Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 20.05.2009

OVG NRW: aufenthalt, niedersachsen, pflege, wohnung, behörde, parteibezeichnung, beschwerdefrist, grundrecht, fürsorgepflicht, erlass

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 B 468/09
Datum:
20.05.2009
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 B 468/09
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 11 L 29/09
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und
Beiordnung von Rechtsanwalt T. aus C. für ein beabsichtigtes
Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts
Gelsenkirchen vom 31. März 2009 wird abgelehnt.
Gerichtsgebühren werden für das
Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren nicht erhoben;
außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
G r ü n d e :
1
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines
Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt, da eine noch anwaltlich einzulegende
Beschwerde entgegen § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg böte.
2
Dabei kann der Senat offen lassen, ob das vom Antragsteller innerhalb der
Rechtsbehelfsfrist vorgelegte Prozesskostenhilfegesuch vollständig im Sinne des § 166
VwGO i. V. m. § 117 ZPO ist, was Voraussetzung für die Wiedereinsetzung in die
abgelaufene Beschwerdefrist zum Zwecke der formgerechten Erhebung der
Beschwerde wäre.
3
Vgl. zu diesem Erfordernis etwa Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28. Januar
2004 - 6 PKH 15/03 -, NVwZ 2004, 888, mit weiteren Nachweisen.
4
Denn die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung - die noch anwaltlich
einzulegende Beschwerde - bietet jedenfalls in der Sache keine hinreichende Aussicht
auf Erfolg, da die vom Antragsteller vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren
Überprüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, die Richtigkeit
der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht in Zweifel zu ziehen geeignet sind.
5
Soweit der Antragsteller geltend macht, der Beschluss des Verwaltungsgerichts
verstoße gegen sein Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, da sein Antrag ohne weitere
inhaltliche Prüfung abgelehnt werde, indem das Verwaltungsgericht auf die
Unzuständigkeit des Antragsgegners abstelle, ohne ihn, den Antragsteller, vorher darauf
hinzuweisen und ggfls. auf eine Änderung des Antrages in Bezug auf den richtigen
Antragsgegner hinzuwirken oder aber das Verfahren an das Verwaltungsgericht P. zu
verweisen, verkennt er, dass es nicht Sache des Gerichts im Rahmen seiner
prozessualen Fürsorgepflicht ist, den Antragsteller, der seinen Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung explizit gegen den Antragsgegner gerichtet und sich mit der
Frage der Zuständigkeit des Antragsgegners bereits in seiner Antragsschrift
ausdrücklich auseinandergesetzt hat, vor der Entscheidung über die gestellten Anträge
auf die fehlende Zuständigkeit des Antragsgegners hinzuweisen. Dabei handelt es sich
bei der Frage, gegen wen der materiell-rechtliche Anspruch zu richten ist, nicht etwa um
einen Fall lediglich der falschen Parteibezeichnung, der ggfls. im Wege der Auslegung
durch das Gericht behoben werden könnte. Immerhin streiten die Beteiligten hier
maßgeblich gerade über die Frage der örtlichen Zuständigkeit. Diese Frage war bereits
Gegenstand des Verwaltungsverfahrens. Auf eine Änderung des Antrages in
entsprechender Anwendung gemäß § 91 VwGO hinzuwirken, ist ebenfalls nicht
Aufgabe des Gerichts. Einer solchen Änderung stünde im Übrigen gerade mit Blick auf
den Charakter eines Eilverfahrens bereits die offensichtlich fehlende Sachdienlichkeit
entgegen - immerhin gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die örtlich zuständige
Behörde in Niedersachsen bis auf die Weiterleitung des Vorgangs durch den
Antragsgegner bisher inhaltlich mit der Sache befasst war. Schließlich konnte das
Verwaltungsgericht die Sache auch nicht etwa an das Verwaltungsgericht P. verweisen,
da bei der gegebenen Ausgangslage kein Anhaltspunkt für die Zuständigkeit des
Verwaltungsgerichts P. gegeben war.
6
Das Vorbringen des Antragstellers bezüglich einer angeblichen
Überraschungsentscheidung des Gerichts, das ihn vermeintlich in dem Glauben
gelassen habe, es gehe von der Zuständigkeit des Antragsgegners aus, entbehrt
jeglicher tatsächlichen Grundlage. Die Behauptung, dass die Verfahrensdauer von etwa
zweieinhalb Monaten für ein Eilverfahren darauf schließen lasse, dass das Gericht von
der Zuständigkeit des Antragsgegners ausgehe, ist schlicht abwegig.
7
Die Einwände des Antragstellers gegen die die Entscheidung selbständig tragende
Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Antragsteller seinen (einzigen)
gewöhnlichen Aufenthalt in C. /Niedersachsen habe, vermögen der noch einzulegenden
Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Soweit er vorbringt, er habe nie
behauptet, dass sein Aufenthalt nur noch in C. sein solle, so verkennt der Antragsteller,
dass auch das Verwaltungsgericht eine solche Behauptung nicht unterstellt hat. Es hat
vielmehr nachvollziehbar und ausführlich sowohl die melderechtliche Situation als auch
die tatsächlichen Lebensverhältnisse des Antragstellers, so wie sie maßgeblich von
diesem selbst geschildert und nun in seinem den Prozesskostenhilfeantrag
begründenden Schriftsatz vom 11. April 2009 wiederholt worden sind, gewürdigt und
daraus den rechtlich zutreffenden Schluss gezogen, dass - im Rahmen der im
Eilverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung - davon auszugehen ist, dass er
seinen gewöhnlichen Aufenthalt trotz der häufigen Besuchsaufenthalte bei seiner
pflegebedürftigen Mutter und der diffusen melderechtlichen Situation nicht mehr nach
C1. zurückverlegt hat. Soweit das Verwaltungsgericht von einer Rückverlegung des
gewöhnlichen Aufenthaltes spricht, geht es ersichtlich von der durch den Antragsteller in
8
seinen Schreiben an den Antragsgegner vom 29. September 2008 und vom 12.
Dezember 2008 selbst getätigten Angaben aus, dass seine Mutter in dem Zeitraum von
2000 bis 2002 ihren Aufenthalt nach C. verlagert hatte, so dass Aufenthalte in C1. zur
Pflege der Mutter zwischenzeitlich nicht mehr nötig waren. Dass der Antragsteller in
diesem Zeitraum, in dem er zusammen mit seiner Mutter in der in C. angemieteten
Wohnung lebte und sie dort pflegte, seinen - einzigen - gewöhnlichen Aufenthalt
zweifelsfrei dort innehatte, dürfte angesichts seiner Ausführungen im vorliegenden
Verfahren, dass sein Hauptbezugspunkt zu C1. in der Pflege seiner dort wohnhaften
Mutter zu sehen sei, auf der Hand liegen. Anders als seine Mutter ist dann der
Antragsteller nach der Rückkehr der Mutter nach C1. seinen eigenen Angaben in dem
Schreiben an den Antragsgegner vom 12. Dezember 2008 zufolge "nicht vollständig
mitgekommen", woraus das Verwaltungsgericht den nicht zu beanstandenden Schluss
gezogen hat, dass eine Rückverlagerung des in C. begründeten gewöhnlichen
Aufenthaltes nicht stattgefunden hat.
Hat der Antragsteller mithin Gründe, die die selbständig tragende Annahme des
ausschließlichen gewöhnlichen Aufenthaltes in C. in Zweifel zu ziehen geeignet sind,
nicht vorgetragen, kommt es auf seine Ausführungen zu den Überlegungen des
Verwaltungsgerichts für den Fall, dass man von zwei gewöhnlichen Aufenthalten des
Antragstellers ausgehe, nicht mehr entscheidend an.
9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 166 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.
10
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
11
12