Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 14.09.2005

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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 B 96/05
Datum:
14.09.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 B 96/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Münster, 2 L 1617/04
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Münster vom 28. Dezember 2004 wird
zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des
Verwaltungsgerichts für beide Instanzen auf 15.000,- EUR festgesetzt.
Gründe:
1
Die Beschwerde der Antragstellerin mit dem sinngemäßen Antrag,
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unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung
ihres Widerspruchs vom 29. Juli 2004 gegen die dem Rechtsvorgänger der
Beigeladenen durch den Antragsgegner erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer
Windkraftanlage anzuordnen,
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hat keinen Erfolg.
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1. Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin ist allerdings nicht dadurch entfallen,
dass nach der am 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Neuregelung in § 67 Abs. 9 Satz 1
BImSchG
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- Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/105/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2003 zur Änderung der
Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen
mit gefährlichen Stoffen vom 25. Juni 2005 (BGBl. I S. 1865) -
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Baugenehmigungen für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50
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Metern, die "bis zum 1. Juli 2005" (gemeint ist offensichtlich: vor dem 1. Juli 2005) erteilt
worden sind, als Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz gelten.
Allerdings haben Widersprüche Dritter gegen immissionsschutzrechtliche
Genehmigungen grundsätzlich gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung.
Baugenehmigungen sind hingegen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a
Abs. 1 BauGB kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Die gesetzlichen Voraussetzungen des
§ 212 a Abs. 1 BauGB sind hier erfüllt; denn der Widerspruch der Antragstellerin richtet
sich gegen die bauaufsichtliche Zulassung des Vorhabens. Die sofortige Vollziehbarkeit
dieser bauaufsichtlichen Zulassung ist auch nicht nachträglich entfallen. Auf
Baugenehmigungen, die - wie hier - vor dem 1. Juli 2005 für Windkraftanlagen mit einer
Gesamthöhe von mehr als 50 Metern erteilt worden sind, findet unbeschadet der
gesetzlichen Fiktion in § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG weiterhin § 212 a Abs. 1 BauGB
Anwendung. Die Fortgeltung der bei Erteilung der Baugenehmigung eingetretenen
sofortigen Vollziehbarkeit über den 30. Juni 2005 hinaus ist zwar im Gesetz nicht
ausdrücklich geregelt, sie entspricht aber dem aus dem Regelungszusammenhang des
§ 67 BImSchG ersichtlichen Gesetzeszweck (a) und dem im Gesetzgebungsverfahren
deutlich gewordenen Willen des Gesetzgebers (b). Auch verfassungsrechtliche
Erwägungen legen diese Auslegung nahe (c).
a) Für eine Fortgeltung der sofortigen Vollziehbarkeit der für eine Windkraftanlage
erteilten Baugenehmigung spricht der objektive Zweck der gesetzlichen Neuregelung. §
67 Abs. 9 BImSchG stellt - ebenso wie die Absätze 5 bis 8 - eine Ausnahme von dem in
§ 67 Abs. 4 BImSchG normierten Grundsatz dar, dass bereits begonnene Verfahren
einschließlich solcher Widerspruchsverfahren, die auf Widersprüchen Dritter beruhen,
8
vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 313; Jarass,
BImSchG, 6. Aufl., 2005, § 67 Rn. 31,
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bei Gesetzesänderungen nach neuem Recht zu Ende zu führen sind. Die Ausnahme
von diesem Grundsatz ist in § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG in Bezug auf Verfahren auf
Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die vor dem 1. Juli 2005
rechtshängig geworden sind, eindeutig geregelt. Diese Verfahren werden - wenn nicht
der Bauherr von der in § 67 Abs. 9 Satz 4 BImSchG eingeräumten Möglichkeit einer
Klageänderung Gebrauch macht - nach den Vorschriften der Verordnung über
genehmigungsbedürftige Anlagen und der Anlage 1 des Gesetzes über die
Umweltverträglichkeitsprüfung in der bisherigen, bis zum 30. Juni 2005 geltenden
Fassung abgeschlossen. Das bedeutet, dass auch für Anlagen, die eine Gesamthöhe
von mehr als 50 Metern aufweisen und die deshalb nach Nr. 1.6 des Anhangs der 4.
BImSchV in der seit dem 1. Juli 2005 geltenden Fassung
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- Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und
zur Änderung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom
20. Juni 2005 (BGBl. I S. 1687) -
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einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürften, aufgrund der
Übergangsregelung in § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG weiterhin die Erteilung einer
Baugenehmigung in Betracht kommt, sofern die Anlage nicht Teil einer Windfarm ist, die
bereits nach bisher geltendem Recht einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung
bedurfte. Die aufgrund eines solchen, nach der Übergangsregelung fortgeführten
Verfahrens erteilte Baugenehmigung gilt gemäß § 67 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 2
BImSchG als immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Mithin sieht das Gesetz - sogar
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- für den Fall, dass der Bauherr bisher noch keine Baugenehmigung für die Errichtung
einer Windkraftanlage erhalten hat, eine Übergangsregelung vor, nach der nicht ein
völlig neues Genehmigungsverfahren bei einer anderen Behörde eingeleitet werden
muss. Der Bauherr soll vielmehr auf einen bisher erreichten Verfahrensstand aufbauen
können. Der Zweck der Übergangsregelung besteht demgemäß darin, im Interesse der
Windkraftanlagenbetreiber der Verzögerung anhängiger Verfahren entgegenzuwirken,
die anderenfalls aus der geänderten Abgrenzung zwischen bau- und
immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen erwachsen würde.
Dieser objektive Gesetzeszweck legt nahe, dass Entsprechendes - erst recht - dann gilt,
wenn der Bauherr bereits eine Baugenehmigung erhalten hat. Auch in diesem Fall
sollen dem Betreiber die Vorteile eines schon erreichten Verfahrensstandes nicht
genommen werden. Zu diesen Vorteilen zählt auch die sofortige Vollziehbarkeit der
erteilten Baugenehmigung.
b) Ein solches Verständnis entspricht auch dem im Gesetzgebungsverfahren deutlich
gewordenen Willen des Gesetzgebers. Die Einfügung des § 67 Abs. 9 BImSchG steht
ausweislich der Begründung des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit, der die Änderung angeregt hat, im Zusammenhang mit den
Vollzugsproblemen, die aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.
Juni 2004 (- 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182) entstanden sind. Der Gesetzgeber wollte
den hinsichtlich der Genehmigung von Windkraftanlagen bei Anwendung des bisher
maßgeblichen Begriffs der Windfarm entstandenen Abgrenzungsproblemen entgehen
und mit der Übergangsregelung in § 67 Abs. 9 BImSchG "Reibungsverluste" vermeiden.
13
Vgl. BT-Drs. 15/5443, S. 3.
14
Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Fiktion nach § 67 Abs.
9 Satz 1 BImSchG die Rechtsposition des Anlagenbetreibers schwächen wollte, sind
danach nicht im Ansatz erkennbar. Die Übergangsregelung soll im Gegenteil dem
Interesse der Windkraftanlagenbetreiber an einer zügigen Durchführung des Verfahrens
dienen.
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c) Gegen die Annahme, dass aufgrund der Fiktion des § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG die
mit Erteilung einer Baugenehmigung vor dem 1. Juli 2005 kraft Gesetzes eingetretene
sofortige Vollziehbarkeit am 1. Juli 2005 entfallen wäre, sprechen auch
verfassungsrechtliche Erwägungen. Zwar verstoßen gesetzliche Regelungen, durch die
der Gesetzgeber auf eine bislang gegebene verfahrensrechtliche Lage, in der sich ein
Beteiligter befindet, mit Wirkung für die Zukunft einwirkt, nicht gegen das
Rückwirkungsverbot. Nach dem allgemeinen Grundsatz des intertemporalen
Verfahrens- und Prozessrechts erfassen Änderungen des Verfahrensrechts mit ihrem
Inkrafttreten grundsätzlich auch anhängige Verwaltungs- und Gerichtsverfahren, sofern
Übergangsregelungen nichts Abweichendes bestimmen.
16
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. November 2002 - 7 AV 3.02 -, NVwZ 2003, 401; Hess.
VGH, Beschluss vom 14. Februar 1991 - 13 TH 2288/90 -, InfAuslR 1991, 272; Sächs.
OVG, Beschluss vom 15. März 1994 - 1 S 633/93 -, LKV 1995, 119; BayVGH, Beschluss
vom 17. Dezember 1998 - 15 CS 98.2858 -, BayVBl. 1999, 373.
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Dieser allgemeine Grundsatz wird jedoch durch die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden
Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes eingeschränkt. Deren
Missachtung kann den Beteiligten in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzen.
18
Vgl. BVerfG, Urteil vom 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 -, BVerfGE 63, 343 (353),
Beschluss vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 -, BVerfGE 87, 48 (62 ff.).
19
Das Vertrauen in den Fortbestand verfahrensrechtlicher Regelungen ist von
Verfassungs wegen zwar weniger geschützt als das Vertrauen in die Aufrechterhaltung
materieller Rechtspositionen; im Einzelfall aber können verfahrensrechtliche
Regelungen nach ihrer Bedeutung und ihrem Gewicht in gleichem Maße schutzwürdig
sein wie Positionen des materiellen Rechts. Vor diesem Hintergrund erfährt der
allgemeine Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts, dass eine Änderung des
Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst, für
anhängige Rechtsmittelverfahren eine einschränkende Konkretisierung: Beim Fehlen
abweichender Bestimmungen führt eine nachträgliche Beschränkung von Rechtsmitteln
gerade nicht zum Fortfall der Statthaftigkeit bereits eingelegter Rechtsmittel.
20
BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 -, a.a.O., m.w.N.
21
Auch wenn es im vorliegenden Fall nicht um die Beschränkung eines Rechtsmittels
geht, ist die Interessenlage im Wesentlichen vergleichbar. Die aus § 212 a Abs. 1
BauGB folgende verfahrensrechtliche Position des Bauherrn steht ihm nicht erst
aufgrund eines Rechtsbehelfs (vgl. § 80 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VwGO), sondern bereits
kraft Gesetzes zu.
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Die vorstehenden verfassungsrechtlichen Erwägungen sprechen deshalb dafür, dass
die durch § 212 a Abs. 1 BauGB bewirkte sofortige Vollziehbarkeit einer vor dem 1. Juli
2005 für eine Windkraftanlage erteilten Baugenehmigung fortgilt. Eine ausdrückliche
gesetzliche Übergangsregelung des Inhalts, dass die sofortige Vollziehbarkeit einer vor
Inkrafttreten des § 67 Abs. 9 BImSchG erteilten, von einem Dritten angefochtenen
Baugenehmigung für eine Windkraftanlage mit Ablauf des 30. Juni 2005 entfällt, besteht
nicht. Vielmehr spricht alles für eine gegenteilige Gesetzesauslegung. Eine eindeutige
Übergangsregelung wäre aus den dargelegten verfassungsrechtlichen Gründen
erforderlich gewesen, wenn dem Anlagenbetreiber, der finanzielle Dispositionen
aufgrund der ihn begünstigenden verfahrensrechtlichen Position getroffen hat, diese
Position wieder hätte genommen werden sollen. Der Gesetzgeber musste bei der
Neuregelung davon ausgehen, dass die Betreiber von Windkraftanlagen, denen
ungeachtet etwaiger Drittwidersprüche sofort vollziehbare Baugenehmigungen erteilt
worden waren, die Anlagen in einer Vielzahl von Fällen - so auch hier - unter
beträchtlichen finanziellen Aufwendungen errichtet und in Betrieb genommen hatten.
Eine verfahrensrechtliche Gleichstellung der von einem Dritten angefochtenen
Baugenehmigung mit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hätte zur Folge
gehabt, dass ein Anlagenbetreiber, der sich rechtstreu verhalten wollte, aufgrund des
am 30. Juni 2005 verkündeten Änderungsgesetzes verpflichtet gewesen wäre, die
Anlage mit Beginn des 1. Juli 2005 außer Betrieb zu nehmen und sodann im Einzelfall
die behördliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu beantragen. Das würde
sogar dann gelten, wenn ein Antrag des Nachbarn auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung seines Widerspruchs zuvor schon erfolglos geblieben wäre. Eine derart
weitgehende Zurückstellung der Vertrauensschutzinteressen des Anlagenbetreibers
hätte eine ausdrückliche Regelung und eine entsprechende, verfassungsrechtlich
tragfähige Begründung erfordert; an beidem fehlt es hier.
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2. Ausgehend von dem vorstehend dargestellten Verständnis des § 67 Abs. 9 BImSchG
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ist der Antrag auch zu Recht weiterhin gegen den Antragsgegner als
Baugenehmigungsbehörde gerichtet. Unter Berücksichtigung der Parallelität der für
Anfechtungs- und Verpflichtungssituationen maßgeblichen Regelungen in § 67 Abs. 9
Satz 1 und Satz 3 BImSchG bleibt die Behörde, die die von einem Dritten angefochtene
Baugenehmigung erlassen hat, ebenso wie die Baugenehmigungsbehörde, die für die
Erteilung einer Baugenehmigung in einem aufgrund der Übergangsregelung nach altem
Recht fortzusetzenden Verfahren zuständig ist, alleinige Herrin des Verfahrens. Das gilt
bis zu dessen unanfechtbarem Abschluss.
Die Übergangsregelung bestimmt lediglich, dass bereits rechtshängige
Baugenehmigungsverfahren nach altem Recht fortgeführt werden. Das bedeutet für das
Verfahren der Drittanfechtung, dass die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung sich
entsprechend allgemeinen, für das Baurecht entwickelten Grundsätzen,
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vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. April 1996 - 4 B 54.96 -, BRS 58 Nr. 157, und vom 23.
April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179; OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 1996 - 7 A
3590/91 -, BRS 58 Nr. 147,
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nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung beurteilt. Eine
Funktionsnachfolge dergestalt, dass nunmehr die Immissionsschutzbehörde für die
Erteilung bzw. Verteidigung der nach altem Recht zu beurteilenden Baugenehmigung
für eine Windkraftanlage zuständig wäre, findet danach nicht statt.
Immissionsschutzrechtliche Bestimmungen sind in dem nach § 67 Abs. 9 BImSchG
fortgeführten Verfahren nur insoweit maßgeblich, als die Baugenehmigung rechtswidrig
ist bzw. nicht erteilt werden kann, wenn die Anlage schon nach bisherigem Recht einer
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedurfte. Demgemäß liegen in Fällen der
vorliegenden Art auch die Voraussetzungen für eine Beiladung der
immissionsschutzrechtlich zuständigen Behörde nicht vor, da ihre rechtlichen Interessen
durch die Entscheidung nicht im Sinne von § 65 Abs. 1 VwGO berührt werden.
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Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass sich die vorstehenden Ausführungen zur
zunächst fortgeltenden Zuständigkeit der Baugenehmigungsbehörde lediglich auf
Verfahren beziehen, die vor dem 1. Juli 2005 erteilte und noch nicht unanfechtbare
Baugenehmigungen zum Gegenstand haben. Sie beziehen sich hingegen nicht auf
Überwachungs- oder Vollstreckungsmaßnahmen im Zusammenhang mit den
vorerwähnten Baugenehmigungen.
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3. Ob die vorliegende Beschwerde auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht
erhoben ist, kann dahinstehen. Denn sie ist jedenfalls unbegründet. Das
Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6
VwGO beschränkt ist, stellt den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts
nicht in Frage. Das Verwaltungsgericht hat das Rechtsschutzgesuch der Antragstellerin
mit der Begründung abgelehnt, dass der Widerspruch der Antragstellerin, die sich auf
Verletzung von Mitwirkungsrechten und ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts
beruft, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unbegründet sei und dass selbst dann,
wenn der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen sein sollte, die im Verfahren nach §
80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zu Ungunsten der
Antragstellerin ausfalle.
29
Jedenfalls die zweite Begründung, die die Versagung des begehrten vorläufigen
Rechtsschutzes selbstständig trägt, wird durch das Beschwerdevorbringen nicht in
30
Frage gestellt. Das Interesse der Beigeladenen daran, die Anlage auch weiterhin
betreiben zu dürfen, ist offenkundig von beträchtlichem Gewicht. Sie hat bereits
erhebliche Investitionen getätigt, indem sie die streitbefangene Windkraftanlage - im
Übrigen nach Abschluss eines Gestattungsvertrages hinsichtlich der Benutzung eines
im Eigentum der Antragstellerin stehenden Weges - im Dezember 2004 errichtet hat.
Anhaltspunkte für überwiegende gegenläufige Interessen der Antragstellerin sind dem
Beschwerdevorbringen demgegenüber nicht zu entnehmen. Auch mit Blick auf das
grundsätzlich gewichtige und schutzwürdige Interesse an der Wahrung ihrer
kommunalen Planungshoheit ist der Antragstellerin zuzumuten, die umstrittene
Windkraftanlage bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen. Durch
die sofortige Vollziehbarkeit der Baugenehmigung werden keine unumkehrbaren Fakten
geschaffen, so dass eine endgültige Vereitelung der gemeindlichen Planungsabsichten
nicht droht. Die hier in Rede stehende Windkraftanlage entfaltet keine Vorbildwirkung in
Bezug auf Vorhaben, denen nunmehr die Darstellungen des Flächennutzungsplans
entgegenstehen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. August 2002 - 10 B 1001/02 -.
31
Ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs ist auch deshalb nicht erkennbar, weil ihre
Rechtsposition in Bezug auf die Wahrung der gemeindlichen Planungshoheit durch
einen Erfolg des vorliegenden Rechtsschutzgesuchs nicht verbessert würde. Der
Antragstellerin geht es letztlich um eine Klärung, ob und inwieweit sie durch die der
Beigeladenen erteilte Baugenehmigung in ihrer Flächennutzungsplanung, die für das
betreffende Gebiet nunmehr andere Nutzungszwecke vorsieht, gebunden ist. Eine
derartige Klärung, die eine verlässliche Grundlage für weitere planerische
Entscheidungen wäre, kann indessen nur in einem Hauptsacheverfahren, nicht
hingegen in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes herbeigeführt werden. Die
bei dem gegenwärtigen Sachstand allein zu erreichende Einstellung des Betriebs wäre
in Bezug auf die Gewährleistung der kommunalen Planungshoheit ohne Belang. Eine
Verpflichtung der Beigeladenen zum sofortigen Abriss der Anlage kommt aufgrund einer
Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz nicht in Betracht.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. März 2005 - 10 B 2462/04 -, juris.
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Die weiteren Ausführungen der Antragstellerin, mit denen sie ein Suspensivinteresse
aus dem Fehlen einer hinreichenden finanziellen Absicherung eines etwaigen
Rückbaus herzuleiten sucht, sind vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Zudem
liefe eine Betriebseinstellung den finanziellen Interessen der Antragstellerin sogar
zuwider, weil sich das Risiko, dass die Beigeladene für die Kosten eines etwaigen
Rückbaues nicht aufkommen kann, erhöhen würde, wenn sie - nachdem die
Investitionen bereits getätigt worden sind - die Anlage stilllegen und auf die
entsprechenden Einnahmen verzichten müsste.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG. Dabei orientiert sich
der der Senat bei der Bewertung des Interesses der Antragstellerin an dem
vorliegenden Verfahren an Nr. 9.7.2 in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für
die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (DVBl. 2004, 1525 =
NVwZ 2004, 1327). Die Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung stützt sich
auf § 63 Abs. 3 GKG.
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Dieser Beschluss unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3
Satz 3 GKG).
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