Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 07.11.2002

OVG NRW: erlass, verwaltungsgerichtsbarkeit, prozess, einfluss, sozialhilfe, ermessen, datum, hauptsache

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 E 864/01
Datum:
07.11.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 E 864/01
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 22 L 2405/01
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche
Kosten werden nicht erstattet.
G r ü n d e :
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Die auf Erhöhung des vom Verwaltungsgericht festgesetzten Gegenstandswerts
zielende Beschwerde ist nicht begründet.
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In einem auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren ist der
Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 10 und § 8 Abs. 1 BRAGO
i.V.m. § 20 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 GKG in entsprechender Anwendung nach der sich
aus den Anträgen des Antragstellers ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen
zu bestimmen.
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In Anwendung dieser Vorschriften, die im vorliegenden Fall gemäß § 134 Abs. 1
BRAGO in der bis zur Umstellung des Kostenrechts auf Euro zum 1. Januar 2002
geltenden Fassung (vgl. hierzu Art. 6 KostREuroUG vom 27. April 2001, BGBl. I S. 751)
heranzuziehen sind, ist das Verwaltungsgericht bei der Wertfestsetzung zu Recht vom
Monatsbetrag der streitigen Hilfe zum Lebensunterhalt ausgegangen. Damit wird dem
Rechtsschutzbegehren der Antragsteller Rechnung getragen, die ausdrücklich
Leistungen nur für den Monat September 2001 und nicht bis zum Ende des Monats der
gerichtlichen Entscheidung begehrt hatten. Durch den Einwand ihres
Prozessbevollmächtigten, es erscheine nicht gerechtfertigt, regelmäßig nur für einen
Monat Sozialhilfe zu bewilligen und danach den Gegenstandswert festzusetzen, wird
die Maßgeblichkeit des mit dem Anordnungsantrag verfolgten Rechtsschutzbegehrens
für die Wertfestsetzung nicht in Frage gestellt.
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Den danach hier anzusetzenden Monatsbetrag der streitigen Hilfe zum Lebensunterhalt
hat das Verwaltungsgericht zu Recht halbiert. Dies steht im Einklang mit der ständigen
Rechtsprechung der mit sozialhilferechtlichen Verfahren befassten Senate des Gerichts,
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wonach der in einem Hauptsacheverfahren maßgebende Betrag in einem auf den
Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren im Hinblick auf die
Vorläufigkeit der begehrten Regelung nur zur Hälfte zur Bestimmung des
Gegenstandswertes heranzuziehen ist.
Vgl. z.B. die Beschlüsse vom 14. März 2002 - 12 B 1155/01 -; 4. Mai 2001 - 12 (24) B
821/99 -; 14. April 2000 - 22 E 136/00 -; 16. Juni 1999 - 16 B 2167/98 -; 18. Mai 1999 -
16 (8) B 2248/97 -; 8. September 1998 - 24 E 516/98 -.
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Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller bietet keinen Anlass,
von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Seinem Hinweis auf die anwaltliche
Mühewaltung auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist kein Gesichtspunkt
zu entnehmen, der bei der Festsetzung des Gegenstandwertes berücksichtigt werden
könnte. Da sich die Wertbemessung allein an der Bedeutung der Sache für den
Antragsteller orientiert, besteht für die Berücksichtigung weiterer Umstände wie etwa der
Schwierigkeit des Falles oder der Auswirkungen der Entscheidung auf andere Beteiligte
oder Verfahren kein Raum.
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Vgl. hierzu: Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl. 2002, § 13 GKG Rdnrn. 8 ff, mit weiteren
Nachweisen.
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Auch die Erwägung, bei einem Erfolg des Antrages auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung komme dem Antragsteller der zugesprochene Betrag in voller Höhe zu Gute,
vermag die Halbierung des im Hauptsacheverfahren maßgebenden Betrages nicht in
Frage zu stellen. Der vorläufige Charakter der Entscheidung im einstweiligen
Anordnungsverfahren bleibt auch dann unberührt, wenn das Verfahren im Ergebnis zu
einer vollständigen Befriedigung des Antragstellers führt, die Entscheidung damit einer
Vorwegnahme der Hauptsache gleichkommt. Dies zeigt sich daran, dass das im
Verfahren nach § 123 VwGO - auf der Grundlage einer lediglich summarischen Prüfung
- zunächst Zuerkannte ggf. nach der Klärung im Hauptsacheverfahren zurückzuerstatten
ist (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 945 ZPO).
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Mai 1999, a.a.O.
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Dass der Ausgang des Eilverfahrens faktisch zu einer endgültigen - nicht mehr durch ein
Hauptsacheverfahren in Frage gestellten - Klärung geführt hat, kann keinen Einfluss auf
die Wertberechnung haben, da nach § 15 GKG für diese der Zeitpunkt der die Instanz
einleitenden Antragstellung entscheidend ist.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. November 2001, - 12 E 919/00 -. Nur dann, wenn von
vornherein absehbar wäre, dass es zu einer Hauptsacheentscheidung nicht mehr
kommen könnte, wäre möglicherweise Raum für eine Anhebung des
Gegenstandswertes auf den für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Wert (vgl. I.
7. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl. 1996, 605, 606). Ein
solcher Fall liegt hier nicht vor.
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Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller bedeutet die
Reduzierung des Gegenstandswertes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auch keine
doppelte Berücksichtigung der Vorläufigkeit der erstrebten Regelung nach § 123 VwGO.
Da der Antragszeitraum gleichermaßen für das Hauptsacheverfahren maßgeblich ist,
wird der Vorläufigkeit der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
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Anordnung allein durch die Halbierung des für das Hauptsacheverfahren maßgebenden
Betrages Rechnung getragen.
Gesichtspunkte, die gegen die Halbierung des im Hauptsacheverfahren maßgebenden
Betrages in Verfahren der vorliegenden Art sprechen, ergeben sich wegen der
unterschiedlichen prozess- und materiellrechtlichen Ausgangslagen auch nicht aus den
für unterhaltsrechtliche Verfahren geltenden Grundsätzen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 188 Satz 2 VwGO, 10 Abs. 3 Satz 4 BRAGO und §
25 Abs. 4 GKG in entsprechender Anwendung.
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Dieser Beschluss ist nach § 10 Abs. 3 BRAGO unanfechtbar.
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