Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11.11.2005

OVG NRW: beweiswürdigung, verfahrensmangel, anhörung, form, willkürverbot, beweismittel, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 2839/03
Datum:
11.11.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 A 2839/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 2 K 7421/99
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 8.000 EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat unter keinem der geltend gemachten
Gesichtspunkte Erfolg.
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1. Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des
angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die von den Klägern für
eine andere Wertung der Beweismittel angeführten Gründe reichen nicht aus, die vom
Verwaltungsgericht zu der Frage, ob der Kläger zu 1. auf Grund familiärer Vermittlung
zur Führung eines einfachen Gespräches in deutscher Sprache fähig ist, nach Maßgabe
von § 108 Abs. 1 S. 1 VwGO gewonnene Überzeugung in dem für die Annahme
ernstlicher Zweifel erforderlichen Maß (vgl. dazu BT-Drucks. 13/3993, S. 13) in Frage zu
stellen.
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Da das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung nicht tragend darauf abgestellt hat,
ob die Klägerseite selbst eine mangelhafte Sprachkompetenz des Klägers zu 1. in
anderem Zusammenhang eingeräumt hat, kommt es auf die Richtigkeit dieser Wertung
nicht an.
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Mit den Zeugenaussagen setzt sich das Verwaltungsgericht gleichfalls in einer Weise
auseinander, die keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit seiner Feststellungen
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begründet. Es unterstellt - quasi als Kern der Aussagen - als wahr, dass der Kläger zu 1.
als Kind durch familiäre Vermittlung seitens der Großmutter deutsche Wörter gelernt und
gebraucht hat. Dass das Verwaltungsgericht angenommen hat, die Zeugenaussagen
seien demgegenüber für eine hinreichende Bestimmung des konkreten Sprachniveaus,
das der Kläger zu 1. in Folge der familiären Vermittlung erreicht hat, zu widersprüchlich
bzw. zu zwiespältig, überschreitet den Rahmen der freien Beweiswürdigung nicht. Eine
eindeutige Aussage dahingehend, welches Sprachniveau der Kläger zu 1. bei dem
Gebrauch der deutschen Sprache als Kind und später bei Heimatbesuchen besessen
hat, ist den Zeugenaussagen nämlich nicht zu entnehmen. Ebenso wenig ist zu
beanstanden, dass das Verwaltungsgericht zum Beweisthema der „familiären
Vermittlung" Angaben der Zeugen zum Sprachvermögen des - seinerzeit schon 38-
jährigen - Klägers zu 1. anlässlich seines Deutschlandurlaubes im Jahre 2002 keine
maßgebliche Beachtung geschenkt hat.
Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen ist auch weder substantiiert
vorgetragen noch sonstwie ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht dadurch, dass es
bei seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung entscheidend auf das
Sprachtestprotokoll abgestellt hat, allgemeinverbindliche Beweiswürdigungsgrundsätze
nicht eingehalten, namentlich etwa auch gegen die Denkgesetze oder das Willkürverbot
verstoßen hätte. Den Darlegungen des Verwaltungsgerichts zur Verwertbarkeit und
Aussagekraft des Sprachtests hat die Zulassungsschrift keine durchschlagenden
Argumente entgegengesetzt. Der Hinweis auf das Phänomen „Prüfungsversagen"
genügt insoweit ebensowenig, wie das Verwaltungsgericht aus dem Sprachtest auf die
schlichte Unwahrheit der Zeugenaussagen geschlossen hat. Eine ergänzende
Beweiserhebung - namentlich in Form der Parteivernehmung - drängte sich angesichts
der aussagekräftigen Einlassung des Klägers zu 1. bereits anlässlich des Sprachtests
ebenso wenig auf.
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2. Soweit gerügt wird, das Verwaltungsgericht hätte dem Kläger zu 1. gem. § 86 Abs. 1
VwGO Gelegenheit geben müssen, sich persönlich anhören zu lassen, ist auch ein
Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht gegeben. Mit der
Zulassungsschrift wird schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass die
Voraussetzungen für eine förmliche Parteivernehmung des beweispflichtigen Klägers zu
1. gem. §§ 447, 448 ZPO gegeben waren. Den Angaben der einvernommenen Zeugen
war eben keine eindeutige Aussage dazu zu entnehmen, welches Sprachniveau der
Kläger zu 1. infolge der familiären Vermittlung bis zum Ende des Prägezeitraums
erreicht hatte. Insbesondere aber zeigt die Zulassungsbegründung nicht auf, inwieweit
sich aus der Sicht des Verwaltungsgerichts mittels einer Anhörung des Klägers zu 1. ein
verlässlicher Schluss darauf hätte ziehen lassen, dass er tatsächlich am Ende der
familiären Vermittlung bessere Sprachkenntnisse als beim Sprachtest hatte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung folgt gem. § 72 Nr. 1 GKG, aus §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 3
GKG in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung (a.F.).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 72 Nr. 1 GKG i. V. m. § 25
Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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