Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 05.11.2003

OVG NRW: wirtschaftliche einheit, veranlagung, gebäude, offenkundig, gebühr, grundstück, aufwand, form, bereinigung, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 9 A 160/02
Datum:
05.11.2003
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 A 160/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 27 K 288/98
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 13.622,03 EUR (=
früher 26.642,38 DM) festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Er legt die behaupteten
Zulassungsgründe nicht entsprechend den Anforderungen des § 124 a Abs. 1 Satz 4
VwGO in der hier noch anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 2001 geltenden
Fassung (vgl. § 194 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung
des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001, BGBl. I S.
3987) dar.
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Das gilt zunächst für die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des
angegriffenen Urteils (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin
rügt allein, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle
Grundstücke, auf denen das Kaufhaus errichtet sei, zu einer wirtschaftlichen Einheit und
damit zu einem Veranlagungsgegenstand für die streitigen Straßenreinigungsgebühren
zusammengefasst werden. Das Vorbringen zur Begründung dieses Einwandes greift
jedoch nicht durch.
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Aus dem Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 StrReinG NRW folgt auch unter
Berücksichtigung des Aspekts der Gebührengerechtigkeit keineswegs - wie die Klägerin
meint -, dass solche Buchgrundstücke, die wegen der Bebauung mit einem Gebäude
gemeinschaftlich genutzt werden, bei der Erhebung von Straßenreinigungsgebühren als
wirtschaftliche Einheit behandelt werden müssten. Ebenso ist insofern ohne Belang, ob
ein auf mehreren Buchgrundstücken errichtetes Gebäude in voneinander unabhängige
Nutzungseinheiten aufgeteilt werden kann. Selbst wenn dies - wie von der Klägerin für
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das Kaufhaus geltend gemacht - nicht der Fall ist, ergibt sich auch daraus nicht, dass die
mehreren Buchgrundstücke gebührenrechtlich als Einheit bewertet werden müssten.
Nach der bereits vom Verwaltungsgericht zutreffend angeführten gefestigten
Rechtsprechung des Senats ist nämlich grundsätzlich das Buchgrundstück Gegenstand
der Veranlagung zu Straßenreinigungsgebühren und ist eine Abweichung von diesem
Veranlagungsgegenstand, etwa in Form der Zusammenfassung mehrerer
Buchgrundstücke eines Eigentümers zu einer wirtschaftlichen Einheit, nur
ausnahmsweise dann zulässig, wenn sie unter dem Gesichtspunkt der
Gebührengerechtigkeit geboten ist. Dabei liegt ein derartiger, die Bildung einer
wirtschaftlicher Einheit aus mehreren Buchgrundstücken gebietender Ausnahmefall
nicht schon dann vor, wenn die Buchgrundstücke durch ein auf ihnen errichtetes
unteilbares Gebäude - wie hier mit dem Kaufhaus - in tatsächlicher Hinsicht einheitlich
genutzt werden. Erforderlich ist vielmehr, dass die Buchgrundstücke wegen ihres
Zuschnitts oder ihrer Lage und Größe bzw. sonstigen Beschaffenheit jeweils für sich
genommen nicht selbstständig nutzbar sind.
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 31. August 1989 - 9 A 79/87 -, NWVBl. 1990, 162, vom 2.
März 1990 - 9 A 2652/88 - und vom 27. Juli 1990 - 9 A 477/90 - sowie Beschlüsse vom
3. Juni 1996 - 9 A 507/96 -, vom 4. Juni 1996 - 9 B 3176/95 - und vom 7. Februar 1997 -
9 B 3017/96 -.
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Dass die hier vom Beklagten praktizierte und vom Verwaltungsgericht bestätigte
getrennte Veranlagung einzelner Buchgrundstücke bzw. mehrerer aus jeweils nur 2
Buchgrundstücken gebildeter wirtschaftlicher Einheiten deshalb fehlerhaft sein könnte,
weil diese Buchgrundstücke bzw. kleineren wirtschaftlichen Einheiten für sich
genommen nicht selbstständig nutzbar wären, legt der Zulassungsantrag nicht dar. Er
zeigt dafür keine substantiierten, die gegenteilige Bewertung des Verwaltungsgerichts
ernsthaft in Zweifel ziehenden Anhaltspunkte auf. Das Vorbringen der Klägerin
erschöpft sich insofern in der bloßen Behauptung, die der Veranlagung zugrunde
gelegten Flächen seien mit 182 qm bis zu 294 qm bei Frontbreiten an der B. gasse von
10 m bis zu 21 m derart gering dimensioniert, dass die Errichtung von einzelnen
Gebäuden auf diesen Flächen wirtschaftlich sinnlos sei, zumal es sich bei der B. gasse
nicht um eine klassische Einkaufsstraße handele. Es fehlt bereits an der Darlegung
jeglicher objektiver Umstände, die diese Behauptung stützen könnten. Einer solchen
Darlegung hätte es jedoch schon deshalb bedurft, weil es keineswegs offensichtlich ist,
dass der finanzielle Aufwand etwa für eine Bebauung mit einzelnen kleineren, aber
mehrgeschossigen Geschäften, Lokalen, Bürogebäuden o.ä. auf den bezeichneten
Flächen erkennbar außer Verhältnis zu den damit an dieser Stelle erzielbaren Erträgen
stehen müsste. Letzteres gilt um so mehr, als die B. gasse als Abzweig von der T. straße
im unmittelbaren Nahbereich einer klassischen Einkaufsstraße in der Innenstadt von L.
und mithin keineswegs - wie die Klägerin geltend machen will - in einem wenig
publikumsträchtigen abseitigen Bereich liegt. Der Zulassungsantrag zeigt auch nicht
auf, dass eine Bebauung der besagten Art aus sonstigen, insbesondere baurechtlichen,
Gründen ausgeschlossen wäre. Zudem verhält sich der vorgenannte Einwand der
Klägerin lediglich zu einer gewerblichen Bebauung und lässt ebenfalls nicht
offenkundig ausgeschlossene sonstige selbständige Nutzungsarten auf den jeweils
veranlagten einzelnen Flächen, etwa deren Nutzung als Stellfläche für mobile
Verkaufsstellen, als Parkflächen o.ä., gänzlich außer Betracht.
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Die Klägerin legt ebenso wenig dar, dass für die einzelnen Buchgrundstücke bzw. die
vom Beklagten gebildeten kleineren wirtschaftlichen Einheiten eine fehlerhafte
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Zuordnung zu den sie erschließenden Straßen mit Reinigungsvorteil vorgenommen und
auf dieser Grundlage die jeweils relevanten Frontmeter falsch berechnet worden sein
könnten. Hierzu fehlt es an jeglichen Ausführungen im Zulassungsantrag. Angesichts
dessen bedarf es unbeschadet damit insoweit zusammenhängender Problemstellungen
keiner näheren Prüfung dieses Aspekts im Zulassungsverfahren.
Dem Antrag lässt sich schließlich auch nicht entnehmen, dass der Rechtssache die von
der Klägerin behauptete grundsätzliche Bedeutung zukommt (Zulassungsgrund nach §
124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die von der Klägerin insoweit einzig konkret aufgeworfene
Frage,
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ob bei der Veranlagung der Gebühr nach § 3 StrReinG nicht die Buchgrundstücke,
sondern das einheitliche wirtschaftliche Grundstück zu Grunde gelegt werden kann,
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zeigt einen Klärungsbedarf von grundsätzlicher Bedeutung, der die Durchführung eines
Berufungsverfahrens gebieten könnte, nicht auf. Die Frage ist, soweit sie einer
grundsätzlichen Beantwortung zugänglich ist, in der Rechtsprechung des Senats im
oben ausgeführten Sinne geklärt. Die Anwendung dieser Vorgaben, d.h. die
Beantwortung der Frage, ob die oben genannten Voraussetzungen für das
ausnahmsweise Abstellen auf eine aus mehreren Buchgrundstücken gebildete
wirtschaftliche Einheit in der zur Prüfung stehenden Situation erfüllt sind, betrifft
hingegen allein den jeweiligen Einzelfall.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 13 Abs. 2 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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