Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11.11.2010

OVG NRW (jagdaufseher, verwaltungsgericht, kläger, erforderlichkeit, errichtung, zweifel, jagdhütte, wirtschaftliche betrachtungsweise, rechtssatz, ursächlicher zusammenhang)

Oberverwaltungsgericht NRW, 2 A 2124/09
Datum:
11.11.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 A 2124/09
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfah-rens jeweils zur
Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht
erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfah-ren auf 20.000,- Euro
festgesetzt.
Gründe:
1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2
Die mit dem Zulassungsbegehren vorgebrachten, für die Prüfung maßgeblichen
Einwände (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO), begründen weder ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch
ergeben sie besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache
im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.) oder deren grundsätzliche Bedeutung
gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3.). Ebenso wenig ergibt sich (4.) aus ihnen eine
Abweichung des Urteils von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des
Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des
Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, auf der das Urteil beruht
(Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) oder ein der Beurteilung des
beschließenden Senats unterliegenden Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5
VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann (5.).
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1. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche
Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer
rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet,
wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung
oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage
gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im
Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage
4
beantworten lässt.
Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
5
Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids
vom 10. Dezember 2007 zu verpflichten, über den Bauantrag vom 3./7. September 2007
in der Gestalt des Nachtragbauantrags vom 8. Mai 2009 auf Errichtung eines
Jagdhauses mit Carport und Nebenräumen zur Wildverarbeitung auf dem Grundstück
Gemarkung S. , Flur 21, Flurstücke 192 und 194, unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, als unzulässig abgewiesen. Das
Gericht sei grundsätzlich verpflichtet, die Sache selbst spruchreif zu machen, wenn der
Erlass des beantragten Verwaltungsakts - wie hier einer Baugenehmigung - nicht im
Ermessen der Behörde stehe. Ein Ausnahmefall von diesem Grundsatz liege nicht vor.
Die Klage wäre auch unbegründet. Das Bauvorhaben sei nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4
BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig. Als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2
BauGB beeinträchtige es öffentliche Belange, weil es jedenfalls den Darstellungen des
Flächennutzungsplans der Beigeladenen widerspreche und die Verfestigung einer
Splittersiedlung befürchten lasse.
6
Die dagegen von den Klägern erhobenen Einwände bleiben ohne Erfolg.
7
1.1 Es kann offen bleiben, ob sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der
angegriffenen Entscheidung daraus ergeben, dass das Verwaltungsgericht die Klage
als unzulässig abgewiesen hat.
8
Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts ließe sich einerseits anführen, dass es
grundsätzlich in der Dispositionsbefugnis eines Klägers liegt, auch ein prozessuales
"Weniger" wie eine Neubescheidung einzuklagen, als er nach seinem Vorbringen
maximal erreichen könnte.
9
Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 6 B 47.06 -, NVwZ
2007, 104 = juris Rn. 13, mit weiteren Nachweisen, Urteil vom 28. März
1968 - VIII C 22.67 -, BVerwGE 29, 239 = NJW 1968, 1643 = juris Rn. 10;
Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 113 Rn. 201 ff.; Wolff, in:
Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 113 Rn. 451 (demzufolge das
Gericht bei gebundenen Entscheidungen allerdings darauf hinwirken
müsse, dass ein sachdienlicher Antrag gestellt werde).
10
Für die Auffassung des Verwaltungsgericht könnte anderseits sprechen, dass bei
gebundenen Genehmigungsansprüchen - wie dem hier geltend gemachten Anspruch
aus § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW - grundsätzlich § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO greift,
wonach das Gericht verpflichtet ist, die Sache umfassend spruchreif zu machen und
eine Neubescheidung in diesen Fällen nur ausnahmsweise bei sogenannten
"steckengebliebenen Verfahren" in Betracht kommt, wenn ansonsten im
Veraltungsverfahrens noch nicht behandelte komplexe Fragen erstmals im gerichtlichen
Verfahren geprüft werden müssten.
11
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Juni 2003 - 4 B 14.03 -, NVwZ-RR 2003,
719 = BRS 66 Nr. 157 = juris Rn. 6, und vom 25. November 1997 - 4 B
179.97 -, NVwZ-RR 1999, 74 = juris Rn. 3, jeweils mit weiteren
Nachweisen; OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -, BRS 71
12
Nr. 109 = juris Rn. 28 f. (zum Immissionsschutzrecht); OVG R.-P., Urteil vom
27. Januar 2010 - 1 A 10779/09 -, NVwZ-RR 2010, 468 = juris Rn. 39 f., mit
weiteren Nachweisen.
Eine solche Situation liegt hier aber nicht vor und wird auch von den Klägern nicht
geltend macht.
13
Einer abschließenden Klärung bedarf die aufgeworfene Frage nicht, denn das
Verwaltungsgericht hat die Klageabweisung selbstständig tragend auch auf die
Unbegründetheit des geltend gemachten Anspruchs gestützt. Da die
Klageabweisungsgründe zur Unzulässigkeit und Unbegründetheit als gleichwertig zu
betrachten sind, ist die Berufung in Fällen der vorliegenden Art nur dann zuzulassen,
wenn der Rechtsmittelführer auch hinsichtlich der Begründetheit darlegt, warum die
Ausführungen des Verwaltungsgerichts die angefochtene Entscheidung insoweit nicht
tragen.
14
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. April 2003 - 4 B 29.03 -, juris Rn. 2, und
vom 17. März 1998 - 4 B 25.98 -, BRS 60 Nr. 142 = juris Rn. 2; Seibert, in:
Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 124 a Rn. 112.
15
1.2 Letzteres zeigt der Zulassungsantrag jedoch nicht auf.
16
Davon, dass das Verwaltungsgericht infolge der Annahme der Unzulässigkeit der Klage
eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem von den Klägern geltend gemachten
Anspruch unterlassen und die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen nur
kursorisch geprüft habe, kann nicht die Rede sein. Das Verwaltungsgericht hat auf S. 11
bis S. 24 des Urteilsabdrucks eingehend begründet, dass das im Streit stehende
Vorhaben der Errichtung eines Jagdhauses mit Carport sowie Kühl- und Zerwirk-
räumen zur Wildverarbeitung nach § 35 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig ist,
namentlich kein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB darstellt. Die
insgesamt überzeugenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts werden durch das
Zulassungsvorbringen nicht ernstlich in Zweifel gezogen.
17
a) Insbesondere spricht nichts dafür, dass das Verwaltungsgericht die rechtlichen
Maßstäbe, nach denen sich bewertet, ob ein Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 4
Alt. 3 BauGB wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich
ausgeführt werden soll, verkannt hätte.
18
Es hat sich bei der Auslegung der genannten Vorschrift ausweislich S. 12 ff. des
Entscheidungsabdrucks von dem in der Rechtsprechung insbesondere des
Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Verständnis des Privilegierungstatbestands
und den danach maßgeblichen Bewertungskriterien leiten lassen. Danach setzt § 35
Abs. 1 Nr. 4 BauGB insbesondere die Wertung voraus, ob das Vorhaben nach Lage der
Dinge wegen seiner Zweckbestimmung hier und so sachgerecht nur im Außenbereich
untergebracht werden kann. Zu dieser Wertung gehört - vorrangig - die Entscheidung,
ob das Vorhaben überhaupt ausgeführt werden soll. Ein Vorhaben "soll" in diesem
Sinne im Außenbereich nicht ausgeführt werden, wenn es zur Erfüllung der zulässigen
und an sich außenbereichsadäquaten Funktion nicht erforderlich ist.
19
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. November 1995 - 4 B 209.95 -, BRS 57
Nr. 189 = juris Rn. 3, Urteile vom 14. März 1975 - IV C 41.73 -, BVerwGE 48,
20
109 = NJW 1975, 2114 = juris Rn. 25, und vom 14. Mai 1969 - IV C 19.68 -,
BVerwGE 34, 1 = juris Rn. 16.
Davon, dass dies auch im Hinblick auf - im Ansatz gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB
privilegierungsfähige - Einrichtungen zur Jagdausübung gilt, ist das Verwaltungsgericht
ausgegangen und ist - nachvollziehbar - im Rahmen der Einzelfallbewertung unter
Auswertung des klägerischen Vorbringens und der von den Klägern eingereichten
Gutachten des Herrn Dr. I. , eines öffentlich bestellten und vereidigten
Sachverständigen für Forstwirtschaft, vom 13. März 2008 und vom 14. April 2009 zu
dem Ergebnis gelangt, das Jagdhaus sei am Standort C. nicht erforderlich. Ein
zweiter Jagdaufseher könne seinen Wohnsitz außerhalb des Jagdreviers etwa im
weniger als 2 km von dem Baugrundstück entfernt gelegenen Ortsteil N. der
Beigeladenen nehmen, ohne dass dadurch die Erfüllung der den Klägern als
Jagdpächtern obliegenden Pflichten des § 1 BJagdG ernsthaft gefährdet wäre. Dies
gelte für jede einzelne der auf S. 14 ff. des angegriffenen Urteils angeführten Tätigkeiten
ebenso wie für den Arbeitsanfall im Jagdrevier insgesamt.
21
Diese Annahme des Verwaltungsgerichts zieht das Zulassungsvorbringen nicht
ernstlich in Zweifel.
22
Ihm entgegen hat das Verwaltungsgericht die bei der Interpretation des § 35 Abs. 1 Nr. 4
BauGB zu beachtenden Maßgaben auch auf der Subsumtionsebene nicht unbeachtet
gelassen. Die von den Klägern auf S. 12 f. der Zulassungsbegründung vom 7.
November 2009 hervorgehobenen Formulierungen des Verwaltungsgerichts deuten
insbesondere nicht darauf hin, dass die Bewertung des Verwaltungsgerichts von einer
überzogenen Anforderung an das Merkmal der Erforderlichkeit getragen gewesen wäre
und dieses eine Privilegierung eines Hauses für einen Jagdaufseher nur in Betracht
gezogen hätte, wenn anders eine ordnungsgemäße Jagdausübung unmöglich würde.
Vielmehr hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar darauf abgestellt, dass ein zweiter
Jagdaufseher die ihm obliegenden Tätigkeiten, die auf S. 12 f. der
Zulassungsbegründung vom 7. November 2009 aufgelistet sind, auch dann in
zumutbarer Weise ordnungsgemäß verrichten könnte, wenn er in das Jagdrevier etwa
aus der nahegelegenen Stadt S. einpendelt. Das Verwaltungsgericht hat damit
erkennbar lediglich unter Einbeziehung der Besonderheiten des vorliegenden
Einzelfalls, namentlich des Umfangs des Vorhabens wie auch des im Revier bereits
vorhandenen, ebenfalls in der Nähe der Stadt S. gelegenen Jagdhauses für den
ersten Jagdaufseher, eine nach Lage der Dinge unter Berücksichtigung auch des
öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Jagdausübung
unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Jagdausübung, einschließlich der
Hegeverpflichtung, verneint.
23
Vgl. zur im Rahmen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB erforderlichen
Berücksichtigung auch des Umfangs der Inanspruchnahme des
Außenbereichs: BVerwG, Beschluss vom 30. August 1996 - 4 B 117.96 -,
BRS 58 Nr. 90 = juris Rn. 9, Urteile vom 18. Oktober 1985 - 4 C 56.82 -,
BRS 44 Nr. 83 = juris Rn. 13, und vom 10. Dezember 1982 - 4 C 52.78 -,
NVwZ 1983, 472 = BRS 39 Nr. 80 = juris Rn. 16; OVG NRW, Urteile vom 12.
Februar 1981 - 10 A 618/80 -, BRS 38 Nr. 91, und vom 10. Juli 1980 - 10 A
2238/79 -, BRS 36 Nr. 90.
24
Es ergeben sich auch keine Bedenken, soweit das Verwaltungsgericht im Übrigen die
25
Rechtsprechung zur möglichen Privilegierung von Jagdhütten,
vgl. dazu wiederum die vorzitierte Rechtsprechung,
26
auf den zu entscheidenden Fall für nur eingeschränkt übertragbar gehalten hat. Darauf
berufen sich die Kläger im Grunde selbst, wenn sie - worauf unter 2. und 3. noch
einzugehen ist - daraus einen die Zulassung der Berufung rechtfertigenden
Klärungsbedarf ableiten. Denn im Unterschied zu den Jagdhütten, die durch einfache
Bauweise geprägt sind und nur gelegentlich vom Jagdpächter und/oder seinen
27
Gästen genutzt werden, wird der Außenbereich durch das streitige Vorhaben in
erheblich intensiverem Umfang beansprucht.
28
Die von den Klägern in diesem Zusammenhang zitierten Urteile des
Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 1985 - 4 C 56.82 -, BRS 44 Nr. 83 = juris,
und vom 10. Dezember 1982 - 4 C 52.78 -, NVwZ 1983, 472 = BRS 39 Nr. 80 = juris,
geben für ihren Standpunkt nichts Durchgreifendes her. Zum einen befassen sich beide
Urteile mit der Privilegierung von Jagdhütten - d. h. von möglichst einfachen Bauten -
und nicht von Jagdhäusern des in Rede stehenden Zuschnitts. Zum anderen hat das
Bundesverwaltungsgericht die von den Klägern aufgegriffene - sich in den genannten
Entscheidungen so allerdings nicht findende - Wendung, für die Notwendigkeit des
jeweiligen Bauvorhabens zu einer ordnungsgemäßen Jagdausübung reiche bereits
deren erhebliche Erschwerung bei einer Nichtrealisierung des Vorhabens aus, nicht
gebraucht, um zu begründen, dass eine Jagdhütte überhaupt im Außenbereich zulässig
sein könne, sondern um zu erläutern, dass sie regelmäßig dem jeweiligen Jagdbezirk
räumlich zugeordnet sein müsse (Urteil vom 10. Dezember 1982 - 4 C 52.78 -, NVwZ
1983, 472 = BRS 39 Nr. 80 = juris Rn. 17). Im Urteil vom 18. Oktober 1985 - 4 C 56.82 -,
BRS 44 Nr. 83 = juris Rn. 16, ist zudem hervorgehoben, dass in der Nutzung des
eigenen Wohnhauses oder eines anderen geeigneten Raums für jagdliche Zwecke
angesichts einer Entfernung von nur wenigen Kilometern zwischen dem Wohnort und
der Jagd keine die Jagdausübung hindernden oder erschwerenden Umstände zu sehen
seien. Es liege vielmehr auf der Hand, dass die Jagd auch auf diese Weise
ordnungsgemäß ausgeübt werden könne. Daraus lässt sich weder ein von demjenigen
des Verwaltungsgerichts abweichender Entscheidungsmaßstab noch ein die im
Rahmen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB vorzunehmende Wertung steuerndes Kriterium
ersehen, das sich für die Kläger günstig auswirkte, zumal deren (zweiter) Jagdaufseher
von einem Wohnort in der Stadt S. wohl nicht mehr als ca. 2 km zurücklegen müsste,
um in das Jagdrevier zu gelangen und das vorhandene Jagdhaus mit seinen
Nebenanlagen zu erreichen.
29
Ohne Erfolg rügen die Kläger auch, das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich des
Merkmals der Erforderlichkeit die wirtschaftlichen Belastungen des
Jagdausübungsberechtigten sowie dessen persönliche Verhältnisse nicht in den Blick
genommen, sondern eine derartige Betrachtung vollständig unterlassen.
30
Das von den Klägern insofern ins Feld geführte Urteil des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 17. August 2000 - 3 L 298/99 -, NVwZ-RR
2001, 370 = juris, schließt an die oben zitierte Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zur Privilegierung von Jagdhütten an und enthält keine
Aussage, welche die Wertung des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage zu
stellen geeignet wäre. Entsprechend verhält es sich mit dem von den Klägern weiterhin
31
in diesem Kontext angeführten Urteil des 10. Senats des beschließenden Gerichts vom
10. Juli 1980 - 10 A 2238/79 -, BRS 36 Nr. 90. Dort heißt es mit Rücksicht auf eine
Jagdhütte mit einer Nutzfläche von 10 m² und einer Entfernung von 160 km zwischen
Wohnsitz des Jagdausübungsberechtigten und Jagdrevier, es bestehe ein
unabweisbares Bedürfnis des Klägers nach einer Aufenthalts- und
Übernachtungsmöglichkeit innerhalb oder in angemessener Nähe des Reviers. Dieses
könne unter Berücksichtigung der sich aus den besonderen Verhältnissen bei der
Jagdausübung ergebenden praktischen Notwendigkeit und der Grenze dessen, was bei
vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise für die Inanspruchnahme oder
Beschaffung anderer Unterkunftsmöglichkeiten aufzuwenden sei, ohne eine Jagdhütte
nicht befriedigt werden. Auch das Urteil des 10. Senats vom 12. Februar 1981 - 10 A
618/80 -, BRS 38 Nr. 91, ergangen zu einer Jagdhütte für einen nicht in Reviernähe
wohnenden Jagdpächter, betrifft keinen auf den vorliegenden Fall übertragbaren
Sachverhalt. Es befasst sich mit der Schaffung einer Übernachtungsmöglichkeit für den
Jagdausübungsberechtigten, der nicht in zumutbarer Weise auf eine anderweitige
Übernachtungsmöglichkeit verwiesen werden könne.
Zudem sind wirtschaftliche Gesichtspunkte auf Seiten des Vorhabenträgers für die
Auslegung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, der vor allem die funktionelle Zuordnung des
Vorhabens zum Außenbereich im Blick hat, zumindest nicht in erster Linie
ausschlaggebend und zeigt der Zulassungsantrag ungeachtet dessen nicht auf,
inwiefern die Errichtung eines (weiteren) Jagdhauses am vorgesehenen Standort für die
Kläger in entscheidungserheblicher Weise wirtschaftlich gesehen vernünftiger wäre als
die Anstellung eines zweiten Jagdaufsehers, der in S. Wohnsitz nähme. Auf S. 29
oben seines Gutachtens vom 13. März 2008, auf das die Kläger verweisen, geht Herr Dr.
I. darauf ein, dass bei Einstellung eines zweiten Berufsjägers nicht mehr rund
32.000,- € für Fremdfirmen bezahlt werden müssten. Diese Ersparnis mag die
Einstellung eines zweiten Jagdaufsehers wirtschaftlich rechtfertigen, zeitigt jedoch nicht
zugleich die Erforderlichkeit der Errichtung eines zweiten Jagdhauses im Außenbereich.
Auf S. 29 unten des Gutachtens äußert sich Herr Dr. I. lediglich allgemein zu dem
Zweck einer Jagdhütte, die dem Pächter lange Fahrten zum Revier ersparen soll, wobei
vorliegend indessen nicht der Neubau oder die Erweiterung einer Jagdhütte geplant sei.
Im zugrunde liegenden Fall stehen aber gerade keine langen Anfahrten des zweiten
Jagdaufsehers in Rede, sondern lediglich solche von etwa 2 km. Auf S. 32 des
Gutachtens vom 13. März 2008 wird ausgeführt, dass ein Neubau zwingend erforderlich
und eine Unterbringung des zweiten Jagdaufsehers außerhalb des Jagdreviers
praktisch unmöglich sei, weil sonst eine ordnungsmäße Bewirtschaftung nicht möglich
sei. Dass die Kläger erhebliche wirtschaftliche Mehraufwendungen zu tragen hätten,
wenn sich der zweite Jagdaufseher außerhalb des Jagdbezirks ansiedelte, wird
dadurch allerdings nicht substantiiert. Die Passage ab S. 16 des Gutachtens des Herrn
Dr. I. vom 14. April 2009, die der Zulassungsantrag weiterhin in Bezug nimmt, legt
solche spezifischen Mehraufwendungen gleichfalls nicht dar. Hier nimmt der Gutachter
zu der Frage Stellung, was "es (auch unter Kosten- und Effizienzgesichtspunkten)
bedeuten [würde], wenn der erste Jagdaufseher im C. und der zweite Jagdaufseher
am I1. wohnen würde". Dass eine Unterbringung des zweiten Jagdaufsehers im
Areal am I1. auf der von der Stadt S. abgewandten Seite des klägerischen
Jagdbezirks womöglich unzweckmäßig wäre, bedeutet jedoch nicht notwendig, dass
Entsprechendes für die vom Verwaltungsgericht als alternativ angeführten Ortschaften
gilt.
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Mit ihrem Vorbringen zu der fehlerhaften Bewertung "weiterer Rechts- und
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Tatsachenfragen" (S. 16 ff. der Zulassungsbegründung vom 7. November 2009) legen
die Kläger weiterhin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen
Urteils dar. Insbesondere lässt es nicht hervortreten, dass das Verwaltungsgericht in
diesem Zusammenhang den Umfang der Erschwernisse, die mit einer Wohnsitz-nahme
des zweiten Jagdaufsehers in S. und/oder das Gewicht des öffentlichen Interesses an
der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Jagdausübung - eine
lebensmittelhygienisch hinreichende Versorgung des erlegten Wilds eingeschlossen -
verkannt hätte.
Zur Notwendigkeit des Haltens eines Schweißhundes hat das Verwaltungsgericht
ausgeführt, Schweißhunde könnten grundsätzlich in den privaten Haushalt des Halters
aufgenommen oder ausschließlich an der Arbeitsstelle gehalten werden. Überdies
könne der vor Ort lebende (erste) Jagdaufseher - wie bislang - die Versorgung aller im
C. gehaltenen Schweißhunde übernehmen. Abgesehen davon, dass das
Erfordernis einer Schweißhundhaltung für sich genommen nicht die Erforderlichkeit des
Vorhabens in seiner streitbefangenen Dimension zu begründen vermag, setzt der
Zulassungsantrag dem nichts Substantielles entgegen. Es ist nicht erkennbar, warum
ein nach S. in die Nähe des Jagdbezirks ziehender Jagdaufseher seinen
Schweißhund nicht in oder an seinen Wohnräumlichkeiten unterbringen und diesen
nach Bedarf - wie andere Hundehalter auch - in einem Pkw in das Jagdrevier
transportieren könnte. Dass der Schweißhund nicht bei dem bereits ansässigen (ersten)
Jagdaufseher untergebracht werden könnte, geht aus S. 14 f. des Gutachtens von Herrn
Dr. I. vom 13. März 2008 nicht hervor. Dort wird lediglich erläutert, dass die
Ausbildung eines qualifizierten Jagdhundes aufwendig sei. Auch auf S. 22 des
Gutachtens vom 13. März 2008 wird nicht davon gesprochen, dass der Schweißhund
zwingend von einem im Jagdbezirk selbst wohnhaften zweiten Jagdaufseher gehalten
werden müsste. Einen krankheits- oder urlaubsbedingten Arbeitsausfall eines
Jagdaufseher gilt es unabhängig von dessen Wohnsitz organisatorisch aufzufangen.
Damit verbundende Organisationsschwierigkeiten rechtfertigen nicht die
Inanspruchnahme der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB.
34
Mit ihrem Vortrag, das Verwaltungsgericht habe eine Gesamtbetrachtung der
Bewirtschaftungserfordernisse des konkreten Jagdreviers und die Auseinandersetzung
mit diesen unterlassen und sei zugleich der Fehlvorstellung unterlegen, die
Jagdausübung könne vergleichbar einer in feste Zeitpläne einfügbaren Fabrik- und
Bürotätigkeit zwischen beiden Jagdaufsehern rechnerisch klar aufgeteilt und
organisatorisch straff geklärt werden, zeigen die Kläger nichts auf, was die
Erforderlichkeit des Vorhabens im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB begründen
würde. Daraus, dass die Kirrungen täglich beschickt werden müssen und an den
Wochenenden ein mehrmaliges Öffnen und Schließen der Wegschranken erforderlich
ist, lässt sich auf eine relevante Erschwernis der Jagdausübung bei einer
Nichtverwirklichung des Vorhabens nicht schließen. Nach Lage der Dinge könnte diese
Arbeiten - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch ein etwa in S.
wohnenden Jagdaufseher angesichts der geringen Entfernung zum Jagdbezirk mit
zumutbarem Zeitaufwand erledigen. Ein möglichst effektives Zusammenarbeiten der
beiden Jagdaufseher erfordert nicht, dass der zweite Jagdaufseher in einem eigens zu
diesem Zweck errichteten Jagdhaus im Jagdbezirk selbst wohnt. Eine - spontane, von
der Witterung abhängige - Abstimmung der Arbeitsabläufe zwischen den Jagdaufsehern
kann auch erfolgen, wenn einer der Jagdaufseher nicht im Jagdbezirk, sondern in einem
nahegelegenen Ort ansässig ist. Eine gegenteilige Aussage trifft Herr Dr. I. auf S.
11, 17 f., 21 f. und S. 25 in Verbindung mit der Anlage 4, S. 28, 31 und S. 41 ff. seines
35
Gutachtens vom 13. März 2008 und auf S. 5 ff. seines Gutachtens vom 14. April 2009
nicht. Unbeschadet des Umstands, dass dem Gutachten vom 13. März 2008 zufolge
(siehe dort S. 42) der überwiegende Teil der Arbeiten - 2.427 Stunden - an den
Wochenenden, feiertags und nachts anfällt, was eine ständige Erreichbarkeit des
Berufsjägers bedinge, ist es aus den von dem Verwaltungsgericht genannten Gründen
nicht allein wegen dieses Arbeitsanfalls erforderlich, das beantragte Jagdhaus im
Außenbereich zu verwirklichen.
Das Gleiche gilt im Hinblick auf die mit dem Zulassungsantrag gerügte fehlerhafte
Berücksichtigung von Aspekten einer effektiven Gefahrenabwehr bei Verkehrsunfällen
mit Wildbeteiligung durch das Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht hat darauf
verwiesen, in einem solchen Fall könne die Polizei sowohl den im Revier wohnenden
Jagdaufseher verständigen als auch den (weiteren) Jagdaufseher, der außerhalb des
Reviers in einer Ortschaft in dessen Nähe wohne. In jedem Fall werde sie den/die
Jagdaufseher an der Unfallstelle bei der Bergung des Wilds unterstützen können. Unter
Umständen könne ein in einem Ortsteil etwa von S. wohnender Jagdaufseher den
Unfallort auf den Bundes- und Landesstraßen, die um das Revier führten, sogar
schneller erreichen als der im Jagdrevier wohnende Jagdaufseher, der gegebenenfalls
das gesamte Revier auf unbefestigten Wirtschaftswegen durchqueren müsse. Soweit
die Kläger dem entgegenhalten, die Polizei beschränke sich entsprechend ihrem
Aufgabenbereich darauf, die für die Wildbergung fachlich versierten Jagdaufseher zu
benachrichtigen und überlasse diesen die Erlegung beziehungs-weise Bergung des
Wildtiers ausschließlich, folgt auch daraus nicht die Erforderlichkeit eines weiteren
Jagdhauses. Mit dem Verwaltungsgericht ist im Übrigen davon auszugehen, dass auch
ein zweiter, außerhalb des Jagdreviers wohnender Jagdaufseher effektiv bei der
Bewältigung von Wildunfällen mitwirken kann. Sollte für die Suche nach angefahrenem
Wild ein Schweißhund vonnöten sein, könnte dieser - sollte der Hund nicht ohnehin von
dem zweiten Jagdaufseher außerhalb des Jagdreviers in oder an seiner Wohnung
gehalten werden - von dem im Jagdrevier ansässigen Jagdaufseher zu einem zuvor
vereinbarten Treffpunkt verbracht werden.
36
Die Erforderlichkeit des mit der Klage beanspruchten Jagdhauses im Sinne des § 35
Abs. 1 Nr. 4 BauGB erschließt sich im Weiteren nicht aus dem Zulassungsvortrag, das
Verwaltungsgericht habe unrichtig unterstellt, die von den Klägern zur Begründung einer
wohnlichen Unterbringung des zweiten Jagdaufsehers im Revier angeführte
Notwendigkeit einer im Zeitraum von Juni bis Oktober täglich in der Zeit von 22 Uhr bis
2 Uhr durchzuführenden Vergrämung des Wilds von den Ackerflächen mit
Warnschüssen erfolge lediglich aus Praktikabilitätsgründen, da die Äcker auch
eingezäunt werden könnten. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die Kläger nicht
Eigentümer der von Landwirten bewirtschafteten Ackerflächen und daher - unabhängig
von dem tatsächlichen Aufwand einer solchen Umzäunung, die zudem das
Landschaftsbild in erheblicher Weise verunstalten würde - nicht zu einer Umzäunung
fremden Eigentums befugt seien. Dieser Einwand der Kläger geht auf die
Gedankenführung des Verwaltungsgerichts zu diesem Punkt nicht hinreichend ein. Das
Verwaltungsgericht hat (auch) argumentiert, es liege auf der Hand, dass die
Vergrämung durch Warnschüsse, die mit 300 Jahresarbeitsstunden zu veranschlagen
sei, vorrangig von dem im Revier wohnenden Jagdaufseher mit rund einem Sechstel
seiner Jahresarbeitsleistung wahrgenommen werden solle. Seien die Zeiten für das
Vergrämen derart vorherbestimmt, könne die Arbeit darüber hinaus auch von einem
einpendelnden Jagdaufseher getan werden. Zu diesem Argument des
Verwaltungsgerichts nimmt der Zulassungsantrag nicht substantiiert Stellung.
37
Dass sich in der Summe der von den Klägern angeführten Sachverhalte eine
entscheidungserhebliche Unzuträglichkeit bei Nichtrealisierung des beantragten
Vorhabens ergibt, vermag der Senat auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens
ebenfalls nicht zu erkennen.
38
Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO werden ferner nicht durch das
Vorbringen auf S. 21 ff. der Zulassungsbegründung vom 7. November 2009 dargetan.
39
Ein durch die Reviergröße bedingter ungewöhnlich hoher Bewirtschaftungsaufwand
und die von den Klägern ergänzend vorgetragene Forderung der Beigeladenen nach
einer Erhöhung der Abschusszahlen in deren Schreiben an den Kläger zu 1. vom 11.
August 2010 mögen die Einstellung eines zweiten hauptberuflichen Jagdaufsehers
erfordern. Damit ist aber nichts zu der Erforderlichkeit gesagt, diesem neben dem bereits
im Revier ansässigen ersten Jagdaufseher ein Wohnhaus im Außenbereich zur
Verfügung zu stellen. Die Passage des Zulassungsvorbringens zur "Erschwerung des
Zusammenwirkens der beiden Jagdaufseher" und zu den "Erfordernisse[n] der
Jagdbewirtschaftung" greift zunächst im Wesentlichen lediglich das bisherige
Zulassungsvorbringen auf und vermag daher nicht zu einer abweichenden
Betrachtungsweise zu führen. Dies trifft im Weiteren auch auf die Beschreibung der
Arbeitsabläufe eines Jagdaufsehers auf S. 23 der Zulassungsbegründung vom 7.
November 2009 zu. Zu den Aufgaben des Jagdaufsehers, die bei der Durchführung von
Jagden anfallen, hat das Verwaltungsgericht überzeugend dargelegt, dass diese ohne
erhebliche Schwierigkeiten auch von einem in der Nähe des Reviers wohnenden
Jagdaufsehers erfüllt werden könnten. Insbesondere die jährlich stattfindenden zwei
großen und zwei kleinen Drückjagden müssten ohnehin mit Vorlauf organisiert werden.
Dies könne ein einpendelnder Jagdaufseher gegebenenfalls mit der Bürotätigkeit -
zumindest teilweise sogar außerhalb des Reviers - erledigen. Die nach der Jagd
anfallenden Arbeiten - die Präparierung von Trophäen und die Behandlung,
Bereitstellung und Auslieferung des Wildbrets - könnten mit der Jagd zusammen geplant
werden. Soweit zusätzliche Arbeiten namentlich nach Ansitzjagden vom "Jagdglück"
abhingen, sei nicht erkennbar, dass eine Anreise des zweiten Jagdaufsehers aus einer
nahegelegenen Ortschaft nicht möglich oder unzumutbar wäre. Diese Wertung des
Verwaltungsgerichts stellt der Zulassungsantrag ebenso wenig mit Gegenargumenten
schlüssig in Frage wie die verwaltungsgerichtlichen Ausführungen zu der Beschickung
der Kirrstellen, die auch ein in das Revier einpendelnder Jagdaufseher täglich
vornehmen könne. Bei dieser Gelegenheit könnten auch die sieben Wegeschranken am
Wochenende geöffnet und geschlossen sowie die Wege von Schnee geräumt werden.
Für die im Zulassungsantrag angesprochene, täglich von dem Jagdaufseher mit einem
geländegängigen Fahrzeug zurückzulegende Wegstrecke von derzeit 23 km ist
ebenfalls kein wesentlicher Unterschied auszumachen zwischen dem Fall, dass das
beantragte Jagdhaus errichtet wird und dem, dass der Jagdaufseher aus einer
nahegelegenen Ortschaft zur Arbeit in das Revier pendelt. Aus den - oben bereits
gewürdigten - S. 29, 31 f. und S. 41 des Gutachtens von Herrn Dr. I. vom 13. März
2008 ergibt sich nichts anderes.
40
Die Forderung der Kläger, das Vorhaben an den für den Bereich der Landwirtschaft
entwickelten (strengen) Grundsätzen an die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der
Errichtung von Wohnraum im Außenbereich zu messen, weil die erforderliche
hauptberufliche Bewirtschaftung ihres Jagdreviers mit einer landwirtschaftlichen
Tätigkeit zu vergleichen sei, ist unbegründet. In dem insofern in Bezug genommenen
41
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 1991 - 4 C 2.89 -, NVwZ-RR 1992,
400 = juris, heißt es mit Blick auf die Verlängerung eines Bauvorbescheids für die
Errichtung eines Wohnhauses auf einer ca. 3,8 ha großen landwirtschaftlichen Fläche
(siehe dort juris Rn. 18 f.), dass das beabsichtigte Wohnhaus dem forstwirtschaftlichen
Betrieb des Klägers im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB diene. Für die Beziehung
des Vorhabens zum Betrieb sei die konkrete Betriebsweise ausschlaggebend. Diese sei
hier dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger den forstwirtschaftlichen Betrieb in
Eigenbewirtschaftung unter Einsatz seiner - im Wesentlichen - ganzen Arbeitskraft
führen und zu diesem Zweck seinen bisherigen, mehrere hundert Kilometer entfernten
Wohnsitz aufgeben und auf das Betriebsgelände verlegen wolle. Die möglichst nahe
räumliche Zuordnung der Wohnstelle zu den Betriebsflächen sei hier der individuellen
forst- und landwirtschaftlichen Wirtschaftsweise in besonderer Weise dienlich und für
den Betriebserfolg im Allgemeinen von Bedeutung. Für die Rechtsposition der Kläger
lässt sich aus dieser, einen ausdrücklich von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfassten
forstwirtschaftlichen Betrieb betreffende Entscheidung nichts herleiten. Sie hat eine
anders gelagerte Fallgestaltung im Auge, die auf die Bewirtschaftung des Jagdreviers
der Kläger, in dem bereits ein Jagdaufseher ansässig ist und wo für den zweiten
Jagdaufseher nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Möglichkeit einer
Wohnsitznahme in einer nahegelegenen Ortschaft besteht, nicht übertragbar ist. Aus
demselben Grund wirken sich das Urteil des 7. Senats des beschließenden Gerichts
vom 21. Juli 1999 - 7 A 10/98 -, BRS 62 Nr. 104 = juris, betreffend die Einrichtung einer
"Betriebsleiterwohnung" in einem landwirtschaftlichen Betriebsgebäude, und das Urteil
des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Januar 2000 - 1 B 97.2298 -, NVwZ-
RR 2000, 363 = juris, bezogen auf die Erteilung eines Vorbescheids zur Errichtung einer
landwirtschaftlichen Betriebsstätte (Imkerei) mit Wohnhaus, nicht für die Kläger günstig
aus. Beide Entscheidungen basieren auf einer Bewertung der individuellen Verhältnisse
des jeweiligen Einzelfalls. Sie enthalten keine verallgemeinerungsfähige Aussage, die
bei der spezifischen Anwendung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB auf den zugrunde
liegenden Fall ein aus Klägersicht positives Ergebnis hervorbrächte.
Kein Erfolg beschieden ist auch dem Zulassungsvorbringen zu den "weiteren
Erschwerungen der Jagdausübung und des Jagdschutzes". Dass die Notwendigkeit
einer Schweißhundhaltung und der Gesichtspunkt einer effizienten und gedeihlichen
Zusammenarbeit der beiden Jagdaufseher gerade bei spontanen, eilbedürftigen
Maßnahmen nichts Durchgreifendes zur Annahme einer Privilegierung des zur
Genehmigung gestellten Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB hergibt, ist schon
oben dargelegt worden. Ob eine erhebliche Erschwernis der Jagdausübung dann
einträte, wenn das geplante Jagdhaus an dem im erstinstanzlichen Verfahren zur
Sprache gebrachten Standort I1. realisiert würde, ist für die Frage, ob das
Verwaltungsgericht die Bestimmung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB richtig angewandt hat,
ohne Belang, zumal dieser wesentlich weiter von dem bestehenden Jagdhaus entfernt
liegt als der von dem Verwaltungsgericht angesprochene Alternativstandort im
Innenbereich.
42
Die Hervorhebung der Kläger, dass im Jagdrevier bereits seit Jahrzenten ein
"Bewirtschaftungszentrum" für das ständige Wohnen der mit der Jagdbewirtschaftung
befassten Personen in genehmigter Form vorhanden sei, verhilft ihrem Antrag nicht zum
Erfolg. Die Erforderlichkeit des Vorhabens, namentlich der Erweiterung um eine
Wohnmöglichkeit für einen zweiten Jagdaufseher in der vorgesehenen
Dimensionierung, lässt sich daraus nicht ableiten. Entsprechendes gilt für den Vortrag,
es sei in "diesem Zusammenhang ... auch von Interesse, dass die Kläger bei einem
43
ordnungs-gemäßen Handeln [der Beklagten] nicht auf das streitgegenständliche
Bauvorhaben angewiesen wären", weil im "Bewirtschaftungszentrum im C. " bereits
ein genehmigtes zweites Jagdhaus vorhanden sei, das für eine Wohnnutzung durch
einen zweiten Jagdaufseher geeignet sei, allerdings - unter bewusster Duldung der
Beklagten - zweckentfremdet als Ferienhaus mit angeschlossenem Hallenschwimmbad
genutzt werde. Mit ihrem Hinweis auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts
vom 19. April 1990 - 4 B 69.90 -, juris, legen die Kläger eine Entscheidungserheblichkeit
dieses Umstands nicht dar. Ausweislich des vorzitierten Beschlusses ist jedes Bauwerk
- auch eine Jagdhütte - geeignet, zu einer Beeinträchtigung von Natur und Landschaft
innerhalb eines ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiets zu führen. Fehle es an einer
Privilegierung, weil eine geeignete Jagdhütte in dem Revier bereits vorhanden und dem
Kläger zur Pacht angeboten sei, und komme deswegen für eine zweite Hütte in diesem
Revier eine Privilegierung nicht in Betracht, so greife hinsichtlich dieses "sonstigen
Vorhabens" die Landschaftsschutzverordnung ohne jede Einschränkung ein. Die
Privilegierung des von den Klägern geplanten Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB
scheitert aber nicht daran, dass ihnen das vorhandene weitere, nach ihrem Vortrag
zweckentfremdete Jagdhaus nicht zur Verfügung gestellt wird, sondern unabhängig
davon daran, dass die Errichtung eines weiteren Jagdhauses neben dem von ihrem
Jagdaufseher genutzten Jagdhaus zu einer ordnungsgemäßen Jagdausübung nicht
erforderlich ist.
Schließlich ist die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht
deswegen ernstlich zweifelhaft, weil eine bauliche Erweiterung des
Bewirtschaftungszentrums arbeitsschutzrechtlich unabdingbar wäre. Selbst wenn die
Kläger gemäß § 6 Abs. 2 und Abs. 3 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättVO)
verpflichtet wären, für einen von ihnen beschäftigten zweiten Jagdaufseher "im C. "
einen Toilettenraum, einen Waschraum, einen Umkleideraum sowie einen Pausenraum
vorzusehen, folgte daraus noch nicht die Privilegierung des streitigen Vorhabens, da
dieses in seinem beantragten Umfang über das danach Geforderte hinausginge. Im
Übrigen substantiiert der Zulassungsantrag nicht, warum derartige Räumlichkeiten -
sollten sie von § 6 Abs. 2 und Abs. 3 ArbStättVO überhaupt verlangt sein - für einen
zweiten Jagdaufseher nicht in dem bestehenden Jagdhaus eingerichtet werden können.
44
b) Unterliegt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass das geplante Jagdhaus
kein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ist, keinen
ernstlichen Zweifeln, ist seine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit als sonstiges
Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Das Verwaltungsgericht hat sich
davon ausgehend auf den Standpunkt gestellt, das Vorhaben sei gemäß § 35 Abs. 2
BauGB unzulässig, weil es im Widerspruch zur Darstellung des Baugrundstücks im
Flächennutzungsplan der Beigeladenen als Wald stehe (Beeinträchtigung des
öffentlichen Belangs des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) und weil es die Gefahr der
Verfestigung einer Splittersiedlung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB in sich
berge.
45
Zumindest gegen die letztgenannte, selbständig tragende Annahme wendet sich der
Zulassungsantrag ohne Erfolg.
46
Wie von dem Verwaltungsgericht ausgeführt, sind Splittersiedlungen nicht schon um
ihrer selbst Willen zu missbilligen. "Zu befürchten" im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7
BauGB ist die Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung nur,
wenn das Vorhaben zu einer "unerwünschten Splittersiedlung" führt. Unerwünscht in
47
diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedelung
eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Das anzunehmen, rechtfertigt sich in der
Regel. Die Berechtigung einer solchen Annahme bedarf aber - zumindest in Fällen der
Verfestigung - einer konkreten Begründung; sie rechtfertigt sich mithin auch in der Regel
nicht einfach aus sich. Als Grund für eine Missbilligung kommt unter anderem in
Betracht, dass das Vorhaben eine weitreichende oder doch nicht genau übersehbare
Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in
nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden. Hierfür
reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in
der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich
zersiedelt werden würde. "Weitreichend" ist die Vorbildwirkung deshalb immer dann,
wenn sich das Vorhaben und die weiteren Vorhaben, die nicht verhindert werden
könnten, zusammen der vorhandenen Splittersiedlung nicht unterordnen, sondern diese
erheblich verstärken und dadurch eine weitergehende Zersiedelung des Außenbereichs
bewirken würden. Es genügt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben
entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßten, wenn das jetzt
beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung)
versagt würde, mit der Genehmigung mithin ein sog. Berufungsfall geschaffen würde.
Jedenfalls ist die Verfestigung einer Splittersiedlung regelmäßig im Sinne des § 35 Abs.
3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu befürchten, wenn eine Splittersiedlung um die Hälfte ihres
Bestands vergrößert - also beispielsweise zwischen zwei Wohnhäuser ein drittes
Wohnhaus gesetzt - wird.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2004 - 4 B 23.04 -, BRS 67 Nr. 109 =
juris Rn. 8, Urteil vom 18. Mai 2001 - 4 C 13.00 -, BRS 64 Nr. 103 = juris Rn.
13, Beschluss vom 2. September 1999 - 4 B 27.99 -, BRS 62 Nr. 117 = juris
Rn. 6, Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 13.97 -, BRS 60 Nr. 92 = juris Rn.
11.
48
Ausgehend von diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht die Gefahr der
Verfestigung einer Splittersiedlung am Standort C. mit der Begründung bejaht, mit
dem streitgegenständlichen Vorhaben und unter Berücksichtigung des bereits
realisierten Hochsilos für Kirrmittel und eines Tieflagers für Futtermittel werde der
Standort fast um das Doppelte vergrößert und an ihm nicht erforderlicher Wohnraum für
Angestellte der Kläger geschaffen.
49
Dem tritt der Zulassungsantrag auf S. 31 f. der Zulassungsbegründung vom 7.
November 2009 nicht substantiiert entgegen. Er setzt sich mit den aufgeführten
Maßstäben des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB nicht auseinander und geht nicht darauf
ein, dass sich das von den Klägern in dem vorliegenden Verfahren verfolgte Vorhaben
ungeachtet seines ins Auge gefassten Nutzungszwecks der vorhandenen Bebauung
nicht unterordnet.
50
Die Befürchtung der Verfestigung einer Splittersiedlung ließe sich auch durch eine
Baulast nicht ausräumen, welche die allein jagdliche Nutzung des Vorhabens sicherte.
Unabhängig davon, ob sich Beeinträchtigungen öffentlicher Belange im Sinne von § 35
Abs. 3 BauGB überhaupt durch Baulasten ausräumen lassen, wäre die vorgeschlagene
Baulast auch ein ungeeignetes Mittel. Sie vermag insbesondere nicht die fehlende
Privilegierung zu ersetzen und änderte (deshalb) auch nichts an der Gefahr einer
Vorbildwirkung für andere nicht privilegierte Vorhaben. Denn für die Frage der
Unterordnung beziehungsweise weiteren Vorbildwirkung einer zu einer vorhandenen
51
Bebauung hinzutretenden baulichen Anlage sind die tatsächlichen örtlichen
Verhältnisse maßgeblich.
Vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 - 4 C 13.00 -, BRS 64 Nr.
103 = juris Rn. 14.
52
2. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen der besonderen
rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.
53
Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Klägers gegen die
Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das
angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der
erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im
Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines
Berufungsverfahrens erfordern würden.
54
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Dass der Ausgang des Rechtsstreits in dem
vorgenannten Sinn offen ist, lässt sich auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens
aus den unter 1. genannten Gründen nicht feststellen. Besondere tatsächliche und
rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache werden im Übrigen nicht auf S. 36 der
Zulassungsbegründung vom 7. November 2009 und in dem ergänzende Schriftsatz vom
14. Dezember 2009 dargetan. Weder ist der Fall in tatsächlicher Hinsicht
überdurchschnittlich komplex noch wirft er Rechtsfragen auf, die sich nicht auf der
Grundlage der bislang zu § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ergangenen Rechtsprechung
beantworten ließen. Der Umfang der Begründung unter 1., weshalb ernstliche Zweifel
an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht veranlasst sind,
ergibt sich insoweit allein aus der Vielzahl der von den Klägern im Einzelnen
angesprochenen und bei der Entscheidung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte.
55
3. Die Berufung ist nicht wegen der grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß
§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
56
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden
Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens
erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den
konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder
Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes
die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für
klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr
Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
57
Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
58
Die von den Klägern aufgeworfene Frage,
59
"ob und in welchen Umfang die durch den Neubau eines Jagdhauses für
einen hauptberuflichen Jagdaufseher einschließlich jagdlicher
Nebenräumlichkeiten beabsichtigte Erweiterung von privilegiert im
Außenbereich errichteten Bewirtschaftungseinrichtungen eines Jagdreviers
ebenfalls privilegiert sind",
60
würde sich in einem Berufungsverfahrens nicht stellen. Das streitgegenständliche
Vorhaben beinhaltet die Errichtung eines Jagdhauses mit Carport und Nebenräumen
zur Wildverarbeitung. Es handelt sich nicht um die bloße Erweiterung des bereits
vorhandenen Jagdhauses, so dass es nicht entscheidungserheblich darauf ankäme, ob
das im Streit befindliche (weitere) Jagdhaus von einer Privilegierung des bereits
vorhandenen Jagdhauses profitieren könnte. Dass die vorhandenen
Bewirtschaftungseinrichtungen bei der Prüfung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB
Bedeutung haben, ist für die - dieser Betrachtung rechtlich vorgelagerte - Anwendung
des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ohne Belang.
61
Eine Entscheidungserheblichkeit der von ihnen formulierten Grundsatzfrage legen die
Kläger auch mit dem Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 4. März
2009 - 5 K 807/08 - nicht dar, das sich mit der Erteilung einer Baugenehmigung (nur) zur
Errichtung eines der Jagdausübung dienenden Kühlgebäudes zu befassen hatte und
eine darauf gerichtete Klage unter Verneinung einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr.
4 BauGB abwies. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz die
Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht Trier zwischenzeitlich mit Urteil vom 19.
August 2009 - 8 A 10308/09 - BRS 74 Nr. 107 = juris, bestätigt und sich dabei (siehe
dort juris Rn. 30) auf den Standpunkt gestellt, dass es sich bei der Zerlegung und
Weiterverarbeitung des Wildes nicht mehr um Vorgänge handele, die in einem engen
räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Erlegung des Wildes stehen und
deshalb im Außenbereich stattfinden müssten.
62
Aus dem von den Klägern thematisierten Umstand, dass die unter 1. zitierte
Rechtsprechung zur Privilegierung von Jagdhütten im Außenbereich nur eingeschränkt
auf den vorliegenden Fall übertragbar sei, lässt sich eine grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache ebenfalls nicht ableiten. Dessen unbeschadet sind die maßgeblichen
Kriterien, nach denen sich die Bewertung, ob eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4
BauGB vorliegt, richtet, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - wie
unter 1. dargelegt - geklärt. Dass der vorliegende Fall Anlass bieten könnte, diese
Rechtsprechung über die Bewertung im Einzelfall hinaus fortzuentwickeln, vermag der
Senat auf der Grundlage des Vorbringens der Kläger nicht zu erkennen.
63
Soweit die Kläger im Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 weitergehende Ausführungen
zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache machen, sind diese nach Ablauf der
Zulassungsbegründungsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfolgt und daher nicht zu
berücksichtigen. Davon abgesehen wird in diesem Schriftsatz nicht in den
Darlegungsanforderungen dieser Bestimmung genügender Weise deutlich gemacht,
inwiefern die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aus der im vorliegenden Fall
nach Ansicht der Kläger gegebenen Notwendigkeit einer Intensivierung der
Jagdausübung mit Blick auf die besondere Zunahme der Schwarzwildpopulation folgen
soll.
64
4. Die Kläger legen auch den Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4
VwGO nicht dar.
65
Hierzu muss ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter, aber inhaltlich
bestimmter Rechtssatz aufgezeigt werden, der zu einem ebensolchen Rechtssatz in
einer Entscheidung eines der in der Vorschrift genannten Gerichte in Widerspruch steht.
66
Einen solchen Rechtssatz benennen die Kläger nicht.
67
Der von dem Verwaltungsgericht bei der Anwendung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB
angelegte Maßstab der Erforderlichkeit steht - wie unter 1. ausgeführt - mit der
einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einklang. Der von
den Klägern geltend gemachte Widerspruch zu einem tragenden Rechtssatz des Urteils
des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 1985 - 4 C 56.82 -, BRS 44 Nr. 83 =
juris, ist nicht zu erkennen. Auch in dieser Entscheidung geht das
Bundesverwaltungsgericht (siehe dort juris Rn. 13) davon aus, dass Jagdhütten im
Außenbereich bevorrechtigt zulässig sein können, wenn sie zur Jagdausübung
erforderlich, das heißt funktionell gerechtfertigt sind. Weiter heißt es dort (siehe juris Rn.
16) - wie bereits unter 1. wiedergegeben -, dass in der Nutzung des eigenen
Wohnhauses oder eines anderen geeigneten Raums für jagdliche Zwecke angesichts
der Entfernung von nur wenigen Kilometern zwischen dem Wohnort und der Jagd auch
keine die Jagdausübungen hindernden oder erschwerenden Umstände im Sinne des
Urteils vom 10. Oktober 1982 zu sehen seien. Dass das Verwaltungsgericht einen
dieser - den Maßstab der Erforderlichkeit erläuternden - Wendung widersprechenden -
die Jagdausübung unter erschwerten Umständen ausklammernden - Rechtssatz
aufgestellt hätte, zeigt der Zulassungsantrag nicht auf. Das Verwaltungsgericht hat
demgegenüber auch gefragt, ob die Erfüllung der den Klägern als Jagdpächtern
obliegenden Pflichten nach § 1 BJagdG ernsthaft gefährdet wäre, wenn ein zweiter
Jagdaufseher außerhalb des Jagdreviers Wohnung nähme und diese Frage verneint.
68
Auch eine Divergenz zu dem Urteil des 10. Senats des beschließenden Gerichts vom
10. Juli 1980 - 10 A 2238/79 -, BRS 36 Nr. 90, legt der Zulassungsantrag nicht dar. Der
von ihm formulierte Rechtssatz "Im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der
Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Jagdausübung ist im Rahmen der Frage nach
der Erforderlichkeit eines Bauvorhabens eine vernünftige wirtschaftliche
Betrachtungsweise geboten, aus welcher sich Grenzen für die finanzielle Belastung
eines Jagdausübungsberechtigten ergeben können" findet sich in dem besagten Urteil
zum einen so nicht. In diesem wird ausgeführt, der für die Anmietung einer
Ferienwohnung zu betreibende Aufwand würde die Grenze dessen, was bei
vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise - eine solche ist im Hinblick auf das
öffentliche Interesse an der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Jagdausübung
geboten - zur Beschaffung einer für eine ordnungsgemäße Jagdausübung notwendigen
Unterkunft einzusetzen sei, überschreiten. Zum anderen hat das Verwaltungsgericht
keinen Rechtssatz aufgestellt, der von dem vorgenannten Entscheidungselement des
Urteils vom 10. Juli 1980 abweichen würde.
69
5. Es liegt kein der Beurteilung des Senats unterliegender Verfahrensmangel gemäß §
124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor, auf dem das angegriffene erstinstanzliche Urteil beruhen
kann, weil - wie die Kläger vorbringen - das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht
durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen habe anstatt über sie durch Sachurteil
zu entscheiden.
70
Weist das Verwaltungsgericht die Klage durch Prozessurteil als unzulässig ab, statt
über sie durch Sachurteil zu entscheiden, kann darin ein Verfahrensmangel liegen,
wenn die Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen
Vorschriften beruht.
71
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1. Oktober 2008 - 6 B 52.08 -, juris Rn. 4,
vom 7. Juli 2008 - 6 B 29.08 -, juris Rn. 2, vom 24. Oktober 2006 - 6 B 61.06
72
-, NVwZ 2007, 227 = juris Rn. 2, vom 21. Oktober 2004 - 3 B 76.04 -, juris
Rn. 9, und vom 17. Dezember 2001 - 6 B 61.01 -, NVwZ-RR 2002, 323 =
juris Rn. 14.
Ein Verfahrensmangel wäre allerdings nur erheblich, wenn mindestens die Möglichkeit
besteht, dass das Verwaltungsgericht ohne den Verfahrensverstoß zu einem für den
Rechtsmittelführer günstigeren Ergebnis gelangt wäre, dass sich also ein ursächlicher
Zusammenhang zwischen dem Verfahrensfehler und dem Entscheidungsergebnis nicht
ausschließen lässt.
73
Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, 3. Auflage 2010, § 124 Rn. 220, mit weiteren
Nachweisen.
74
Ob das Verwaltungsgericht die Klage nicht als unzulässig hätte abweisen dürfen, kann
danach - ebenso wie unter 1.1 geschehen - offen gelassen werden. Denn auch wenn
ein diesbezüglicher Verfahrensfehler vorläge, würde die Entscheidung des
Verwaltungsgerichts nicht auf ihm beruhen, weil die Kläger nicht aufgezeigt haben, dass
das Verwaltungsgericht andernfalls möglicherweise zu einem für sie günstigeren
Resultat gelangt wäre. Das Verwaltungsgericht hat die Begründetheit der Klage nicht
lediglich kursorisch geprüft, sondern das Eingreifen der Privilegierung des § 35 Abs. 1
Nr. 4 BauGB erst nach eingehender Prüfung verneint. Durchgreifende Rügen
gegenüber dieser Prüfung haben die Kläger nicht erhoben.
75
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §
100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
76
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
77
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in
Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
78
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts
rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
79