Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 04.03.2002

OVG NRW: bebauungsplan, körperliche unversehrtheit, passiven, recht auf gesundheit, einvernehmliche regelung, offensichtlicher mangel, subjektives recht, gebäude, gemeinde, eigentümer

Oberverwaltungsgericht NRW, 7A D 41/01.NE
Datum:
04.03.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7a Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7A D 41/01.NE
Tenor:
Das Verfahren der Antragstellerin zu 29. wird eingestellt.
Der Antrag der Antragsteller zu 24. bis 27. und 30. bis 49. wird
verworfen.
Der Bebauungsplan Nr. 68409/07 - "K. Allee in K. -M. " - der Stadt K. ist
nichtig.
Von den bis zur Rücknahme des Verfahrens der Antragstellerin zu 29.
entstandenen Kosten entfällt jeweils ein Fünfzehntel auf 1) den
Antragsteller zu 24., 2) die Antragsteller zu 25., 26., 30., 43. und 44., 3)
die Antragsteller zu 27., 31. bis 33., 38., 42. und 49., 4) die
Antragstellerin zu 29., 5) die Antragsteller zu 34. bis 37., 6) die
Antragsteller zu 39. bis 41., 7) den Antragsteller zu 45., 8) die
Antragsteller zu 46., 9) den Antragsteller zu 47., 10) den Antragsteller zu
48.; auf die Antragsgegnerin entfällt ein Drittel. Von den nach
Rücknahme des Verfahrens der Antragstellerin zu 29. entstandenen
Kosten entfällt jeweils ein Vierzehntel auf 1) den Antragsteller zu 24., 2)
die Antragsteller zu 25., 26., 30., 43. und 44., 3) die Antragsteller zu 27.,
31. bis 33., 38., 42. und 49., 4) die Antragsteller zu 34. bis 37., 5) die
Antragsteller zu 39. bis 41., 6) den Antragsteller zu 45., 7) die
Antragsteller zu 46., 8) den Antragsteller zu 47., 9) den Antragsteller zu
48.; auf die Antragsgegnerin entfallen fünf Vierzehntel. Von den auf sie
entfallenden Kosten tragen die Antragsteller zu 25., 26., 30., 43. und 44.
jeweils ein Fünftel, die Antragsteller zu 27., 31. bis 33., 38., 42. und 49.
jeweils ein Siebentel, die Antragsteller zu 34. bis 37. jeweils ein Viertel
und die Antragsteller zu 39. bis 41. jeweils ein Drittel. Den auf sie
entfallenden Kostenanteil tragen die Antragsteller zu 26., 27., 38., 42.,
46. und 49. jeweils als Gesamtschuldner.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Antragsteller wenden sich mit dem Normenkontrollantrag im Verfahren 7a D
92/01.NE gegen den Bebauungsplan Nr. 68410/05 - "Auf dem R. in K. - M. " -, im
vorliegenden Verfahren gegen den Bebauungsplan Nr. 68409/07 - "K. Allee in K. -M. " -
der Antragsgegnerin. Sie sind (Mit-)Eigentümer von bebauten Grundstücken, die
unmittelbar an die Bundesstraße O. U. (B und B ), an die von ihr abzweigende Straße
An der A. M. sowie an die etwa 40 m parallel zum O. U. verlaufende Stichstraße Im R.
angrenzen. Der Bebauungsplan Nr. 68410/05 erfasst die als öffentliche Verkehrsfläche
überplante Bundesstraße in ihrem Abschnitt vom B. im Norden bis zur M. Straße im
Süden, der Bebauungsplan Nr. 68409/07 in ihrem Abschnitt von der M. Straße bis zur M.
ring. Durch den Bebauungsplan Nr. 68410/05 werden die im (Mit-) Eigentum der
Antragsteller stehenden Grundstücke O. U. 150 b (Antragsteller zu 24.), O. U. 152
(Antragsteller zu 45.), O. U. 154 (Antragsteller zu 25., 26., 30., 43. und 44.), O. U.
156/158 (Antragsteller zu 27., 31. - 33., 38., 42. und 49.), O. U. 160/162 (Antragsteller zu
34. - 37.), An der A. M. 1 (Antragsteller zu 46.), An der A. M. 14 (Antragsteller zu 47.), An
der A. M. 16 (Antragsteller zu 48.), Im R. 2 (Antragsteller zu 39. - 41.) erfasst. Die
vorgenannten Antragsteller sind nicht (Mit-)Eigentümer von durch den Bebauungsplan
Nr. 68409/07 überplanten Grundstücken, wohl aber die Antragstellerin zu 29.
(Eigentümerin des Grundstücks O. U. 188), die Antragsteller zu 12. - 23. (O. U. 190), die
Antragsteller zu 1. bis 11. (O. U. 190 a) sowie der Antragsteller zu 28. (O. U. 192).
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Der Bebauungsplan Nr. 68409/07 wird im Nordwesten von der M. Straße, im Nordosten
vom O. U. , im Osten, Südosten und Süden von der M. ring, im Süden von der L. straße
und im Westen von der L. Allee und der Straße Unter den U. begrenzt. Er setzt entlang
des O. Ufers ab der M. Straße ein auch die Grundstücke der Antragsteller zu 1. - 23., 28.
und 29. erfassendes Mischgebiet, daran in südlicher Richtung anschließend ein
allgemeines Wohngebiet fest. Das allgemeine Wohngebiet erfasst ein großes sich vom
O. U. bis zum M. ring, rückwärtig bis zur P. straße erstreckendes, mit der so genannten
M. bebautes Gelände, das zugleich förmlich unter Landschaftsschutz gestellt ist (L 17 -
"Parkanlage der M. " -). Im Übrigen setzt der Bebauungsplan reine Wohngebiete fest,
die im Inneren des Bebauungsplangebiets neben der P. straße auch durch die K. Allee
erschlossen werden. Der Bebauungsplan tritt an die Stelle des Bebauungsplans Nr.
68409/04 (im Folgenden auch Vorläuferplan) . Wie dieser sieht er eine Verbreiterung
der Bundesstraße vor, die zum Teil zu Lasten der an die Bundesstraße angrenzenden
Grundstücke insoweit geht, als den Gebäuden vorgelagerte Grundstücksteile für die
Straßenverbreiterung in Anspruch genommen werden sollen; die Gebäudesubstanz des
Hauses O. U. 178 wird zum Teil der öffentlichen Verkehrsfläche zugeordnet. Der
Vorläuferplan überplante den östlichen Bereich einiger Parzellen in weiter gehendem
Maß, bei einigen anderen Parzellen südlich der Grundstücke der Antragsteller greift der
Bebauungsplan in den Grundstücksbereich zugunsten der festgesetzten öffentlichen
Verkehrsfläche um einige Meter stärker als zuvor vorgesehen ein. Der Vorläuferplan
setzte auch dort ein allgemeines Wohngebiet fest, wo der Bebauungsplan nunmehr ein
Mischgebiet vorsieht.
3
Das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 68409/07 nahm im
Wesentlichen folgenden Verlauf: Am 27. April 1989 beschloss der Rat der
Antragsgegnerin, den Bebauungsplan aufzustellen. Unter Berücksichtigung einer
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Umwelterheblichkeitsprüfung nahm der Stadtentwicklungsausschuss am 28. August
1997 das Plankonzept zur Kenntnis und beschloss eine vorgezogene
Bürgerbeteiligung. Das Amt 610/2 erarbeitete eine "Schalltechnische Stellungnahme zu
den Planungsmaßnahmen" (Gutachten vom 19. November 1997). Das Amt ermittelte im
Bereich der Gebäude entlang des O. Ufers dem Straßenverkehr zugeordnete
Beurteilungspegel zwischen 75 und 80 dB (A) tags sowie zwischen 70 und 75 dB (A)
nachts. Für diese Bereiche ging es von passiven Lärmschutzanforderungen aus, wie sie
die DIN 4109 für den Lärmpegelbereich VII vorsieht. Angemerkt ist in der
Stellungnahme, dass die Anforderungen an die Luftschalldämmung von
Außenbauteilen für den Lärmpegelbereich VII aufgrund der örtlichen Gegebenheiten
festzulegen seien. Das Amt 61/1 befasste sich in seinen Stellungnahmen vom 11. März
und 26. März 1998 ferner mit der Lärmpegelminderung, die durch die straßenbegleitend
von der L. straße bis zum Grundstück O. U. 196 festgesetzte Lärmschutzwand zu
erreichen ist.
Am 8. Januar 1998 beauftragte der Stadtentwicklungsausschuss die Verwaltung, einen
Bebauungsplanentwurf zu erarbeiten. Das Stadtplanungsamt legte im April 1999 eine
Umweltverträglichkeitsprüfung vor. Es ging davon aus, dass die dem O. U. zugewandten
Gebäudebereiche der Häuser O. U. 180 bis 196 (gerade Hausnummern) für eine
Wohnnutzung nicht geeignet seien. Trotz der festgesetzten aktiven und passiven
Lärmschutzmaßnahmen sei die Planung bezüglich des Mediums Lärm
umweltunverträglich. Das Amt 57 wies darauf hin, dass die DIN 4109 für den
Lärmpegelbereich VII kein Bauschalldämmmaß für Aufenthaltsräume in Wohnungen
mehr vorsehe. Das Amt 67 bat, für das Grundstück P. straße 55 ("M. ") kein allgemeines
Wohngebiet, sondern eine private Grünfläche festzusetzen. Es sei nicht beabsichtigt,
den Landschaftsplan zu ändern. Trägern öffentlicher Belange wurde Gelegenheit zur
Stellungnahme gegeben. Am 15. Juni 1999 beschloss der Stadtentwicklungsausschuss,
den Bebauungsplanentwurf öffentlich auszulegen. Nach Bekanntmachung am 28. Juni
1999 wurde der Bebauungsplanentwurf in der Zeit vom 6. Juli bis 5. August 1999
öffentlich ausgelegt. Träger öffentlicher Belange wurden erneut beteiligt. Bürger
brachten Anregungen in das Verfahren ein, so die Prozessbevollmächtigten der
Antragsteller für einige der Antragsteller mit Schreiben vom 4. August 1999. Das
Stadtplanungsamt legte im Februar 2000 eine überarbeitete
Umweltverträglichkeitsprüfung vor. Am 7. September 2000 prüfte der Rat der
Antragsgegnerin die eingegangenen Stellungnahmen und beschloss den mit einer
Begründung versehenen Bebauungsplan sodann als Satzung. Der Satzungsbeschluss
wurde am 9. Oktober 2000 öffentlich bekannt gemacht.
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Die Antragsteller haben am 23. Mai 2001 den Normenkontrollantrag gestellt, zu dessen
Begründung sie vortragen: Sie seien als Eigentümer von Grundstücksflächen, die als
öffentliche Verkehrsflächen überplant werden, antragsbefugt. Ferner ergebe sich ihre
Antragsbefugnis aus der Änderung der Gebietsfestsetzung von einem Wohngebiet in
Mischgebiet und schließlich im Hinblick auf die zu erwartende Verkehrszunahme
deshalb, weil sie, die Antragsteller, in ihrem Recht auf Gesundheit und körperliche
Unversehrtheit betroffen seien. Sie seien auch hinsichtlich beider Bebauungspläne
antragsbefugt, denn die Verkehrszunahme resultiere aus dem Ausbau des O. Ufers im
Bereich beider Bebauungspläne. Durch die Festsetzungen des jeweils anderen
Bebauungsplans solle der vierspurige Ausbau des O. Ufers insgesamt ermöglicht
werden. Sie müssten nicht damit rechnen, dass die Straßenverbreiterung auch auf
Grundlage der Vorläuferpläne erfolgen könnte, denn diese Bebauungspläne seien von
der zwischenzeitlichen tatsächlichen Entwicklung überholt und daher funktionslos. Die
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Antragsgegnerin sei verpflichtet, diese Pläne aufzuheben.
Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan sei städtebaulich nicht
gerechtfertigt. Es würden nicht - dem vorgegebenen Ziel des Bebauungsplans
entsprechend - hochwertige Wohngebiete gesichert, sondern es werde der Prozess der
Verdrängung von Wohnen durch die nunmehr mögliche Ansiedlung von
Gewerbebetrieben verstärkt. Der Bebauungsplan genüge den
Abwägungsanforderungen nicht. Die Antragsgegnerin habe schon den
abwägungserheblichen Sachverhalt nicht ermittelt. Der Bebauungsplan lasse die
Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV überschreitenden Verkehrslärm zu. Die
Grenzwerte könnten selbst dann nicht eingehalten werden, wenn die
Straßenverbreiterung nicht in Richtung Vorgärten, sondern in Richtung R. erfolgen
würde. Die Lärmerhöhung um 1 dB (A) sei wesentlich. Gesundheitsverträgliche
Grenzwerte seien bereits heute in den Anwohnern unzumutbarer Weise überschritten
und würden durch die Planung in geradezu menschenverachtender Ignoranz
manifestiert. Die Außenbereichsflächen seien mangels verbleibender sinnvoller
Nutzungsmöglichkeiten faktisch wertlos. Die Grundstücke verlören durch die Planung
enorm an Wert. Das Gutachten des TÜV gehe von falschen Voraussetzungen aus. Der
Lkw-Anteil sei mit 20 % für die Nachtzeit zu niedrig angesetzt, da über das O. U. in der
Zeit von 04.00 Uhr bis 08.00 Uhr eine rege An- und Abfahrt von Lastkraftwagen zum
Großmarkt K. erfolge. Der von der Stadtbahnlinie 16 ausgehende Schienenverkehrslärm
sei außer Acht geblieben, obwohl die Lärmimmissionen derart hoch seien, dass ihnen
quasi enteignende Wirkung beizumessen sei. Solche Wirkungen seien in einem
allgemeinen Wohngebiet - und von einem allgemeinen Wohngebiet sei wegen
Nichtigkeit der Mischgebietsausweisung auszugehen - ab (hier überschrittenen)
Lärmimmissionen von 70 bis 75 dB (A) tags/60 bis 65 dB (A) nachts anzunehmen.
Ebenfalls unberücksichtigt geblieben sei, dass die Zugfolge auf der Straßenbahnstrecke
entlang des O. Ufers nach Vorstellungen der Antragsgegnerin verdoppelt werden solle
und weitere Straßenbahnlinien hinzukommen sollten.
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Der Bebauungsplan trenne konfliktträchtige Nutzungen nicht, sondern lasse die
Nutzungsarten Verkehr neben Wohnen zu. Für einen Lärmschutzwall stehe zwar
(nördlich des Grundstücks O. U. 196) kein ausreichender Platz zur Verfügung. Es sei
durch Maßnahmen passiven Lärmschutzes jedoch nicht möglich, die Lärmimmissionen
auf ein zumutbares Maß zurückzuführen. Erforderlich wäre aber ein größerer Abstand
zwischen Verkehrsfläche und Wohnbebauung. Planerische Alternativen (Verbreiterung
der R. straße zum R. gegebenenfalls unter Aufständerung der Straße; Bau eines
Tunnels) habe die Antragsgegnerin aus Gründen zu hoher Kosten als undurchführbar
verworfen. Wie hoch die Kosten einer Alternativplanung im Verhältnis zu den Kosten
des Bebauungsplans seien, hätte die Antragsgegnerin jedoch prüfen müssen. Da die
überplanten Grundstücke wegen der unzumutbaren Lärmbelastung faktisch
unbenutzbar würden, orientierten sich die Entschädigungsleistungen an den Werten der
betroffenen Grundstücke und gingen in den zwei-, wenn nicht gar dreistelligen
Millionenbereich hinein. Zu Unrecht berufe sich die Antragsgegnerin auf das Urteil des
Oberverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1995 - 23 D 190/91.AK -. Der jenem
Verfahren zugrunde liegende Planfeststellungsbeschluss sei mittlerweile außer Kraft
getreten, da die Antragsgegnerin mit seiner Durchführung nicht rechtzeitig begonnen
habe. Zwar habe das Oberverwaltungsgericht in jenem Verfahren die erwogene
Untertunnelung im Hinblick auf den finanziellen Aufwand als ungeeignete Alternative
verworfen, doch treffe dieses Argument wegen der auf die Antragsgegnerin
zukommenden Entschädigungsforderungen für den hier maßgebenden Abschnitt der R.
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straße nicht zu.
Die Verkehrssicherheit der Anwohner sei vernachlässigt worden, denn die Straße
grenze unmittelbar an die Häuserfront; ein Gehweg fehle. Zugangs- und
Zufahrtsmöglichkeiten zu den angrenzenden Wohngrundstücken würden erschwert. Die
Verkehrszunahme sei nicht nur im Hinblick auf den Lärmpegelanstieg, sondern auch
hinsichtlich der Zahl zusätzlicher Kraftfahrzeuge wesentlich.
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Die Festsetzung eines Mischgebiets entspreche den vom Rat angenommenen
Gegebenheiten nicht. Es bestehe - wie die Beweisaufnahme und eine Eigenrecherche
bestätigt habe - ein faktisches Wohngebiet. Ein Nutzungswandel in Form einer
"Tertialisierung" habe nicht stattgefunden. Von einer Mischstruktur könne keine Rede
sein. Dienstleistungsbetriebe seien nur in zu vernachlässigender Zahl vorhanden. Auch
habe der Flächennutzungsplan die Festsetzung nicht gefordert, denn er habe vor seiner
Änderung Wohnbauflächen dargestellt. Dass er in einem ordnungsgemäßen Verfahren
geändert worden sei, müsse bestritten werden.
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Für das überplante Gebiet sei eine Vielzahl von ein- bis dreigeschossigen
Baudenkmälern nebst dazugehörigen Gärten charakteristisch. Die vorhandenen
Einfriedungen seien so beschaffen, dass eine optische Verbindung zwischen
Straßenraum und Gartenbereich bestehe. In die Vorgärten der Grundstücke entlang des
O. Ufers mit jahrzehntealtem Baumbewuchs, welcher wichtige ökologische Nischen für
Flora und Fauna innerhalb des Stadtbereichs gewähre, werde ebenso massiv
eingegriffen wie in die denkmalgeschützten Einfriedungen der M. Rheinfront. Der
optisch geschlossene und ausgewogene Gesamteindruck werde verunstaltet. Der
Charakter des historisch gewachsenen, architekturgeschichtlich einmaligen
Villenvororts ginge durch den geplanten Ausbau unwiederbringlich verloren. Dem
Gebäude O. U. 196 werde durch den mit 3,10 m Höhe festgesetzten Lärmschutzwall
Sonnenlicht für das gesamte Erdgeschoss genommen. Die Erhaltung der
denkmalgeschützten historischen Bausubstanz werde durch die zu erwartende
Zunahme mechanischer Erschütterungen erschwert, wie das schwingungstechnische
Gutachten U. vom 31. Mai 2000 aufzeige. Der Verkehr rücke künftig näher an die
Gebäude heran. Die Achszahl der Lastkraftwagen werde zunehmen. Die
Erschütterungswirkungen könnten durch die Verwendung eines anderen Straßenbelags
nicht aufgefangen werden.
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Die Bebauungsplanung sei auch im Ergebnis unverhältnismäßig. Die Enteignung von
Vorgartenflächen belaste die Betroffenen und die Allgemeinheit ungleich stärker als die
Verbreiterung der Straße zum R. hin. Die Folgen für Gesundheit und körperliche
Unversehrtheit der Anwohner stünden außer Verhältnis zum Zweck des
Bebauungsplans, der Verkehrsberuhigung und Entlastung des innerstädtischen
Bereichs zu dienen. Es werde bestritten, dass ein Unfallschwerpunkt im Bereich des O.
Ufers bestehe.
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Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2002 hat die Antragstellerin zu 29. den
Normenkontrollantrag zurückgenommen.
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Die Antragsteller zu 1. bis 28. und 30. bis 49. beantragen,
14
den Bebauungsplan Nr. 68409/07 - "K. Allee in K. -M. " - der Antragsgegnerin für nichtig
zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
16
den Antrag abzulehnen.
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Sie erwidert: Der Antrag sei unzulässig. Den Antragstellern fehle die Antragsbefugnis,
da sie durch Feststellung der Nichtigkeit des Bebauungsplans keinen Vorteil erlangen
könnten, denn der Straßenausbau sei aufgrund der vorangegangenen Bebauungspläne
in nahezu identischem Umfang zulässig. Soweit die Antragsteller nicht Eigentümer von
Grundstücken im jeweiligen Planbereich seien, fehle die Antragsbefugnis ferner, weil
durch den Ausbau des O. Ufers in dem einen Bebauungsplanbereich sich das
Verkehrsaufkommen im anderen Bebauungsplanbereich nicht wesentlich erhöhe.
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Der Antrag sei auch unbegründet. Der Bebauungsplan sei abwägungsfehlerfrei.
Hauptsächliches Planungsziel sei nicht der vierspurige Ausbau des O. Ufers, sondern
die Sicherung des hochwertigen Wohngebiets im Stadtteil M. . Das Mischgebiet sei
nicht festgesetzt worden, um sich nur an den Immissionsschutzrichtwerten für
Mischgebiete orientieren zu müssen. Die Ausweisung des Mischgebiets entspreche den
tatsächlichen Gegebenheiten. Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe
müssten im Gebiet qualitativ gleichwertig und quantitativ erkennbar vorhanden sein.
Nicht erforderlich sei jedoch eine Durchmischung dieser Nutzungsarten in jedem Teil
des Mischgebiets, solange nicht eine der Hauptnutzungsarten eindeutig dominiere. Den
Planbereich dominiere keine Nutzung eindeutig. Der Flächennutzungsplan stelle diesen
Bereich als Gewerbefläche bzw. als gemischte Baufläche dar. Das K. Verkehrssys-tem
sei geprägt von einer Vielzahl von überörtlichen und örtlichen
Haupterschließungsstraßen mit hervorragendem Erschließungscharakter. Die
Entwicklung entlang dieser Straßen sei nicht unbedingt darauf zurückzuführen, dass
Gewerbebetriebe Wohnnutzung verdrängten, sondern Wohnnutzung wegen der
minderen Wohnqualität abwandere. Diese Entwicklung nehme der Bebauungsplan auf.
Der Charakter eines Mischgebiets werde ungeachtet des Ausschlusses einzelner
Nutzungsarten gewahrt. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse
seien sachgerecht abgewogen worden. Gesunde Wohnverhältnisse würden durch die
textlichen Festsetzungen sichergestellt, wonach passive Schallschutzmaßnahmen
entsprechend den Anforderungen der DIN 4109 getroffen werden müssten. Auch bei
sehr hohen Außenpegeln sei durch Maßnahmen des passiven Lärmschutzes der
erforderliche Lärmschutz zu erreichen, wie auch die A. c. , Institut für Immissionsschutz
GmbH mit Schreiben vom 22. Februar 2002 bestätigt habe. Die durch den Straßenbau
zu erwartende Mehrbelastung sei nicht gravierend. Eine Steigerung der
Verkehrsmengen sei nur bis zur Kapazitätsgrenze einer vierspurigen Straße mit
Signalregelung möglich und daher hier um bis zu 250 Kraftfahrzeuge je Spitzenstunde.
In den Abwägungsvorgang sei auch die Lärmbelastung durch den Schienenverkehr
eingeflossen. Sie sei jedoch selbst bei einer Verdoppelung der derzeitigen Zugzahl
nicht geeignet, den Beurteilungspegel wesentlich zu verändern. Aus der 16. BImSchV
ergebe sich keine Planungsschranke. Scheide für eine bei sachgerechter Abwägung
nicht vermeidbare Lärmbelastung aktiver Lärmschutz aus, hätten die Betroffenen
lediglich einen Anspruch auf Entschädigung für Maßnahmen passiven Lärmschutzes.
Der Ausbau des O. Ufers sei wegen seiner herausragenden zentralen
Verkehrsbedeutung dringend erforderlich. Er diene neben einer besseren Anbindung
des Stadtteils M. an den öffentlichen Personennahverkehr der Verkehrsberuhigung von
Wohnquartieren in der Innenstadt sowie einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs auf
die R. straße. Alternativen zum Ausbau in der vorgesehenen Art gebe es nicht. Eine
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Untertunnelung sei wegen der Einengung des Hochwasserquerschnitts des Rheins
nicht denkbar. Eine Verlegung der Schienen der K. Verkehrsbetriebe bzw. die Aufgabe
eines Schienenstrangs sei im Hinblick auf die geplante Taktverdichtung nicht möglich.
Zum Rhein hin würde sie einen Eingriff in die Rheinuferpromenade fordern. Dort
müssten viele Bäume gefällt sowie ein Rad- und Fußweg verlegt werden. Die
Verlegung der Stadtbahn auf einen Kragarm sei wegen der enormen Kosten und wegen
der Beeinträchtigung des Gesamtbildes des Uferbereichs nicht in Betracht zu ziehen.
Die mit ihrem, der Antragsgegnerin, Konservator abgestimmten Eingriffe in Vorgärten
und Einfriedungen auch denkmalgeschützter Häuser müssten zugunsten der
Verkehrssicherheit hingenommen werden. Die Straße werde nicht bis auf nur wenige
Zentimeter an die Häuser heranrücken. Im Zuge der konkreten Ausbauplanung würden
mit den Grundstückseigentümern (wie mit den Eigentümern der Grundstücke O. U.
184/186 und 192) etwa erforderliche Maßnahmen zur Planumsetzung vereinbart.
Erschütterungen denkmalgeschützter Häuser würden durch die Art der Straßendecke
reduziert. Die Erschütterungswirkungen seien durch einen unabhängigen Gutachter
untersucht worden, dem die freie Auswahl der zu betrachtenden Gebäude überlassen
worden sei. Im Verfahren 23 D 190/91.AK habe das Oberverwaltungsgericht für einen
sich an das O. U. unmittelbar nördlich anschließenden Teil der R. straße das vorrangige
Bedürfnis eines vierspurigen Ausbaus anerkannt. Der jenem Verfahren zugrunde
liegende Planfeststellungsbeschluss sei rechtskräftig und habe weiterhin Geltung.
Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit am 18. Februar 2002 in Augenschein genommen.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie die Akten zur Aufstellung der Bebauungspläne Nr. 68410/05 und
68409/07 Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Das Verfahren der Antragstellerin zu 29. war einzustellen, da sie den
Normenkontrollantrag zurückgenommen hat.
23
Der Antrag der Antragsteller zu 24. bis 27. und 30. bis 49. ist unzulässig.
24
Die Antragsteller zu 24. bis 27. und 30. bis 49. sind nicht antragsbefugt.
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Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche
Person stellen, die geltend macht, durch den Bebauungsplan oder seine Anwendung in
ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Als ein die
Antragsbefugnis begründendes Recht kommt auch das Recht auf Abwägung der
eigenen Belange im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB in Betracht,
welches dem Privaten ein subjektives Recht darauf gibt, dass sein Belang in der
Abwägung seinem Gewicht entsprechend abgearbeitet wird. Macht der Antragsteller
eine Verletzung des Abwägungsgebots geltend, so muss er allerdings einen eigenen
Belang als verletzt benennen, und zwar einen solchen, der für die Abwägung überhaupt
beachtlich war. Nicht alle privaten Belange sind in der Abwägung zu berücksichtigen,
sondern nur solche, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich
relevanten Bezug haben. Nicht abwägungsbeachtlich sind danach insbesondere
geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren
Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht oder die für die Gemeinde bei der
26
Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 -, BRS 60 Nr. 46; Beschluss
vom 9. November 1979 - 4 N 1.78 -, 4 N 2. - 4.79 -, BRS 35 Nr. 24.
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Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich dem tatsächlichen und rechtlichen
Vorbringen der Antragsteller zu 24. bis 27. und 30. bis 49. die hinreichende Möglichkeit
einer Verletzung des drittschützenden Abwägungsgebots - und nur dieses kommt als
verletztes Recht in Betracht, soweit sie sich gegen den Bebauungsplan Nr. 68409/07
wenden, in dessen Geltungsbereich sie nicht Eigentümer von Grundstücken sind - nicht
entnehmen. Sie befürchten die Auswirkungen der Zunahme des Verkehrsaufkommens
auf dem O. U. , zu denen der Bebauungsplan Nr. 68409/07 beitrage. Dieser
Bebauungsplan trägt jedoch nicht dazu bei, dass sich die Auswirkungen des Verkehrs
für die Grundstücke der Antragsteller zu 24. bis 27. und 30. bis 49. mehr als geringfügig
verschlechtern kann. In Betracht zu ziehen ist allenfalls eine höhere
Verkehrslärmbelastung. Kann das O. U. nicht auch vor den Grundstücken der
Antragsteller verbreitert werden, sind dort die Kapazitätsgrenzen der vorhandenen
Straße (nahezu) erschöpft. Aus dem Bereich des angefochtenen Bebauungsplans ist
darüber hinaus kein zusätzliches, durch den Bebauungsplan bedingtes
Verkehrsaufkommen zu erwarten. Die Lärmzunahme ergibt sich vielmehr im
Wesentlichen dadurch, dass die Fahrbahn des O. Ufers näher an die bestehenden
Gebäude heranrücken soll. Dies ist nur vor den jeweils betroffenen Grundstücken der
Fall; dort wirkt sich das Heranrücken der Straße lärmerhöhend aus, nicht aber in
größerer Entfernung. Auch setzt die Verbreiterung des O. Ufers im jeweiligen
Bebauungsplangebiet nicht die Verbreiterung im anderen Bebauungsplangebiet derart
voraus, dass der eine Bebauungsplan nicht ohne den anderen verwirklicht werden
kann. Namentlich die in die Bebauungsplanung eingeflossenen
Verkehrssicherheitserwägungen belegen das städtebauliche Interesse der
Antragsgegnerin an einem auch nur teilweise vierspurigen Ausbau des O. Ufers.
Tatsächlich ist das O. U. dementsprechend dort verbreitert worden, wo mit den
Eigentümern der angrenzenden Grundstücke eine entsprechende einvernehmliche
Regelung auf Grundlage des Bebauungsplans gefunden wurde.
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Die Antragsteller zu 1. bis 23. und 28. sind antragsbefugt, soweit sie sich gegen den
Bebauungsplan wenden, der ihre Grundstücke überplant. Die Antragsteller machen in
die Antragsbefugnis begründender Weise namentlich geltend, der Rat der
Antragsgegnerin habe die Auswirkungen der, tatsächlich nicht geringfügigen,
Verkehrsimmissionen fehlgewichtet. Sie haben damit einen abwägungserheblichen
Belang angeführt, der in seiner Bedeutung nicht deshalb an Gewicht verliert, weil auch
der Vorläuferplan einen Ausbau des O. Ufers in vergleichbarer Weise ermöglichen
sollte. Zwar können Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit eines Grundstücks durch
die Lärmvorbelastung einer vorhandenen Straße gemindert sein. Auch die
plangegebene Vorbelastung (hier durch den die Verbreiterung des O. Ufers
vorsehenden Vorläuferplan) kann die Duldungspflicht Betroffener erweitern. Eine
Grenze nicht ohne Weiteres unter Berufung auf eine derartige Vorbelastung zumutbarer
Straßenplanung ist jedoch erreicht, wenn die Vorbelastung - wie von den Antragstellern
behauptet - die Grenze überschreitet, oberhalb derer das Grundrecht auf körperliche
Unversehrtheit verletzt sein kann.
29
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 1985 - 4 C 63.80 -, BVerwGE 71, 150 (155).
30
Darüber hinaus war für die Abwägung erheblich auch die Frage, auf welchen
Schutzmaßstab sich die Antragsteller beziehen können. Der angefochtene
Bebauungsplan weist ihre Grundstücke einem Mischgebiet zu. Er mindert damit den
ihnen auf Grundlage des Vorläuferplans grundsätzlich zuzusprechenden
Schutzmaßstab eines allgemeinen Wohngebiets in abwägungserheblicher Weise.
31
Das von der Antragsgegnerin bezweifelte Rechtsschutzinteresse der Antragsteller folgt
bereits daraus, dass sich die Rechtsstellung der Antragsteller bei Erfolg des
Normenkontrollantrags verbessern kann, obwohl auch der Vorläuferplan einen
vierspurigen Ausbau des O. Ufers vorsieht. Für das Rechtsschutzinteresse genügt in
aller Regel die Annahme, der Normgeber werde im Falle der Rechtsfehlerhaftigkeit der
angegriffenen Vorschrift eine neue, den Antragstellern günstigere Regelung treffen.
32
Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juni 2001 - 4 CN 1.01 -, BauR 2002, 282 = DVBl 2001, 1845.
33
Schon angesichts der von den Antragstellern gegen die Gültigkeit des Bebauungsplans
vorgebrachten Gründe ist die Annahme der Antragsteller, die Antragsgegnerin werde
das mit dem Vorläuferplan verfolgte Konzept überdenken, nahe liegend.
34
Der Antrag der Antragsteller zu 1. bis 23. und 28. ist auch begründet.
35
Der Bebauungsplan leidet allerdings nicht an beachtlichen Form- oder
Verfahrensmängeln. Form- oder Verfahrensmängel des Bebauungsplans, die auch
ohne Rüge beachtlich sind, liegen nicht vor. Rügepflichtige Mängel sind nach Lage der
Akten nicht gerügt worden.
36
Der Bebauungsplan ist hinreichend bestimmt und von einschlägigen
Ermächtigungsgrundlagen getragen.
37
Der Bebauungsplan ist städtebaulich gerechtfertigt.
38
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen
planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebauliche Ziele die Gemeinde
sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die
Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen
entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche
Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der
Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des
Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind.
39
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BauR 1999, 1136 = BRS 62
Nr. 19.
40
Als städtebaulich nicht gerechtfertigt wäre ferner eine Planung anzusehen, die im
Gewande des Städtebaurechts Denkmalschutz betreibt. Hingegen überschreitet ein
Bebauungsplan den Rahmen städtebaurechtlich gerechtfertigter Zielsetzungen nicht,
wenn er darauf zielt, die überkommene Nutzungsstruktur oder prägende Bestandteile
des historisch gewachsenen - denkmalgeschützten oder (einfach) erhaltenswerten -
Orts- und Straßenbildes um ihrer städtebaulichen Qualität Willen für die Zukunft
festzuschreiben.
41
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 - 4 CN 4.00 -, ZfBR 2001, 482.
42
Die städtebauliche Rechtfertigung der Bebauungsplanung im vorstehenden Sinne ergibt
sich unmittelbar aus der Bebauungsplanbegründung. Wesentliches Ziel des
Bebauungsplans ist es, den überplanten Bereich des Stadtteils M. als hochwertiges
Wohngebiet unter Berücksichtigung seines spezifischen städtebaulichen Charakters,
der sich aus seiner durch zahlreiche Villen geprägten Bebauung ergibt, zu sichern.
Dieses vom Rat verfolgte Ziel wird nicht - wie die Antragsteller meinen - dadurch in
Frage gestellt, dass entlang des O. Ufers ein Mischgebiet festgesetzt wird. Ungeachtet
der Frage, ob in dem dortigen Bereich tatsächlich mischgebietsähnliche Verhältnisse
entstanden sind oder Wohnnutzung entsprechend den Festsetzungen des bisherigen
Bebauungsplans prägend ist, durfte der Rat grundsätzlich - vorbehaltlich hinreichender
Abwägung der durch die Festsetzung eines anderen Baugebietstyps betroffenen
Belange - auch dann die für die dortige Situation nahe liegende städtebauliche
Entwicklung aufgreifen, wenn sie vor Ort noch nicht dazu geführt haben sollte, den
faktischen Gebietscharakter zu einem Mischgebiet zu verändern. Entlang verkehrlich
stark belasteter Hauptverkehrsstraßen der Entwicklung von Geschäfts- und
Bürogebäuden, von Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale,
gesundheitliche und sportliche Zwecke besonderen Raum zu eröffnen, entspricht einem
durchaus üblichen Konzept städtebaulicher Planung. Sie stellt auch die überkommene
und vom Rat als schützenswert angesehene Struktur der Wohnbebauung des Stadtteils
M. nicht in Frage. Für die überwiegenden Bebauungsplanbereiche setzt der
Bebauungsplan ohnehin reine und allgemeine Wohngebiete in einer Weise fest, die
sich an der vorhandenen Nutzung eng anlehnt. Die im Mischgebiet zulässigen
Vorhaben bestätigen den Charakter des Baugebiets insoweit, als das Maß zulässiger
baulicher Nutzung ebenfalls weitgehend an der vorhandenen Bausubstanz orientiert ist.
Eine Veränderung des Erscheinungsbildes der in den Mischgebieten vorhandenen
denkmalgeschützten Häuser, deren Bestand durch den Bebauungsplan nicht in Frage
gestellt wird, ist ohnehin nicht zu erwarten (vgl. §§ 8,9 DSchG NRW).
43
Der Bebauungsplan leidet jedoch an zu seiner Nichtigkeit führenden
Abwägungsmängeln.
44
Das Gebot, die öffentlichen und privaten Belange untereinander und gegeneinander
gerecht abzuwägen, wird zunächst dann verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung
überhaupt nicht stattfindet. Es ist ferner dann verletzt, wenn in die Abwägung an
Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden
muss. Schließlich liegt eine solche Verletzung auch dann vor, wenn die Bedeutung der
betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung
berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit
einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist
dem Abwägungsgebot genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im
Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit
notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.
45
Allerdings war die Antragsgegnerin nicht grundsätzlich durch den von den
Antragstellern bemühten sog. Trennungsgrundsatz gehindert, an ihrem Verkehrskonzept
festzuhalten, wie es für den überplanten Bereich bereits durch den Vorläuferplan
Ausdruck gefunden hat. Es geht nicht um die Planung von Flächen, die wegen der dort
möglichen Nutzungen einen jeweils eigenen Gebietscharakter aufweisen, dessen
typisches Störpotential mit Gebieten anderer Nutzungsqualität nicht ohne weiteres
46
vereinbar sein mag. Es gibt kein generelles Verbot, auch solche Straßen, die dem
überörtlichen Verkehr dienen, in Wohngebieten festzusetzen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1976 - 4 C 80.74 -, BVerwGE 51, 15; Urteil vom 22. Mai
1987 - 4 C 33 - 35.83 -, BVerwGE 77, 285; Beschluss vom 17. Mai 1995 - 4 NB 30.94 -,
BRS 57 Nr. 2 (S. 10).
47
Auch spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin grundsätzlich die
Verbreiterung des O. Ufers in westlicher Richtung, auch unter Inanspruchnahme (von
Teilen) der Vorgärten der dortigen bebauten Grundstücke für sachgerecht ansehen darf.
Die Inanspruchnahme dieser Grundstücksflächen ist bis auf geringe Teilbereiche durch
den Vorläuferplan bereits vorgezeichnet. Die Grundstücksflächen werden benötigt, um
einen Ausbau der Bundesstraße in Abmessungen zu ermöglichen, die der
Verkehrsbelastung der Straße entsprechen. Eine Gefährdung, die die Antragsteller darin
sehen, dass die Straße teilweise bis nahe an die Außenwände der vorhandenen
Gebäude geplant sei, besteht hinsichtlich der fußläufigen Erreichbarkeit der
Grundstücke nicht. Die Festsetzung der öffentlichen Verkehrsfläche ist nicht mit dem
späteren Ausbau der Straßenfahrbahn gleichzusetzen. Die Ausbauplanung sieht auf der
westlichen Straßenseite die Anlage eines Gehwegs vor. Die Bewohner der an das O. U.
angrenzenden Häuser werden daher auch in den Fällen nicht unmittelbar aus dem
Hauseingang auf die Fahrbahn treten müssen, in denen die Straßenfläche bis nahe an
die Gebäude heranrücken soll.
48
Der Senat geht ferner - wie auch schon der 23. Senat (Urteil vom 15. Dezember 1995 -
23 D 190/91.AK -) für den sich nördlich des B. anschließenden Abschnitt der R. straße -
davon aus, dass die Antragsgegnerin einer Verbreiterung des O. Ufers zu Lasten der
östlich gelegenen Straßenbahntrasse der K. Verkehrsbetriebe nicht den Vorrang vor
einer Inanspruchnahme der Grundstücke der Antragsteller geben musste. Es kann im
durchaus sachgerechten Planungsermessen der Antragsgegnerin liegen, im Interesse
des öffentlichen Personennahverkehrs an der zweigleisigen Streckenführung
festzuhalten, da diese der tatsächlichen Nutzungsintensität entspricht und es möglich
macht, die Frequenz der dort fahrenden Straßenbahnzüge zu erhöhen. Welcher
Spielraum für eine Erhöhung der Taktfrequenz der Straßenbahn unter Berücksichtigung
der Lärmbelastung der Anwohner letztlich bleibt, wird von der Antragsgegnerin zu
gegebener Zeit zu prüfen sein. Auch der Vorhalt der Antragsteller, die Gleistrasse könne
aufgeständert über den Rheinuferbereich verlagert werden, führt durchaus nicht
zwingend zur Annahme, nur eine solche Lösung wäre abwägungsgerecht. Ungeachtet
der Frage, welche Kosten für eine solche Maßnahme entstehen würden, weist die
Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass mit einer derartigen Baumaßnahme das
Bild der Rheinuferpromenade im Gegensatz zum geplanten Eingriff unvergleichbar
stärker beeinträchtigt würde. Schließlich kann es durchaus abwägungsgerecht sein, die
mit Fuß- und Radweg ausgestattete Rheinuferpromenade zwischen den Gleistrassen
der Straßenbahn und dem Rhein nicht in Anspruch zu nehmen. Am Erhalt dieses von
zahlreichen Bäumen gesäumten schmalen Streifens besteht ein durchaus beachtliches
Interesse. Dass die Untertunnelung des fraglichen Bereichs zu einer Einengung des
Querschnitts des Rheins führen und daher ganz erhebliche Probleme im Hinblick auf
die Hochwassergefährdung mit sich bringen würde, bedurfte keiner weiteren
Ausführungen durch die Antragsgegnerin.
49
Spricht demnach vieles dafür, einen dem Verkehrsbedarf entsprechenden Ausbau des
O. Ufers zu Lasten von Teilflächen der westlich des O. Ufers angrenzenden
50
Grundstücke zu verwirklichen, durfte die Antragsgegnerin die von den Antragstellern ins
Feld geführten Belange des Ortsbildes als geringer gewichtig einstufen. Wie die
Augenscheinseinnahme gezeigt hat, deren Ergebnis der Berichterstatter dem Senat
anhand der gefertigten Fotos vermittelt hat, wird das Ortsbild, von der Rheinseite aus
betrachtet, im Wesentlichen durch die Gebäudesubstanz geprägt, die durch die
Straßenverbreiterung keinen nennenswerten Schaden nimmt. Einfriedungen und
Vorgärten vermitteln hier mit wenigen Ausnahmen einen eher rudimentären oder
gewöhnlichen Eindruck.
Der Rat der Antragsgegnerin hat die maßgebenden Belange jedoch insoweit
fehlgewichtet, als Verkehrsimmissionen in die Abwägung einzustellen waren. Durch
den Bau oder die wesentliche Änderung von Straßen dürfen grundsätzlich keine
Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden, die als schädliche Umwelteinwirkungen zu
qualifizieren sind. Die Gemeinde hat sich bei der Abwägung unter dem Gesichtspunkt
der Abwehr von Lärmbeeinträchtigungen an dem Schutzmodell des
Bundesimmissionsschutzgesetzes auszurichten. Das gilt auch im Bereich der
Bauleitplanung, die die sonst wegerechtlich zulässige Planfeststellung oder
Plangenehmigung ersetzen kann. Die Gemeinde muss sich insbesondere unter dem
Blickwinkel des § 41 BImSchG vor Augen führen, welche Dimensionen der Konflikt hat,
den sie auslöst, wenn sie eine Straße plant. Hat die Planung zur Folge, dass eine
Vielzahl von Straßennachbarn Lärmbelästigungen ausgesetzt werden, für die kein
physisch-realer Ausgleich vorgesehen ist, wobei der Gesetzgeber dem aktiven
Lärmschutz Vorrang gegeben hat, hat die Gemeinde zu prüfen, ob hinreichend
gewichtige Verkehrsbelange eine solche Lösung rechtfertigen. Bejaht sie dies, so muss
sichergestellt sein, dass die Betroffenen durch Maßnahmen des passiven Lärmschutzes
vor unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm bewahrt werden.
51
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 1995 - 4 NB 30.94 -, BRS 57 Nr. 2; Urteil vom 18.
April 1996 - 11 A 86.95 -, DVBl. 1996, 921 = NVwZ 1996, 901.
52
Die Entscheidung, von aktivem Schallschutz abzusehen und auf passiven Lärmschutz
zu verweisen, hat sich an den Kriterien der Unvereinbarkeit mit dem Vorhaben bzw. der
Unverhältnismäßigkeit auszurichten.
53
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. August 1989 - 4 B 97.89 -, Buchholz 406.25, § 41
BImSchG Nr. 5.
54
Maßgebend ist auch insoweit, mit welchem Gewicht die widerstreitenden Belange
einander gegenüberstehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit das
Gewicht der privaten Belange der Anwohner durch Vorbelastungen von dem zu
ändernden Verkehrsweg gemindert ist, ob öffentliche Belange etwa des
Landschaftsschutzes oder der Stadtbildpflege oder private Belange Dritter der
Ausschöpfung aller technischen Möglichkeiten des aktiven Schallschutzes
entgegenstehen, und mit welchen Mehrkosten der Schutz der Außenwohnbereiche im
Verhältnis zu wirksamem passiven Schallschutz verbunden ist.
55
Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, DVBl 1997, 831 (836) m.w.N.
56
Letztlich wird die Ausgewogenheit einer Planung trotz Betroffenheit der Nachbarn durch
Lärm oberhalb der Grenzwerte der 16. BImSchV dann nicht berührt, wenn bei der
Planung eine Alternative nicht ernsthaft in Betracht kam und die genannte Betroffenheit
57
der Nachbarn abwägungsfehlerfrei durch Anordnung von aktivem oder passivem
Schallschutz ausgeglichen werden kann.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. November 1995 - 11 VR 15.95 -, Buchholz 442.09 §
18 AEG Nr. 7; Urteil vom 5. März 1997 - 11 A 25.95 -, aaO.
58
Die Antragsgegnerin hat von der Festsetzung aktiven Schallschutzes nördlich des
Grundstücks O. U. 196 abwägungsfehlerfrei abgesehen. Für wirksamen aktiven
Lärmschutz steht dort westlich des O. Ufers letztlich kein hinreichender Platz zur
Verfügung. Die Straßenverbreiterung würde teilweise bis nahe an die
Gebäudevorderseiten heranreichen. Die Häuser haben zum Rhein orientierte Fenster.
Darüber hinaus sind die Grundstücke westlich des O. Ufers dorthin erschlossen. Die Zu-
und Abfahrten schließen - bei Erhaltung der vorhandenen Bausubstanz - eine
durchgehende Lärmschutzwand, wie sie erforderlich wäre, um eine ins Gewicht fallende
Lärmreduzierung zu bewirken, aus.
59
Durfte die Antragsgegnerin demnach Maßnahmen passiven Schallschutzes erwägen,
musste sie nicht notwendig mit dem Bebauungsplan selbst durch über die Ausweisung
von Lärmpegelbereichen hinausgehende konkrete Festsetzungen zum passiven
Lärmschutz Vorsorge treffen. Ausreichend ist grundsätzlich, dass der betroffene
Eigentümer vom Straßenbaulastträger Ersatz von für Schallschutzmaßnahmen
erbrachte notwendige Aufwendungen beanspruchen kann.
60
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 1995 - 4 NB 30.94 -, aaO.
61
Jedoch musste die Antragsgegnerin sich Klarheit darüber verschaffen, ob mit
Maßnahmen passiven Schallschutzes überhaupt sichergestellt werden kann, die
Antragsteller vor unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm zu bewahren.
Ob die hier erforderlichen Maßnahmen passiven Schallschutzes überhaupt möglich
sind, um zu den Bewohnern der Häuser entlang des O. Ufers zumutbaren Lärmpegeln
zu kommen, hat die Antragsgegnerin nicht untersucht und in ihre Abwägung eingestellt.
62
Die Antragsgegnerin hat allerdings nicht verkannt, dass sie grundsätzlich von einer
Berechnung und Bewertung der Lärmimmissionen nach Maßgabe der 16. BImSchV
auszugehen hatte. Das O. U. soll um jedenfalls einen durchgehenden Fahrstreifen
erweitert werden (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 16. BImSchV). Der Beurteilungspegel liegt im
Bereich der der Straße zugewandten Grundstücke über 70 dB(A) tags/60 dB(A) nachts
und wird nach den Angaben der Antragsgegnerin um etwa 1 dB(A) erhöht. Eine solche
Erhöhung ist - anders als dies der Rat angenommen hat (vgl.
Bebauungsplanbegründung Seite 10) - nicht etwa deshalb zu vernachlässigen, weil
eine Pegelerhöhung um 1 dB(A) an der Grenze zur Wahrnehmbarkeitsschwelle liege. §
1 Abs. 2 Satz 2 16. BImSchV bestimmt jede Erhöhung des Beurteilungspegels als
erheblich, wenn die dort genannte Lärmbelastung gesteigert wird. Dem hat der Rat im
Ergebnis letztlich allerdings auch Rechnung getragen, denn er hat durch Ausweisung
entsprechender Lärmpegelbereiche und Festsetzung passiven Lärmschutzes "die
Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse " sicherstellen wollen
(Bebauungsplanbegründung Seite 7). Ob dies aber im Bereich der bestehenden
Bausubstanz überhaupt möglich ist, hat er nicht untersucht. Hierzu bestand
Veranlassung. Die vom Rat eingeholten bzw. erarbeiteten Schallgutachten haben
ergeben, dass die an das O. U. angrenzenden Gebäudeseiten dem Lärmpegelbereich
VII gemäß DIN 4109 zugewandt sind. Die DIN 4109 - Schallschutz im Hochbau -, MBl
63
NRW 1990, 1349, gibt für Aufenthaltsräume in Wohnungen für den Lärmpegelbereich
VII keine von Außenbauteilen einzuhaltenden Dämmwerte vor, sondern verlangt, die
jeweiligen Anforderungen auf Grund der örtlichen Gegebenheiten festzulegen (vgl.
Tabelle 8). Hierauf haben auch die von der Antragsgegnerin der Bebauungsplanung zu
Grunde gelegten schalltechnischen Untersuchungen bereits hingewiesen. Es ist auch
keineswegs selbstverständlich, dass ausreichende Maßnahmen passiven
Schallschutzes im jeweiligen Einzelfall möglich sind. Dies behauptet auch die A. c. in
dem von der Antragsgegnerin überreichten Schreiben vom 22. Februar 2002 nicht.
Vielmehr ergibt sich die Notwendigkeit tatsächlicher Überprüfung bereits aus der DIN
4109, die für den Lärmpegelbereich VII eine objektbezogene Prüfung fordert. Aber auch
in rechtlicher Hinsicht ist die Möglichkeit, ausreichenden Schallschutz durch
bautechnische Maßnahmen zu bewirken, für die Häuser entlang des O. Ufers nicht
selbstverständlich, die unter Denkmalschutz stehen. Die Veränderung von
Baudenkmälern ist erlaubnispflichtig (vgl. § 9 Abs. 1 a DSchG NRW). Gründe des
Denkmalschutzes können einer Erlaubnis entgegenstehen (vgl. § 9 Abs. 2 a DSchG
NRW).
Die Prüfung, ob passiver Lärmschutz überhaupt im erforderlichen Ausmaß möglich ist,
war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der maßgebende Bereich des O. Ufers
tatsächlich und planerisch vorbelastet ist. Führt eine tatsächliche Vorbelastung der
Umgebung dazu, dass von dem Vorhaben selbst keine zusätzlichen nachteiligen
Auswirkungen ausgehen, dann besteht mangels Schutzwürdigkeit des Interesses am
Unterbleiben des Vorhabens grundsätzlich kein Anlass, Schutzvorkehrungen zu treffen
oder einen Ausgleich in Geld zu gewähren. Anders ist es jedoch dann, wenn eine
tatsächliche (Vor-) Belastung in demselben Ausmaß nicht besteht, wie sie auf
Grundlage der Bebauungsplanung zu erwarten ist. In diesem Fall kann dem zum
notwendigen Abwägungsmaterial gehörenden Interesse von Anwohnern an der
Vermeidung einer tatsächlichen Zunahme der Umgebungsbelastung - hier: einer
Zunahme der Lärmimmissionen des Verkehrs - die Schutzwürdigkeit nicht stets schon
allein deshalb abgesprochen werden, weil sich diese Zunahme im Rahmen der bereits
bestehenden planungsrechtlichen Situation hält. Vielmehr ergibt sich die Grenze der
Berücksichtigung der bisherigen planungsrechtlichen Situation als schutzmindernde
Vorbelastung jedenfalls dort, wo die zu erwartenden Einwirkungen Eigentums- oder
Gesundheitsbeeinträchtigungen darstellen. Aus dem objektiv-rechtlichen Gehalt der
davon betroffenen Grundrechte (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 GG) folgt nämlich
die Pflicht der staatlichen Organe, sich schützend und fördernd vor die entsprechenden
Rechtsgüter zu stellen und sie insbesondere vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten
anderer zu bewahren. Diese Pflicht würde verletzt, wenn durch die Bebauungsplanung
an der Herstellung oder Fortsetzung solcher rechtswidrigen Eingriffe mitgewirkt würde.
64
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1998 - 11 A 3.98 -, BVerwGE 107, 350 = NVwZ
1999, 539.
65
Ohne zureichende Maßnahmen passiven Schallschutzes sind durch den Verkehrslärm
zu befürchtende Gesundheitsbeeinträchtigungen der Anwohner des O. Ufers je nach
Lage der betroffenen Wohnungen nicht von vornherein ausgeschlossen. Auch kann die
Grenze einer entschädigungslos zulässigen Eigentumsbindung überschritten sein.
Allerdings gibt es keine enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle, die schematisch
daran anknüpfen würde, dass bestimmte Immissionsgrenzwerte überschritten sind.
Vielmehr lässt sich die Grenze nur auf Grund wertender Betrachtung des Einzelfalls
ziehen. Dabei können auch Gebietsart und Lärmvorbelastung eine wesentliche Rolle
66
spielen. Ungeachtet der Frage, ob in die danach erforderliche Bewertung das im
Vorläuferplan festgesetzte allgemeine Wohngebiet oder das nunmehr festgesetzte
Mischgebiet einzustellen sind, sind hier jedoch entlang des O. Ufers Lärmwerte
derartiger Größenordnung erreicht, dass den tatsächlichen und rechtlichen
Auswirkungen des Lärms besondere Bedeutung zukommt. Immerhin nähert sich ein
Beurteilungspegel von 60 dB(A) nachts in einem Wohngebiet bzw. 62 dB(A) nachts in
einem Mischgebiet der enteignungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle.
Vgl. BGH, Urteil vom 17. April 1986 - III ZR 202/84 -, BGHZ 97, 361 (366); Urteil vom 25.
März 1993 - III ZR 60/91, BGHZ 122, 76 (81 f); Urteil vom 10. Dezember 1987 - III ZR
204/86 -, BauR 1988, 204; BVerwG, Urteil vom 17.11.1999 - 11 A 4/98 -, BVerwGE 110,
180 = NVwZ 2000, 567; Urteil vom 12. April 2000 - 11 A 18.98 -, BVerwGE 111, 108 =
NVwZ 2001, 82.
67
Diesen Anforderungen hat der Rat insoweit entsprochen, als er auf passiven
Lärmschutz dort verweisen konnte, wo er tatsächlich und rechtlich möglich ist. Für die
vorhandene Bausubstanz ist die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit jedoch - wie
ausgeführt - jedenfalls in den an den Lärmpegelbereich VII angrenzenden Gebäuden
nicht augenscheinlich und hätte näherer Prüfung bedurft.
68
Der Bebauungsplan leidet an einem weiteren Abwägungsmangel. Ob die Annahme des
Rats, die Mischgebietsfestsetzung trage den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung,
den Gegebenheiten im maßgebenden Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses entsprochen
hat, ist fraglich, bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Eine - hier einmal
zugunsten der Antragsgegnerin unterstellt - eingetretene, zum Vorläuferplan in
Widerspruch stehende Veränderung der Gebietsstruktur würde den der Festsetzung
eines allgemeinen Wohngebiets im Vorläuferplan entsprechenden
Immissionsschutzanspruch der Anwohner allein noch nicht entfallen lassen. Der Rat der
Antragsgegnerin hätte sich daher abwägend zur Frage verhalten müssen, ob die
Mischgebietsfestsetzung von gewichtigeren Belangen getragen ist als das Interesse der
Bewohner, nach dem Schutzmaßstab eines allgemeinen Wohngebiets vor Verkehrslärm
geschützt zu werden. Nur angemerkt sei, dass auch die einer Wohnnutzung in einem
Mischgebiet noch zumutbare Lärmbelastung ohne wirksame Maßnahmen passiven
Lärmschutzes nicht gewährleistet ist.
69
Nach alledem bedarf es keiner weiteren Ausführungen, ob der Rat der Frage
hinreichende Beachtung gewidmet hat, ob die Verbreiterung des O. Ufers in einer
bautechnischen Weise möglich ist, die irreparable Schäden durch dem Straßenverkehr
zuzuordnende Schwingungen namentlich an den denkmalgeschützten Häusern
ausschließt. Auch bedarf keiner Entscheidung, ob der Verwirklichung des
Bebauungsplans wegen der Überplanung des Landschaftsschutzgebiets L 17
"Parkanlage der M. " dauerhafte rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Zwar sichert
der Bebauungsplan den unter Landschaftsschutz stehenden Bereich dadurch, dass er
für den bisher nicht überbauten Bereich im Wesentlichen eine nicht überbaubare Fläche
des allgemeinen Wohngebiets festsetzt, jedoch ermöglicht er dort, wo bislang eine
Garage vorhanden war, einen über den Baubestand hinausgehenden
zweigeschossigen Baukörper.
70
Die Abwägungsmängel sind erheblich.
71
Gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich,
72
wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.
Ein offensichtlicher Mangel ist gegeben, wenn konkrete Umstände positiv und klar auf
einen solchen Mangel hindeuten. Von Einfluss gewesen ist ein Mangel auf das
Abwägungsergebnis, wenn nach konkreter Betrachtungsweise die Möglichkeit des
Einflusses auf das Abwägungsergebnis besteht. Nicht ausreichend ist hingegen, dass
die Entscheidung ohne den Mangel möglicherweise (theoretisch) anders ausgefallen
wäre.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1995 - 4 NB 43.93 -, BRS 57 Nr. 22.
73
Die Abwägungsmängel waren offensichtlich. Namentlich die Antragsteller haben mit
ihren Anregungen auf die hohe Verkehrslärmbelastung hingewiesen. Die erarbeiteten
schalltechnischen Berechnungen legten die Problematik von Maßnahmen passiven
Lärmschutzes zum Lärmpegelbereich VII offen.
74
Die Abwägungsmängel sind auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen.
Der Senat hat erwogen, ob die Annahme, die Antragsgegnerin hätte zu einer anderen
Bebauungsplanung kommen können, nicht nur theoretischer Natur ist. In der Tat spricht
einiges dafür, dass eine realistische Alternative zur Verbreiterung des O. Ufers in
westlicher Richtung nicht besteht. Die R. straße ist für das Verkehrskonzept der
Antragsgegnerin von zentraler Bedeutung. Sie ist in wesentlichen Teilstücken bereits
fertig gestellt. Sie ist bis an ihre Kapazitätsgrenzen belastet. Für eine alternativlose
Straßenführung spricht auch, dass die Vertreter der Antragsgegnerin im Ortstermin des
Berichterstatters eine Erklärung erwogen haben, die Antragsgegnerin hätte an der
Planung auch dann festgehalten, wenn wegen enteignungsgleicher Wirkung des
Verkehrslärms für einzelne Grundstücke eine Enteignungsentschädigung zu zahlen
sein sollte. Hiermit ist die Frage jedoch nicht erschöpft, ob ein anderes Planergebnis bei
sachgerechter Planung in Betracht zu ziehen wäre. Denn nicht nur die Straßenplanung
steht in Rede, sondern die Planung für das bisher entlang des O. Ufers festgesetzte
allgemeine Wohngebiet. Gerade dort kommt eine Vielzahl von Planungsalternativen bis
hin zur Überplanung der Grundstücke für andere als die festgesetzten Zwecke in
Betracht.
75
Die vorstehend beschriebenen Mängel des Bebauungsplans können nicht in einem
ergänzenden Verfahren im Sinne des § 215 a BauGB behoben werden. Die Mängel
betreffen den Kern der Abwägungsentscheidung. Sie werfen konzeptionelle Fragen auf,
wie im stark lärmbelasteten Bereich westlich des O. Ufers eine städtebaulich
gerechtfertigte Entwicklung sichergestellt werden kann.
76
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Sätze 1 und 2 VwGO, § 100
ZPO.
77
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in
Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
78
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
79