worden, dass die
Erklärungen des ehemaligen Geschäftsführers des Klägers nicht hinreichend seien.
Nachdem dieser sich zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung nicht in der Lage
gesehen habe, sei dem Kläger die Möglichkeit der Einsichtnahme in die
staatsanwaltlichen Akten vermittelt worden. Dadurch sei die Abgabe einer
Eidesstattlichen Versicherung nicht nur entbehrlich, sondern sogar unzulässig
geworden. Erst nachdem der Kläger eine unzureichende und chaotische Buchführung
eingeräumt habe, die eine Zuordnung von Ausgaben zu den einzelnen
Arbeitslosentreffs gänzlich unmöglich mache, habe es den Zuwendungsbescheid
widerrufen.
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Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt:
Unabhängig davon, welche der Widerrufsgründe des § 49 Abs. 3
Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - objektiv vorlägen oder subjektiv vom
Landesversorgungsamt angenommen worden seien, seien die Bescheide wegen
fehlerhafter Ermessensausübung rechtswidrig. Es sei zwar von einem sog. "intendierten
Ermessen" auszugehen, aber das Landesversorgungsamt sei nicht davon entbunden
gewesen, im Einzelfall entgegenstehende Belange des Begünstigten zu ermitteln und
mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Ermessensabwägung einzubeziehen.
Dazu gehörten auch die wirtschaftlichen und sonstigen Folgen eines Widerrufs.
Vorliegend stehe nicht fest, dass eine (materielle) Arbeitslosenarbeit im Sinne der
Richtlinien nicht stattgefunden habe. Insoweit trage das Landesversorgungsamt die
Beweislast. Bei der - vom Kläger zugestandenen - Verletzung seiner Nachweispflichten
handele es sich nur um einen Verstoß "eher formeller Art". Mit keinem Wort sei das
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Landesversorgungsamt auf die wirtschaftlichen Folgen eines Widerrufs für den Kläger
eingegangen. Das Landesversorgungsamt habe durch sein Verhalten dazu
beigetragen, dass der Kläger seine Buchführung und seine Nachweispflicht nicht
ordnungsgemäß gehandhabt habe. Die Bewilligung von Zuwendungen für die
Arbeitslosenarbeit durch das Landesversorgungsamt habe zu einer Vielzahl an
Beanstandungen durch den Landesrechnungshof geführt, die auf grundsätzliche und
strukturelle Fehler der Bewilligungsverfahren hindeuteten. Dies alles habe bei der
erforderlichen Ermessensentscheidung des Landesversorgungsamtes dargestellt,
gewichtet und angemessen zum Ausgleich gebracht werden müssen.
Hiergegen richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 8. März 2002 zugelassene
Berufung, mit der die Beklagte, in die das Landesversorgungsamt zum 1. Januar 2001
eingegliedert worden ist, geltend macht: Das Landesversorgungsamt habe von einer
Zweckverfehlung ausgehen dürfen. Die Unerweislichkeit der zweckgemäßen
Mittelverwendung gehe zu Lasten des Klägers, weil sie Folge von mit der
Zuwendungsgewährung nicht zu vereinbarenden Handlungen oder Unterlassungen des
Klägers sei. Der Kläger habe nur einen einfachen Verwendungsnachweis vorlegen
müssen, sei deshalb aber nicht von seinen Buchführungspflichten entbunden gewesen.
Das Landesversorgungsamt habe sich darauf verlassen dürfen, dass der Kläger diesen
Pflichten nachkomme. Ein aufwändigeres Prüfungsverfahren sei weder im Hinblick auf
die Zuwendungen noch auf den Zuwendungsempfänger geboten gewesen. Im Rahmen
der Ermessensausübung habe dieser Gesichtspunkt keine Berücksichtigung finden
können. Allgemeine Beanstandungen des Landesrechnungshofs zu grundsätzlichen
und strukturellen Fehlern auf Seiten des Landesversorgungsamtes stellten ebenfalls
keinen maßgeblichen Ermessensgesichtspunkt dar. Folgebewilligungen könnten bei
der Ermessensentscheidung keine Berücksichtigung finden, weil der
Verwendungsnachweis für eine frühere Maßnahme nicht Voraussetzung für die
Entscheidung über weitere Anträge sei. Der Umstand, dass die
Verwendungsnachweise zunächst nicht beanstandet worden seien, sei ohne
Bedeutung, weil das Prüfungsergebnis keine Außenwirkung erlangt habe und somit
beim Kläger keinen Vertrauenstatbestand habe schaffen können.
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Die Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Landesversorgungsamtes und
der beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft E. in den Verfahren 302 Js 207/95
sowie 302 Js 227/97 Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung hat Erfolg.
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Bescheide des Landesversorgungsamtes
vom 30. Januar 1995 und 25. Juli 1996 sind rechtmäßig. Dies gilt für die darin erklärte
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Aufhebung der Zuwendungsbescheide (I.) ebenso wie für die zugleich geregelte
Rückforderung der gezahlten Zuwendungen in Höhe von insgesamt 24.000,00 DM (II.)
I. Das Landesversorgungsamt war zum Widerruf der Zuwendungsbescheide vom 15.
November 1989, 5. Juli 1990, 25. Juli 1991 und 3. Juli 1992 berechtigt. Die
Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) vom 21.
Dezember 1976 (GV. NRW. S. 438) in der Fassung des Art. 1 Nr. 7 des Dritten Gesetzes
zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen
und zur Änderung anderer verwaltungsrechtlicher Vorschriften vom 24. November 1992
- Drittes Änderungsgesetz - (GV. NRW. S. 446) lagen vor (1.). Die Verwaltung übte das
ihr eingeräumte Ermessen in von Rechts wegen nicht zu beanstandender Weise aus
(2.). Die Entscheidung erging innerhalb der Ausschlussfrist der §§ 49 Abs. 3 Satz 2
i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG NRW (3.).
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1. Nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW darf ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der
eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung
eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er
unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit
widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder
nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird.
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Diese Vorschrift ist auf die bereits vor ihrem In-Kraft-Treten am 12. Dezember 1992
wirksam und unanfechtbar gewordenen Zuwendungsbescheide anwendbar (a.). Darauf,
ob die Bescheide rechtmäßig oder rechtswidrig waren, kommt es im Rahmen des § 49
Abs. 3 VwVfG NRW nicht an (b.). Die Bescheide gewähren eine einmalige Geldleistung
zur Erfüllung des Zwecks Förderung des Arbeitslosentreffs M. Straße 25 in E. (c.). Die
Erfüllung dieses Leistungszwecks ist mangels Nachweisbarkeit der Mittelverwendung
nicht feststellbar (d.). Dies geht zu Lasten des Klägers, so dass von einer
Zweckverfehlung auszugehen ist (e.).
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a. Die Zuwendungsbescheide des Versorgungsamtes sind nicht deshalb einem
Widerruf nach § 49 Abs. 3 VwVfG NRW entzogen, weil sie bestandskräftig geworden
sind, bevor diese Vorschrift in Kraft getreten ist.
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Art. 10 Abs. 2 des Dritten Änderungsgesetzes erklärt § 49 Abs. 3 VwVfG NRW auch auf
Bescheide über Zuwendungen für anwendbar, die vor dem In-Kraft-Treten dieses
Gesetzes erlassen wurden. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit angesichts
dieser Rückwirkung bestehen nicht. Der Zuwendungsempfänger wird durch die
Gesetzesänderung nicht schlechter gestellt. Für den Widerruf von
Zuwendungsbescheiden galt seit 1989, dem Jahr des Erlasses des ersten
Zuwendungsbescheides, § 8 Abs. 4 des jeweiligen Landeshaushaltsgesetzes der Jahre
1989-1992 (vgl. GV. NRW 1988, S. 518, 1989, S. 690, 1991, S. 206, 1991, S. 568), nach
dem derartige Bescheide mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden konnten.
Auch wenn gegen diese Vorschriften im Hinblick auf das Bepackungsverbot rechtliche
Bedenken erhoben wurden,
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vgl. dazu Sachs, in Stelkens, Bonk, Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Auflage
2001, § 49 Rdnr. 90 m.w.N.,
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konnte der Zuwendungsempfänger auf Grund ihrer Existenz nicht mehr mit einem
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Behalten-dürfen der in der Vergangenheit empfangenen Zuwendung rechnen.
Außerdem hatte das Bundesverwaltungsgericht,
vgl. Urteil vom 11. Februar 1983 - 7 C 70.80 -, DVBl. 1983, 810, 812,
46
zu § 49 VwVfG in seiner vor dem 12. Dezember 1992 geltenden Fassung bereits im
Jahre 1983 entschieden, der Widerruf eines Zuwendungsbescheides schließe die
Rückforderung der vor dem Widerruf erbrachten Leistung für die Zukunft nicht aus.
47
So auch OVG NRW, Urteil vom 4. November 1993 - 4 A 3488/92 -, der
gemeindehaushalt 1995, 184, 185.
48
b. Ob die Zuwendungsbescheide rechtmäßig oder rechtswidrig erlassen wurden,
braucht nicht entschieden zu werden.
49
Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Verwaltungsakte ergeben sich daraus, dass bei
Bewilligung der Zuwendungen die Finanzierungspläne des Klägers fehlten. Dadurch
konnte die Notwendigkeit einer Landesförderung unter dem Gesichtspunkt der
Subsidiarität nach § 23 Landeshaushaltsordnung - LHO - vom 14. Dezember 1971 (GV.
NRW 1971, 397) in der jeweils geltenden Fassung nicht sachgerecht beurteilt werden.
50
Die Frage der Rechtmäßigkeit der Zuwendungsbescheide kann jedoch offen bleiben,
weil nach § 49 Abs. 3 VwVfG NRW auch der Widerruf rechtswidriger
Zuwendungsbescheide möglich ist.
51
Seinem Wortlaut nach verlangt § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW ebenso wie § 49 Abs. 2
VwVfG NRW einen rechtmäßigen Verwaltungsakt. Für den Widerruf nach § 49 Abs. 2
VwVfG NRW ist inzwischen in Rechtsprechung und Literatur jedoch anerkannt, dass
davon auch ein von Beginn an rechtswidriger Verwaltungsakt erfasst sein kann.
52
Vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage 2000, § 49 Rdnr. 5 mit
umfangreichen Nachweisen in Fn. 5.
53
Nach Systematik sowie Sinn und Zweck kann für § 49 Abs. 3 VwVfG NRW nichts
Anderes gelten. Der durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigte darf, auch
wenn der Bescheid eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare
Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt, nicht besser gestellt sein,
als der durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt gleichen Inhalts Begünstigte. Für eine
Erstreckung der Widerrufsmöglichkeit auf rechtswidrige Verwaltungsakte spricht auch
das praktische Bedürfnis, beim klaren Vorliegen von Widerrufsgründen gegebenenfalls
auch ohne aufwändige Prüfung der Rechtmäßigkeit des ursprünglichen Bescheides
einen Widerruf aussprechen zu können,
54
So auch OVG NRW, Urteil vom 7. Juli 1992 - 14 A 111/89 - zu den vor In-Kraft- Treten
des § 49 Abs. 3 VwVfG NRW geltenden, insoweit inhaltsgleichen haushaltsrechtlichen
Vorschriften.
55
c. Die widerrufenen Zuwendungsbescheide gewährten eine einmalige Geldleistung zur
Erfüllung eines bestimmten Zwecks, nämlich der Förderung von Arbeit mit Arbeitslosen
im Arbeitslosentreff M. Straße 25 in E. .
56
Ob die nach § 49 Abs. 3 VwVfG NRW erforderliche Zweckbindung der Leistung in dem
Verwaltungsakt selbst bestimmt sein muss oder ob etwa auch ein Hinweis auf die
Rechtsgrundlage, Verwaltungsrichtlinien oder Kommentierungen der Titel im
Haushaltsplan ausreichen, sofern diese den zu erfüllenden Zweck eindeutig angeben,
ist umstritten. Für die erstgenannte Auffassung sprechen der Wortlaut in § 49 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW ("für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck") sowie
die Entstehungsgeschichte der bundesrechtlichen Parallelvorschrift. Danach wurde
zunächst erwogen, der Zweck müsse "nicht stets in dem Verwaltungsakt - insbesondere
bei Leistungen, die nicht Zuwendungen sind - angegeben sein", sondern es genüge
"ein Hinweis auf die Rechtsgrundlage, wenn die Rechtsvorschrift den zu erfüllenden
Zweck eindeutig angibt". Diese Erwägung ist indes in der Begründung zum Gesetz
gewordenen wortgleichen Entwurf nicht mehr enthalten.
57
Vgl. BT-Drucks. 11/3920, S. 6 und 13/1534, S. 5
58
sowie zum Meinungsstand allgemein: Sachs, in Stelkens, Bonk, Sachs,
Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Auflage 2001, § 49 Rdnr. 95 m.w.N.
59
Diese Frage bedarf hier aber keiner weiteren Klärung. Denn der Zweck der Zuwendung
ergibt sich aus den Bescheiden nebst Anlagen selbst. Aus dem in ihnen angegebenen
Betreff folgt, dass die gewährte Zuwendung zur Förderung von Arbeitslosenzentren und
Arbeitslosentreffs dienen soll. Konkret gewährte das Landesversorgungsamt im Auftrag
des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen dem
Kläger jeweils zu den bei der Durchführung der förderungswürdigen Maßnahmen im
Arbeitslosentreff in der M. Straße 25 in E. entstehenden Kosten eine Zuwendung für das
jeweilige Kalenderjahr in Höhe von 6.000,00 DM in Form einer Festbetragsfinanzierung
als Zuschuss. Damit war Zweck der Leistung die Durchführung eines Arbeitslosentreffs
durch den Kläger und die damit einhergehende Verwendung finanzieller Mittel zu den
von ihm im Antrag angegebenen Maßnahmearten, wie die Beratung zu Fragen bei
Arbeitslosigkeit, die Schaffung von Begegnungsmöglichkeiten für Arbeitslose
untereinander, für Arbeitslose mit Arbeitenden sowie für Arbeitslose mit
gesellschaftlichen Institutionen und Organisationen, die Durchführung allgemein- und
berufsbildender Maßnahmen und die Freizeitbeschäftigung. In den Jahren 1991 und
1992 kamen Maßnahmen in den Bereichen "Neue Formen der Beschäftigung" und
"Öffentlichkeitsarbeit" hinzu. Nach den Nebenbestimmungen zu den
Zuwendungsbescheiden war der Verbrauch der finanziellen Mittel für diese
Maßnahmen in Verwendungsnachweisen zu belegen und dem Versorgungsamt
anzuzeigen, wenn sich die Gesamtausgaben um mehr als 1.000,00 DM ermäßigen
sollten.
60
d. Die Erfüllung des Leistungszwecks ist mangels Nachweisbarkeit der Verwendung der
jährlichen Zuschüsse nicht feststellbar. Der Kläger konnte keine Unterlagen vorlegen,
die die Ausgaben für den Arbeitslosentreff M. Straße 25 für die Jahre 1989-1992
belegen (aa.) Andere Möglichkeiten, die Verwendung der zugewendeten Mittel
aufzuklären, gibt es im vorliegenden Fall nicht (bb.).
61
aa. Nach den Feststellungen des Landesrechnungshofs sowie den eigenen
Ermittlungen des Klägers lässt sich nicht belegen, dass die Zuschüsse des Landes dem
benannten Zweck der Zuwendungen gemäß verwandt worden sind. Die vom Kläger für
jeden Bewilligungszeitraum vorgelegten Verwendungsnachweise erlauben mangels
konkreter Angaben keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Verwendung der Mittel. Die
62
in den Sachberichten zu den Verwendungsnachweisen erwähnten Betriebs- und
Sachkosten, die die laufenden Kosten für Strom, Heizung, Telefon, Reinigung und
Reparaturen umfassten, gab der Kläger mit einem ungefähren Gesamtbetrag an. Er war
nicht in der Lage, diesen Gesamtbetrag durch nach Nr. 6.8 ANBest-P für mindestens
fünf Jahre aufzubewahrende Belege zu spezifizieren. Solche Belege müssen nach Nr.
6.7 ANBest-P die im Geschäftsverkehr üblichen Angaben und Anlagen enthalten, die
Ausgabebelege insbesondere den Zahlungsempfänger, Grund und Tag der Zahlung,
den Zahlungsbeweis und bei Gegenständen den Verwendungszweck erkennen lassen.
Seinerzeit von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmte und vom Landesrechnungshof
in Stichproben eingesehene Belege, die überwiegend den Kauf von Nahrungsmitteln
und Getränken in Supermärkten betrafen, genügten diesen Anforderungen nicht, waren
insbesondere dem Arbeitslosentreff M. Straße 25 bzw. den von diesem durchgeführten
Maßnahmen nicht zweifelsfrei zuzuordnen. Dies hat der Kläger auch eingeräumt. Die
von ihm behaupteten Fehlbuchungen von eigentlich bei Durchführung von Maßnahmen
der Arbeitslosentreffs entstandenen Kosten auf andere Buchungskonten konnte der
Kläger ebenfalls nicht belegen. Eine in Wahrheit dem Arbeitslosentreff in der M. Straße
25 zuzuordnende Buchung ist nicht feststellbar. Von der ihm eingeräumten Möglichkeit,
statt für alle Einrichtungen getrennt nach Jahren Belege und Sachberichte über die
geleistete Arbeitslosenarbeit vorzulegen, Eidesstattliche Versicherungen abzugeben,
hat der Kläger keinen Gebrauch machen können, weil sich der ehemalige
Geschäftsführer des Klägers zu einer solchen Erklärung nicht in der Lage sah. Von
diesem wurde lediglich "nach bestem Wissen und Gewissen" erklärt, dass für den
Arbeitslosentreff M. Straße 25 in der Zeit von 1989 bis 1992 Kosten in Höhe von
24.000,00 DM wirklich entstanden seien, die Betreuung der Arbeitslosentreffs
ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und eine Zweckentfremdung der bewilligten
und erhaltenen Fördermittel nach seinem heutigen Kenntnisstand zu keinem Zeitpunkt
stattgefunden habe. Für das Zuwendungsjahr 1992 gelang dem Kläger auch nicht der
Nachweis von Ausgaben für Mietzahlungen für die vom Arbeitslosentreff genutzten
Räumlichkeiten in der M. Straße 25 oder für die Reinigungskraft.
bb. Andere Möglichkeiten, die Verwendung der zugewendeten Mittel aufzuklären, gibt
es im vorliegenden Fall nicht. Die Parteien haben keine Möglichkeiten zur weiteren
Sachverhaltsaufklärung in Bezug auf eine ordnungsgemäße Mittelverwendung bei der
Durchführung des Arbeitslosentreffs M. Straße 25 aufgezeigt. Dem Senat sind weitere
Aufklärungsmöglichkeiten auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist auszuschließen, dass
eine Vernehmung der in den Jahren 1989 bis 1992 für den Arbeitslosentreff
verantwortlichen Mitarbeiter oder einzelner Teilnehmer der Maßnahmen zu dem
erforderlichen konkreten Nachweis der Mittelverwendung in Höhe des jährlichen
Zuschusses führen kann.
63
Der schriftsätzlichen Beweisanregung des Klägers, Herrn D. F. als Zeugen dazu zu
hören, dass während der gesamten Zeit der Zuwendungen Projekte für Arbeitslose
vorhanden waren und dass sämtliche Gelder projektbezogen verwandt wurden,
brauchte das Gericht nicht weiter nachzugehen. Für die Zeiten vom 1. Januar 1989 bis
30. September 1990 und 1. Oktober 1992 bis 31. Dezember 1992 erweist sich dieser
Zeuge als ungeeignet, weil er nur in der Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 30. September
1992 beim Kläger angestellt war. Für die Zeit der Anstellung fehlt es an einer
hinreichenden Substanziierung der in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen
und Wahrnehmungen. Derartige nähere Ausführungen sind umso mehr notwendig als
die erforderliche minutiöse Rekonstruktion des Ausgabegeschehens mit seinen vielen
einzelnen Zahlungsvorfällen nur dann einem Zeugenbeweis zugänglich ist, wenn
64
Besonderheiten (etwa Privataufzeichnungen oder andere die Nachzeichnung möglich
erscheinen lassende Umstände) vorliegen. Dass dies der Fall sein könnte, hat der
Kläger nicht dargetan und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
Herr F. war nach seiner Erklärung vom 28. Juli 1995 vorwiegend in den sozialen
Brennpunkten M. Straße und L. straße sowie zeitweilig im Stadtteilbüro F. straße (V. )
beschäftigt. In dieser Erklärung gibt er ferner an, er könne bestätigen und versichern,
während dieser Zeit im Rahmen der im ABM- Antrag formulierten Aufgabenbereiche dort
tätig gewesen zu sein. Die Tatsache, dass Herr F. dort tätig war, lässt in keiner Weise
Rückschlüsse darauf zu, dass er auch die Mittelverwendung in einem Umfang von
(mindestens) 6.000,00 DM pro Jahr für den Arbeitslosentreff M. Straße 25 bezeugen
kann. Es sind keine konkreten Wahrnehmungen benannt, aus deren Bekundung Art und
Umfang der Mittelverwendung konkret hergeleitet werden könnten. Es fehlen zudem
Anhaltspunkte für die Möglichkeit, dass beim Zeugen konkrete Kenntnisse über die
Ausgabe finanzieller Mittel im Gesamtumfang von insgesamt 6.000,00 DM pro
Kalenderjahr in der Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 30. Septem-ber 1992 vorhanden sind.
Auch bei den anderen als Zeugen benannten Personen ist nicht ersichtlich, dass sie in
diesem Umfang Auskunft über die Mittelverwendung geben können. Sollte es eine
solche Person geben, wäre es im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht
Aufgabe des Klägers gewesen, diese Person und die Tatsachen, die sie bezeugen
kann, konkret zu benennen.
65
e. Die Nichterweislichkeit der zweckentsprechenden Mittelverwendung geht zu Lasten
des Klägers, weshalb davon auszugehen ist, dass die jährlichen Zuwendungen nicht zu
dem in den Bescheiden bestimmten Zweck verwendet wurden.
66
Sind - wie dargelegt - alle in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten
ausgeschöpft, ohne dass bestimmte entscheidungserhebliche Tatsachen zur
Überzeugung der Behörde oder des Gerichts feststehen, so geht die Nichterweislichkeit
der Tatsachen zu Lasten dessen, der daraus für sich günstige Rechtsfolgen herleitet,
sofern nicht das materielle Recht eine andere Verteilung der Beweislast vorsieht.
67
Ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. Urteil vom 20. April
1994 - 11 C 60.92 -, DVBl. 1994, 1192, 1193 m.w.N.
68
Beim Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsakts trägt grundsätzlich die Behörde
die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen seiner Widerrufbarkeit. Denn wie
die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts,
69
vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25. März 1964 - VI C 150.62 -, BVerwGE 18, 168,
70
greift auch der Widerruf eines solchen Verwaltungsakts in eine durch seinen Erlass
bewirkte Begünstigung und damit in eine schutzwürdige Rechtsposition - vor allem im
Sinne eines Vertrauensschutzes - seines Adressaten ein. In konsequenter
Weiterverfolgung dieses Gedankens ist eine Abweichung hiervon allerdings dann
geboten, wenn der Begünstigte den Verwaltungsakt mit unlauteren Mitteln sich zu
erhalten sucht, d.h. durch vorwerfbares einschließlich leicht fahrlässigen Verhaltens,
71
vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1966 - III C 219.64 -, BVerwGE 24, 294, 299,
72
die Prüfung vereitelt, ob der begünstigende Verwaltungsakt Bestand haben kann. In
73
einem derartigen Fall beruht die Unerweislichkeit der Widerrufsvoraussetzungen auf
einem treuwidrigen Verhalten des Begünstigten oder ist sie Folge von mit der
Zuwendungsgewährung nicht zu vereinbarenden Handlungen oder Unterlassungen des
Begünstigten, die ausschließlich seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen sind.
So bereits OVG NRW, Urteil vom 2. Mai 1994 - 8 A 3885/93, NVwZ 1996, 610, 612.
74
Ob dies stets bei Nichtbeachtung allgemeiner Mitwirkungspflichten gilt, braucht hier
nicht entschieden zu werden. Jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der
Zuwendungsempfänger treuwidrig ihm im Zuwendungsbescheid auferlegten
Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, deren Erfüllung der Behörde gerade eine
gesichertere Entscheidungsgrundlage bei der Prüfung, ob der Zuwendungszweck erfüllt
wurde, bieten sollte, hat der Zuwendungsempfänger die Folgen der Nichterweislichkeit
der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendung zu tragen.
75
Dabei ist nicht von Belang, ob diese Verpflichtungen rechtmäßig auferlegt wurden. Da
sie nicht nichtig waren und der Kläger Einwendungen gegen sie nicht erhob, musste er
sie auf Grund ihrer Bindungswirkung beachten. Er würde sich auch in Widerspruch zu
diesem Unterlassen setzen, beriefe er sich nunmehr auf die Unbeachtlichkeit der
Verpflichtungen, denn er musste davon ausgehen, dass die Beklagte im Vertrauen auf
die Beachtung dieser Pflichten durch ihn auf eigene nachweissichernde Maßnahmen
verzichten wird.
76
Zum Nachweis der Verwendung der dem Kläger gewährten Landesmittel zu dem bereits
benannten Zweck sollte die Aufbewahrung von zur Verwendungsprüfung geeigneten
Belegen für fünf Jahre dienen (Nrn. 6.7, 6.8, 7.1 und 7.3 ANBest-P). Der entsprechenden
Pflicht handelte der Kläger zuwider. Die von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten
Belege sowie die beim Kläger verbliebenen restlichen Unterlagen ließen nach dessen
eigener Einschätzung eine Verwendungsprüfung nicht zu. Er vereitelte dadurch
treuwidrig den bei Beachtung der Verpflichtung aus den Bescheiden möglichen
Nachweis zweckgerechter Mittelverwendung. Die Unerweislichkeit der zweckgemäßen
Mittelverwendung ist damit auch ausschließlich seinem Verantwortungsbereich
zuzurechnen. Der Kläger unterhielt den Arbeitslosentreff ohne eine präsente Kontrolle
Dritter in eigener Verantwortung. Nur er konnte daher das Ausgabegeschehen durch
Buchführung sowie Sammlung und Zuordnung der Belege dokumentieren.
77
Entgegen der Auffassung des Klägers ergeben sich keine Besonderheiten daraus, dass
die Bewilligungsbescheide so genannte "einfache Verwendungsnachweise" zuließen
und das Landesversorgungsamt die vom Kläger vorgelegten Verwendungsnachweise
ausweislich der Prüfungsvermerke nicht beanstandete. Nach Nr. 1 der
Nebenbestimmungen zu den Zuwendungsbescheiden, in der die Nrn. 6.1 bis 6.5 der
den Bescheiden beigefügten ANBest-P für nicht anwendbar erklärt werden, in
Verbindung mit den Nrn. 6.6 bis 6.8 ANBest-P war ein einfacher Verwendungsnachweis
zugelassen. Dieser besteht aus einer summarischen Darstellung der Einnahmen und
Ausgaben entsprechend der Gliederung des Finanzierungsplans. Mit der Zulassung
solcher einfachen Verwendungsnachweise hat sich das Landesversorgungsamt nicht
der Möglichkeit begeben, die Mittelverwendung weiter gehend zu prüfen. Nach Nr. 7.1
ANBest-P steht der Bewilligungsbehörde vielmehr das Recht zu, über die Prüfung der
Verwendungsnachweise hinaus die Mittelverwendung anhand der Bücher, Belege oder
Geschäftsunterlagen nachzuhalten. Die so - zulässigerweise - gewonnenen
Erkenntnisse berechtigen die bewilligende Behörde, von ihren Befugnissen gem. § 49
78
Abs. 3 VwVfG NRW Gebrauch zu machen (vgl. Nr. 8.3 ANBest-P), gleichgültig, zu
welchem Ergebnis eine zuvor vorgenommene Prüfung der "einfachen
Verwendungsnachweise" geführt hat.
Die insoweit gem. Nr. 12.2 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO zu erstellenden
Prüfvermerke enthalten - soweit sie sich wie vorliegend lediglich auf den Inhalt der
"einfachen Verwendungsnachweise" stützen - allein die Feststellung, dass die
vorgelegten Verwendungsnachweise die zweck- und auflagengerechte
Mittelverwendung schlüssig darlegen; darüber hinaus attestieren sie die
Ordnungsgemäßheit der Mittelverwendung nicht. Eine derartige (weiter gehende)
Aussage der Prüfungsvermerke hätte - soweit sie denn getroffen wäre - überdies nicht
zur Folge, dass der Widerruf der Zuwendungsbescheide nach Prüfung der Bücher,
Belege und sonstigen Geschäftsunterlagen ausgeschlossen, beschränkt oder nur
erschwert wäre. Denn diese Prüfungsvermerke werden nach Nr. 12.3 iVm 1.4 der
Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO nur den danach zu beteiligenden Stellen, nicht
aber dem Zuwendungsempfänger bekannt gegeben, so dass sie das Außenverhältnis
zum Zuwendungsempfänger unberührt lassen. Sie sind ihm gegenüber insbesondere
keine Verwaltungsakte, deren Inhalt bestandskräftig werden könnte.
79
Auch der Umstand, dass das Landesversorgungsamt die vorgelegten
Verwendungsnachweise nicht zum Anlass für eine umfassende Prüfung der
Mittelverwendung beim Kläger gemacht hat, stellt die Zurechnung der Unerweislichkeit
zweckgerechter Mittelverwendung zum Kläger nicht in Frage. Der Kläger hat in den
Verwendungsnachweisen ausdrücklich die Beachtung der allgemeinen und
besonderen Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides durch ihn bestätigt und
in den Sachberichten keinen Anhaltspunkt gegeben, es bedürfte einer unmittelbar bei
der Buchführung und der Belegsammlung einsetzenden Kontrolle.
80
Eine Verschiebung der Verantwortungsbereiche folgt im konkreten Fall auch nicht aus
dem Umstand, dass die Beklagte bei Beantragung der Zuwendung nicht die Vorlage
eines Finanzierungsplans verlangt hat. Denn es ist nicht ersichtlich, wieso dessen
Erstellung oder Vorlage den Kläger hätte veranlassen können, die ihm nach Nrn. 6.7
und 6.8 ANBest-P obliegenden Pflichten zu beachten.
81
2. Das Landesversorgungsamt hat das ihm eingeräumte Ermessen in nicht zu
beanstandender Weise ausgeübt (§ 114 VwGO). Maßgebend für die Prüfung, ob die
Widerrufsentscheidung von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen ist, ist der
Bescheid der Beklagten vom 30. Januar 1995 in der Gestalt, die er durch den
Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 1996 erhalten hat. Danach erfolgte der Widerruf,
weil dem Kläger trotz des Entgegenkommens des Landesversorgungsamtes der
Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendung nicht gelungen war.
82
Für die rechtliche Beurteilung der Ermessensausübung ergeben sich in Fällen der
vorliegenden Art Besonderheiten, die aus der Anwendbarkeit der Grundsätze über das
gelenkte bzw. intendierte Ermessen folgen. Danach ist eine Ermessen einräumende
Vorschrift, die für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten
Sinne ausgeht, dahin auszulegen, dass besondere Gründe vorliegen müssen, um eine
gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein vom Regelfall abweichender
Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst, mit der
weiteren Konsequenz, dass es einer ansonsten nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW
erforderlichen Darlegung der Ermessenserwägungen im Bescheid nicht bedarf.
83
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. Juni 1997 - 3 C 22/96 -, NJW 1998, 2233,
2234 m.w.N., OVG NRW, Urteil vom 11. Juli 2001 - 12 A 2727/00 -, ZFSH/SGB 2001,
658.
84
Nur dann, wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände des Falles bekannt
geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen
lassen und die von der Behörde nicht erwogen worden sind, liegt ein rechtsfehlerhafter
Gebrauch des Ermessens vor.
85
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23. Mai 1996 - 3 C 13/94 -, Buchholz 451.513
Sonst Marktordnungsrecht Nr. 1.
86
Ermessenslenkende Vorgaben im zuvor dargelegten Sinne sind im vorliegenden Fall
dem § 7 Abs. 1 LHO i.V.m. § 6 Abs. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz in der Fassung des
Gesetzes vom 29. Juli 1994 (BGBl. I S. 1890) zu entnehmen. Dem darin enthaltenen
gesetzlichen Gebot, bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans die
Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten, ist zu entnehmen, dass
bei Verfehlung des mit der Gewährung von öffentlichen Zuschüssen verfolgten Zwecks
im Regelfall das Ermessen nur durch eine Entscheidung für den Widerruf fehlerfrei
ausgeübt werden kann. Diese Haushaltsgrundsätze überwiegen im Allgemeinen das
Interesse des Begünstigten, den Zuschuss behalten zu dürfen, und verbieten einen
großzügigen Verzicht auf den Widerruf von Subventionen.
87
So zur vergleichbaren Rechtslage in Niedersachsen auch BVerwG, Urteil vom 16. Juni
1997 - 3 C 22/96 -, NJW 1998, 2233, 2234.
88
Im Falle des Klägers lagen im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides die
Voraussetzungen vor, die eine solche Verwaltungsentscheidung ohne weitere
Abwägung des Für und Wider ermöglichten. Es liegt der Tatbestand der
Zweckverfehlung vor.
89
Die verbleibende Möglichkeit, dass der Zuwendungszweck vom Kläger erfüllt wurde, er
dies jedoch (nur) nicht durch Belege nachweisen konnte, stellt keine Besonderheit des
einzelnen Falles dar. Sie lässt den Verstoß gegen die Pflicht zum Nachweis der
Ausgaben - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - insbesondere nicht als
einen solchen "eher formaler Art" erscheinen, der die eigentlich subventionierte
Arbeitslosenarbeit nicht betreffe. Zwar hängt das Gewicht des öffentlichen Interesses an
dem Widerruf auch davon ab, ob es sich bei dem Verstoß gegen eine Rechtsnorm um
einen solchen materieller oder eher formaler Art handelt. Dies bedeutet aber nichts
anderes, als dass das Gewicht des Verstoßes formaler Art bei der Berücksichtigung für
einen Widerruf abnimmt, je ferner seine Auswirkungen auf das materielle Recht sind.
Umgekehrt ist ein Verstoß formaler Art umso wesentlicher, je mehr Bedeutung er für die
Durchsetzung oder Berücksichtigung des materiellen Rechts hat. Eine solche
ausschlaggebende Bedeutung kommt dem formalen Verstoß gegen die
Nachweispflichten im Verhältnis zur materiellen Pflicht der Erfüllung des mit der
Zuwendung verfolgten Verwendungszwecks zu. Wie der vorliegende Fall anschaulich
zeigt, ist ein Nachweis der Verwendung des Zuschusses zu dem Zweck der Förderung,
hier von speziellen Maßnahmen mit Arbeitslosen durch den Zuwendungsempfänger,
ohne Verwendungsbelege nahezu unmöglich zu führen. Deshalb kommt ihnen nicht nur
eine nachwirkende - formale - Bedeutung bei der Prüfung zu, ob die Zuwendungen
90
zweckentsprechend verwandt wurden. Sie haben vielmehr auch (materielle)
Auswirkungen auf das Ausgabeverhalten der Zuwendungsempfänger, die sich auf
Grund der Nachweispflicht gehalten sehen, die Zuwendungen zur Vermeidung der
Rückforderung zweckentsprechend zu verwenden. Die Beklagte misst demnach der
Nachweispflicht der Mittelverwendung zutreffend eine wesentliche Bedeutung bei, die
im Rahmen der Ermessensausübung ein Unterlassen des Widerrufs der
Zuwendungsbescheide nicht gebietet und ein Eingehen hierauf im Rahmen der
Ermessensbegründung nicht erfordert.
Gleiches gilt bezüglich des Einwandes des Klägers, die Behörde habe die
existenziellen Folgen des Widerrufs der Zuwendungsbescheide für diesen und die
anderen Arbeitslosentreffs als Besonderheit des Einzelfalles bei der Widerrufs-
entscheidung berücksichtigen müssen. Welche finanziellen Konsequenzen die
Rückforderung einer Subvention beim Zuwendungsempfänger hat, lässt sich stets
konkret nur im Zeitpunkt der Einforderung des Rückforderungsbetrages und damit nach
Bestandskraft des Rückforderungs- und Erstattungsbescheides beantworten. Unter
Darlegung seiner finanziellen Verhältnisse kann der Schuldner noch in diesem Stadium
des Verfahrens die (teilweise) Niederschlagung oder Stundung der Forderung
erreichen, wenn die Beitreibung des Geldes für ihn existenzielle Folgen hat.
91
Die allgemeinen Beanstandungen des Landesrechnungshofs zu grundsätzlichen und
strukturellen Fehlern auf Seiten des Landesversorgungsamtes stellen ebenfalls keinen
maßgeblichen Ermessensgesichtspunkt dar. Insoweit ist vielmehr auf die Verhältnisse
des Einzelfalls abzustellen. Solche Fehler sind für die Ermessensausübung im
konkreten Fall nur relevant, wenn sie kausal für den Widerruf waren. Es ist weder
ersichtlich noch vom Kläger dargetan, wieso er sich bei einer Aufforderung des
Landesversorgungsamtes zur Vorlage eines Finanzierungsplanes im Rahmen der
jeweiligen Antragstellung nachfolgend veranlasst gesehen hätte, seinen im Rahmen der
Verwendung der Zuwendungen bestehenden Nachweispflichten nachzukommen.
92
Soweit der Kläger geltend machte, er habe auf den Bestand der Zuwendungsbescheide
und ein Ausreichen der vorgelegten vereinfachten Verwendungsnachweise vertraut, hat
das Landesversorgungsamt im Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hingewiesen,
dass Form und Inhalt der Verwendungsnachweise durch die den
Zuwendungsbescheiden beigefügten ANBest-P näher bestimmt und demnach dem
Kläger die vorgegebenen Fristen, die Mitteilungspflichten sowie die Auflagen
ausreichend bekannt waren. Auf diesbezügliche Unkenntnis hat sich der Kläger nicht
berufen. Jedenfalls hätten ihm diese Pflichten bekannt sein müssen. Der Kläger konnte
ferner nicht darauf vertrauen, dass die ordnungsgemäße Verwendung der Fördergelder
ausreichend geprüft und bestätigt wurde und er deshalb keine Belege mehr hat
aufbewahren müssen. Denn ihm war die Prüfung der Verwendungsnachweise und die
Bestätigung, dass sich Beanstandungen nicht ergeben haben, nicht bekannt.
93
3. Die Beklagte hat innerhalb der Jahresfrist der §§ 49 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4
Satz 1 VwVfG NRW die Zuwendungsbescheide widerrufen.
94
Nach diesen Vorschriften darf ein Verwaltungsakt nur innerhalb eines Jahres seit dem
Zeitpunkt widerrufen werden, zu dem die Behörde Kenntnis von Tatsachen erlangt hat,
welche den Widerruf rechtfertigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts beginnt diese Frist erst zu laufen, wenn die Behörde die
Gründe für den Widerruf des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die
95
Widerrufsentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind.
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2001 - 8 C 8.00 -, BVerwGE 112, 361, 363.
96
Eine solche vollständige Tatsachenkenntnis hatte die Beklagte frühestens mit Eingang
der Stellungnahme des Klägers zum beabsichtigten Widerruf der
Zuwendungsbescheide. Die Stellungnahme ist Ausfluss des Anhörungsrechts des
Klägers und dient der Wahrung des in einem rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahren
gebotenen rechtlichen Gehörs. Zur Herstellung der Entscheidungsreife, nach deren
Eintritt die Entscheidungsfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW erst beginnen kann,
gehört daher regelmäßig das Anhörungsverfahren und zwar unabhängig von dessen
Ergebnis, denn die Einwände des Anzuhörenden können nur dann ernstlich zur
Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden, wenn sich die Behörde ihre
Entscheidung bis zum Abschluss des Anhörungsverfahrens offen hält.
97
So auch für einen Fall der Rücknahme: BVerwG, Urteil vom 20. September 2001 - 7 C
6/01 -, NVwZ 2002, 485.
98
Demgemäß hat die einjährige Widerrufsfrist hier nicht vor dem 25. August 1994
begonnen, als die Stellungnahme des Klägers beim Beklagten einging. Widerrufen hat
die Beklagte die Zuwendungsbescheide bereits mit Bescheid vom 30. Januar 1995.
99
Es liegt in der Konsequenz der Ausgestaltung dieser Frist als Entscheidungsfrist, dass
es die Behörde in der Hand hat, den Beginn der Frist durch eine Verzögerung des
Anhörungsverfahrens hinauszuschieben. Ein solches Verhalten kann allerdings zur
Verwirkung des Rechts auf Widerruf führen.
100
Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999 - 7 C 42/98 -, BVerwGE 110, 226, 236 f.,
und Beschluss vom 7. November 2000 - 8 B 137/00 -, NVwZ-RR 2001, 198.
101
Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Beklagte aus diesem Grunde am Widerruf der
Zuwendungsbescheide gehindert war, werden seitens der Parteien nicht geltend
gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
102
II. Die Rückforderung der gezahlten Zuwendungen in Höhe von insgesamt 24.000,00
DM im Bescheid vom 30. Januar 1995 ist ebenfalls rechtmäßig.
103
Diese findet ihre Rechtsgrundlage in § 49 a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Danach sind
bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit - wie hier - ein Verwaltungsakt mit
Wirkung für die Vergangenheit widerrufen worden ist. Die zu erstattende Leistung ist
durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen (§ 49 a Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW). Für
den Umfang der Erstattung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über
die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall
der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände
kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des
Verwaltungsakts geführt haben (§ 49 a Abs. 2 VwVfG NRW).
104
Der an den Kläger gerichtete Rückforderungsbescheid ist schriftlich ergangen. Auf den
Wegfall der Bereicherung kann sich der Kläger nicht berufen, da er die Umstände
kannte oder kennen musste, die zum Widerruf der Zuwendungsbescheide geführt
haben. Dabei ist davon auszugehen, dass sich die Kenntnis oder grob fahrlässige
105
Unkenntnis des Erstattungspflichtigen nur auf die tatsächlichen Voraussetzungen
beziehen muss, denn der Wortlaut der Vorschrift spricht ausdrücklich von "Umstände ... ,
die ... zum Widerruf geführt haben".
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1990 - 3 B 47.89 -, Buchholz 316 § 48 Nr.
64, zu § 48 Abs. 2 Satz 7 VwVfG in der vor Einfügung des § 49 a VwVfG geltenden
Fassung.
106
Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders
schwerem Maße verletzt, in dem er schon einfachste, ganz nahe liegende
Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem
einleuchten muss.
107
Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Auflage 2002, § 277 Rdnr. 2 m.w.N.
108
Im vorliegenden Fall hat zum Widerruf die Unerweislichkeit der zweckgemäßen
Verwendung der empfangenen Zuwendungen auf Grund einer bereits bei
Mittelverwendung unzureichenden Buchführung und Belegverwaltung seitens des
Klägers geführt. Schon bei der Ausgabe der Mittel war für Jedermann ersichtlich, dass
ein Nachweis der zweckgemäßen Verwendung derselben nicht zu erbringen sein wird,
wenn die Ausgabenbelege nicht den Zahlungsempfänger, den Grund und den Tag der
Zahlung, den Zahlungsbeweis und bei Gegenständen den Verwendungszweck
enthalten, wie dies Nr. 6.7 der den widerrufenen Zuwendungsbescheiden beigefügten
ANBest-P ausdrücklich vorsieht. Vom Zeitpunkt der Verwendung der Zuschüsse an hat
es der Kläger grob fahrlässig verabsäumt, dieser Pflicht nachzukommen. Der Kläger
selbst hat die damalige Buchführung als unzureichend und chaotisch bezeichnet.
Soweit er darauf verweist, Ausgaben für den Arbeitslosentreff seien auf andere Konten
gebucht worden, ist er auch in Bezug auf diese seiner Belegpflicht nicht
nachgekommen. Originalbelege wurden nicht vorgelegt, was die Schlussfolgerung
erlaubt, dass auch bereits im Zusammenhang mit der Abwicklung dieser
Rechtsgeschäfte die Belegpflicht in grob fahrlässiger Weise nicht beachtet wurde.
109
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 1 VwGO,
708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132
112
Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
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