Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 20.06.2003

OVG NRW: besoldung, beschränkung, beamter, nachzahlung, eingrenzung, verwaltungsrecht, fürsorgepflicht, zustellung, anpassung, versorgung

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 1792/02
Datum:
20.06.2003
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 A 1792/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 K 6435/00
Tenor:
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 9.699,88 EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Berufung ist nicht zuzulassen. Die von dem Kläger geltend gemachten
Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO) greifen nicht durch.
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Die gerichtliche Prüfung im Zulassungsverfahren richtet sich an den in dem Antrag auf
Zulassung der Berufung angesprochenen Gesichtspunkten aus.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW),
Beschlüsse vom 9. Juli 1997 – 12 A 2047/97 -, Deutsches Verwaltungsblatt 1997, 1342,
und vom 20. Oktober 1998 – 18 B 69/98 -.
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Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe
darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
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Nach diesem Maßstab ergeben sich keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO daran, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Der
Kläger erstrebt mit der Klage eine Verurteilung des Beklagten, ihm einen höheren
familienbezogenen Bezügebestandteil für das dritte Kind für die Zeit vom 1. Januar 19
bis zum 31. Dezember 19 nachzuzahlen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage als
unbegründet angesehen: Der Kläger habe sich, anders als Art. 9 § 1 Abs. 1 des
Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und
Ländern 1999 (BBVAnpG 99) insoweit voraussetze, bis zum 31. Dezember 1998 nicht
gegen seine zu geringe Besoldung gewandt. Sein Schreiben an das Landesamt für
Besoldung und Versorgung (LBV) vom 29. Dezember 19 habe sich allein auf die
Zahlung eines höheren Kindergeldes nach dem Bundeskindergeld gerichtet. Daran
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ändere nichts, dass das LBV mit einem an den Kläger gerichteten formularmäßigen
Bescheid vom 12. April 19 über den Gegenstand des Schreibens des Klägers vom 29.
Dezember 19 hinaus auch die Zahlung eines höheren familienbezogenen
Bezügebestandteils abgelehnt habe. Im übrigen sei der Bescheid vom 12. April 19
bestandskräftig. Der Kläger habe gegen ihn keinen Rechtsmittelbehelf eingelegt.
Der Kläger macht geltend: Sein Schreiben vom 29. Dezember 19 habe sich zwar nicht
ausdrücklich, aber konkludent auf die streitigen Erhöhungsbeträge bezogen. Das LBV
habe dementsprechend mit dem ablehnenden Bescheid vom 12. April 19 die Zahlung
eines höheren Ortszuschlages für das dritte Kind abgelehnt. Ihm könne nicht zum
Nachteil gereichen, dass er gegen diesen Bescheid keinen Rechtsbehelf ergriffen habe.
Er habe den Bescheid wegen seiner Treueverpflichtung gegenüber dem Dienstherrn
nicht angefochten. Unter diesen Umständen sei es in höchstem Maße unbillig und
verstoße grob gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, dass ein Ausgleich für die
nicht verfassungsgemäße Besoldung aus haushaltsrechtlichen Erwägungen nicht
stattfinden solle.
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Damit sind keine Aspekte aufgezeigt, aus denen sich ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit der Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht herleiten ließen.
Allerdings ist, wie der Senat in einem insoweit gleichgelagerten Fall mit Urteil vom 9.
Mai 2003 – 6 A 891/01 – entschieden hat, davon auszugehen, dass das Schreiben des
Klägers an das LBV vom 29. Dezember 19 die Zahlung des höheren Orts- bzw.
Familienzuschlags betraf, der vorliegend im Streit steht. Somit hatte der Kläger einen
nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BBVAnpG 99 erforderlichen zeitnahen Widerspruch
gegen die im Hinblick auf sein drittes Kind zu geringe Besoldung erhoben.
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Vgl. in diesem Zusammenhang Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 28.
Juni 2001 – 2 C 48.00 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2002, 97.
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Mit dem Bescheid des LBV vom 12. April 19 ist dieser Widerspruch jedoch ablehnend
beschieden worden. Der Kläger hat den Bescheid, wie er nicht verkennt, unanfechtbar
werden lassen. Damit ist über den im vorliegenden Verfahren streitigen Anspruch
bestandskräftig zu Lasten des Klägers entschieden worden. Hierauf hat sich der
Beklagte mit der vorliegend angefochtenen Verwaltungsentscheidung vom 26. Juli/30.
August , mit der das LBV einen Antrag des Klägers vom 24. Juli auf Zahlung des
streitigen familienbezogenen Bezügebestandteils abgelehnt hat, auch (hilfsweise zu
dem Argument, der Kläger habe sich mit dem Schreiben vom 29. Dezember 19 nicht
gegen eine zu geringe Besoldung gewandt) berufen. Unter diesen Umständen ist dem
Gericht eine Prüfung in der Sache, ob dem Kläger die streitigen Beträge zustehen
würden, nicht mehr eröffnet.
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Zu einer anderen Bewertung führt nicht das Argument des Klägers, er habe den
Bescheid des LBV vom 12. April 19 lediglich deshalb unanfechtbar werden lassen, weil
er als Beamter keinen Rechtsstreit gegen seinen Dienstherrn habe führen wollen, und
deshalb sei die in Art. 9 § 1 Abs. 1 BBVAnpG 99 vorgenommene Beschränkung einer
Nachzahlung auf Kläger und Widerspruchsführer, die ihren Anspruch innerhalb des
Zeitraums vom 1. Januar 19 bis 31. Dezember 19 geltend gemacht hätten, ohne dass
über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden sei, unbillig und
fürsorgepflichtwidrig. Diese Eingrenzung des Kreises der Nachzahlungsberechtigten
durch den Gesetzgeber liegt innerhalb des ihm zustehenden Ermessens; sie verstößt
nicht gegen höherrangiges Recht, sondern entspricht den vom
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Bundesverfassungsgericht mit den Entscheidungen vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 -,
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) Band 81, 363 (384), und
vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 u.a. -, BVerfGE Band 99, 300 (330), gemachten
Vorgaben.
Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2001 – 2 C 48.00 -, a.a.O.; OVG NRW, Urteile
vom 9. Mai 2003 – 6 A 891/01 -, - 6 A 1081/01 – und – 6 A 2042/01 -.
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Nach den obigen Ausführungen hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche
Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrages wird das Urteil des Verwaltungsgerichts
rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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