Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 18.11.2002

OVG NRW: abschiebung, auflösende bedingung, duldung, bekanntgabe, ausländerrecht, verwaltungsakt, belastung, bad, vollzug, widerruf

Oberverwaltungsgericht NRW, 18 B 2289/02
Datum:
18.11.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
18. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 B 2289/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Minden, 11 L 1314/02
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wir auch für das Beschwerde- verfahren auf 1.000,- EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde ist nicht begründet.
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Aus den von dem Antragsteller dargelegten, gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO vom
Senat nur zu prüfenden Gründen ergibt sich nicht, dass die Ablehnung des Antrags auf
Gewährung von Abschiebungsschutz im Wege des Erlasses einer einstweiligen
Anordnung durch das Verwaltungsgericht zu Unrecht erfolgt ist.
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Der Antragsteller hat weiterhin keinen Sachverhalt glaubhaft gemacht, aufgrund dessen
seiner für heute geplanten Abschiebung § 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG entgegen steht. Nach
dieser Vorschrift ist einem Ausländer, der länger als ein Jahr geduldet war, die für den
Fall des Erlöschens der Duldung durch Ablauf der Geltungsdauer oder durch Widerruf
vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen.
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Der nach dem Schutzzweck der Norm vorausgesetzte Vertrauenstatbestand
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- vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 14. November 1995 - 18 B 3106/95 - und
Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Stand August 2002, § 56 Rn. 15 b -
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ist unter den hier gegebenen Umständen in der Person des Antragstellers nicht (mehr)
gegeben. Die Ankündigung der Abschiebung eines länger als ein Jahr geduldeten
Ausländers beruht auf der besonderen Situation, die aufgrund der längere Zeit
andauernden Nichtvollziehung der Ausreisepflicht geschaffen wird. Der Vollzug soll in
derartigen Fällen nicht überraschend erfolgen. Dem Ausländer soll die Möglichkeit
gegeben werden, sich rechtzeitig auf die Aufenthaltsbeendigung einzustellen und seine
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persönlichen Angelegenheiten zu ordnen.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 3. April 2001 - 9 C 22.00 -, InfAuslR 2001, 357 = DVBl. 2001,
1522 = NVwZ-Beil. I 2001, 113 = DÖV 2001, 865, und vom 22. Dezember 1997 - 1 C
14.96 -, InfAuslR 1998, 217 = NVwZ-RR 1998, 455 = AuAS 1998, 111 = EZAR 041 Nr. 4
.
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Diesem Erfordernis hat der Antragsgegner entsprochen. Er hat in einer mit dem Sinn
und Zweck des § 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG im Einklang stehenden Art und Weise dem
Antragsteller die bevorstehende Abschiebung rechtzeitig angekündigt. Hierbei kann es
offen bleiben, ob dies trotz eventuell bestehender Sprachschwierigkeiten durch einen
ausdrücklichen Hinweis der Sachbearbeiterin des Antragsgegners am 17. Oktober 2002
- wovon das Verwaltungsgericht ausgeht - wirksam geschah. Jedenfalls erfolgte an
diesem Tag zugleich mit der letzten Duldungserteilung eine den Anforderungen des §
56 Abs. 6 Satz 2 AuslG genügende konkludente Ankündigung der Abschiebung des
Antragstellers, für die es der Schriftform nicht bedurfte.
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Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. März 1997 - 9 M 1674/97 - m.w.N., AuAS 1997,
136.
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Für den Antragsteller war zu diesem Zeitpunkt ohne weiteres erkennbar, dass - was
auch ohne Bennenung eines konkreten Abschiebedatums grundsätzlich ausreicht -
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- vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. März 1997 - 9 M 1674/97 -, a.a.O.; Funke-
Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum Ausländerrecht, Stand August 2002, § 56
AuslG Rn. 38 -
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seine Ausreisepflicht nunmehr vollzogen werden sollte. Dies folgt jedenfalls daraus,
dass dem Antragsteller, nachdem er am 27. August 2002 den nepalesischen Behörden
zwecks Identitätsprüfung vorgestellt worden war, und er nach den unwidersprochen
gebliebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts zunächst bis August 2002
längerfristige Duldungen erhalten hatte, am 17. Oktober 2002 lediglich nur noch eine bis
zum 17. Dezember 2002 befristete Duldung (erneut) unter der auflösenden Bedingung
erteilt worden war, dass die Duldung mit dem Tag erlischt, "der dem Tag folgt, an dem
die Ausländerbehörde dem Ausländer bekannt gemacht hat, dass ihr die zur Einreise in
sein Heimatland berechtigenden Dokumente vorliegen." Worauf der Antragsteller unter
diesen Umständen zumindest ab dem 17. Oktober 2002 sein Vertrauen gründen konnte,
vorerst weiterhin mit seiner Abschiebung nicht rechnen zu müssen, ist weder
vorgetragen worden noch ersichtlich. Unter diesen Umständen kann es dahin stehen, ob
- wovon der Antragsgegner möglicherweise ausgeht - allein schon die einer Duldung
beigefügte derartige auflösende Bedingung generell eine gesonderte ausdrückliche
Ankündigung der Abschiebung entbehrlich macht.
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Entgegen der sinngemäß geäußerten Auffassung des Antragstellers konnte die
Ankündigung seiner Abschiebung rechtmäßig auch ihm persönlich gegenüber erfolgen.
Eine Bekanntgabe an seinen Verfahrensbevollmächtigten (vgl. § 14 Abs. 3 VwVfG
NRW) war nicht erforderlich. Wenn selbst die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes
aufgrund der Sonderregelung in § 41 Abs. 1 VwVfG NRW in jedem Falle wirksam an
den durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertretenen Adressaten geschehen kann,
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- vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 3 C 35.96 -, BVerwGE 105, 288 = Buchholz
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310 § 74 VwGO Nr. 11 = NVwZ 1998, 1292 = BayVBl. 1998. 374 -
so gilt dies jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen erst recht für die - keinen
Verwaltungsakt darstellende -
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- vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17. Juli 1996 - 11 S 1291/96 -, VBlBW 1996, 477
-; Funke- Kaiser, a.a.O.
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Ankündigung der Abschiebung, die gegenüber einem Verwaltungsakt eine geringe
Rechtsqualität aufweist und deren Entgegennahme ebenso wie diejenige eines
Verwaltungsakts keiner den Beistand eines Rechtskundigen erfordernde Sachkunde
bedarf. Auch in diesem Fall ist es für den Betroffenen keine gravierende Belastung,
seinerseits den Bevollmächtigten zu unterrichten, wenn die Bekanntgabe an ihn erfolgt
ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwertes beruht auf §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3, 14 Abs. 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG unanfechtbar.
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