Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 14.03.2017

OVG NRW (bach, gewässer, wasserlauf, stadt, abwasseranlage, dienstbarkeit, anlage, eintragung, grund, bestandteil)

Oberverwaltungsgericht NRW, 2 A 905/69
Datum:
27.11.1972
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 A 905/69
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 3 K 927/68
Tenor:
Die Berufung wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin betreibt in Exxx die Zeche "Kxxx "; sämtliche Abwässer (einschließlich des
Grubenwassers), die auf diesem Betriebsgrundstück anfallen, werden in den EExxx
Bach eingeleitet, der früher SExxx Bach hieß.
2
Wegen der Entwässerung dieses Betriebsgrundstücks zog der Beklagte die Klägerin für
das Rechnungsjahr 1968 zu Entwässerungsgebühren heran. Mit ihrer hiergegen
erhobenen Anfechtungsklage macht die Klägerin geltend, der EExxx Bach sei kein
Bestandteil der Entwässerungsanlage der Stadt Exxx, sondern ein oberirdisches
Gewässer (natürlicher Wasserlauf), in das sie ihre Abwässer auf Grund einer ihr vom
Oberbergamt eingeräumten wasserrechtlichen Erlaubnis einleiten dürfe, ohne daß der
Beklagte sie hierfür zu Entwässerungsgebühren heranziehen könne. Demgegenüber ist
der Beklagte der Ansicht, daß der EExxx Bach infolge völliger Umgestaltung,
insbesondere Verrohrung, seine Eigenschaft als natürlicher Wasserlauf verloren habe
und zu einem Bestandteil der städtischen Entwässerungsanlage geworden sei. Selbst
wenn es sich bei dem EExxx Bach noch um einen natürlichen Wasserlauf handele, sei
er, so meint der Beklagte, gleichzeitig Bestandteil der städtischen
Entwässerungsanlage, und die Gebührenheranziehung sei dann aus diesem Grund
gerechtfertigt.
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Der Exxx Bach hat seinen Ursprung aus drei Quellzuflüssen, die im Lageplan (Bl. 67 der
Gerichtsakten, Anlage Nr. 6) mit Nr. 1, 3 und 4 bezeichnet sind. Das Quellgebiet liegt in
den früher teilweise selbständigen, inzwischen aber in die Stadt Exxx eingemeindeten
Ortsteilen xxx, xxx und xxx . Ursprünglich verlief der Exxx Bach in seinem Unterlauf
durch die Innenstadt von xxx und mündete anschließend in die xxx .
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Ein im Jahre 1928 aufgestellter Regulierungsplan (Blatt 317 der Gerichtsakten, Anlage I
Nr. 5) führte in der Folgezeit zu einer völligen Verlegung des Unterlaufs des Exxx
Baches. Dieser wurde aus der Innenstadt von Sxxx herausgenommen und von der im
Norden von Sxxx befindlichen Straße Hxxx (Haus Nr. xxx ), die an dieser Stelle an die
Straße Rxxx angrenzt, in südlicher Richtung unterirdisch durch Bergwerksstollen bis zur
Mündung in die xxx geleitet. Die Strecke oberhalb des Grundstücks Hxxx Nr. xxx/Dxxx
wurde in den Jahren 1951 bis 1956 verrohrt und erhielt teilweise eine andere
Streckenführung als das frühere Bachbett. Vorher war diese Strecke zum Zwecke der
Abwasserableitung in einem offenen Profil mit Sohlenschalen ausgebaut gewesen.
Gelegentlich der Verrohrung wurde neben das Bett des Exxx Baches und seiner
Zuflüsse eine zusätzliche Abwassersammelleitung verlegt, die jedoch an ihrem Beginn
und Ende mit dem Exxx Bach verbunden blieb. Auf diese Weise wird das aus dem
Quellgebiet (vgl. Lageplan Bl. 67 der Gerichtsakten) durch Teiche in drei offenen Betten
abfließende Quellwasser nunmehr einer bis zur Mündung in die Rxxx völlig verrohrten
Wasserführung zugeleitet.
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Die auf dem Grundstück der Klägerin (Zeche Kxxx) anfallenden Abwässer werden an
der im Lageplan (Bl. 67 der Gerichtsakten) mit A gekennzeichneten Stelle, die zwischen
zwei Quellzuflüssen liegt (im Lageplan mit Nr. 1 und 3 bezeichnet) in den an dieser
Stelle inzwischen verrohrten Exxx Bach eingeleitet und von dort aus einer vor der
Einmündung in die Rxxx gelegenen und vom Rxxxverband betriebenen Kläranlage
zugeführt. Für die Reinigung der Abwässer in dieser Kläranlage wird die Klägerin vom
Rxxxverband zu Genossenschaftsbeiträgen herangezogen, die für die Zeche Kxxx in
dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Zeitraum 44.720,-- DM betragen
haben.
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Neben der Ableitung der Abwässer aus dem Zechenbetrieb der Klägerin nimmt der
Exxx Bach gemeindliche Abwässer aus Stadtteilen der Stadt Exxx auf, die an ihn
angrenzen. Die Abwässer der bis zum Jahre 1929 selbständigen Stadt Sxxx wurden
schon vor 1920 (nach dem Vorbringen des Beklagten seit 1912) in den Exxx Bach
eingeleitet. Danach erfolgte die Anschließung der Siedlungsgebiete am Oberlauf des
Exxx Baches. Hierbei handelt es sich nach dem Vorbringen des Beklagen um den in
den Jahren 1920/21 erfolgten Anschluß des Siedlungsgebietes Fxxx, sowie um den im
Jahre 1934/35 vorgenommenen Anschluß des Ortsteils Fxxx Hxxx. Das
Siedlungsgebiet "Zxxx Gxxx" wurde ab 1954, die Parksiedlung Hxxx wurde im Jahre
1958 und das Wohngebiet Lxxx/Mxxx wurde im Jahre 1964 mit seinen
Abwasserleitungen an den Exxx Bach angeschlossen.
7
Bis zum Jahre 1957 war der Exxx Bach gemäß § 4 des preußischen Wassergesetzes
vom 7.April 1913 (PrGS 53) - PrWG - im Wasserlaufverzeichnis als natürlicher
Wasserlauf zweiter Ordnung eingetragen und zwar vom Grundstück Hxxx Nr. xxx (Mühle
Dxxx ) bis zur Mündung in die Rxxx . Die Ufergrundstücke des Exxx Baches stehen
verschiedenen Eigentümern zu; neben natürlichen Personen sind u.a. die Stadt Exxx,
die Dxxx, Bxxx und die Klägerin Eigentümer.
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Nach einer im Jahre 1929 auf Grund der §§ 186 bis 188 PrWG erfolgten Eintragung im
Wasserbuch des Sxxx Baches stand der Rechtsvorgängerin der Klägerin gemäß § 379
Abs. 2, 4 a PrWG das Recht zu, Grubenabwässer sowie die Wasch- und
Kohlenwäscheabwässer der Zeche Kxxx nach vorangegangener Klärung in einer
jährlichen Durchschnittsmenge von 75.000 cbm in den Sxxx Bach einzuleiten.
9
Auf Grund der §§ 2 und 7 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes vom 27.
Juli 1957, BGBl. I 1110, in Kraft getreten am 1. März 1960 (WHG), wurde der Klägerin
vom Oberbergamt in Dxxx als der gemäß § 14 Abs. 2 WHG zuständigen Behörde durch
Bescheid vom 17. Mai 1962 die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt, ihre auf der Zeche
Kxxx anfallenden Grubenabwässer sowie Wasch- und Kohlenwäscheabwässer in einer
Menge bis zu 3.150.000 cbm pro Jahr in den Exxx Bach (Sxxx Bach) einzuleiten. Diese
Erlaubnis enthält Bedingungen, die qualitative und quantitative Anforderungen an die
Abwassereinleitung stellen.
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Im Jahre 1920 hatte der auf Grund des Ruhrreinhaltungsgesetzes vom 5. Juni 1913
(PrGS 305) für die Reinhaltung der Rxxx zuständige Rxxxverband beim
Regierungspräsidenten in Dxxx die Genehmigung zur Einrichtung eines
Regenauslasses des Exxx Baches an der Mündung in die Rxxx beantragt, wobei er in
seinem Antragschreiber den Exxx Bach als Teil der Kanalisation von Sxxx bezeichnet
und angeregt hatte, von einer Auslegung des Entwurfs gemäß §§ 164 - 170 PrWG
abzusehen, weil die Gemeinden Sxxx und Kxxx sowie die Gutsbesitzer Wxxx und Lxxx
mit dem Entwurf einverstanden seien und weitere Beteiligte nicht in Frage kämen (Bl.
317 der Gerichtsakten, Anlage I Nr. 1). Im Jahre 1928 beantragte der Rxxxverband beim
Regierungspräsidenten in Dxxx die landespolizeiliche Genehmigung und vorläufige
Planfeststellung zur Regelung des Exxx Baches. Nach einem Aktenvermerk des
Sachbearbeiters beim Regierungspräsidenten handelte es sich hierbei um den Ausbau
sowie die Verlegung und streckenweise Kanalisierung des Baches und um die
Einleitung in die Rxxx an einer neu zu schaffenden Mündung.
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Ab 1928 fanden zwischen dem Rxxxverband und der Rechtsvorgängerin der Klägerin
Verhandlungen statt, deren Gegenstand der Ausbau des Exxx Baches war. Hierbei
bewilligte die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Rxxxverband am 6. März 1930
gegen eine einmalige Entschädigung von 650 Mark das Recht, auf einer ihr gehörenden
Parzelle "einen Bachlauf zu unterhalten und zu betreiben". Der Rxxxverband übertrug
diese und andere ihm übertragene Dienstbarkeiten gleichen Inhalts im Jahre 1948 auf
die Stadt Exxx.
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Durch einen im Jahre 1940 abgeschlossenen Vertrag gestattete die Rechtsvorgängerin
der Klägerin dem Rxxxverband, auf einem ihrer Grundstücke Faulschlamm abzulagern.
Hierbei verpflichtete sich der Rxxxverband gegenüber der Klägerin, den Exxx Bach, der
an dieser Stelle noch ein offenes Bett hatte, zu verrohren, um Schlammabsetzbecken
anlegen zu können. In der Folgezeit hat der Rxxxverband am Oberlauf des Exxx Baches
oberhalb der Straßen Hxxx und Dxxx mehrere Schlammabsetzbecken errichtet.
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Am 9. und 12. März 1955 schlossen die Dxxx Exxx, die Stadt Exxx und die
Rechtsvorgängerin der Klägerin einen Vertrag, in dem die beabsichtigte Verrohrung
eines von den Parteien dieses Rechtsstreits als Teil des Exxx Baches bezeichneten (Bl.
25, 87 und 100 der Gerichtsakten) offenen Grabens vereinbart wurde, um eine zwischen
den Schienensträngen der Pxxx entstandene sumpfige Mulde verfüllen zu können. In
diesem Vertrag heißt es, die Vertragschließenden seien sich dahin einig, daß der
Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Stadt Exxx auf Grund des preußischen
Wassergesetzes ein Ableitungsrecht in den Exxx Bach zustehe. Sodann heißt es in § 5
dieses Vertrages, daß die Stadt die Reinigung des verrohrten Grabens einschließlich
der Einsteigeschächte durchführe und daß die Kosten dieser Reinigung von der Stadt
und der Rechtsvorgängerin der Klägerin je zur Hälfte zu tragen seien, soweit es sich um
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den Streckenabschnitt unterhalb der Einleitungsstelle der Abwässer der Zeche Kxxx
handele. Die Unterhaltung und Erneuerung der Anlage habe die Stadt durchzuführen;
die hierdurch entstehenden Kosten seien von den Vertragschließenden je zu 1/3 zu
tragen.
Durch Bescheid vom 5. Juli 1968 zog der Beklagte die Klägerin für das Rechnungsjahr
1968 zu Entwässerungsgebühren in Höhe von 275.256,40 DM heran. In diesem Betrag
ist nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien ein Betrag von 182.407,74
DM enthalten, der in dieser Höhe dem auf die Zeche Kxxx entfallenden Anteil an
Entwässerungsgebühren entspricht.
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Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 8. August 1968)
hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben und zur Begründung im wesentlichen
geltend gemacht: Sie benutze für die Ableitung der auf der Zeche Kxxx anfallenden
Abwässer keine Entwässerungsanlage der Stadt Exxx, so daß sie wegen der Ableitung
dieser Abwässer vom Beklagten auch nicht zu Entwässerungsgebühren auf Grund der
Entwässerungssatzung der Stadt Exxx vom 27. September 1967
(Entwässerungssatzung) herangezogen werden dürfe. Vielmehr leite sie ihre Abwässer
in den Exxx Bach ein, der nach wie vor ein natürlicher Wasserlauf im Sinne des früher
geltenden preußischen Wassergesetzes und nunmehr ein oberirdisches Gewässer im
Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG sei. Auf Grund des ihr schon von früher zustehenden
Rechts und der ihr am 17. Mai 1962 erneut bewilligten wasserrechtlichen Erlaubnis sei
sie zum Einleiten dieser Abwässer kraft Wasserrechts befugt. Der Exxx Bach falle unter
die Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes und des preußischen
Wassergesetzes, weil er trotz seiner Verrohrung und streckenweisen Verlegung ein
oberirdisches Gewässer (Wasserlauf) geblieben sei; das ergebe sich vor allem aus
seiner bis zum Jahre 1957 bestehenden Eintragung im Verzeichnis der Wasserläufe
zweiter Ordnung. Die Stadt Exxx habe durch das Einbeziehen des Exxx Baches in ihr
Entwässerungssystem die Eigenschaft des Exxx Baches ein oberirdisches Gewässer im
Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes (Wasserlauf im Sinne des preußischen
Wassergesetzes) zu sein, nicht beseitigen können. Denn abgesehen von der hierfür
erforderlichen, jedoch nicht eingeholten Zustimmung der Wasseraufsichtsbehörde sei
hierfür ihre Zustimmung als Eigentümer des Exxx Baches erforderlich gewesen, die sie
jedoch nie erteilt habe. Der Hinweis des Beklagten auf die dem Rxxxverband
eingeräumten und auf die Stadt Exxx übergegangenen Dienstbarkeiten gehe fehl. Denn
dadurch habe sie nur dem Betreiben eines natürlichen Wasserlaufes, nicht jedoch der
Umwandlung des Exxx Baches in eine städtische Entwässerungsanlage zugestimmt.
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Entgegen der Ansicht des Beklagten könne ein oberirdisches Gewässer (natürlicher
Wasserlauf) nicht gleichzeitig Bestandteil einer städtischen Entwässerungsanlage als
einer gemeindlichen Veranstaltung im Sinne von § 4 des Kommunalabgabengesetzes
vom 14. Juli 1893, PrGS 152/ PrGS NW 7 - KAG 1893 - sein.
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Schließlich sei die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Gebührenregelung
materiell ungültig, weil der hierbei angewandte Wasserverbrauchsmaßstab bei ihr wie
auch anderen Wassergroßverbrauchern kein zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab
sei.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 5. Juli 1968 und den
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Widerspruchsbescheid vom 8. August 1968 insoweit aufzuheben, als sie hiermit für die
Einleitung der Abwässer und des Grubenwassers ihrer Zeche Kxxx in den Exxx Bach zu
Entwässerungsgebühren in Höhe von 182.407,74 DM herangezogen worden ist.
Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat vorgetragen: Die Klägerin leite ihre im Betrieb der Zeche Kxxx anfallenden
Abwässer in die städtische Entwässerungsanlage ein. Denn der Exxx Bach habe durch
die an ihm vorgenommenen baulichen Umgestaltungen seine Eigenschaft, ein
Gewässer (Wasserlauf) zu sein, verloren. Die Stadt Exxx unterhalte diesen Bach und
habe ihn planmäßig in ihre Entwässerungsanlage einbezogen, was nach der
verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung genüge, um seine Gewässereigenschaft zu
beseitigen. Die der Klägerin erteilte wasserrechtliche Erlaubnis regele daher nur den
Umfang und den zulässigen Verschmutzungsgrad der eingeleiteten Abwässer, nicht
jedoch werde die Klägerin dadurch von Entwässerungsgebühren freigestellt. Schon der
Rxxxverband habe den Exxx Bach als Abwasserkanal betrieben und sei hierzu
berechtigt gewesen, wie die in den Jahren 1920 und 1928 eingeholten Erlaubnisse des
Regierungspräsidenten in Dxxx und das damals eingeleitete vorläufige
Planfeststellungsverfahren beweisen würden. In der von der Rechtsvorgängerin der
Klägerin dem Rxxxverband eingeräumten Dienstbarkeit, die die Stadt Exxx
übernommen habe, liege zudem die Erlaubnis der Klägerin als Eigentümer zu diesen
vom Rxxxverband durchgeführten Maßnahmen, die die Umgestaltung des Exxx Baches
in eine Abwasserleitung zur Folge gehabt hätten. Denn der Inhalt dieser Dienstbarkeit
ergebe sich auch aus der Zweckbestimmung des Rxxxverbandes, die dahin gehe, die
Rxxx reinzuhalten. Dem diene der Ausbau des Exxx Baches zu einer Abwasseranlage,
weil dadurch die Rxxx von Abwässern freigehalten werde. Infolge Verrohrung habe der
Exxx Bach zudem die charakteristische Eigenschaft eines Gewässers, Vorfluter seines
Gebietes zu sein, verloren. Denn das Niederschlagswasser werde nur noch insoweit
aufgenommen, als es durch besondere Straßenabflüsse in die Abwässer gelange.
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Da die Stadt Exxx seit dem Jahre 1948 Berechtigte aus der dem Rxxxverband
eingeräumten Dienstbarkeit sei, stehe ihr nunmehr das Recht zu, diese vom
Rxxxverband geschaffene Anlage als Teil ihrer eigenen Entwässerungsanlage weiter
zu betreiben. Diese Umwandlung des Exxx Baches zu einer städtischen
Entwässerungsanlage sei somit schon vor Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes
abgeschlossen gewesen Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob und unter welchen
Voraussetzungen ein oberirdisches Gewässer nach dem Wasserhaushaltsgesetz in
eine gemeindliche Entwässerungsanlage umgewandelt werden könne. Der äußere
Ablauf der am Exxx Bach getroffenen Veränderungen lasse auch - wie dies von der
Rechtsprechung gefordert werde - den sicheren Schluß auf die Planmäßigkeit der
Einbeziehung des Exxx Baches in die städtische Entwässerungsanlage zu. Das
Preußische Oberverwaltungsgericht habe z.B. in seinem Beschluß vom 2. März 1933
wegen der getroffenen Ausbaumaßnahmen die Wasserlaufeigenschaft der das Gebiet
der Stadt Exxx durchfließenden Bxxx verneint. Im vorliegenden Fall- verhalte es sich
ebenso. Auch die Klägerin leite die Abwässer der Zeche Kxxx keinen Meter weit in
einen offenen Lauf des Exxx Baches. Vielmehr führe sie die Abwässer mittels einer
Rohrleitung in den städtischen Abwassersammler ein, der weit oberhalb dieser
Einleitungsstelle Abwasser aus Stadtteilen von xxx aufnehme und diese bis zu der an
der xxx gelegenen Kläranlage in einem geschlossenen Abwasserrohr ableite.
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Selbst wenn der Exxx Bach ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 WHG
geblieben sei, schließe dies nach der Rechtsprechung des Preußischen
Oberverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg nicht aus, daß es
sich hierbei um einen Bestandteil der Entwässerungsanlage der Stadt Exxx handele.
Schließlich rüge die Klägerin zu Unrecht den in der Gebührenregelung angewandten
Wasserverbrauchsmaßstab. Denn die in der Satzung vorgesehene degressive
Gebührenstaffelung führe zu einem hinreichenden Ausgleich der höheren Belastung der
Wassergroßverbraucher infolge Nichtberücksichtigung des Regenwassers.
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Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Gründe zur Vermeidung von
Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage
stattgegeben. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Exxx Bach ein Gewässer im
Sinne von § 1 WHG und daß die Klägerin kraft Wasserrechts befugt sei,
Zechenabwässer in den Exxx Bach einzuleiten, ohne daß sie deshalb vom Beklagten
zu Entwässerungsgebühren herangezogen werden dürfe.
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Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, zu deren Begründung er sein
erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft und ergänzend vorträgt: Zu Unrecht
gehe das Verwaltungsgericht davon aus, daß es sich bei dem Exxx Bach noch um ein
oberirdisches Gewässer handele. Die auf dem Zechengelände der Klägerin anfallenden
Abwässer würden vielmehr in einen verrohrten Kanal abgeleitet, der an der
Einleitungsstelle bereits die Abwässer von Siedlungsgebieten der Stadt Exxx mit sich
führe. Bei dem ehemaligen Quellgebiet des Exxx Baches handele es sich nur noch um
unbedeutende Rinnsale und Tümpel, deren Wasser ebenfalls in den Röhrenkanal
eingeleitet würden. Diese Rinnsale und Tümpel würden von der Stadt Exxx nur aus
Gründen einer ansprechenderen Landschaftsgestaltung offen gehalten. Es wäre für sie
ein leichtes, sie sofort durch Rohre in den städtischen Entwässerungskanal abzuleiten.
Denn die aus diesen offenen Zuflüssen anfallende Wassermenge sei im Verhältnis zur
Gesamtmenge der in den Röhrenkanal abgeleiteten Abwässer völlig unbedeutend.
Durch das Vorhandensein dieser wenigen Rinnsale bleibe auch auf keinen Fall die
Vorflutereigenschaft für den gesamten verrohrten Kanal erhalten. Diese unbedeutenden
Vorfluter endeten an ihren jeweiligen Einleitungsstellen in die städtische
Entwässerungsleitung.
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Aus der vom Oberbergamt Dxxx erteilten Einleitungserlaubnis könne entgegen der
Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht der Schluß gezogen werden, daß der Exxx Bach
noch ein Gewässer im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes und des
Landeswassergesetzes sei. Die trotz Fehlens der rechtlichen Voraussetzungen erteilte
Erlaubnis vermöge weder die rechtlichen noch die tatsächlichen Verhältnisse zu
ändern, auf die es bei der Beurteilung der Gewässereigenschaft allein ankomme. Im
übrigen habe die Stadt Exxx schon bei den dieser Erlaubniserteilung vorangegangenen
Verhandlungen im Jahre 1959 mit Nachdruck die Auffassung vertreten, daß für die
Erteilung einer solchen wasserrechtlichen Erlaubnis kein Raum sei, weil der Exxx Bach
zur städtischen Kanalisation gehöre.
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Soweit es nach dem preußischen Wassergesetz für die Umwandlung des Exxx Baches
in eine Kanalisationsanlage einer wasserbehördlichen Erlaubnis bedurft habe, sei diese
ordnungsgemäß erteilt worden. Für den Unterlauf des früheren Exxx Baches habe
nämlich der Rxxxverband diese Erlaubnisse eingeholt. Die noch offene Strecke am
früheren Oberlauf des Exxx Baches sei in den Jahren 1951 bis 1955 mit Genehmigung
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des Tiefbauamtes der Stadt Exxx als örtlicher Wasserbehörde verrohrt worden.
Schließlich müsse er erneut darauf hinweisen, daß der Exxx Bach schon durch die vom
Rxxxverband durchgeführten Maßnahmen, zu denen dieser auf Grund der ihm
eingeräumten Dienstbarkeiten und der vom Regierungspräsidenten erteilten
Genehmigungen befugt gewesen sei, in einen Schmutzwassersammelkanal umgestaltet
worden sei. Diesen Schmutzwassersammelkanal habe die Stadt Exxx vom
Rxxxverband übernommen und in ihre Entwässerungsanlage eingegliedert.
Der Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Entgegen der
Ansicht des Beklagten handele es sich bei dem Exxx Bach nicht um einen Bestandteil
der städtischen Entwässerungsleitung, sondern um ein verrohrtes Gewässer im Sinne
von § 1 WHG. Es entspreche auch nicht den tatsächlichen Verhältnissen, daß das
Quellgebiet des Exxx Baches nur aus wenigen Rinnsalen und Tümpel bestehe;
vielmehr befänden sich dort größere Teiche. Der Exxx Bach sei daher an der Stelle, an
der sie die Abwässer der Zeche Kxxx einleite, nach wie vor ein Gewässer dritter
Ordnung. Es treffe auch nicht zu, daß der Exxx Bach seine Vorflutereigenschaft verloren
habe. Denn zumindest werde der größte Teil der Abflußkapazität des verrohrten Exxx
Baches für die Ableitung von Niederschlägen bereitgehalten. Der Beklagte könne nicht
beweisen, daß das Niederschlagswasser auf andere Weise abgeleitet werde. Das
Verwaltungsgericht sei daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß sie, die Klägerin,
ihre Abwässer in ein Gewässer im Sinne von § 1 WHG einleite. Hierzu sei sie kraft
wasserrechtlicher Erlaubnis befugt.
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Der Vertreter des Öffentlichen Interesses stellt keinen förmlichen Antrag. Er trägt unter
Bezugnahme auf einen Erlaß des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
vom 11. November 1969 (III A 4 - 605/1 - 16102) vor, daß ein natürlicher Wasserlauf
zugleich Bestandteil einer städtischen Entwässerungsanlage sein könne. In dem Erlaß
heiße es unter anderem, daß das eventuelle Fehlen einer wasserrechtlichen Erlaubnis
dem nicht entgegenstehe. Vielmehr könne der faktisch bestehende Zustand durch eine
nachträglich erteilte Erlaubnis seine Rechtsgrundlage erhalten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten sowie der Vorprozeßakten Verwaltungsgericht Gelsenkirchen 3 K
1015/65 und 5 K 554/67, ferner auf den Inhalt der vom Beklagten vorgelegten
Verwaltungsvorgänge und Satzungsunterlagen, auf die Lagepläne (Bl. 67 der
Gerichtsakten dieses Streitverfahrens und Bl. 49 der Vorprozeßakte 3 K 1015/65), sowie
die Verwaltungsvorgänge des BergamtesE xxx, die sämtlich Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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Der angefochtene Bescheid beruht auf formell gültigem Ortsrecht. Die ihm zugrunde
liegende Entwässerungssatzung wurde vom Rat der Stadt Exxx am 27. September 1967
beschlossen, am 24. Oktober 1967 aufsichtsbehördlich genehmigt, vom
Oberbürgermeister am 27. Oktober 1967 zwecks Bekanntmachung unterzeichnet und
sodann entsprechend den Anforderungen der Veröffentlichungsvorschrift der
Hauptsatzung vom 10. Juni 1953 im Amtsblatt der Stadt Exxx veröffentlicht.
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Der Bescheid ist jedoch im Umfang der von der Klägerin erklärten Anfechtung materiell
rechtswidrig, weil die Klägerin den der Heranziehung zugrunde liegenden
Gebührentatbestand des § 16 Abs. 1 der Entwässerungssatzung nicht verwirklicht hat.
Indem sie nämlich die Abwässer ihrer Zeche Kxxx in den Exxx Bach einleitet, der sie
dem Klärwerk des xxx Verbandes zuführt, benutzt die Klägerin keine
Entwässerungsanlage der Stadt Exxx, wie dies § 4 Abs. 1 KAG 1893 als die dem § 16
Abs. 1 der Entwässerungssatzung zugrunde liegende Ermächtigungsnorm voraussetzt.
Vielmehr leitet die Klägerin diese Abwässer in ein oberirdisches Gewässer im Sinne
des § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG ein. Die Eigenschaft des Exxx Baches als oberirdisches
Gewässer schließt es aus, daß er gleichzeitig Bestandteil einer städtischen
Entwässerungsanlage sein kann. Wenn § 1 Abs. 4 der Entwässerungssatzung auch die
von der Stadt Exxx unterhaltenen Wasserläufe in die städtische Abwasseranlage
einbezieht und durch § 16 Abs. 1 dieser Satzung deren Benutzung der Gebührenpflicht
unterwirft, so verstößt diese Satzungsbestimmung, soweit es sich um ein oberirdisches
Gewässer wie den Exxx Bach handelt, gegen höherrangiges Recht.
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I. Der Beklagte macht vor allem geltend, der Exxx Bach sei schon beim Inkrafttreten des
Wasserhaushaltsgesetzes kein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1
WHG gewesen. Vielmehr sei er unter Verlust seiner Gewässereigenschaft in die
städtische Abwasseranlage eingegliedert worden. Das sei - so meint der Beklagte -
hinsichtlich des Oberlaufs des Exxx Baches spätestens im Jahre 1956 geschehen, als
dessen Verrohrung vollendet gewesen sei. In seinem Unterlauf (unterhalb der früheren
Mühle Dxxx ) habe der Exxx Bach schon vor dieser Zeit seine Gewässereigenschaft
verloren gehabt.
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1. Dieses Vorbringen des Beklagten verkennt die Rechtslage. Vor dem Inkrafttreten des
Wasserhaushaltsgesetzes (1. März 1960), zu der Zeit also, in den der Exxx Bach nach
Ansicht des Beklagten seine Gewässereigenschaft verloren haben soll, galt das
preußische Wassergesetz. § 1 Abs. 1 PrWG bestimmt, daß Wasserläufe diejenigen
Gewässer sind, die in natürlichen oder künstlichen Betten beständig oder zeitweilig
oberirdisch abfließen, einschließlich ihrer oberirdischen Quellen und Teiche, Weiher
oder ähnlicher Wasseransammlungen, aus denen sie abfließen, sowie ihrer etwa
unterirdisch verlaufenden Strecken. Nach Abs. 4 dieser Gesetzesbestimmung gilt ein
natürlicher Wasserlauf als solcher auch nach einer künstlichen Veränderung.
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Während § 1 Abs. 1 Nr. 1 and 2 WHG die Gewässer in oberirdische Gewässer und das
Grundwasser unterteilt (abgesehen von der Erwähnung der Küstengewässer in Nr. 1a),
unterscheidet § 1 Abs. 1 PrWG bei den oberirdisch fließenden Gewässern zwischen
solchen mit natürlichen und mit künstlichen Betten. Diese abweichende Unterteilung der
oberirdisch fließenden Gewässer ist aber im hier zu entscheidenden Fall ohne
Bedeutung. Denn eine dem natürlichen Wasserkreislauf zugehörige Gewässerstrecke,
in der Wasser in einem Bett abfließt, fällt nach beiden Gesetzen unter den Begriff des
Gewässers. Sie zählt zu den oberirdischen Gewässern im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1
WHG und zu den Wasserläufen im Sinne von § 1 Abs. 1 PrWG. Ist somit der Exxx Bach
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ein natürlicher Wasserlauf im Sinne des preußischen Wassergesetzes, dann fällt er
zugleich unter den Begriff des oberirdischen Gewässers im Sinne des
Wasserhaushaltsgesetzes.
Daß der Exxx Bach beim Inkrafttreten des § 1 des preußischen Wassergesetzes im
Jahre 1913 ein natürlicher Wasserlauf im Sinne dieses Gesetzes war, der seinen Zufluß
aus dem im Lageplan bezeichneten Quellgebieten erhielt, wird auch vom Beklagten
nicht in Zweifel gezogen. Als Wasserlauf fiel der Exxx Bach unter eine der drei Gruppen,
in die § 2 PrWG die Wasserläufe je nach ihrer größeren oder geringeren Bedeutung für
die Wasserwirtschaft einteilt: Wasserläufe erster Ordnung sind hiernach die in dem
Gesetz als Anlage beigefügten Verzeichnis aufgeführten Strecken der Wasserläufe (§ 2
Abs. 1 Nr. 1 PrWG). Zu den Wasserläufen zweiter Ordnung gehören die Strecken
natürlicher und künstlicher Wasserläufe, die in dem nach § 4 PrWG vom
Oberpräsidenten geführten Verzeichnis der Wasserläufe zweiter Ordnung genannt sind
(§ 2 Abs. 1 Nr. 2 PrWG), Die übrigen, weder unter Nr. 1 noch unter Nr. 2 des § 2 Abs. 1
PrWG fallenden Strecken natürlicher oder künstlicher Wasserläufe gehören zur Gruppe
der Wasserläufe dritter Ordnung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 PrWG); hierbei handelt es sich zumeist
um Strecken von Wasserläufen, die für die Wasserwirtschaft von geringerer Bedeutung
sind.
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Wie sich aus dem im Amtsblatt der Bezirksregierung in Dxxx vom 26. April 1957 auf S.
129 abgedruckten Erlaß des Ministers für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten des
Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. März 1957 ergibt (Fotokopie Bl. 30 der
Gerichtsakten), ist der bis dahin mit seiner Teilstrecke ab Grundstück Hxxx Nr. xxx
(Mühle Dxxx ) bis zur Mündung in die Rxxx im Verzeichnis der natürlichen Wasserläufe
zweiter Ordnung unter dem Namen Sxxx Bach eingetragen gewesene Exxx Bach vom
Zeitpunkt dieses Erlasses an aus dem Wasserlaufverzeichnis gestrichen worden. Es
heißt aber in diesem Erlaß, daß der Exxx Bach als Wasserlauf dritter Ordnung
weitergelten solle.
45
Diese bis zum Jahre 1957 bestehende Eintragung im Verzeichnis der Wasserläufe
zweiter Ordnung war auf Grund eines förmlichen Verfahrens erfolgt, in dem auch die
Stadt Exxx und die früher selbständige Stadte Sxxx Einwendungen hätten erheben
können, wenn sie der Auffassung gewesen wären, der Exxx Bach sei in seinem
gesamten Verlauf oder zumindest in seinem Unterlauf kein natürlicher Wasserlauf mehr
(vgl. § 5 PrWG). Für die Stadt Exxx hätte selbst nach erfolgter Eintragung die
Möglichkeit bestanden, bei dem Oberpräsidenten oder - nach 1945 - bei dem an dessen
Stelle zuständig gewordenen Landesminister eine Änderung der Eintragung im
Wasserlaufverzeichnis anzuregen, wenn sie zu der Auffassung gelangt war, der Exxx
Bach sei in der Folgezeit wegen völliger Umgestaltung kein natürlicher Wasserlauf
mehr. sondern Bestandteil der städtischen Abwasseranlage.
46
Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, Nachdruck der dritten
und vierten Auflage, Berlin und Köln 1955, § 6 Anm. 2.
47
Solange aber der Exxx Bach in dem Verzeichnis eingetragen blieb, stand mit Geltung
für jedermann fest, daß dieser Bach im Verlauf der in der Eintragung angegebenen
Strecke ein Wasserlauf zweiter Ordnung und ein natürlicher Wasserlauf war. Denn die
Aufnahme in dieses Verzeichnis entschied, sowohl in privatrechtlicher als auch in
öffentlich-rechtlicher Hinsicht, endgültig über die Zugehörigkeit des Wasserlaufs zu
einer der Ordnungen des § 2 Abs. 1 PrWG und über seine Eigenschaft, ein natürlicher
48
oder ein künstlicher Wasserlauf zu sein.
Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 10, § 2 Vorbem. c und d, § 5 Anm. 13.
49
Diese endgültige, Privatpersonen sowie Gerichte und Behörden bindende Wirkung der
Eintragung im Wasserlaufverzeichnis war erforderlich, weil für die Wasserläufe der drei
Ordnungen zum Teil verschiedene Vorschriften (insbesondere hinsichtlich der
Eigentums- und Nutzungsverhältnisse, sowie der Unterhaltungspflichten) galten.
50
Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 2 Vorbem. h.
51
Durch die in § 2 PrWG getroffene Regelung wollte der Gesetzgeber einen Streit über die
Zugehörigkeit eines Wasserlauf zu einer der drei Ordnungen oder eine Ungewißheit
darüber, ob es sich um einen natürlichen oder einen künstlichen Wasserlauf handelt,
von vornherein ausschließen.
52
Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Wassergesetzes in: Sammlung der
Drucksachen des Preußischen Hauses der Abgeordneten, 21. Legislaturperiode, V.
Session 1912/13, Drucksache Nr. 9 B, zu §§ 2 bis 4 (Spalte 58).
53
Die Tatsache der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis des § 4 PrWG entscheidet somit
ausschließlich und bindend über die Einreihung eines Wasserlaufs in die Gruppe der
Wasserläufe zweiter Ordnung sowie darüber, ob ein natürlicher oder künstlicher
Wasserlauf vorliegt. Das gilt selbst dann, wenn ein eingetragener Wasserlauf von
Anfang an kein Gewässer im Sinne von § 1 PrWG gewesen und nur fälschlicherweise in
das Wasserlaufverzeichnis eingetragen worden wäre.
54
Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 17, § 2 Vorbem. d.
55
Da der Exxx Bach bis zum Jahre 1957 als natürlicher Wasserlauf im Verzeichnis der
Wasserläufe zweiter Ordnung eingetragen war, ist er somit bis zu diesem Zeitpunkt in
dem in der Eintragung angegebenen Streckenabschnitt ein natürlicher Wasserlauf
zweiter Ordnung gewesen. Mindestens bis zu diesem Zeitpunkt kommt es daher auf die
vom Beklagten behaupteten Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere
die völlige Verrohrung und die unterirdische Verlegung des Exxx Baches in seinem
Unterlauf für die Frage der Wasserlaufeigenschaft nicht an (§ 1 Abs. 4 PrWG). Der Exxx
Bach ist somit bis zum Jahre 1957 in seinem Streckenabschnitt Mühle Dxxx bis zur
Mündung in die Rxxx ein natürlicher Wasserlauf zweiter Ordnung gewesen.
56
Wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat an Hand der Lagepläne
klargestellt haben, befand sich die im Wasserlaufverzeichnis genannte Mühle und
Ziegelei Dxxx etwa dort, wo heute in Exxx-Sxxx die Straße Dxxx in die Straße Hxxx
einmündet (Hxxx Haus Nr. xxx ). Die Klägerin leitet die. Abwässer ihrer Zeche Kxxx
oberhalb dieser Stelle in den Exxx Bach ein und zwar an dem im Lageplan (Anlage 6 zu
Bl. 67 der Gerichtsakten) mit A bezeichnetem Punkt, der zwischen den mit 1 und 3 in
diesem Lageplan gekennzeichneten Quellzuflüssen des Exxx Baches liegt. Somit
werden diese Abwässer an einer Stelle in den Exxx Bach eingeleitet, die von der
Eintragung im Wasserlaufverzeichnis topografisch nicht mehr erfaßt wird. Hieraus läßt
sich jedoch zu Gunsten des Beklagten nicht herleiten, der Exxx Bach sei oberhalb der
Mühle Dxxx kein natürlicher Wasserlauf, sondern eine städtische Abwasserleitung
gewesen, etwa die Fortsetzung der vom Stadteil Fxxx ausgehenden und in den Exxx
57
Bach einmündenden Hauptsammler. Auch wenn nur der Unterlauf eines Gewässers in
das Verzeichnis der Wasserläufe zweiter Ordnung eingetragen ist, so kann es doch in
seinem Oberlauf ein Wasserlauf dritter Ordnung sein (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 PrWG), der als
solcher in kein Wasserlaufverzeichnis eingetragen wird, gleichwohl aber ebenfalls zu
den Wasserläufen im Sinne von § 1 PrWG gehört. Das ist bei dem Oberlauf des Exxx
Baches der Fall. Durch die Eintragung im Wasserlaufverzeichnis steht fest, daß er im
Unterlauf ein natürlicher Wasserlauf ist. Ein natürlicher Wasserlauf im Sinne des § 1
Abs. 1 PrWG setzt jedoch u.a. voraus, daß er einen ständigen naturgegebenen Zufluß
aus einem Quellgebiet hat.
Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 8 a.
58
Das naturgegebene Quellgebiet des Exxx Baches sind die im Lageplan (Bl. 67 der
Gerichtsakten, Anl. 6) mit 1, 2, 3, 4 und 5 bezeichneten Quellen und Teiche. Die
Tatsache, daß die Zuflüsse 4 und 5 sich erst an der Stelle mit den übrigen
Quellzuflüssen, des Exxx Baches vereinigen, an der die im Wasserlaufverzeichnis
eingetragene Strecke des Exxx Baches beginnt (Haus Hxxx Nr. xxx ), läßt vermuten,
daß der Exxx Bach nur deshalb erst von dieser Stelle ab in das Wasserlaufverzeichnis
eingetragen wurde, weil die eintragende Behörde (Oberpräsident) die oberhalb des
Hauses Hxxx Nr. xxx befindlichen Zuflüsse als einheitliche Quellzuflüsse des Exxx
Baches betrachtete, die sich erst am Grundstück Hxxx Nr. xxx zu einem
zusammenhängenden Wasserlauf mit einem sämtliche Zuflüsse umfassenden Bachbett
vereinigten. Gemäß § 1 Abs. 1 PrWG sind aber Quellen, Teiche, Weiher und ähnliche
Wasseransammlungen, aus denen Gewässer abfließen, Bestandteil des Wasserlaufs,
den sie bilden. Sie unterliegen denselben Rechtsnormen wie der von ihnen gebildete
Wasserlauf, weil ein Wasserlauf seiner Zweckbestimmung für die Allgemeinheit nur
erhalten werden kann, wenn die ihn speisenden Zuflüsse in gleicher Weise wie er
selbst durch die Vorschriften des Wasserrechts geschützt werden.
59
Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 5 b.
60
Ist somit der Exxx Bach schon kraft Eintragung im Wasserlaufverzeichnis ein natürlicher
Wasserlauf, dann kann für die ihn speisenden Quellen und Teiche wegen § 1 Abs. 1
PrWG nichts anderes gelten.
61
Bereits die Tatsache der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis hat daher zur Folge, daß
der Exxx Bach auch an der Stelle ein natürlicher Wasserlauf im Sinne von § 1 Abs. 1
PrWG ist, an der die Klägerin die Abwässer ihrer Zeche Kxxx einleitet.
62
2. Wegen der vorherigen Eintragung im Wasserlaufverzeichnis könnte der Exxx Bach
seine Eigenschaft, ein natürlicher Wasserlauf im Sinne von § 1 Abs. 1 PrWG zu sein,
erst nach dem 19. März 1957 verloren haben. Auch dies ist jedoch nicht der Fall.
63
In der vom Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Nordrhein-
Westfalen zur Änderung des Wasserlaufverzeichnisses gegebenen Begründung (vgl.
den o.a. Erlaß, Fotokopie Bl. 30 der Gerichtsakten), heißt es, der Exxx Bach solle als
Wasserlauf dritter Ordnung weitergelten. Diese von dem sachkundigen Fachminister
gegebene Begründung läßt erkennen, daß die Streichung aus dem
Wasserlaufverzeichnis nicht - etwa auf Anregung der Stadt Exxx - zu dem Zweck erfolgt
ist, eine unrichtige, den tatsächlichen Verhältnissen widersprechende Eintragung zu
ändern, oder aber, um rechtlich die Gewässereigenschaft des Baches zu beseitigen und
64
seine vollzogene Einbeziehung in die städtische Abwasseranlage nachträglich zu
legalisieren; deshalb kann hier dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen
letzteres rechtlich möglich gewesen wäre.
Die Rechtsauffassung des Ministers, daß der Exxx Bach auch nach 1957 ein
Wasserlauf bleibe, steht im Einklang mit dem vor allem für die Abgrenzung der
natürlichen von den künstlichen Wasserläufen im preußischen Wassergesetz geltenden
Grundsatz, daß ein natürlicher Wasserlauf im Zweifel auch weiterhin solange als
solcher anzusehen ist, als nicht das Gegenteil erwiesen ist.
65
Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 8 b.
66
Das muß umso mehr gelten, wenn, wie hier bis zum Jahre 1957, die Eigenschaft, ein
natürlicher Wasserlauf zu sein, kraft Eintragung im Wasserlaufverzeichnis
unwiderleglich feststeht.
67
Der Exxx Bach ist somit auch über das Jahr 1957 hinaus ein natürlicher Wasserlauf
geblieben, sofern nicht die Wasserlaufeigenschaft nach dem 19. März 1957 durch eine
nach dem preußischen Wassergesetz rechtswirksame Maßnahme beseitigt worden ist
oder aber die rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Beseitigung schon vor 1957
sämtlich erfüllt gewesen sind und diese lediglich wegen der entgegenstehenden
Eintragung im Wasserlaufverzeichnis nicht hatten rechtswirksam werden können. Das
ist jedoch nicht der Fall. Denn zur Umwandlung eines Wasserlaufs in eine
Abwasserleitung hätte es der Zustimmung der Eigentümer und Nutzungsbefugten sowie
der zuständigen Wasserbehörde bedurft.
68
Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster, Urteil vom 25. April 1962 - III A 857/59 - , Der
Gemeindehaushalt (Gemht) 1962, 239 = Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 1962, 173;
Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 4 mit weiteren Nachweisen.
69
Es genügt nicht, daß der Beklagte den Exxx Bach durch einseitige Maßnahmen
planmäßig mit der Absicht baulich verändert hat, ihn in die städtische Abwasseranlage
einzugliedern. Auch der vom Beklagten zitierte Beschluß des Preußischen
Oberverwaltungsgerichts (PrOVG) vom 2. März 1933
70
- V.W. 201.31 - (unveröffentlicht, Fotokopie in Vorprozeßakte 3 K 1015/65, Bl. 54 ff)
71
betreffend die Wasserlaufeigenschaft der die Stadt Exxx durchfließenden Bxxx hält es
für erforderlich (aaO S. 3), daß die bauliche Veränderung und die Eingliederung eines
früheren Wasserlaufs "mit Zustimmung der zuständigen Polizeibehörde" ausgeführt
wurde, womit nur die Wasserpolizeibehörde gemeint sein kann.
72
Der Beklagte hat nicht darzulegen vermocht, daß die Eigentümer und Nutzungsbefugten
sowie die Wasserpolizeibehörde (Wasseraufsicht) vor oder nach dem Jahre 1957 der
Umwandlung des Exxx Baches in einen Bestandteil der städtischen Abwasseranlage
zugestimmt haben. Auf keinen Fall hat die Klägerin, die gemäß § 8 Abs. 1 PrWG als
Eigentümerin eines Ufergrundstücks zu den Eigentümern des Exxx Baches gehört, sich
mit seiner Einbeziehung in die städtische Abwasseranlage unter Verlust der
Wasserlaufeigenschaft einverstanden erklärt.
73
Der Beklagte glaubt zwar hinsichtlich des Erfordernisses der Zustimmung der Klägerin
74
als Eigentümerin auf die von ihr dem Rxxxverband eingeräumte Dienstbarkeit vom 6.
März 1930 (Fotokopie der Eintragungsbewilligung Bl. 291 der Gerichtsakten) verweisen
zu können, die, wie er vorträgt, spätestens seit 1948 auf die Stadt Exxx übergegangen
sei. Die Einräumung dieser Dienstbarkeit habe - so meint der Beklagte - zur Folge, daß
die Klägerin dadurch einer Entwidmung des Exxx Baches als Wasserlauf und seiner
Umwandlung in einen Abwasserkanal zugestimmt habe, so daß darin auch ihre
Zustimmung zur späteren Eingliederung in die städtische Abwasseranlage liege.
Diese Auffassung des Beklagten ist jedoch unzutreffend. Denn die dem Rxxxverband
am 6. März 1930 eingeräumte Dienstbarkeit, bei der es sich um eine beschränkte
persönliche Dienstbarkeit handelt (Bl. 317 der Gerichtsakten, Anlage VI Nr. 4), geht
dahin, "gegen eine einmalige Entschädigung von 650 Mark einen Bachlauf zu
unterhalten und zu betreiben". Von der Unterhaltung eines Abwasserkanals, der (als
Folge der Ausübung der Dienstbarkeit) an die Stelle des bis dahin vorhandenen
natürlichen Wasserlaufs treten solle, ist keine Rede. Derartiges ergibt sich auch nicht
aus dem Sinn und Zweck dieser Dienstbarkeit. Sie soll vielmehr den Rxxxverband in die
Lage, versetzen, die nach § 2 des Ruhrreinhaltungsgesetzes vom 5. Juni 1913 (PrGS
305 PrGS UW 210) - RRG - vorgesehenen Anlagen herzustellen, zu unterhalten und zu
betreiben, die erforderlich sind, um eine nach den Vorschriften des preußischen
Wassergesetzes nicht erlaubte Verunreinigung der Rxxx und ihrer Nebenflüsse zu
verhindern. Dem entspricht das Recht des Rxxxverbandes, zur Erreichung dieses
Zwecks Wasserläufe auszubauen und zu benutzen (§ 2 Abs. 2 RRG). Aufgabe und
Zweck des Rxxxverbandes bestehen demnach nicht nur, wie der Beklagte vorträgt,
darin, die xxx reinzuhalten, sondern auch deren Nebenflüsse; das Ausbau- und
Benutzungsrecht des Rxxxverbandes umfaßt deshalb sämtliche das
Genossenschaftsgebiet durchfließende Wasserläufe (§ 2 Abs. 2 RRG).
75
Dieser Zweckbestimmung des Rxxxverbandes entspricht der Inhalt der Dienstbarkeit
vom 6. März 1930. Wenn dort vom Unterhalten und Betreiben eines "Bachlaufs" die
Rede ist, so ist damit schon nach allgemeinem Sprachgebrauch ein natürlicher
Wasserlauf gemeint. Im übrigen gehört es zu den Aufgaben des Rxxxverbandes, auch
einen Bachlauf von Verunreinigungen freizuhalten (§ 2 Abs. 1 RRG). Das
Ruhrreinhaltungsgesetz und der sich aus dieser Ermächtigungsgrundlage ergebende
Zweck des Rxxxverbandes sprechen somit dagegen, daß die vom Rxxxverband auf der
Grundlage dieses Gesetzes getroffenen Maßnahmen sich auf die Reinhaltung des
Wassers der Rxxx beschränken mit der Folge, daß die Nebenflüsse der Rxxx zu
Abwasserleitungen werden können und ihre Eigenschaft, natürlicher Wasserlauf zu
sein, verloren geht. Das wäre auch abwassertechnisch kaum sinnvoll, weil die
Reinhaltungsmaßnahmen eines Abwasserverbandes so nahe wie möglich an der Stelle
wirksam werden müssen, an der der natürliche Wasserkreislauf durch
Abwassereinleitungen beeinträchtigt wird.
76
Welchen Zwecken die von der Klägerin und anderen Eigentümern des Exxx Baches zu
Gunsten des Rxxxverbandes eingeräumten Dienstbarkeiten dienten, ergibt sich aus den
vom Beklagten vorgelegten Unterlagen (Anlagen III Nr. 2 und Anlagen I Nr. 14 bis 17 zu
Bl. 317 Gerichtsakten). Die Dienstbarkeit sollte einmal dem Rxxxverband den Zugang
zum Exxx Bach an jeder Stelle des Bachlaufs sichern, sowie zum anderen die
Bedienung der Vorkläranlagen (z.B. Zecheneinlaufbauwerke) und vor allem die
Anlegung von Schlammtrockenplätzen ermöglichen, deren Lage (mit grüner
Schraffierung) im Lageplan (Bl. 49 Vorprozeßakte 3 K 1015/65) angegeben ist. Es
handelt sich dabei um Maßnahmen, die nicht nur bei einem Abwasserkanal, sondern
77
erst recht bei einem natürlichen Wasserlauf notwendig sein können, um das Gewässer
von Verunreinigungen freizuhalten oder eingetretene Verunreinigungen zu beseitigen
oder abzuschwächen.
Diese dem Rxxxverband von der Klägerin eingeräumte Dienstbarkeit konnte zwar
gemäß § 1 des Gesetzes über die Veräußerung von Nießbrauchsrechten und
beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten vom 13. Dezember 1935 (RGBl I 1468) auf
die Stadt Exxx übertragen werden. Wie jedoch § 3 dieses Gesetzes ausdrücklich
hervorhebt, konnte die Stadt Exxx durch die Übertragung der Dienstbarkeit nicht mehr
Rechte am Grundstück der Klägerin erwerben, als dem Rxxxverband zustanden.
Dessen Recht war jedoch durch den Inhalt der Dienstbarkeit (einen Bachlauf, d.h. einen
natürlichen Wasserlauf zu betreiben) begrenzt. Abgesehen vom Inhalt der Eintragung
darf zwar der Nutzungsumfang einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im
Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnis des Berechtigten bestimmt werden (vgl. §
1091 BGB), weshalb dem Beklagten darin beizupflichten ist, daß der Inhalt der
Dienstbarkeit auch vom Zweck des Rxxxverbandes her ausgelegt werden müsse. Der
Beklagte läßt jedoch außer Betracht, daß der Zweck dieses Verbandes gerade dahin
geht, die Rxxx und ihre Nebenflüsse von Verunreinigungen, die nach dem preußischen
Wassergesetz nicht erlaubt sind, freizuhalten, d.h. Abwässer aus dem natürlichen
Wasserkreislauf zu beseitigen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 RRG). Dem würde es widersprechen,
wenn der Rxxxverband wasserbauliche oder andere Maßnahmen treffen würde, um den
Exxx Bach von einem natürlichen Wasserlauf in einen Abwasserkanal umzuwandeln.
Insoweit unterscheidet sich die Interessenlage des Rxxxverbandes (Reinhaltung der
Rxxx und deren Nebenflüsse) grundlegend von dem fiskalischen Interesse der Stadt
Exxx an einer kostensparenden Beseitigung der städtischen Abwässer durch Einleiten
in natürliche Vorfluter. Für die Auslegung des Inhalts der Dienstbarkeit (§ 1091 BGB) ist
jedoch ausschließlich das Interesse des Rxxxverbandes maßgeblich, weil diesem die
Dienstbarkeit eingeräumt wurde. Aus der im Jahre 1930 bestellten Dienstbarkeit läßt
sich daher nicht herleiten, daß die Klägerin als Eigentümerin einer Einbeziehung des
Exxx Baches in die städtische Abwasseranlage unter Verlust seiner
Wasserlaufeigenschaft zugestimmt hat.
78
Ebensowenig hat der Beklagte den Nachweis erbringen können, daß die zuständige
Wasserpolizeibehörde zu einer solchen Maßnahme ihre Zustimmung erteilt hat. Soweit
der Beklagte auf die durch den Rxxxverband in den Jahren 1920 und 1928 bei den
Regierungspräsidenten in xxx und xxx beantragten Erlaubnisse und eingeleiteten
Planfeststellungsverfahren verweist, kann auf das bereits Ausgeführte Bezug
genommen werden, wonach der Rxxxverband keinesfalls die Beseitigung der
Wasserlaufeigenschaft des Exxx Baches betrieben hat. Derartiges läßt sich auch nicht
mittelbar den Unterlagen betreffend das im Jahre 1920 bei den Regierungspräsidenten
in xxx und xxx durch den Rxxxverband eingeleitete Verfahren (Entwurf eines
Regenauslasses des Exxx Baches) entnehmen. Der Vorsitzende des Rxxxverbandes
bezeichnet zwar in seinem Schreiben an den Regierungspräsidenten vom 30. April
1920 (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 1) diesen projektierten Regenauslaß als
Teil der Kanalisation von xxx . Aus dem zweiten Absatz seines Schreibens geht jedoch
unmißverständlich hervor, daß er den Exxx Bach nach wie vor als Wasserlauf im Sinne
des preußischen Wassergesetzes ansieht und daß er deshalb die Zustimmung der nach
diesem Gesetz am Bach Berechtigten zum Bau des Regenauslasses für erforderlich
hält. Dem entspricht das Antwortschreiben des Regierungspräsidenten in vom 14.
August 1920 (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 2), in dem dem Rxxxverband
aufgegeben wird, für eine geregelte Reinigung des Baches zu sorgen, und in dem es
79
desweiteren heißt: "Der Entwurf (eines Regenauslasses) ist nur als vorläufige Aushilfe
anzusehen, nicht aber als Ersatz für eine geordnete Kanalisation." Für den Fall, daß
Mißstände durch den Betrieb des Regenauslasses entstehen, verpflichtet der
Regierungspräsident den Rxxxverband zu deren alsbaldiger Beseitigung. Wäre der
Exxx Bach schon damals in einen Abwasserkanal umgewandelt worden, so hätte es
dieser Hinweise nicht bedurft. Der Regierungspräsident erinnert hier an die sich aus § 2
Abs. 1 Satz 1 RRG ergebende gesetzliche Verpflichtung des Rxxxverbandes, eine
"nach den Vorschriften des Wassergesetzes nicht erlaubte Verunreinigung" der Rxxx
und ihrer Nebenflüsse zu verhindern; hieraus folgt, daß der Exxx Bach auch in seinem
Unterlauf vom Regierungspräsidenten weiterhin als Wasserlauf im Sinne des
preußischen Wassergesetzes angesehen worden ist und daß der Regierungspräsident
deshalb damals seiner Umwandlung in eine Abwasserleitung unter Verlust der
Wasserlaufeigenschaft nicht zugestimmt haben kann.
Nicht anders verhält es sich mit den Unterlagen betreffend den vom Rxxxverband am
10. Februar 1928 dem Regierungspräsidenten in xxx vorgelegten Entwurf für die
Regelung des Exxx Baches (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 3). Wie sich aus
dem handschriftlichen Randvermerk des Sachbearbeiters beim Regierungspräsidenten
ergibt, handelte es sich hierbei um den beabsichtigten Ausbau sowie die Verlegung und
streckenweise Kanalisierung des "Baches", mithin um Maßnahmen, wie sie im
preußischen Wassergesetz für natürliche Wasserläufe vorgesehen sind, und die hier
u.a. zur Verlegung des Exxx Baches aus dem Stadtgebiet von Sxxx geführt haben.
Dementsprechend heißt es in dem vom Regierungspräsidenten im Mai 1928 gefertigten
Entwurf des Antwortschreibens an den Rxxxverband (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I
Nr. 4), daß die sich aus § 29 RRG ergebenden . Ansprüche (d.h. die sich aus dem
preußischen Wassergesetz im Falle einer Veränderung des Wasserstandes und der
Vorflut oder der Verunreinigung des Wassers zugunsten der Eigentümer und
Nutzungsbefugten ergebenden Ansprüche) erhalten bleiben. Die Erhaltung derartiger
wasserrechtlicher Ansprüche wäre aber gegenstandslos. wenn ein Wasserlauf unter
Verlust seiner Wasserlaufeigenschaft künftig ein Abwasserkanal sein soll.
80
Daß selbst der Beklagte noch im Jahre 1952 in zutreffender Beurteilung der Rechtslage
den Exxx Bach in dem Streckenabschnitt hinter dem Parkfriedhof, also dem Quellgebiet
oberhalb des Geländepunktes Exxx als Wasserlauf im Sinne des preußischen
Wassergesetzes angesehen hat, folgt aus seinem am 11. Juni 1952 an die Dxxx Bxxx
gerichteten Schreiben (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 9), in dem der Beklagte
ausdrücklich in seiner Eigenschaft "als Wasseraufsichtsbehörde" die Bxxx auf die ihr als
Eigentümerin des Exxx Baches gemäß § 115 PrWG obliegende Verpflichtung hinweist
und wasseraufsichtsbehördliche Maßnahmen ankündigt. Eine Zuständigkeit der
Wasserbehörde wäre aber nicht gegeben gewesen, wenn es sich bei dem Exxx Bach
damals um eine städtische Abwasserleitung gehandelt hätte. In ihrem Antwortschreiben
vom 22. November 1952 (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 10) hat die Dxxx Bxxx
ebenfalls die Auffassung vertreten, daß es sich um einen natürlichen Wasserlauf
handelt. Sie weist darauf hin, daß sie (als Eigentümerin) gemäß § 40 Abs. 2 Ziff. 2 PrWG
berechtigt sei, Abwässer in den Exxx Bach einzuleiten und führt aus, daß sie diese
Abwässer möglichst gereinigt dem Bachlauf zuführe. Sodann bittet sie den Beklagten
als Wasseraufsichtsbehörde, die Einführung von Fäkalienabwässern von der Zeche
Kxxx und den an den Exxx Bach angeschlossenen Wohnsiedlungen zu unterbinden.
81
Wenn der Beklagte schließlich geltend macht, die am Exxx Bach zwecks Umwandlung
in einen Abwasserkanal durchgeführten Wasserbaumaßnahmen seien mit Beteiligung
82
des Tiefbauamtes der Stadt Exxx als örtlicher Wasserpolizeibehörde (Wasseraufsicht)
erfolgt, so kann hierin nicht die nach dem preußischen Wasserrecht erforderliche
Zustimmung der für eine solche Maßnahme zuständigen Wasserpolizeibehörde zur
Beseitigung der Wasserlaufeigenschaft gesehen werden. Bereits der Erlaß der Minister
für öffentliche Arbeiten, für Handel und Gewerbe, für Landwirtschaft, Domänen und
Forsten und des Ministers des Innern vom 13. Juli 1914,
Ministerialblatt für die Preußische innere Verwaltung, 75. Jahrgang, 1914, S. 248,
83
schränkte die nach dem preußischen Wassergesetz an sich auch für Gemeinden
bestehende Möglichkeit, Abwässer in Wasserläufe einzuleiten, stark ein. Dieser Erlaß
regelte einmal den Fall, daß eine Gemeinde gemäß § 23 PrWG die Einleitung von
Abwässern größerer Ortsteile oder ganzer Ortschaften der Wasserpolizeibehörde
anzeigte. Der Erlaß bestimmte für diesen Fall, daß die Wasserpolizeibehörde die von
den Gemeinden eingereichten Pläne der Abwasseranlage durch den
Regierungspräsidenten dem preußischen Ministerium des Innern vorzulegen hatte, um,
wie es in dem Erlaß heißt, "auf eine gleichmäßige Handhabung der Grundsätze für die
Reinhaltung der Wasserläufe hinwirken" zu können. Für den Fall, daß eine Gemeinde
statt einer Anzeige nach § 23 PrWG einen Antrag auf Verleihung des Rechts zur
Einleitung ihrer Abwässer gemäß § 46 PrWG stellen sollte, wies dieser Erlaß die
Wasserpolizeibehörde an, gegebenenfalls vom Recht des Widerspruchs Gebrauch zu
machen, um auf diese Weise eine Entscheidung der Ministerialinstanz herbeizuführen.
Dieser Erlaß war, wie sich aus der Kommentierung von
84
Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 23 Anm. 7
85
ergibt, auch in der Folgezeit noch anzuwenden. Daraus folgt, daß die nach preußischem
Recht zuständigen Minister die Übung der Stadt Exxx (vgl. die Bekundungen des Leiters
der Stadtentwässerung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat), im Stadtgebiet
vorhandene natürliche Wasserläufe an die städtische Kanalisation anzuschließen und
abwassertechnisch der städtischen Abwasseranlage einzugliedern, nicht billigten, wenn
dadurch - was bei dem Exxx Bach der Fall gewesen sein dürfte - gegen die Grundsätze
über die Reinhaltung der natürlichen Wasserläufe verstoßen wurde. Die Minister hielten
derartige Eingriffe in einen unter § 1 Abs. 1 PrWG fallenden Wasserlauf für so
schwerwiegend, daß sie die Entscheidung über die Zulässigkeit der Einleitung und über
die Verleihung des Rechts zur Einleitung von Abwässern nicht ausschließlich den nach
dem preußischen Wassergesetz zuständigen Wasserpolizei- und Verleihungsbehörden
überließen, sondern generell von ihrer Zustimmung abhängig machten. Das städtische
Tiefbauamt war also nach dem Erlaß zur Erteilung der erforderlichen
wasserbehördlichen Zustimmung zur Beseitigung der Wasserlaufeigenschaft allein
nicht befugt; daraus ist zu schließen, daß das Tiefbauamt eine wasserpolizeiliche
Entscheidung überhaupt nicht hat treffen wollen, zumal das Tiefbauamt in den vom
Beklagten vorgelegten Unterlagen niemals als Wasserpolizeibehörde
(Wasseraufsichtsbehörde) nach außen hin aufgetreten ist. Dagegen bezeichnet sich in
dem bereits erwähnten Schreiben an die Bxxx vom 11. Juni 1952 die damals tätig
gewordene Dienststelle des Beklagten ausdrücklich "als Wasseraufsichtsbehörde".
86
Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß weder die Klägerin als Teileigentümerin
des Wasserlaufs noch die zuständigen Behörden die zur Umwandlung des Exxx
Baches in eine Abwasserleitung erforderliche Einwilligung erteilt haben. Der Exxx Bach
ist daher auf jeden Fall bis zum 1. März 1960 ein natürlicher Wasserlauf im Sinne des §
87
1 Abs. 1 PrWG geblieben.
3. Ab 1. März 1960 gilt das Wasserhaushaltsgesetz, das preußische Wassergesetz trat
außer Kraft, soweit es sich um Materien handelte, die im Wasserhaushaltsgesetz
geregelt sind. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG findet das Wasserhaushaltsgesetz
Anwendung auf das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende Wasser
(oberirdische Gewässer). Der Exxx Bach ist ein oberirdisches Gewässer in diesem
Sinne. Da § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG nicht mehr wie § 1 Abs. 1 PrWG zwischen natürlichen
und künstlichen Wasserläufen unterscheidet, ist schon aus diesem Grunde die
Verrohrung und teilweise unterirdische Verlegung des Exxx Baches ohne Einfluß auf
seine Eigenschaft, ein oberirdisches Gewässer zu sein.
88
Vgl. Gieseke-Wiedemann, Wasserhaushaltsgesetz, 2. Aufl., § 1 Anm. 2.
89
Sammelleitungen einer städtischen Abwasseranlage gehören allerdings nicht zu den
unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG fallenden oberirdischen Gewässern. Denn ein Gewässer in
diesem Sinne setzt voraus, daß es durch Ableiten von Quell-, Grund- oder
Niederschlagswasser zu einem Gewässer am natürlichen Wasserkreislauf teilnimmt.
90
Gieseke-Wiedemann, § 1 Anm. 2.
91
Das in Abwassersammelleitungen enthaltene Wasser ist dagegen zuvor dem
natürlichen Wasserkreislauf zum hauswirtschaftlichen oder gewerblichen Gebrauch
entnommen worden. Es wird in der Abwasseranlage gesammelt, zu einem natürlichen
Vorfluter transportiert und erst dort dem natürlichen Wasserkreislauf wieder zugeführt.
92
Demgegenüber leitet der Exxx Bach nach wie vor das aus seinem Quellgebiet fließende
Wasser ab, er ist der natürliche Vorfluter für das in seinem Gebiet anfallende
Niederschlagwasser, auch wenn dieses zum Teil nicht unmittelbar, sondern durch
Straßenabläufe in ihn eingeleitet wird. Da der Bach insoweit am natürlichen
Wasserkreislauf teilnimmt, kommt es nicht darauf an, ob das in ihn abgeleitete Abwasser
quantitativ überwiegt. Der Exxx Bach fällt vielmehr unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG.
93
Ein dieser Gesetzesbestimmung unterliegendes Gewässer kann seine
Gewässereigenschaft nur dann verlieren und zu einem Bestandteil einer städtischen
Abwasseranlage werden, wenn es durch ein förmliches Planfeststellungsverfahren als
Gewässer beseitigt wird (§ 31 WHG). Zuständig für die Durchführung eines solchen
Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 WHG ist nach § 67 Abs. 4 Satz 1 IWG die obere
Wasserbehörde, der Regierungspräsident (§ 96 LWG). Über den Inhalt des
Planfeststellungsverfahrens enthält § 31 Abs. 2 WEG zwingende Bestimmungen. Ein
solches Verfahren zwecks Einbeziehung des Exxx Baches in die städtische
Abwasseranlage ist jedoch weder vom Beklagten beantragt, noch vom
Regierungspräsidenten durchgeführt worden. Ohne ein solches
Planfeststellungsverfahren konnte aber die Eigenschaft des Exxx Baches, ein unter § 1
WHG fallendes oberirdisches Gewässer zu sein, nicht beseitigt werden.
94
Vgl. Gieseke-Wiedemann, § 31 Anm. 2 b.
95
Der Exxx Bach ist daher auch heute noch ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1
WHG. Der Senat kommt somit zu demselben Ergebnis wie der Regierungspräsident in
xxx (obere Wasserbehörde), der in seinem Schreiben an die Klägerin vom 10.
96
November 1961 (Bl. 31 der Gerichtsakten) entgegen der früher von ihm vertretenen
Auffassung ausgeführt, der Exxx Bach habe seine Eigenschaft, ein natürlicher
Wasserlauf (Gewässer) zu sein, nicht verloren. Ebenso geht das Oberbergamt in xxx als
die im Rahmen des § 14 Abs. 1 WHG bei Zechenbetrieben für wasserrechtliche
Erlaubnisse zuständige Behörde in der von ihm am 17. Mai 1962 erteilten
Einleitungserlaubnis (§ 7 WHG) davon aus, daß der Exxx Bach auch heute noch ein
oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 WHG ist.
II. Die Eigenschaft des Exxx Baches als oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 WHG
schließt es aus, daß dieser zugleich Bestandteil einer städtischen Abwasseranlage sein
kann, mit der Folge, daß die Stadt für seine Benutzung Gebühren verlangen kann. Der
Senat vermag der vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 28, April 1954
97
- III OVG A 109/53 -, Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Münster und
Lüneburg (OVGE) 8, 385 = KStZ 1955, 64,
98
sowie im Schrifttum zum Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein- Westfalen
(KAG NW)
99
Bauernfeind-Zimmermann, KAG NW, 1969, § 7 RdNr. 12 und Dahmen-Küffmann, KAG
NW, 1970, § 7 Anm. 4 (S. 341),
100
ferner im Runderlaß des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des
Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. November 1969, III A 4 - 605/1 - 16102 (Bl. 238
der Gerichtsakten) vertretenen gegenteiligen Auffassung (der sogenannten
Zweinaturentheorie), der sich in diesem Streitverfahren der Vertreter des öffentlichen
Interesses angeschlossen hat,
101
anderer Meinung: Abt. Zeitschrift für Wasserrecht (ZfW) 1964, 210; Gieseke-
Wiedemann, § 1 Anm. 2a (am Ende); vgl. auch Zimmermann, Wasser und Boden (WuB)
WO, 330 (331), der eine Trennung zwischen natürlichen Wasserläufen und
Kanalisationsanlagen mit dem Ziel, die Wasserläufe wieder abwasserfrei zumachen, für
erforderlich hält,
102
nicht zufolgen. Denn sie verkennt, daß nach § 4 KAG 1893 Gebühren nur für die
Benutzung einer gemeindlichen Veranstaltung (Anlage, Einrichtung) erhoben werden
dürfen.
103
Vgl. zur Vermeidung von Wiederholungen Urteil des Senats vom 22. März 1971 - II A
554/69 -, OVGE 26, 204 = KStZ 1972, 50 = ZfW 1972, 173.
104
Ein Gewässer im Sinne von § 1 WHG (ebenso ein Wasserlauf im Sinne von § 1 Abs. 1
PrWG) ist jedoch keine von der Gemeinde zur Verfügung gestellte Einrichtung. Vielmehr
steht das Gewässer den Gewässereigentümern zu, wobei allerdings die
Eigentümerrechte durch den jedermann zustehenden Gemeingebrauch und durch die
vom Träger der staatlichen Gewässerhoheit kraft Wasserrechts gewährten Erlaubnisse
und Bewilligungen beschränkt sind, die das private Eigentum am Gewässer überlagern.
105
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 4. Juli 1969 - VII C 26.65 -, ZfW
1970, 148 (149); Gieseke-Wiedemann, aaO, Einl. VIII Anm. 2 und 3; Salzwedel, ZfW
1962, 73; H.J. Wolff, Verwaltungsrecht I, 8. Aufl. § 57 I 2.
106
Ein Gewässer wird daher kraft privaten Rechts (Eigentum) oder öffentlichen Rechts
(Gemeingebrauchs Erlaubnis, Bewilligung) auf Grund der Rechte genutzt, die
Wasserhaushaltsgesetz und Landeswassergesetz gewähren. Um diese sich bereits aus
den Wassergesetzen ergebenden Befugnisse (hier die der Klägerin durch das
Oberbergamt am 17. Mai 1962 erteilte Erlaubnis zur Einleitung von Zechenabwässern)
nutzen zu können, bedarf es nicht einer Zulassung oder einer Vermittlung dieser
Befugnis durch die Gemeinde, wie dies bei der Benutzung einer gemeindlichen
Einrichtung im Sinne von § 4 KAG 1893 begriffsnotwendig ist. Die Stadt Exxx kann nicht
dem Benutzer eines unter § 1 WHG fallenden Gewässers gewähren, was ihn bereits
kraft Wasserrechts zusteht. Die am Gewässer auf Grund des Wasserrechts bestehenden
oder zu bewilligenden Befugnisse sind der Verfügungsgewalt der Gemeinde entzogen.
Es ist deshalb ausgeschlossen, die kraft Wasserrechts erfolgende Benutzung des
Gewässers (hier die Einleitung der Zechenabwässer in den Exxx Bach, der sie dem
Klärwerk des Rxxxverbandes zuführt) als das Ergebnis einer eigenen Leistung der Stadt
Exxx zu behandeln. Nur bei Vorliegen einer solchen besonderen Leistung der
Gemeinde könnte aber eine Benutzungsgebühr im Sinne von § 4 KAG 1893 als
spezielle Vergütung für diese Leistung erhoben werden.
107
Vgl. das o.a. Urteil des Senats vom 22. März 1971, aaO.
108
Die Stadt Exxx ist auch nicht die alleinige Eigentümerin des Exxx Baches. Da es sich
bei ihm um ein Gewässer dritter Ordnung handelt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 LWG), steht der Bach
im Eigentum der Eigentümer der Ufergrundstücke (§ 4 Abs. 1 LWG, ebenso § 8 PrWG).
Wie zwischen den Parteien unstreitig ist und sich aus dem vom Beklagten im Vorprozeß
überreichten Eigentümerverzeichnis ergibt (vgl. Bl. 41 ff 3 K 1015/65, sowie Anlage III
Nr. 1 zu Bl. 317 der Gerichtsakten des nunmehr anhängigen Streitverfahrens), ist
streckenweise auch die Klägerin Eigentümerin des Baches, und zwar nicht nur im
Bereich der Ufergrundstücke, von dem aus sie die Abwässer der Zeche Kxxx 3/6 in den
Exxx Bach einleitet, sondern auch weiterer Ufergrundstücke. Soweit die Klägerin im
Rahmen des geltenden Wasserrechts und der sich daraus für den Eigentümer
ergebenden Beschränkungen diesen Bach nutzt, übt sie ebenso wie die Stadt Exxx und
die übrigen Eigentümer des Exxx Baches ihr Eigentumsrecht aus. Sie ist daher nicht auf
eine Vermittlung dieser Nutzung durch einen anderen angewiesen wie dies bei dem
Benutzer einer gemeindlichen Einrichtung der Fall wäre, dem die Gemeinde erst durch
Zulassung zu der Einrichtung die Nutzung ermöglicht.
109
Dasselbe gilt auch, soweit die Klägerin nicht nur von ihrem Gewässereigentum, sondern
darüber hinaus von der ihr gemäß § 7 WHG erteilten Befugnis zur Einleitung ihrer
Zechenabwässer Gebrauch macht. Auch hier stützt sie sich auf eine Befugnis, die ihr
bereits auf Grund des Wasserhaushaltsgesetzes gewährt worden ist, ohne daß sie bei
Ausübung dieser Befugnis einer der Stadt Exxx kraft Gemeinderechts vorbehaltenen
Zulassung bedarf. Als Eigentümerin von Gewässerstrecken des Exxx Baches (d.h. nicht
als Trägerin einer gemeindlichen Einrichtung) muß aber die Stadt gemäß § 12 LWG die
Benutzung dieses Baches seitens der Klägerin in dem durch die Erlaubniserteilung
zulässigen Umfang unentgeltlich dulden.
110
Vgl. Gieseke-Wiedemann, § 7 Anm. 3 e, § 8 Anm. 4 d; Burghartz,
Wasserhaushaltsgesetz und Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 1962, §
12 LWG, Anm. 1.
111
Selbst wenn also der Beklagte tatsächlich den Exxx Bach abwasser- und
haushaltstechnisch als Teil der städtischen Abwasseranlage behandelt und hierfür
Aufwendungen aus dem Abwassergebührenhaushalt verwendet, ist eine
Gebührenheranziehung auf der Grundlage des § 4 KAG 1893 nicht gerechtfertigt. Denn
§ 4 KAG 1893 eröffnet den Gemeinden die Befugnis zur Gebührenerhebung lediglich für
die Benutzung rechtmäßig errichteter Anlagen. Zwar kommt das Erfordernis der
Rechtmäßigkeit der Errichtung einer gemeindlichen Anlage im Wortlaut des § 4 KAG
1893 nicht zum Ausdruck; dies aber nur deswegen nicht, weil die Rechtmäßigkeit der
Anlage, für deren Benutzung die Gemeinde Gebühren fordern will, im Gesetz als
selbstverständlich vorausgesetzt ist. Denn die Bindung der Gemeindeverwaltung an
Gesetz und Recht war schon bei Erlaß des preußischen Kommunalabgabengesetzes
ein selbstverständlicher Grundsatz und ist heute auch in anderen Normen gesetzlich
verankert (Art. 78 Abs. 4 Satz 1 Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18.
Juni 1950 - SGV NW 100; § 106 Abs. 1 GO NW). Die unter Verletzung der Rechte der
Eigentümer oder anderer Nutzungsbefugter oder ohne die gesetzlich vorgeschriebene
Mitwirkung der Wasserbehörde bloß faktisch erfolgte Eingliederung eines unter § 1
WHG fallenden Gewässers in eine Kanalisationsanlage rechtfertigt daher keine
Gebührenerhebung nach § 4 KAG 1893 wegen der Einleitung von Abwasser in diesen
widerrechtlich gebildeten Teil der "Kanalisationsanlage".
112
Entgegen der vom Vertreter des öffentlichen Interesses in diesem Streitverfahren
vorgetragenen Auffassung (Bl. 233 der Gerichtsakten) kann auch eine nachträglich von
der Wasserbehörde erteilte Erlaubnis oder Bewilligung eine zuvor erfolgte faktische
Eingliederung eines Gewässers in eine gemeindliche Abwasseranlage nicht
legalisieren. Vielmehr kann ein Gewässer nur nach Durchführung eines
Planfeststellungsverfahrens gemäß § 31 WHG als Gewässer beseitigt und dann die
bisherige Gewässerstrecke der gemeindlichen Abwasseranlage eingegliedert werden.
113
Dieses Ergebnis entspricht allein dem vom Gesetzgeber mit dem
Wasserhaushaltsgesetz verfolgten Zweck, den natürlichen Wasserhaushalt zu ordnen
und vor allem die Gewässer vor Verunreinigungen zu schützen.
114
Vgl. Gieseke-Wiedemann, aaO, Einl. VI Anm. 2; Sieder-Zeitler, Wasserhaushaltsgesetz,
1970, Vorbem. RdNr. 6.
115
Das Wasserhaushaltsgesetz will die Erhaltung der Gewässer in ihrer natürlichen
Funktion sicherstellen, um sie als Gewässer in möglichst weitem Umfang für den Bedarf
des Menschen nutzbar zu erhalten. Aufgabe des im Wasserhaushaltsgesetz und im
Landeswassergesetz geregelten Gewässerschutzes ist es, die natürliche
Beschaffenheit der Gewässer (insbesondere ihre biologischen und chemischen
Eigenschaften) zu bewahren. Die begrenzte Menge des für den menschlichen Gebrauch
nutzbaren Wassers muß weitestgehend erhalten bleiben. Je stärker (etwa in
industriellen Ballungsgebieten) der Wasserschatz beansprucht ist und je mehr der
Wasserbedarf steigt und die Gefahr der Verschmutzung des vorhandenen Wassers
zunimmt, umso mehr müssen die im Wasserhaushaltsgesetz und im
Landeswassergesetz zum Schutz der Gewässer vorgesehenen Maßnahmen wirksam
werden. Mit diesem durch das Wasserhaushaltsgesetz und das Landeswassergesetz
verfolgten Zwecke, den größtmöglichen Nutzen für den Menschen mit dem
bestmöglichen Gewässerschutz zu koordinieren,
116
Gieseke-Wiedemann, aaO, Ein. VI 2; Sieder-Zeitler, aaO, Vorbem. RdNr. 6,
117
ist es unvereinbar, daß ein Gewässer zugleich als Teil einer gemeindlichen
Abwasseranlage genutzt wird. Denn die vom Wasserhaushaltsgesetz geschützte
Gewässerfunktion steht in unvereinbarem Gegensatz zur Funktion einer
Abwasserleitung. Durch den Zusammenschluß mit einer Abwasseranlage wird
insbesondere die biologische Beschaffenheit des im Gewässerbett vorhandenen
Wassers in einer Weise beeinflußt, daß es entgegen seiner Zweckbestimmung für den
Menschen nicht mehr zu verwenden ist. Deshalb schreiben die für den Gewässerschutz
im Lande Nordrhein-Westfalen maßgeblichen "Richtlinien für die Erteilung von
Erlaubnissen und Bewilligungen zum Einleiten von Abwasser in oberirdische
Gewässer"
118
Runderlaß des Ministers für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 5.12.1966 - VA - 602/2 -14071 VC - 9274, in MBl. NW 1966,
2278 = SMBl. NW 770
119
unter Ziff. 1.3 folgendes vor:
120
"Abwassereinleitungen dürfen nur zugelassen werden, soweit überwiegende
Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit (§§ 6, WHG, 13, 14 LWG) nicht
entgegenstehen. Sie sollen einzeln und in ihrer Gesamtheit so beschränkt werden, daß
die Gewässer geeignet sind, vor allem der öffentlichen Wasserversorgung, der
Gesundheit der Bevölkerung, der Land- und Forstwirtschaft, der gewerblichen
Wirtschaft, dem Verkehr und der Fischerei zu dienen und Natur und Landschaft zu
beleben.
121
Diese Belange gebieten, die oberirdischen Gewässer gesund zu erhalten oder
gesunden zu lassen.
122
An diesem Ziel sind alle Einflüsse der Abwassereinleitung, die geeignet sind,
nachteilige Wirkungen für die physikalische, chemische oder biologische
Beschaffenheit des Gewässers auszulösen, zu messen. Dabei muß jeder Faktor in
seiner Wechselwirkung mit dem anderen aus der Sicht des Gewässers beurteilt
werden".
123
Aus diesen Richtlinien und den ihnen zugrunde liegenden Bestimmungen der
Wassergesetze ergibt sich, daß die Wasserbehörde Abwassereinleitungen auch der
Gemeinden nur unter Wahrung der Funktion des Gewässers als Bestandteil des
natürlichen Wasserhaushalts zulassen darf. Die Übernahme der zusätzlichen Funktion
eines Abwassersammelkanals ist mit der naturgegebenen Funktion des Gewässers
nicht zu vereinbaren.
124
Schließlich steht auch der Gemeingebrauch einer formlosen Einbeziehung eines
Gewässers in eine gemeindliche Kanalisationseinrichtung entgegen. Gemäß § 23 WEG
darf jedermann oberirdische Gewässer in einem Umfang benutzen, wie dies das
Landesrecht als Gemeingebrauch gestattet, soweit es mit den Befugnissen anderer oder
deren Eigentümer- oder Anliegergebrauch vereinbar ist. Nach § 31 LWG, der den
Gemeingebrauch landesrechtlich regelt, darf jedermann natürliche oberirdische
Gewässer (mit Ausnahme der Talsperren) u.a. zum Baden, Waschen, Viehtränken,
Schwemmen oder Schöpfen mit Handgefäßen, zum Eissport usw. benutzen, soweit
nicht Rechte anderer entgegenstehen und Befugnisse oder der Eigentümer- oder
125
Anliegergebrauch anderer dadurch nicht beeinträchtigt werden. Unter denselben
Voraussetzungen ist jedermann die Entnahme von Wasser mittels fahrbarer Behältnisse
und die Einleitung nicht verschmutzten und nicht erwärmten Wassers gestattet. Das
Entnehmen von Wasser in geringen Mengen für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft
oder den Gartenbau oder für gewerbliche Betriebe kann durch ordnungsbehördliche
Verordnung als Gemeingebrauch zugelassen werden. Schließlich kann nach § 32 LWG
die Wasserbehörde die Ausübung des Gemeingebrauchs regeln, beschränken oder
verbieten, allerdings nur, um eine Beeinträchtigung anderer oder eine nachteilige
Veränderung der Wassereigenschaft oder eine andere Beeinträchtigung des
Wasserhaushalts zu verhindern.
Diese durch die Wassergesetze im Rahmen des jedermann zustehenden
Gemeingebrauchs eingeräumten Benutzungsmöglichkeiten werden aber bei der von
den Vertretern der Zweinaturenlehre bejahten Möglichkeit einer zusätzlichen
Übernahme der Funktion einer gemeindlichen Abwasserleitung faktisch
ausgeschlossen. Da § 32 LWG die Regelung oder gar das Verbot des
Gemeingebrauchs nur zu dem Zweck gestattet, eine Beeinträchtigung anderer sowie
eine solche des Wasserhaushalts, insbesondere der Wassereigenschaften, zu
verhindern, liegt es auch nicht in der Regelungsbefugnis der Wasserbehörde, die
Einleitung von Abwasser in einer Weise zuzulassen, daß infolge der verschlechterten
Wasserqualität jede andere mit dem Gemeingebrauch nach dem
Wasserhaushaltsgesetz und dem Landeswassergesetz übereinstimmende Benutzung
des Gewässers ausgeschlossen wird.
126
Vgl. Sieder-Zeitler, aaO, Vorbem. RdNr. 14.
127
Letzteres wäre auch mit dem im Wasserrecht herrschenden Grundsatz der
Gemeinverträglichkeit der Gewässerbenutzung
128
Vgl. Gieseke-Wiedemann, aaO, Ein. VI 3
129
nicht zu vereinbaren.
130
Darüber hinaus wären bei einer Einbeziehung eines oberirdischen Gewässers in die
städtische Kanalisationsanlage auch die gemäß § 7 und 8 WHG durch Erteilung einer
Erlaubnis oder Bewilligung zu gewährenden Befugnisse oder Rechte, ein oberirdisches
Gewässer nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 WHG zu benutzen,
worunter z.B. auch das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen
Gewässern gehört, praktisch ausgeschlossen; auch der durch § 24 WHG gestattete
Eigentümer- und Anliegergebrauch, der in dem dort umschriebenen Umfang die
Benutzung eines oberirdischen Gewässers durch den Eigentümer oder den durch ihn
Berechtigten oder gemäß Landesrecht durch den Anlieger (vgl. § 33 LWG) ohne
behördliche Erlaubnis oder Bewilligung gestattet, könnte nicht mehr verwirklicht werden.
Die in § 1 Abs. 4 Nr. 1 von der Stadt Exxx in ihrer Entwässerungssatzung getroffene
Regelung, wonach "die von der Stadt unterhaltenen ... Wasserläufe, soweit sie zur
Ableitung des Schmutzwassers aus den angeschlossenen Grundstücken vorgesehen
sind, zu den Abwasseranlagen gehören", widerspricht somit höherrangigem Recht und
ist unwirksam.
131
§ 1 Abs. 4 der vom Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebenen
Mustersatzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluß an die
132
öffentliche Abwasseranlage
Runderlaß vom 20. September 1972, MBl. NW 1972, 1698,
133
erwähnt zwar entgegen dem ursprünglichen Entwurf
134
abgedruckt in Bauernfeind-Zimmermann, aaO, Seite 328,
135
nicht mehr ausdrücklich auch die Gewässer (natürliche Wasserläufe) als mögliche
Bestandteile einer öffentlichen Abwasseranlage. In der Anmerkung.2 zu § 1 Abs. 4 der
Mustersatzung von 1972 heißt es jedoch, daß auch Gewässer zur Abwasseranlage
gehören können, wenn sie in das Entwässerungsnetz einbezogen sind. Wenn mit dieser
Anmerkung zur Mustersatzung zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß ein Gewässer
unter Aufrechterhaltung seiner Gewässereigenschaft zugleich Bestandteil der
gemeindlichen Abwasseranlage sein könnte, so ist dies nach den obigen Ausführungen
nicht haltbar. Wird dagegen ein Gewässer unter Beachtung des in § 31 WHG
vorgeschriebenen Verfahrens als Gewässer beseitigt und die frühere Gewässerstrecke
in ein gemeindliches Abwassernetz einbezogen, dann liegt ein Gewässer im Sinne von
§ 1 WHG nicht mehr vor.
136
Die in Spezialgesetzen (z.B. im Emschergenossenschaftsgesetz vom 14.7.1904 und im
Ruhrreinhaltungsgesetz vom 5.6.1913 - SGV NW 77 - usw.) u.U. vorgesehene
abweichende Regelung der Einbeziehung von Gewässern in Anlagen
wasserrechtlicher Sonderverbände ist in diesem Verfahren nicht zu untersuchen.
137
Entgegen der Ansicht des Beklagten führt dieses vom Senat gewonnene Ergebnis nicht
dazu, daß die Belange des Allgemeinwohls mißachtet und industriellen Großeinleitern
wie der Klägerin eine kostensparende Ableitung ihrer Abwässer zu Lasten der
Allgemeinheit ermöglicht wird. Schon im Rahmen des Erlaubnis- und des
Bewilligungsverfahrens hat die Wasserbehörde vor allem zu prüfen ob und inwieweit
eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist (§ 6 WHG). Die
Erlaubnis oder Bewilligung kann gemäß § 4 WHG unter Auflagen erteilt werden, wobei
§ 4 Abs. 2 Nr. 3 WHG der Wasserbehörde die Möglichkeit gibt, dem durch die Erlaubnis
oder die Bewilligung begünstigten Unternehmer angemessene Beiträge zu den Kosten
von Maßnahmen einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes aufzuerlegen, die dazu
dienen, eine mit der Benutzung verbundene Beeinträchtigung des Wohls der
Allgemeinheit zu verhüten oder auszugleichen.
138
Vgl. hierzu im einzelnen Gieseke-Wiedemann, § 4 Anm. 12 ff.
139
Desweiteren sieht das Landeswassergesetz in § 51 die Erhebung von Beiträgen zu
Lasten der nach § 48 Nr. 2 LWG zur Unterhaltung des Gewässers Verpflichteten vor.
Unterhaltungspflichtig nach dieser Vorschrift sind im Falle des Exxx Baches u.a. die
Gewässereigentümer, also neben anderen auch die Klägerin und die Stadt Exxx . Sollte
der Stadt Exxx darüber hinaus zugleich gemäß § 50 Nr. 1 LWG die Erfüllung der
Unterhaltungspflicht für den Exxx Bach obliegen, so kann sie gemäß § 51 Abs. 2 LWG
ihren Unterhaltungsaufwand auf die Unterhaltungspflichtigen umlegen.
140
Vgl. hierzu Richtlinien zur Unterhaltung der Gewässer zweiter und dritter Ordnung -
Runderlaß des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 1.3.1970 -
SMBl. NW 770 Nr. 8.
141
Die Berechnung der Umlage des Unterhaltungsaufwandes auf die
Unterhaltungspflichtigen ist in § 51 LWG geregelt. Diese Vorschrift wird durch Nr. 7 der
Richtlinien erläutert, wobei Nr. 7.424 u.a. auch die Abwassereinleitung "berücksichtigt
und unter Nr. 7.4242 einen besonderen "Beschaffenheitsbeiwert" für unverschmutztes
Kühlwasser, für mechanisch-biologisch behandeltes Abwasser, mechanisch
behandeltes Abwasser und unbehandeltes Abwasser festlegt. Ferner ist unter Nr. 7.425
die Beitragsberechnung für die Einleitung von gesammeltem Niederschlagswasser
geregelt und erläutert.
142
Das geltende Recht gibt also sowohl durch die Vorschriften des Landeswassergesetzes
als auch durch § 4 WHG den Behörden die Möglichkeit, Maßnahmen zu finanzieren, die
dem Schutz des Wasserhaushalts dienen. Anders als die Kanalbenutzungsgebühren
nach § 4 KAG 1893 kommen aber die auf Grund dieser Bestimmungen zu
beschaffenden Finanzierungsmittel ausschließlich dem benutzten Gewässer (hier dem
Exxx Bach) zugute und dürfen nicht für andere Zwecke verwendet werden. Damit ist in
besonderer Weise sichergestellt, daß die von den Gewässerbenutzern aufgebrachten
Mittel dem Schutz des betreffenden Gewässers und damit den Interessen des
"Gemeinwohls dienen, die oberirdischen Gewässer zu erhalten oder gesunden zu
lassen" (Richtlinien vom 5.12.1966 Ziff. 1.3). Auf diesem Wege haben die nach den
Wassergesetzen zuständigen Behörden die Belange des Allgemeinwohls zu wahren
und den bestmöglichen Gewässerschutz zum größtmöglichen Nutzen des Menschen zu
verwirklichen.
143
Die Berufung war daher mit der sich aus § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden
Kostenentscheidung zurückzuweisen.
144
Die Revision ist nicht zuzulassen weil die Voraussetzungen hierfür nach § 132 Abs. 2
VwGO nicht vorliegen.
145
146