Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11.12.2006

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Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 1601/05.PVB
Datum:
11.12.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 A 1601/05.PVB
Tenor:
1. Es wird festgestellt, dass auf der Grundlage des von sämtlichen
Beteiligten des vorliegenden Wahlanfechtungsverfahrens
übereinstimmend dem Fachsenat unterbreiteten schriftlichen
Vergleichsvorschlags ein dem Vorschlag entsprechender Vergleich zu
Stande gekommen ist.
2. Der zu Stande gekommene Vergleich hat einschließlich seiner
Begründungserwägungen den folgenden Inhalt:
In der Bundespersonalvertretungssache
OVG Münster - 1 A 1601/05.PVB
haben die Beteiligten die Auflagen- und Hinweisverfügung vom OVG
Münster vom 17.11.2006 zur Kenntnis genommen. Nach summarischer
Bewertung des Gerichts würde im Falle einer streitigen Entscheidung
die Wahl 2004 des BPR für ungültig zu erklären und die Beschwerde
des BPR als unbegründet zurückzuweisen sein.
Das OVG Münster weist weiterhin darauf hin, dass eine
Wiederholungswahl unter den besonderen Bedingungen des § 25
BPersVG (Durchführung der Wahl unter Ausschluss der
Personalabgänge und Personalzugänge seit Mai 2004) sowohl
technisch schwierig als auch den Betroffenen schwer vermittelbar sein
könnte. Das OVG Münster hat den Beteiligten geraten, ungeachtet der
Ungültigkeit der erfolgten Wahl eine Lösung zu finden, welche eine
streitige Entscheidung vermeidet.
Die Beteiligten machen dies zur Grundlage ihrer Erwägungen.
Der BefH erklärt, dass er eine Regelung, die eine Wiederholungswahl
vermeidet, befürwortet, und andererseits die Feststellung des VG Köln in
seinem Beschluss 1. Instanz vom 4.3.2005 mitträgt.
Der BPR erklärt, dass er die rechtlichen Aussagen des VG Köln
gleichfalls anerkenne, und bei künftigen Wahlen für deren Beachtung
eintrete. Jedoch hätten sich seine Mitglieder dafür ausgesprochen,
angesichts der großen derzeitigen Umwälzungen im Kommandobereich
möglichst die Amtszeit bis Mai 2008 fortführen zu wollen. Daher möchte
der BPR einem Rücktritt mit anschließender Neuwahl nach § 27 Abs. 5
BPersVG und Amtszeit des neuen BPR bis 2012 nicht näher treten.
Der DBwV weist drauf hin, dass angesichts des laufenden
Personalabbaus die Sitzverteilung sich umso mehr zugunsten der
Soldaten verschiebt, je später die Wahl stattfindet. Der BPR erklärt, dass
ihm dieser Effekt der von ihm vorgeschlagenen Lösung bekannt sei.
Die Beteiligten stellen übereinstimmend fest, dass die vom OVG Münster
aufgezeigten technischen Probleme einer Wiederholungswahl in der Tat
bestehen. Sie stellen weiter fest, dass auch im Fall einer sofortigen
Neuwahl diese wohl nicht vor Sommer 2007 abzuschließen sei, so dass
real eine Verschiebung der Neuwahl um etwa 9 10 Monate in Rede
steht. Sie stellen ferner fest, dass beginnend im Januar 2007 z. B. die
Territorialverteidigung vollständig umgliedert, so dass eine etwaige
Neuwahl vielfach auf Dienststellen träfe, die ihrerseits in Veränderung
begriffen sind, so dass die Tätigkeit der Wahlvorstände auf erhebliche
Hemmnisse treffen würde.
Aus diesen Gründen schließen die Beteiligten auf Anraten des Gerichts
folgenden Vergleich:
I. Die Beteiligten verpflichten sich, in jeder geeigneten Form darauf
hinzuwirken, dass die Wahlen zum Beschwerdeführer unter strikter
Beachtung folgender Rechtspflichten (insbesondere der nachfolgend
genannten Grund-satzentscheidungen der Gerichte) erfolgen, und
entsprechend auf ihre jeweiligen Mitglieder einzuwirken:
1. Der Bezirkswahlvorstand und die örtlichen Wahlvorstände haben die
Zahlen in der Regel beschäftigten Bediensteten (§ 34 Abs. 1 WO) sowie
gesondert die Zahlen der am Wahltag wahlberechtigten Bediensteten (§
34 Abs. 2 WO) zu ermitteln und festzustellen. Der Wahlvorstand ist
jeweils für die objektive Richtigkeit seines Ergebnisses uneingeschränkt
verantwortlich (OVG Münster vom 14.4.2004 - 1 A 4408/02.PVB).
2. Der Bezirkswahlvorstand ist insbesondere verpflichtet, Differenzen
zwischen den ihm durch die Dienststelle übermittelten Zahlen und den
Meldungen der örtlichen Wahlvorstände nachzugehen und für im
Ergebnis zutreffende Zahlen Sorge zu tragen (VG Köln vom 4.3.2005 -
33 K 3847/04.PVB).
3. Als Zahlen der in der Regel Beschäftigten haben die Wahlvorstände
diejenigen Personalumfänge zu ermitteln, die mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit für mindestens die Hälfte der Amtszeit des zu
wählenden Personalrats erreicht werden (BVerwG vom 3.7.1991 - 6 P
1.89; OVG Münster vom 15.4.2003 - 1 A 3281/02.PVB), unter
Einbeziehung bereits festgelegter Organisationsänderungen (wie
Auflösung oder Unterstellungswechsel von Dienststellen oder
Dienststellenteilen).
4. Im Personalbestand vorhandenes Personal in der Freistellungsphase
der Altersteilzeit, in befristeten Erwerbsunfähigkeitsrenten oder
ähnlichen Gestaltungen, welche zum Wegfall der
Dienststellenzugehörigkeit führen, sind unter Beachtung der
Entscheidungen zu § 13 Abs. 1 BPersVG (BVerwG vom 15.5.2002 - 6 P
8.01 und 18.01) zu ermitteln und zu behandeln.
5. Der Wahlvorstand hat die Frage, ob eine Dienststelle nach § 2 Abs. 1
Nr. 1 - 5 SBG Vertrauenspersonen oder Personalvertretungen der
Soldaten nach § 49 Abs. 1 SBG wählt, anhand der Rechtsprechung der
Verwaltungsgerichte (insbesondere BVerwG vom 23.1.2002 - 6 P 2.01,
vom 29.10.2002 - 6 P 5.02, vom 23.09.2004 - 6 P 2.04 und vom
16.3.2006 - 6 P 12.05) eigenverantwortlich zu prüfen, ohne dass
Aussagen in amtlichen Organisationsbefehlen ihn dieser eigenen
Prüfung und Bewertung entheben.
6. Als Zahlen der Regelbeschäftigten und Wahlberechtigten sind die
Personalumfänge der Dienststellen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BPersVG zu
ermitteln einschließlich sämtlichen Personals, welches in
truppendienstlich unterstellten Organisationselementen geführt wird
(auch im Fall gesonderter STAN und Dienststellennummer), soweit
diese nicht ihrerseits einen eigenen Personalrat nach § 6 BPersVG
wählen.
7. Die in Dienststellen nach § 49 SBG tätigen Soldaten, die Wehrdienst
aufgrund des Wehrpflichtgesetzes leisten, sind in die Berechnung
einzubeziehen, soweit diese nicht im Einzelfall Vertrauenspersonen
nach § 49 Abs. 1 Satz 3 SBG wählen.
8. Das Personal der nachgeordneten Dienststellen ist zu ermitteln und
zu berücksichtigen, auch soweit es sich dabei um Dienststellen nach §
12 Abs. 2 PBersVG handelt (VG Köln vom 4.3.2005, a. a. O.).
9. Die Soldaten der einer Dienststelle nach § 49 SBG (z. B.
Wehrbereichskommando, Landeskommando) nachgeordneten Neben-
und Außenstellen sowie sonst weiter nachgeordneten Stellen sind bei
diesen zu berücksichtigen, soweit diese nicht als eigenständige
Dienststellen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BPersVG eine gesonderte
Personalvertretung bilden, wie Stabskompanien, Wallmeistertrupps,
"Feldwebel für Reservistenarbeit", Verbindungskommandos,
"Prüfgruppen § 78 Bundeshaushaltsordnung", "Materialprüfgruppen § 29
Straßenverkehrszulassungsordnung", Sportfördergruppen, nichtaktiven
Geräteeinheiten der Territorialverteidigung, Sportlehrer WBK,
Jugendoffiziere WBK, Militäreisenbahnverkehrleitstellen, und
Familienbetreuungszentren.
10. Als weitere Dienststellen nach § 49 Abs. 1 SBG einschließlich der
dort verwendeten Soldaten sind insbesondere zu berücksichtigen -
soweit nicht weiter nachgeordnete Stellen nach § 6 Abs. 2 Satz 1
Halbsatz 1 BPersVG - das Deutsche Verbindungskommando NAMSA,
Capellen/Luxemburg, Fachausbildungskompanien, Fernmeldesektoren,
Kraftfahrausbildungszentren, die Dienststellen des Militärmusikdienstes
im Geschäftsbereich des Bezirkspersonalrats, das Stabsquartier beim
Bundesministerium der Verteidigung, die Luftwaffenwerft 71.
11. Die Prüfung der erst in 2. Instanz angezogenen Dienststellen unter
Beachtung der vorstehenden Grundsätze bleibt den zuständigen
Wahlvorständen der anstehenden Wahlen vorbehalten.
II. Der Bezirkspersonalrat verpflichtet sich, bei den anstehenden
Neuwahlen die Sitze im Bezirkswahlvorstand - ausgenommen die Sitze,
für die nach § 20 Abs. 1 Satz 2 BPersVG ein Besetzungsrecht einer
zivilen Gruppe besteht - auf Vorschlag des Deutschen
BundeswehrVerbandes zu besetzen.
III. Die Dienststelle verpflichtet sich, bei künftigen Wahlen in keiner Form
Wahlhandlungen zu dulden oder zu unterstützen (auch nicht im Wege
der Kostentragung), welche mit den vorstehenden Rechtspflichten der
Wahlvorstände nicht vereinbar sind.
IV. Die Kosten des Antragstellers übernimmt die Dienststelle, da dies
angesichts der begründeten Wahlanfechtung auch im Fall einer
streitigen Entscheidung nach § 24 BPersVG zu erfolgen hätte.
V. Auf dieser Grundlage erklären die Beteiligten
hiermit übereinstimmend das Beschwerdeverfahren in der
Wahlanfechtungssache OVG Münster - 1 A 1601/05.PVB - als in der
Hauptsache erledigt.
3. Das Wahlanfechtungsverfahren wird auf die übereinstimmenden
Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt; der angefochtene
Beschluss der Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen des
Verwaltungsgerichts Köln vom 4. März 2005 33 K 3847/04.PVB ist
wirkungslos.
4. Für eine Kostenentscheidung ist wie sonst auch im
personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren kein Raum.