Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 25.09.1998

OVG NRW (auf probe, ausschreibung, versetzung, antrag, anstellung, antragsteller, beschwerde, stelle, arbeitsamt, besetzung)

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 4317/97.PVB
Datum:
25.09.1998
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 A 4317/97.PVB
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 33 K 2317/97.PVB
Tenor:
Der angefochtene Beschluß wird geändert.
Unter Zurückweisung seiner Beschwerde wird der Antrag des
Antragstellers in vollem Umfang abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
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I.
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Der Beteiligte leitete unter dem Datum des 16. Januar 1997 dem Antragsteller im
Verfahren nach § 69 Abs. 3 BPersVG einen Vorgang zu, der die Abordnung eines
Probebeamten des Arbeitsamtes C. an das Arbeitsamt Q. betraf, welche mit dem Ziel
der Versetzung und schließlichen Anstellung auf eine in Q. absehbar freiwerdende
Planstelle eines Statistikers erfolgen sollte. Hintergrund war der Umstand, daß beim
Arbeitsamt C. zur nämlichen Zeit kein Dienstposten des gehobenen Dienstes zu
besetzen war, noch 1,5 Beamte des gehobenen Dienstes ohne dauernden Ansatz
waren und im Laufe des Jahres 1997 vier weitere Mitarbeiterinnen des gehobenen
Dienstes nach Beendigung ihrer Beurlaubungen zurückerwartet wurden, für die
ebenfalls auf absehbare Zeit eine Ansatzmöglichkeit fehlte. Der Beteiligte legte im
einzelnen dar, daß und aus welchen Gründen er unter Würdigung der Gesamtsituation
im Landesarbeitsamtbezirk und zur Wahrung der Chancengleichheit für alle Bewerber
des Bezirks an der geplanten Maßnahme festhalten wollte.
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Der Beteiligte leitete dem Antragsteller ferner unter den Daten des 10. Dezember 1996,
17. Dezember 1996 und 20. Januar 1997 einen Vorgang zu, der die Abordnung eines
Verwaltungsamtmannes vom Arbeitsamt E. - wo er als Arbeitsvermittler im
Fachvermittlungsdienst tätig war - an das Arbeitsamt S. betraf. Ziel der Abordnung war
es, dem Amtmann die Tätigkeit eines Arbeitsvermittlers für gehobene
Angestelltenberufe mit endgültigem Ansatz im Wege der Versetzung zu übertragen.
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Hintergrund dieser Versetzung war, die Belastungszahlen der Vermittler im
Fachvermittlungsdienst (FVD) des Arbeitsamtes S. an die des Arbeitsamtes E.
anzugleichen, zur Entlastung der KW-Stelle, auf der der Amtmann geführt wurde zu
sorgen sowie weitere Überhänge, die sich aus der durchzuführenden Reintegration des
Fachvermittlungsdienstes in die Abteilungen Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung
ergeben hatten, abzubauen.
Der Antragsteller lehnte die jeweils erbetene Zustimmung zur Abordnung und
Versetzung mit der Begründung ab, daß die Nichtausschreibung der in Rede stehenden
Stellen gegen die Verwaltungsanordnung der Bundesanstalt für Arbeit über die Pflicht
zur Stellenausschreibung verstoße. Nachdem diese Frage zwischen den Beteiligten
streitig geblieben war, hat der Antragsteller zu ihrer Klärung am 19. März 1997 das
personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren beim Verwaltungsgericht Düsseldorf
eingeleitet und im wesentlichen die Rechtsauffassung vertreten, daß ein Fall des § 75
Abs. 3 Nr. 14 BPersVG vorliege. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts solle ein mitbestimmungsfreies Absehen von einer
Ausschreibung nur dann gegeben sein, wenn die Maßnahme von ihrem sachlichen, d.
h. mit der Aufgabenerfüllung zusammenhängenden Anlaß her darauf angelegt sei,
einen oder mehrere vorhandene oder neue Beschäftigte gezielt mit anderen Aufgaben
zu betrauen, ihre Aufgaben zu erweitern oder zu beschränken. Dies bedeute, daß nur
dann mitbestimmungsfrei von einer Ausschreibung abgesehen werden könne, wenn es
um den je konkreten Einsatz bestimmter Personen für bestimmte Aufgaben gehe.
Vorliegend gehe es allerdings nicht hierum, sondern darum, daß Arbeitnehmer, die auf
Dienstposten eingesetzt würden, die mit einen KW-Vermerk versehen seien, auf frei
werdende Dienstposten versetzt werden sollten - und daß über den Bereich eines
Arbeitsamtes hinaus. Vorliegend gehe es weder um konkrete sachliche Maßnahmen,
noch um allgemeine organisatorische Maßnahmen, sondern lediglich um den Abbau
eines Personalüberhangs, der mit den zu besetzenden Dienstposten nichts zu tun habe.
Der Antragsteller hat beantragt,
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festzustellen, daß das Absehen von einer Ausschreibung durch den Präsidenten des
Landesarbeitsamtes (Besetzung von Stellen der Besoldungsgruppe A 11 und die
Besetzung einer Stelle im Wege der Anstellung eines Beamten des gehobenen
Dienstes) in Fällen, in denen eine freie und nach dem Stellenplan besetzbare Stelle mit
einem Bediensteten besetzt werden soll, dessen Dienststelle in der gleichen
Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppe tatsächlich mehr Beschäftigte hat, als der
Stellenplan dieser Dienststelle an entsprechenden Stellen zuweist, der Mitbestimmung
des Antragstellers unterliegt.
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Der Beteiligte hat beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Er hält den Tatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG hier nicht für gegeben, da die
Dienstposten mit Kräften besetzt werden sollten, um einer Überhangsituation zu
begegnen.
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Das Verwaltungsgericht hat mit dem von den Beteiligten im Umfang ihrer jeweiligen
Beschwer angefochtenen Beschluß festgestellt,
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daß das Absehen von Stellenausschreibungen durch den Präsidenten des
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Landesarbeitsamtes NW bei der Besetzung von Stellen durch Beamte auf Probe des
gehobenen Dienstes in Zusammenhang mit der Anstellung mitbestimmungspflichtig ist.
Im übrigen hat es den Antrag abgelehnt.
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Zur Begründung hat es im einzelnen ausgeführt, daß im Falle einer Stellenbesetzung
aus dem Überhang der Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG
nicht vorliege. Dieser Fall sei wegen der Besetzung der Stelle der Besoldungsgruppe A
11 gegeben gewesen, nicht aber im Falle der Besetzung der Stelle im Wege der
Anstellung. Probebeamte könnten sich nicht in irgendeinen Überhang befinden, der
durch eine Versetzung von der Beschäftigungsdienststelle in eine andere Dienststelle
abgebaut werden müsse. Bei ihnen liege vielmehr generell eine auf ein
Auswahlverfahren abzielende Situation vor, weil die Anstellung eine
beförderungsähnliche Maßnahme darstelle.
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Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten jeweils rechtzeitig Beschwerde
eingelegt und sie unter Vertiefung ihres Vorbringens erster Instanz sowie in
Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluß rechtzeitig begründet.
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Der Antragsteller beantragt,
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den angefochtenen Beschluß zu ändern und insgesamt nach dem Antrag erster Instanz
zu erkennen sowie die Beschwerde des Beteiligten zurückzuweisen.
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Der Beteiligte beantragt,
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den angefochtenen Beschluß abzuändern und den Antrag in vollem Umfang
abzulehnen sowie die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
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Der Antragsteller weist vor allem darauf hin, bei der Versetzung des Amtmannes habe
es sich nicht um eine im Sinne der Rechtsprechung gezielte Personalmaßnahme
gehandelt. Es habe sich vielmehr schlicht darum gehandelt, daß bei einem Überhang
von Stellen freie zu besetzende Stellen mit einer Vielzahl von Bewerbern hätten besetzt
werden können, die auch die fachlichen Voraussetzungen mit sich gebracht hätten, um
als Arbeitsvermittler für gehobene Angestelltenberufe bei dem Arbeitsamt S. tätig
werden zu können. Hierfür habe es eine Vielzahl von Bewerbern gegeben, die sich aus
dem jeweiligen Personalüberhang auf Stellen und so auch die konkrete in S. hätten
bewerben können. Der Beteiligte hat u. a. darauf hingewiesen, daß auch dort, wo-wie
vorliegend im Falle des Probebeamten - die Stellenbesetzung zufällig im
Zusammenhang mit einer vorzeitigen Anstellung stehe, für eine
Ausschreibungsverpflichtung des Beteiligten kein Raum sei. Die
Dienstpostenübertragung an Probebeamte diene allein seinem statusgerechten Ansatz.
Komme dieser wegen haushaltsrechtlicher Engpässe im Ausbildungsamt nicht in
Betracht, so mache der Beteiligte von seinem Direktionsrecht im Rahmen der ihn
zustehenden Organisationsbefugnisse Gebrauch und übertrage dem Beamten auf
Probe unter gleichzeitiger Versetzung einen Dienstposten in einer anderen Dienststelle.
Der Status des Beamten werde insoweit nicht verändert. Damit bestehe aus der Sicht
des Beteiligten kein Unterschied zwischen der Versetzung des schon ernannten
Beamten und der Versetzung eines Probebeamten.
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Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den Inhalt der
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Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
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Auf die Beschwerde des Beteiligten ist der angefochtene Beschluß wie aus dem
Entscheidungssatz ersichtlich zu ändern und die Beschwerde des Antragstellers
zurückzuweisen.
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Wegen der von den Beteiligten im Umfang ihrer jeweiligen Beschwer zulässig
eingelegten Beschwerden hat der Fachsenat über den mit den Beschwerden insgesamt
weitergeführten Antrag erster Instanz zu entscheiden. Dieser Antrag ist zulässig. Er stellt
die hinter dem anlaßgebenden Streit stehende, zwischen den Beteiligten streitig
gebliebene abstrakte Rechtsfrage im Anschluß an jenen Streit hinreichend bestimmt
und konkret zur Entscheidung des Gerichts. Erfaßt ist die Versetzung eines Beamten
und diejenige eines Probebeamten in der Situation des Stellenüberhangs der die
Beamten abgebenden Dienststellen (mehr Funktions- als Planstellen). Der Streit
hierüber kann jederzeit zwischen den Beteiligten wieder entstehen. Bei
arbeitsamtsbezirksübergreifenden Maßnahmen, wie sie hier in Rede stehen, sind die
Zuständigkeiten der Beteiligten gegeben.
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Der Antrag ist indes nicht begründet.
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§ 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG setzt voraus, daß der Dienststellenleiter von der
Ausschreibung von Dienstposten absieht, die besetzt werden sollen. Der Tatbestand
greift unter drei Voraussetzungen: 1. Der Dienststellenleiter will die Ausschreibung
unterlassen. 2. Er will einen Dienstposten besetzen. 3. Nach Lage der Dinge sieht er
damit im Rechtssinne von der Ausschreibung ab. Für die durch den Antrag umrissene
Fallgestaltung ist das Vorliegen der ersten beiden Voraussetzungen unstreitig gegeben.
Es ist deswegen nur die Frage zu klären, ob die dritte Voraussetzung vorliegt. Dies ist
der Fall, wenn für den Dienststellenleiter eine Pflicht zur Ausschreibung in der jeweils
konkreten Situation besteht. Die Pflicht zur Ausschreibung wird durch § 75 Abs. 3 Nr. 14
BPersVG selbst dem Grunde nach normiert.
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Vgl. BVerwG, Beschluß vom 8. März 1988 - 6 P 32.85 -, BVerwGE 79, 101 ff. = ZBR
1988, 256 = PersV 1989, 73 = ZfPR 1989, 41.
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Sie besteht jedoch nicht generell. Wenn es die Durchsetzung der Organisations- und
Personalhoheit erfordern, kann die Einleitung einer dienststelleninternen Auswahl unter
verschiedenen fachlich und persönlich geeigneten Beschäftigten unterbleiben.
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Vgl. BVerwG, Beschluß vom 8. März 1988, aaO, und Beschluß vom 29. Januar 1996 - 6
P 38.93 -.
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In diesen Fällen besteht keine Pflicht zur Ausschreibung. Deren Unterlassen enthält
kein Absehen von der Ausschreibung im Rechtssinne. Insbesondere bei Maßnahmen
der organisatorischen Umgestaltung verbleibt dem Dienststellenleiter ein Freiraum, der
eine Verpflichtung zur Ausschreibung, d. h. zur Einleitung eines Auswahlverfahrens
ausschließt, wenn Ziel und Zweck des Organisationsaktes damit nicht zu vereinbaren
sind.
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Vgl. BVerwG, Beschluß vom 29. Januar 1996 - 6 P 38.93 -, aaO.
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Dementsprechend regelt § 4 Abs. 2 Satz 3 der Bundeslaufbahnordnung, daß von einer
Ausschreibung allgemein oder im Einzelfall insbesondere abgesehen werden kann,
wenn Gründe der Personalplanung oder des Personaleinsatzes entgegenstehen. So
liegt es in den vom Antrag erster Instanz erfaßten beiden Fallkonstellationen in gleicher
Weise. Der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Differenzierung vermag der
Fachsenat nicht zu folgen. Denn in beiden Fallkonstellationen ist die
Versetzung/Abordnung in gleicher Weise wie die schließlich geplante Anstellung in
einem anderen Arbeitsamt durch die Notwendigkeit geprägt, einen personellen
Überhang sozialverträglich zu regulieren. Daß ein Probebeamter bezogen auf
Planstellen nicht selbst in einem Überhang sich befinden kann, ist entgegen der
Auffassung des Verwaltungsgerichts insoweit unerheblich. Erheblich ist vielmehr allein,
daß er mit Blick auf seinen Anspruch auf Anstellung tendenziell einen schon
vorhandenen Planstellenengpaß nur verdichten kann. Mit dem Bestreben, den
genannten personellen Überhang zu bewältigen, unvereinbar wäre die Einleitung eines
Bewerbungsverfahrens durch Ausschreibung mit dem notwendig ungewissen Ergebnis
einer dann gesetzlich vorgegebenen Einbeziehung des Leistungsprinzips sowie
sekundärer Beurteilungsmerkmale. Von dem Ausgangspunkt und der Zielsetzung der
Versetzung/Abordnung/Anstellung aus gesehen würde es die geplanten
personalwirtschaftlichen Maßnahmen der Sache nach in Frage stellen, wenn eine
Ausschreibung erfolgte. Auch insoweit kommt es auf die vom reinen Versetzungsfall
unterscheidbare beamtenrechtliche Rechtsstellung des Anstellungsfalles nicht an.
Ausschlaggebend muß vielmehr in beiden Fällen die nachvollziehbare Absicht sein,
nach Maßgabe der je unterschiedlichen Bedarfslagen im personellen Bereich
Ausgleichsmaßnahmen vornehmen zu wollen. Ebenso wie der Dienststellenleiter ohne
Mitbestimmungsmöglichkeit vorgibt, ob er eine Stelle durch Versetzung oder
Beförderung besetzen will, entscheidet er mitbestimmungsfrei, welche personellen
Engpässe oder Überhänge er ausgleichen bzw. abbauen will. Die ein
Auswahlverfahren eröffnende Ausschreibung wäre insoweit kontraproduktiv. Sie ist
deswegen hier von der grundsätzlichen Pflicht zur Ausschreibung nicht erfaßt. Die
Mitbestimmungstatbestände sowohl der Anstellung, der Versetzung und der Abordnung
bleiben hiervon unberührt. Die hinter dem Antrag erster Instanz stehende Frage ist indes
in vollem Umfang zu verneinen.
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Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren.
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Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht
vorliegen. Insbesondere betrifft die zur Entscheidung gestellte Frage Einzelfälle, die
anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres zu
entscheiden sind.
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