Urteil des OVG Niedersachsen vom 24.06.2014

OVG Lüneburg: kategorie, niedersachsen, anerkennung, psychotherapie, forschungsarbeiten, aufwand, rechtfertigung, beitrag, seminar, zusammenarbeit

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Zur Anerkennung und Bewertung von
Fortbildungsleistungen der Psychologischen
Psychotherapeuten mit Fortbildungspunkten.
1. Autor einer Fachpublikation im Sinne von § 3 Satz 1 und der Kategorie F
der Anlage 2 der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer
Niedersachsen ist nur, wer sich als Verfasser einer schriftlichen
Abhandlung gezielt einem fachlichen Thema widmet und das Ergebnis
seiner Forschung und Recherche einem Publikum zur Kenntnis bringt.
2. Die Anerkennung und pauschale Bewertung der Fachpublikation eines
Autors als Fortbildungsmaßnahme mit nur einem Fortbildungspunkt nach
der Kategorie F der Anlage 2 der Fortbildungsordnung der
Psychotherapeutenkammer Niedersachsen ist verhältnismäßig und mit dem
grundgesetzlichen Gleichheitssatz vereinbar.
OVG Lüneburg 8. Senat, Beschluss vom 24.06.2014, 8 LA 168/13
Art 12 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 33 Abs 1 S 2 HKG ND, § 33 Abs 1 S 3 HKG ND,
§ 33 Abs 2 Nr 13 HKG ND, § 9 HKG ND, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts Göttingen - 1. Kammer - vom 28. August 2013 wird
abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens wird auf 5.000 EUR
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Bewertung von
Fortbildungsleistungen mit Fortbildungspunkten.
Der Kläger ist approbierter Psychologischer Psychotherapeut und Mitglied der
beklagten Psychotherapeutenkammer. Mit Schreiben vom 29. Mai 2011 wies
er die Akkreditierungs- und Zertifizierungsstelle der Beklagten darauf hin, dass
er sich mit einem Forschungsprojekt zu Grundbegriffen und Grundkonzepten
der Psychoanalyse in der Theorie, der Therapie und der allgemeinen Literatur
um den Marianne-Ringler-Preis für Forschung in der Psychotherapie 2010
beworben habe, und übersandte ergänzend die bei dem Marianne-Ringler-
Forschungsförderungsverein eingereichten Unterlagen. Mit weiterem
Schreiben vom 23. August 2011 mahnte der Kläger bei der Beklagten eine
Antwort, Bestätigung und Stellungnahme zu den eingereichten Forschungs-
und Fortbildungsunterlagen an. Die Beklagte wertete die Schreiben des
Klägers als Antrag, das Forschungsprojekt als Fortbildung im Sinne der
Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen
anzuerkennen und mit Fortbildungspunkten zu bewerten. Mit Bescheid vom
28. September 2011 schrieb die Beklagte dem Kläger für die Forschungsarbeit
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einen Fortbildungspunkt auf seinem Fortbildungskonto gut.
Mit Schreiben vom 16. Februar 2012 reichte der Kläger bei der Beklagten
weitere an den Marianne-Ringler-Forschungsförderungsverein gerichtete
Unterlagen zu dem auch in den Jahren 2011 und 2012 fortgeführten
Forschungsprojekt nach. Die Beklagte wies ihn mit Schreiben vom 29. Februar
2012 darauf hin, dass für die Forschungsarbeit bereits ein Fortbildungspunkt
zuerkannt worden sei und bat um Erläuterung seines weiteren Begehrens.
Hierauf beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom
8. März 2012 bei der Beklagten die punktemäßige Bewertung der
Forschungsprojekte aus den Jahren 2008, 2009 und 2010.
Am 16. April 2012 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Göttingen Klage
erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom
28. September 2011 zu verpflichten, über die Vergabe von
Fortbildungspunkten für seine jährlichen Forschungsarbeiten neu zu
entscheiden. Er hat geltend gemacht, neben seiner Arbeit seit Jahren
umfangreiche Forschungen zu Grundbegriffen und Grundkonzepten der
Psychoanalyse in der Theorie, der Therapie und der allgemeinen Literatur zu
betreiben. Er arbeite täglich seine Therapiesitzungen therapeutisch und
theoretisch nach, wende sich auch der neuesten Fachliteratur und der dort
beschriebenen Psychotherapieverfahren sowie Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden zu, setze sich mit diesen kritisch auseinander und
versuche so, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen und bereits
gewonnene Forschungsergebnisse weiter zu entwickeln. Die so gewonnenen
Forschungsergebnisse dokumentiere er seit 2008 in Forschungsarbeiten, mit
denen er sich alljährlich um den Marianne-Ringler-Preis für Forschung in der
Psychotherapie bewerbe. Durch diese Forschungstätigkeit bilde er sich
fortlaufend fort. Die von ihm gewählte Art der Fortbildung sei "die Effektivste,
quasi das non plus ultra". Die von der Beklagten in Anlehnung an
wissenschaftliche Veröffentlichungen vorgenommene Bewertung einer
solchen Fortbildung mit nur einem Fortbildungspunkt sei eine
verfassungswidrige Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte. Seine
Forschungsarbeit gehe weit über einen wissenschaftlichen Aufsatz hinaus. Sie
entspreche eher der Tätigkeit des Leiters einer Fortbildungsveranstaltung, der
seine Erkenntnisse mit anderen teile. Der zeitliche Aufwand für seine
Forschungsarbeit von etwa 30 bis 40 Wochenstunden könne anhand des in §
4 der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen
gebildeten Maßstabs in Fortbildungseinheiten erfasst werden.
Das Verwaltungsgericht Göttingen hat die Klage mit Urteil vom 28. August
2013 als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28.
September 2011 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen
Rechten. Forschungsarbeiten zählten bereits nicht zu den in der
Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer anerkannten
Fortbildungsveranstaltungen. Forschung als Suche nach neuen Erkenntnissen
unterscheide sich auch von Fortbildung, die auf den Erwerb und die
Vermittlung bereits gewonnener Erkenntnisse gerichtet sei. Die mangelnde
Anerkennung von Forschungsarbeiten sei verfassungsrechtlich unbedenklich,
da die Beklagte ein ansonsten weites Spektrum möglicher Fortbildungen
anerkenne. Dem Anliegen des Klägers, seine Forschung als Fortbildung
anzuerkennen, habe die Beklagte im Übrigen schon durch die Gutschrift von
zehn Fortbildungspunkten im Jahr für sein Selbststudium hinreichend
Rechnung getragen. Auch unabhängig davon könne der Kläger die Bewertung
seiner Forschungsarbeit mit mehr als einem Fortbildungspunkt nicht
verlangen. Die Forschungsarbeit genüge, wie von der Beklagten
angenommen, inhaltlich allenfalls den an einen Autorenbeitrag zu stellenden
Anforderungen. Die Regelung der Fortbildungsordnung der
Psychotherapeutenkammer Niedersachsen zur Bewertung der
Autorenbeiträge mit nur einem Fortbildungspunkt verstoße weder gegen den
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grundgesetzlichen Gleichheitssatz noch gegen den allgemeinen
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der
Berufung.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Der vom Kläger
allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der
Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO
liegt nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im
Sinne der genannten Bestimmung sind zu bejahen, wenn der
Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne
erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage
stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104,
140). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der
Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen
Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV
4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4
Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert,
dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der
verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum
Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden
Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig
qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus
verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung
auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des
Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v.
3.4.2013 - 13 LA 34/13 -, juris Rn. 2; Beschl. v. 24.3.2009 - 10 LA 377/08 -,
juris Rn. 2; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: September 2004, § 124a
Rn. 100).
Der Kläger wendet gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ein, das
Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung
seiner von der Beklagten als Fortbildung anerkannten Tätigkeit und
Forschungsarbeit mit nur einem Fortbildungspunkt bejaht. Diese Bewertung
verstoße gegen den grundgesetzlichen Gleichheitssatz und auch gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Der grundgesetzliche Gleichheitssatz und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
geböten, dass die Anerkennung und Bewertung von Fortbildungen sich auch
an deren Umfang orientiere. Denn der Erkenntnisgewinn steige mit dem
Umfang einer Fortbildung. Diesen Grundsatz berücksichtige die
Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen auch
weitgehend. Die in der Anlage 2 in den Kategorien A bis E und G genannten
Fortbildungen würden mit Fortbildungspunkten in Abhängigkeit vom Umfang
der Fortbildung bewertet. Ausschließlich für die hier zur Anwendung gelangte
Kategorie F (Autoren, Referenten/Qualitätszirkelmoderatoren) werde von
diesem Grundsatz abgewichen und jede Fortbildung unabhängig von ihrem
Umfang mit nur einem Fortbildungspunkt bewertet. Dies sei sachlich nicht
gerechtfertigt, da hinsichtlich des maßgeblichen Erkenntnisgewinns keine
Unterschiede zwischen der Autorentätigkeit im Sinne der Kategorie F und
anderen Fortbildungen im Sinne der Kategorien A bis E und G bestünden.
So sei gerade die Autorentätigkeit geeignet, die in § 1 der Fortbildungsordnung
der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen genannten Fortbildungsziele -
Förderung der Fähigkeit zur selbstständigen Beurteilung wissenschaftlicher
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Grundlagen und Perspektiven verschiedener theoretischer Positionen und
klinischer Vorgehensweisen in der Psychotherapie sowie Förderung der
kontinuierlichen Reflexion der praktisch-klinischen Tätigkeit - zu erreichen. Der
dagegen erhobene Einwand, der mit der Autorentätigkeit verbundene
Erkenntnisgewinn sei nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu
ermitteln und zu bewerten, greife nicht durch. Denn Gleiches gelte für den
Erkenntnisgewinn der Teilnehmer anderer Fortbildungen, weshalb die
Beklagte bei diesen auch nicht auf einen messbaren Erkenntnisgewinn,
sondern auf den Umfang der Fortbildung als maßgebliches Indiz für einen
Erkenntnisgewinn abstelle. Dieser Zusammenhang könne auch bei der
Fortbildung durch eine eigene Autorentätigkeit hergestellt werden, etwa durch
eine - in den Fortbildungsordnungen anderer Berufskammern praktizierte -
Bemessung der Fortbildungspunkte nach Seitenzahlen.
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts könne die in der
Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen
vorgenommene Unterscheidung auch nicht damit sachlich gerechtfertigt
werden, dass die Fortbildungen im Sinne der Kategorien A bis E und G anders
als die Autorentätigkeit im Sinne der Kategorie F hauptsächlich auf einen
Austausch und die Zusammenarbeit mit Kollegen und Vorträge von Dozenten
ausgerichtet seien. Diese Annahme widerspreche den tatsächlichen
Gegebenheiten; es sei von zahlreichen, insbesondere individuell-subjektiven
Umständen abhängig, ob bei einer Fortbildung, gleich welcher Art, ein
Austausch und eine Zusammenarbeit von Kollegen stattfinde. Auch eine
Autorentätigkeit schließe dies nicht aus. Ein Beitrag könne von mehreren
Autoren verfasst werden und im Vorfeld könne ein Informationsaustausch mit
Kollegen stattfinden. Er - der Kläger - habe vor Fertigung der Forschungsarbeit
mit anderen Kollegen kontrovers diskutiert und auch deren praktisch-klinische
Tätigkeit reflektiert.
Diese Einwände begründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der
erstinstanzlichen Entscheidung nicht.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass Forschungsarbeiten nicht zu den
in der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen -
Fortbildungsordnung - vom 17. März 2004 (Psychotherapeutenjournal 2004,
180 f.), zuletzt geändert am 7. Mai 2011 (Psychotherapeutenjournal 2011, 209
f.), anerkannten Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen gehören. Die
forschende Tätigkeit als solche sei im Katalog der in § 3 Satz 1 der
Fortbildungsordnung anerkannten Fortbildungsveranstaltungen und -
maßnahmen nicht genannt, sondern nur das Literaturstudium und die
Fachpublikation als mögliche Bestandteile einer forschenden Tätigkeit. Diese
beschränkte Anerkennung von Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen
sei nach Maßgabe des Grundgesetzes und des Kammergesetzes für die
Heilberufe nicht zu beanstanden. Diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts
hat der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht angegriffen.
Richtigkeitszweifel sind für den Senat insoweit auch nicht offensichtlich.
Den satzungsmäßigen Bestimmungen folgend hat die Beklagte das von dem
Kläger geltend gemachte Selbststudium als Fortbildungsmaßnahme im Sinne
von § 3 Satz 1 und Anlage 2 Kategorie E der Fortbildungsordnung anerkannt.
Die darüber hinaus von dem Kläger zur Bewerbung um den Marianne-Ringler-
Preis für Forschung in der Psychotherapie eingereichten Unterlagen stellen
indes die Fachpublikation eines Autoren im Sinne von § 3 Satz 1 und Anlage 2
Kategorie F der Fortbildungsordnung oder wenigstens eine dieser inhaltlich
entsprechenden Maßnahme im Sinne des § 3 Satz 1 a.E. der
Fortbildungsordnung nicht dar. Autoren einer Fachpublikation im Sinne von § 3
Satz 1 und der Kategorie F der Anlage 2 der Fortbildungsordnung sind nur
solche Personen, die sich als Verfasser von schriftlichen Abhandlungen gezielt
einem fachlichen Thema widmen und das Ergebnis ihrer Forschung und
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Recherche einem Publikum zur Kenntnis bringen (vgl. BSG, Urt. v. 23.3.2006 -
B 3 KR 13/05 R -, juris Rn. 12 (zum Begriff des wissenschaftlichen Autors im
Sinne des Künstlersozialversicherungsrechts)). Diesen Anforderungen
genügen die von dem Kläger zur Bewerbung um den Marianne-Ringler-Preis
für Forschung in der Psychotherapie eingereichten Unterlagen offensichtlich
nicht. Der Kläger selbst bezeichnet seine Arbeiten nur als
"Forschungsprojektantrag … Grundbegriffe und Grundkonzepte der
Psychoanalyse in Theorie, Therapie und allgemeine Literatur" (Blatt 32 der
Beiakte A). Diesem Antrag sind lediglich eine Inhaltsübersicht (Blatt 18 f. und
37 f. der Beiakte A) und Literaturangaben (Blatt 35 f. der Beiakte A) beigefügt.
Eine schriftliche Abhandlung, die bereits das Ergebnis der Forschung und
Recherche darstellt, und einem Publikum zur Kenntnis gebracht worden ist,
beinhalten diese Unterlagen indes nicht. Damit fehlt es an einem
Wesensmerkmal der Fachpublikation eines Autors im Sinne von § 3 Satz 1
und Anlage 2 Kategorie F der Fortbildungsordnung. Zugleich hat der Kläger
den nach Anlage 2 Kategorie F der Fortbildungsordnung bei dieser
Fortbildungsmaßnahme erforderlichen Nachweis ("Literaturnachweis" bzw.
Veröffentlichungsnachweis) nicht erbracht.
Selbst wenn es sich bei den von dem Kläger zur Bewerbung um den
Marianne-Ringler-Preis für Forschung in der Psychotherapie eingereichten
Unterlagen aber um eine als Fortbildungsmaßnahme anzuerkennende
Fachpublikation eines Autoren im Sinne von § 3 Satz 1 und Anlage 2
Kategorie F der Fortbildungsordnung handelte, wäre deren Bewertung mit
einem Fortbildungspunkt nach der Anlage 2 Kategorie F der
Fortbildungsordnung nicht zu beanstanden. Eine solche Bewertung verstieße
weder gegen den grundgesetzlichen Gleichheitssatz noch gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches
gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierungen
bedürfen der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel
und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Strengere
Anforderungen an den Sachgrund können sich insbesondere aus den jeweils
betroffenen Freiheitsrechten oder aus einer Nähe der gesetzlichen
Differenzierungsmerkmale zu den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten
Tatbestandsmerkmalen ergeben (vgl. zuletzt BVerfG, Beschl. v. 6.5.2014 - 1
BvL 9/12 u.a. -, juris Rn. 70 mit zahlreichen Nachweisen zur ständigen
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
Hier fehlt es mit Blick auf die in der Anlage 2 der Fortbildungsordnung
gebildeten Kategorien von Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen und
deren Bewertung mit Fortbildungspunkten schon an der einen Verstoß gegen
den grundgesetzlichen Gleichheitssatz begründenden Ungleichbehandlung im
Wesentlichen gleicher Sachverhalte. Die in der Anlage 2 der
Fortbildungsordnung genannten Kategorien
- A (Vortrag und Diskussion: 1 Punkt pro Fortbildungsstunde, maximal 8
Punkte pro Tag),
- B (Kongresse, Tagungen, Symposien im In- und Ausland: 3 Punkte pro 1/2
Tag bzw. 6 Punkte pro Tag, wenn kein Einzelnachweis entsprechend
Kategorie A bzw. C erfolgt),
- C (Seminar, Workshop, Kurs, Qualitätszirkel, Supervision, Intervision,
Balintgruppe, Selbsterfahrung, Interaktionsbezogene Fallarbeit, Kasuistisch-
technisches Seminar: 1 Punkt pro Fortbildungsstunde und 1 Zusatzpunkt
für eine mindestens vierstündige Veranstaltung, maximal 2 Zusatzpunkte
pro Tag),
- D (Strukturierte interaktive Fortbildung mittels Internet, CD-ROM,
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Printmedien, die vorab von der Landespsychotherapeutenkammer
anerkannt worden sind, mit nachgewiesener Qualifizierung und Auswertung
des Lernerfolgs in Schriftform: 1 Punkt pro Übungseinheit),
- E (Selbststudium durch Fachliteratur, Lehrmittel: höchstens 50 Punkte in
fünf Jahren),
- F (Autoren, Referenten, Qualitätszirkelmoderatoren: 1 Punkt pro Beitrag,
Poster, Vortrag zusätzlich zu den Punkten der Teilnehmer),
- G (Hospitationen in psychotherapierelevanten Einrichtungen,
Fallkonferenzen, (interdisziplinäre) Kolloquien, Klinikkonferenzen: 1 Punkt
pro Stunde, maximal 8 Punkte pro Tag),
bilden Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen ab, die sich
offensichtlich und signifikant schon hinsichtlich der angewandten Methoden
der Wissensvermittlung bzw. des Wissenserwerbs unterscheiden. Schon diese
Unterschiede erteilen einer auf Art. 3 Abs. 1 GG gestützten Forderung nach
einer einheitlichen punktemäßigen Bewertung der verschiedenen Kategorien
zugeordneten Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen eine Absage.
Jedenfalls aber begründen diese Unterschiede eine sachliche Rechtfertigung
verschiedener Bewertungen. Die in den Kategorien A bis D, F (hinsichtlich der
Tätigkeit der Referenten und Qualitätszirkelmoderatoren) und G genannten
Fortbildungsveranstaltungen wenden regelmäßig darbietende und dialogische
Methoden der Wissensvermittlung an. Den sich fortbildenden Teilnehmern
dieser Veranstaltungen wird Wissen in einer von der Beklagten nach Maßgabe
der §§ 2 f. und 8 f. der Fortbildungsordnung akkreditierten Form präsentiert und
vermittelt. Bei diesen Veranstaltungen ist es ohne Weiteres grundsätzlich
gerechtfertigt, aus dem Umfang der Fortbildungsveranstaltung auf einen
Erkenntnisgewinn der Teilnehmer und die Erreichung der in § 1 der
Fortbildungsordnung genannten Ziele zu schließen und folglich die
punktemäßige Bewertung der Fortbildungsveranstaltung an deren Umfang zu
orientieren. Diese Annahmen stellt auch der Kläger nicht in Frage. Die in den
Kategorien E und F (hinsichtlich der Tätigkeit der Autoren) genannten
Fortbildungsmaßnahmen wenden hingegen regelmäßig autodidaktische
Methoden des Wissenserwerbs an. Allein der sich selbst Fortbildende
bestimmt, welches Wissen er in welchem Umfang und in welcher Intensität
erwirbt und ob er die fachliche Auseinandersetzung mit Dritten sucht. Eine
Akkreditierung dieser Fortbildungsmaßnahmen durch die Beklagte erfolgt
nicht. Ob und in welchem Umfang durch die Anwendung autodidaktischer
Methoden ein Erkenntnisgewinn eingetreten ist und die in § 1 der
Fortbildungsordnung genannten Ziele erreicht worden sind, kann daher
allenfalls in einem individuellen Verfahren mit hohem Aufwand nachträglich
festgestellt werden. Zur Vermeidung dieses Aufwandes bei gleichzeitiger
Beibehaltung der Anerkennung der in den Kategorien E und F (hinsichtlich der
Tätigkeit der Autoren) genannten Fortbildungsmaßnahmen ist es der
Beklagten aufgrund des ihr zustehenden weiten, einfachgesetzlich durch §§ 9
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 33 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Nr. 13 HKG nicht
beschränkten Gestaltungsspielraums gestattet, die Bewertung solcher auf
einen autodidaktischen Wissenserwerb gerichteten Fortbildungsmaßnahmen
nicht anhand deren konkreten Umfangs, sondern pauschal vorzunehmen. Zu
einer weiteren Differenzierung dieser pauschalen Bewertung, etwa nach
Seitenzahlen bei der Fachpublikation, ist die Beklagte dabei entgegen der
Auffassung des Klägers nicht gezwungen, zumal der Senat nicht festzustellen
vermag, dass allein oder auch nur maßgeblich aus dem Umfang einer
Fachpublikation auf den konkreten Erkenntnisgewinn des Autors oder die
Erreichung der in § 1 der Fortbildungsordnung genannten Fortbildungsziele
geschlossen werden könnte.
Gleichermaßen erweist sich die pauschale Bewertung der in den Kategorien E
und F (hinsichtlich der Tätigkeit der Autoren) der Anlage 2 der
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Fortbildungsordnung genannten Fortbildungsmaßnahmen als verhältnismäßig
(vgl. grundlegend zu den Anforderungen an die Berufsausübung
beschränkende satzungsmäßige Regelungen von Körperschaften der
funktionalen Selbstverwaltung: BVerfG, Beschl. v. 14.7.1987 - 1 BvR 537/81
u.a. -, BVerfGE 76, 171, 185 f.; Beschl. v. 9.5.1972 - 1 BvR 518/62 u.a. -,
BVerfGE 33, 125, 155 f. (sog. Facharzt-Beschluss)). Die Regelung schafft
einen angemessenen Ausgleich zwischen den öffentlichen Interessen, die
fachliche Kompetenz der Psychologischen Psychotherapeuten durch die
fortlaufende Aneignung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf
dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Entwicklung zu sichern, zu
aktualisieren und zu erweitern sowie die Erreichung dieses Fortbildungsziels
durch die Berufskammer mit vertretbarem Verwaltungsaufwand zu überprüfen,
und dem privaten, durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interesse des
Kammermitglieds, die zur Erreichung des Fortbildungsziels geeigneten
Fortbildungsveranstaltungen oder -maßnahmen selbst auswählen zu dürfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1
und 2 GKG.