Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 01.09.1999

OVG NRW (gemeinde, verzinsung, verhältnis zu, kag, kläger, anlage, 1995, stadt, der rat, verwaltungsgericht)

Oberverwaltungsgericht NRW, 9 A 2190/99
Datum:
01.09.1999
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 A 2190/99
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 13 K 9150/97
Tenor:
Der angefochtene Gerichtsbescheid wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens I. Instanz bis zur teilweisen
Hauptsacheerledigung tragen der Kläger 56 % und der Beklagte 44 %.
Für die Zeit danach trägt der Kläger die Kosten des Verfahren.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung
Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks J. -S. - .Straße 19 in R. , das an die
städtischen Einrichtungen der Abwasser-. und Abfallbeseitigung und der
Straßenreinigung angeschlossen ist.
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Mit Heranziehungsbescheid für Grundbesitzabgaben vom 16. Januar 1995 zog der
Beklagte den Kläger für das genannte Grundstück und das Jahr 1995 unter anderem zu
Abwasser-. und Abfallbeseitigungsgebühren sowie zu Straßenreinigungsgebühren
heran; wegen der Berechnung der Gebühren im einzelnen wird auf den Inhalt des
angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
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Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Soweit der Widerspruch sich gegen die
Heranziehung zu Abwasserbeseitigungsgebühren richtete, führte der Kläger zur
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Begründung an, daß bei der Gebührenberechnung der reine Frischwassermaßstab
zugrundegelegt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts sei in
großstädtischen und relativ inhomogen bebauten Gebieten eine Veranlagung nach dem
modifizierten Frischwassermaßstab geboten. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.
Dezember 1997 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, daß
die Zahl der Fälle, in denen der Frischwassermaßstab zur Erfassung der
Niederschlagswassereinleitung ungeeignet sei, unter Berücksichtigung der Gesamtzahl
von 19.000 abwassergebührenpflichtigen Veranlagungsfällen unter 10 % liege und
daher diese Fälle bei der Maßstabsfindung nach dem Grundsatz der Typengerechtigkeit
vernachlässigt werden könnten.
Mit am 23. Dezember 1997 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage
erhoben.
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Während des Klageverfahrens setzte der Rat der Stadt R. mit der 7. Änderungssatzung
vom 20. Dezember 1996 den Grenzwert für den Abzug der nachweislich auf dem
Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen unter anderem
rückwirkend für das Jahr 1995 auf 20 cbm/Jahr herab (§ 2 Abs. 4 Satz 4 in der Fassung
des § 1 Nr. 1 der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996).
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Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger, soweit diese sich gegen die Erhebung der
Abwasserbeseitigungsgebühren gerichtet hat, im wesentlichen folgendes geltend
gemacht: Die Ermittlung der Gebührensätze verstoße gegen das
Kostenüberschreitungsverbot. Nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sei die in der
Gebührenkalkulation praktizierte Kombination von Abschreibungen auf der Grundlage
von Wiederbeschaffungszeitwerten und kalkulatorischen Zinsen auf der Grundlage von
Anschaffungswerten i.V.m. einem Nominalzinssatz unzulässig. Im übrigen könne von
einer homogenen Bebauungsstruktur in R. nicht ausgegangen werden. Weder die
erkennende Kammer noch das Berufungsgericht hätten sich bislang mit der Rechtsfrage
auseinandergesetzt, ob unter Berücksichtigung der Rechtsprechung eine Verpflichtung
bestehe, auch in R. als Ruhrgebietsstadt den modifizierten Frischwassermaßstab
einzuführen.
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Nachdem der Kläger seine Klage hinsichtlich der festgesetzten
Straßenreinigungsgebühren zurückgenommen hat und die Beteiligten nach Aufhebung
des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der festgesetzten
Abfallentsorgungsgebühren den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend in der
Hauptsache für erledigt erklärt haben, hat der Kläger beantragt,
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den Grundbesitzabgabenbescheid vom 16. Januar 1995 hinsichtlich der festgesetzten
Abwasserbeseitigungsgebühren sowie insoweit den Widerspruchsbescheid vom 18.
Dezember 1997 aufzuheben.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Auffassung gewesen, daß insoweit der Gebührensatz gemäß den geltenden
rechtlichen Anforderungen kalkuliert worden und der auf dieser Grundlage erlassene
Heranziehungsbescheid daher rechtmäßig sei.
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Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid hat das Verwaltungsgericht das Verfahren
hinsichtlich der Straßenreinigungs-. und Abfallbeseitigungsgebühren eingestellt und im
übrigen der Klage gegen die Abwasserbeseitigungsgebühren stattgegeben. Soweit es
der Klage stattgegeben hat, hat es zur Begründung ausgeführt, daß das Abzugskapital
zu gering bemessen worden sei, da Kanalanschlußbeiträge insoweit nicht
berücksichtigt worden seien. Wegen der weiteren Begründung im einzelnen wird auf
den Inhalt des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug genommen.
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Hiergegen richtet sich die zugelassene Berufung des Beklagten. Zur Begründung macht
er im wesentlichen folgendes geltend: Entgegen der Feststellung des
Verwaltungsgerichts seien die Kanalanschlußbeiträge bei der Erstellung der
Gebührenbedarfsberechnung dem Abzugskapital zugeordnet und somit bei der
Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen nicht dem zu verzinsenden Kapital zugerechnet
worden. Die angewandte Kalkulationsmethode entspreche den Vorgaben des
Kommunalabgabengesetzes und der neueren Rechtsprechung des Berufungsgerichts.
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Der Beklagte beantragt,
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den angefochtenen Gerichtsbescheid zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Begründung macht er im wesentlich folgendes geltend: Die Gebührensätze seien
methodisch fehlerhaft kalkuliert. In der bislang vom erkennenden Senat des
Berufungsgerichts bei dem Ansatz der kalkulatorischen Kosten tolerierten doppelten
Erfassung des Inflationsausgleichs sei ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4 des
Grundgesetzes (GG) sowie gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende
Äquivalenzprinzip zu sehen. Wie das Verwaltungsgericht in anderen Entscheidungen
festgestellt habe, sei die von dem Berufungsgericht tolerierte Kalkulationsmethode auch
nach den insoweit maßgeblichen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unzulässig.
Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren trägt der
Kläger weiter vor, daß das Stadtgebiet von R. im Sinne der einschlägigen
Rechtsprechung als nicht homogen strukturiert anzusehen sei. Vielmehr sei davon
auszugehen, daß in bestimmten Stadtteilen, speziell in den industriell geprägten
Stadtteilen im Süden und Osten (Stadtteile H. , S. , H. , K. -.L. , O. und S. ) eine
wesentlich intensivere Nutzung anzutreffen sei, als in den anderen, vornehmlich dem
Wohnen dienenden Stadtteilen im nördlichen und westlichen Bereich von R. . Die
namentlich aufgeführten Stadtteile verfügten über ausgedehnte Gewerbe-. und
Industriegebiete (einschließlich großräumiger Industrie-. und Zechenbrachen), wo eine
wesentlich intensivere Grundstücksnutzung stattfinde bzw. möglich sei als in den
Wohnbereichen. In den modernen Großgemeinden fehle es an dem
Wahrscheinlichkeitszusammenhang zwischen Wasserverbrauch und der Menge des
abgeleiteten Niederschlagswassers.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der hierzu sowie zu den Verfahren 9
A 3341/98 und 9 A 3342/98 beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, auf
das Lehrbuch von Wöhe "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", 19.
Auflage 1996, sowie auf weitere betriebswirtschaftliche Lehrbücher (Schmidt,
20
Kostenrechnung, 1996; Mayer/Liessmann/Mertens, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1996;
Steger, Kosten-. und Leistungsrechnung, 1996; Hoitsch, Kosten-. und Erlösrechnung, 2.
Aufl. 1997; Freidank, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997; Kicherer, Kosten-. und
Leistungsrechnung, 1998; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten-. und
Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998) Bezug genommen; die vorgenannten
Verwaltungsvorgänge und sonstigen Unterlagen sind zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe:
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Die zugelassene Berufung des Beklagten ist begründet.
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Der Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 16. Januar 1995 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 1997 ist rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin für das Jahr
1995 Abwasserbeseitigungsgebühren festgesetzt worden sind.
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Rechtsgrundlage der angefochtenen Gebührenerhebung ist die Gebührensatzung der
Stadt R. für die Abwasserbeseitigung vom 21. Dezember 1990 in der Gestalt der 5.
Änderungssatzung vom 22. Dezember 1994 und der 7. Änderungssatzung vom 20.
Dezember 1996 (AGS). Deren Regelungen sind, soweit die Satzung im
Berufungsverfahren der rechtlichen Überprüfung unterliegt, gültiges Satzungsrecht.
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Der Gebührenmaßstab (einheitlicher Frischwassermaßstab nach § 2 AGS) ist für die
Umlegung der Kosten sowohl der Schmutzwasserbeseitigung als auch der
Niederschlagswasserbeseitigung grundsätzlich ein zulässiger
Wahrscheinlichkeitsmaßstab i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes
für das Land Nordrhein-.Westfalen vom 21. Oktober 1969, GV NRW S. 712, in der für
den Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 16.
Dezember 1992, GV NRW S. 561 (KAG a.F.).
25
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997 -. 9 A 3373/96 -., NVwZ-.RR 1998, 392,
m.w.N.
26
Konkrete Anhaltspunkte, die in bezug auf die Siedlungsstruktur,
27
vgl. hierzu: BVerwG, Beschluß vom 25. Februar 1972 -. 7 B 92/70 -., KStZ 1972, 111
(112); OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991 -. 9 A 803/88 -., Urteil vom 5. August 1994 -.
9 A 1248/92 -., insoweit nicht veröffentlicht, Urteil vom 25. April 1997 -. 9 A 4821/95 -.,
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in der Stadt R. für seine Unzulässigkeit sprechen, drängen sich dem erkennenden Senat
aus den vorliegenden Unterlagen nicht auf. Da dem erkennenden Senat die
Bebauungsstruktur in der Stadt R. im Jahr 1995 auch aus anderen Verfahren nicht
bekannt ist, ist auf der Grundlage der vorliegenden Verwaltungsvorgänge auch unter der
Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§§ 125 Abs. 1, 86 Abs. 1 VwGO) eine weitere
Aufklärung des Sachverhalts in dieser Richtung nicht geboten.
29
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, daß es sich bei der Stadt R. -.
unstreitig -. nicht mehr um eine kleinere ländliche Gemeinde ohne größere
Gewerbeflächen und ohne zum Teil stark verdichtete Bebauung handelt. Ein
allgemeiner Grundsatz, daß der einheitliche Frischwassermaßstab in Städten von der
30
Größenordnung der Stadt R. oder allgemein in Ruhrgebietsstädten regelmäßig
unzulässig ist, besteht nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht.
Vielmehr kommt es unter dem insoweit entscheidenden, sich aus Art. 3 Abs. 1 GG
ergebenden Aspekt der Typengerechtigkeit auf das Verhältnis der
Wassergroßverbraucher mit relativ kleinen versiegelten Flächen ,
vgl. zu den Wassergroßverbrauchern: BVerwG, Beschluß vom 25. Februar 1972, a.a.O.;
OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O., Urteil vom 25. April 1997, a.a.O.,
31
und der großflächig versiegelten Grundstücke mit relativ geringem Wasserverbrauch zur
Gesamtzahl der von der Maßstabsregelung betroffenen Fälle an.
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Vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit und der in diesem Rahmen zur Anwendung
gelangenden 10%-.Regel etwa: BVerwG, Urteil vom 1. August 1986 -. 8 C 112.84 -.,
David, a.a.O., Nr. 63; OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O., Urteil vom 25. April
1997, a.a.O.
33
Dieses Verhältnis ist für jede Gemeinde unterschiedlich. Es unterliegt zudem
entsprechend der wirtschaftlichen und baulichen Entwicklung selbst innerhalb der
einzelnen Gemeinde nachhaltigen Veränderungen und entzieht sich damit von
vornherein pauschalierenden Verallgemeinerungen, die etwa an die schlichte
Größenordnung einer Gemeinde anknüpfen.
34
Eine Verpflichtung des erkennenden Senats, den Sachverhalt weiter aufzuklären, ergibt
sich auch nicht aus dem klägerischen Vorbringen. Die Begründung des Widerspruchs,
nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts sei in großstädtischen und relativ
inhomogen bebauten Gebieten eine Veranlagung nach dem modifizierten
Frischwassermaßstab geboten, ist zu unsubstantiiert, um daraus in bezug auf die
Bebauungsstruktur der Stadt R. konkrete Anhaltspunkte entnehmen zu können, die eine
Überprüfung der Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabs in tatsächlicher
Hinsicht geboten hätten. Daß die Größe einer Stadt allein insoweit nicht aussagekräftig
ist, ist bereits oben dargelegt worden.
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Auch das Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren, auf das im
Berufungsverfahren zunächst Bezug genommen worden ist, bleibt hinsichtlich der
erforderlichen Substantiierung defizitär. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben,
daß der Beklagte im Widerspruchsbescheid unter Bezugnahme auf die Gesamtzahl der
Veranlagungsfälle (19.000) ausgeführt hat, daß die Grenze von 10 % eingehalten
werde. In diesem Fall erfordert die den Kläger treffende Mitwirkungspflicht (§ 86 Abs. 1
Satz 1 2. Halbsatz VwGO) nun seinerseits in hinreichend konkreter Form Anhaltspunkte
dafür vorzutragen, daß die Bewertung des Beklagten unzutreffend ist. Von dem Kläger
wird damit weder eine kartographische Erfassung der Bebauungsstruktur des
Stadtgebiets verlangt noch muß er unter Bezeichnung der einzelnen Grundstücke
darlegen, daß die nach dem Grundsatz der Typengerechtigkeit geltende Grenze von 10
% der betroffenen Fälle überschritten wird. Stellt der Kläger, wie hier, die Gesamtzahl
der Veranlagungsfälle nicht in Frage, ist er zur Entkräftung des Vorbringens des
Beklagten lediglich gehalten, die Bebauungsgebiete grob zu bezeichnen, in denen
seiner Auffassung nach Wassergroßverbraucher mit relativ kleinen versiegelten Flächen
und/oder großflächig versiegelte Grundstücke mit relativ geringem Wasserverbrauch
vorhanden sind. Darüber hinaus obliegt es ihm, gegenüber dem Gericht die
Größenordnung der seiner Auffassung nach bestehenden Abweichungen darzulegen.
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Auch insoweit bedarf es keiner genauen zahlenmäßigen Erfassung, vielmehr reicht eine
ungefähre Angabe, etwa orientiert an dem Verhältnis der seiner Auffassung nach
betroffenen Stadtteile zum gesamten Stadtgebiet, aus. Ein derartiges Vorbringen ist im
erstinstanzlichen Klageverfahren und zunächst auch im Berufungsverfahren auf die
gerichtliche Verfügung vom 18. Juni 1999 nicht erfolgt. Vielmehr hat sich der Kläger
darauf beschränkt, ohne Anknüpfung an konkrete tatsächliche Gegebenheiten in der
Stadt R. seine pauschale Einschätzung von der Unzulässigkeit des reinen
Frischwassermaßstabs vorzutragen.
Erstmals mit Schriftsatz vom 24. August 1999 sind von dem Kläger einzelne Stadtteile
konkret benannt worden, in denen nach seiner Auffassung ausgedehnte Gewerbe-. und
Industriegebiete (einschließlich großräumiger Industrie-. und Zechenbrachen)
vorhanden sein sollen. Ob dieser Vortrag den Anforderungen, die nach dem oben
Dargelegten an die Mitwirkungspflicht zu stellen sind, im Hinblick auf die erforderliche
Darlegung der Größenordnung der nach Auffassung des Klägers vorhandenen
Abweichungen genügt, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn man davon ausgeht,
daß das Vorbringen den erkennenden Senat im Rahmen des
Amtsermittlungsgrundsatzes zu weiterer Sachaufklärung verpflichtet hätte, konnte
gleichwohl ohne weitere Ermittlungen zur Zulässigkeit des reinen
Frischwassermaßstabs in der Sache entschieden werden. Denn ein derartiges, als
hinreichend substantiiert anzusehendes Vorbringen ist nach §§ 125 Abs. 1, 87 b Abs. 2
VwGO als verspätet zurückzuweisen.
37
Der Kläger ist nach § 87 b Abs. 1 Satz 1 VwGO mit gerichtlicher Verfügung vom 18. Juni
1999 unter Fristsetzung von 3 Wochen zur Angabe der Tatsachen, durch deren
Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich
beschwert fühlt, aufgefordert worden. Diese Verfügung ist dem Kläger am 23. Juni 1999
zugestellt worden. Gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2
BGB lief die Frist mit dem 14. Juli 1999 ab. Der Schriftsatz des Klägers vom 24. August
1999, der an demselben Tag per Telefax dem Gericht übermittelt wurde, ging mithin
i.S.d. § 87 b Abs. 3 Satz 1 VwGO verspätet bei Gericht ein.
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Nach der Überzeugung des erkennenden Senats hätte die Zulassung des Vorbringens
die Erledigung des Rechtsstreits i.S.d. § 87 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO verzögert. Allein
aufgrund dieses als hinreichend substantiiert anzusehenden Vorbringens hätte die
Bebauungsstruktur in der Stadt R. einschließlich der Großwasserverbraucher mit relativ
kleinen versiegelten Flächen und der großflächig versiegelten Grundstücke mit
geringem Wasserverbrauch im einzelnen für das Jahr 1995 ermittelt werden müssen.
Diese angesichts der Gesamtzahl von 19.000 Veranlagungsfällen zeitaufwendige
Sachverhaltsfeststellung hätte nach der aus anderen Verfahren insoweit gewonnenen
Erfahrung des erkennenden Senats innerhalb der vom Zugang des Schriftsatzes (24.
August 1999, 15.03 Uhr) bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 1. September
1999 noch verbleibenden Zeit von lediglich 5 Werktagen nicht mit einem
gerichtsverwertbaren Ergebnis (§ 108 Abs. 2 VwGO) erfolgen können.
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Der Kläger hat die Verspätung auch nicht genügend i.S.d. § 87 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
VwGO entschuldigt. Er hat keinen Grund vorgebracht, warum er diesen Vortrag dem
Gericht nicht innerhalb der ihm hierfür gesetzten 3-.Wochen-.Frist übermitteln konnte. Im
Termin zur mündlichen Verhandlung hat er zudem selbst eingeräumt, daß er seinem
innerhalb der gesetzten Frist eingegangenen Schriftsatz vom 14. Juli 1999 irrtümlich
seine Stellungnahme aus einem die Stadt G. betreffenden Verfahren beigefügt habe.
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Eine Belehrung des Klägers i. S. d. § 87 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VwGO über die Folgen
der Fristversäumung ist mit der gerichtlichen Aufforderung zur Stellungnahme vom 18.
Juni 1999 erfolgt. Die Voraussetzungen des § 87 b Abs. 3 Satz 3 VwGO liegen nicht vor,
da die Bebauungsstruktur der Stadt R. im Jahr 1995 auch ohne den Kläger nicht mit
geringem Aufwand festzustellen ist.
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Soweit die Regelung in § 2 Abs. 4 der Gebührensatzung i.d.F. der 5. Änderungssatzung
vom 22. Dezember 1994 hinsichtlich des Grenzwertes von 60 cbm für den Abzug von
nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen
für laufend wiederkehrende Verwendungszwecke (§ 2 Abs. 4 a der Gebührensatzung)
und des darüber hinaus festgelegten vollständigen Ausschlusses von zur Speisung von
Heizungsanlagen verbrauchtem, von hauswirtschaftlich genutztem und von zum
Sprengen von Hof und Vorgärten verwendetem Wasser (§ 2 Abs. 4 b-.d der
Gebührensatzung) angesichts der neueren Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats,
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vgl. die Zusammenfassung in OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O.,
43
begründeten Zweifeln unterlag, hat der Rat der Stadt R. diesen Bedenken Rechnung
getragen. Mit der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 hat er rückwirkend
unter anderem für den hier maßgebenden Veranlagungszeitraum 1995 die
Ausschlußtatbestände des § 2 Abs. 4 b -. d der Gebührensatzung aufgehoben und den
nunmehr für sämtliche zurückgehaltenen oder verbrauchten Wassermengen geltenden
Grenzwert auf 20 cbm reduziert. Eine darüber hinausgehende Reduzierung des
Grenzwertes auf einen Wert unter 20 cbm oder ein völliges Absehen von einem
Grenzwert ist für den Veranlagungszeitraum nicht zwingend geboten. Vielmehr sind im
Rahmen des dem Ortsgesetzgeber bei der Festlegung des Gebührenmaßstabes
zustehenden weiten Organisationsermessens,
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vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O., m.w.N.,
45
etwaige verbleibende Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppen der
Gebührenpflichtigen durch den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt.
Die sich ergebenden Jahresbeträge liegen mit 68,00 DM (3,40 DM -. § 3 Abs. 1 AGS -. x
20 cbm), 38,00 DM (1,90 DM -. § 3 Abs. 2 AGS -. x 20 cbm) und 30,00 DM (1,50 DM -. §
3 Abs. 3 AGS -. x 20 cbm) unter der Schwelle der Erheblichkeit.
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Die hier streitigen Gebührensätze des § 3 AGS begegnen im Ergebnis keinen materiell-
.rechtlichen Bedenken.
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Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F.
liegt nicht vor.
48
Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß in den in der Gebührenkalkulation mit 3.189.544,00
DM veranschlagten Personalkosten Kosten für Mitarbeiter enthalten sind, die nach der
Prognose im Veranlagungszeitraum 1995 nicht für die gemeindliche Einrichtung
Abwasserbeseitigung tätig werden sollten, oder daß etwa die anteiligen Kosten der
Querschnittsämter der Höhe nach fehlerhaft veranschlagt worden sind, sind nicht
ersichtlich. Das zur Ermittlung der anteiligen Kosten der zentralen Verwaltungsbereiche
(Verwaltungsgemeinkosten) praktizierte und vom Beklagten im Berufungsverfahren
49
erläuterte Gesamtkostenverfahren läßt fehlerhafte methodische Ansätze nicht erkennen.
Der veranschlagte Betrag ist auch der Höhe nach nicht geeignet, den erkennenden
Senat im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes zu weitergehenden
Sachverhaltsermittlungen zu veranlassen. Er bewegt sich nach der aus einer Vielzahl
von Verfahren gewonnenen Erfahrung des erkennenden Senats in einem für
gebührenkalkulierende Einrichtungen der Abwasserbeseitigung üblichen Rahmen. Der
Personalkostenansatz läßt auch im Verhältnis zu den veranschlagten Gesamtkosten
von 30.895.016,00 DM (10,3 %) bzw. 25.232.906,00 DM (12,6 %) nicht einmal
ansatzweise ein signifikantes Ungleichgewicht erkennen, das auf die unzulässige
Einbeziehung betriebsfremder Kosten hindeuten könnte.
Konkrete Anhaltspunkte lassen sich insbesondere nicht dem Schriftsatz des Klägers
vom 31. August 1999 entnehmen, in dem er erstmals zu den Personalkosten vorträgt.
Unabhängig von der auch insoweit eingetretenen Verfristung (§ 87b VwGO) wird der
Beklagte lediglich aufgefordert, anhand vorzulegender Unterlagen substantiiert die
Betriebsnotwendigkeit des Personalkostenansatzes darzulegen. Daß und ggf. aus
welchem Grund in der Gebührenkalkulation unzulässige Personalkostenansätze
enthalten sein sollen, ist auch nicht ansatzweise vorgetragen. Ohne eine diesbezügliche
Substantiierung ist der erkennende Senat nicht gehalten, gleichsam ungefragt in eine
Überprüfung der lediglich pauschal angesprochenen Kostenposition einzutreten.
50
Auch die Veranschlagung der Verbandsbeiträge mit insgesamt 11.181.933,00 DM (E. :
11.082.594,00 DM; L. : 99.339,00 DM) hält der rechtlichen Überprüfung stand. Der
Vortrag, die Verbände entwässerten durch Bergsenkungen entstandene Polderflächen
und der überwiegende Teil der laufenden Betriebskosten der hierfür erforderlichen
Pumpen werde von den Mitgliedskommunen bezahlt, obwohl diese Pumpwerke allein
zur Vermeidung, Verminderung oder Beseitigung von Bergschäden in der Landschaft
dienten, rechtfertigt selbst dann, wenn diese Schilderung zuträfe, nicht die Annahme,
daß die Kostenprognose insoweit fehlerhaft ist.
51
Gemäß § 7 Abs. 1 KAG a.F. ist die Gemeinde berechtigt, die von ihr für die
Mitgliedschaft in einem Wasser-. oder Bodenverband zu zahlenden Beiträge und
Umlagen nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KAG a.F. durch
Gebühren denjenigen aufzuerlegen, die Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in
Anspruch nehmen oder denen der Verband durch seine Einrichtungen, Anlagen und
Maßnahmen Vorteile gewährt. Nach dem Gesetzeswortlaut sind damit sämtliche seitens
der Gemeinde dem Verband geschuldeten (... zu zahlenden ...) Verbandslasten durch
eine selbständige Abwälzungsgebühr umlegbar, da § 7 Abs. 1 KAG a.F. darauf
ausgerichtet ist, den Gemeinden eine vollständige Refinanzierungsmöglichkeit
bezüglich der in § 7 Abs. 1 KAG a.F. aufgeführten Verbandslasten zu verschaffen. Den
Kreis derjenigen, auf die die (gesamten) Verbandslasten umgelegt werden können, legt
§ 7 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. auf diejenigen fest, die -. überhaupt -. Einrichtungen und
Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband -. allgemein -.
durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Das Gesetz
enthält keine Verknüpfung dahin, daß den Betreffenden Verbandslasten nur für die
speziell von ihnen benutzten Verbandsanlagen oder den ihnen durch den Verband im
Einzelfall konkret gewährten Vorteil überbürdet werden dürfen.
52
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 1997 -. 9 A 2933/95 -. StuGR 1998, 306.
53
Statt eine selbständige Abwälzungsgebühr zu erheben, können die Verbandslasten
54
auch im Rahmen einer Benutzungsgebühr, hier der Abwasserbeseitigungsgebühr,
abgewälzt werden. Dies gilt jedoch nur mit Einschränkungen. In die
Entwässerungsgebühren können nur diejenigen Kosten einbezogen werden, die der
Gemeinde für ihre Verbandsmitgliedschaft im Zusammenhang mit der von ihr
betriebenen gemeindlichen Einrichtung der Abwasserbeseitigung entstehen.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982 -. 2 A 1667/79 -., GemH 1983, 113, Urteil
vom 1. Februar 1988 -. 2 A 1883/80 -., OVGE 39, 277 (281 f), Urteil vom 15. Februar
1989 -. 2 A 2452/85 -., Urteil vom 22. März 1990 -. 2 A 2113/86 -..
55
Ein derartiger Zusammenhang zwischen dem auf das Abpumpen der Polderflächen
entfallenden Beitragsanteil und der Abwasserbeseitigung durch die Stadt R. liegt auf der
Hand: würde das Abpumpen unterbleiben, liefen, wie ausdrücklich vorgetragen worden
ist, die Poldergebiete voll und große, zum Teil dicht besiedelte Gebiete stünden unter
Wasser. In den dicht besiedelten und damit auch kanalisierten Gebieten würde das
Wasser, sei es über die Kanalöffnungen, sei es über undichte Rohre bzw. undichte
Rohrverbindungen in die Kanalisation eindringen und sich angesichts der für diese
Wassermassen nicht ausgelegten Kanalquerschnitte auf-. und zurückstauen und damit
die Ableitung des Abwassers gefährden, wenn nicht gar verhindern.
56
Daß der Grund für die Notwendigkeit, die Poldergebiete zu entwässern, möglicherweise
allein durch den Bergbau gesetzt worden ist -. wie behauptet wird -., mag zutreffen.
Hierauf kommt es jedoch nicht an. Denn, wie im Fall der selbständigen
Abwälzungsgebühr, ist dann, wenn -. wie hier -. der Verband der Gemeinde bzw. den
Anschlußnehmern durch seine Maßnahmen überhaupt einen Vorteil gewährt, auch über
die Benutzungsgebühr insoweit die vollständige Refinanzierung zulässig.
57
Eine Grenze bei der Veranschlagung der Verbandsbeiträge ist -. wie in anderen Fällen
der Kostenprognose auch -. lediglich dort gegeben, wo aufgrund des Kenntnisstandes
im Prognosezeitpunkt eine Reduzierung des Verbandsbeitrages abzusehen und selbst
unter Berücksichtigung eines etwaigen Prozeßrisikos oder sonstiger Unwägbarkeiten
jeder andere als der niedrigere Kostenansatz unvertretbar, d.h. ermessensfehlerhaft,
gewesen wäre.
58
Vgl. zum Prognosespielraum zuletzt: OVG NRW, Beschluß vom 9. August 1999 -. 9 A
3133/97 -..
59
Hier ist bereits die erste Voraussetzung nicht erfüllt. Eine Reduzierung des
Verbandsbeitrages aus Rechtsgründen war für die Stadt R. im Zeitpunkt der
Kostenprognose Ende 1994 nicht abzusehen. Denn die unter anderem der
Finanzierung des Ausgleichs bergbaubedingter wasserwirtschaftlicher Veränderungen
dienenden Beiträge zur E. und zum L. ,
60
vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3, 24 ff. des Gesetzes über die E. -.
Emschergenossenschaftsgesetz -. (EmscherGG) vom 7. Februar 1990, GV NRW S. 144,
in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1992, GV NRW 1993, S. 62,
und §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3, 25 ff. des Gesetzes über den L. -. Lippeverbandsgesetz -.
(LippeVG) vom 7. Februar 1990, GV NRW S. 162, in der Fassung des
Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1992, GV NRW 1993, S. 62,
61
waren im Veranlagungszeitraum 1995 zu verteilen nach dem Verhältnis zum einen der
62
mittelbaren oder unmittelbaren Vorteile, die die Genossen/Mitglieder von der
Durchführung der Aufgaben der Genossenschaft/des Verbandes haben oder zu
erwarten haben und zum anderen der Kosten, die die Genossenschaft/der Verband auf
sich nimmt, um von Genossen/Verbandsmitgliedern herbeigeführte oder zu erwartende
nachteilige Veränderungen im Genossenschaftsgebiet/Verbandsgebiets zu vermeiden,
zu vermindern, zu beseitigen oder auszugleichen oder ihnen obliegende Leistungen
abzunehmen. Für die Festlegung der Beitragsmaßstäbe in den
Veranlagungsgrundsätzen reichte eine annähernde Ermittlung der Vorteile und
nachteiligen Veränderungen aus.
Vgl. §§ 25 Abs. 1 und 3, 26 Abs. 1 EmscherGG und § 20 Abs. 1 der Satzung für die E.
vom 22. Januar 1991, GV NRW S. 26; § 26 Abs. 1 und 3, 27 Abs. 1 LippeVG und § 20
Abs. 1 der Satzung für den L. vom 29. Januar 1991, GV NRW S. 30.
63
Anhaltspunkte dafür, daß diese Beitragsmaßstäbe als solche mit höherrangigem Recht
unvereinbar sind, sind nicht gegeben; auch von der Klägerseite sind insoweit keine
Einwände vorgebracht worden. Daß in Anwendung dieser Grundsätze der den
Verbänden zukommende Bewertungsspielraum überschritten worden ist, ist nicht
ersichtlich. Ein Ermessensfehler ergibt sich insbesondere nicht daraus, daß, wie
vorgetragen worden ist, die laufenden Betriebskosten für den Betrieb der Pumpwerke
zur Entwässerung der Polderflächen zum überwiegenden Teil auf die
Mitgliedsgemeinden umgelegt worden seien. Denn die Mitbeteiligung der Gemeinden
der Bergbauregionen an der Entwässerung der Polderflächen ist dem Grunde nach
sachlich gerechtfertigt. Sie trägt zum einen der unauflösbaren Gemengelage von
Bergbau und gleichzeitigem kontinuierlichem Siedlungsbau in bzw. in der Nähe von
Bergbaugebieten und den insoweit nicht ohne weiteres ausschließlich dem Bergbau
zuzurechnenden Verursachungsanteilen an den wasserwirtschaftlichen Mißständen in
den besiedelten Gebieten und zum anderen den aus dieser Gemengelage sowohl
seitens der Gemeinden als auch seitens des Bergbaus in der Vergangenheit gezogenen
Vorteilen Rechnung. Anhaltspunkte dafür, daß mit der konkreten Ausgestaltung der
Kostenaufteilung (Kosten des Baus und der Erweiterung der Pumpen sowie der kleinere
Teil der laufenden Betriebskosten zu Lasten der Bergbauunternehmen, der übrige Teil
der laufenden Betriebskosten zu Lasten der Gemeinden) die Grenze der lediglich
"annähernd" zu erfolgenden Vorteils-. und Nachteilsbemessung überschritten worden ist
und seitens der Stadt R. im Zeitpunkt der Kostenprognose Ende 1994 für den
Veranlagungszeitraum 1995 mit einer Änderung der Beitragsbemessung und einer
deutlichen Senkung des auf sie entfallenden Genossenschafts-./Verbandsbeitrages zu
rechnen war, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
64
Schließlich hat auch die Veranschlagung der kalkulatorischen Kosten (Abschreibungen
und Zinsen) im Ergebnis Bestand.
65
Die Methode der Ermittlung der kalkulatorischen Kosten ist nicht zu beanstanden.
66
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Ansatz kalkulatorischer
Zinsen auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten in Verbindung mit einem
Nominalzins auch dann nach § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz i.V.m. § 6 Abs. 1 KAG a.F. in
der Gebührenkalkulation zulässig, wenn die kalkulatorischen Abschreibungen, wie hier
teilweise, auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten berechnet werden.
67
Dies entspricht nach wie vor betriebswirtschaftlichen Grundsätzen i.S.d. § 6 Abs. 2
68
Sätze 1 u. 2 KAG a.F. und der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 -. 9 A 1248/92 -., GemH 1994, 233 m.w.N.,
zuletzt bestätigt unter Bezugnahme auf das mittlerweile in der 19. Auflage erschienene
betriebswirtschaftliche Standardwerk des anerkannten Betriebswirtschaftlers Prof. Dr.
Dr. h.c. mult. Wöhe, "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", S. 1263,
1266: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998 -. 9 A 5709/97 -., StuGR 1998, 310.
69
Soweit das Verwaltungsgericht zu der Auffassung gelangt ist, daß die Ausführungen in
dem vorgenannten betriebswirtschaftlichen Lehrbuch zu den einzelnen kalkulatorischen
Kosten, insbesondere Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwert und
Nominalzinsen vom Anschaffungsrestwert, nur jeweils für sich zu betrachten seien,
ohne eine Aussage über eine Kombination beider Rechenweisen zu treffen, fehlt es für
eine derartige einschränkende Interpretation an konkreten Anhaltspunkten. Vielmehr
enthält das entsprechende Kapitel -. bezeichnenderweise unter der Überschrift "II. Die
Betriebsabrechnung, 1. Die Kostenartenrechnung, b) Die Erfassung der wichtigsten
Kostenarten, dd) Die kalkulatorischen Kostenarten" -. unter den Gliederungspunkt "(1)
Begriff und Aufgaben" eine Auflistung der wichtigsten in der Betriebswirtschaft
anerkannten kalkulatorischen Kostenansätze (Die kalkulatorischen Abschreibungen, die
kalkulatorischen Zinsen, der kalkulatorische Unternehmerlohn, die kalkulatorischen
Wagniszuschläge und die kalkulatorische Miete), die in den folgenden
Gliederungspunkten (2) -. (6) näher erläutert werden und in ihrer Gesamtheit gerade
ohne jede wechselseitige Einschränkung dem Zweck dienen sollen, die Genauigkeit
der Kostenrechnung zu erhöhen.
70
Die isolierte, traditionelle Kostenbetrachtung im Rahmen betriebswirtschaftlicher
Grundsätze, wie sie im Ergebnis in der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum
Ausdruck kommt, ist auch nach neuesten Erkenntnissen (weiterhin) zulässig, weil die
damit verbundenen Kostenanschauungen in der Betriebswirtschaftslehre unverändert
mit beachtlichem wissenschaftlichen Gewicht vertreten werden "und in der Praxis sogar
überragende Bedeutung haben."
71
Vgl. Gawel, Zur Interdependenz kalkulatorischer Kostenarten in der
Gebührenbedarfsberechnung, KStZ 1999, 61 (91); im übrigen auch: Tettinger, Entgelte
in der Entsorgungswirtschaft, NWVBl. 1996, 81 (84), sowie die in der Fachhochschul-.
und Universitätsausbildung verwendeten aktuellen Werke, wie z. B.: Schmidt,
Kostenrechnung, 1996, S.61 ff. und 75 ff.; Mayer/Liessmann/ Mertens, Kostenrechnung,
6. Aufl. 1996, S. 123 ff. und 130 ff.; Steger, Kosten-. und Leistungsrechnung, 1996, S.
189 ff. und 219 ff.; Hoitsch, Kosten-. und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997, S. 233 ff.;
Freidank, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997, S. 111 ff. und 125 ff.; Kicherer, Kosten-. und
Leistungsrechnung, 1998, S. 97 ff. und 106 ff.; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten-.
und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998, S. 114 ff.
72
Aufgrund der durch die ständige Befassung mit der Materie vorhandenen und durch die
vorzitierten betriebswirtschaftlichen Werke dem erkennenden Senat zusätzlich
vermittelten Sachkunde war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach
dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
73
Vgl. zur Entbehrlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bei eigener
Sachkunde des Gerichts etwa: BVerwG, Urteil vom 10. November 1983 -. 3 C 56.82 -.,
BVerwGE 68, 177 (182), Beschlüsse vom 19. November 1998 -. 8 B 148.98 -., und vom
74
11. Februar 1999 -. 9 B 381.98 -., InfAuslR 1999, 365.
Ein allgemeiner Wandel in den betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen dahingehend,
daß es im Veranlagungszeitraum (1995) allgemein bei Wirtschaftsbetrieben (und nicht
nur bei Wirtschaftsbetrieben der öffentlichen Hand) nur noch zulässig gewesen sein soll,
eine kalkulatorische Nominalverzinsung auf der Grundlage von
Anschaffungs(rest)werten ausschließlich i.V.m. Abschreibungen auf
Anschaffungswertbasis zu berechnen, ist damit entgegen der Meinung des
Verwaltungsgerichts nicht eingetreten.
75
Vgl. Gawel, a.a.O., S. 94 f.
76
Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Definition des
Begriffs der betriebswirtschaftlichen Grundsätze seitens des erkennenden Senats
verstoße gegen juristische Auslegungsgrundsätze und sei mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu
vereinbaren, weil eine gesetzliche Zielbestimmung bei der Auswahl der
betriebswirtschaftlichen Grundsätze außer acht gelassen werde.
77
Vgl. VG G. , Urteil vom 5. November 1998 -. 13 K 8767/96 -., GemH 1999, S. 18 ff. (19).
78
Abgesehen davon, daß der innere Zusammenhang der hier zu entscheidenden
materiell- .rechtlichen Fragen mit der vom Verwaltungsgericht angeführten prozessualen
Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar ist,
trifft die Kritik auch in der Sache nicht zu. Die Definition der betriebswirtschaftlichen
Grundsätze i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. als beachtliche Lehrmeinungen, die für
allgemeine Wirtschaftsbetriebe und nicht für Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand
gelten, entspricht dem insoweit eindeutigen Willen des Gesetzgebers.
79
Der Landesgesetzgeber hat über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. gerade in Anerkennung der
Regelungsdefizite der öffentlichen Haushaltswirtschaft in bezug auf die nach § 4 Abs. 2
KAG a.F. erforderliche periodengerechte Kostenverteilung den in der Privatwirtschaft
maßgebenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bewußt den Vorrang eingeräumt,
im übrigen aber sogar ausdrücklich auf eine erschöpfende Regelung des
betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs aufgrund der in der Betriebswirtschaftslehre
herrschenden Meinungsverschiedenheiten verzichtet.
80
Vgl. LT-.Drucks. 6/810 S. 34, 35.
81
Die damit intendierte Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der
Privatwirtschaft unter bewußtem Verzicht auf eine umfassende normative Entscheidung
zwischen divergierenden betriebswirtschaftlichen Auffassungen schließt eine
Verengung des zu berücksichtigenden Kreises der beachtlichen betriebswirtschaftlichen
Lehrmeinungen durch die Rechtsprechung grundsätzlich aus, es sei denn, dem Gesetz
selbst sind -. sei es durch Auslegung sei es durch ausdrückliche Regelungen -.
bestimmte Festlegungen zu den ansatzfähigen Kosten zu entnehmen.
82
Vgl. zum Vorrang gesetzlicher Vorgaben etwa: OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994,
a.a.O., S. 233.
83
Soweit es an solchen Vorgaben fehlt, beanspruchen sämtliche in der Betriebswirtschaft
mit beachtlichem Gewicht vertretenen Lehrmeinungen über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F.
84
Rechtsgeltung und eröffnen der Gemeinde ein diesbezügliches Wahlrecht.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233 m.w.N.
85
Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte zu entscheiden, welche insoweit zu
berücksichtigende betriebswirtschaftlich begründete Auffassung "richtig" ist.
86
Vgl. schon: OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982, a.a.O., S. 117.
87
In bezug auf die Ansatzfähigkeit der kalkulatorischen Kosten sind finanzwirtschaftliche
Festlegungen des Landesgesetzgebers, die eine Beschränkung der zulässigen
Kalkulationsmethoden allein auf das vom Verwaltungsgericht alternativ für zulässig
erachtete Anschaffungswert-. oder Wiederbeschaffungswertmodell geböten, nicht
festzustellen. Im Gegenteil, eine derartige Zielbestimmung widerspricht eindeutig der
Intention des Landesgesetzgebers, wie sie sich in bezug auf die kalkulatorischen
Kosten aus dem Gesetz selbst und den zur Auslegung heranzuziehenden
Gesetzesmaterialien ergibt.
88
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der erkennende Senat in
seinem Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., den Sinn und Zweck des Gesetzes
dahingehend interpretiert, daß die Gemeinden in die Lage versetzt werden sollen, die
dem gemeindlichen Betrieb obliegende Aufgabenerfüllung ohne Belastung des
allgemeinen Verwaltungshaushalts auf Dauer dadurch sicherzustellen, daß
kostendeckende Gebühren erhoben werden. "Aus dieser Zielsetzung folgt, daß nicht nur
die mit dem Betrieb der Anlage verbundenen pagatorischen Ausgaben über
Gebühreneinnahmen erwirtschaftet werden müssen, sondern auch ausreichende
finanzielle Mittel für die Ersatzbeschaffung der Anlage anzusammeln sind".
89
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
90
Hieraus allerdings den Schluß zu ziehen, daß danach die Gemeinde durch die
Gebühreneinnahmen am Ende der Nutzungszeit wirtschaftlich so gestellt werden solle
wie zu deren Beginn,
91
vgl. VG G. , Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 20,
92
bzw. daß der Gemeinde durch die in einen eigenen Betrieb getätigten Investitionen auf
Dauer weder Nutzen entstehen noch ein solcher entzogen werden dürfe,
93
vgl. das hier angefochtene Urteil des VG G. , S. 11 UA, sowie VG G. , Urteil vom 9.
Oktober 1997 -. 13 K 3766/95 -., NWVBl. 1998, 32 (33),
94
erweist sich als unzutreffend. Denn eine derartige Zielbestimmung widerspricht
eindeutig der Intention des Landesgesetzgebers.
95
Hiernach sind entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Interdependenz der
kalkulatorischen Kostenarten (Abschreibun-.gen und Zinsen) die kalkulatorischen
Zinsen einerseits und die kalkulatorischen Abschreibungen andererseits in ihrer
jeweiligen finanzwirtschaftlichen Funktion zu trennen.
96
Den kalkulatorischen Zinsen ist dabei gerade nicht eine unmittelbar auf die
97
Substanzerhaltung der jeweiligen zur Leistungserbringung eingesetzten Anlage
gerichtete Funktion zuzumessen; Zweck und innere Rechtfertigung der über die
Gebühren umzulegenden Kosten der kalkulatorischen Verzinsung ist vielmehr (und
allein) die Gewährleistung eines Ausgleichs für die durch die Aufbringung des in der
Anlage gebundenen Kapitals seitens der Gemeinde zu tragenden finanziellen
Belastungen.
Der Begründung der Landesregierung zum (zweiten) Entwurf eines
Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-.Westfalen vom 9. Juli 1968 ist zu
entnehmen, daß die gebührenrelevante Kapitalverzinsung sowohl das Fremdkapital als
auch das Eigenkapital umfaßt. Sie sei zusammengefaßt worden, um einen einheitlichen
Satz für das gesamte Kapital (soweit es nicht nach dem letzten Halbsatz von der
Verzinsung ausgeschlossen sei) zuzulassen. Dies ermögliche einen gleichmäßigen
Gebührensatz auch bei schwankender oder -. wie bei Annuitätendarlehen -. jährlich
abnehmender Höhe der Fremdkapitalzinsen. Es bleibe den Gemeinden aber freigestellt,
den Fremdkapitalzins in voller Höhe (Hervorhebung durch den Senat) und im übrigen
einen angemessenen Eigenkapitalzins anzusetzen.
98
Vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 35, 36.
99
Der danach zugelassene Ansatz der Fremdkapitalzinsen in voller Höhe kennzeichnet
eindeutig die Zielsetzung, über die kalkulatorische Verzinsung des für die jeweilige
Investition aufgenommenen Fremdkapitals einen Ausgleich der tatsächlichen
finanziellen Zinsbelastung (Effektivzinsen, Nominalzinsen) der Gemeinde zu bewirken,
ihr im Rahmen der Bestimmung des "angemessenen" Zinssatzes aber darüber hinaus
die Möglichkeit zu eröffnen, von einer zeit-. und kostenintensiven Erfassung
schwankender tatsächlicher Zinsbelastungen abzusehen und insoweit für die
Leistungsperiode einen an der tatsächlichen Zinsbelastung ausgerichteten einheitlichen
Zinssatz der Gebührenkalkulation zugrundezulegen.
100
Entsprechendes galt nach der Vorstellung des Landesgesetzgebers auch für die
ebenfalls über die Gebühren umzulegenden Kosten der Eigenkapitalverzinsung. Der
Eigenkapitalzins -. wie der Fremdkapitalzins Wertverzehr der Leistungserstellung -.
rechtfertige sich aus der Erwägung heraus, daß der Benutzer einer kommunalen
Einrichtung dem allgemeinen Steuerzahler, der die Einrichtung ganz oder teilweise
finanziert habe, dafür einen Zins zu entrichten habe.
101
Vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 36; im übrigen auch: Protokoll Nr. 1246/69 des
Kommunalpolitischen Ausschusses über die 57. Sitzung vom 23. Mai 1969, S. 2
(Ausführungen zum Änderungsvorschlag Nr. 29 der Vorlage 903).
102
Dies beruht letztlich auf dem Gedanken, daß das in der Anlage gebundene Eigenkapital
der Gemeinde nicht zur Erfüllung anderweitiger öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden
und daher an anderer Stelle zu Lasten des allgemeinen Haushalts keine Zinserträge
erwirtschaften bzw. Zinsleistungen für Fremdkapital ersparen kann.
103
Vgl. BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983 -. 8 B 117.82 -., KStZ 1984, 11; OVG
NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
104
Die somit nach dem Willen des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung
des Eigenkapitals zukommende Ausgleichsfunktion zielt ihrer Natur nach ebenfalls auf
105
die am Kapitalmarkt zu erlangenden tatsächlichen Zinsen (Effektiv-. bzw.
Nominalzinsen) ab. Daß während des Gesetzgebungsverfahrens, insbesondere in
bezug auf die Verzinsung des Eigenkapitals, ausschließlich die tatsächlichen
Kapitalmarktkonditionen in den Blick genommen wurden, verdeutlicht etwa die Beratung
des Kommunalpolitischen Ausschusses vom 23. Mai 1969. Im Lauf der Beratungen kam
der Änderungsvorschlag Nr. 31 der Vorlage 903 zur Sprache. Hierbei handelte es sich
um die Anregung des Verbandes der Deutschen Gas-. und Wasserwerke, wonach in
dem Gesetz bestimmt werden solle, daß das Eigenkapital zu einem Satz verzinst werde,
der dem Kapitalmarktzins für langfristige Anlagen entspreche. Dieser Anregung wurde
mit der Begründung nicht entsprochen, daß es nicht "den" Zins für langfristige Anlagen
gebe, "sondern es gebe unterschiedliche Zinssätze für die verschiedenen Teilmärkte
des Kapitalmarkts."
Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 3.
106
Die damit seitens des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung
zugedachte finanzwirtschaftliche Funktion eines Belastungsausgleichs für das in der
Anlage gebundene Kapital zugunsten der Fremkapitalgläubiger und des allgemeinen
Haushalts bietet keinen Anhaltspunkt, im Wege der Auslegung zu einer anderweitigen
Zweckbestimmung der aus der kalkulatorischen Verzinsung erwirtschafteten
Gebührenbeträge zu gelangen.
107
Darüber hinaus hindert die Orientierung der kalkulatorischen Verzinsung an den
tatsächlichen Zinskonditionen des Kapitalmarkts die Annahme, der Landesgesetzgeber
habe die Gemeinden verpflichten wollen, nunmehr zu ihren Lasten den Kapitalmarktzins
auf einen sog. "Realzins" zu reduzieren und den insoweit noch offenen
Belastungsausgleich anderweitig zu finanzieren.
108
Erschöpft sich damit die finanzwirtschaftliche Funktion der kalkulatorischen Verzinsung
in der Gewährleistung des Belastungsausgleichs, kommt allein der kalkulatorischen
Abschreibung die Funktion zu, diejenigen finanziellen Mittel zu erwirtschaften, die es
der Gemeinde ermöglichen, eine Ersatzbeschaffung/Wiederbeschaffung der Anlage zu
finanzieren. Dementsprechend hat auch der erkennende Senat im Verfahren 9 A
1248/92 bei der Korrektur der Grundlage der kalkulatorischen Verzinsung in
Übereinstimmung mit den Ausführungen des seinerzeit beauftragten Sachverständigen
nicht der kalkulatorischen Verzinsung die Funktion der Substanzerhaltung (der Anlage)
beigemessen. "Dem Substanzerhaltungserfordernis werde schon durch die
Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert -. und damit innerhalb der zutreffenden
Kostenart -. Rechnung getragen".
109
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
110
Die isolierte Betrachtung der beiden kalkulatorischen Kostenarten Abschreibung und
Verzinsung gilt nach dem Willen des Landesgesetzgebers auch dann, wenn die
Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vorgenommen werden.
Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß -. worauf das Berufungsgericht in
ständiger Rechtsprechung hingewiesen hat -. der Landesgesetzgeber zugunsten der
Gemeinden ausdrücklich die Wahlmöglichkeit eröffnen wollte, Abschreibungen nach
dem Wiederbeschaffungszeitwert vorzunehmen,
111
vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 1979 -. II A 1628/77 -., MittNWStGB 1979, 334, Urteil
112
vom 26. Februar 1982, a.a.O., Urteil vom 27. Oktober 1992 -. 9 A 835/91 -., StuGR 1993,
313, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235,
ohne insoweit mit Blick auf die Funktion der kalkulatorischen Verzinsung und deren
Orientierung an den tatsächlichen Kapitalmarktkonditionen wechselseitige
Einschränkungen - . etwa aus dem Verständnis der betriebswirtschaftlichen Grundsätze
als einem übergreifenden Ordnungssystem -. auch nur ansatzweise in Betracht zu
ziehen.
113
Angesichts der divergierenden Funktionsbestimmungen der kalkulatorischen
Verzinsung einerseits und der kalkulatorischen Abschreibung andererseits bestand
hierfür auch kein Anlaß. Denn, wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom
5. August 1994 ausgeführt hat, ergibt die Summe der Abschreibungen nach
Wiederbeschaffungszeitwerten nicht den Wiederbeschaffungswert für eine Anlage
gleicher Art und Güte,
114
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236; im übrigen auch: Wöhe,
a.a.O., S. 1263 für den Regelfall eintretender Preissteigerungen,
115
so daß sich angesichts dieser strukturellen Deckungslücke die Frage einer
Überdeckung und hieran anknüpfender Korrekturmechanismen für den
Landesgesetzgeber von vornherein nicht stellte.
116
Das gilt auch in Ansehung etwaiger Zinsgewinne, die mit den je nach Femdkapitalanteil
mehr oder weniger verbleibenden Abschreibungserlösen erwirtschaftet werden können.
Denn mit dem Rückfluß des Investivkapitals über die Abschreibungen gehen die nach
der Schuldtilgung übrigen Abschreibungsbeträge in das Eigenkapital der Gemeinde
über und stehen rechtlich dem allgemeinen Haushalt zur (freien) Verfügung.
117
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
118
Hiervon abweichende rechtliche Bindungen sollten durch das Gebührenrecht nicht
begründet werden; insbesondere war nicht beabsichtigt, auf der Grundlage des § 6 KAG
a.F. die zurückfließenden Abschreibungsbeträge (und die hiermit etwa erwirtschafteten
Zinsgewinne) allein dem Gebührenhaushalt zuzuordnen, so daß diese einer
rentierlichen Nutzung zugunsten des allgemeinen Haushalts entzogen waren. Denn die
betriebswirtschaftliche Aufgabe der Abschreibungen erschöpfte sich in der
periodengerechten Verteilung der durch die Leistungserbringung und dem damit
verbundenen Wertverzehr entstehenden gegenwärtigen Kosten der Gemeinde.
119
Vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 34, 35 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Nds. OVG, Urteil
vom 16. November 1967 -. III OVG A 111/65 -., KStZ 1968, 77, wonach selbst die
Rücklagenbildung nicht zur Vorfinanzierung künftiger Aufwendungen erfolgt, sondern
bereits einen gegenwärtigen, nämlich den auf Abnutzung beruhenden Wertverzehr
berücksichtigt.
120
Die Beschränkung auf die Funktion der Kostenverteilung folgt schon aus dem Umstand,
daß die Ansatzmöglichkeit kalkulatorischer Kosten in der Kostenrechnung lediglich ein
innerbetriebliches Instrument ist, um die durch den Betrieb bedingte Kostenbelastung
möglichst zutreffend zu erfassen. Dabei mögen betriebswirtschaftliche
Zielbestimmungen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Art und Weise der
121
Ermittlung der einzelnen kalkulatorischen Kosten führen. Hierauf kommt es indes nicht
an. Denn die verschiedenen innerbetrieblichen Zielbestimmungen begründen keine
rechtliche Verpflichtung der hiernach kalkulierenden Wirtschaftsbetriebe im
Außenverhältnis gegenüber ihren Abnehmern, die über die Preise vereinnahmten
Gelder nur der kalkulatorischen Zielbestimmung entsprechend zu verwenden. Soweit
mit der jeweiligen Kostenkalkulation bestimmte Zielbestimmungen verbunden sind,
schaffen die Betriebe, wenn sie ihre Preise entsprechend gestalten und auf dem Markt
erzielen können, lediglich die finanziellen Möglichkeiten, der kalkulatorischen
Zielbestimmung entsprechend zu verfahren. Nichts anderes gilt nach der Definition der
betriebswirtschaftlichen Grundsätze, wie sie in der Rechtsprechung des Senats in
Übereinstimmung mit dem Willen des Landesgesetzgebers getroffen worden ist, auch
für die gebührenkalkulierenden Betriebe der öffentlichen Hand.
Die weitere Verwendung der eingenommenen Gebührenbeträge, etwa die schon im
Gesetzgebungsverfahren diskutierte -. fakultative -. Zuführung der
Abschreibungsbeträge zu einer Erneuerungsrücklage nach der seinerzeit geltenden
Rücklagenverordnung,
122
vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 35,
123
war daher von vornherein nicht Regelungsgegenstand der gemeindlichen
Kostenrechnung und vollzieht sich danach außerhalb gebührenrechtlicher Bindungen.
124
A.A. VG Köln , Urteil vom 20. Oktober 1998 -. 14 K 765 u.a. -., NWVBl 1999, 228 (229 f.),
unter Hinweis darauf, daß die Abschreibungserlöse mit dem Ziel vereinnahmt würden,
eine notwendige Erneuerung der Anlage zu finanzieren und daher nicht als Fremdmittel
oder zu verzinsendes Eigenkapital behandelt werden könnten.
125
Die beschränkte Kostenverteilungsfunktion war und ist bei Abschreibungen nach dem
Anschaffungs-. bzw. nach dem Herstellungswert auch offenkundig, denn insoweit fließt
über die Abschreibungen -. verteilt über die mutmaßliche Nutzungsdauer -. lediglich von
der Gemeinde vorverauslagtes Kapital zum Nennwert an den Investor zurück, nachdem
der Gebührenpflichtige durch die Leistungserbringung in den Genuß seines Vorteils,
126
vgl. hierzu BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12,
127
gelangt und damit die Bilanz von Leistung und Gegenleistung innerhalb der
Gebührenperiode ausgeglichen ist. Ein unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG
zwingender sachgerechter Grund, den schon aus der Leistungserbringung an sich
resultierenden Vorteil des Gebührenschuldners noch dadurch zu erweitern, daß das
Eigenkapital, das vor der jeweiligen Investition dem allgemeinen Haushalt der
Gemeinde (frei) zur Verfügung gestanden hat, nach dem Durchlauf durch den
Gebührenhaushalt nunmehr für alle Zukunft allein diesem zugeordnet und zu Lasten der
Gemeinde dem allgemeinen Haushalt entzogen wird, ist nicht erkennbar.
128
Auf die reine Kostenverteilungsfunktion sind die Abschreibungen in ihrer
gebührenrechtlichen Wirkung auch dann begrenzt, wenn nach
Wiederbeschaffungszeitwerten abgeschrieben wird. Denn hinsichtlich des Anteils, über
den der Anschaffungs-. bzw. Herstellungswert erfaßt wird, gilt das vorstehend
Ausgeführte. Soweit über den Inflationsindex der Anlagenwert eine Aufwertung zum
"Tageswert" erfährt, die über die Abschreibungsbeträge zeitanteilig der Gemeinde
129
zufließt, handelt es sich der Sache nach um einen Bemessungsfaktor zur Bestimmung
des Anteils der gegenwärtigen Nutzer an der Substanzerhaltung der im
Veranlagungszeitraum zur Leistungserbringung aktuell eingesetzten Anlage.
Vgl. BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985 -. 8 B 11.84 -., KStZ 1985, 129.
130
Die Einbeziehung der aktuellen Nutzer in die Kostenverteilung auf der Basis des
Tageswertes ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der Wertverzehr an der aktuell
eingesetzten Anlage im Rahmen der von der Gemeinde auf Dauer -. über die
mutmaßliche Nutzungsdauer der einzelnen Anlage hinaus -. zu gewährleistenden
Leistungserbringung die Notwendigkeit der inflationsbedingt teureren Ersatzinvestition
zum Zweck der Substanzerhaltung (mit)begründet.
131
Vgl. Stellungnahme des Städtetages vom 7. Oktober 1968, Zuschrift Nr. 801, S. 9, die
als Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände Eingang in die Beratungsvorlage
Nr. 903 (Änderungsvor-.schlag Nr. 26 -. fakultative Zulassung der Abschreibung von
Wiederbeschaffungszeitwerten -.) gefunden hat; diesem Änderungsvorschlag wurde
letztlich zugestimmt (vgl. u.a. die Ausschußprotokolle 1126/69, S. 28, 1246/69, S. 2, und
den Bericht des Kommunalpolitischen Ausschusses zur 2. Lesung LT-.Drucks. 6/1493)
und führte zur Änderung des § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz des Regierungsentwurfs
"Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer
und dem Anschaffungs-. oder Herstellungsaufwand gleichmäßig zu bemessen sind, ..."
in die schließlich Gesetz gewordene Fassung "Dazu gehören auch ... Abschreibungen,
die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer ... gleichmäßig zu bemessen sind, ... ."
132
Damit erlangt der in dieser Weise ermittelte Betrag des anteiligen Wertverzehrs bereits
in der aktuellen Gebührenperiode den Charakter eines gegenwärtigen Kostenbetrages,
133
vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O., S. 130,
134
zu dessen Ausgleich die Abschreibungen über die Gebühren umgelegt werden können
und sich in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auch darin -. wie in den sonstigen Fällen
des Kostenausgleichs -. erschöpfen. Angesichts dessen bedarf es keiner weiteren
Darlegung, daß die haushaltsnützige Verwendung der verbleibenden
Abschreibungsbeträge gegenüber den Gebührenpflichtigen keinen Verstoß gegen den
auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in
der Form des widersprüchlichen Verhaltens darstellt.
135
Vgl. hierzu VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 230.
136
Der der Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten innewohnende
Substanzerhaltungsgedanke (Prinzip der reproduktiven Substanzerhaltung) erfordert
daher nur, daß die Gemeinde entsprechend ihrer auf Dauer angelegten Pflicht zur
Gewährleistung der Leistungserbringung am Ende der Nutzungsdauer der Anlage die
erforderlichen Haushaltsmittel für eine Wiederbeschaffung bereitstellt.
137
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
138
Dieser auf den periodengerechten Kostenausgleich beschränkten und damit die weitere
Verwendung der eingenommenen Beträge nicht erfassenden Funktion sowohl der
kalkulatorischen Zinsen als auch der Abschreibungen entspricht folgerichtig der weite
139
gesetzliche Eigenkapitalbegriff (§ 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F.) des
Gebührenrechts, der -. bezogen auf die Abschreibungen -. keinerlei inhaltlichen
Beschränkungen unterliegt und damit grundsätzlich jedes zur Leistungserbringung
eingesetzte Kapital unabhängig von seiner Herkunft erfaßt.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Oktober 1992, a.a.O., Urteil vom 5. August 1994, a.a.O.,
S. 234.
140
Soweit von der kalkulatorischen Verzinsung der aus Zuschüssen und Beiträgen
gebildete Eigenkapitalanteil ausgenommen worden ist, läßt diese beschränkte
Ausnahme des 2. Halbsatzes des Absatzes 2 Satz 2 des § 6 KAG a.F. im
rechtssystematischen Zusammenhang mit dem 1. Halbsatz besonders deutlich
erkennen, daß das Eigenkapital der Gemeinde im übrigen unabhängig von der Herkunft
der einzelnen Einnahmen generell der Verzinsung unterliegt. Bestätigt wird diese
Auffassung dadurch, daß der Landesgesetzgeber etwa die kalkulatorische Verzinsung
als Instrument der Stärkung der Einnahmesituation der Gemeinden -. nicht des
Gebührenhaushalts -. ansah. Dies "habe den Sinn, der Finanzkraft der Gemeinde eine
Expansion aus sich heraus zu ermöglichen.
141
Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 2.
142
Dem finanzwirtschaftlichen Ziel der Gewährleistung oder sogar der Steigerung der
Eigenkapitalausstattung der Gemeinden diente darüber hinaus auch und gerade die
Zulassung der Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert.
143
Vgl. Ausschußprot. Nr. 1126/69, S. 28.
144
Diese nicht zuletzt in den Materialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung kann daher
bei der Frage nach dem Sinn und Zweck der gemeindlichen Gebührenkalkulation und
damit zusammenhängend bei der Frage nach einer hieraus zu bestimmenden
Kostenobergrenze nicht unberücksichtigt bleiben. Sie läßt die vom Verwaltungsgericht
abgeleitete Zielvorgabe -. die Gemeinde dürfe sich nach Ablauf der Nutzungsdauer
wirtschaftlich nicht besser stehen als vor der Investition -. schon als im Ansatz
unzutreffend erkennen.
145
Der Einsatz von Abschreibungserlösen für eine Wiederbeschaffung führt zwar im
Ergebnis dazu, daß mit der Aufwendung dieses Kapitals und seiner Bindung in einer
neuen Anlage dessen kalkulatorische Verzinsung zu Lasten des Gebührenpflichtigen
eröffnet wird. Die Erwirtschaftung von Abschreibungserlösen (nach Abzug etwaiger
Tilgungsleistungen) ändert jedoch nichts an dem Umstand, daß diese, wie oben
dargelegt, lediglich dem Ausgleich der in den vergangenen Leistungsperioden durch die
Leistungserbringung verursachten Kosten dienen. Die über die Abschreibungen
zurückgeflossenen Finanzmittel sind daher wie die vorher für die jeweilige Investition
bereitgestellten Mittel Kapital der Gemeinde. Insbesondere handelt es sich nicht um
Kapital des Gebührenschuldners. Im Falle der Aufwendung dieses Kapitals für die
Wiederbeschaffung steht es anderen rentierlichen Zwecken zu Lasten des allgemeinen
Haushalts nicht mehr zur Verfügung. Damit greift die seitens des Landesgesetzgebers
der kalkulatorischen Verzinsung beigemessene finanzwirtschaftliche Funktion des
Belastungsausgleichs ein.
146
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln läßt sich aus dem Beschluß
147
des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12, eine
Zuordnung der über die Abschreibungen erwirtschafteten Finanzmittel ausschließlich
zum Gebührenhaushalt nicht begründen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in dem
genannten Beschluß ausführt, daß, soweit die Grundstückseigentümer mit dem
Entwässerungsbeitrag oder auf andere Weise zu dem Aufwand für die Herstellung oder
Erweiterung der Entwässerungsanlage beigetragen hätten, der Ausgleich über die
Eigenkapitalverzinsung seine Grenze finde und Eigenkapitalzinsen deshalb
sachgerecht nur von dem Herstellungs-. bzw. Anschaffungsaufwand berechnet werden
dürften, der um das Aufkommen aus Entwässerungsbeiträgen und diesen
gleichstehenden Leistungen der Benutzer vermindert worden sei, sind mit den
"gleichstehenden Leistungen" jedenfalls nicht die erwirtschafteten
Abschreibungsbeträge gemeint. Denn mit den vereinnahmten Abschreibungsbeträgen
erfolgt, wie oben dargelegt, lediglich der Kostenausgleich für die mit der Benutzung
einhergehende Abnutzung der aktuell eingesetzten Anlage, ohne daß damit eine
Beteiligung an dem Herstellungsaufwand für die Wiederbeschaffung verbunden ist.
Soweit sich die Grundstückseigentümer über die von ihnen gezahlten Abschreibungen
mittelbar an dem Finanzierungsaufwand für die bestehende Anlage beteiligen, wird
diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, daß nur der um die Abschreibungen
verminderte Anschaffungswert (An- .schaffungsrestwert) der kalkulatorischen
Verzinsung unterliegt und damit eine Verzinsung der jeweiligen "Beteiligungsrate"
ausgeschlossen ist. Im übrigen, d.h. im Hinblick auf Beiträge (und Zuschüsse),
gewährleistet § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F., daß das insoweit aufgebrachte
Kapital als Beitrag zum Aufwand für die Herstellung oder Erweiterung der
Entwässerungsanlage i.S.d. oben genannten Beschlusses des
Bundesverwaltungsgerichts von der Verzinsung ausgenommen wird.
Die Zuordnung der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge zum Gebührenhaushalt
ergibt sich auch nicht aus dem gemeindlichen Haushaltsrecht, dessen Grundsatz der
Gesamtdeckung (§ 16 der Gemeindehaushaltsverordnung -. GemHVO -.) einer
gesonderten rechtlichen Zuordnung der eingenommenen Abschreibungsbeträge
ausschließlich zum Gebührenhaushalt gerade entgegensteht. Eine rechtliche
Verpflichtung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 GemHVO, diese Einnahmen auf die Verwendung
für die Wiederbeschaffung zu beschränken und sie damit der Gesamtdeckung zu
entziehen, besteht nicht; insbesondere ergibt sich eine solche rechtliche Verpflichtung,
wie oben dargelegt, nicht aus dem Gebührenrecht. Soweit das Verwaltungsgericht Köln
darauf abhebt, daß § 17 Abs. 1 Satz 2 GemHVO eine Zweckbindung von Einnahmen
ermögliche,
148
vgl. Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229 f.,
149
mag dies zutreffend sein, ohne daß es insoweit einer Entscheidung bedarf. Denn mit der
fakultativen haushaltsrechtlichen Zweckbindung begibt sich die Gemeinde lediglich
vorweg der Möglichkeit, die Gebühreneinnahmen noch anderweitig haushaltsnützig zu
verwenden. Diese Zweckbindung ist in ihren gebührenrechtlichen Wirkungen aber nicht
anders zu bewerten als die Zurverfügungstellung der entsprechenden Gebührenbeträge
aus allgemeinen Haushaltsmitteln erst unmittelbar vor der jeweiligen Investition. In dem
einen wie in dem anderen Fall werden dem allgemeinen Haushalt Finanzmittel
entzogen und trägt allein die Gemeinde die finanzielle Belastung, die dadurch entsteht,
daß das investierte Kapital nicht mehr zugunsten des allgemeinen Haushalts verwendet
werden kann. Abgesehen davon schließt selbst ein wirksamer Haushaltsvermerk über
die Zweckbindung nicht aus, daß die Ausgaben, auf deren Deckung die
150
zweckgebundenen Einnahmen beschränkt sind, daneben nicht auch aus allgemeinen
Deckungsmitteln gedeckt werden können.
Vgl. Scheel/Steup/Schneider/Lienen, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-. Westfalen, 5.
Aufl. 1997, Rdnr. 1 zu § 17 GemHVO.
151
Soweit zur Begründung des Ausschlusses der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge
von der kalkulatorischen Verzinsung auf das Urteil des Senats vom 27. Oktober 1992 -.
9 A 835/91 -., a.a.O., S. 101, und die darin verwendete Formulierung der
"vorübergehenden Verausgabung" verwiesen wird,
152
vgl. VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229,
153
geht dies fehl. Denn die in dem genannten Urteil des Senats für zulässig gehaltene
"vorübergehende Verausgabung" von Abschreibungsbeträgen zugunsten des
allgemeinen Haushalts bezog sich ersichtlich auf die haushaltsnützige Verwendung
dieser Beträge bis zur Wiederbeschaffung und besagt deshalb noch nichts über deren
Behandlung bei der Ermittlung der kalkulatorischen Verzinsung nach diesem Zeitpunkt.
154
Soweit danach über die Gebühren vereinnahmte Abschreibungsbeträge zugunsten des
allgemeinen Haushalts verwendet worden sind, mag dies zu faktischen
Benachteiligungen führen,
155
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236 f.,
156
ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 KAG a.F. bzw. ein widerrechtliches Verhalten ist darin
nicht zu sehen.
157
Aufgrund der dargelegten unterschiedlichen finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen der
kalkulatorischen Kostenarten erledigt sich auch der -. wiederholte -. Hinweis des
Verwaltungsgerichts auf den Umstand, daß eine Gebührenkalkulation auf der
Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden Senats gegenüber den von ihm, dem
Verwaltungsgericht, alternativ für zulässig erachteten Kalkulationsmodellen zu einem
"erhöhten Kapitalendwert" bzw. zu einer "Überdeckung" oder einer "doppelten"
Verrechnung der Geldentwertungsrate führe.
158
Vgl. das hier angefochtene Urteil des VG G. , S. 12 UA, VG G. , Urteil vom 9. Oktober
1997, a.a.O., S 34, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 20 f.
159
Dies ist die Folge dieser unterschiedlichen Zweckbestimmungen, mithin
systemimmanent und mit Blick auf die beabsichtigte Stärkung der
Eigenkapitalausstattung der Gemeinde auch gewollt.
160
Die insoweit vom Verwaltungsgericht angeführten und in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F.
statuierten betriebswirtschaftlichen Grundsätze vermögen an der finanzwirtschaftlichen
Funktions-. und Zweckbestimmung der kalkulatorischen Kostenarten nichts zu ändern.
Denn anders als das Verwaltungsgericht meint, hat der Landesgesetzgeber selbst die
Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der Kostenrechnung nicht als
Übertragung (materieller) kaufmännischer Zielsetzungen in die öffentliche
Haushaltswirtschaft verstanden; vielmehr sei die Methode der betriebswirtschaftlichen
Kostenberechnung lediglich ein "Instrument zur optimalen Erreichung
161
finanzwirtschaftlicher Zwecke",
vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 35,
162
um den Anforderungen des Periodenprinzips gerecht zu werden und die mit der
"einfachen Einnahmen-.Ausgabenrechnung" allein nicht zu lösende Verteilung der
Ausgaben "entsprechend dem Verbrauch der durch sie beschafften Güter auf die
einzelnen Nutzungsperioden" zu gewährleisten.
163
Vgl. LT-.Drucks. 6/810, S. 34.
164
Der Einwand des Verwaltungsgerichts, in bezug auf den Ausschluß der
"Abschreibungen unter Null" weiche die Rechtsprechung des erkennenden Senats
selbst von dem im Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233, näher erläuterten Begriff
der betriebswirtschaftlichen Grundsätze ab,
165
vgl. VG G. , Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 19,
166
greift nicht durch. Wie bereits ausgeführt, ist auf die betriebswirtschaftlichen Grundsätze
nur abzustellen, soweit das Gesetz keine eigenständige Regelung trifft. Eine solche
Regelung hat der erkennende Senat aber § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F.
entnommen, wonach die Abschreibungen nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer
gleichmäßig zu bemessen sind. Ein Rückgriff auf davon abweichende
betriebswirtschaftliche Grundsätze scheidet danach aus.
167
Daß vor diesem Hintergrund die vom Verwaltungsgericht angeführten
Kalkulationsgrundsätze aus anderen Rechtsgebieten, wie etwa aus dem Handels-., dem
Steuer-. und dem Preisprüfungsrecht -. die im übrigen jeweils eigenen finanzpolitischen
Zielvorgaben folgen -.,
168
vgl. die unterschiedlichen Zielsetzungen in der Handels-. und Steuerbilanz einerseits
und in der Kostenrechnung andererseits: Wöhe, a.a.O., S. 1263,
169
für die Bestimmung des Sinns und Zwecks der gemeindlichen Gebührenkalkulation
unbeachtlich sind, bedarf keiner näheren Erläuterung.
170
Die Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten in Verbindung mit einer
Verzinsung des aufgewandten Kapitals auf der Grundlage von
Anschaffungs(rest)werten mit einem Nominalzins führt weder zu einer Verletzung des
Äquivalenzprinzips,
171
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235 ,
172
noch zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit ein solcher Verstoß wegen einer
Ungleichbehandlung der Gebührenpflichtigen gegenüber der Allgemeinheit
angenommen wird,
173
vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 228 f.,
174
wird übersehen, daß Art. 3 Abs. 1 GG dem Gebührengesetzgeber bei der Aufstellung
der Gebührensätze einen weiten Entscheidungsspielraum beläßt. Art. 3 Abs. 1 GG
175
fordert in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang nur, daß sich "die Verknüpfung
zwischen den Kosten der Staatsleistung und den dafür auferlegten Gebühren nicht in
einer Weise gestaltet, die, bezogen auf den Zweck der gänzlichen oder teilweisen
Kostendeckung, sich unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt als sachgerecht erweist".
Vgl. BVerfG, Beschluß vom 6. Februar 1979 -. 2 BvL 5/76-., BVerfGE 50, 217 (227);
BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., Beschluß vom 25. März 1985,
a.a.O., S. 130.
176
Insoweit ist in die Bewertung der Umstand einzustellen, daß die Gebührenpflichtigen
der Gemeinde gegenüber -. anders als die Steuerzahler -. in einem besonderen
Leistungs-. und Gegenleistungsverhältnis stehen (§ 4 Abs. 2 KAG a.F.) und aus der
Leistungserbringung seitens der Gemeinde einen besonderen Vorteil erlangen (§ 6 Abs.
1 Satz 1 KAG a.F.), der es sachlich grundsätzlich rechtfertigt, die Gebührenpflichtigen
finanziell stärker zu belasten als den Steuerzahler.
177
Auch die kalkulatorischen Kostenansätze im einzelnen begegnen, soweit der
vorliegende Fall Anlaß zur Überprüfung gebietet, im Ergebnis keinen durchgreifenden
Bedenken.
178
Soweit pauschal Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausschreibung von
Kanalbaumaßnahmen geäußert worden sind und damit wohl ein erhöhter
Ausgangswert für die Berechnung geltend gemacht werden soll, mangelt es an
konkreten Anhaltspunkten, die eine weitere Sachaufklärung gebieten. Der Hinweis
darauf, daß lediglich zwei Baufirmen "im Geschäft" seien, läßt allein nicht den Schluß
zu, daß insoweit Unregelmäßigkeiten tatsächlich erfolgt sein könnten; insoweit könnte
es sich auch um diejenigen Firmen handeln, die aufgrund ihrer günstigen Angebote
jeweils zu Recht den Zuschlag erhalten haben.
179
Unabhängig davon sind etwaige Fehler bei der Ausschreibung für die
Gebührenkalkulation unerheblich, solange die von dem beauftragten Unternehmen in
Rechnung gestellten Kosten nicht in jeder Hinsicht außer Verhältnis zu den erbrachten
Leistungen stehen und damit mit den Grundsätzen des Äquivalenzprinzips unvereinbar
sind oder sich die Auftragsvergabe nicht als rein willkürliche, ausschließlich die
Gesamtkosten erhöhende Maßnahme darstellt, die sich der Sache nach nicht mehr mit
dem weiten Organisationsermessen des Entsorgungsträgers, seine Aufgabe
entsprechend seinen Zweckmäßigkeitserwägungen durchzuführen, in Einklang bringen
läßt.
180
Vgl. OVG NRW, Beschluß vom 19. Januar 1990 -. 2 A 2171/87 -., Urteil vom 30. Januar
1991 -. 9 A 765/88 -., Teilurteil vom 15. Dezember 1994 -. 9 A 2251/93 -., NWVBl. 1995,
173.
181
Hierfür bieten das Vorbringen und die dem erkennenden Senat vorliegenden
Unterlagen nicht einmal ansatzweise einen konkreten Anhaltspunkt.
182
Nicht zu beanstanden ist die mit 50 Jahren angesetzte mutmaßliche Nutzungsdauer der
Kanäle. Angesichts der für die prognostische Bestimmung der Nutzungsdauer
maßgebenden sachgerechten Kriterien der Siedlungsverdichtung (einseitige hohe
Bodenpressung durch Wohnbebauung und Verkehrsbeanspruchung bei variierender
Tragfähigkeit des Bodens, Grundwassereinwirkungen, nennenswerte
183
Unterbemessungen), der Werkstoffbeschaffenheit (Pro-.duktionen minderer Qualität,
Materialunverträglichkeiten (Be- .tonmischungen) und Probleme mit der Haftfestigkeit in
der Stutzentechnik) und des Wurzeleinwuchses von Bäumen wird die für die Prognose
maßgebende Grenze der Willkür nicht erreicht. Da der Ansatz einer mutmaßlichen
Nutzungsdauer von 50 Jahren nach Kenntnis des Senats nicht unüblich ist,
vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 237, sowie die Nachweise
bei Dudey, Abhängigkeiten der kalkulatorischen Kosten von der Nutzungsdauer eines
Kanalnetzes, GemH 1994, 1 ff. (je nach Material 30-.66 Jahre (Steenbock), 50-.80 Jahre
(Pecher), 50-.100 Jahre (KGST und ATV Regelwerk A 133)); im übrigen auch:
Brod/Steenbock, Preiskalkulation bei Wasser und Abwasser, 1980, Anhang 10: je nach
Material 30-.100 Jahre,
184
und sonstige konkrete Anhaltspunkte, die die getroffene Einschätzung der
Nutzungsdauer unter Berücksichtigung des gemeindlichen Prognosespielraums und
des durch die Kanaluntersuchungen ermittelten Schadensumfangs als schlichtweg
unvertretbar erscheinen lassen, sich nicht aufdrängen, ist eine weitere Sachaufklärung
nach dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
185
Der Einwand, bei dem Ansatz der kalkulatorischen Kosten seien
Schadensersatzansprüche gegenüber dem Bergbau zu Lasten der Gebührenschuldner
nicht kostenmindernd berücksichtigt worden, greift nicht durch. Die Ermittlung der
Kosten in bezug auf den Betrieb der der Leistungserbringung dienenden Anlage,
insbesondere die Bestimmung der mutmaßlichen Nutzungsdauer und die Bewertung
von Kanalisationsanlagen, erfolgt grundsätzlich unabhängig davon, welche Gründe für
den Zustand bzw. die Ausgestaltung der Anlage maßgebend sind. Danach ist es von
den Gebührenpflichtigen in Bergbauregionen grundsätzlich hinzunehmen, daß die
öffentlichen Entwässerungseinrichtungen wegen bestimmter, in solchen Regionen
anzutreffender besonderer Entwässerungsverhältnisse möglicherweise mit höheren
Kosten belastet werden als die Gebührenpflichtigen in anderen Regionen.
186
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O..
187
Dies betrifft sowohl die Instandhaltungs-./Reparaturkosten (Personal-. und Sachkosten)
als auch die wegen der höheren Investitionskosten und ggf. kürzeren Nutzungsdauern
höheren kalkulatorischen Kosten.
188
Die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen hat im Ergebnis ebenfalls Bestand.
189
Der in Ansatz gebrachte Zinssatz von 8 % entspricht der ständigen Rechtsprechung des
Senats.
190
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
191
Eine Verpflichtung, diesen Zinssatz im Rahmen der Kostenprognose und der der
Gemeinde zum Zweck der Gewährleistung einer "angemessenen Verzinsung" (§ 6 Abs.
2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F.) eröffneten Befugnis zur Bestimmung eines einheitlichen
Zinssatzes zu reduzieren, bestand nicht. Der Ansatz von 8 % bewegt sich noch
innerhalb des hierdurch eröffneten Prognose-. und Ermessensspielraums; insbesondere
erweist er sich nicht als willkürlich. Angesichts der im vorzitierten Verfahren erfolgten
Ermittlung des Zinssatzes auf der Grundlage des langfristigen Durchschnittszinssatzes
192
für die Jahre 1952 bis 1992 konnte davon ausgegangen werden, daß die -. kurzfristige -.
Zinsentwicklung der Jahre 1993 bis einschließlich 1995 eine langfristig niedrigere
Tendenz des maßgebenden Durchschnittszinssatzes nicht vermittelte und daher bei der
Bestimmung des ansatzfähigen Zinssatzes außer Betracht bleiben konnte.
Das die Ermittlung der Grundlage der Verzinsung betreffende Mißverständnis
hinsichtlich des Ansatzes der Kanalanschlußbeiträge im Rahmen des Abzugskapitals
ist durch die Vorlage der diesbezüglichen Kalkulationsunterlagen ausgeräumt. Hieraus
ergibt sich, daß bei der Gebührenbedarfsberechnung das Abzugskapital einschließlich
der Kanalanschlußbeiträge jeweils bezogen auf das einzelne Anlagegut
herausgerechnet und damit nicht verzinst worden ist.
193
Allerdings ist die Ermittlung des Anschaffungsrestwertes insoweit überhöht, als im
Rahmen der Abschreibung für den Veranlagungszeitraum zwar ein
Abschreibungsbetrag in Ansatz gebracht worden ist, bei der kalkulatorischen
Verzinsung jedoch der Jahresabschreibungsbetrag nicht in demselben
Veranlagungszeitraum, sondern erst in der Folgeperiode abgezogen worden ist. Die
sich aus der Nichtberücksichtigung der Abschreibung im Jahr der Indienststellung und
der Verschiebung der Abschreibungsbeträge in das jeweilige Folgejahr ergebende
Überhöhung hat der erkennende Senat nach eigener, im Termin zur mündlichen
Verhandlung offen gelegter Berechnung mit 200.463,29 DM ermittelt. Dieser
Überhöhungsbetrag führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit des Gebührensatzes, wie im
nachfolgenden Zusammenhang dargelegt wird.
194
Offen bleiben kann des weiteren, ob die Abschreibungs-. und Zinsbeträge für das sog.
Sonderinteresse (163.223,00 DM),
195
vgl. zur Abschreibungsfähigkeit anlagenbezogener Verbandsbeiträge: OVG NRW, Urteil
vom 18. Juli 1997, a.a.O.,
196
und das Kanalkataster (170.842,00 DM),
197
vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998, a.a.O.,
198
zu Recht angesetzt worden sind. Rechnet man zu den vorgenannten Beträgen den
Überhöhungsbetrag aus der kalkulatorischen Verzinsung (200.463,29 DM) hinzu, ergibt
dies einen Gesamtbetrag von 534.528,29 DM, der im Verhältnis zu den gerechtfertigten
Gesamtkosten lediglich 1,76 % (bei 30.895.016,00 DM Gesamtkosten) bzw. 2,16 % (bei
25.232.906,00 DM Gesamtkosten) ausmacht und damit in jedem Fall unterhalb der für
die Gebührenkalkulation maßgebenden Grenze von 3 %,
199
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 239,
200
bleibt.
201
Weitere Kostenminderungen sind nicht vorzunehmen. Insbesondere war die Stadt R.
nicht verpflichtet, Schadensersatzleistungen des Bergbaus auf der Einnahmeseite zu
veranschlagen.
202
Im Hinblick auf den Umstand, daß bei der nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F.
vorzunehmenden Veranschlagung der Kosten -. und damit auch der ggf. zu erwartenden
203
kostenmindernden Einnahmen -. grundsätzlich eine Prognoseentscheidung zu treffen
ist,
vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. August 1999, a.a.O.,
204
steht der Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen auch die bei
dem Nachweis der Schadensverursachung üblicherweise bestehenden Probleme (vgl.
auch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15. September 1998 sowie in
der Sitzungsvorlage -. Drucksache Nr. 693/1998 -. vom 21. Juli 1998, S. 2 f.)
Berücksichtigung finden können.
205
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O.
206
Dabei ist nicht ausgeschlossen, daß die Gemeinde selbst dann, wenn sie intern -. etwa
auf der Grundlage von Rechtsgutachten -. zu der Auffassung gelangt ist, daß ihr ein
Schadensersatzanspruch in einer bestimmten Höhe zusteht, aufgrund einer vertretbaren
Bewertung des mit der Realisierung des Anspruchs verbundenen Prozeßrisikos im
Einzelfall einen Abschlag von dem zu ersetzenden Betrag einkalkuliert oder von der
Geltendmachung des Anspruchs insgesamt absieht und dementsprechend in der
Gebührenkalkulation keine Einnahmen veranschlagt.
207
Geht die Gemeinde -. etwa aufgrund der Eindeutigkeit des jeweiligen Schadensbildes -.
im Zeitpunkt der Veranschlagung der Kosten von der Realisierung von
Schadensersatzforderungen aus, ist sie lediglich dann verpflichtet, die prognostizierte
Schadensersatzleistung als Einnahme zugunsten der Gebührenpflichtigen zu
veranschlagen, wenn die Gebührenpflichtigen über die Gebühren auch die aus dem
Schadensereignis resultierenden finanziellen Belastungen tragen. Dementsprechend
entfällt die Verpflichtung der Gemeinde zur Gutschrift von veranschlagten
Schadensersatzleistungen, wenn der Schaden außerhalb der Kalkulation abgewickelt
wird und damit die Gebührenpflichtigen für den Schaden auch nicht über die Gebühren
in Anspruch genommen werden.
208
Letzteres ist hier für den Veranlagungszeitraum 1995 angesichts der im
Berufungsverfahren substantiiert geschilderten Praxis der direkten Kostenbeteiligung
des Bergbaus durch Naturalrestitution gegeben. Hiernach werden die
Gebührenpflichtigen gerade nicht mit den aufgrund der Bergbauschäden erforderlichen
Investitionskosten belastet. Soweit in diesem Zusammenhang vorgebracht worden ist,
aus dem Widerspruchsbescheid vom 15. August 1998 gehe hervor, daß der Bergbau
regelmäßig an den städtischen Kanalbaumaßnahmen beteiligt werde, handelt es sich
offenbar um ein Mißverständnis. Die Beteiligung des Bergbaus stellt sich auf der
Grundlage der Schilderung des Beklagten nicht als unmittelbare Beteiligung an den
Kosten der seitens der Stadt durchgeführten Umbaumaßnahmen dar, sondern als
Kostenbeitrag im Wege der Übernahme der Errichtung bestimmter
Entwässerungsanlagen auf eigene Rechnung.
209
Eine weitergehende Überprüfung der Art und Weise sowie des Umfangs der
Kostenbeteiligung des Bergbaus ist auch unter der Geltung des
Amtsermittlungsgrundsatzes nicht angezeigt. Hiernach sind die Verwaltungsgerichte
zwar verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der
Zumutbarkeit zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer Meinung für die
Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Bei der Überprüfung einer Kalkulation
210
geht der erkennende Senat aufgrund der Bindung des Beklagten an Gesetz und Recht
gemäß Art. 20 Abs. 3 GG jedoch grundsätzlich davon aus, daß dessen Auskünfte der
Wahrheit entsprechen. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit aufgezeigt, als
sich dem Gericht etwa Widersprüche nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder
aber den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Läßt es die klagende Partei insoweit
an substantiiertem Sachvortrag fehlen und ergibt sich auch aus den Unterlagen kein
konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein
Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht
werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O., m.w.N.
211
Gemessen hieran ist eine weitere Überprüfung der Art der Kostenbeteiligung des
Bergbaus nicht geboten; die substantiierten Darlegungen des Beklagten zur Art und
Weise der Beteiligung der Bergbauunternehmen an dem Ausgleich bergbaubedingter
Schäden sind von der Klägerseite nicht substantiiert in Frage gestellt worden.
Insbesondere reicht insoweit der Hinweis darauf nicht aus, daß die haushaltsrechtliche
und kalkulationsmäßige Behandlung der als Ersatzleistung übernommenen und der
nicht mehr benötigten Anlagen "unklar" sei. Soweit moniert wird, daß die
übernommenen Anlagen nicht nachgewiesen seien, hat dies offensichtlich seinen
Grund darin, daß die mit diesen Anlagen verbundenen Kosten, wie der Beklagte
dargelegt hat, nicht zu Lasten der Gebührenpflichtigen in der Kalkulation angesetzt
worden sind, so daß sie auch nicht zum Nachweis der Zulässigkeit der Kostenansätze
aufgeführt werden müssen. Dafür, daß der Umfang der außerhalb der Kalkulation
abgewickelten Kostenbeteiligung des Bergbaus die Grenzen des - . oben dargelegten -.
gemeindlichen Prognose-. und Bewertungsspielraums überschreitet, sind konkrete
Anhaltspunkte weder vorgebracht noch drängen sich solche aus den beigezogenen
Unterlagen auf.
212
Soweit in bezug auf die Schadensverursachung durch Einleiter von der
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in den meisten Fällen vollständig
abgesehen wird, ist dies in Ermangelung eindeutiger, die Verursachung durch einen
bestimmten Einleiter kennzeichnender Schadensbilder aus Kostengründen
gerechtfertigt. Auch dem Gebührenhaushalt ist nicht damit gedient, mit kostenintensiven
Gerichtsverfahren einschließlich etwaiger Beweiserhebungen durch Sachverständige
trotz zweifelhafter Erfolgsaussichten und ggf. nur begrenzter Verursachungsbeiträge im
Einzelfall belastet zu werden.
213
Angesichts der hiernach im vollen Umfang den gesetzlichen Anforderungen
entsprechenden Gebührenkalkulation kommt es zur Rechtfertigung der Gebührensätze
auf die vorgelegte Betriebsabrechnung nicht mehr an.
214
Der Hinweis, in Süddeutschland seien die Gebühren niedriger, ist rechtlich
unbeachtlich, insbesondere kann hiermit eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes
des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Höherrangiges
Bundesrecht gebietet keine einheitliche Gebührenbemessung, weil es keinen
einheitlichen bundesrechtlichen Begriff der Gebühr gibt, an den die
Landesgesetzgebung gebunden wäre.
215
Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. September 1997 -. 8 B 185.97 -., ZKF 1998, 62, m.w.N.
216
Der Anspruch auf Gleichbehandlung gilt von vornherein nur innerhalb der Grenzen der
Rechtsetzungsgewalt der jeweiligen Gebietskörperschaft,
217
Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. September 1997, a.a.O., S. 63, m.w.N.,
218
so daß es auf die Rechtslage in anderen Bundesländern und die dort ggf. gesetzlich
beschränkten Kalkulationsspielräume nicht ankommt.
219
Anhaltspunkte dafür, daß die individuelle Heranziehung auf der Grundlage der hiernach
wirksamen Satzungsbestimmungen der Höhe nach Fehler aufweist, sind nicht
ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden.
220
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 1 VwGO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO.
221
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
222