Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.02.2007

OVG NRW: versorgung, arbeitsmedizin, zahnarzt, pauschal, unrichtigkeit, aufklärungspflicht, begriff, beihilfe, gefahr, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 440/05
Datum:
23.02.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 A 440/05
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf bis zu 2.000,00 Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen
Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124
Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Das Verwaltungsgericht hat angenommen, der Kläger habe keinen Anspruch auf die
beantragte weitere Beihilfe, weil die Aufwendungen für die Implantatversorgung
beihilferechtlich nicht notwendig seien. Eine Indikation für eine nach Nr. 5.5 VVzBVO
vom 9. April 1965 in der Fassung des Runderlasses des Finanzministeriums vom 23.
Mai 1997 (SMBl. NRW 203204) beihilfefähige implantologische Leistung sei nicht
gegeben. Insbesondere liege keine "einseitige Freiendlücke" im Sinne des Satzes 1
Buchstabe b) vor. Aber auch sonst bestehe keine zahnmedizinisch zwingende
Indikation für die begehrte Implantatversorgung, weil eine herkömmliche prothetische
Versorgung mit Teleskopteilprothesen möglich und ausreichend sei. Der durch den
behandelnden Zahnarzt diagnostizierte Würgereiz sowie die Gefahr eines Verrutschens
der Atemschutzmaske seien nach amtszahnärztlicher Stellungnahme jedenfalls bei
Verwendung solcher Teleskopteilprothesen nicht zu befürchten.
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Die vom Kläger gegen diese Feststellungen des Verwaltungsgerichts im
Zulassungsverfahren erhobenen Einwände greifen nicht durch.
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Nach Nr. 5.5 Satz 1 Buchstabe b) VVzBVO vom 9. April 1965 in der Fassung vom 23.
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Mai 1997 können Aufwendungen für eine Implantatbehandlung bei Vorliegen einer
einseitigen Freiendlücke, wenn mindestens die Zähne acht, sieben und sechs fehlen,
als notwendig angesehen werden. Mit der beim Kläger (vormals) vorhandenen
beidseitigen Freiendsituation sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Auffassung
des Klägers, bei einer Betrachtung jedes "Kieferquadranten" für sich liege jeweils eine
einseitige Freiendsituation vor, geht fehl. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt,
dass bei einem (symmetrischen) Fehlen der Seitenzähne auf beiden Seiten keine
einseitige Freiendsituation gegeben ist. Das entspricht ausweislich der amtsärztlichen
Stellungnahme vom 22. März 2004 auch der Definition im zahnmedizinischen Bereich,
nach der der Begriff "einseitige Freiendlücke" eine Situation meint, in der ein
Seitenzahnbereich eines Kiefers bezahnt ist und auf der zweiten Seite mindestens die
Molaren fehlen. Es stößt ferner auf keine rechtlichen Bedenken, wenn das
Verwaltungsgericht eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs von Nr. 5.5 VVzBVO -
über den Wortlaut hinaus - auf eine Implantatversorgung bei beidseitiger Freiendlücke
verneint. Entgegen der nicht weiter begründeten Auffassung des Klägers ist mit der
amtszahnärztlichen Stellungnahme vom 22. März 2004 schlüssig und nachvollziehbar
erläutert, dass sich eine herkömmliche prothetische Versorgung bei fehlender
Symmetrie aus Stabilitätsgründen schwieriger gestaltet als bei doppelseitiger
Freiendsituation.
Mit dem Zulassungsvorbringen ist auch sonst nicht dargelegt, dass aus anderen als den
in Nr. 5.5 VVzBVO vorgesehenen Gründen eine implantologische Versorgung des
Klägers zahnmedizinisch zwingend notwendig ist. Das Verwaltungsgericht hat sich bei
seiner Einschätzung, dass dem vom Zahnarzt diagnostizierten Würgereiz sowie dem
berufsbedingten Erfordernis eines zeitweisen Tragens von Atemschutzmasken bei einer
Versorgung mit einer Teleskopteilprothese ausreichend Rechnung getragen sei, auf die
amtszahnärztliche Stellungnahme vom 28. Juli 2003 gestützt. Die Stellungnahmen des
Zahnarztes Dr. T. vom 27. Mai 2003 und des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. X. vom
23. Juli 2003, auf die sich der Kläger zur Begründung seines Zulassungsantrags
bezieht, erfordern keine andere Beurteilung. Diese Stellungnahmen, die bereits der
Amtszahnärztin und auch dem Verwaltungsgericht vorlagen, verweisen lediglich
pauschal auf die Erforderlichkeit einer Implantatversorgung mit festsitzendem
Zahnersatz. Sie enthalten insbesondere keine Aussagen zur (fehlenden) Eignung einer
Versorgung mit Teleskopteilprothesen im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse des
Klägers.
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Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen
Schwierigkeiten auf (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Klägers gegen die
Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das
angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der
erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im
Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines
Berufungsverfahrens erfordern würden.
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Das ist hier nicht der Fall. Der Kläger benennt - wie oben ausgeführt - keine
durchgreifenden Gründe für die Unrichtigkeit des Urteils.
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Schließlich liegt kein Verfahrensfehler wegen Verletzung der aus § 86 Abs. 1 VwGO
folgenden Aufklärungspflicht vor (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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Dem Verwaltungsgericht hätte sich keine weitere Sachverhaltsermittlung mit Blick auf
die zwingende zahnmedizinische Notwendigkeit aufdrängen müssen. Aufgrund der
Stellungnahmen des Zahnarztes Dr. T. und des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. X.
ergeben sich - wie oben dargestellt - keine konkreten Anhaltspunkte, dass die spezielle
Versorgung mit Teleskopteilprothesen nicht möglich und ausreichend ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des
Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4
VwGO).
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