Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11.05.2000

OVG NRW: aufschiebende wirkung, anbau, zwangsgeld, verwaltungsakt, erfüllung, auflage, garage, bestimmtheit, flachdach, produktionsstätte

Oberverwaltungsgericht NRW, 10 B 306/00
Datum:
11.05.2000
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 B 306/00
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 5 L 2924/99
Tenor:
I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 4. Februar 2000 wird
zugelassen.
II. Der angefochtene Beschluss wird geändert, soweit das
Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des
Antragstellers gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom
14. September 1999 angeordnet hat.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird in vollem
Umfang abgelehnt.
Unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der
Kostenentscheidung in dem angefochtenen Beschluss trägt der
Antragsteller sämtliche Kosten des Verfahrens I. Instanz sowie die
Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.500,- DM
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
2
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks H. weg 6 in S. -W. . Das Grundstück
war mit einem zweigeschossigen Gebäude bebaut, dessen vorderer Teil als Wohnhaus
und dessen rückwärtiger Teil als Produktionsstätte für Kleinmöbel genutzt wurde. An
das Gebäude sind rückwärtig eine Garage und ein eingeschossiger Raum angebaut.
Dieser Anbau (Raum und Garage) ist flach gedeckt und war mit einer Innendecke aus
Holz sowie einer Dachabdeckung aus Welleternit versehen.
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Auf Antrag des Antragstellers erteilte der Antragsgegner ihm eine Baugenehmigung
vom 17. Februar 1997 zur Nutzungsänderung der Produktionsstätte für Kleinmöbel in
ein Lager für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile im Erdgeschoss sowie zur
Einrichtung von drei Wohnungen im Obergeschoss. In den mit Zugehörigkeitsvermerk
versehenen Bauvorlagen ist mit "Rot"-Eintrag der rückwärtige Anbau mit "Dach F 90"
bzw. "Dach F 90 bei brennb. Dachhaut 15 cm Kiesschüttung" gekennzeichnet.
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Nach Fertigstellung des Vorhabens stellte der Antragsgegner bei einer Ortsbesichtigung
am 31. Mai 1999 fest, dass die Decke des rückwärtigen Anbaus nicht entsprechend der
Forderung in der Baugenehmigung ausgebildet war. Durch Ordnungsverfügung vom 4.
Juni 1999 gab der Antragsgegner dem Antragsteller auf, die mit Bauschein vom 17.
Februar 1997 geforderte Decke und Dacheindeckung des an der nordwestlichen Seite
gelegenen Anbaus - in den Bauvorlagen mit Garage 2 und Raum 1 bezeichnet - in der
Feuerwiderstandsklasse F 90 auszubilden. Er setzte dem Antragsteller hierfür eine Frist
von zwei Wochen nach Zustellung der Ordnungsverfügung. Er ordnete die sofortige
Vollziehung der Ordnungsverfügung an und drohte dem Antragsteller für den Fall, dass
dieser der Verfügung nicht nachkommt, ein Zwangsgeld in Höhe von 6.000,- DM an. Der
Antragsgegner verlängerte die dem Antragsteller gesetzte Frist mehrmals, zuletzt bis
zum 6. August 1999.
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Der Antragsteller legte gegen die Ordnungsverfügung keinen Widerspruch ein.
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Bei weiteren Ortsbesichtigungen, zuletzt am 9. September 1999, stellte der
Antragsgegner fest, dass sich die Decke unverändert in dem Zustand der
Ortsbesichtigung vom 31. Mai 1999 befand. Er setzte daraufhin durch
Ordnungsverfügung vom 14. September 1999 das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von
6.000,- DM fest und drohte dem Antragsteller ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von
6.000,- DM an.
7
Der Antragsteller legte gegen die Ordnungsverfügung vom 14. September 1999
Widerspruch ein.
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Der Antragsteller hat ferner beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz
nachgesucht. Er hat unter anderem geltend gemacht, er habe inzwischen, und zwar vor
Festsetzung des Zwangsgeldes, nämlich bereits am 13. September 1999, den Anbau
mit einer Decke versehen, welche die Anforderung F 90 erfülle, wie sich aus einer
Bescheinigung des Herstellers ergebe.
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Das Verwaltungsgericht hat nach einer Ortsbesichtigung der Berichterstatterin durch
den angefochtenen Beschluss die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des
Antragstellers gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 14. September
1999 angeordnet. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die
Ordnungsverfügung vom 4. Juni 1999 entbehre der hinreichenden Bestimmtheit und sei
deshalb nicht vollziehbar. Im Übrigen lasse sich im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes nicht klären, ob die Decke in der Feuerwiderstandsklasse F 90
ausgebildet sei. Dies gehe zu Lasten des Antragsgegners.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich der Antrag des Antragsgegners auf Zulassung der
Beschwerde. Er äußert ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen
Beschlusses.
11
Der Antragsteller hat Gelegenheit zur Äußerung erhalten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen
auf den Inhalt der Verfahrensakte und den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners (1
Heft).
13
II.
14
Der Zulassungsantrag des Antragsgegners ist zulässig und begründet. Der Senat lässt
die Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, weil ernstliche
Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses bestehen. Von einer
Begründung sieht der Senat gemäß § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO auch mit Blick auf die
nachfolgenden Ausführungen zur Begründetheit der zugelassenen Beschwerde ab.
15
III.
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Der Senat entscheidet zugleich mit der Zulassung der Beschwerde über die
zugelassene Beschwerde selbst. Ein solches Vorgehen ist zulässig,
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vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 20. Februar 1998 - 5 B 128/98 -.
18
Der Senat hat die Beteiligten auf seine Absicht hingewiesen, die Entscheidungen über
den Zulassungsantrag und über die Beschwerde selbst zusammenzufassen. Die
Beteiligten haben Gelegenheit zum Vortrag in der Sache erhalten. Sie haben der
angekündigten Verfahrensweise nicht widersprochen.
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Die zugelassene Beschwerde ist begründet. Der Antrag des Antragstellers auf
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unbegründet. Das
öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der streitigen Ordnungsverfügung
überwiegt das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug dieser
Ordnungsverfügung vorerst verschont zu bleiben.
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Die Festsetzung des angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 6.000,- DM ist nicht
offensichtlich rechtswidrig.
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Die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung von Verwaltungszwang nach §
55 Abs. 1 VwVG NRW liegen vor. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller durch
Ordnungsverfügung vom 4. Juni 1999 aufgegeben, Decke und Dacheindeckung des
Anbaus in der Feuerwiderstandsklasse F 90 auszubilden. Diese Ordnungsverfügung ist
vollziehbar. Sie ist unanfechtbar, weil der Antragsteller gegen sie keinen Widerspruch
eingelegt hat.
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Die Ordnungsverfügung ist nicht gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG NRW nichtig. Sie entbehrt
nicht der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Deshalb
bedarf keiner Entscheidung, ob ein inhaltlich nicht hinreichend bestimmter
Verwaltungsakt gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG NRW nichtig ist, wie das Verwaltungsgericht
angenommen hat. Näher liegt jedenfalls die Annahme, dass ein inhaltlich nicht
hinreichend bestimmter Verwaltungsakt ungeachtet seiner Unanfechtbarkeit wegen der
Unklarheit über die getroffene und zu vollstreckende Regelung nicht vollzugsfähig ist
und aus diesem Grund keine geeignete Grundlage für eine Verwaltungsvollstreckung
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bildet.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 1998 - 10 B 3029/97 -.
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Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn für die Beteiligten, insbesondere für
den Adressaten, aus dem Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und
den sonstigen den Betroffenen bekannten oder ihnen ohne weiteres erkennbaren
Umständen die Regelung, die den Zweck, Sinn und Inhalt des Verwaltungsakts
ausmacht, so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass sie ihr Verhalten
danach richten können,
25
vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Juni 1992 - 20 A 2485/89 - NVwZ 1993, 1000.
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Bei bauaufsichtlichen Anordnungen muss der Adressat in die Lage versetzt werden, zu
erkennen, was von ihm gefordert wird; der Verwaltungsakt muss eine geeignete
Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können.
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Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84,
335, 338; Beschluss vom 12. Dezember 1996 - 4 C 17.95 - BRS 58 Nr. 59.
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Die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 4. Juni 1999 genügt diesen
Anforderungen.
29
Der Antragsteller kann ihr entnehmen, welchen Bauteil des in Rede stehenden Anbaus
er in der Feuerwiderstandsklasse F 90 ausbilden soll. Diese Forderung des
Antragsgegners bezieht sich auf die Decke mit Dacheindeckung. Der Anbau war mit
einem Flachdach versehen und sollte nach den Bauvorlagen nach Umbau und
Umnutzung des gesamten Gebäudes weiterhin ein Flachdach haben. Die Forderung
des Antragsgegners in seiner Ordnungsverfügung vom 4. Juni 1999 ist nicht dahin zu
verstehen, dass sowohl die Decke des Anbaus als auch die auf ihr aufliegende
Dacheindeckung jeweils für sich genommen in der Feuerwiderstandsklasse F 90
auszubilden sind. Wie sich unschwer aus der Ordnungsverfügung ergibt, sollte vielmehr
der obere Gebäudeabschluss bestehend aus der Decke mit Dacheindeckung insgesamt
nach seiner Ausbildung der Feuerwiderstandsklasse F 90 genügen. Ein Widerspruch
zwischen der Baugenehmigung und den dort rot eingetragenen brandschutztechnischen
Forderungen einerseits, der Ordnungsverfügung vom 4. Juni 1999 andererseits besteht
mithin nicht. Besteht schon ein solcher Widerspruch nicht, kann auch die Bezugnahme
auf die Baugenehmigung in der Ordnungsverfügung vom 4. Juni 1999 nicht zu einer
widersprüchlichen und deshalb inhaltlich unbestimmten Forderung in der
Ordnungsverfügung führen.
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Entgegen der Annahme des Antragstellers macht die Bezugnahme auf die
Baugenehmigung die Ordnungsverfügung nicht deshalb unbestimmt, weil in der
Baugenehmigung (zusätzlich) die Forderung enthalten ist, die Decke über dem
Erdgeschoss in feuerbeständiger Bauart Feuerwiderstandsklasse F 90 und in den
wesentlichen Teilen aus nicht brennbaren Baustoffen (F 90 AB) zu erstellen. Diese
Auflage in der Baugenehmigung ist für die Ordnungsverfügung ohne Bedeutung. Sie
bezieht sich auf die Decke über dem Erdgeschoss des Hauptgebäudes, nicht auf Decke
und Dacheindeckung des eingeschossigen Anbaus, um den es in der
Ordnungsverfügung allein geht. Ein Widerspruch zwischen der Ordnungsverfügung und
der Auflage in der Baugenehmigung besteht mithin nicht. Erst recht kommt es nicht
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darauf an, ob die Auflage in der Baugenehmigung ihrerseits hinreichend bestimmt ist,
soweit nach ihr die Decke über dem Erdgeschoss "in den wesentlichen Teilen" aus
nicht brennbaren Baustoffen zu erstellen ist.
Der Antragsgegner hat in der Ordnungsverfügung hinreichend bestimmt das Mittel
angegeben, dass der Antragsteller zur Erreichung des Ziels anzuwenden hat. Dient eine
Ordnungsverfügung - wie hier - der Gefahrenabwehr, darf die Ordnungsbehörde sich
regelmäßig nicht damit begnügen, dem Ordnungspflichtigen nur aufzugeben, den Eintritt
der näher beschriebenen Gefahr zu verhindern. Damit hat der Antragsgegner sich
entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht begnügt. Ziel der
Ordnungsverfügung ist es, gemäß der allgemeinen Anforderung des § 17 Abs. 1 BauO
NRW an bauliche Anlagen der Ausbreitung eines Brandes vorzubeugen. Aus Gründen
dieses vorbeugenden Brandschutzes soll die Decke so ausgestaltet werden, dass das
Überschlagen eines Brandes von dem Anbau auf das dahinterliegende erste
Obergeschoss des Haupthauses verhindert wird. Das dafür einzusetzende Mittel hat der
Antragsgegner in der Ordnungsverfügung benannt. Die Decke mit Dacheindeckung ist
in der Feuerwiderstandsklasse F 90 auszubilden. Das Mittel ist damit hinreichend
bestimmt umschrieben. Der Antragsgegner verweist auf die zu erreichende
Feuerwiderstandsklasse. Die Feuerwiderstandsklasse ist wiederum durch technische
Normen bestimmt und konkretisiert, die ihrerseits gemäß § 3 Abs. 3 BauO NRW als
Technische Baubestimmungen eingeführt sind. Welche konkrete Materialien, die dieser
Feuerwiderstandsklasse genügen, zu verwenden sind und wie die Decke mit
Dacheindeckung im Einzelnen konstruktiv auszugestalten ist, gehört nicht mehr zur
Angabe des Mittels, das der Antragsteller zur Erfüllung seiner Ordnungspflicht
einzusetzen hat. Für das Ziel, den vorbeugenden Brandschutz zu gewährleisten, ist
allein die Ausbildung der Decke mit Dacheindeckung in der Feuerwiderstandsklasse F
90 von Bedeutung. Die darüber hinausgehenden, für die Erreichung des Ziels nicht
mehr erheblichen Einzelheiten durfte der Antragsgegner dem Antragsteller überlassen.
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Die Ordnungsverfügung ist nicht deshalb zu unbestimmt, weil der Antragsteller sich zu
ihrer Erfüllung sachkundiger Hilfe bedienen muss. Zwar darf die Ordnungsbehörde es
nicht, ohne selbst ein Mittel zu bestimmen, dem Betroffenen freistellen, die Gefahr auf
irgendeine Weise zu beheben. Die Ordnungsbehörde kann ihre Verantwortung für die
Auswahl der zu treffenden Maßnahme weder auf Sachverständige noch auf den
Betroffenen abwälzen.
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OVG NRW, Urteil vom 11. Juni 1992 - 20 A 2485/89 - UPR 1993, 71.
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Darum geht es hier indes nicht. Die Bauaufsichtsbehörde hat das einzusetzende Mittel
selbst bestimmt. Dass sein Einsatz Sachkunde voraussetzt, über die der Bauherr nicht
notwendig selbst verfügt, stellt die Bestimmtheit der Anordnung nicht in Frage. Insoweit
verhält es sich nicht anders als mit einer Baugenehmigung selbst. Auch diese ist nicht
deshalb zu unbestimmt, weil der Bauherr das genehmigte Vorhaben regelmäßig nur
unter Zuhilfenahme fremder Sachkunde ausführen kann.
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Die streitige Festsetzung des Zwangsgelds ist nicht deshalb offensichtlich rechtswidrig,
weil der Antragsteller der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 4. Juni 1999 vor
Erlass der Festsetzungsverfügung nachgekommen wäre. Der Kläger hat zwar nach
Erlass der Ordnungsverfügung vom 4. Juni 1999 die Decke des Anbaus umgestaltet. Ob
die Decke mit Dacheindeckung nunmehr in der Feuerwiderstandsklasse F 90
ausgebildet ist, ist indes zwischen den Beteiligten streitig. Dies geht zu Lasten des
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Antragstellers.
Ob die vom Antragsteller vorgenommene Umgestaltung der Decke des Anbaus den
Forderungen der Ordnungsverfügung vom 4. Juni 1999 entspricht, kann entgegen der
Auffassung des Antragsgegners allerdings nicht mit der Begründung offen bleiben, die
streitige Festsetzung des Zwangsgeldes sei schon deshalb zulässig gewesen, weil der
Antragsteller der Ordnungsverfügung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist (zuletzt
verlängert bis zum 6. August 1999) nachgekommen ist.
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Die Festsetzung eines angedrohten Zwangsgeldes setzt nach § 64 Satz 1 VwVG NRW
voraus, dass der Ordnungspflichtige seine Verpflichtung aus der Grundverfügung
innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht erfüllt hat. Ist die Ordnungsverfügung - wie hier -
auf die Vornahme einer Handlung des Ordnungspflichtigen gerichtet, darf das
Zwangsgeld aber nicht mehr festgesetzt werden, wenn der Ordnungspflichtige seiner
Handlungspflicht zwar nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist, wohl aber nach deren
Ablauf nachgekommen ist und die ihm aufgegebene Handlung vorgenommen hat. Die
Festsetzung des Zwangsgeldes ist keine Sanktion für die nicht fristgerechte Erfüllung
der Ordnungspflicht. Die Festsetzung des Zwangsgeldes ist ein Beugemittel. Sein
Einsatz hat zu unterbleiben, wenn der Ordnungspflichtige die Grundverfügung, wenn
auch verspätet, befolgt hat.
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Dem steht die Entscheidung
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OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 1988 - 7 A 2555/87 - DVBl 1989, 889; ferner:
Beschlüsse vom 7. Mai 1992 - 7 B 1275/92 -, vom 10. Oktober 1991 - 13 B 1522/91 -
NWVBl 1992, 71, und vom 16. August 1996 - 11 B 1742/96 -,
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nicht entgegen, auf die der Antragsgegner sich für seine gegenteilige Auffassung stützt.
Diese Entscheidung bezieht sich auf Ordnungsverfügungen, durch die die
Ordnungsbehörde dem Pflichtigen ein Unterlassen aufgegeben hat. In diesen Fällen
kann ein angedrohtes Zwangsgeld bei einem Verstoß gegen das Unterlassungsgebot
auch dann noch festgesetzt werden, wenn ein weiterer Verstoß gegen die
Ordnungsverfügung nicht mehr möglich ist. Dies folgt aber daraus, dass in dieser
Fallgestaltung allein die Zwangsgeldandrohung als Beugemittel in Betracht kommt. Die
Androhung des Zwangsgeldes verlöre ihren Charakter als Beugemittel, wenn dem
Verstoß gegen das Unterlassungsgebot nicht die Festsetzung des Zwangsgeldes folgen
dürfte, weil nach dem (ersten) Verstoß gegen das Unterlassungsgebot weitere Verstöße
gegen die Ordnungsverfügung nicht mehr möglich sind.
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Hätte der Antragsteller mithin vor der Festsetzung des Zwangsgeldes die
Ordnungsverfügung vom 4. Juni 1999 befolgt und die Decke mit Dacheindeckung in der
Feuerwiderstandsklasse F 90 ausgebildet, hätte die Festsetzung des Zwangsgeldes
unterbleiben müssen. Dass der Antragsteller, wie er behauptet, bereits am 13.
September 1999, und damit einen Tag vor der Festsetzung des Zwangsgeldes, die
Decke umgestaltet hat, ist ebenso streitig, wie die weitere Frage, ob die umgestaltete
Decke den Anforderungen der Ordnungsverfügung vom 4. Juni 1999 genügt.
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Dass ungewiss ist, ob die Decke mit Dacheindeckung nunmehr in der
Feuerwiderstandsklasse F 90 ausgebildet ist, geht zu Lasten des Antragstellers. Es ist
Sache des Bauherrn, beispielsweise durch Vorlage entsprechender
Prüfbescheinigungen den Nachweis zu erbringen, dass die Bauausführung in statischer
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und brandtechnischer Hinsicht den Bauvorlagen entspricht. Einen solchen Nachweis
hat der Antragsteller nicht erbracht. Die von ihm vorgelegte Bescheinigung des
Herstellers der eingebauten Gipsplatten reicht nicht aus. Auch wenn das insoweit
verwendete Material der Feuerwiderstandsklasse F 90 genügt, bleibt offen, ob dies auf
die Decke insgesamt zutrifft, denn dafür ist eine Beurteilung der statischen Konstruktion
erforderlich. Solange kein geeigneter Nachweis erbracht ist, kann nicht davon
ausgegangen werden, dass die tatsächliche Bauausführung den genehmigten
Bauvorlagen, und damit der zu ihrer Durchsetzung erlassenen Bauordnungsverfügung,
entspricht. Dies geht schon deshalb zu Lasten des Antragstellers, weil er sich auf die
Erfüllung der unanfechtbaren Ordnungsverfügung beruft. Er trägt nach allgemeinen
Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für diesen ihm günstigen Umstand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts
auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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