Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 28.03.2002

OVG NRW: gespräch, ausreise, dialekt, tante, härtefall, gleichbehandlung, schule, bekanntmachung, anhörung, botschaft

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 2 E 128/02
28.03.2002
Oberverwaltungsgericht NRW
2. Senat
Beschluss
2 E 128/02
Verwaltungsgericht Köln, 13 K 18/98
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu jeweils
einem Viertel. Kosten werden nicht erstattet (§§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1
VwGO, 100 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon
ausgegangen, dass unter Berücksichtigung des derzeitigen Sach- und Streitstandes keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg der Klage besteht (§ 114 ZPO). Es hat die deutsche
Volkszugehörigkeit des Klägers zu 1) im Sinne des § 6 Abs. 2 des Gesetzes über die
Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG -)
in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993, BGBl. I S. 829, zuletzt geändert
durch das Gesetz zur Klarstellung des Spätaussiedlerstatus (Spätaussiedlerstatusgesetz -
SpStatG) vom 30. August 2001, BGBl. I 2256, in der angefochtenen Entscheidung
unabhängig von der Frage eines Bekenntnisses zum deutschen Volkstum mit der
Begründung verneint, der Kläger zu 1) sei nicht in der Lage sei, ein einfaches Gespräch auf
Deutsch zu führen.
Dass der Kläger zu 1) entsprechend den Anforderungen des hier zur Anwendung
kommenden § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann, ist
auch in der Antragsbegründung nicht vorgetragen worden. Die dort vertretene Auffassung,
aus den Protokollen über die Anhörung des Klägers zu 1) durch die Botschaft der
Bundesrepublik Deutschland Almaty vom 5. August 1998 und über den Erörterungstermin
des Verwaltungsgerichts vom 13. September 2001 ergebe sich, dass "nicht nur ein
einfaches, sondern auch kompliziertes Gespräch" auf Deutsch geführt worden sei, findet in
dem Ergebnis dieser Anhörungen des Klägers zu 1) keine Stütze. Danach spricht vielmehr
alles dafür, dass der Kläger zu 1) nicht in der Lage ist, sich ausreichend auf Deutsch zu
unterhalten. Insbesondere im Erörterungstermin hat er etwa die Hälfte der ihm auf Deutsch
gestellten Fragen nicht oder nicht richtig beantworten können. Auch die Schilderung seines
Lebenslaufes besteht im Wesentlichen aus der Aneinanderreihung von Wörtern ohne
erkennbaren Satzbau. Die Bewertung der Sprachfähigkeit in der Beschwerdebegründung,
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der Kläger zu 1) habe "in längeren Sätzen geschildert, wann er geboren ist und dass er die
Schule besucht hat", ist demgegenüber nicht nachvollziehbar. Anhaltspunkte für
Dialektkenntnisse des Klägers zu 1) sind bisher nicht hinreichend substantiiert vorgetragen
worden. Entgegen der Behauptung in der Beschwerdebegründung hat der Kläger zu 1)
nicht "in der dortigen mündlichen Verhandlung" klargestellt, Dialekt besser zu verstehen. Er
hat vielmehr auch im Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht nicht vorgetragen,
einen deutschen Dialekt zu beherrschen. Die insoweit ausweislich der Niederschrift des
Erörterungstermin allein von der anwesenden Tante des Klägers zu 1) gegebenen
Anhaltspunkte sind von den Klägern in der Beschwerdebegründung zwar erwähnt, jedoch
nicht hinreichend substantiiert worden. Da der Kläger zu 1) vor diesem Hintergrund die
Anforderungen an ein einfaches Gespräch im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG
offensichtlich nicht erfüllt, kommt es auf die Frage der innerfamiliären Vermittlung der
deutschen Sprache nicht mehr an.
Die Kläger haben in der Beschwerdebegründung auch nicht hinreichend substantiiert
dargelegt, dass der hilfsweise gestellte Antrag auf Einbeziehung der Kläger zu 1), 3) und 4)
in den Aufnahmebescheid der Mutter des Klägers zu 1) hinreichende Aussicht auf Erfolg
hat. Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss vielmehr zu Recht
darauf hingewiesen, dass der Aufnahmeantrag der Kläger erst am 7. Januar 1995 und
damit nach der Ausreise der Mutter des Klägers zu 1) am 25. August 1994 gestellt worden
ist, so dass nach der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des Senates eine
nachträgliche Einbeziehung im Härtewege auch als so genannter "verfahrensbedingter
Härtefall" grundsätzlich ausgeschlossen ist. Anhaltspunkte dafür, dass hier
ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, sind nicht vorgetragen worden und auch
nicht ersichtlich. Die Ansicht der Kläger, die Mutter des Klägers zu 1) habe bereits mit ihrem
Aufnahmeantrag vom 22. April 1991 auch die gemeinsame Aufnahme der Kläger begehrt,
verkennt, dass nach dem insoweit eindeutigen Inhalt und Aufbau des Antragsformulars der
Antrag allein von denjenigen Personen gestellt wird, die auf der ersten Seite des Formulars
eingetragen worden sind. Hierzu zählen die Kläger offensichtlich nicht, da lediglich der
Kläger zu 1) in dem Aufnahmeantrag seiner Mutter, und zwar nicht als Antragsteller auf der
ersten Seite, sondern - nachrichtlich - unter den "Angaben zu den Kindern ab 16 Jahre",
erwähnt worden ist. Diese Angabe könnte allenfalls für die Frage erheblich sein, ob
gleichzeitig gestellte Aufnahmeanträge mehrerer Familienmitglieder gemeinsam vom
Bundesverwaltungsamt zu bearbeiten wären. Diese Frage stellte sich hier jedoch auch
unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG
schon deshalb nicht, weil der Kläger zu 1) seinen Aufnahmeantrag erst nach der Ausreise
seiner Mutter gestellt und damit erstmals bekundet hat, ebenfalls aussiedeln zu wollen.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1,
127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).