Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 12.01.1998

OVG NRW (kläger, stadt, kanal, kag, grundstück, verwaltungsgericht, ableitung, aufwand, beitragssatz, bezug)

Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1636/94
Datum:
12.01.1998
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 A 1636/94
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 5 K 6509/92
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Der Beschluß ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 1.625,75 DM
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
2
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 130b Satz 1 VwGO).
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Gegen das der Klage stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte
rechtzeitig Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens haben der
Bürgermeister und ein Mitglied des Rates der Stadt S am 1. August 1997 als
Dringlichkeitsentscheidung eine neue Beitragskalkulation für die Beitragsfestsetzung in
der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt S vom 18.
April 1986 beschlossen. Diese Dringlichkeitsentscheidung ist vom Rat der Stadt S am 9.
September 1997 genehmigt worden.
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Der Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen.
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II.
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Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluß gemäß § 130a
VwGO, dessen Voraussetzungen vorliegen.
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Die Berufung ist begründet. Die Klage ist abzuweisen, weil sie unbegründet ist. Der
angefochtene Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 14. Oktober 1992 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. November 1992 ist rechtmäßig und
verletzt deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Der Bescheid rechtfertigt sich aus § 8 KAG NW in Verbindung mit der Beitrags- und
Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt S vom 18. April 1986 (BGS).
Diese Satzung ist inzwischen wirksam, nachdem ihr im Wege einer vom Rat der Stadt S
später genehmigten Dringlichkeitsentscheidung nach § 60 Abs. 1 GO NW eine
Beitragskalkulation unterlegt worden ist, die ihrerseits keinen durchgreifenden
Bedenken unterliegt. Die Beitragskalkulation kommt zu einem Beitragssatz von 7,88 DM
je Quadratmeter erschlossene Grundstücksfläche; daraus folgt, daß der in § 3 B Abs. 1
Satz 1 BGS festgesetzte Beitragssatz von 3,50 DM je Quadratmeter Grundstücksfläche
nicht gegen das in diesem Zusammenhang allein maßgebliche
Aufwandsüberschreitungsverbot des § 8 Abs. 4 Satz 5 KAG verstößt.
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Daß der Beitragstatbestand, abgesehen von dem im Zeitpunkt der
verwaltungsgerichtlichen Entscheidung noch nicht behobenen in einer fehlerhaften
Kalkulation begründeten Satzungsmangel, erfüllt ist, hat das Verwaltungsgericht bereits
im einzelnen zutreffend ausgeführt. Dabei brauchte sich das Verwaltungsgericht nicht
abschließend mit den Behauptungen des Klägers auseinanderzusetzen, der in der
Straße "I " verlegte Kanal sei, wie Stauungen gezeigt hätten, nicht zur Aufnahme und
Fortleitung ungeklärten Abwassers geeignet, im übrigen erfordere der Hausanschluß
wegen des vorhandenen Gegengefälles einen unvertretbaren Aufwand.
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Die Behauptung des Klägers, in der Vergangenheit seien Stauungen im Kanal
aufgetreten, kann als wahr unterstellt werden. Sie ist für die Entstehung der
Beitragspflicht ohne Bedeutung. Dafür ist in diesem Zusammenhang entscheidend, daß
das Grundstück des Klägers an einen betriebsfertigen öffentlichen Kanal angeschlossen
werden kann. Das ist hier der Fall. Gelegentliche Stauungen bei einem
Mischwasserkanal, etwa bei starkem Niederschlag, sind nicht ungewöhnlich, stellen
aber dessen grundsätzliche Betriebsfertigkeit nicht in Frage.
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Daß der Anschluß des Hauses an den vor dem Grundstück des Klägers verlaufenden
Kanal und die Ableitung des dort anfallenden ungeklärten Abwassers in den Kanal
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technisch nicht möglich seien, wird vom Kläger nicht behauptet. Er vertritt lediglich die
Auffassung, der - technisch mögliche - Anschluß erfordere wegen des vorhandenen
Gegengefälles einen unvertretbaren Aufwand. Auch dieses Vorbringen verhilft der
Klage nicht zum Erfolg. Es ist anerkannt, daß ein Anschluß auch dann technisch
möglich ist, wenn es des Einbaus einer Hebeanlage bedarf, weil wegen des
Niveauunterschieds zwischen Grundstück und öffentlicher Anlage eine Ableitung des
Abwassers im freien Gefälle nicht möglich ist. Denn dies beruht auf der
situationsgebundenen Eigenschaft des Grundstücks, für die der Eigentümer
einzustehen hat, wenn er es bebaut.
Vgl. Dietzel in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 1997, § 8 KAG Rdnr.
542.
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Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, daß und aus welchem Grund ein etwa
erforderlicher grundsätzlich zumutbarer Einbau einer Hebeanlage in seinem Fall
unvertretbare Aufwendungen erforderlich mache. Deshalb ist diesem Vorbringen nicht
weiter nachzugehen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über
ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
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Die Streitwertentscheidung beruht auf den §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 1 GKG.
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