Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 14.07.2010

OVG NRW (antragsteller, interesse, planung, bebauungsplan, betrieb, antrag, errichtung, anordnung, schutzwürdiges interesse, juristische person)

Oberverwaltungsgericht NRW, 2 B 637/10.NE
Datum:
14.07.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 B 637/10.NE
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Der sinngemäß gestellte Antrag,
2
den Bebauungsplan Nr. 272 "Gesundheitspark I. " der
Antragsgegnerin bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag
des Antragstellers - 2 D 131/09.NE - im Wege der einstweiligen
Anordnung außer Vollzug zu setzen,
3
hat jedenfalls mangels Vorliegens der Voraussetzungen für den Erlass einer
einstweiligen Anordnung des § 47 Abs. 6 VwGO keinen Erfolg.
4
Dabei geht der Senat zugunsten des Antragstellers davon aus, dass der Antrag
zulässig, namentlich der Antragsteller als Vollerwerbslandwirt, dessen Hofstelle in einer
Entfernung von ca. 450 m westlich des Plangebietes liegt und der das unmittelbar an
das Plangebiet grenzende Grundstück Gemarkung Q. , Flur 45, Flurstück 18,
bewirtschaftet, im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt ist.
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Nach dieser Vorschrift kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische
Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift, die Gegenstand des
Normenkontrollantrags ist, oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder
in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Diese Anforderungen gelten auch für einen
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO. Sie sind
erfüllt, wenn ein Antragsteller hinreichende Tatsachen vorträgt, die es zumindest als
möglich erscheinen lassen, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung eintritt.
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Antragsbefugt wäre der Antragsteller danach nur, wenn er hinreichend substantiierte
Tatsachen vortragen würde, die es als möglich erscheinen lassen, dass das ihm
zustehende Recht auf gerechte Abwägung seiner privaten Interessen aus § 1 Abs. 7
BauGB verletzt worden sein könnte.
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Als abwägungsrelevantes, die Antragsbefugnis begründendes Interesse des
Antragstellers kommt nach Lage der Dinge allein sein Interesse an einer Erweiterung
seines landwirtschaftlichen Betriebs in Betracht. Der Antragsteller befürchtet
Einschränkungen für seine Landwirtschaft und verweist dabei auf sein Interesse an
einer Erweiterung seines Betriebs und seine Absicht, auf dem an das Plangebiet
grenzenden Grundstück Gemarkung Q. , Flur 45, Flurstück 18, ausweislich einer
nach Ablauf der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanentwurfs bei dem
Bürgermeister der Antragsgegnerin gestellten Bauvoranfrage eine Schweinemastanlage
mit 1.400 Plätzen zu verwirklichen.
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Im Hinblick auf das von dem Antragsteller geltend gemachte Interesse an einer
Bertriebserweiterung spricht allerdings alles dafür, dass er eine Antragsbefugnis aus
dem durch die Einreichung einer Bauvoranfrage konkretisierten Erweiterungsinteresse
in Bezug auf das Flurstück 18 nicht herleiten kann, weil die Antragsgegnerin dieses
konkrete Vorhaben bei ihrer Abwägungsentscheidung nicht zu berücksichtigen hatte.
Der Antragsteller dürfte eine Antragsbefugnis allenfalls auf das von ihm bereits im
Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung thematisierte allgemeine
Betriebserweiterungsinteresse stützen können; ob er insoweit eine hinreichende
Betroffenheit geltend machen kann, mag dahinstehen.
9
Führt eine Planung dazu, dass Nachbargrundstücke in anderer Weise als bisher genutzt
werden dürfen, gehören die Interessen der Nachbarn an der Beibehaltung des
bisherigen Zustandes, auch dann wenn ihre Grundstücke nicht in den Geltungsbereich
des Bebauungsplans einbezogen sind, zum notwendigen Abwägungsmaterial. Es reicht
aus, wenn die bisherige Situation den Nachbarn tatsächlich begünstigt.
10
Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2004 - 4 CN 1.03 -, NVwZ 2004, 1120
= BRS 67 Nr. 51 = juris Rn. 10, Beschlüsse vom 9. Februar 1995 - 4 NB
17.94 -, NVwZ 1995, 895 = BRS 57 Nr. 42 = juris Rn. 8 f., und vom 20.
August 1992 - 4 NB 3.92 -, NVwZ 1993, 468 = BRS 54 Nr. 21 = juris Rn.
12 f.
11
Im Anschluss daran vermittelt das Interesse eines Landwirts, dass ein Bebauungsplan
keine mit der von ihm betriebenen Landwirtschaft unvereinbaren Nutzungen festsetzt,
eine Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Dies gilt unabhängig davon, ob er
Eigentümer des Hofes oder dessen Pächter beziehungsweise Betreiber ist.
12
Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 1999 - 4 CN 3.99 -, BVerwGE 110,
36 = NVwZ 2000, 806 = BRS 62 Nr. 50 = juris Rn. 17; Nds. OVG, Urteil
vom 15. Januar 2004 - 1 KN 128/03 -, NuR 2005, 595 = juris Rn. 16.
13
Abwägungsbeachtlich ist dabei nicht nur das Interesse des Landwirts an der weiteren
Ausnutzung des vorhandenen Betriebsbestandes, sondern auch das Bedürfnis nach
einer künftigen Betriebsausweitung im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese Entwicklung bereits konkret ins Auge
gefasst ist oder bei realistischer Betrachtung der von dem Landwirt aufzuzeigenden
14
betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten nahe liegt. Das Interesse des Landwirts, sich
alle Entwicklungsmöglichkeiten offen zu halten, reicht ebenso wenig aus wie unklare
oder unverbindliche Absichtserklärungen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. September 2000 - 4 B 56.00 -, NVwZ-
RR 2001, 82 = BRS 63 Nr. 107 = juris Rn. 6, Urteil vom 5. November
1999 - 4 CN 3.99 -, BVerwGE 110, 36 = NVwZ 2000, 806 = BRS 62 Nr.
50 = juris Rn. 18, Beschluss vom 10. November 1998 - 4 BN 44.98 -,
NVwZ-RR 1999, 423 = BRS 60 Nr. 3 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteile
vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, juris Rn. 110, vom 26. April 2007 -
7 D 4/07.NE -, juris Rn. 31, und vom 22. Mai 2000 - 10a D 139/98.NE -,
NWVBl. 2001, 59 = BRS 63 Nr. 9 = juris Rn. 10 ff.; Nds. OVG, Urteil vom
15. Januar 2004 - 1 KN 128/03 , NuR 2005, 595 = juris Rn. 33.
15
Bei der Bauleitplanung erfasst das notwendige Abwägungsmaterial nämlich nur die
privaten Belange, die nach Lage der Dinge in die Abwägung eingestellt werden
müssen. Ungeachtet der Tendenz zur Ausweitung bedarf das notwendige
Abwägungsmaterial sachgerechter Beschränkung. Die Abwägungsbeachtlichkeit
beschränkt sich auf solche Betroffenheiten, die für die planende Stelle bei der
Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind. Was die
planende Stelle nicht sieht, und was sie nach den gegebenen Umständen auch nicht zu
sehen braucht, kann von ihr bei der Abwägung nicht eingestellt werden und braucht von
ihr auch nicht berücksichtigt zu werden. Hat es ein Betroffener unterlassen, seine
Betroffenheit im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung vorzutragen, dann ist die
Betroffenheit nur dann abwägungsbeachtlich, wenn sich der planenden Stelle die
Tatsache dieser Betroffenheit aufdrängen musste.
16
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979 - 4 N 1.78, 4 N 2.79, 4 N
3.79, 4 N 4.79 -, BVerwGE 59, 87 = NJW 1980, 1061 = BRS 35 Nr. 24 =
juris Rn. 48 und 51 f.
17
Die Erweiterungsabsichten eines Landwirts sind daher regelmäßig nur insoweit
abwägungsbeachtlich, als er sie in dem dafür geschaffenen Auslegungsverfahren
gegenüber der planenden Gemeinde offenbart hat und sie für diese aufgrund dessen
erkennbar sind.
18
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. April 2007 - 7 D 4/07.NE -, juris Rn. 33;
Nds. OVG, Urteil vom 15. Januar 2004 - 1 KN 128/03 -, NuR 2005, 595 =
juris Rn. 34.
19
Davon ausgehend spricht bei dem gegebenen Sach- und Streitstand alles dafür, dass
die Antragsgegnerin das Interesse des von dem Antragsteller an dem nunmehr mit
Standort auf dem Flurstück 18 konkretisierten Erweiterungsvorhaben nicht weitergehend
in die Abwägung hätte einstellen müssen. Denn in der im Rahmen der öffentlichen
Auslegung des Bebauungsplanentwurfs abgegebenen Stellungnahme mehrerer
Einwender vom 17. Mai 2009, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 18. Mai 2009,
hatte der Antragsteller sein Erweiterungsinteresse noch nicht spezifiziert, sondern
vielmehr (siehe S. 9 der Stellungnahme) lediglich allgemein darauf hingewiesen, dass
die Planung zu einer Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung in ihrem Umfeld
führen könne und "durchaus Planungsgedanken für den Bau von Geflügelställen
(40.000 Stk) oder Mastställen (1.000 Stk) [bestünden] und der Golfplatz überwiegend in
20
der Hauptwindrichtung" liege. Eine Erweiterungsabsicht speziell des Antragstellers in
der nach dem Ende der öffentlichen Auslegung konkretisierten Form, welche sie bei
ihrer Abwägungsentscheidung hätte berücksichtigen können und müssen, war für die
Antragsgegnerin aufgrund dessen nicht erkennbar.
Eine derartige Erweiterungsabsicht musste sich der Antragsgegnerin im maßgeblichen
Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan am 25. Juni 2009 wohl auch
nicht aufdrängen. Dies ließe sich bei für den Antragsteller günstiger Betrachtungsweise
nur erwägen, wenn die Bauvoranfrage für die Errichtung einer Schweinemastanlage mit
1.400 Plätzen - wie der Antragsteller vorträgt - am 12. Juni 2009 - also noch vor dem
Satzungsbeschluss - bei dem Bürgermeister der Antragsgegnerin gestellt worden wäre.
Von einem Antragseingang am 12. Juni 2009 kann nach derzeitigem Sachstand indes
nicht ausgegangen werden, weil die Bauakte des Bürgermeisters der Antragsgegnerin
nach deren unwidersprochenem Vortrag unter diesem Datum keine Antragstellung
verzeichnet, sondern erst am 28. September 2009.
21
Abwägungsbeachtlich war demnach wohl - sofern man die diesbezüglichen, allgemein
gehaltenen Ausführungen (auch) des Antragstellers nicht als bloß unverbindliche
Absichtserklärung ansieht oder die bekundeten "Planungsgedanken" als qualitative
Neuordnung des Betriebs des Antragstellers, der sich bislang schwerpunktmäßig mit
Milchviehhaltung befasst, und aus diesem Grund als nicht berücksichtigungsfähig
einordnet - allenfalls das von dem Antragsteller im Einwendungsverfahren artikulierte
allgemeine Betriebserweiterungsinteresse als Teilaspekt des Interesses, seinen
landwirtschaftlichen Betrieb in seinen Entwicklungsmöglichkeiten ohne
unangemessene Einschränkungen weiter führen zu können.
22
Dieses Interesse durfte die Antragsgegnerin bei der Abwägung wohl nicht von
vornherein vernachlässigen. Angesichts des Umstands, dass das Plangebiet von dem
Betrieb des Antragstellers aus gesehen in Hauptwindrichtung liegt und eine potentielle
Erweiterungsfläche, nämlich das Flurstück 18, lediglich getrennt durch den Q1.---weg
bis an die westliche Grenze des Plangebiets heranreicht, dürfte sich die Frage nach
dem Entstehen von planerisch zu bewältigenden (Geruchs)Immissionskonflikten nicht
bereits im Ansatz erübrigt haben.
23
Derjenige, der in seiner Freizeit im Freien "an der frischen Luft" Sport treibt, kann
erwarten, von Gerüchen, die - wie die zum Beispiel von einer Mastschweinehaltung
herrührenden - in starker Konzentration als ekelerregend empfunden werden können,
verschont zu bleiben. Sport- und Freizeitanlagen können daher nach den Umständen
des Einzelfalles - etwa unter Heranziehung der Abstandsregelungen der VDI-Richtlinie
3471 "Emissionsminderung Tierhaltung - Schweine" als Orientierungshilfe - bei der
Bauleitplanung durchaus annähernd denselben Schutz wie eine (Außen-)Wohnnutzung
im Dorfgebiet oder Außenbereich genießen.
24
Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24. März 2005 - 26 B 03.1776 -, juris Rn. 23 f.;
nachgehend BVerwG, Beschluss vom 2. August 2005 - 4 B 41.05 -, BRS
69 Nr. 102 = juris Rn. 3 f.
25
Geht man von einer Antragsbefugnis des Antragstellers aus, ist der Antrag entgegen der
von der Antragsgegnerin geäußerten Bedenken im Übrigen zulässig.
26
Der Antragsteller ist mit seinen Einwendungen nicht gemäß § 47 Abs. 2 a) VwGO
27
präkludiert.
Nach dieser Bestimmung ist der Antrag einer natürlichen oder juristischen Person, der
einen Bebauungsplan zum Gegenstand hat, unzulässig, wenn die den Antrag stellende
Person nur Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen
Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB) oder im Rahmen der Beteiligung der betroffenen
Öffentlichkeit (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 BauGB und § 13 a Abs. 2 Nr. 1 BauGB) nicht oder
verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese
Rechtsfolge im Rahmen der Beteiligung hingewiesen worden ist.
28
§ 47 Abs. 2 a) VwGO, der das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis konkretisieren soll,
verlangt nur, dass der Antragsteller überhaupt rechtzeitig Einwendungen erhebt und
jedenfalls eine dieser Einwendungen im Normenkontrollverfahren geltend macht. Er ist
nicht gehindert, sich im Normenkontrollverfahren auch auf solche Einwendungen zu
berufen, die er zuvor nicht geltend gemacht hat.
29
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 2010 - 4 CN 3.09 -, DVBl. 2010, 779 =
juris Rn. 14; OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2008 - 7 B
915/08.NE -, NWVBl. 2009, 145 = BRS 73 Nr. 56 = juris Rn. 27.
30
Danach ist der Antragsteller mit seinen Einwendungen nicht präkludiert, weil er im
Rahmen der vom 16. April 2009 bis zu 18. Mai 2009 währenden öffentlichen Auslegung
Einwendungen erhoben hat. Die zur Begründung des vorliegenden Eilantrags
vorgebrachten Einwendungen waren zumindest der Sache nach schon Gegenstand des
Stellungnahmeschreibens vom 17. Mai 2009.
31
Dem Antrag fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
32
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt unter anderem dann, wenn der Antragsteller seine
Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht verbessern kann und
die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb als für ihn nutzlos erscheint. Davon ist hier
nicht auszugehen, zumal zwar die Baugenehmigung für die Errichtung und Betrieb des
Golfplatzes bereits erteilt ist, die Festsetzungen des Bebauungsplans aber noch nicht
vollumfänglich umgesetzt sind.
33
Vgl. zu diesen Aspekten: BVerwG, Urteil vom 23. April 2002 - 4 CN 3.01 -
, NVwZ 2002, 1126 = BRS 65 Nr. 50 = juris Rn. 10, Beschluss vom 9.
Februar 1989 - 4 NB 1.89 -, NVwZ 1989, 653 = BRS 49 Nr. 37 = juris Rn.
6; OVG NRW, Urteil vom 23. Oktober 2002 - 10a D 86/00.NE -, NWVBl.
2004, 98 = juris Rn. 20.
34
Der Antrag ist jedenfalls unbegründet.
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Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6
VwGO liegen nicht vor.
36
Danach kann das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung
erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen
Gründen dringend geboten ist.
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Der Begriff "schwerer Nachteil" stellt an die Aussetzung des Vollzugs einer
38
(untergesetzlichen) Norm erheblich strengere Anforderungen als § 123 VwGO sie sonst
an den Erlass einstweiliger Anordnungen im verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz
stellt. Eine Außervollzugsetzung ist nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen
gerechtfertigt, die durch Umstände gekennzeichnet sind, die den Erlass einer
einstweiligen Anordnung gleichsam unabweisbar erscheinen lassen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 1998 - 4 VR 2.98 -, NVwZ 1998,
1065 = juris Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 B
304/10.NE -.
39
Der bloße Vollzug eines Bebauungsplans stellt noch keinen schweren Nachteil in
diesem Sinne dar. Ein schwerer Nachteil, der die Außervollzugsetzung eines
Bebauungsplans nach § 47 Abs. 6 VwGO rechtfertigt, ist nur dann zu bejahen, wenn die
Verwirklichung des angegriffenen Bebauungsplans in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht eine schwerwiegende Beeinträchtigung rechtlich geschützter Positionen des
jeweiligen Antragstellers konkret erwarten lässt.
40
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. April 2010 - 2 B 304/10.NE , vom
27. April 2009 - 10 B 459/09.NE -, NVwZ-RR 2009, 799 = juris Rn. 6, vom
29. August 2008 - 7 B 915/08.NE -, NWVBl. 2009, 145 = BRS 73 Nr. 56 =
juris Rn. 7, und vom 16. Mai 2007 - 7 B 200/07.NE -, BRS 71 Nr. 50 =
juris Rn. 5.
41
"Aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten" sein kann die Außervollzugsetzung
des Bebauungsplans, wenn dieser sich bei der im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich
rechtsfehlerhaft erweist und von einem Erfolg des Antragstellers im
Hauptsacheverfahren auszugehen ist. Da § 47 Abs. 6 VwGO einstweiligen
Rechtsschutz jedoch nur im individuellen Interesse des jeweiligen Antragstellers
gewährt, setzt die Außervollzugsetzung eines offensichtlich unwirksamen
Bebauungsplans weiter voraus, dass seine Umsetzung den jeweiligen Antragsteller -
unterhalb der Schwelle des schweren Nachteils - konkret so beeinträchtigt, dass die
einstweilige Anordnung jedenfalls deshalb dringend geboten ist.
42
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. April 2010 - 2 B 304/10.NE , vom
27. April 2009 - 10 B 459/09.NE -, NVwZ-RR 2009, 799 = juris Rn. 7, vom
29. August 2008 - 7 B 915/08.NE -, NWVBl. 2009, 145 = BRS 73 Nr. 56 =
juris Rn. 8, und vom 16. Mai 2007 - 7 B 200/07.NE -, BRS 71 Nr. 50 =
juris Rn. 9.
43
Gemessen an diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine
Außervollzugsetzung des angegriffenen Bebauungsplans nicht vor.
44
Es ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller durch die anstehende Umsetzung des
Plans einen schwerwiegenden Nachteil im dargelegten Sinn zu erwarten hat, so dass
die Außervollzugsetzung nicht unabhängig vom mutmaßlichen Ausgang des
Hauptsacheverfahrens dringend geboten erscheint. Ebenso wenig liegen hinreichende
Anhaltspunkte dafür vor, dass der strittige Plan offensichtlich unwirksam ist und seine
bevorstehende Umsetzung den Antragsteller solchen nachteiligen Folgen aussetzen
würde, dass seine Außervollzugsetzung dringend geboten wäre.
45
Die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans ist nicht deswegen dringend geboten,
weil seine anstehende Verwirklichung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine
schwerwiegende Beeinträchtigung rechtlich geschützter Positionen des Antragstellers
konkret erwarten ließe.
46
Eine derartige schwerwiegende Beeinträchtigung hat der Antragsteller insbesondere
nicht im Zusammenhang mit seinen Absichten, seinen Betrieb um eine Schweinemast
zu erweitern, zu erwarten. Eine wesentliche Einschränkung der
Erweiterungsmöglichkeiten seines landwirtschaftlichen Betriebs infolge der Errichtung
des Golfplatzes ist nicht ersichtlich. Nach Lage der Dinge schließen Errichtung und
Betrieb des Golfplatzes eine Erweiterung des Betriebs des Antragstellers auch insoweit
nicht aus, als diese das unmittelbar an das Plangebiet grenzende Flurstück 18
einschließt. Insoweit mag zwar - wie ausgeführt - bei der von dem Antragsteller
angeführten Absicht, seinen Betrieb um eine Schweinemast zu erweitern, das Entstehen
von zu bewältigenden (Geruchs-)Immissionskonflikten mit Blick darauf, dass die
potentielle Erweiterungsfläche des Flurstücks 18 lediglich getrennt durch den Q1.---weg
bis an die westliche Grenze des Plangebiets heranreicht und dem Umstand, dass das
Plangebiet von dem Betrieb des Antragstellers aus gesehen in Hauptwindrichtung liegt,
nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Dafür, dass hier eine Konfliktlage entstehen
könnte, welche die vom Antragsteller geplante Erweiterung seiner Milchwirtschaft um
eine Schweinemast vereiteln oder auch nur unangemessen erschweren würde, spricht
allerdings nichts. Da die Nutzung eines Grundstücks als Golfplatz im Grundsatz weniger
störempfindlich ist als etwa eine Wohnnutzung, erscheinen infolge einer
Betriebserweiterung entstehende (Geruchs-)Immissionskonflikte ohne Weiteres und
ohne relevanten Nachteile für den Antragsteller lösbar, wenn die Erweiterung auf dem
westlichen Teil des Flurstücks 18 in der Nähe der Hofstelle des Antragstellers
stattfindet. Dies zeigt auch der Umstand, dass - wie es im Schriftsatz der
Antragsgegnerin vom 24. Juni 2010 heißt - die Bauvoranfrage des Antragstellers
hinsichtlich der Errichtung einer Schweinemastanlage mit 1.400 Plätzen aller
Voraussicht nach in Kürze positiv beschieden werde, nachdem der Antragsteller am
17. Dezember 2009 bei dem Bürgermeister der Antragsgegnerin eine neue
Bauvoranfrage für die Errichtung einer Schweinemastanlage eingereicht habe, deren
Standort gegenüber der ursprünglich zur Bescheidung gestellten Bauvoranfrage ca. 300
m nach Westen verschoben sei. Ein schutzwürdiges Interesse des Antragstellers, die
Anlage unmittelbar an der Grenze zum Plangebiet errichten zu können, erschließt sich
schon mit Blick auf die Entfernung zu der bestehenden Hofstelle und der insofern wohl
nicht gegebenen (vorhabenunabhängigen) Genehmigungsfähigkeit nicht.
47
Es liegen des Weiteren keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die
bevorstehende Umsetzung des Plans im Bereich des ausgewiesenen Golfplatzes den
Antragsteller - unterhalb der Schwelle eines schweren Nachteils - solchen Folgen
aussetzen würde, dass eine Außervollzugsetzung des Plans im Falle seiner
offensichtlichen Unwirksamkeit dringend geboten wäre.
48
Anschließend an die obigen Ausführungen hat der Antragsteller nach Lage der Dinge
keine nachhaltigen Einschränkungen seiner Betriebsinteressen zu befürchten, vor
denen er dringend geschützt werden müsste. Auch sind sonstige Einschränkungen in
der derzeitigen Nutzung der Landwirtschaft weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
49
Schon deshalb kommt es nicht darauf an, dass der angegriffene Bebauungsplan bislang
aus folgendem Grund nicht wirksam geworden ist: Der Bürgermeister der
50
Antragsgegnerin hat den Bebauungsplan erst am 23. November 2009 und damit nach
dessen Bekanntmachung am 6. November 2009 ausgefertigt. Ein Bebauungsplan muss
jedoch vor seiner Bekanntmachung ausgefertigt sein.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Mai 1996 - 4 B 60.96 -, NVwZ-RR 1996
= BRS 58 Nr. 41 = juris Rn. 3, und vom 27. Januar 1999 - 4 B 129.98 -,
NVwZ 1999, 878 = BRS 62 Nr. 29 = juris Rn. 4.
51
Eine Außervollzugsetzung des Bebauungsplans aufgrund dieses Mangels ist jedoch
schon deswegen nicht dringend geboten, weil er ohne Weiteres in einem ergänzenden
Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB kurzfristig behoben werden kann.
52
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Dezember 1997 - 7a B 1110/97.NE -,
BRS 60 Nr. 55 = juris Rn. 78 ff., und vom 25. Januar 2008 - 7 B
1743/07.NE -, NWVBl 2008, 349 = BRS 73 Nr 60 = juris Rn. 44
53
Dessen ungeachtet führen die Einwände des Antragstellers gegen den Bebauungsplan
nicht auf offensichtliche Normverstöße.
54
Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Frage der gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB
erforderlichen städtebauliche Rechtfertigung.
55
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich
nach der jeweiligen städtebaulichen Konzeption der Gemeinde. Welche
städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen.
Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren
städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1
Abs. 3 Satz 1 BauGB sind in aller Regel nur solche Bauleitpläne, die einer positiven
Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für
deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind.
56
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999,
1338 = BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 25. Januar
2010 - 7 D 97/09.NE -, juris Rn. 41; Hess. VGH, Urteile vom 2. Dezember
2002 - 9 N 3208/98 -, BRS 65 Nr. 220 = juris Rn. 32 ff., und vom 21.
Dezember 2000 - 4 N 2435/00 -, BRS 63 Nr. 226 = juris Rn. 26 (jeweils
zur städtebaulichen Erforderlichkeit eines Golfplatzes).
57
Das ist unter anderem dann der Fall, wenn eine planerische Festsetzung als so
genannte Gefälligkeitsplanung nur den Zweck hat, private Interessen zu befriedigen. Ist
dagegen der Bebauungsplan an bodenrechtlich relevanten Ordnungskriterien
ausgerichtet, entspricht er einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, selbst wenn
er auch den Wünschen Privater entgegen kommt und diese den Anstoß für die Planung
gegeben haben.
58
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999,
1338 = BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 5; OVG R.-P., Urteil vom 24. Februar
2010 - 1 C 10852/09 -, juris Rn. 37; Bay. VGH, Urteil vom 18. Oktober
2007 - 15 N 07.1093 -, juris Rn. 21.
59
Diesen Anforderungen wird die strittige Planung gerecht. Sie verfolgt nach der
60
Planbegründung (siehe dort S. 6 ff.) das Ziel, den Universitätsstandort Q. zu stärken
und den dortigen sportwissenschaftlichen Einrichtungen durch die Errichtung eines
"H1. " Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. Die 18-Loch-Golfanlage sei
wesentlicher Bestandteil dieses "H1. ", weil sich die Sportart Golf in besonderer
Weise für die von der Vorhabenträgerin geplanten wissenschaftlichen Untersuchungen -
"Live-Monitoring der Körpereigenschaften" während des Spiels und Auswertung der
ermittelten Daten durch das Sportmedizinische Institut der Universität Q. zur
Gewinnung von Einblicken in die Mechanismen von Anspannung und Entlastung -
eigne, da der koordinative Anspruch an die Spieler besonders hoch sei. Außerdem solle
- so die Antragsgegnerin - ihre Freizeit- und Erholungsfunktion gestärkt und der Standort
Q. als Sportstadt aufgewertet werden, die bislang nicht über einen 18-Loch-
Golfplatz verfüge.
Darin ist eine positive städtebauliche Planungskonzeption zu sehen, die an die
Planungsgrundsätze des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB - die sozialen und kulturellen
Bedürfnisse der Bevölkerung sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport,
Freizeit und Erholung - und § 1 Abs. 6 Nr. 8 a) - Belange der Wirtschaft - sowie Nr. 8 c) -
Belange der Schaffung von Arbeitsplätzen - BauGB anknüpfen kann und die nicht nur
dazu dient, den privaten Interessen der Vorhabenträgerin entgegen zu kommen.
61
Dafür, dass diese Konzeption nur vorgeschoben gewesen wäre und die Planung im
Hinblick auf die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung in Ziffer 1 der textlichen
Festsetzungen des Bebauungsplans einen so genannten "Etikettenschwindel"
darstellen könnte, welcher der Planung die städtebauliche Rechtfertigung nähme,
62
vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 7. März 2006 – 10 D 43/03.NE -, NWVBl.
2006, 372 = BRS 70 Nr. 21 = juris Rn. 127,
63
spricht nichts. Zugleich fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass Festsetzungen
des Plans - wie der Antragsteller meint - keine Aussicht auf Verwirklichung haben und
ihnen deshalb die erforderliche städtebauliche Rechtfertigung fehlt. Zur Wahl des
Planungsinstruments eines mit einem Durchführungsvertrag mit dem Vorhabenträger
gekoppelten vorhabenbezogenen Bebauungsplans im Sinne von § 12 BauGB, um über
die im Lichte des erkennbaren Willen des Plangebers auszulegenden,
64
vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 1995 - 4 NB 3.95 -,
NVwZ-RR 1995, 311 = BRS 57 Nr. 26 = juris Rn. 3,
65
Festsetzungen des Bebauungsplans selbst hinaus gehend sicherzustellen, dass
Fehlentwicklungen im Plangebiet, die der Grundkonzeption der Planung zuwiderlaufen,
unterbleiben, war die Antragsgegnerin nicht verpflichtet. Zwischen den beiden
Bebauungsplanarten besteht ein Wahlrecht.
66
Vgl. Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Auflage 2009,
§ 12 Rn. 4, sowie in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB,
Band I, Loseblatt, Stand Januar 2010, § 12 Rn. 104.
67
Die Prüfung, ob die Festsetzungen des Bebauungsplans im Einzelnen hinreichend
bestimmt sind und den vorstehend beschriebenen Sicherungszweck erfüllen können,
bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
68
Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen § 1 Abs. 4 BauGB.
69
Nach der maßgeblichen Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG sind Ziele der
Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten
oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend
abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen
zur Entwicklung, Ordnung oder Sicherung des Raums. In ihnen spiegelt sich bereits
eine landesplanerische Abwägung zwischen den durch die Grundsätze der
Raumordnung (§ 3 Nr. 3 ROG) verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen
Belangen wider. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe
sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen,
sind verbindlich. Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis
abschließender Abwägung ist nur genügt, wenn die Planaussage auf der
landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Der Plangeber kann es, je
nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des
Planziels Zurückhaltung zu üben, um den planerischen Spielraum der nachfolgenden
Planungsebene zu schonen. Von einer Zielfestlegung kann allerdings keine Rede mehr
sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die
abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Anders als die Festlegung von
Vorranggebieten mit den Merkmalen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG (vormals § 7
Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG), denen ein Zielcharakter zukommt, haben Vorbehaltsgebiete
im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 ROG (vormals § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG) die
Eigenschaft eines Ziels der Raumordnung nicht. Vorbehaltsgebiete entfalten
typischerweise eine geringere Steuerungskraft. Sie wirken als Gewichtungsvorgaben
auf nachfolgende Abwägungs- und Ermessensentscheidungen ein und dürfen durch
öffentliche oder private Belange von höherem Gewicht überwunden werden.
70
Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. September 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE
119, 54 = NVwZ 2004, 226 = BRS 66 Nr. 5 = juris Rn. 26 f., und vom 13.
März 2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33 = NVwZ 2003, 738 = BRS 66
Nr. 10 = juris Rn. 43; OVG NRW, Urteil vom 25. Januar 2010 - 7 D
97/09.NE -, juris Rn. 48.
71
Ausgehend davon sind die dem Kapitel B.II. "Natürliche Lebensgrundlagen", Abschnitt
1.2 "Allgemeine Freiraum- und Agrarbereiche", des Regionalplans für den
Regierungsbezirk E. - Teilabschnitt Q. -I1. - entstammenden Ziele 1 und 3
(siehe S. 48 f. des Regionalplans) keine Ziele der Raumordnung nach § 1 Abs. 4
BauGB, an die der im Streit stehende Bebauungsplan hätte angepasst werden müssen.
Die Darstellung des südlichen Bereichs des Plangebiets als landwirtschaftliche
Kernzone, deren Inanspruchnahme für andere Nutzungen nach dem genannten Ziel 3
nur bei unabweisbarem Bedarf möglich sein soll, steht dem Plan nicht entgegen, weil es
sich hierbei nicht um ein Vorranggebiet mit Zielcharakter, sondern - wie es im Wortlaut
des Ziels durch die Eröffnung einer Abweichungsmöglichkeit bei "unabweisbarem
Bedarf" zum Ausdruck kommt und in der Erläuterung auf S. 51 des Regionalplans
ausdrücklich betont wird - lediglich um ein Vorbehaltsgebiet ohne Zielcharakter handelt,
das im Zuge der Abwägung durch Belange von höherem Gewicht überwunden werden
kann.
72
Schließlich spricht auch nichts dafür, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der nach § 1
Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung, die nach derzeitigem Erkenntnisstand allenfalls
abwägungsbeachtlichen allgemeinen betrieblichen Erweiterungsinteressen des
73
Antragstellers und der übrigen planbetroffenen Landwirtschaft nicht zu den anderen mit
der Planung verfolgten Interessen - der Schaffung einer Schnittstelle zwischen
Gesundheit, Sport und Forschung, die Stärkung des Wissenschaftsstandortes Q.
sowie der kommunalen Attraktivität und des Wohn- und Freizeitwertes der Gemeinde
(siehe S. 6 der Planbegründung) - in einen angemessenen Ausgleich gebracht hätte.
Bei der Bauleitplanung zu berücksichtigen ist - wie dargelegt - nicht nur das Bedürfnis
eines Landwirts danach, seinen Betrieb mit dem vorhandenen Tierbestand ohne
existenzgefährdende Einschränkungen weiter betreiben zu können. Auch das Bedürfnis
nach einer künftigen Betriebsausweitung kann im Rahmen der
Abwägungsentscheidung unter bestimmten Voraussetzungen von Belang sein. Danach
beachtliche Erweiterungsabsichten des Landwirtes stellen allerdings nur einen Belang
von mehreren dar und haben keinen unbedingten Anspruch darauf, sich in jedem
Planungsfalle durchzusetzen. Dass das Interesse des Landwirts, seinen Betrieb zu
erweitern, in der Abwägung beachtlich ist, bedeutet nicht, dass sich dieses Interesse in
der Abwägung auch durchsetzen müsste. Ihm ist als einem Faktor unter verschiedenen
Faktoren Rechnung zu tragen. Ob die Gemeinde ihm den Vorrang vor einer
störungsanfälligen baulichen Nutzung der Umgebung einräumt, hängt von dem Gewicht
ab, das sie ihm im Rahmen der städtebaulichen Ordnung des Gemeindegebiets
beimisst. Danach ist es grundsätzlich auch möglich, in der Abwägung die Belange des
Landwirts zurückzusetzen. Die Gemeinde ist auf der Grundlage einer sachgerechten
Abwägung berechtigt, ihm Erweiterungsmöglichkeiten für seinen Betrieb abzuschneiden
und ihn der Gefahr einer Einschränkung seines Betriebs auszusetzen.
74
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2003 - 7a D 35/02.NE -, juris Rn. 35 ff.;
Nds. OVG, Urteil vom 15. Januar 2004 - 1 KN 128/03 -, NuR 2005, 595 =
juris Rn. 33.
75
Gemessen an diesem Maßstab ist die Abwägung nicht deswegen offensichtlich
fehlerhaft, weil sie die allgemeinen Erweiterungsinteressen der in der näheren
Umgebung des Plangebiets angesiedelten Landwirtschaft nicht ihrem objektiven
Gewicht entsprechend bei der Planung berücksichtigt hätte. Die Antragsgegnerin hat die
Belange der Landwirtschaft in den Blick genommen (siehe S. 42 ff. der
Planbegründung). Dabei hat sie sich der Frage gestellt, ob es im Umfeld des
Planungsvorhabens zu einer Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung komme
(siehe S. 43 f. der Planbegründung). Dies hat sie verneint, weil eine derartige
Einschränkung nicht erkennbar sei. Dieser Ansatz der Antragsgegnerin ist bei
summarischer Betrachtung nicht zu beanstanden. Weder war sie danach zu
weitergehenden abwägenden Ausführungen verpflichtet, weil ihr im maßgebenden
Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses keine konkreten Erweiterungsabsichten eines
Landwirts bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, die in die Planung
eingestellt werden konnten, noch lässt sich ersehen, dass sie dem Gewicht allgemeiner
landwirtschaftlicher Erweiterungsinteressen im Rahmen einer normalen Betriebsführung
damit nicht ausreichend Rechnung getragen hätte. Bei summarischer Betrachtung ist
zumindest nicht offensichtlich, dass der Bebauungsplan Erweiterungen planbetroffener
landwirtschaftlicher Betriebe vereitelt oder unangemessen erschwert.
76
Selbst wenn man davon ausginge, dass die Antragsgegnerin bereits beim
Satzungsbeschluss von der durch die Bauvoranfrage des Antragstellers konkretisierten
Erweiterungsabsicht hätte Kenntnis haben können, drängt sich ein im Sinne von § 214
Abs. 3 Satz 2 BauGB ergebnisrelevanter Abwägungsfehler nicht auf. Denn nach der
77
vom Antragteller unwidersprochenen Einschätzung der Antragsgegnerin wäre das
Vorhaben im unmittelbaren Grenzbereich zum Golfplatz schon unabhängig von der
Verwirklichung der Planung nicht genehmigungsfähig gewesen und steht nach der
erklärten Einschätzung der Antragsgegnerin bei Verwirklichung des Vorhabens weiter
westlich zur Hofstelle hin ein (Geruchs-)Immissionskonflikt mit der Golfplatznutzung
tatsächlich nicht zu erwarten.
Ebenfalls drängt sich zumindest nicht auf, dass die Antragsgegnerin die Eigenschaft
eines Teils des Plangebiets als durch den Regionalplan für den Regierungsbezirk E.
- Teilabschnitt Q. -I1. - dargestellte landwirtschaftliche Kernzone mit der Qualität
eines Vorbehaltsgebiets bei der Abwägung fehlgewichtet hätte. Die Antragsgegnerin hat
diese regionalplanerische Vorgabe berücksichtigt und zwischen der Bedeutung der
landwirtschaftlichen Nutzung des Plangebiets und dem Gewicht seiner beabsichtigten
zukünftigen Nutzung abgewogen (siehe S. 16 f. und S. 43 f. der Planbegründung). Sie
ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass für die Inanspruchnahme der betreffenden
landwirtschaftlich genutzten Flächen im Bereich der I. ein unabweisbarer Bedarf
bestehe, weil sie ansonsten über keine Flächenpotentiale für die Errichtung einer 18-
Loch-Golfanlage verfüge, zwischen dem Nutzerpotential im Stadtgebiet Q. und
bereits vorhandenen Golfanlagen im Umland eine vergleichsweise große räumliche
Distanz bestehe - die nächstgelegenen Golfplätze im Kreisgebiet befänden sich in
T. -U. sowie in C. M.-----ringe - und weil die unmittelbare räumliche Nähe des
Standorts zur Universität Q. für die wirtschaftliche und organisatorische
Tragfähigkeit des Gesamtkonzeptes von wesentlicher Bedeutung sei. Dass die
Antragsgegnerin damit das Interesse an der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit des
Plangebiets unangemessen gewichtet hätte, ist gerade vor dem in der Planbegründung
angesprochenen Hintergrund (siehe dort S. 43), dass das Vorhaben reversibel und eine
Rückführung der Flächen in eine landwirtschaftliche Verwertung nicht ausgeschlossen
ist, nicht erkennbar.
78
Aus § 1 a Abs. 2 Satz 2 BauGB ergibt sich demgegenüber nichts anderes. Diese
Bestimmung schließt eine Umwidmung landwirtschaftlich genutzter Flächen nicht aus.
Die Umwidmungssperrklausel stellt keinen Planungsleitsatz dar. Sie fordert von der
abwägenden Gemeinde, den Grundsatz der Erhaltung landwirtschaftlich genutzter
Flächen mit erhöhtem Gewicht in die Abwägung einzustellen. Die Umwidmung bedarf
einer besonderen Abwägungs- und Begründungspflicht.
79
Vgl. insoweit Nds. OVG, Urteil vom 26. Mai 1997 - 1 L 6175/95 -, NVwZ-
RR 1998, 161 = BRS 59 Nr. 13 = juris Rn. 8.
80
Dieser dürfte die Antragsgegnerin nach dem oben Gesagten genüge getan haben.
81
Auch das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB erscheint
nicht als verletzt, weil die Antragsgegnerin - wie der Antragsteller moniert - das
Vorhandensein der Golfplätze in T. -U. und in C. M.-----ringe stärker hätte
gewichten müssen. Eine materielle gemeindenachbarliche Abstimmung ist dann
erforderlich, wenn unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche
Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde in Betracht kommen. Solche
Auswirkungen der streitgegenständlichen Planung auf die Nachbargemeinden der
Antragsgegnerin zeigt weder das Antragsvorbringen auf noch treten sie sonst zutage.
82
Andere wichtige Gründe, die eine einstweilige Anordnung gebieten könnten, sind nicht
83
erkennbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in
Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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