Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 19.01.2010

OVG NRW (anspruch auf bewilligung, kläger, ehefrau, antrag, familie, bezug, verhandlung, bewilligung, gkg, zulassung)

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 2733/08
Datum:
19.01.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 A 2733/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 16 K 5588/07
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 3.548
EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet. Die geltend
gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
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Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO. Es vermag nicht die entscheidungstragende Auffassung des
Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen, der erhobene Entreicherungseinwand sei
bereits deswegen unerheblich, weil sich der Kläger gem. § 50 Abs. 2 Satz 2 SGB X i. V.
m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X insoweit nicht auf ein schützenswertes
Vertrauen in den Fortbestand der Wohngeldbewilligungsbescheide berufen könne, als
er jedenfalls entgegen den Hinweisen in den Wohngeldbescheiden, die er unstreitig
erhalten habe, nicht mitgeteilt habe, dass seine Ehefrau Leistungen nach dem SGB II
beziehe.
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Bereits unschlüssig und damit nicht berücksichtigungsfähig ist der sinngemäße Vortrag,
der Kläger und seine Ehefrau seien deshalb gutgläubig und nicht bösgläubig gewesen,
weil seine Ehefrau vor der Beantragung von Wohngeld am 13. Januar 2006 von einer
Sachbearbeiterin bei der Jobbörse dahingehend beraten worden sei, dass die an die
Familie gewährten Sozialleistungen zu niedrig bemessen gewesen seien und der
Familie deshalb ein durch Antragstellung geltend zu machender Anspruch auf
Bewilligung von Wohngeld zustehe. Der Ausschluss von Wohngeld nach § 1 Abs. 2
Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 1 WoGG in der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen Fassung tritt
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unabhängig von der Höhe der unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft
empfangenen Transferleistung ALG II ein. Ein nachvollziehbarer Grund dafür, dass
dieser Grundsatz zum Nebeneinander verschiedener Sozialleistungen einer geschulten
Sachbearbeiterin der ARGE nicht bekannt gewesen sein soll, ist weder plausibel
vorgetragen worden, noch drängt er auf. Die Mitarbeiterin der Jobbörse konnte vor der
Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten
Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2006 durch
Bescheid vom 16. Februar 2006 zu einer zu geringen Bemessung des in das ALG II
eingeflossenen Mietzuschusses und die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen
für eine Wohngeldberechtigung schon rein tatsächlich noch keine belastbare Aussage
treffen. Der Senat betrachtet die angebliche Falschberatung insoweit, als sie im Lichte
der Gewährung von ALG II ab dem 1. Januar 2006 erfolgt sein soll, als bloße
Schutzbehauptung.
Ebenso wenig kann sich der Kläger darauf berufen, dass er und seine Ehefrau den
Hinweisen im Wohngeldantrag nicht hätten entnehmen können, dass der Bezug von
ALG II-Leistungen angegeben werden müsse. Zum Zeitpunkt der Beantragung von
Wohngeld am 13. Januar 2006 war über die Weitergewährung von ALG II ab dem
1. Januar 2006 noch nicht entschieden worden, denn der entsprechende Bescheid der
ARGE stammt bekanntlich erst vom 16. Februar 2006. Demnach war für den Zeitraum
ab dem 1. Januar 2006 die unter Nr. 13 des Formularantrags auf Wohngeld
unmissverständlich gestellte Frage einschlägig, ob der Antragsteller oder ein zu seinem
Haushalt rechnendes Familienmitglied/Person eine der nachstehen-den Leistungen, bei
denen als Erstes ausdrücklich das " Arbeitslosengeld II" aufgeführt war, beantragt habe,
für die noch kein Bescheid vorliege. Dass am 13. Januar 2006 ein Antrag auf ALG II
noch nicht gestellt worden war, ist von Klägerseite weder substantiiert dargelegt worden
noch sonst wie ersichtlich. Vielmehr spricht alles dafür, dass die entsprechende
Antragstellung spätestens anlässlich der vorausgegangenen Vorsprache der Ehefrau
bei der Jobbörse erfolgt ist. Abgesehen davon musste der Kläger der besagten Rubrik
im Wohngeldantrag i. V. m. den Hinweisen unter Nr. 16 des vom Kläger
unterschriebenen Antragsformulars entnehmen, dass er auch eine nachträgliche
Beantragung von Arbeitslosengeld II (ebenso wie den nachträglichen Bezug von
Arbeitslosengeld II als Sozialleistung) anzuzeigen hatte. Etwaige sprachliche
Verständnisschwierigkeiten gehen – soweit sie überhaupt eine Rolle gespielt haben
können – zu Lasten des Klägers.
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Die Berufung kann auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines
Verfahrensmangels zugelassen werden. Die mit der Aufklärungsrüge insofern geltend
gemachte Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) setzt u. a.
die Darlegung voraus, dass die Nichterhebung von Beweisen vor dem Tatsachengericht
rechtzeitig gerügt worden ist.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. August 1997 – 8 B 165.97 –; OVG NRW,
Beschlüsse vom 30. März 2006 – 12 A 1095/05 –, vom 10. Mai 2007 – 12 A
1107/06 –, vom 9. Oktober 2007 – 12 A 2425/07 – und vom 31. Januar 2008
– 12 A 3497/06 –.
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Diesen Anforderung genügt die Darlegung in der Zulassungsbegründung schon
deshalb nicht, weil daraus nicht ersichtlich ist, dass der anwaltlich vertretene Kläger die
unterlassene Aufklärung in der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2008
gegenüber dem Verwaltungsgericht angesprochen und gerügt hat. Dem insoweit
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maßgebenden Protokoll der mündlichen Verhandlung ist eine derartige Rüge nicht zu
entnehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist gem. § 152 Abs. 1 VwGO und – hinsichtlich der
Streitwertfestsetzung – nach §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4
VwGO).
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