Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 30.07.2007

OVG NRW: treu und glauben, jugend, beendigung, geeignete stelle, gesetzliche frist, abschlussprüfung, verfügung, qualifikation, verwirkung, gerichtsakte

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 3046/06.PVB
Datum:
30.07.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 A 3046/06.PVB
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Aachen, 15 K 244/06.PVB
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
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I.
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Der Beteiligte zu 1. schloss mit der Antragstellerin einen Berufsausbildungsvertrag,
wonach er in der Zeit vom 1. September 2001 bis 28. Februar 2005 zum
„Kommunikationselektroniker/Fachrichtung Funktechnik" ausgebildet werden sollte. Seit
Januar 2003 ist er ordentliches Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung
(JAV) bei dem K. ; seine Amtszeit endete mit Ablauf des 31. Mai 2006.
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Nachdem der Beteiligte zu 1. zweimal die Abschlussprüfung nicht bestanden hatte,
wurde die Ausbildungszeit jeweils - letztmalig bis zum 31. Januar 2006 - verlängert.
Unter diesem Datum bestand der Beteiligte zu 1. sodann die Prüfung.
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Mit Schreiben vom 12. Januar 2006 hatte er zuvor - wie erstmals bereits unter dem 2.
Dezember 2004 - seine Weiterbeschäftigung nach § 9 Abs. 2 des
Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) beantragt. Im Gefolge dieses Antrags
wird der Beteiligte zu 1. seit dem 1. Februar 2006 außerhalb des erlernten
Ausbildungsberufs als „Lfz-Avioniker TORNADO" beschäftigt.
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Am 9. Februar 2006 hat die Antragstellerin das vorliegende Beschlussverfahren
eingeleitet und geltend gemacht: Eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1. sei für
sie unzumutbar. Zum einen verfüge sie im Bereich der Standortverwaltung E. nicht über
einen auf Dauer angelegten Arbeitsplatz, welcher der Ausbildung des Beteiligten zu 1.
entspreche. Sämtliche Dienstposten für Kommunikationselektroniker seien derzeit
besetzt, wie die beigefügte Dienstpostenliste belege. Aus diesem Grund und wegen der
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bis dato fehlenden Qualifikation des Beteiligten zu 1. sei schon frühzeitig mit ihm über
eine anderweitige Verwendung gesprochen worden. Ihm sei im Rahmen eines
Personalgesprächs angeboten worden, nach Abschluss der Ausbildung unbefristet als
Materialbewirtschaftungsbearbeiter „D" beschäftigt zu werden. Im Rahmen der
notwendigen medizinischen Eignungsuntersuchung hätten die Vertrauensärzte des
Kreiswehrersatzamtes K1. indes festgestellt, dass der Beteiligte zu 1. gesundheitlich
nicht geeignet sei.
Die Antragstellerin hat beantragt,
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das nach § 9 Abs. 2 BPersVG begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen.
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Der Beteiligte zu 1. hat beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Er hat vorgetragen: Aus der vorgelegten Dienstpostenliste ergebe sich nicht, dass ein
freier Arbeitsplatz für ihn nicht vorhanden sei. Auch fehle es ihm nicht an der
gesundheitlichen Eignung. Er arbeite seit dem 1. Februar 2006 unbeanstandet als
Mitarbeiter im Bereich des Nachschubs und habe kürzlich noch an einer
Fortbildungsmaßnahme teilgenommen. Er komme den ihm übertragenen Tätigkeiten
ohne gesundheitliche Einschränkungen nach. Die Angaben des Vertrauensärztlichen
Dienstes des Kreiswehrersatzamtes vom 16. Dezember 2005 K1. seien für ihn nicht
nachvollziehbar und im Übrigen nicht belegt. Sein Hausarzt habe ebenfalls sein Blut
untersuchen lassen und keine krankhafte Veränderung festgestellt. Für ihn sei es
schließlich auch nicht verständlich, dass er über die angebliche gesundheitliche
Einschränkung nicht umfassend informiert worden sei; nur dann hätte er möglichen
Gefahren für seine Gesundheit begegnen können.
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Die Beteiligten zu 2. und 3. haben jeweils keinen Antrag gestellt.
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Die Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts hat
den Antrag durch den angefochtenen Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat sie
ausgeführt: Der Antrag sei zulässig, aber nicht begründet. Die von dem Beteiligten zu 1.
zurzeit ausgeübte Tätigkeit des „Lfz-Avionikers TORNADO" sei nicht
ausbildungsadäquat und werde damit dem Anspruch aus § 9 Abs. 2 BPersVG nicht
gerecht. Ob ihre Grundlage ein förmlicher Arbeitsvertrag sei, könne deshalb
dahinstehen. Die Antragstellerin sei nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen
gehindert, dem Beteiligten zu 1. einen Dauerarbeitsplatz als
Kommunikationstechniker/Fachrichtung Funktechnik anzubieten. Ihre Argumentation,
dass sämtliche Arbeitsplätze besetzt seien, habe sich im Anhörungstermin als fehlerhaft
herausgestellt. So sei eine geeignete Stelle im maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung
des Ausbildungsverhältnisses, d.h. am 1. Februar 2006, deshalb unbesetzt gewesen,
weil der Dienstposteninhaber zu diesem Zeitpunkt in die Freistellungsphase der
Altersteilzeit gewechselt sei. Der Berücksichtigungsfähigkeit dieser Stelle für den
grundsätzlich nach § 9 Abs. 2 BPersVG bestehenden Weiterbeschäftigungsanspruch
des Jugend- und Auszubildendenvertreters stehe nicht entgegen, dass sie nach der
Personalplanung der Antragstellerin zum 1. Oktober 2006 mit Herrn C. habe besetzt
werden sollen und eine entsprechende Versetzungsverfügung bereits unter dem 17.
Januar 2006 ergangen sei. Ebenso wenig könne ein Erlass des BMVg der angeblich die
Besetzungsmöglichkeit der fraglichen Stelle auf das sog. Überhangpersonal
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einschränke, den gesetzlichen Anspruch des Jugend- und Auszubildendenvertreters
aushebeln. Dies gelte jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der
Arbeitsplatz zu dem maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich noch frei gehalten werde. Wie
umgekehrt der Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, zugunsten eines Jugend- und
Auszubildendenvertreters neue Arbeitsplätze zu schaffen, die ihm die
Weiterbeschäftigung garantierten, so könne andererseits ein vorhandener Arbeitsplatz
nicht zu Lasten des Jugendvertreters dadurch blockiert werden, dass schon im Vorfeld
Personalmaßnahmen wie die hier in Rede stehende Versetzungsverfügung getroffen
würden, deren Wirkungen erst in der Zukunft einträten, um sie auf diese Weise dem
Weiterbeschäftigungsverlangen schon jetzt entgegen halten zu können. Es sei vielmehr
Sache des Arbeitgebers, seine Planung so einzurichten, dass er die Situation der
Jugend- und Auszubildendenvertreter jeweils hinreichend beachten könne, um deren
Anspruch nach § 9 Abs. 2 BPersVG gerecht zu werden.
Gegen den ihr am 10. Juli 2006 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin durch
ihren Prozessbevollmächtigten am 7. August 2006 Beschwerde eingelegt und sie am 5.
September 2006 (rechtzeitig) begründet.
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Die Antragstellerin macht im Wesentlichen geltend: Die Fachkammer habe nicht in
ausreichendem Maße ihre besondere Situation berücksichtigt. Sie befinde sich in einem
tiefgreifenden Reformprozess, mit welchem die Struktur der Bundeswehr grundlegend
geändert werde. Dieser Reformprozess habe u.a. zur Folge, dass bis zum Jahre 2010
ca. 45.000 zivile Dienstposten wegfielen. Um die Härten dieser Maßnahme
abzumildern, sei der Tarifvertrag über Sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im
Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TVUmbBW) vom 18. Juli 2001
vereinbart worden. Dieser enthalte eine Reihe von Regelungen, welche sich mit der
Arbeitsplatzsicherung des sog. Überhangs befasse. In erster Linie sei den Betroffenen
ein gleichwertiger Arbeitsplatz im Bundesdienst anzubieten. Ein Arbeitsplatz der
Fachrichtung Kommunikationselektroniker/Fachrichtung Funktechnik sei ab dem 1.
Dezember 2005 nur beim K. frei geworden. Der hier in Rede stehende Herr C. habe
einen solchen Arbeitsplatz benötigt und sei deshalb dorthin schon zu einem Zeitpunkt
versetzt worden, zu dem der Beteiligte zu 1. einen Weiterbeschäftigungsantrag noch gar
nicht gestellt gehabt habe. Mit der Versetzung habe sie, die Antragstellerin nicht nur
einem ministeriellen Erlass entsprochen, sondern - wie dargelegt - eine tarifliche
Verpflichtung vollzogen. Soweit die Rechtsprechung dem Jugend- und
Auszubildendenvertreter eine Schutzfrist schon drei Monate vor Beendigung des
Berufsausbildungsverhältnisses zubillige, innerhalb welcher ein adäquater Arbeitsplatz
grundsätzlich freizuhalten sei, müsse hier aus besonderen Gründen des Einzelfalles
Abweichendes angenommen werden: Nach der ursprünglichen Vereinbarung hätte das
Ausbildungsverhältnis mit dem Beteiligten zu 1. schon wesentlich früher, nämlich zum
28. Februar 2005 enden sollen. Wegen des zweimaligen Nichtbestehens der
Abschlussprüfung sei es dann aber jeweils verlängert worden, zuletzt bis zum 31.
Januar 2006. Bei einem solchen Sachverhalt sei es ihr - der Antragstellerin - nicht
zuzumuten, einen Arbeitsplatz mehrfach freizuhalten, was hier insbesondere das
abwartende Überhangpersonal nachteilig betroffen hätte. Ein Auszubildender, der
zweimal die Abschlussprüfung nicht bestehe, habe keinen Anspruch auf Freihaltung
eines Arbeitsplatzes; er habe ihn vielmehr verwirkt. Wenn in dem Zeitpunkt, in welchem
er die Ausbildung erfolgreich beende, kein Arbeitsplatz mehr frei sei, sei das
Arbeitsverhältnis vielmehr antragsgemäß aufzulösen. Im Übrigen bezieht sich die
Antragstellerin auf einen zu ihren Gunsten vom Verwaltungsgericht N. entschiedenen
Fall mit angeblich paralleler Fragestellung.
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Die Antragstellerin beantragt,
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den angefochtenen Beschluss zu ändern und ihrem Antrag I. Instanz zu entsprechen.
17
Der Beteiligte zu 1. beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
19
Er führt im Wesentlichen an: Die Argumentation der Antragstellerin zur Verwirkung des
Freihaltungsanspruchs werde dem Schutzzweck des § 9 Abs. 4 BPersVG nicht gerecht.
Entscheidend sei vielmehr, dass hier ein tatsächlich frei gewesener Arbeitsplatz nicht für
den Jugend- und Auszubildendenvertreter freigehalten worden, sondern durch die
Versetzungsverfügung anderweitig besetzt worden sei. Der Antragsstellerin sei zu
diesem Zeitpunkt sein Weiterbeschäftigungsbegehren bereits aus mehreren
Gesprächen bekannt gewesen. Des Weiteren habe das sog. Überhangpersonal keine
tarifvertraglichen Ansprüche auf Zurverfügungstellung konkreter frei werdender Stellen.
Es sei vom Arbeitgeber vielmehr nur Hilfestellung bei der „Suche" nach einem
mindestens gleichwertigen Arbeitsplatz zu leisten. Davon abgesehen bestehe kein
Vorrang der vereinbarten tariflichen Regelungen gegenüber der gesetzlichen Vorschrift
des § 9 Abs. 2 BPersVG.
20
Die Beteiligen zu 2. und 3. haben keine Anträge gestellt. Der Beteiligte zu 3. schließt
sich in der Sache der Auffassung der Beschwerde führenden Antragstellerin an.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der Beiakte (1 Verwaltungsvorgang) Bezug genommen.
22
II.
23
Die fristgerecht erhobene und rechtzeitig begründete Beschwerde der Antragstellerin
hat in der Sache keinen Erfolg.
24
Der Antrag der Antragstellerin ist, wie die Fachkammer zutreffend ausgeführt hat,
zulässig; er ist aber nicht begründet.
25
Ein Antrag nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG ist begründet, wenn Tatsachen vorliegen,
aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die
Weiterbeschäftigung eines Jugend- und Auszubildendenvertreters (im Folgenden
verkürzend nur als „Jugendvertreter" bezeichnet) nach der Beendigung des
Ausbildungsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen sind
hier aber nicht gegeben.
26
Die durch § 9 Abs. 4 Satz 1 (hier in der Alternative der Nr. 2) BPersVG u.a. eröffnete
Möglichkeit, ein gesetzlich begründetes Arbeitsverhältnis unter bestimmten
Voraussetzungen durch gerichtliche Entscheidung aufzulösen, knüpft unmittelbar an die
Grundregel des § 9 Abs. 2 BPersVG an, wonach ein solches Arbeitsverhältnis (und zwar
prinzipiell ein Vollzeitarbeitsverhältnis) kraft gesetzlicher Fiktion zwischen dem
Arbeitgeber und dem Auszubildenden, der Mitglied einer Personalvertretung oder einer
Jugend- und Auszubildendenvertretung ist, auf unbestimmte Zeit begründet wird, wenn
der Auszubildende innerhalb einer Frist von drei Monaten vor Beendigung des
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Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich seine Weiterbeschäftigung verlangt. Im Kern
dem Schutzgedanken des § 78a BetrVG in Bezug auf Auszubildende in
betriebsverfassungsrechtlichen Organen entsprechend geht der Schutzzweck der
Regelung(en) in § 9 BPersVG dahin, Auszubildende vor Personalmaßnahmen zu
bewahren, die sie an der Ausübung ihrer Personalrats- oder Jugendvertreterarbeit
hindern oder ihre Unabhängigkeit in dieser Arbeit beeinträchtigen können. Indem § 9
BPersVG die amtierende Personalvertretung bzw. Jugend- und
Auszubildendenvertretung vor dauernden oder vorübergehenden Änderungen ihrer
Zusammenarbeit schützt, dient er zugleich der Kontinuität der Arbeit der
angesprochenen Gremien. § 9 BPersVG hat damit zugleich individualrechtliche als
auch kollektivrechtliche Bedeutung.
Vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 1. Dezember 2003 - 6 P 11.03 -, BVerwGE 119,
270 = PersR 2004, 60, und vom 1. November 2005 - 6 P 3.05 -, BVerwGE 124, 292 =
PersR 2006, 382 = PersV 2006, 150.
28
Der dem Jugendvertreter durch das Gesetz gewährte Schutz ist indes kein absoluter; er
wird vielmehr durch gegenläufige Arbeitgeberinteressen insofern begrenzt, als auf
entsprechenden Antrag des Arbeitgebers vom Gericht die durch § 9 Abs. 4 Satz 1
BPersVG vorgegebene Zumutbarkeitsprüfung angestellt werden muss. Für diese gelten
im Wesentlichen die folgenden Grundsätze:
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Aufgrund objektiver betrieblicher Gründe ist dem Arbeitgeber die Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses insbesondere dann unzumutbar, wenn er dem Jugendvertreter zum
Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses
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vgl. zu diesem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt insbesondere BVerwG, Beschluss
vom 29. März 2006 - 6 PB 2.06 -, PersR 2006, 308 (dort aber auch dazu, dass es sich -
allerdings allein für die davor liegende Zeit - nicht um eine „strenge Stichtagsregelung"
handelt); ferner etwa BAG, Beschlüsse vom 28. Juni 2000 - 7 ABR 57/98 -, ZTR 2001,
139, und vom 12. November 1997 - 7 ABR 63/96 -, BAGE 87, 105
31
keinen auf Dauer angelegten Arbeitsplatz bereitstellen kann, der dessen Ausbildung
entspricht und ihn sowohl hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung des
Arbeitsverhältnisses als auch der Vergütung und der beruflichen
Entwicklungsmöglichkeiten einem Beschäftigten gleichstellt, der vom Arbeitgeber für
eine vergleichbare Tätigkeit ausgewählt und eingestellt worden ist. Dabei ist die
Weiterbeschäftigungspflicht des öffentlichen Arbeitgebers an das Vorhandensein einer
freien Planstelle nicht notwendig gebunden; entscheidend ist vielmehr, ob ein
ausbildungsadäquater, auf Dauer angelegter und gesicherter Arbeitsplatz zur Verfügung
steht.
32
Vgl. BVerwG, z.B. Beschlüsse vom 1. November 2005 - 6 P 3.05 -, a.a.O., und vom 17.
Mai 2000
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- 6 P 8.99 -, PersR 2000, 419 = ZfPR 2000, 232, jeweils m.w.N.
34
Für die Frage, ob ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz für den Jugendvertreter
zur Verfügung steht, kommt es allein auf den Bereich der jeweiligen
Ausbildungsdienstelle an. Für die Dienststellenbezogenheit spricht in diesem
Zusammenhang, dass auch die personalvertretungsrechtlichen Funktionen, deren
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Schutz § 9 BPersVG bezweckt, dienststellenbezogen sind, und dass es der Kontinuität
der Gremienarbeit als kollektivrechtlichem Element des Schutzzwecks gerade nicht
dienlich ist, wenn der Jugendvertreter an einer anderen Dienststelle weiterbeschäftigt
wird. Dem entspricht es, dass durch das Übernahmeverlangen des Auszubildenden
nach § 9 Abs. 2 BPersVG kraft der gesetzlichen Fiktion ein unbefristetes
Vollzeitarbeitsverhältnis entsteht, welches einen Anspruch auf ausbildungsgerechte
Beschäftigung (allein) in der Ausbildungsdienststelle begründet.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. November 2005 - 6 P 3.05 -, a.a.O.; zur
Dienststellenbezogenheit ferner OVG NRW, Beschluss vom 25. März 1999 - 1 A
5787/98.PVL -; PersV 1999, 568; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. Februar 2006
36
- 5 A 11117/05.OVG -; PersV 2006, 432; Thüringer OVG, Beschluss vom 20. Dezember
2005 - 5 PO 1488/04 -, PersV 2006, 392; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.
Oktober 2006 - 5 L 11/06 -, PersR 2007, 28; Ilbertz/Wid-maier, BPersVG, 10. Aufl., § 9
Rn. 16; kritisch Lorenzen u.a., BPersVG, § 9 Rn. 83.
37
Darüber, ob in der Ausbildungsdienststelle ein der Qualifikation entsprechender und
besetzbarer (Dauer-)Arbeitsplatz zur Verfügung steht, hat primär der
Haushaltsgesetzgeber zu entscheiden. Sind in einem Haushaltsplan oder in seinen
verbindlichen Erläuterungen bzw. seinen Anlagen Planstellen (in Bezug auf Beamte)
oder sonstige Stellen (in Bezug auf Arbeitnehmer) für die von dem Jugendvertreter
erworbene Qualifikation ausgewiesen, so kommt es darauf an, ob zumindest eine dieser
Stellen in dem maßgeblichen Zeitpunkt unbesetzt ist. Ist das der Fall, so ist diese Stelle
vorrangig mit dem Jugendvertreter zu besetzen. Fehlt es an einer auf die Qualifikation
des Beschäftigten bezogenen Zweckbestimmung oder überhaupt an einer konkreten
Vorgabe des Haushaltsgesetzgebers, die bei der Stellenbesetzung zu beachten wäre
(etwa in Bereichen mit Finanz- oder Globalbudget), so ist ein freier Arbeitsplatz nicht
schon deswegen vorhanden, weil eine im maßgeblichen Zeitpunkt freie Stelle ohne
Verstoß gegen das Haushaltsrecht mit dem Jugendvertreter besetzt werden könnte.
Vielmehr obliegt es dann dem auf der Arbeitgeberseite zuständigen Organ, über die
Verwendung der zugewiesenen Mittel grundsätzlich „frei" und unter Orientierung am
Grundsatz der bestmöglichen Erfüllung der der Dienststelle übertragenen Aufgaben zu
entscheiden. Namentlich kann in diesem Zusammenhang über den Weg des § 9
BPersVG nicht die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder die organisatorische
Zusammenfassung einzelner verbliebener Stellenbruchteile zu einem
Vollzeitarbeitsplatz verlangt werden. Die Wirkung von § 9 BPersVG beschränkt sich
insoweit vielmehr auf eine Missbrauchskontrolle. Ist durch die organisationsrechtlich
zuständige Stelle - innerhalb der durch das Haushaltsrecht eingeräumten Möglichkeiten
- allerdings entschieden worden, Arbeitsplätze zu schaffen, die (u.a.) auf die
Qualifikation des Jugendvertreters zugeschnitten sind, so kommt bei deren Besetzung
der in § 9 BPersVG normierte qualifizierte Diskriminierungsschutz grundsätzlich
durchgreifend zum Tragen. Gleiches muss für Arbeitsplätze gelten, die bereits
geschaffen worden und vorhanden sind. Das bedeutet, dass ein solcher Arbeitsplatz,
sollte er zum maßgeblichen Zeitpunkt frei sein, vorrangig mit dem Jugendvertreter zu
besetzen ist, es sei denn dessen Weiterbeschäftigung ist aus gewichtigen anderen,
etwa in der Person des Betroffenen liegenden Gründen ausnahmsweise unzumutbar.
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Vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 1. November 2005 - 6 P 3.05 -, a.a.O.,
m.w.N.
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Ausgehend von diesen allgemeinen Grundsätzen hat in der Ausbildungsdienststelle K.
für den Beteiligten zu 1. in dem maßgeblichen Zeitpunkt/Zeitraum ein freier
ausbildungsadäquater Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden, auf welchem dieser nach
dem Abschluss seiner Ausbildung weiter hätte beschäftigt werden können und auch -
zumutbar - müssen.
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Was die Stellensituation in der Dienststelle zu der fraglichen Zeit betrifft, dürften
Vorgaben des Haushaltsgesetzgebers insofern vorhanden (gewesen) sein, als sie
Grundlage für die von der Antragstellerin im Verfahren erster Instanz zu den Akten
gereichten „Organisations- und Stellenplan für Zivilpersonal" sind. Darüber hinaus liegt
in Gestalt des Inhalts dieses Plans (Blatt 43 bis 46 der Gerichtsakte) zumindest eine auf
der Grundlage des Organisationsrechts des Arbeitgebers getroffene und insoweit
verbindliche Aussage über das Vorhandensein und zugleich die Zweckbestimmung der
der Dienststelle K. zugeordneten zivilen Stellen (Dienstposten) vor. An die Ausweisung
in dem genannten Plan sowie - im Vergleich damit - in einer ebenfalls zum Verfahren
gereichten Dienstpostenliste (Blatt 4 der Gerichtsakte) knüpfen im Übrigen auch die
Beteiligten und das erstinstanzliche Gericht für ihre Überlegungen zum Vorhandensein
freier Stellen in dem hier im Blick stehenden Zeitpunkt bzw. Zeitraum übereinstimmend
an.
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Ausgehend von diesen Stellenplanunterlagen in Verbindung mit den darauf bezogenen
Erörterungen im Anhörungstermin erster Instanz hat es bereits ab dem 1. Dezember
2006 einen - gemessen an dem Zumutbarkeitsmaßstab in § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG
grundsätzlich berücksichtigungspflichtigen - für den Beteiligten zu 1. (prinzipiell)
ausbildungsadäquaten Vollzeitarbeitsplatz gegeben. Hierbei hat es sich laut dem zu
den Akten gereichten Organisations- und Stellenplan um den Facharbeiterdienstposten
„LFZ AVIONIK MECH C TORNADO FR RADAR VIDEOSYS" (ZE-Nr. 019) gehandelt,
dem als Dienstposteninhaber handschriftlich der Name „C. „ hinzugefügt ist. In der zuvor
von der Antragstellerin eingereichten Dienstpostenliste war zu dem gleichen
Dienstposten noch der Name „L. „ vermerkt. ORR I. von der Antragstellerin hat hierzu im
Anhörungstermin erster Instanz erläutert, dass sich Herr L. seit dem 1. Dezember 2005
in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinde. Der mit Verfügung vom 17. Januar
2006 auf die Stelle versetzte Herr C. , der zu den sog. Unterbringungsfällen aus dem
Überhang gehöre, habe die Position erst zum 1. Oktober 2006 einnehmen sollen.
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Hinsichtlich der Beantwortung der Frage, ob ein ausbildungsadäquater freier
Arbeitsplatz für den Beteiligten zu 1. tatsächlich vorhanden (gewesen) ist, kommt es als
maßgeblicher Zeitpunkt zwar - wie schon dargelegt - grundsätzlich auf denjenigen der
Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses an, also hier (erst) den 31. Januar
2006. Dabei handelt es sich aber nicht (vollumfänglich) um eine strenge
Stichtagsregelung. Strikt ausgeschlossen ist lediglich eine Erstreckung der Betrachtung
auf später liegende Zeiträume. Was die Zeit vor Beendigung des
Ausbildungsverhältnisses betrifft, kann es dem Arbeitgeber dagegen im Einzelfall auch
zumutbar sein, den Jugendvertreter auf Dauer in einem Arbeitsverhältnis zu
beschäftigen, weil er einen kurz vor der Beendigung der Berufsausbildung frei
gewordenen Arbeitsplatz mit einer anderen Person wiederbesetzt hat, statt ihn für einen
nach § 9 BPersVG geschützten Auszubildenden freizuhalten. Nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts, die insoweit mit derjenigen des Bundesarbeitsgerichts
konform geht, gilt dies regelmäßig bei einer Besetzung, die innerhalb von drei Monaten
vor dem vereinbarten Ende des Ausbildungsverhältnisses vorgenommen wird. Der
Arbeitgeber muss nämlich innerhalb des Dreimonats-Zeitraums des § 9 Abs. 2 BPersVG
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mit einem Übernahmeverlangen (grundsätzlich) rechnen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. März 2006 - 6 PB 2.06 -, a.a.O.; BAG, Beschluss vom
12. November 1997 - 7 ABR 63/96 -, a.a.O.
44
Vor diesem Hintergrund ist zunächst schon fraglich, ob in dem Zeitpunkt, in welchem der
Beteiligte zu 1. letztlich seine Ausbildung beendet hat (31. Januar 2006), der in Rede
stehende Arbeitsplatz überhaupt schon wieder (tatsächlich) neu besetzt war. Zwar war
zu diesem Zeitpunkt eine Versetzungsverfügung betreffend Herrn C. bereits ergangen.
(Innere) Wirksamkeit und Geltung sollte die damit getroffene Regelung aber erst zu
einem deutlich späteren Zeitpunkt, nämlich erst ab 1. Oktober 2006 entfalten. Denn der
Betroffene sollte den fraglichen Dienstposten nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt
einnehmen. Seine Dienstleistung wurde vielmehr bis dahin noch in der bisherigen
Dienststelle, dem zum 1. Oktober 2006 vollständig aufgelösten K2. in O. , benötigt. Auf
der anderen Seite konnte der betreffende Arbeitsplatz ohne eine - beim Vorliegen eines
sachlichen Grundes indes prinzipiell möglich gewesene - Aufhebung oder Änderung der
Versetzungsverfügung aber wohl nicht mehr dauerhaft mit einer anderen Person besetzt
werden, war die Stelle also nicht wie im Rahmen des § 9 BPersVG erforderlich für die
Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1. auf Dauer gesichert.
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Die damit zusammenhängenden Fragen können hier letztlich offen bleiben. Denn die
mit der Versetzungsverfügung getroffene Festlegung für die (spätere) Besetzung des in
Rede stehenden Dienstpostens fiel zumindest in den Drei-Monats-Zeitraum vor der
Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses des Beteiligten zu 1. Damit war aber -
wie dargelegt - ein Zeitraum betroffen, in welchem es der Antragstellerin, welcher die
Mitgliedschaft des Beteiligten zu 1. in der Jugend- und Auszubildendenvertretung
bekannt war, für den Regelfall oblag, den Arbeitsplatz für das betreffende Mitglied dieser
Vertretung freizuhalten, auch wenn dieses Mitglied ein Weiterbeschäftigungsverlangen
noch nicht förmlich erklärt hatte.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin entfiel die Verpflichtung zur Freihaltung
eines Arbeitsplatzes während des genannten Drei-Monats-Zeitraums nicht
ausnahmsweise deshalb, weil der Beteiligte zu 1. mehrfach die Abschlussprüfung nicht
bestanden hatte und das Ausbildungsverhältnis deswegen jeweils verlängert worden
ist. Dabei verkennt der Fachsenat nicht, dass es einen Arbeitgeber in besonderer Weise
in die Pflicht nimmt und seine mittel- und langfristige Personalplanung entsprechend
erschweren kann, wenn er in relativ kurzen Abständen mehrfach gezwungen ist, sich
darauf einzustellen, einen Arbeitsplatz für ein bestimmtes Mitglied der Jugend- und
Auszubildendenvertretung freizuhalten. Er kann sich aber grundsätzlich hierauf
einstellen, weil ihm die zugehörigen Rahmenbedingungen rechtzeitig bekannt sind und
er an ihnen - wenn auch vor dem Hintergrund einer insoweit bestehenden gesetzlichen
Verpflichtung - im Wege des Abschlusses entsprechender Zusatzverträge zum
Berufsausbildungsvertrag auch selbst mitgewirkt hat. Mit Abschluss des Zusatzvertrages
hat sich gleichzeitig das „vertragsgemäße" Ende des Berufsausbildungsverhältnisses
nach hinten verschoben. Vor allem enthält aber das Gesetz in diesem Zusammenhang
keinerlei Ansatzpunkt für eine Differenzierung. Es unterscheidet in § 9 BPersVG gerade
nicht danach, ob das jeweils vereinbarte Ende des Berufsausbildungsverhältnisses ein
„reguläres" im Sinne von „ursprünglich vereinbartes" ist oder ob es auf einer späteren,
namentlich durch ein Scheitern in der Abschlussprüfung veranlassten Änderungs- bzw.
Zusatzvereinbarung beruht. Ebenso wenig spielt dieser Gesichtspunkt für die vom
Gesetzgeber bezweckte Kontinuität der Arbeit des betreffenden
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personalvertretungsrechtlichen Organs und den Schutz vor möglicher Diskriminierung
der Mitglieder dieses Organs eine (unterschiedliche) Rolle.
Der von der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang angesprochene Gesichtspunkt
der Verwirkung von Rechten greift nicht. Es erscheint nämlich nicht als ein Verstoß
gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn das betroffene Mitglied der Jugend-
und Ausbildungsvertretung ein Weiterbeschäftigungsverlangen im Sinne des § 9 Abs. 2
BPersVG erst nach mehrfacher Verlängerung des Berufsausbildungsvertrages (ggf.
erneut) stellt und hiermit letztlich nur eine gesetzlich eingeräumte Rechtsstellung -
freilich unter sehr starker Ausnutzung dieser Position - für sich in Anspruch nimmt.
Gegenteiliges kann vom Arbeitgeber bei Würdigung der jeweiligen Interessenlage auch
verständigerweise nicht erwartet werden. Das frühere Weiterbeschäftigungsverlangen
des Beteiligten zu 1. vom 2. Dezember 2004 gab zudem einen konkreten Anhalt dafür,
dass für das Ausbildungsende zum 31. Januar 2006 mit einem entsprechenden Antrag
ggf. erneut zu rechnen war. Ein Jugendvertreter, dessen Ausbildung schon mehrfach
verlängert wurde, ist auch nicht rechtlich gehalten, sein Weiterbeschäftigungsverlangen
nunmehr besonders zeitig anzubringen. Er kann vielmehr auch in einem solchen Fall
die gesetzliche Frist des § 9 Abs. 2 BPersVG grundsätzlich voll ausschöpfen. Dies
zugrunde gelegt, hat der Beteiligte zu 1. dadurch, dass er seinen (letzten) Antrag auf
Weiterbeschäftigung erst etwa drei Wochen vor dem vereinbarten Ausbildungsende
gestellt hat, nicht im Wege eines zögerlichen Verhaltens bzw. des Verstreichenlassens
von zu viel Zeit schlüssig zum Ausdruck gebracht und (objektiv) den Eindruck vermittelt,
dass er seine Rechte aus § 9 BPersVG bezogen auf das Ausbildungsende zum 31.
Januar 2006 nicht (mehr) geltend machen würde. Sein Verhalten durfte von der
Antragstellerin mithin nach Treu und Glauben auch nicht in eine solche Richtung
verstanden werden. Für die von ihr angenommene Verwirkung liegt sonach weder das
Zeitmoment noch das Umstandsmoment vor. Dass das mehrfache Nichtbestehen der
Abschlussprüfung und die dadurch verursachten Verzögerungen in dem
Berufsausbildungsverhältnis, mögen sie auch wesentlich der Sphäre des
Auszubildenden zuzurechnen sein, für sich genommen kein tragfähiger Ansatz für die
Verwirkung der hier in Rede stehenden Rechtsstellung sein können, ergibt sich bereits
aus den vorausgegangenen Ausführungen zum Verständnis des - nach diesen
Gesichtspunkten nicht differenzierenden - § 9 BPersVG.
48
.
49
Des Weiteren ist die Regelverpflichtung zur Freihaltung eines vorhandenen
besetzbaren und dabei für den Beteiligten zu 1. ausbildungsadäquaten
Dauerarbeitsplatzes bei der Ausbildungsdienststelle hier nicht deswegen
(ausnahmsweise) entfallen, weil schon zum gleichen Zeitpunkt besonderes gewichtige
und dringliche Gründe auf Seiten des Arbeitgebers für die sofortige Besetzung der Stelle
mit einer anderen Person gesprochen hätten. Solches war nämlich hier nicht der Fall,
lässt sich den vorgetragenen und sonst erkennbaren Umständen jedenfalls nicht
entnehmen.
50
Das im Zentrum des Vorbringens der Antragstellerin stehende Argument, Herr C. hätte
mit einer geeigneten Stelle „versorgt" werden müssen, weil er wegen der Auflösung
seiner bisherigen Beschäftigungsdienststelle in den Überhang geraten sei, reicht in
diesem Zusammenhang in Würdigung aller Umstände dieses Einzelfalles nicht aus, um
sich gegenüber dem Rechtsanspruch des Jugendvertreters nach § 9 BPersVG als
vorrangig durchzusetzen und dessen Weiterbeschäftigung als im Ergebnis nicht
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zumutbar erscheinen zu lassen. Zwar hat das Arbeitgeberinteresse, die
Weiterbeschäftigung in den sog. Überhang geratener Beschäftigter - wie etwa solcher
von aufgelösten Dienststellen - zu sichern, prinzipiell ein hohes und als solches in die
Zumutbarkeitsabwägung nach § 9 Abs. 4 BPersVG einzustellendes Gewicht.
Vgl. allgemein hierzu Beschluss des Fachsenats vom heutigen Tage in dem Verfahren
1 A 3871/06.PVB; ähnlich für die „Unterbringung" (teil)dienstunfähiger Beamter
Beschluss vom heutigen Tage - 1 A 421/07.PVB -.
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Den Beschäftigten aus dem sog. Überhang wächst allerdings nicht automatisch ein
bestimmter neuer Arbeitsplatz bei einer anderen Dienststelle zu, sodass dort zur
Besetzung anstehende, grundsätzlich „freie" Arbeitsplätze nicht von vornherein im
Rechtssinne für anderweitige Besetzungen „gesperrt" sind. Um das Überhangpersonal
bestimmten Dienststellen und dort eingerichteten Dienstposten bzw. Arbeitsplätzen
zuzuweisen, ist vielmehr regelmäßig eine (Organisations- und) Personalentscheidung
des Arbeitgebers bzw. der für diesen handelnden zuständigen Stelle nötig. Diese
Entscheidung muss ihrerseits - auch im Verhältnis zum Inhalt einschlägiger
ministerieller Erlasse und/oder sich aus Tarifverträgen ergebender
Fürsorgeverpflichtungen - die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden
Rechtsbindungen, zu denen auch § 9 BPersVG zählt, gebührend beachten und
abwägend in die Entscheidung mit einstellen. Das gilt mit Blick auf etwa betroffene
besondere Umstände des Einzelfalles auch dann, wenn wegen des generell
bedeutsamen Gewichts des Bestrebens des Arbeitgebers (Dienstherrn), geeignete
Anschlussbeschäftigungen für das betroffene Überhangpersonal zu finden, bei
gleichzeitiger Knappheit bzw. weiteren Einsparung von Stellen für „echte"
Neueinstellungen in den für die „Unterbringung" des Überhangpersonals in Betracht
kommenden Dienststellen - und damit zugleich für die Übernahme von Auszubildenden
- allenfalls noch sehr begrenzt Raum ist.
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Für die Zumutbarkeitsprüfung und -abwägung im vorliegenden Einzelfall ergibt sich
hieraus: Namentlich der Umstand, dass der fragliche Dienstposten für den in Rede
stehenden Herrn C. in dem Zeitpunkt noch gar nicht aktuell benötigt wurde, in dem seine
Freihaltung zugunsten des Beteiligten zu 1. als seine Weiterbeschäftigung begehrender
Jugendvertreter grundsätzlich schon geboten gewesen ist, mindert hier in erheblichem
Maße die Dringlichkeit und letztlich auch das (generelle) Gewicht des
Arbeitgeberinteresses an der zugunsten von Herrn C. getroffenen
Personalentscheidung (Versetzung unter Reservierung eines bestimmten
Dienstpostens). Herr C. wurde hiermit sozusagen „auf Vorrat" von einer demnächst in
Auflösung begriffenen Dienststelle, in der er zunächst noch weiter benötigt wurde und
Dienst tun sollte, bereits der Dienststelle K. zugewiesen. Dies geschah ca. 8 ½ Monate
vor dem beabsichtigten Dienstantritt mit Blick auf zukünftige, wenn auch schon
absehbare organisatorische Entwicklungen. Zu diesem Zweck sollte für Herrn C.
während eines relativ langen Zeitraums ein bestimmter Dienstposten freigehalten
werden. Gleichzeitig war dieser Dienstposten damit für eine anderweitige Besetzung in
einem Dauerarbeitsverhältnis „blockiert". Dies schloss die Übernahme von
Auszubildenden mit erfolgreichem Abschluss auf diesem Dienstposten ebenfalls aus.
Soweit sich unter den betroffenen Auszubildenden ein Jugendvertreter wie der
Beteiligte zu 1. befand, berührte dies zugleich den durch § 9 BPersVG gewährleisteten
Schutz in einer besonderen Qualität. Ohne dass bereits aktuell ein anderweitiger,
vorrangiger Personalbedarf bestanden hat, wurde nämlich durch die in Rede stehende
Personalentscheidung zugunsten von Herrn C. die Kontinuität der Arbeit der Jugend-
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und Auszubildendenvertretung mit zeitnaher Wirkung aufs Spiel gesetzt. Dies geschah,
indem ein an sich aktuell freier und für den geplanten Zweck erst in Zukunft, und zwar
nach vielen Monaten, benötigter Arbeitsplatz gewissermaßen aus dem Topf der mit dem
Beteiligten zu 1. besetzbaren ausbildungsadäquaten Arbeitsplätze herausgenommen
wurde.
Abgesehen davon stand hier im Zeitpunkt des Ergehens der Versetzungsverfügung (17.
Januar 2006) der Abschluss des Berufsausbildungsverhältnisses des Beteiligten zu 1.
(31. Januar 2006) schon kurz, nämlich in ca. zwei Wochen, bevor. Je kürzer aber der
Zeitraum ist, um dessen Berücksichtung für die (weitere) Freihaltung des Arbeitsplatzes
es geht, um so dringlicher muss dem gegenüber das Interesse des Arbeitgebers an der
anderweitigen - in aller Regel sofortigen - Neubesetzung sein; die dazu nötigen
tatsächlichen Grundlagen hat der Arbeitgeber im Auflösungsverfahren - im Rahmen
seiner verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflichten an der Aufklärung des Sachverhalts -
darzulegen.
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Vgl. BAG, Beschluss vom 12. November 1997 - 7 ABR 63/96 -, a.a.O.; allgemein zu den
Mitwirkungspflichten der Beteiligten in Verfahren mit Untersuchungsgrundsatz auch
BVerwG, Beschluss vom 1. November 2005 - 6 P 3.05 -, a.a.O.
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Dazu, dass in Bezug auf die „Unterbringung" des Herrn C. ein (Einzel-)Fall
außergewöhnlicher Dringlichkeit vorgelegen hätte, hat die Antragstellerin indes weder
schriftsätzlich noch im Anhörungstermin vor dem Fachsenat etwas dargetan. Wie die
Vertreter der Antragsgegnerin in dem Anhörungstermin eingeräumt haben, war es
insbesondere nicht von vornherein ausgeschlossen, dass für Herrn C. (ggf. mit zeitlicher
Verzögerung) bei dieser oder bei einer anderen Dienststelle doch noch eine adäquate
Verwendung auf einem anderen als dem hier in Rede stehenden Dienstposten hätte
gefunden werden können. Im Grunde spricht auch schon der Umstand, dass die Stelle
nicht mit sofortiger Wirkung, sondern erst fast ein dreiviertel Jahr später besetzen
werden sollte, gegen einen besonderen Dringlichkeitsfall. Solche Stellenbesetzungen
„auf Vorrat" können - wenn überhaupt - höchstens in ganz seltenen Ausnahmefällen den
Schutzzweck des § 9 BPersVG verdrängen bzw. ihm vorgehen. Es geht dabei in
Wirklichkeit nämlich um eine hinsichtlich der in der Sache zu treffenden
Personalentscheidung „vorgezogene" Maßnahme, die bezüglich ihrer Wirkungen nicht
an einen schon aktuell vorliegenden Bedarf anknüpft, sondern allein zukunftsgerichtet
ist. Eine derartige Personalmaßnahme steht einer schlichten Freihaltung der Stelle für
einen Übergangszeitraum gleich bzw. kommt ihr zumindest nahe. Bezogen auf einen in
der Zukunft liegenden Zeitpunkt nach dem Ende des Berufsausbildungsverhältnisses
kann aber der Jugendvertreter die Freihaltung einer (künftig frei werdenden) Stelle
aufgrund seiner Rechtsstellung aus § 9 BPersVG gerade nicht verlangen; das gilt selbst
in Bezug auf Stellen, die schon kurzfristig nach dem Ausbildungsende zur Verfügung
stehen.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. März 2006 - 6 PB 2.06 -, a.a.O.
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Es würde sich hiervon ausgehend schwerlich als systemgerecht darstellen, wenn der
Arbeitgeber seinerseits aktuell vorhandene und besetzbare Stellen zu Lasten des
gesetzlich regelmäßig bestehenden Anspruchs des Jugendvertreters auf
Weiterbeschäftigung für einen erst Monate später aktuell werdenden Fall anderweitiger
Besetzung einfach „reservieren" dürfte, um darauf basierend die Unzumutbarkeit der
Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters geltend zu machen. Zumindest die
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Kontinuität der Amtsführung eines personalvertretungsrechtlichen Organs als einer der
wesentlichen Schutzzwecke der durch § 9 BPersVG eingeräumten Rechtsstellung
würde in erheblichem Maße beeinträchtigt werden, wenn ein Jugendvertreter nur wegen
eines künftig erst auftretenden Ereignisses bzw. Bedarfs an der Fortsetzung seiner
Amtstätigkeit gehindert würde.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. März 2006 - 6 PB 2.06 -, a.a.O., mit Nachweis zur
entsprechenden Rechtsprechung des BAG; dazu, dass das Vorhandensein einer freien
ausbildungsadäquaten Stelle unabhängig davon zu beurteilen ist, ob die Stelle erst zu
einem späteren Zeitpunkt besetzt werden soll, auch Ilbertz/Widmaier, a.a.O., § 9 Rn. 16a
unter Bezugnahme auf OVG Lüneburg, Beschluss vom 5. Dezember 1984, Leits. PersV
1988, 274.
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Schließlich ist hier eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1. der Antragstellerin
auch nicht aus Gründen in der Person des Betroffenen unzumutbar. Zwar ist solches mit
Blick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG, welche mit den
Zielen des § 9 BPersVG in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen sind,
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vgl. dazu etwa Beschluss des Fachsenats vom heutigen Tage in dem Verfahren 1 A
1872/06.PVB,
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(u.a.) bei einem schwerwiegenden Eignungsmangel für die ausbildungsadäquate
Tätigkeit grundsätzlich in Betracht zu ziehen, wobei zur Eignung nicht nur die fachliche,
sondern auch diejenige in gesundheitlicher Hinsicht zählt. Hier fehlt es indes (nach wie
vor) an hinreichend substanziierten Darlegungen der Antragstellerin zu den mit ihrem
erstinstanzlichen Vorbringen unter Hinweis auf eine (ihrerseits inhaltlich substanzlose)
vertrauensärztliche Stellungnahme lediglich pauschal und ohne Eingehen auf den
Schweregrad geltend gemachten gesundheitlichen Eignungszweifeln, denen der
Beteiligte zu 1. u.a. unter Hinweis auf seine tatsächlich unbeanstandete
Aufgabenerfüllung als Lfz-Avioniker zumindest im Kern nachvollziehbar
entgegengetreten ist. Auch vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin diesen Aspekt
der Begründung ihres Auflösungsantrags im zweiten Rechtszug offenbar nicht
weiterverfolgt hat, sieht sich der Senat zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts in
diesem Punkt durch den Untersuchungsgrundsatz nicht veranlasst. Hinsichtlich der im
Anhörungstermin zweiter Instanz von der Antragstellerin und auch dem Vorsitzenden
des Beteiligten zu 3. zumindest unterschwellig geäußerten Zweifel an einer
ausreichenden fachlichen Eignung des Beteiligten zu 1. gilt im Kern Entsprechendes.
Dass der Beteiligte zu 1. noch weitere Schulungen (darunter auch in Sprachen)
benötigt, um - aufbauend auf seine Berufsausbildung - einen Dienstposten als
Kommunikationselektroniker oder eine vergleichbare Tätigkeit nach den derzeitigen und
erst recht den künftigen Anforderungen (Umstellung des Systems TORNADO auf
EUROFIGHTER) voll ausfüllen zu können, mag zutreffen, führt aber als solches noch
nicht auf einen schwerwiegenden Eignungsmangel, der hier allein
berücksichtigungsfähig wäre. Dasselbe gilt in Bezug auf sein relativ schwaches
Abschneiden in der Abschlussprüfung. Fachliche (Leistungs-)Vergleiche mit anderen
Ausbildungsabsolventen hat die Antragstellerin zur Begründung ihres Antrags nicht
angestellt.
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Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahren.
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Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht
gegeben sind.
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