Urteil des OVG Niedersachsen vom 03.12.2014

OVG Lüneburg: icao, flugsicherung, aufschiebende wirkung, stand der technik, wahrscheinlichkeit, unmittelbare gefahr, analyse, verordnung, begriff, bindungswirkung

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Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für fünf
Windkraftanlagen; hier: Störung einer Flugsicherungseinrichtung
durch Windkraftanlagen - Beschwerde im Verfahren des vorl.
Rechtsschutzes
Da die Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung nach § 18a Abs. 1
Satz 2 LuftVG, dass eine Flugsicherungseinrichtung durch die Errichtung bestimmter
Bauwerke (hier Windenergieanlagen) gestört werden kann, verbindlich und
unmittelbar auch von der Immissionsschutzbehörde zu beachten ist (dazu bereits Urt.
d. Sen. v. 3.12.2014 - 12 LC 30/12 -), ist eine diese Bindungswirkung missachtende,
den Genehmigungsantrag gleichwohl positiv bescheidende immissionsschutzrechtliche
Genehmigung rechtswidrig.
Zur Anfechtung einer solchen rechtswidrig erteilten immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung befugt ist das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung und unter
bestimmten Voraussetzungen auch der Betreiber der betroffenen
Flugsicherungseinrichtung.
OVG Lüneburg 12. Senat, Beschluss vom 22.01.2015, 12 ME 39/14
§ 10 BImSchG, § 13 BImSchG, § 6 BImSchG, § 18a LuftVG
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2. wird der Beschluss
des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 5. Kammer - vom 5. Februar 2014 geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin (5 A 108/14) gegen den
Bescheid des Antragsgegners vom 13. September 2013 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2013 wird wiederhergestellt.
Die Kosten des gesamten Verfahrens tragen Antragsgegner und die Beigeladene zu 1. je
zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. im
Beschwerdeverfahren sind erstattungsfähig, die des erstinstanzlichen Verfahrens sind
nicht erstattungsfähig. Die Beigeladene zu 1. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin, eine mit Flugsicherungsdiensten in Deutschland befasste
Flugsicherungsorganisation, wendet sich gegen den Bescheid des Antragsgegners vom
13. September 2013, mit dem dieser der Beigeladenen zu 1. unter Anordnung der
sofortigen Vollziehung die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung
und zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen des Typs E. G-128 (4,5 MW
Nennleistung, 120 m Nabenhöhe, 184 m Gesamthöhe) im Windpark F. „G.“ (Flur 7,
Flurstücke 69/1 und 88/1, und Flur 8 Flurstücke 18/1, 280/1, 322/1 jeweils Gemarkung
H.) erteilt hat. Die geplanten Anlagen liegen im Bereich des Bebauungsplans Nr. 1-31
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H.) erteilt hat. Die geplanten Anlagen liegen im Bereich des Bebauungsplans Nr. 1-31
„Windpark G.“ der Gemeinde I., der im April 2013 in Kraft getreten ist. Die
Anlagenstandorte befinden sich in einem Abstand von 11 - 13,5 km zu und im
Radialbereich 304°-310° der - im Eigentum der Antragstellerin stehenden und von ihr
für Zwecke der zivilen Flugsicherung betriebenen - DVOR (Doppler Very High
Frequency Omnidirectional Radio Range) Bremen. Im Umkreis von 15 km um das
DVOR befinden sich mehr als 50 Windenergieanlagen. Im Windpark F. sollen
insgesamt 33 Windenergieanlagen errichtet werden.
Im August 2012 hatte die Beigeladene zu 1. die Genehmigung zur Errichtung und zum
Betrieb von fünf Windenergieanlagen beantragt. Das geplante Vorhaben wurde im
Amtsblatt des Antragsgegners vom 31. Mai 2013 bekannt gemacht. Die Frist für die
Geltendmachung von Einwendungen endete am 14. Juli 2013. Einwendungen wurden
nicht erhoben. Unter dem 6. Juni 2013 hatte die Beigeladene zu 2. unter Bezug auf eine
gutachtliche Stellungnahme der Antragstellerin vom 27. Mai 2013 mitgeteilt, die
Windenergieanlagen dürften nicht errichtet werden, § 18a LuftVG stehe dem entgegen.
In der gutachtlichen Stellungnahme der Antragstellerin vom 27. Mai 2013 heißt es u.a.,
gemäß Annex 10, Vol. I, Att. C. Kapitel 3.7.3.4 werde für VOR-Signale ein maximaler
Winkelfehler von +/- 3° empfohlen, unter Berücksichtigung des Fehlerbeitrags der
Bodenstation von +/- 2° (Annex 10, Vol. I, Kapitel 3.3.3.2) verbleibe für Störungen
durch externe Umgebungseinflüsse ein zulässiger Störbeitrag von +/- 1°. Dieser werde
gemäß Plausibilitätsberechnung nach der Errichtung der geplanten Windenergieanlagen
überschritten.
Wie eingangs erwähnt, erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen zu 1. unter dem
13. September 2013 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und
zum Betrieb der besagten fünf Windenergieanlagen. Der Antragsgegner führte zur
Begründung u.a. aus, die Einwendungen der Beigeladenen zu 2. vom 6. Juni 2013 auf
der Grundlage der gutachtlichen Stellungnahme der Antragstellerin vom 27. Mai 2013
stünden der Genehmigung nicht entgegen. Er - der Antragsgegner - sei an die
Einschätzung der Beigeladenen zu 2. nicht gebunden. § 18a LuftVG normiere ein
materielles Bauverbot, das lediglich von objektiv-rechtlichen Kriterien (Störung der
Funktionsfähigkeit einer Flugsicherungseinrichtung) und nicht von einer Entscheidung
der Beigeladenen zu 2. abhänge. Dass § 18a LuftVG der Beigeladenen zu 2. keine - der
Zustimmung nach § 14 LuftVG vergleichbare und eine Genehmigungsbehörde
bindende - Entscheidungsbefugnis zubillige, werde an dem sprachlichen Unterschied
beider Vorschriften deutlich. Auch systematisch und teleologisch ergebe sich, dass es
lediglich materiell auf die gesetzten Grenzen für die Rechtmäßigkeit von Vorhaben und
dabei auf die naturwissenschaftlich-technischen Umstände des Einzelfalls ankomme. Die
Stellungnahme der Beigeladenen zu 2. habe als unverbindliche Mitteilung ihrer
Auffassung zu gelten, die nicht ungeprüft übernommen werden dürfe. Die gebotene
eigene Prüfung ergebe, dass § 18a LuftVG dem Vorhaben nicht entgegenstehe. Die
Zumutbarkeit der Beeinträchtigung sei anhand der ICAO-Spezifikationen zu beurteilen.
Die konkreten Toleranzwerte ergäben sich aus ICAO DOC 8071, auf das in ICAO
Annex 10, Vol. I, mehrfach verwiesen werde, das insofern eine herausgehobene
Stellung erhalte und das für die Auslegung heranzuziehen sei. Maßgeblich sei insoweit
ein Wert von +/- 3,5°, in kurzen Intervallen sogar ein Wert von +/- 6,5°, die jeweils in
Relation zur räumlichen Wahrscheinlichkeit von das DVOR nutzenden Flugzeugen
i.H.v. 95 % zu setzen seien, so dass kurzzeitig oder kleinräumig noch größere Werte als
+/- 6,5° erreicht werden könnten. Für die von der Antragstellerin angenommenen Werte
(für VOR-Signale ein maximaler Winkelfehler von +/- 3° und für die Bodenstation +/-
2°), die sich das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung zu eigen mache, fehle eine
Rechtsgrundlage. Der Fehler der Bodenanlage sei in der Höhe anzunehmen, in der er
tatsächlich existiere. Die vorgenommene Plausibilitätsberechnung stelle keine -
geforderte - Simulation dar und sei auch im Übrigen nicht nachvollziehbar.
Demgegenüber sei durch Vorlage des Sachverständigengutachtens Dr. Greving vom 9.
August 2013, das eine dem Stand der Technik entsprechende Simulation enthalte,
schlüssig und plausibel dargelegt worden, dass die erwartbaren Auswirkungen der
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geplanten Anlagen unterhalb der einschlägigen Grenzwerte der ICAO-Spezifikationen
lägen. Der im „Worst Case“-Szenario erwartbare Fehler als Folge der geplanten Anlagen
liege bei +/- 0,1° der Gesamtfehler - ohne zuordenbare Fehlerbeiträge der
Windenergieanlagen - bei +/- 0,5°. Die maximalen Fehler lägen sicher innerhalb der
zulässigen ICAO-Toleranzen von +/- 3,5°.
Nach ihren Angaben erlangte die Antragstellerin am 16. Oktober 2013 Kenntnis von
der Genehmigung vom 13. September 2013. Sie erhob am 21. Oktober 2013
Widerspruch und hat am 24. Oktober 2013 um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
nachgesucht. Gegen den Ausgangsbescheid und den zwischenzeitlich ergangenen - den
Widerspruch mangels Widerspruchsbefugnis als unzulässig und im Übrigen auch als
unbegründet zurückweisenden - Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2013 hat die
Antragstellerin Klage erhoben (VG Oldenburg - 5 A 108/14 -), über die bislang nicht
entschieden ist.
Gegen die Genehmigung vom 13. September 2013 legte auch die Beigeladene zu 2. am
24. Oktober 2013 Widerspruch ein und suchte am 2. Mai 2014 um Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes nach (VG Oldenburg - 5 B 1558/14 -; Beschwerde - 12 ME
132/14 -). Gegen den Ausgangsbescheid und den zwischenzeitlich ergangenen - ihren
Widerspruch als unbegründet zurückweisenden - Widerspruchsbescheid vom
19. Dezember 2013 führt sie Klage im Verfahren 5 A 210/14, über die bislang ebenfalls
nicht entschieden ist.
Den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs bzw.
ihrer Klage wiederherzustellen, hat das Verwaltungsgericht mit dem im Tenor
bezeichneten Beschluss und mit im Wesentlichen folgender Begründung abgelehnt: Der
Antrag sei unzulässig. Durch den genehmigten Bau und Betrieb der fünf
Windenergieanlagen bestehe die Möglichkeit einer Verletzung weder in privaten
drittschützenden Rechten der Antragstellerin noch in ihren Rechten als Beliehene. Bau
und Betrieb der streitigen Windenergieanlagen wirkten vorrangig auf private Rechte ein.
Es bestehe die Vermutung, dass der Baukörper der Windenergieanlagen und beim
Betrieb die in Bewegung befindlichen Rotoren Signale der Funknavigationsanlage
DVOR Bremen reflektierten und sich durch diese Reflektionen bei der Auswertung von
Signal und „Störsignal“ (zusätzliche) Winkelfehler ergäben, in welchem Winkel sich das
Luftfahrzeug auf die DVOR-Anlage zu-, weg- oder vorbeibewege. Die möglichen
Einwirkungen der streitigen fünf Windenergieanlagen in einem Abstand von etwa 11
bis 13,5 km im Radialbereich 304° bis 310° zur DVOR Bremen beträfen vorrangig
Navigationsdienste im Sinne von § 27 c Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LuftVG. Derartige
Navigationsdienste würden zu Marktbedingungen als privatwirtschaftliche
Dienstleistung erbracht. Diese privatwirtschaftliche Signalübertragung an Luftfahrzeuge
werde unmittelbar nicht durch die Windenergieanlagen beeinträchtigt, sondern allenfalls
mittelbar gestört. Der Antragstellerin sei weiterhin die Erbringung von
Navigationsdiensten mittels der DVOR Bremen möglich, wenn auch mit der
Einschränkung, dass sich durch reflektierte „Störsignale“ beim Navigationsempfänger
des Luftfahrzeugs ein weiterer Winkelfehler ergeben könnte, der das bisher bestehende
Maß der Verlässlichkeit der Signalübermittlung verschlechtere. In diesem
Zusammenhang könnte sich für die Antragstellerin mittelbar der Zwang/Anlass ergeben,
andere Fehlerquellen (insbesondere den anlageneigenen Fehler) durch häufigere
Messungen zu prüfen und ggf. durch technische Maßnahmen (Neukalibrierung,
Nachrüstungen) zu reduzieren. Es fehle an einem unmittelbaren Grundrechtseingriff.
Weder die Substanz der im Eigentum der Antragstellerin stehenden DVOR Bremen
noch ihr Betrieb würden unmittelbar beeinträchtigt. Art. 14 Abs. 1 GG gewähre keinen
Schutz vor Veränderungen von äußeren Gegebenheiten und situationsbedingten
Erwerbschancen und -vorteilen. Ein Grundrechtsschutz könne in diesen Fällen nur in
Betracht kommen, wenn der Unternehmer ausnahmsweise darauf habe vertrauen dürfen,
dass jene Gegebenheiten auf Dauer oder zumindest für einen gewissen Zeitraum erhalten
blieben und er aufgrund seines schutzwürdigen Vertrauens zu bestimmten Investitionen
oder sonstigen beträchtlichen Aufwendungen veranlasst worden sei. Vertrauensschutz in
oder sonstigen beträchtlichen Aufwendungen veranlasst worden sei. Vertrauensschutz in
den unbeeinflussten Fortbestand bestehender Verhältnisse werde hier nicht verletzt, weil
keine bereits getätigten Investitionen der Antragstellerin in die DVOR Bremen
nachträglich entwertet würden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin würden ihr
Eigentum und ihre Berufsausübungsfreiheit nicht auch zu ihren Gunsten durch das
materielle Bauverbot in § 18 a Abs. 1 Satz 1 LuftVG ausgestaltet, so dass sich aus dieser
Vorschrift weder unmittelbar noch in Verbindung mit § 27 c Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
LuftVG die Verletzung eines subjektiven Rechts ergebe. Aus dem (baurechtlichen)
Rücksichtnahmegebot ergebe sich für die Antragstellerin nichts anderes. Die
Möglichkeit einer Verletzung in ihren Rechten als Beliehene für den Bereich der
Flugverkehrskontrolle sei ebenfalls nicht ersichtlich. Die Antragstellerin sei zudem
gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG mit ihren Einwendungen präkludiert, weil sie diese
im Genehmigungsverfahren nicht selbst vorgetragen habe. Der Aussetzungsantrag sei im
Übrigen unbegründet. Bei der gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und
Rechtslage erweise sich die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung
vom 13. September 2013 aller Voraussicht nach als erfolglos. Sie sei voraussichtlich -
entsprechend den obigen Ausführungen zur fehlenden Antragsbefugnis hinsichtlich des
Aussetzungsantrags - mangels einer Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) sowie wegen
Präklusion der vorgetragenen Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG)
unzulässig. Sie dürfte im Übrigen voraussichtlich unbegründet sein, weil die
immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 13. September 2013 aller Voraussicht
nach rechtmäßig sei und insbesondere nicht gegen § 18a LuftVG verstoße. Die
Genehmigung sei nicht verfahrensfehlerhaft. Der Antragsgegner sei nicht gehindert
gewesen, sich über die Einschätzung der Beigeladenen zu 2. vom 6. Juni 2013 zur
Frage der Störung der Flugsicherungseinrichtung hinwegzusetzen. Wegen der
Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG als hier maßgeblicher Verfahrensvorschrift
liege die Prüfungs- und Letztentscheidungsbefugnis bei der Immissionsschutzbehörde,
die die beantragte Genehmigung selbst dann erteilen dürfe, wenn die beteiligten
Fachbehörden Bedenken geäußert hätten. Nach § 13 BImSchG schließe die
Genehmigung grundsätzlich andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen
ein. Ausnahmen von diesem Grundsatz kämen in Frage, wenn Fachgesetze ausdrücklich
ein bestimmtes Zustimmungserfordernis für ein Vorhaben statuierten. Das sei hier - wie
der Antragsgegner zu Recht angenommen habe - nicht der Fall. Rechte der
Beigeladenen zu 2. würden durch die hier vertretene Auffassung nicht verkürzt. Die
Beigeladene zu 2. (diese allein, nicht auch die Antragstellerin) habe die Befugnis, die
Voraussetzungen einer zu erwartenden Störung zu prüfen bzw. zu beurteilen und könne
sich im Wege der Drittanfechtung gegen eine Abweichung von ihrer Entscheidung
gerichtlich wehren. Die Genehmigung sei voraussichtlich auch materiell rechtmäßig. Die
Prüfung einer zu erwartenden Störung der Funktionsfähigkeit der DVOR erweise sich
bei Überprüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als belastbar. Der
Antragsgegner sei in der Genehmigung von zutreffenden rechtlichen Annahmen
ausgegangen und habe aller Voraussicht nach die fachlichen Zusammenhänge der
Störwirkung und ihres Bewertungsmaßstabs gut vertretbar beurteilt. Im Rahmen des auf
vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens lasse sich nicht abschließend klären, mit
welchen naturwissenschaftlich-technischen Methoden und in die Prognose
einzustellenden Werten die Störwirkung belastbar ermittelt werden könne. Es sei nicht
Aufgabe der Gerichte, offene wissenschaftliche Diskussionen im Rahmen einer
Beweisaufnahme zu klären. Die Einschätzung des Antragsgegners erscheine hinreichend
belastbar. Die anderslautende Prognose der Antragstellerin erweise sich in verschiedener
(vom Verwaltungsgericht begründeter) Weise als angreifbar. Die im zweiten Schritt
erfolgte Prüfung habe der Antragsgegner ebenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach
fehlerfrei durchgeführt. Zur Annahme einer Störung im Sinne des § 18a LuftVG sei
erforderlich, dass nicht nur hypothetisch, sondern mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt (etwa Kollision, gefährliche
Annäherung) zu rechnen sei. Ein nachvollziehbares Schadensszenario für die sichere,
geordnete und flüssige Abwicklung des Luftverkehrs ausgehend von den
naturwissenschaftlich-technisch ermittelten Störbeiträgen der Windenergieanlagen und
der prognostizierten Gesamtbeeinflussung finde sich weder in der negativen
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der prognostizierten Gesamtbeeinflussung finde sich weder in der negativen
Stellungnahme der Beigeladenen zu 2. vom 6. Juni 2013 noch in den Darlegungen der
Antragstellerin. Der Antragsgegner habe aller Wahrscheinlichkeit nach annehmen
dürfen, dass sich durch geringfügige Mehrbeeinflussung der DVOR keine wesentliche
luftfahrtbetriebliche Relevanz ergebe. Es drohe nur eine möglicherweise häufigere
Abweichung der Luftfahrzeuge von festgelegten Flugrouten, nicht aber eine Erhöhung
der Kollisionsgefahren von Luftfahrzeugen. Vor dem Hintergrund, dass Luftfahrzeugen
die Nutzung mehrerer - auch DVOR-unabhängiger - Flugverfahren alternativ und
kumulativ zur Verfügung stünden und offenbar regelmäßig unabhängig von DVOR-
Signalen navigiert werde sowie in Störfällen Verfahrensregeln und Hilfsdienste
existierten, dränge sich nicht auf, dass sich luftverkehrssicherheitsrechtliche Vorfälle bei
einer bedeutsamen Anzahl von Luftfahrzeugen signifikant erhöhen würden. Selbst im
Fall einer prognosewidrig dauerhaft auftretenden Störung der Luftverkehrssicherheit
könne ein zumutbarer Ausgleich in anderer Weise geschaffen werden als durch
Versagung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. So ließen sich etwa durch
eine häufigere Nachjustierung der DVOR (zur Anpassung an den veränderten
magnetischen Norden oder zum Ausgleich sendeanlagenbezogener Abweichungen)
anlageneigene Fehler sicher kontrollieren und minimieren. Auch eine gerichtliche
Interessenabwägung trage die hier getroffene Entscheidung.
II.
Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2. gegen den im Tenor
bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts haben nach Maßgabe des § 146 Abs. 4
Satz 6 VwGO Erfolg.
Die Antragstellerin trägt zur Begründung ihrer Beschwerde vor: Bereits in tatsächlicher
Hinsicht gehe das Verwaltungsgericht von falschen Annahmen aus. Ohne die hier in
Rede stehende DVOR Bremen sei kein konventionelles Anflugverfahren fliegbar.
Solche Anflugverfahren seien der gesetzliche Normalfall, weil die in Deutschland
vorgeschriebene Bordausrüstung nur VOR-Empfänger vorschreibe. Soweit das
Verwaltungsgericht auf alternative Navigationsmöglichkeiten verweise, seien diese
optional und könnten zur Aufrechterhaltung einer sicheren Flugverkehrskontrolle an
einem internationalen Flughafen keine Planungsgrundlage sein. Der angefochtene
Beschluss sei rechtlich fehlerhaft und abzuändern. Entgegen der Annahme des
Verwaltungsgerichts sei sie antragsbefugt. Mit ihren Einwendungen sei sie nicht
präkludiert. Der angefochtene Beschluss sei auch in der Sache falsch. Das
Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Konzentrationswirkung
auch die Entscheidung umfasse, ob Flugsicherungseinrichtungen gestört werden
könnten. Die Entscheidung des Bundesaufsichtsamts nach § 18a LuftVG habe ein
verbindliches, von der Genehmigungsbehörde zu beachtendes Bauverbot zur Folge.
Dieses sei nicht „schwächer“ oder unbedeutender als die Zustimmungserfordernisse nach
§§ 12, 14 LuftVG. Die Entscheidung des Bundesaufsichtsamts ergehe von Gesetzes
wegen auf der Grundlage eines Gutachtens der betroffenen Flugsicherungsorganisation.
Da die Anlagen noch nicht errichtet seien, handele es sich zwingend um eine
prognostische Entscheidung. Aus der Natur der Sache ergebe sich insoweit ein gewisser
Beurteilungs- und Prognosespielraum. Auch wenn den ICAO-Vorschriften und
Empfehlungen eine wichtige Handreiche bei der Bestimmung der maßgeblichen
Störeinflüsse entnommen werden könne, fehlten in Bezug auf die letztlich
entscheidenden technischen Fragen bei der anzustellenden Prognose nicht nur klare
Vorgaben, sondern auch gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse. Vorliegend verlasse
die Entscheidung des Bundesaufsichtsamts nicht die rechtliche Grenze der Prognose, sie
beruhe auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage, sei methodisch einwandfrei und im
Ergebnis nicht nur vertretbar, sondern überzeugender als das Gutachten des
Privatgutachters der Beigeladenen zu 1. Das Verwaltungsgericht habe die Maßstäbe des
§ 18a LuftVG verkannt. Die Vorschrift diene der Risikovorsorge, nicht der konkreten
Gefahrenabwehr. Eine Störung sei anzunehmen, wenn die nach den einschlägigen
ICAO-Dokumenten maßgeblichen Toleranzen überschritten seien. Weitere
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ICAO-Dokumenten maßgeblichen Toleranzen überschritten seien. Weitere
Gefahrennachweise seien nicht vorgesehen. Mit seiner Entscheidung verlasse das
Verwaltungsgericht international einschlägige Sicherheitsansätze. Der angefochtene
Bescheid verletze sie in ihren Rechten. Die im angefochtenen Beschluss vorgenommene
Interessenabwägung sei fehlerhaft.
Die Beigeladene zu 2. trägt zur Begründung ihrer Beschwerde vor: Die Entscheidung
des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft und abzuändern. Das Verwaltungsgericht gehe
von einem falschen Verständnis u.a. von der Bedeutung der DVOR für An- und
Abflugverfahren zum Flughafen Bremen und der Aufgaben und Funktion der
Antragstellerin als Flugsicherungsorganisation aus. Der angefochtene Beschluss
verkenne, dass der Bescheid des Antragsgegners in ihre aus § 18a Abs. 1 Satz 2 LuftVG
folgende Entscheidungshoheit und ihre Zuständigkeit eingreife. § 18a Abs. 1 LuftVG
weise ihr die Zuständigkeit zur Entscheidung über mögliche Störungen von
Flugsicherungseinrichtungen zu. Gegen diese Einordnung spreche nicht die
Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG. Verwaltungsinterne Zustimmungen und
Entscheidungen, die - wie hier - keine Verwaltungsaktqualität besäßen, würden von der
Konzentrationswirkung nicht erfasst. Hier liege eine offenkundige Verletzung der
Verwaltungskompetenzen aus § 18a Abs. 1 Satz 2 LuftVG vor, die für sich genommen
zu einem Erfolg der Beschwerde führe. Sie gelange in nicht zu beanstandender Weise zu
der Prognose, dass ausgehend von einem maximal zulässigen Winkelfehler von 3°
(ICAO-Annex 10 Vol. I, Ch. 3.7.3.4., ICAO-DOC 7754, Vol. I, Ch. IV-5 No. 58,
ICAO-Annex 11, AttA, Ch. 3.13) und einem anlageneigenen Fehler von 2° (ICAO-
Annex 10 Vol. I, Ch. 3.3.3.2., § 4 FS MusterZulV) ein zulässiger Störbeitrag durch
externe Umgebungseinflüsse von 1° verbleibe, der hier durch eine bestehende
Vorbelastung von 1,24° ausgeschöpft sei.
Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2. sind zulässig (dazu A.)
und begründet (dazu B.).
A. Die Beschwerden sind zulässig.
I. Die Antragstellerin ist formell beschwert (vgl. dazu Guckelberger, in: Sodan/Ziekow,
VwGO, 3. Aufl., § 146 Rdn. 41, 56). Ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt
II. Die Beigeladene zu 2. ist materiell beschwert (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO,
20. Aufl., Vorb § 124 Rdn. 46). Die im angefochtenen Beschluss ausgesprochene
Ablehnung des Antrags der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
hat zur Folge, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners
vom 13. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember
2013 sofort vollziehbar bleibt. Diese sofortige Vollziehbarkeit beschwert die
Beigeladene zu 2. Denn die ungeachtet ihrer entgegenstehenden Entscheidung vom 6.
Juni 2013 erteilte Genehmigung greift in ihre materielle Entscheidungskompetenz ein.
Bei der Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung nach § 18a Abs. 1
Satz 2 LuftVG handelt es sich um eine - weil nach § 18a Abs. 1 Satz 3 LuftVG nur
gegenüber der zuständigen Luftfahrtbehörde des Landes mitzuteilende -
verwaltungsinterne, bindende fachrechtliche Maßnahme, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2
BImSchG unmittelbar auch von der Immissionsschutzbehörde zu beachten ist. In seinem
Urteil vom 3. Dezember 2014 (- 12 LC 30/12 -, S. 40 ff. UU) hat der Senat dazu im
Einzelnen ausgeführt:
„Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung ist für die Entscheidung nach § 18a
Abs. 1 Satz 2 LuftVG originär zuständig. Ihm obliegt insoweit die materiell-
rechtliche Verantwortung (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 14.4.1989 - 4 C 31.88 -,
BVerwGE 82, 17, juris Rdn. 15 ff., 22; Urt. v. 29.1.1991 - 4 C 51.89 -,
BVerwGE 87, 332, juris Rdn. 173; s. auch VG Hannover, Beschl. v. 21.12.2010
- 12 B 3465/10 -, ZNER 2011, 90, juris Rdn. 43; VG Stade, Urt. v. 1.4.2014 - 2
A 408/10 -, juris). Dem Bund steht die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz
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A 408/10 -, juris). Dem Bund steht die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz
über den Luftverkehr zu (Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG). Die Luftverkehrsverwaltung
wird gemäß Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG in Bundesverwaltung geführt. Durch
Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrats bedarf, können Aufgaben der
Luftverkehrsverwaltung den Ländern als Auftragsverwaltung übertragen werden
(Art. 87d Abs. 2 GG). Art. 87d GG enthält u.a. eine Aufgabengarantie des
Bundes, so dass ein Kernbereich wahrzunehmender Aufgaben beim Bund
verbleiben muss (Maunz/Dürig, GG, Art. 87d Rdn. 12; Wysk, in:
Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, Einleitung Rdn. 87). In Ausübung
seiner Gesetzeskompetenz hat der Bund u.a. das Luftverkehrsgesetz erlassen
(Gesamtüberblick bei Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz,
Einleitung Rdn. 87, § 18a Rdn. 4; § 18a LuftVG beruht auf dem Kompetenztitel
für das Bodenrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG). Nach § 31 Abs. 1 Satz 1
LuftVG werden die Aufgaben des Bundes u.a. nach dem LuftVG, soweit es
nichts anderes bestimmt, von dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung und damit in Bundesverwaltung durchgeführt. Als
Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung wurde durch das Gesetz über die Errichtung des
Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (v. 29.7.2009, BGBl I 2009) eben dieses
errichtet. Neben den ihm im LuftVG übertragenen Aufgaben nimmt das
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung weitere, ihm durch § 1 Abs. 3 des Gesetzes
über die Errichtung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung zugewiesene
Aufgaben wahr. Auch hierbei handelt es sich um Bundesverwaltung. Soweit also
nach § 18a Abs. 1 Satz 2 LuftVG das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung auf
der Grundlage einer gutachtlichen Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation
entscheidet, ob durch die Errichtung der Bauwerke Flugsicherungseinrichtungen
gestört werden können, handelt es sich um einen Gesetzesvollzug in
Bundesverwaltung und damit um eine originäre Aufgabenwahrnehmung (die
Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung, die der Bund nach Art. 87d Abs. 2 GG
den Ländern als Auftragsverwaltung übertragen hat, sind in § 31 Abs. 2 LuftVG
normiert).
Dass eine originäre eigene Aufgabenwahrnehmung vorliegt, wird auch durch den
Umstand indiziert, dass die Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für
Flugsicherung eine bindende Maßnahme, also eine stärker gesicherte
Mitwirkungsform als etwa ein Einvernehmen oder eine Zustimmung darstellt
(vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 21.6.1974 - IV C 17.72 -, BVerwGE 45, 207, juris
Rdn. 18 ff.; BVerwG, Urt. v. 14.2.1969 - IV C 82.66 -, DVBl 1969, 362, juris
Rdn. 22; Urt. v. 29.4.1993 - 7 A 2.92 -, BVerwGE 92, 258, juris Rdn. 22). Wie
das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der
Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung nach § 18a Abs. 1 Satz
2 LuftVG um eine - weil nach § 18a Abs. 1 Satz 3 LuftVG nur gegenüber der
zuständigen Luftfahrtbehörde des Landes mitzuteilende - verwaltungsinterne,
bindende fachrechtliche Maßnahme, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG
unmittelbar auch von der Immissionsschutzbehörde zu beachten ist (Meyer/Wysk,
in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, § 18a Rdn. 16, 35; Meyer/Wysk,
NVwZ 2013, 319; Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas,
a.a.O., S. 66 ff.; Federwisch/Dinter, NVwZ 2014, 403, 405; s. auch VG
Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris
Rdn. 33). Aus dem Wortlaut, der Gesetzessystematik und der
Entstehungsgeschichte ergibt sich, dass es sich bei der in § 18a Abs. 1 Satz 2
LuftVG vorgesehenen Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung,
ob durch die Errichtung der Bauwerke Flugsicherungseinrichtungen gestört
werden können, um eine verbindliche, abschließende Regelung und damit um ein
„Mehr“ im Vergleich mit einer gesetzlichen Mitwirkungsbefugnis etwa in Form
einer Zustimmung handelt. Nach dem Wortlaut der Vorschrift „entscheidet“ das
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung auf der Grundlage einer gutachtlichen
Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation, ob durch die Errichtung der
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Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation, ob durch die Errichtung der
Bauwerke Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können. Eine
Entscheidung beinhaltet eine Wahl zwischen Alternativen oder unterschiedlichen
Varianten. Wenn nach § 18a Abs. 1 Satz 2 LuftVG das Bundesaufsichtsamt für
Flugsicherung „entscheidet“, ob durch die Errichtung der Bauwerke
Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können, bedeutet das nach dem
Wortlaut, dass die verbindliche Beantwortung dieser Frage dem
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung obliegt. Nach seinem Wortlaut setzt sich §
18a Abs. 1 Satz 2 LuftVG ab von den Zustimmungserfordernissen nach §§ 12
und 14 LuftVG. Nach diesen Vorschriften hängt die Erteilung einer
Baugenehmigung für bestimmte Bauwerke von einer Zustimmung der
Luftfahrtbehörde ab, die als erteilt gilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach
Eingang des Ersuchens der für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständigen
Behörde verweigert wird (vgl. § 12 Abs. 2 LuftVG). Eine Zustimmung beinhaltet
insoweit eine Einwilligung oder ein Einverständnis im Sinn einer
Konsenserklärung gegenüber der den zustimmungsbedürftigen Verwaltungsakt
erlassenden und damit letztverbindlich regelnden Behörde, wobei - wie erwähnt -
die Konsenserklärung nach der gesetzlichen Regelung unter gewissen
Voraussetzungen auch fingiert wird. Vom Wortlaut her kommt einer
Entscheidung die Funktion einer letztverbindlichen Regelung und damit eine
größere Durchsetzungsmacht zu als einer Zustimmung, einer Einwilligung oder
einem Einverständnis. Dieses Ergebnis wird durch die Gesetzessystematik
bestätigt. Wie dargelegt, kann eine fehlende Zustimmung nach §§ 12 und 14
LuftVG unter bestimmten Voraussetzungen fingiert werden. Eine entsprechende
Fiktionsregelung fehlt in § 18a LuftVG. Dies ist schlüssig und spricht dafür, dass
die Frage, ob durch die Errichtung der Bauwerke Flugsicherungseinrichtungen
gestört werden können oder nicht, auch nur durch eine tatsächliche Entscheidung
des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung beantwortet werden kann, sie also -
anders als bei den erwähnten Zustimmungstatbeständen - nicht fingiert oder ohne
weiteres „ersetzt“ werden kann.
Dafür, dass die Frage, ob durch die Errichtung der Bauwerke
Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können oder nicht, (nur) durch eine
Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung zu beantworten ist,
spricht auch die Entstehungsgeschichte. Nach der bis zum 3. August 2009
geltenden Fassung des 18a LuftVG hatte die für die Flugsicherung zuständige
Stelle „anzuzeigen“, dass Flugsicherungseinrichtungen gestört werden. Der
Gesetzesbegründung lässt sich ein Hinweis auf den Grund der Änderung hin zur
heutigen Fassung nicht entnehmen. Daraus kann nicht geschlossen werden, diese
Änderung habe keine Bedeutung. Wird - wie hier - der Wortlaut der Vorschrift
geändert, indiziert dies, dass der Gesetzgeber hierfür einen Bedarf gesehen und
hiermit auch einen bestimmten Willen verbunden hat. Dies gilt jedenfalls dann,
wenn die Änderung - hier im Wortlaut - eindeutig ist. Der Begriff der
„Entscheidung“ ist nach herkömmlichem Sprachgebrauch ohne weiteres im
dargelegten Sinn einer verbindlichen Regelung zu verstehen. In diesem Sinn wird
er auch in § 35 Satz 1 VwVfG als Beschreibung eines (von mehreren) Merkmals
eines Verwaltungsakts verwendet (zu alledem auch Hüttig/Giemulla/Lehmann/van
Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 68 ff.).
Nach der Gesetzessystematik bewirkt die Entscheidung des Bundesaufsichtsamts
für Flugsicherung, dass durch die Errichtung der Bauwerke
Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können, unmittelbar ein gesetzliches
Errichtungsverbot (§ 18a Abs. 1 Satz 1 LuftVG: „Bauwerke dürfen nicht errichtet
werden …“). Die Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung hat
nach der gesetzlichen Ausgestaltung den Charakter eines Tatbestandsmerkmals für
die Auslösung dieses Errichtungsverbots. An die Entscheidung hat der
Gesetzgeber die „automatische“ Rechtsfolge des Errichtungsverbots geknüpft. Sie
hat damit einen konstitutiv-feststellenden Inhalt. Mit ihr wird verbindlich
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hat damit einen konstitutiv-feststellenden Inhalt. Mit ihr wird verbindlich
festgestellt, ob durch die Errichtung der Bauwerke Flugsicherungseinrichtungen
gestört werden können (Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas,
a.a.O., S. 68 f.).
Auch teleologische Gesichtspunkte sprechen für die Anerkennung einer
verbindlichen „Entscheidungskompetenz“ des Bundesaufsichtsamts für
Flugsicherung. Bei ihm handelt es sich um eine Fachbehörde, bei der gebündelte
(dazu auch Baumann, in: Ziekow, Aktuelle Probleme des Luftverkehrs-,
Planfeststellungs- und Umweltrechts, 2010, S. 33) Fachkompetenz angesiedelt ist.
Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung entscheidet als Bundesoberbehörde
und nach einheitlichen Maßstäben auf der Grundlage einer vertieften
fachtechnischen Analyse darüber, ob durch zu errichtende Bauwerke
Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können (Meyer/Wysk, in:
Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, § 18a Rdn. 18, 31). Die Rolle des
Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung als bundesweit zuständiger Fachbehörde
spricht ebenfalls dafür, seiner „Entscheidung“ bestimmendes Gewicht
beizumessen. Das Bundesaufsichtsamt ist aufgrund des dort vorhandenen
Sachverstands, der kontinuierlichen Befassung mit den sich stellenden Fragen und
der daraus gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse zur Entwicklung
einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe prädestiniert und vermag eine bundesweit
gleichmäßige Beurteilungs- und Entscheidungspraxis zu gewährleisten. Der
gegenteiligen Auffassung, die „Entscheidung“ des Bundesaufsichtsamts für
Flugsicherung sei ein nicht bindender Mitwirkungsakt, die zuständige
Genehmigungsbehörde habe anhand der naturwissenschaftlich-technischen
Umstände des Einzelfalls sowie nach Zumutbarkeitserwägungen selbst zu
entscheiden, ob Flugsicherungseinrichtungen gestört werden könnten (VG
Oldenburg, Beschl. v. 5.2.2014 - 5 B 6430/13 -, S. 17 ff.; vgl. auch Entwurf des
Nds. Windenergieerlasses v. 21.7.2014, S. 42), vermag sich der Senat aus den
angeführten Gründen nicht anzuschließen. Dass der Entscheidung keine
unmittelbare Rechtswirkung nach außen zukommt, es ihr mithin am
Verwaltungsaktscharakter nach § 35 Satz 1 VwVfG fehlt, stellt ebenfalls kein
durchschlagendes Argument gegen die Bindungswirkung dieses Akts als
Verwaltungsinternum dar.
Auch mit einer angeblichen Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG lässt
sich eine Prüfungs- und Letztentscheidungsbefugnis der
Immissionsschutzbehörde nicht begründen. Nach überwiegender und
überzeugender Ansicht (vgl. OVG NW, Urt. v. 28.8.2008 - 8 A 2138/06 -, ZUR
2009, 33; Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, § 13 BImSchG
Rdn. 103 ff.; Storost, in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, § 13 Rdn. D 3,
jew. m. w. N.) sind verwaltungsinterne Mitwirkungsakte im
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren (zur Anwendbarkeit des
§ 13 BImSchG auf Vorbescheide BVerwG, Urt. v. 30.6.2004 - 4 C 9.03 -,
BVerwGE 121, 182, 190) von der Konzentrationswirkung ausgenommen, weil
§ 13 BImSchG mit dem Begriff der „Entscheidungen“ nur außenwirksame Akte
meint. Wenn in Teilen der Literatur (Jarass, BImSchG, 10. Aufl., § 13 Rn. 11;
Sellner/Reidt/Ohms, Immissionsschutzrecht und Industrieanlagen, 3. Aufl., Rdn.
2/180, S. 192) als befremdlich empfunden wird, dass so gesehen zwar die meist
gewichtigeren Zustimmungsakte mit Verwaltungsaktcharakter von der
Konzentrationswirkung erfasst würden, nicht aber die weniger gewichtigen
internen Zustimmungsakte, so mag dahinstehen, ob insoweit Bedarf für
Klarstellung durch den Gesetzgeber und zur Ausräumung eines Widerspruchs
besteht. Immerhin hat der Gesetzgeber die bis zum Jahr 2001 geltende Fassung
des § 13 BImSchG, wonach „Zustimmungen“ von der Konzentrationswirkung
ausgenommen waren, durch Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes vom 27.7.2001 (BGBl. I S.
1950, 1974) geändert und diese Ausnahme („Zustimmungen“ verstanden als
Verwaltungsakte) mangels praktischen Bedarfs gestrichen. Damit ist zugleich
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Verwaltungsakte) mangels praktischen Bedarfs gestrichen. Damit ist zugleich
deutlich geworden, dass das schon seinerzeit überwiegende Verständnis, interne
Zustimmungsakte nicht zu den von der Konzentrationswirkung des § 13
BImSchG erfassten Entscheidungen zu rechnen, nicht in Frage gestellt werden
sollte. Der wesentliche Grund für dieses Verständnis besteht im Übrigen darin,
dass § 13 BImSchG vornehmlich der Koordination des Verwaltungshandelns und
der Beschleunigung der Vorhabenzulassung dient. Dem Antragsteller soll die
Lästigkeit erspart werden, jeweils mehrere Zulassungsverfahren für ein Vorhaben
betreiben zu müssen. Dieser Gesetzeszweck der Einheitlichkeit des Verfahrens
wird im Falle interner Mitwirkungsakte nicht berührt.“
Mit der Erteilung seiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 13. September
2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2013 missachtete der
Antragsgegner die beschriebene Bindungswirkung der entgegenstehenden Entscheidung
des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung vom 6. Juni 2013. Es bzw. die von ihm
vertretene Beigeladene zu 2. ist durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung
selbst ebenso wie durch deren sofortige Vollziehbarkeit beschwert.
B. Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2. sind auch
begründet. Die vom Senat zu prüfenden Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6
VwGO) geben Anlass, den angegriffenen Beschluss zu ändern. Die vorzunehmende
Interessenabwägung nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 Satz 1, § 80a VwGO, § 4a Abs. 3
UmwRG fällt zulasten des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 1. aus. Nach
summarischer Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 13. September
2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2013. Eine
Gesamtbetrachtung der Interessenlage ergibt keine überwiegenden Interessen der
Beigeladenen 1. oder der Allgemeinheit, die - ungeachtet der bestehenden ernstlichen
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung - für ihre sofortige
Vollziehbarkeit sprächen.
I. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Antrag der Antragstellerin
auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zulässig.
1. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Der Bescheid des Antragsgegners vom
13. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2013
verletzt sie möglicherweise in ihren Rechten als Betreiberin der DVOR Bremen. Nach
§ 27c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2-5, Satz 2 und Satz 3 LuftVG bietet die Antragstellerin als
privatwirtschaftliche Dienstleisterin die Unterstützungsdienste für die Flugsicherung -
hier durch die in Rede stehende Flugsicherungseinrichtung in Form von
Navigationsdiensten (Nr. 3) - zu Marktbedingungen in Übereinstimmung mit dem
Recht der Europäischen Union an. Dabei ist ihr nach Anhang V der
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1035/2011 der Kommission vom 17. Oktober
2011 (ABl. L 271/23) i.V.m. ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.3.3.2, § 6 Abs. 1, § 4
der Flugsicherungs-Anlagen- und Geräte-Musterzulassungs-Verordnung und Nr. 5 der
Bekanntmachung über die Anforderungen zur Musterzulassung von
Flugnavigationsfunkstellen der Betrieb der Flugsicherungseinrichtung solange erlaubt,
wie die Einrichtung die Anlagenfehlertoleranz von ± 2° einhält (dazu im Einzelnen Urt.
d. Sen. v. 3.12.2014 - 12 LC 30/12 -, S. 29 UU). Der Bescheid des Antragsgegners
vom 13. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember
2013 berührt diesen erlaubten Bestand der Anlagenzulassung nachteilig. Die
Antragstellerin und die Beigeladene zu 2. gehen - wie unten näher ausgeführt wird - in
vertretbarer Weise von einem maximal zulässigen Gesamtwinkelfehler für VOR- (und
DVOR-) Anlagen von ± 3° und einem für externe Störfaktoren verbleibenden
Fehlerbeitrag von ± 1° aus (dazu auch bereits Urt. d. Sen. v. 3.12.2014 - 12 LC 30/12 -,
S. 31 ff. UU). Nach Einschätzung der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2. ist der
für externe Störbeiträge verbleibende Fehlerbeitrag von ± 1° schon durch das
vorhandene Störniveau erschöpft und würde sich der durch externe Reflektoren im
betroffenen Radialbereich erwartete Gesamtfehler durch die bereits bestehenden
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betroffenen Radialbereich erwartete Gesamtfehler durch die bereits bestehenden
Windenergieanlagen und die vorliegend geplanten Windenergieanlagen signifikant
erhöhen (etwa Stellungnahmen der Antragstellerin v. 4.11.2013, S. 5 = S. 159 ff. GA,
u. v. 16.12.2013, S. 9 = S. 529 GA). Im Falle einer Errichtung oder eines Betriebs der
geplanten Windenergieanlagen wäre die Antragstellerin zu zusätzlichen Dispositionen
gezwungen, um die ground station contribution bzw. den Alignmentfehler ihrer
Flugsicherungseinrichtung unterhalb von ± 2° zu halten und dadurch sicherzustellen,
dass das maximal zulässige Gesamtfehlerbudget für VOR-Anlagen von ± 3° nicht
überschritten wird. Damit wäre sie in ihrer Befugnis, die zulassungskonforme Anlage zu
nutzen, eingeschränkt und in ihrer Dispositionsfreiheit als Privatunternehmen
beeinträchtigt (Urt. d. Sen. v. 3.12.2014 - 12 LC 30/12 -, S. 38 UU; vgl. auch
Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 82).
Ob auch eine nachteilige Berührung der rechtlichen Interessen bzw. Rechte der
Antragstellerin als Beliehene vorliegt (vgl. dazu Meyer/Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk,
Luftverkehrsgesetz, § 18a Rdn. 55 f.; Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyn-
del/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 88 f.), lässt der Senat offen. Gleiches gilt für die Frage
einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots zulasten der Antragstellerin.
2. Nach summarischer Prüfung teilt der Senat nicht die Annahme des
Verwaltungsgerichts, die Antragstellerin sei mit ihren Einwendungen präkludiert und
der Aussetzungsantrag deshalb bereits unzulässig. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 5
BImSchG ist nicht anwendbar. Nach der genannten Vorschrift sind mit Ablauf der
Einwendungsfrist von zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 10 Abs. 3 Satz
4 BImSchG) alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen
privatrechtlichen Titeln beruhen. Soweit die Antragstellerin geltend macht, ihre
Flugsicherungseinrichtung DVOR Bremen werde im Falle einer Errichtung und eines
Betriebs der geplanten Windenergieanlagen gestört, handelt es sich nicht um eine
Einwendung, die sie nach näherer Maßgabe des § 10 Abs. 3 BImSchG binnen der
Einwendungsfrist hätte erheben müssen. Die in § 10 BImSchG enthaltenen Vorschriften
zur Beteiligung der Öffentlichkeit (Abs. 3) dienen der vollständigen Ermittlung des
Sachverhalts durch die Genehmigungsbehörde und auch dem Schutz potentiell
Betroffener. Der Genehmigungsbehörde soll damit die Prüfung ermöglicht werden, ob
das Vorhaben den Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG entspricht
(Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III § 10 Rdn. 96, 122; s. auch
Jarass, BImSchG, 10. Aufl., § 10 Rdn. 70; Sellner/Reidt/Ohms, Immissionsschutzrecht
und Industrieanlagen, 3. Aufl., Rdn. 2/91). Die Frage, ob durch eine Errichtung
geplanter Bauwerke Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können und § 18a
Abs. 1 LuftVG (als öffentlich-rechtliche Vorschrift im Sinn des § 6 Abs. 1 Nr. 2
BImSchG, die der Errichtung und dem Betrieb der Anlage entgegensteht, Urt. d. Sen. v.
3.12.2014 - 12 LC 30/12 - S. 19 UU) greift, ist indes durch das Bundesaufsichtsamt für
Flugsicherung in einem gesonderten Prüfverfahren auf der Grundlage einer
gutachtlichen Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation verbindlich zu
beantworten. In diesem Verfahren bringt die Flugsicherungsorganisation ihre fachliche
Bewertung zur Geltung. Im Verhältnis zur Genehmigungsbehörde besteht hingegen
insoweit ein entsprechender Informationsbedarf nicht. Es fehlt deshalb auch an einem
sachlichen Grund, das Unterlassen einer Äußerung gegenüber der
Genehmigungsbehörde mit einem Einwendungsausschluss nach § 10 Abs. 3 Satz 5
BImSchG zu belegen.
II. Das Verwaltungsgericht hätte dem Antrag der Antragstellerin auf Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes in der Sache stattgeben müssen. Nach summarischer Prüfung
ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners vom
13. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2013
rechtswidrig. Sie verletzt die Antragstellerin und die Beigeladene zu 2. auch in ihren
Rechten.
1. Wie bereits oben (unter A.II.) ausgeführt missachtet die immissionsschutzrechtliche
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1. Wie bereits oben (unter A.II.) ausgeführt missachtet die immissionsschutzrechtliche
Genehmigung des Antragsgegners die Bindungswirkung der entgegenstehenden
Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung vom 6. Juni 2013. Sie ist
schon deswegen rechtswidrig und verletzt das Bundesaufsichtsamt bzw. die von ihm
vertretene Beigeladene zu 2. in ihren Rechten.
Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass die immissionsschutzrechtliche
Genehmigung die Bindungswirkung der entgegenstehenden Entscheidung des
Bundesaufsichtsamts missachtet, auch eine Rechtverletzung der Antragstellerin zu
begründen vermag. Der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung steht auch in der
Sache § 18a LuftVG entgegen. Die Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für
Flugsicherung vom 6. Juni 2013, dass die geplanten Windenergieanlagen die DVOR
Bremen stören können, ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts gerichtlich
nicht zu beanstanden.
2. Diese Entscheidung ist nicht formell rechtswidrig. Der Senat lässt offen, welche
Begründungsanforderungen im Einzelnen an eine Entscheidung des
Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung nach § 18a Abs. 1 Satz 2 LuftVG zu stellen
sind. Selbst wenn man - wozu der Senat neigt (s. bereits Urt. d. Sen. v. 3.12.2014 - 12
LC 30/12 -, S. 20 UU) - annimmt, dass eine Entscheidung nach § 18a Abs. 1 Satz 2
LuftVG unabhängig von ihrem Rechtscharakter aus rechtsstaatlichen Gründen (vgl. im
Ergebnis Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 74)
hinreichend begründet werden muss, wäre den zu stellenden
Begründungsanforderungen hier jedenfalls mittlerweile Genüge getan. Zwar enthielt die
Entscheidungen des Amtes vom 6. Juni 2013 keine nähere Begründung. Ihr lässt sich
etwa nicht entnehmen, von welchem Sachverhalt ausgegangen, welches
Berechnungsverfahren bei der Entscheidung angewendet, welches Gesamtfehlerbudget
und welche Fehleranteile den einzelnen Störeinflussfaktoren des Gesamtfehlerbudgets
zugestanden und welcher Anteil im Einzelnen für die zu errichtenden
Windenergieanlagen errechnet wurde. Wird die zugrunde liegende gutachtliche
Stellungnahme der Antragstellerin in die Betrachtung mit einbezogen, ergeben sich
insoweit zwar in Teilen Begründungsansätze. Aber auch diese genügen kaum den an
eine hinreichende Begründung zu stellenden Anforderungen. Indes haben die
Antragstellerin und die Beigeladene zu 2. die Begründung im Verlaufe des gerichtlichen
Verfahrens durch diverse Stellungnahmen in zulässiger Weise (vgl. für Verwaltungsakte
§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG) nachträglich ergänzt. Die Entscheidung nach § 18a
Abs. 1 Satz 2 LuftVG ist damit jedenfalls mittlerweile hinreichend begründet.
3. Die Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung, dass die geplanten
Windenergieanlagen die DVOR Bremen stören können, ist nach summarischer Prüfung
auch materiell nicht zu beanstanden.
Zu den Fragen der gerichtlichen Prüfungsdichte und der gerichtlichen Bewertung des
Vorgehens des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung bei seiner Entscheidung nach §
18a Abs. 1 LuftVG, ob eine Flugsicherungsanlage durch geplante Windenergieanlagen
gestört werden können, hat der Senat in seinem - bereits zitierten - Urteil vom
3. Dezember 2014 (- 12 LC 30/12 -, S. 21 ff. UU) ausgeführt:
„Der Senat vertritt … nicht etwa die Auffassung, dass das Bundesaufsichtsamt für
Flugsicherung bei seiner Entscheidung über die Störwirkung eines Bauwerks von
vornherein über einen Beurteilungsspielraum verfüge, der gerichtlich nur
eingeschränkt überprüfbar sei. Für die unter anderem vom VG Hannover (Beschl.
v. 21.12.2010 - 12 B 3465/10 -, ZNER 2011, 90; nachgehend offen Senat,
Beschl. v. 13.4.2011 - 12 ME 8/11 -, BRS 78 Nr. 119) unter Bezugnahme auf
den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2006 (- 4 B
58.06 -, BRS 70 Nr. 96) vorgenommene zweischrittige Prüfung im Rahmen des
§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB (Feststellung 1. einer nachteiligen Beeinflussung
der Radaranlage, 2. der Unzumutbarkeit einer Einschränkung der
Anlagenfunktion bei insoweit bestehendem verteidigungspolitischen
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Anlagenfunktion bei insoweit bestehendem verteidigungspolitischen
Beurteilungsspielraum der Bundeswehr) besteht deshalb in dem hier
maßgeblichen, anders gearteten Regelungszusammenhang bei Anwendung des
§ 18a LuftVG keine Notwendigkeit.
Da nach § 18a Abs. 1 Satz 1 LuftVG Bauwerke nicht errichtet werden dürfen,
wenn dadurch Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können, reicht zur
Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands die Möglichkeit der Störung einer
Flugsicherungseinrichtung. Der Begriff der Störung meint eine für die Funktion
der Einrichtung nachteilige Einwirkung. Ob eine solche zu erwarten ist, ist - weil
es um geplante Bauwerke geht - durch eine Prognose zu klären (Meyer/Wysk, in:
Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, § 18a Rdn. 9 ff.; VG Düsseldorf, Urt.
v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn. 49; VG Frankfurt
a.M., Urt. v. 8.10.2014 - 8 K 3509/13.F -, juris Rdn. 46). Zu der Frage, wann
anzunehmen ist, dass Flugsicherungseinrichtungen durch Bauwerke gestört
werden können, verhält sich § 18a LuftVG nicht. Insgesamt fehlen dazu
gesetzliche oder anderweitige rechtlich konkretisierende Festlegungen. Von daher
ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls
festzustellen, wann die Möglichkeit einer für die Funktion der
Flugsicherungseinrichtung nachteiligen Einwirkung den Begriff der Störung
erfüllt. In diesem Zusammenhang können auch technische Regelwerke zur
Beurteilung von nachteiligen Einwirkungen herangezogen werden, wenn sie für
die maßgebliche Beurteilung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte
liefern. Die technischen Regelwerke bieten im Rahmen der gebotenen
Einzelfallprüfung eine Orientierungshilfe oder einen groben Anhalt (vgl.
Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 26 Rdn. 32 ff. m.w.N.).
Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören hier
die Regelungen des internationalen Luftrechts. Die durch die aufgrund des
Abkommens für die internationale Zivilluftfahrt (Chicagoer-Abkommen) vom
7. Dezember 1944 errichtete internationale Ziviluftfahrtorganisation ICAO
entwickelten Bestimmungen spiegeln die anerkannten Regeln der Technik wider
(VG Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris
Rdn. 45; Schl.-Hol. VG, Urt. v. 16.2.2012 - 6 A 107/11 -, juris Rdn. 31; VG
Frankfurt a.M., Urt. v. 8.10.2014 - 8 K 3509/13.F -, juris Rdn. 45; Meyer/Wysk,
in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, § 18a Rdn. 9 ff., 11, 13, und
Wysk, a.a.O., Einleitung, Rdn. 154 ff.; Hüttig/Giemulla/Lehmann/van
Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O.,S. 54 ff., 72; s. auch Stoffel, in: Hobe/von
Ruckteschell, Kölner Kompendium, Luftrecht, Band 2, 2009, S. 484 f.;
Federwisch/Dinter, NVwZ 2014, 403, 404 ff.; Weiss, NVwZ 2013, 14, zitiert
nach beck-online, S. 8 des entspr. Ausdrucks; Battis/Moench/von der Groeben,
a.a.O., S. 18). Den Regelungen der Anhänge (Annex) zum Chicagoer-
Abkommen ist innerstaatlich höchstmögliche Geltung zu verschaffen.
Resolutionen und sonstige Dokumente beanspruchen nicht die gleiche
Verbindlichkeit (Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, Einleitung
Rdn. 157 ff.; Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S.
54 ff.).
Die auf der gutachtlichen Stellungnahme der Beigeladenen zu 2. (Anm. hier: der
Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens) beruhende Prognose der
Beigeladenen zu 3. in Gestalt des Bundesaufsichtsamts (Anm. hier: der
Beigeladenen zu 2. des vorliegenden Verfahrens), dass die geplanten
Windenergieanlagen die DVOR „Leine“ stören können, ist unter
Berücksichtigung dieser Maßgaben gerichtlich nicht zu beanstanden. Die
Entscheidung lässt nicht erkennen, dass die Beigeladene zu 2. oder die
Beigeladene zu 3. den gesetzlichen Maßstab verkannt hätte oder von
unzutreffenden tatsächlichen Annahmen ausgegangen wäre. Sie haben sich im
Rahmen ihres Tätigwerdens einer Methode bedient, die nach den Standards,
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Rahmen ihres Tätigwerdens einer Methode bedient, die nach den Standards,
Empfehlungen und Orientierungshilfen, die sich den Anhängen des Abkommens
über die internationale Zivilluftfahrt und sonstigen Dokumenten der ICAO
entnehmen lassen, vertretbar ist. Die Entscheidung ist auch in einer der Materie
und dem derzeit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechenden
angemessenen und methodisch nicht zu beanstandenden Weise erarbeitet worden.
a) Die Beigeladenen zu 2. und 3. haben den Begriff der Störung nicht verkannt.
Allgemein besteht Übereinstimmung darin, dass eine Störung einer
Flugsicherungseinrichtung im Sinne des § 18a LuftVG anzunehmen ist, wenn
diese die vorgesehenen Parameter (Fehlertoleranzen) nicht einhält, sie also nicht
mit der Präzision arbeitet, die für sie vorgesehen ist. Flugsicherungseinrichtungen
werden durch Bauwerke im Sinne von § 18a Abs. 1 Satz 1 LuftVG gestört, wenn
die sich aus den einschlägigen ICAO-Dokumenten ergebenden bzw. - soweit
diese Dokumente widersprüchlich sind - in vertretbarer Weise hergeleiteten
Toleranzwerte überschritten werden (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2014 - 11
K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn. 45; Schl.-Hol. VG, Urt. v. 16.2.2012
- 6 A 107/11 -, juris Rdn. 31 ff.; Meyer/Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk,
Luftverkehrsgesetz, § 18a Rdn. 9 ff.; Federwisch/Dinter, NVwZ 2014, 403, 404
ff.; Weiss, NVwZ 2013, 14, zitiert nach beck-online, S. 8 des entspr. Ausdrucks;
Battis/Moench/von der Groeben, a.a.O., S. 19). Eine konkrete und unmittelbare
Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs bzw. die Wahrscheinlichkeit eines
konkreten Schadenseintritts ist nicht erforderlich (so aber VG Aachen, Urt. v.
24.7.2013 - 6 K 248/09 -, juris Rdn. 115 ff., 131, maßgeblich sei die Gefahr
eines Schadenseintritts im Sinne einer Kollision oder gefährlichen Annäherung
zweier Flugzeuge; vgl. auch VG Oldenburg, Beschl. v. 5.2.2014 - 5 B 6430/13 -
S. 27 ff.). Bei Einwirkungen auf Flugsicherungseinrichtungen wird eine Gefahr
gesetzlich vermutet. Die Wahrung der Belange der Sicherheit des Luftverkehrs
gebietet es, die anzustellenden Überlegungen an einer sicheren, flüssigen und
geordneten Abwicklung des Luftverkehrs auszurichten (§ 27c Abs. 1 LuftVG).
Dabei sind auch erst zukünftig sich ergebende Gefährdungen, die von durch
Bauwerke gestörten Flugsicherungseinrichtungen ausgehen können, zu
berücksichtigen. Störungen der Luftverkehrssicherheit können weitreichende
Auswirkungen auch auf verfassungsrechtliche Schutzgüter im Sinne des Art. 2
Abs. 2 Satz 1 GG haben. Auch dies ist bei der Frage, welche Anforderungen an
die Wahrscheinlichkeit einer Störung zu stellen sind, zu bedenken (VG
Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn. 45;
Meyer/Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, § 18a Rdn. 10;
Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O.,S. 12;
Battis/Moench/von der Groeben, a.a.O., S. 25; vgl. auch BVerwG, Urt. v.
16.7.1965 - IV C 30.65 -, BVerwGE 21, 354, juris Rdn. 11 zu § 12 LuftVG).
Von diesen Gesichtspunkten sind die Beigeladenen zu 2. und 3. bei ihren
Einschätzungen ausgegangen.
b) Verfahrensfehler sind nicht gegeben. Wie von § 18a Abs. 1 Satz 2 LuftVG
vorgesehen, hat das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung jeweils auf der
Grundlage einer gutachtlichen Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation
entschieden. Aus Anlass des vorliegenden Falls bedarf keiner Klärung, ob die
nach der genannten Norm zur Abgabe der gutachtlichen Stellungnahme berufene
Flugsicherungsorganisation stets die nach § 31b Abs. 1 LuftVG, § 1 der
Verordnung zur Beauftragung eines Flugsicherungsunternehmens vom
11. November 1992 (BGBl I S. 1928, zuletzt geändert durch Gesetz vom
24.8.2008, BGBl I S. 2942) beliehene Beigeladene zu 2. ist (Meyer/Wysk, in:
Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, § 18a Rdn. 32, 53) oder ob insoweit
die die Unterstützungsdienste am jeweiligen Flughafen leistende
Flugsicherungsorganisation (vgl. § 27c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2-5, Satz 2 und 3
LuftVG) gemeint ist. Im vorliegenden Fall leistet die Beigeladene zu 2. auch die
Unterstützungsdienste und ist damit in jedem Fall die für die gutachtliche
38
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Unterstützungsdienste und ist damit in jedem Fall die für die gutachtliche
Stellungnahme zuständige Flugsicherungsorganisation.
c) Auch das weitere Vorgehen lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Zu der Frage,
anhand welcher Methode zu ermitteln ist, ob und ggf. in welchem Ausmaß eine
Störung der Anlagenfunktion durch geplante Bauwerke - hier die in Rede
stehenden Windenergieanlagen - zu erwarten ist, finden sich Anhaltspunkte im
Europäischen Anleitungsmaterial zum Umgang mit Anlagenschutzbereichen
ICAO EUR DOC 015, 2. Ausgabe 2009 (dazu auch
Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O.,S. 59 ff.). Dieses
Anleitungsmaterial versteht sich als Orientierungshilfe. Es enthält u.a. Vorschläge
für harmonisierte Schutzzonen und definiert Anlagenschutzbereiche (ICAO EUR
DOC 015 S. 1). Nach dem Europäischen Anleitungsmaterial zum Umgang mit
Anlagenschutzbereichen ICAO EUR DOC 015 ist auf der Grundlage von
theoretischen Kenntnissen, Erfahrung und bestehenden Bedingungen eine
Analyse der Experten für Flugsicherungstechnik durchzuführen und anhand der
sich ergebenden Ergebnisse zu ermitteln, ob Störeffekte annehmbar sind oder
nicht (S. 4 unter 4.7.1 und 4.8.1). Zuständig ist die technische Stelle, die für die
betreffende Flugsicherungsanlage verantwortlich ist. Die technische Stelle führt
eine Analyse des Bauvorhabens durch. Die Analyse erfolgt auf der Grundlage der
Erfahrung und des Fachwissens der Ingenieure, die die Aufgabe durchführen,
beschränkt sich jedoch nicht darauf. Das Verfahren kann zur Ermittlung, ob das
Bauvorhaben im bestehenden Umfeld signifikante Auswirkungen haben würde,
eine theoretische Analyse, numerische Simulation und Modellierung umfassen
(ICAO EUR DOC 015 S. 5 unter 5.2.1 und 5.2.2). Der - zusätzliches
Anleitungsmaterial zur Prüfung von Windkraftanlagen im Hinblick auf ihren
Einfluss auf Navigationsanlagen enthaltende - Anhang 4 zu ICAO EUR DOC
015 sieht vor, dass in Computersimulationen geprüft werden kann, welche
Auswirkungen Windkraftanlagen auf VOR-Anlagen haben (s. auch ICAO Annex
10, Vol. I, Att. C, 3.2.3. „Computer simulations can be used …“; VG Düsseldorf,
Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn. 100).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist die der Entscheidung des
Bundesaufsichtsamts zugrundeliegende Methode der Störungsermittlung
gerichtlich nicht zu beanstanden. Sie berücksichtigt die formelmäßige DVOR-
Systemkurve und bildet mit Hilfe eines Werkzeugs Szenarien und
Zusammenhänge auf das konkret zu untersuchende Szenario ab. Daraus
gewonnene Abschätzungen werden kontinuierlich mit Erkenntnissen aus anderen
Prognoseergebnissen, ICAO-Empfehlungen und auffälligen Flugvermessungen
abgeglichen und so ein Erwartungswert auf der Basis aktueller Erkenntnisse
gebildet. Die durchgeführte Analyse berücksichtigt damit theoretische Kenntnisse,
Erfahrungen und bestehende Bedingungen und beinhaltet simulierende bzw.
modellierende Ansätze (vgl. auch Hüttig/Giemulla/Lehmann/van
Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O.,S. 71).
Dass die Analysemethode der Beigeladenen zu 2. auch kritisch bewertet wird,
führt noch nicht zu einer anderen Betrachtung. Die Möglichkeiten und Methoden
der Analyse und Berechnung von durch Windenergieanlagen zu erwartenden
Fehlerbeiträgen und deren Summierung sind umstritten (vgl. etwa VG
Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn. 98
ff.; Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 52, 78
ff.). Eine validierte und damit unangreifbare Analysemethode gibt es derzeit nicht
(Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 78 ff., 91
ff.). Dass im Rahmen der Analyse zwingend anders vorzugehen wäre, als die
Beigeladenen zu 2. und 3. es tun, lässt sich nach dem Stand der aktuellen
wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht erkennen. Nach diesen ist auch nicht zu
erkennen, dass das Vorgehen des Sachverständigen des Klägers, der NAVCOM
Consult, Dr.-Ing. Greving, die einzig vertretbare Analysemethode böte. Wie
bereits angeführt kann (nicht muss) nach den angeführten Dokumenten ICAO
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bereits angeführt kann (nicht muss) nach den angeführten Dokumenten ICAO
Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.2.3., und ICAO EUR DOC 015 in
Computersimulationen geprüft werden, welche Auswirkungen Windkraftanlagen
auf VOR-Anlagen haben. Der Senat verkennt dabei nicht die ausgewiesene
Fachkompetenz des Sachverständigen Dr.-Ing. Greving, die u.a. durch seinen
beruflichen Werdegang und seine Beteiligung bei zahlreichen nationalen und
internationalen Projekten mit VOR/DVOR-Anlagen oft - aber nicht nur - im
Zusammenhang mit Windenergieanlagen belegt ist. Allerdings fehlt es auch zu
dem Vorgehen von NAVCOM Consult - bzw. überhaupt - in Bezug auf
Windenergieanlagen an einer empirischen Validierung (vgl. auch
Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 96 f.). Auch
die jüngste Studie von Dr.-Ing. Bredemeyer (Gutachten zur Interaktion zwischen
Windenergieanlagen und DVOR-Anlagen der Flugsicherung - Abschlussbericht -
Kurzfassung -, v. 6.3.2014), bei der Messungen im Umfeld der DVOR
„Michaelsdorf“ durchgeführt wurden, ändert hieran nichts. Sie leistet zwar einen
anerkannten technischen Beitrag zur Identifikation von Störungen im Umfeld von
DVOR. Auch mit ihr ist aber etwa eine analytische Auftrennung von
Signalstörkomponenten, die vom Boden und von Windenergieanlagen
hervorgerufen werden, nicht gelungen. Soweit Dr.-Ing. Bredemeyer zu der
Annahme gelangt, die ENAC-Studie, von der auch die Beigeladene zu 2. bei
Anwendung ihres Berechnungstools ausgeht, verwende unzulässige
Vereinfachungen, von ihrem Gebrauch für die Vorhersage des Störpotentials von
Windenergieanlagen sei dringend abzuraten (a.a.O., S. 5 f.), vermögen ihm von
der Beigeladenen zu 2. zu Rate gezogene Experten (die ENAC selbst und die
Ohio University) nicht zu folgen. Nach Auffassung der ENAC und der Ohio
University sind die durchgeführten Messungen nicht hinreichend belastbar, um
anstelle von Simulationen zur Bewertung herangezogen zu werden. Die Ohio
University führt in ihrer „Expertise on the interaction between wind turbines and
DVOR facilities of the air navigation services“ aus, die Modellierungsergebnisse
der ENAC würden durch die im Gutachten enthaltenen Daten nicht widerlegt, die
der Aussage des Gutachtens zugrunde liegende Prämisse könne falsch sein. Nach
Auffassung der Ohio University lassen sich die im Gutachten von Dr.-Ing.
Bredemeyer gezogenen Schlussfolgerungen auch nicht zwingend aus den
vorgenommenen Messungen herleiten. Dies gilt etwa hinsichtlich im Gutachten
getroffener Aussagen zu einer Schutzzone um DVOR-Anlagen und zu einer
Störfestigkeit dieser Anlagen außerhalb eines Radius von 3 km. Insgesamt muss
davon ausgegangen werden, dass die Studie von Dr.-Ing. Bredemeyer derzeit
allenfalls „eine Validierung im Ansatz“ ermöglicht und noch nicht vollständig
nachvollziehbar ist (Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas,
a.a.O., S. 93 ff., 100).
In einer solchen Lage, in der sich die Wissenschaft noch nicht als eindeutiger
Erkenntnisgeber erweist, es also noch an gesicherten Erkenntnissen mangelt und
allgemein anerkannte Standards und Beurteilungsmaßstäbe noch nicht entwickelt
worden sind, fehlt es den Gerichten an der auf besserer Erkenntnis beruhenden
Befugnis, die fachliche Einschätzung der dafür zuständigen Stellen als „falsch“
und „nicht rechtens“ zu beanstanden. Dass andere Sachverständige zu einer davon
abweichenden Einschätzung gelangen, vermag das Vorgehen jener vom
Gesetzgeber mit der gutachtlichen Beurteilung und Kompetenz zur Entscheidung
betrauten Stellen nicht durchgreifend in Zweifel zu ziehen. Das ist erst der Fall,
wenn jene abweichende Auffassung allgemeine Anerkennung gefunden hat und
die (hier) der Entscheidung zugrunde gelegte Meinung als nicht (mehr) vertretbar
angesehen wird.
d) Die methodische Vorgehensweise der Beigeladenen zu 2. und 3. bei der
Berechnung des Fehlerbudgets lässt Rechtsfehler ebenfalls nicht erkennen.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, geht es in der Sache um
Folgendes: Die Navigationsanlage sendet ein Signal aus, das von Flugzeugen
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Folgendes: Die Navigationsanlage sendet ein Signal aus, das von Flugzeugen
empfangen wird. Bei der Übertragung bzw. dem Empfang dieser Signale gibt es
Ungenauigkeiten. Diese werden als Winkelfehler bezeichnet (dazu auch ICAO
Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.7.2. a); vgl. auch Hüttig/Giemulla/Lehmann/van
Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 72; Battis/Moench/von der Groeben, a.a.O.,
S. 16). Die Winkelfehler können ihre Ursache in der Anlage haben (sogenannter
Alignmentfehler oder ground station contribution) oder in externen Störungen
etwa durch die Topologie und/oder Bauwerke (wie etwa Hochspannungsmasten,
Gebäude oder Windparks, auch Mehrwegeausbreitung genannt). Der
Alignmentfehler setzt sich zusammen aus dem Nordausrichtungsfehler und dem
Anlagenfehler, also der Ungenauigkeit der Anlage selbst. Als radial signal error
wird der von der VOR-Bodenanlage und der von der Mehrwegeausbreitung
insgesamt verursachte Fehler bezeichnet.
Zu der Berechnung der Gesamtgenauigkeit des DVOR/VOR-Systems (VOR
radial signal error, VOR airborne equipment error und VOR pilotage element)
findet sich in ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.7.3.2., die sog. root-sum-square-
Methode (RSS-Methode) als eine mögliche Methode, um voneinander
unabhängige Störbeiträge zu berechnen. Nach der RSS-Methode errechnet sich
der Gesamtfehler aus der Wurzel der Summe der Quadrate der einzelnen
genannten Fehlerbeiträge (s. etwa Stellungnahmen der Beigeladenen zu 2. v.
2.4.2014, S. 992 GA, u. v. 9.3.2012, S. 875 GA; dazu auch etwa
Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 50 ff.). Eine
genaue Vorgabe für die Berechnung nur des VOR radial signal error findet sich in
den ICAO Dokumenten nicht. Eine denkbare Möglichkeit wäre es, auch insoweit
die RSS-Methode anzuwenden (Hüttig/Giemulla/Lehmann/van
Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 52). Dieser Weg hat sich indessen nicht
allgemein durchgesetzt. Die Beigeladene zu 2. geht davon aus, dass sich die
ground station contribution (also der Störungsbeitrag allein durch die VOR-
Bodenanlage) nicht statistisch unabhängig zu den sonstigen Störungsbeiträgen
durch Mehrwegeausbreitung verhält. Vielmehr wird - im Hinblick auf den von
ICAO für Simulationen geforderten Worst-Case-Ansatz (etwa Stellungnahme der
Beigeladenen zu 2. v. 2.4.2014, S. 993 GA) - von einer linearen Auswirkung des
Störungsbeitrags der VOR-Bodenanlage ausgegangen. Die Beigeladene zu 2.
zieht in der Folge weder die Wurzel aus dem für die ground station contribution
angenommenen Fehlerbeitrag, noch quadriert sie diesen. NAVCOM Consult geht
demgegenüber davon aus, nur der Nordausrichtungsfehler der Anlage (nicht aber
der sonstige Anlagenfehler) müsse gesondert behandelt werden, weil er
systematisch und nicht statistisch sei (z.B. Stellungnahme v. 10.6.2011, Bl. 430
GA). Nach einer weiteren wissenschaftlichen Meinung lässt sich die genaue
Zusammensetzung des VOR radial signal error auf Grund seiner Komplexität
nicht durch einfache mathematische Näherung beschreiben und kann deswegen
auch nicht auf diese Weise berechnet werden (Bredemeyer, zitiert nach
Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 52). Hiernach
ist das Vorgehen der Beigeladenen zu 2. nicht unvertretbar. Sie lehnt sich für die
Berechnung des VOR radial signal error an die nicht unmittelbar geltenden und
nicht eindeutigen Vorgaben des ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.7.3.2., an,
ohne diese schablonenhaft zu übertragen. Soweit eine näherungsweise
Berechnung des VOR radial signal error anhand der RSS-Methode für möglich
gehalten wird, wird die Formel übereinstimmend für insoweit offen gehalten, als
der für die ground station contribution angenommene Fehlerbeitrag insgesamt
oder anteilig (hinsichtlich des Nordausrichtungsfehlers) herausgenommen werden
kann. Dafür, dass die eine oder die andere Vorgehensweise zwingend wäre, fehlen
bisher wissenschaftliche Erkenntnisse. Es fehlen andererseits auch Erkenntnisse
dazu, dass das Vorgehen der Beigeladenen zu 2. unvertretbar wäre (vgl. auch VG
Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn.
103 ff.). Auch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der von den Beigeladenen
zu 2. und 3. gewählten Berechnungsmethode tendenziell Verhinderungsabsichten
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zu 2. und 3. gewählten Berechnungsmethode tendenziell Verhinderungsabsichten
oder andere missbilligenswerte Motive zugrunde lägen. Vielmehr lassen sich für
ihr Vorgehen gewisse - wenn auch nicht unbestrittene - Anhaltspunkte in 2.3.47b)
und Figure I-2-1 des DOC 8071 finden. Es erscheint nicht unvertretbar, aus
diesen Textpassagen und Abbildungen die Möglichkeit herzuleiten, in diesem
Zusammenhang nicht nach der RSS-Methode vorzugehen und einen linearen
Abzug bei der Berechnung des VOR radial signal error vorzunehmen („3°-
2°=1°“; zu den genannten Werten näher im Folgenden). Entsprechendes gilt für
die Textpassage in ICAO EUR DOC 015, Anhang 4, vorletzter Absatz, wenn
dort u.a. ausgeführt wird, nach ICAO Annex 10 solle der Bodensystemfehler
innerhalb von ± 2° liegen, die Richtlinien aus ICAO Annex 10 enthielten keine
Angaben zu anderen Fehlerkomponenten, doch laut Anleitungsmaterial könne in
der Praxis ein Gesamtfehler eines VOR-Radials von ± 3° (bei einer
Wahrscheinlichkeit von 95 %) erreicht werden, einige technische Behörden
verwendeten bei der Prüfung der Zulässigkeit von geplanten Vorhaben mittels
Computersimulation eine Toleranz von 1° (s. auch VG Düsseldorf, Urt. v.
24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn. 85 ff., 90).
e) Soweit die Beigeladenen zu 2. und 3. bei ihrer Berechnung einen
anlageninternen Fehler von ± 2° ansetzen, ist auch dies rechtlich nicht zu
beanstanden (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER
2014, 501, juris Rdn. 85 ff.; VG Schleswig, Urt. v. 16.2.2012 - 6 A 107/11 -,
juris Rdn. 40 f.; Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O.,
S. 82; a.A.: VG Oldenburg, Beschl. v. 5.2.2014 - 5 B 6430/13 -;
Federwisch/Dinter, NVwZ 2014, 403, 407 f.; Battis/Moench/von der Groeben,
a.a.O., S. 21). Gemessen an rechtlichen Vorgaben ist es vertretbar, der die
Unterstützungsdienste leistenden, die Flugsicherungseinrichtung betreibenden
Flugsicherungsorganisation (vgl. § 27c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2-5, Satz 2 und 3
LuftVG) für den Betrieb ihrer Einrichtung ein Fehlerbudget von ± 2°
einzuräumen. Nach Anhang V der Durchführungsverordnung (EU) Nr.
1035/2011 der Kommission vom 17. Oktober 2011 (ABl. L 271/23) müssen die
Erbringer von Kommunikations-, Navigations- oder Überwachungsdiensten
darlegen können, dass ihre Arbeitsmethoden und Betriebsverfahren den Standards
entsprechen, die in Anhang 10 über den Flugfernmeldedienst des Abkommens
über die Internationale Zivilluftfahrt in den im Einzelnen aufgeführten Fassungen
festgelegt sind, soweit diese für die Erbringung von Kommunikations-,
Navigations- oder Überwachungsdiensten im betroffenen Luftraum relevant sind.
In ihrer Rolle als die Unterstützungsdienste leistende, die hier in Rede stehende
Flugsicherungseinrichtung DVOR „Leine“ betreibende
Flugsicherungsorganisation gilt diese Verpflichtung auch für die Beigeladene zu
2. Für den Anlagenfehler enthält ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.3.3.2, die
einzige verbindliche Vorgabe. Danach soll sich die ground station contribution,
also der Winkelfehler, der seine Ursache in der Anlage selbst hat, innerhalb von ±
2° bewegen. Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.3.3.2, lautet: „The ground station
contribution to the error in the bearing information conveyed by the horizontally
polarized radiation from the VOR for all elevation angles between 0 and 40
degrees, measured from the center of the VOR antenna system, shall be within
plus or minus 2 degrees.“ Dieser Wert von ± 2° hat auch in der Verordnung über
Art, Umfang, Beschaffenheit, Zulassung, Kennzeichnung und Betrieb von
Anlagen und Geräten für die Flugsicherung v. 21.12.2001 (- Flugsicherungs-
Anlagen- und Geräte-Musterzulassungs-Verordnung -, BGBl I 2002 S. 27, i.d.F.
v. 29.7.2009, BGBl S. 2424) Anerkennung gefunden. Nach § 3 der genannten
Verordnung ist es verboten, Anlagen und Geräte für die Flugsicherung zu
betreiben oder betreiben zu lassen, wenn u.a. sie nicht baugleich zu dem vom
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung gemäß § 6 Abs. 1 zugelassenen Muster
sind. Nach § 6 Abs. 1 der Flugsicherungs-Anlagen- und Geräte-
Musterzulassungs-Verordnung erteilt das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung
die Zulassung für das Baumuster einer Anlage oder eines Geräts für die
45
46
die Zulassung für das Baumuster einer Anlage oder eines Geräts für die
Flugsicherung, wenn die Anforderungen nach § 4 erfüllt sind. Gemäß § 4 der
Flugsicherungs-Anlagen- und Geräte-Musterzulassungs-Verordnung werden
Anforderungen an Anlagen und Geräte für Flugsicherung vom
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung festgelegt und in den Nachrichten für
Luftfahrer bekannt gemacht. Nach Nr. 5 der Bekanntmachung über die
Anforderungen zur Musterzulassung von Flugnavigationsfunkstellen
(Nachrichten für Luftfahrer v. 4.4.2002, NfL II 40/02) sind für die
Musterzulassung von Drehfunkfeueranlagen u.a. nachzuweisen die Einhaltung
der Anforderungen der ICAO an VOR und (wie hier) DVOR, veröffentlicht im
Annex 10, Band I zur Chicagoer Konvention. Insofern gilt auch hier die bereits
zitierte Vorgabe aus ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.3.3.2, für die
Anlagenfehlertoleranz von ± 2°. Für die in Rede stehende, baugleich zugelassene
DVOR „Leine“ heißt das, dass ihr Betrieb solange nicht verboten bzw. solange
erlaubt ist, wie sie die Anlagenfehlertoleranz von ± 2° einhält.
Ausgehend davon ist es - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts -
mindestens vertretbar, für die Fehlerprognose nicht auf die im Rahmen von
Flugvermessungen der DVOR „Leine“ festgestellten Fehlerwerte, sondern auf den
für den rechtmäßigen Betrieb der VOR-Anlage maximal zulässigen Wert von ± 2°
abzustellen. Der Ansatz der maximal zulässigen Anlagenfehlertoleranz ist
sachgerecht und nicht willkürlich. Ein anderes Ergebnis würde in den
beschriebenen erlaubten Bestand der Anlagenzulassung eingreifen und den
Spielraum des Anlagenbetreibers in unzulässiger Weise verkürzen. Er würde nach
den nachvollziehbaren Darlegungen der Beigeladenen zu 2. (vgl. S. 507 f. GA)
dazu führen, dass die in Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.3.7.1a), vorgesehene
Einstellung des der Anlagenüberwachung dienenden Monitors von ± 1° reduziert
werden müsste. Eine Reduzierung der Toleranzen würde zu häufigeren
Wartungen und Abschaltungen und einer geringeren Verfügbarkeit der
Flugsicherungseinrichtung für den Luftverkehr, damit zu Störungen der flüssigen
Verkehrsabwicklung führen. Dem Anlagenbetreiber entstünde ein erhöhter
Aufwand, zu dem er nach den dargestellten ICAO-Vorgaben und aufgrund des
zugelassenen Betriebs nicht verpflichtet ist (s. auch VG Düsseldorf, Urt. v.
24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn. 87). Die Einhaltung
eines niedrigeren - etwa eines durch eine Flugvermessung ausgewiesenen - Werts
muss (und kann) die Beigeladene zu 2. auch nicht garantieren. Dies ergibt sich aus
folgendem weiteren Gesichtspunkt:
Die Beigeladenen zu 2. und 3. nehmen an, die Ergebnisse aus Flugvermessungen
stellten grundsätzlich nur punktuelle Momentaufnahmen dar, die nicht zwingend
den für die Berechnung maßgeblichen Worst Case abbildeten. Diese Annahmen
sind unter Berücksichtigung von ICAO-Vorgaben plausibel (vgl. auch VG
Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn. 87
ff.). ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.2.2, befasst sich - wie ICAO EUR DOC
015 - mit der Bewertung der Auswirkungen von Windenergieanlagen auf VOR-
Anlagen. Danach sind die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf VOR-
Anlagen aus verschiedenen, unter 3.2.2 a)-c) nicht abschließend aufgeführten
Gründen schwer zu beurteilen. Unter d) heißt es weiter: „it is unlikely that the
worst-case errors can be confirmed by flight inspections due to the factors listed
above”. Gleiches folgt aus Anhang 4 zu ICAO EUR DOC 015, im Abschnitt
VOR unter d). Auch danach wird es aus angeführten Gründen als
unwahrscheinlich angesehen, dass der Worst-Case-Fehler durch Flugvermessung
nachgewiesen werden kann. Aus ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.2.3, - und
entsprechend aus Anhang 4 zu ICAO EUR DOC 015 - folgt weiter, dass mit den
dargestellten Worst-Case-Annahmen in Computersimulationen überprüft werden
kann, welche Auswirkungen Windfarmen auf VOR-Anlagen haben. Auch unter
Berücksichtigung dieser Vorgaben ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die
Beigeladenen zu 2. und 3. bei ihrer prognostischen Beurteilung nicht einen bei
47
Beigeladenen zu 2. und 3. bei ihrer prognostischen Beurteilung nicht einen bei
einer Flugvermessung ausgewiesenen oder einen anderen niedrigeren Wert,
sondern den - wie dargelegt, genehmigten - Maximalwert von ± 2° einstellen.
f) Auch der Ansatz eines maximal zulässigen Gesamtwinkelfehlers für VOR-
Anlagen von zuletzt ± 3° (vgl. demgegenüber Stellungnahme der Beigeladenen
zu 2. vom 19.7.2011, Bl. 623 GA, in der diese noch von einem zulässigen VOR-
Gesamtfehler von ± 3,5° ausgegangen ist) ist vertretbar (vgl. auch VG Düsseldorf,
Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn. 71 ff.). Der
ICAO Annex 10 enthält Empfehlungen für die Planung/Nutzung von VOR-
Systemen und verweist auf weitere Empfehlungen im ICAO Annex 11, Att. A
(3.7 und 3.7.1). Entsprechend macht der ICAO Annex 10 keine verbindlichen
Vorgaben, sondern benennt unterschiedliche Werte, die teilweise in Widerspruch
zu anderen in nachgeordneten Dokumenten aufgeführten Werten stehen (vgl.
dazu näher auch etwa Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas,
a.a.O., S. 53). In ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.7.3.4, wird zunächst für die
Gesamtgenauigkeit des DVOR/VOR-Systems („VOR system use accuracy“) der
Wert von ± 5° (mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 %) als angemessener Wert
(„suitable figure“) bei der Planung der Nutzung von VOR-Systemen genannt, mit
dem ein Winkelfehler für die VOR-Anlage (VOR radial signal error) von ± 3°
korrespondiert, ein Wert - wie es heißt - „readily achieved in practice“. Unter
3.7.3.5 heißt es dazu weiter, es handele sich hierbei um hilfreiche, auf breiter
praktischer Erfahrung basierende Werte, die von vielen Staaten angewendet
würden. Unter 3.7.3.6 werden aus praktischer Erfahrung abgeleitete Beispiele
aufgeführt, um weitere Planungsempfehlung zu bieten. Unter A heißt es, ein VOR
radial signal error von ± 3,5° werde von manchen Staaten („used by some states“)
zugrunde gelegt. Unter B wird ein VOR radial signal error von ± 1,7° aufgeführt,
der auf ausführlichen Flugvermessungen eines Staates an vielen VOR-Anlagen
basiere. In ICAO Annex 11, Att. A, 3.13, wird der Wert von ± 5° als für die
Gesamtgenauigkeit des DVOR/VOR-Systems wahrscheinlicher und
zufriedenstellender Wert bezeichnet („representing the probable system
performance would appear satisfactory“). Diese Werte entsprechen den Angaben
in weiteren von der Beigeladenen zu 2. herangezogenen Dokumenten (ICAO
DOC 7754, Vol. I, Ch. IV-6, No. 58, und RTCA DO-196, Kap. 1.4.4). Das -
auch in ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C, unter 3.3.3.1, angeführte - ICAO DOC
8071 (Manual on testing of Radio Navigation Aids) benennt in Vol. II, Ch.
2.3.47, einen VOR radial signal error von ± 3,5° für die sog. Nutzung entlang
von Radialen. Das ICAO DOC 8168 OPS/611 (Procedures for Air Navigation,
Vol. II, Construction of Visual und Instrument Flight Procedures), das die
Planung von Navigationsverfahren regelt (näher dazu
Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 48 ff.),
benennt einen Winkelfehler für die VOR-Anlage von ± 3,5° (unter 2.2) bzw. ±
3,6° (Tabelle I-2-2-2). Ein nach der ICAO verbindlicher Winkelfehler für die
VOR-Anlage, der ohne weiteres auch für die Nutzung zur Flächennavigation
Verbindlichkeit beanspruchen könnte, existiert nicht. Unter Berücksichtigung
dieser Maßgaben und Widersprüche (zu weiteren Widersprüchen etwa
Stellungnahme der Beigeladenen zu 2. vom 4.2.2014, Bl. 994 ff. GA, und vom
9.3.2012, Bl. 876 ff. GA) ist es nicht unvertretbar, einen maximal zulässigen
Gesamtwinkelfehler für VOR-Anlagen von ± 3° zugrunde zu legen. Wie bereits
erwähnt, müssen nach Anhang V der Durchführungsverordnung (EU)
Nr. 1035/2011 der Kommission vom 17. Oktober 2011 (ABl. L 271/23) die
Erbringer von Kommunikations-, Navigations- oder Überwachungsdiensten
darlegen können, dass ihre Arbeitsmethoden und Betriebsverfahren den Standards
entsprechen, die in Anhang 10 über den Flugfernmeldedienst des Abkommens
über die Internationale Zivilluftfahrt in den im Einzelnen aufgeführten Fassungen
festgelegt sind, soweit diese für die Erbringung von Kommunikations-,
Navigations- oder Überwachungsdiensten im betroffenen Luftraum relevant sind.
Wie ferner ausgeführt, ist die Beigeladene zu 2. in ihrer Rolle als die
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Wie ferner ausgeführt, ist die Beigeladene zu 2. in ihrer Rolle als die
Unterstützungsdienste leistende, die hier in Rede stehende
Flugsicherungseinrichtung DVOR „Leine“ betreibende
Flugsicherungsorganisation an die im Anhang 10 festgelegten Standards
gebunden und sind im Anhang 10 Werte von ± 5° für die Gesamtgenauigkeit des
DVOR/VOR-Systems („VOR system use accuracy“) angeführt, mit denen ein
Winkelfehler für die VOR-Anlage (VOR radial signal error) von ± 3°
korrespondiert. Es gibt danach hinreichende Indizien dafür, dass diese
Regelungen für die hier maßgebliche Beurteilung brauchbare Anhaltspunkte
liefern und nicht etwa nur das vom Sachverständigen des Klägers, NAVCOM
Consult, für anwendbar gehaltene ICAO DOC 8071 mit dem dort angegebenen
Wert von ± 3,5° Orientierungshilfe zu bieten geeignet ist (vgl. auch VG
Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -, ZNER 2014, 501, juris Rdn. 77
ff.; Hüttig/Giemulla/Lehmann/van Schyndel/Behrend/Kortas, a.a.O., S. 53).
Vertretbar ist eine Zugrundelegung dieser Werte auch, weil - wie angemerkt - den
Regelungen der Anhänge (Annex) zum Chicagoer-Abkommen innerstaatlich
höchstmögliche Geltung zu verschaffen ist. Dafür, dass es vertretbar ist, einen
zulässigen Gesamtwinkelfehler für VOR-Anlagen von ± 3,5° für nicht mehr
angemessen zu halten, spricht im Übrigen Anhang 4 zu ICAO EUR DOC 015.
Dort heißt es zur Festlegung geeigneter Toleranzen für Windkraftvorhaben,
berücksichtige man alle genannten Faktoren, werde deutlich, dass ein geplantes
Vorhaben nicht zu einer Kursablage von 3,5° und mehr führen dürfe („Taking all
these factors into account it is clear that it would not be appropriate to allow a
proposed development to cause a bend as large as 3,5°“). Unter Berücksichtigung
dessen hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der von den Beigeladenen
zu 2. und 3. angesetzte maximal zulässige Gesamtwinkelfehler für VOR-Anlagen
von ± 3° zwar ein strenger konservativer, aber nicht ein aus der Luft gegriffener
und daher noch vertretbarer Wert ist. Die Zugrundelegung eines konservativen
Werts findet seine Rechtfertigung - neben den in ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C,
3.2.3, und Anhang 4 zu ICAO EUR DOC 015 vorgesehenen Worst-Case-
Annahmen (dazu auch VG Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2014 - 11 K 3648/12 -,
ZNER 2014, 501, juris Rdn. 80) - auch in dem der Beigeladenen zu 2. in ihrer
Rolle als Flugsicherungsorganisation vorgegebenen Sicherheitsvorrang und
Sicherheitsziel (vgl. Anhang V Nr. 2 i.V.m. Anhang II Nr. 3 der
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1035/2011 der Kommission vom
17.10.2011, ABl. L 271/23).
Dass die Annahme eines für externe Störfaktoren verbleibenden Fehlerbeitrags
von ± 1° unter Berücksichtigung der angeführten Standards und
Orientierungshilfen vertretbar ist, folgt aus den obigen Ausführungen.
Hinzuweisen ist insbesondere nochmals auf die Textpassage in ICAO EUR DOC
015, Anhang 4, vorletzter Absatz, in dem u.a. ausgeführt wird, nach ICAO
Annex 10 solle der Bodensystemfehler innerhalb von ± 2° liegen, die Richtlinien
aus ICAO Annex 10 enthielten keine Angaben zu anderen Fehlerkomponenten,
doch laut Anleitungsmaterial könne in der Praxis ein Gesamtfehler eines VOR-
Radials von ± 3° (bei einer Wahrscheinlichkeit von 95 %) erreicht werden, einige
technische Behörden verwendeten bei der Prüfung der Zulässigkeit von geplanten
Vorhaben mittels Computersimulation eine Toleranz von 1°. Dass die Auslegung
auch dieser Textpassage zwischen den Sachverständigen umstritten ist, steht der
Risikobewertung durch die Beigeladenen zu 2. und 3. nicht entgegen.
g) Im Rahmen der Wahrscheinlichkeitsbetrachtung hält es die Beigeladene zu 2.
für geboten, die Anwendung der 95 %-Regel auf die jeweilige betriebliche
Nutzung und die jeweilige Flugphase zu beziehen, und meint deshalb, innerhalb
des betroffenen Teils des genutzten IFR-Verfahrens dürften
Toleranzüberschreitungen nur in 95 % der Zeit vorkommen (im Sinne einer in der
Gesamtbetrachtung resultierenden Aufenthaltswahrscheinlichkeit; vgl. auch ICAO
Annex 11, Att A-1, Nr. 3 Note 2). Sie wendet sich damit zugleich gegen die
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Annex 11, Att A-1, Nr. 3 Note 2). Sie wendet sich damit zugleich gegen die
Anwendung dieses Ansatzes in der Form eines Histogramms des gesamten oder
eines großflächigen Teils des Betriebsüberdeckungsbereichs der VOR-Anlage,
weil darin eine unzulässige Mittelung bzw. Filterung der Prognosewerte liege, die
den ICAO-Grundsatz der Worst-Case-Annahme verletze. Auch in Ansehung der
von Dr. Greving (NAVCOM Consult) dazu vorgebrachten kritischen
Anmerkungen sieht sich der Senat außerstande, den Ansatz der Beigeladenen zu
2. als unvertretbar zu bezeichnen.“
Die im zitierten Urteil angeführten Erwägungen gelten hier entsprechend. Allerdings
liegt im vorliegenden Fall der Sachverhalt insofern anders, als hier nach den
durchgeführten Flugvermessungen im maßgeblichen Radialbereich 300°-315°
Winkelfehler von ca. -1,1° gemessen wurden. Das Vorgehen der Beigeladenen zu 2., in
Fällen - wie hier -, in denen der (wie dargelegt, vertretbarer Weise angenommene) für
externe Störfaktoren verbleibende Fehlerbeitrag von ± 1° nachweislich erschöpft ist,
zusätzlichen Windenergieanlagen nur zuzustimmen, wenn die erwarteten zusätzlichen
Fehlerbeiträge geringfügig und somit vernachlässigbar sind, ist nach summarischer
Prüfung vertretbar. Im Einzelnen:
Dieses Vorgehen lässt eine Verkennung des Begriffs der Störung nicht erkennen. Wie
ausgeführt, ist eine Störung einer Flugsicherungseinrichtung im Sinne des § 18a
LuftVG anzunehmen, wenn die sich aus den einschlägigen ICAO-Dokumenten
ergebenden bzw. - soweit diese Dokumente widersprüchlich sind - in vertretbarer Weise
hergeleiteten Toleranzwerte überschritten werden. Die Handhabung des
Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung, bei einer Überschreitung des für externe
Störfaktoren angenommenen Fehlerbeitrags von ± 1° jede weitere signifikante
Erhöhung des Fehlerbeitrags zu vermeiden bzw. Bauwerke, die eine signifikante
Erhöhung des Fehlerbeitrags erwarten lassen, abzulehnen (vgl. dazu auch etwa
Stellungnahme der Antragstellerin v. 16.12.2013, S. 16, = S. 536 GA), ist erkennbar an
dem Ziel der Einhaltung der Toleranzen ausgerichtet und erscheint daher folgerichtig.
Soweit das Verwaltungsgericht beanstandet, die Antragstellerin habe bislang nicht
überzeugend darlegen können, dass sich in dem unter Auswertung von
Flugvermessungen angesetzten Wert von ± 1,1° nicht auch anteilig Störeinflüsse der
„Bestands-WEA“ fänden und sicher ausgeschlossen sei, dass durch den separaten Ansatz
von 0,573° für Störbeiträge der „Bestands-WEA“ insoweit nicht ein doppelter Ansatz
erfolgt sei, dürfte es damit überzogene Forderungen stellen. Dass sich
„Doppelverwertungen“ nicht schlechterdings ausschließen lassen, hat auch die
Beigeladene zu 2. eingeräumt, dies aber mit der Eigenart der Störbeiträge, den bisher
begrenzten Möglichkeiten zu deren Ermittlung und jeweiligen Zuordnung sowie dem
im Bereich der Flugsicherung anzustrebenden hohen Sicherheitsniveau erläutert und
gerechtfertigt. Kann indes die geforderte Gewissheit in einer fachwissenschaftlich
umstrittenen Frage angesichts der auch insoweit bestehenden ungesicherten
Erkenntnislage derzeit nicht erlang werden, sind die damit verbundenen
Unwägbarkeiten von den Gerichten hinzunehmen.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin und ihr folgend das
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung von den Messergebnissen ausgehen und die in
Anwendung ihres Berechnungstools ermittelten erwartbaren Fehlerbeiträge unter
Verwendung der beschriebenen abgewandelten RSS-Methode hinzurechnen. Wie
bereits ausgeführt, ist die Annahme, Flugvermessungen stellten grundsätzlich nur
punktuelle Momentaufnahmen dar, die nicht zwingend den für die Berechnung
maßgeblichen Worst Case abbildeten, unter Berücksichtigung von ICAO-Vorgaben
plausibel. Soweit sie eine Erhöhung des Winkelfehlerbeitrags um 0,1° als eine
signifikante und nicht mehr vernachlässigbare Größe bewertet, nimmt sie eine gewisse -
wenn auch nicht unbestrittene (etwa NAVCOM Consult, Stellungnahme v. 15.1.2014,
S. 3, = S. 764 GA) - Anleihe in ICAO Annex 11, Appendix 5, Table 4. „Bearing“.
Unter Berücksichtigung dessen geht der Senat nach summarischer Prüfung davon aus,
dass auch dieser Ansatz zwar ein konservativer, aber nicht aus der Luft gegriffener und
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dass auch dieser Ansatz zwar ein konservativer, aber nicht aus der Luft gegriffener und
damit vertretbarer Wert ist. Gleiches gilt, soweit die Antragstellerin im Hinblick auf die
fehlende empirische Validierung von einer Prognoseungenauigkeit von ± 0,5° ausgeht
und in Anwendung von DIN 1333 rundet (dazu Stellungnahmen der Antragstellerin v.
4.11.2013, S. 5, = S. 159 GA, u. v. 16.12.2013, S. 2, = S. 522 GA). Soweit das
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung bei einer Prüfung der Zulassung weiterer
Windenergieanlagen alle aus Geringfügigkeit bereits zugestimmten Windenergieanlagen
im betroffenen Radialbereich berücksichtigt, um eine Toleranzüberschreitung durch
Kumulation bei mehrfacher Anwendung des Geringfügigkeitskriteriums zu vermeiden,
ist auch dieses Vorgehen unter Berücksichtigung von ICAO-Vorgaben plausibel. Nach
ICAO Annex 10, Vol. I, Att. C, 3.2.2 a) kann der kumulierende Effekt von einer
Gruppe von Windenergieanlagen auf VOR-Anlagen inakzeptabel sein, obwohl der
Effekt jeder einzelnen Windenergieanlage für sich genommen akzeptabel sein mag.
Gleiches folgt aus Anhang 4 zu ICAO EUR DOC 015, im Abschnitt VOR Abs. 1 unter
b). Auch danach ergibt sich der Worst-Case-Fehler aus dem kumulierenden Effekt einer
Anzahl von Windenergieanlagen, wobei jede für sich gesehen akzeptabel sein kann.
Hiernach kann die beschriebene Herangehensweise des Bundesaufsichtsamts für
Flugsicherung nicht als unvertretbar bezeichnet werden.
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist die die Möglichkeit einer Störung
bejahende Prognose gerichtlich nicht zu beanstanden. Da für die Beurteilung der
Rechtmäßigkeit der Prognose auf den Zeitpunkt ihrer Aufstellung abzustellen ist (vgl.
Urt. d. Sen. v. 3.12.2014 - 12 LC 30/12 -, S. 35), ist unerheblich, dass das
Bundesaufsichtsamt und die Antragstellerin im Vorfeld des hier in Rede stehenden
Genehmigungsverfahrens (genauer: im November 2011) gegen die Errichtung eines
Gesamtwindparks in Ganderkesee und Lemwerder keine Bedenken erhoben hatten. Die
Antragstellerin und die Beigeladene zu 2. gehen bei ihren Berechnungen von vier im
betroffenen Radialbereich auf der Grundlage des angeführten Geringfügigkeitskriteriums
bereits zugestimmten Windenergieanlagen, einem von diesen zu erwartenden maximalen
Störniveau von ± 0,573° und einem zu erwartenden maximalen Gesamtwinkelfehler
von ± 1,240° aus. Die Antragstellerin und die Beigeladene zu 2. errechnen durch die
hier geplanten Windenergieanlagen ein weiteres erwartetes maximales Störniveau von
± 0,147°, einen zu erwartenden maximalen Gesamtwinkelfehler von ± 1,315° und
damit - bei einer Vergleichsbetrachtung - einem Mehr im Falle der Errichtung und des
Betriebs der hier geplanten Windenergieanlagen von ± 0,075° = gerundet 0,1°(Bl. 529
GA).
Diese Berechnungen lassen - ungeachtet vorhandener Unwägbarkeiten - aus den
dargelegten Gründen nach derzeitigem Stand der Erkenntnisse Rechtsfehler nicht
erkennen. Für verlässlichere Antworten bedarf es eines gesicherten
Erkenntnisfortschritts. Dieser hängt von den Ergebnissen weiterer - laufender -
wissenschaftlicher Studien und Diskussionen ab. Wenn sich in Fällen der vorliegenden
Art das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung nach § 18a Abs. 1 Satz 2 LuftVG gegen
die Errichtung der Windenergieanlagen ausspricht, steht dies im Übrigen im Einklang
mit Nr. 5.2.4 des Europäischen Anleitungsmaterials zum Umgang mit
Anlagenschutzbereichen - 2. Aufl. - Sept. 2009, ICAO EUR DOC 015, S. 6, wo
empfohlen wird, im Zweifel den Bauantrag abzulehnen („Für den Fall, dass keine
endgültige Antwort gefunden werden kann, wird empfohlen, dass die technische Stelle
die Anlage schützt, in dem sie den Antrag ablehnt“).
Die vom Antragsgegner gleichwohl erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung
greift aus den angeführten Gründen in unzulässiger Weise in den erlaubten Bestand der
Anlagenzulassung der Antragstellerin und in ihren Spielraum als Privatunternehmen ein
und verletzt sie damit in ihren Rechten.
III. Eine Gesamtbetrachtung der Interessenlage ergibt keine überwiegenden Interessen
des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 1., die - ungeachtet der bestehenden
ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung - für ihre
sofortige Vollziehbarkeit sprächen. Das Vollzugsinteresse der Beigeladenen zu 1. ist in
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sofortige Vollziehbarkeit sprächen. Das Vollzugsinteresse der Beigeladenen zu 1. ist in
erster Linie wirtschaftlicher Natur. Dass ihr im Falle einer Aussetzung der Vollziehung
ein wirtschaftlicher Schaden drohte, der schwerer wiegt als das Interesse der
Antragstellerin, der Beigeladenen zu 2. oder der Allgemeinheit daran, von der sofortigen
Vollziehung der - wie dargelegt - in rechtlicher Hinsicht ernstlich zweifelhaften
Genehmigung verschont zu bleiben, ist weder dargelegt noch dem Senat ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3, § 159, § 162 Abs. 3
VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Beigeladenen zu 1., die in beiden Instanzen
einen Sachantrag gestellt hat, die Kosten des Verfahrens zur Hälfte aufzuerlegen. Die
Beigeladene zu 2. hat nur im Beschwerdeverfahren einen Sachantrag gestellt. Es
entspricht der Billigkeit, nur ihre diesbezüglichen außergerichtlichen Kosten für
erstattungsfähig zu erklären.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG,
Nr. 19.2, 2.3, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013
(NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt der von den Beteiligten nicht beanstandeten
Streitwertfestsetzung, die das Verwaltungsgericht für den ersten Rechtszug
vorgenommen hat.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m.
§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).