Urteil des OVG Niedersachsen vom 22.04.2013

OVG Lüneburg: aufwand, gemeinde, erwerb, erneuerung, grundstück, eigentum, gegenleistung, beleuchtung, fahrbahn, verwaltung

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Straßenausbaubeitrag
Der beitragsfähige Aufwand für eine Straßenausbaumaßnahme ist nicht um
den Verkaufserlös zu mindern, den die Gemeinde durch die Veräußerung von
nicht mehr benötigten Teilflächen der ausgebauten Straße erzielt hat.
OVG Lüneburg 9. Senat, Urteil vom 22.04.2013, 9 LC 91/11
§ 6 Abs 3 S 4 KAG ND
Tatbestand
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind vier Ausbaubeitragsbescheide der
Beklagten vom 2. Oktober 2009 für die jeweils selbstständigen
Buchgrundstücke der Kläger zu 1. bis 4. betreffend den Ausbau des J. Weges in
K..
Die Bescheide haben zum Gegenstand:
1. Bescheid an die Klägerin zu 1.:
Ausbaubeitrag in Höhe von 2.020,39 Euro für das Grundstück L.,
2. Bescheid an die Kläger zu 2.:
Ausbaubeitrag in Höhe von 3.298,86 Euro für das Grundstück M.,
3. Bescheid an den Kläger zu 3.:
Ausbaubeitrag in Höhe von 3.085,56 Euro für das Grundstück N.,
4. Bescheid an den Kläger zu 4.:
Ausbaubeitrag in Höhe von 2.192,62 Euro für das Grundstück O..
Die Grundstücke der Kläger liegen an der Nordseite des J. Weges und wurden
im Jahre 1964 im Rahmen des „Q. -Programms“ voll erschlossen veräußert.
Erschließungsbeiträge wurden für die erstmalige Herstellung nicht erhoben.
Der Ausbau des J. - Weges wurde vom Stadtentwicklungsausschuss der
Beklagten in seiner Sitzung vom 27. April 2006 behandelt. Dabei berichtete die
Verwaltung, dass sich von den insgesamt 16 Anliegern der Südseite des J.-
Weges 9 Anlieger bereit erklärt hätten, den Grundstücksstreifen zu erwerben,
während 6 Anlieger dies ablehnen würden. Daher schlage die Verwaltung eine
Ausbauvariante C vor, nach der in den Bereichen, in denen die Anlieger nicht
zum Erwerb des Grundstücksstreifens bereit seien, auf den Grundstücksstreifen
öffentliche Stellplätze errichtet werden, während die übrigen Grundstücksstreifen
an die zum Kauf bereiten Anlieger veräußert werden sollten. Die Mehrkosten für
die Stellplätze müssten dann auf alle Anlieger umgelegt werden. Dem stimmte
der Stadtentwicklungsausschuss zu.
Beim Ausbau des J.- Weges im Jahre 2007 wurden die Fahrbahn und die
sonstigen Teileinrichtungen Gehwege, Parkbuchten, Beleuchtung und
Straßenentwässerung erneuert. Die Fahrbahn wurde wegen der damit
einhergehenden Kanalerneuerung auf Kosten des Trägers der
Kanalbaumaßnahme (Stadtwerke Osnabrück) wiederhergestellt, so dass hierfür
und für die Straßenentwässerung ein Investitionsaufwand bei der
Kostenermittlung nicht in Ansatz gebracht wurde. Ein Kostenspaltungsbeschluss
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erfolgte nicht.
Teilflächen des südlichen Straßenrandstreifens des J.- Weges wurden
trennvermessen und an einige Anlieger der südlichen Straßenseite zu einem
Betrag von insgesamt 86.700,- Euro veräußert. Die veräußerten Teilflächen
wurden bei der Verteilung des ermittelten umlagefähigen Aufwandes als
beitragspflichtige Grundstücke berücksichtigt. Der Verkaufserlös wurde bei der
Zusammenstellung des Beitragsaufwandes für Gehwege, Parkflächen und
Beleuchtung nicht beitragsmindernd in Ansatz gebracht.
Gegen die Ausbaubeitragsbescheide vom 2. Oktober 2009 haben alle 4 Kläger
am 5. November 2009 gemeinsam Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht
unter einem einheitlichen Aktenzeichen geführt hat. Zur Begründung haben die
Kläger geltend gemacht, die Erlöse aus dem Verkauf des Randstreifens
müssten bei der Berechnung des Ausbauaufwandes in Abzug gebracht werden,
weil die Veräußerung ein Teil der Maßnahme sei („negativer Grunderwerb“).
Außerdem fehle es an dem erforderlichen Kostenspaltungsbeschluss. Im
Übrigen seien für die Teileinrichtungen nur 60 % statt 75 % als Anliegeranteil
anzusetzen, weil es sich bei dem J.- Weg um eine verkehrsberuhigte
Wohnstraße und nicht um eine Anliegerstraße handele. Die Beklagte habe von
der Möglichkeit zum Erlass einer Abweichungssatzung keinen Gebrauch
gemacht. Außerdem seien die vorgelegten Rechnungen nicht nachvollziehbar.
Mit Urteil vom 15. Februar 2011 hat das Verwaltungsgericht die Bescheide der
Beklagten im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, dass der Erlös aus
der Veräußerung der Straßenrandstreifen, die nicht mehr als öffentliche
Verkehrsfläche dienen sollten, vom beitragsfähigen Aufwand hätte abgesetzt
werden müssen. Da der Erwerbserlös in Höhe von 86.700,- Euro den
beitragsfähigen Aufwand in Höhe von 36.200,37 Euro überstiegen habe, komme
eine Heranziehung der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zu
Ausbaubeiträgen nicht mehr in Betracht.
Gegen das ihr am 28. März 2011 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat
die Beklagte am 20. April 2011 die vom Verwaltungsgericht wegen
grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt und diese unter
dem 9. Mai 2011 wie folgt begründet: Die Kläger hätten keinen Anspruch auf
eine Anrechnung der Verkaufserlöse für die veräußerten Teilflächen des
südlichen Randstreifens. Frühere Anlieger hätten für die erstmalige Herstellung
des J.- Weges in den 60iger Jahren keine Erschließungsbeiträge, sondern
einheitlich und unabhängig von den Straßenbreiten für alle Grundstücke im „Q. -
Programm“ kalkulierte Verkaufspreise gezahlt. Die Annahme des
Verwaltungsgerichts, der Grunderwerb sei bei der erstmaligen Herstellung zu 90
% von den Anliegern geleistet worden, entspräche nicht den Tatsachen. Selbst
wenn dies der Fall gewesen wäre, sei der Beitrag zur Abgeltung eines
Sondervorteils für die Erschließung gezahlt worden, nicht aber für einen
bestimmten Ausbauzustand oder eine bestimmte Ausbaubreite der Straße und
sei durch die seinerzeit pauschal gezahlten Kosten der Erschließung
abgegolten. Für die nunmehr abgerechnete Ausbaumaßnahme bestehe ein
Sondervorteil durch die Inanspruchnahmemöglichkeit und den erhöhten
Gebrauchswert der Grundstücke unabhängig davon, ob die Anlage geringfügig
schmaler ausgebaut worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klagen gegen die
Ausbaubeitragsbescheide vom 2. Oktober 2009 abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tragen im Berufungsverfahren vor, der Erwerb der Flächen, die von der
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Beklagten veräußert worden seien, sei bei der erstmaligen Herstellung von den
Anliegern kaufpreiserhöhend mitfinanziert worden und als negativer
Grunderwerb beitragsmindernd zu berücksichtigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Gerichtsakte und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug
genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die vom Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO zugelassene Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Ausbaubeitragsbescheide der
Beklagten vom 2. Oktober 2009 zu Unrecht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO
aufgehoben. Die Bescheide entsprechen den landesgesetzlichen und
satzungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung von Ausbaubeiträgen
durch die Beklagte und sind rechtmäßig. Der Heranziehung der Kläger zu
Beiträgen für den Ausbau des J.- Weges steht insbesondere nicht entgegen,
dass der von der Beklagten erzielte Erlös für den Verkauf von im Rahmen der
Ausbaumaßnahme nicht mehr benötigten Teilflächen der Straße den
beitragsfähigen Aufwand übersteigt. Die Beklagte war entgegen der Auffassung
des Verwaltungsgerichts und der Kläger weder nach Maßgabe des
einschlägigen Landes- und Satzungsrechts noch nach allgemeinen
beitragsrechtlichen Grundsätzen verpflichtet, den ermittelten beitragsfähigen
Aufwand um den vereinnahmten Verkaufserlös zu mindern:
Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Kläger zu Ausbaubeiträgen für die
Erneuerung bzw. Verbesserung des J.- Weges ist - wie das Verwaltungsgericht
zutreffend ausgeführt hat - § 6 NKAG in Verbindung mit der am 1. August 2006
in Kraft getretenen Straßenbaubeitragssatzung der Beklagten vom 18. Juli 2006
- SBS. Umstritten ist zwischen den Beteiligten im Berufungsverfahren im
Wesentlichen die Frage, ob von dem durch die Beklagte nach Maßgabe des § 2
SBS ermittelten beitragsfähigen Aufwand in Höhe von 36.200,37 Euro
(19.361,75 Euro für Parkflächen und Gehwege, 16.838,62 Euro für
Beleuchtungseinrichtungen) der Verkaufserlös abzuziehen ist, den die Beklagte
durch den Verkauf von im Rahmen der Ausbaumaßnahme nicht mehr
benötigten südlichen Teilflächen der Straße erzielt hat.
Eine entsprechende Anrechnungsverpflichtung ergibt sich weder aus den
landesgesetzlichen Bestimmungen über den Umfang und die Höhe des
beitragsfähigen Aufwandes gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 NKAG noch aus den
Satzungsregelungen in §§ 2 und 3 SBS der Beklagten. Diese Regelungen
enthalten lediglich eine Rechtsgrundlage für die Einbeziehung der Kosten in den
beitragsfähigen Aufwand, die wegen der konkreten Ausbaumaßnahme für den
Grunderwerb von Flächen der Verkehrsanlage tatsächlich aufgewendet werden
mussten bzw. für die Einbeziehung des Wertes der Flächen, die aus dem
Vermögen der Kommune für die Verkehrsanlage bereitgestellt wurden. Sie sind
nicht einschlägig für den umgekehrten Fall, dass ehemals für die
Verkehrsanlage in Anspruch genommene Flächen aufgrund des konkreten
Ausbauprogramms nicht mehr benötigt und an private Dritte veräußert werden.
Eine Anrechnungsverpflichtung für den Verkaufserlös bei der Bestimmung des
beitragsfähigen Aufwandes ergibt sich entgegen den Überlegungen des
Verwaltungsgerichts aber auch nicht aus dem Aspekt, dass der flächenmäßige
Rückbau der Verkehrsanlage eine Umkehrung des Ankaufsfalles darstelle und
es deshalb nahe liege, den Zuwachs und die Verfügungsbefugnis der Beklagten
in der Umkehrung genauso zu behandeln wie die Erwerbsfälle.
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Die Einbeziehung des Aufwands für den Erwerb der für die Herstellung,
Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung einer Verkehrsanlage benötigten
Flächen beruht im Erschließungs- wie im Ausbaubeitragsrecht auf gesetzlichen
Regelungen (vgl. § 128 Abs. 1 BauGB bzw. § 6 Abs. 3 Satz 4 NKAG), die dem
Charakter des Beitrags als Gegenleistung für die Vorteile Rechnung getragen,
die den anliegenden Grundstücken durch die erstmalige Herstellung der
Erschließungsanlage bzw. der Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten
Verkehrsanlage von der Gemeinde geboten werden. Die Gemeinde hat nicht
nur Anspruch auf einen Ausgleich ihres für die Ausbaumaßnahme getätigten
tatsächlichen Investitionsaufwandes, sie stellt zugunsten der Allgemeinheit und
der Anlieger für die Inanspruchnahme der Erschließungsanlage/öffentlichen
Einrichtung auch die benötigten Flächen aus ihrem allgemeinen
Liegenschaftsvermögen zur Verfügung, sodass der Aufwand für den benötigten
Grunderwerb oder der Bodenwert der benötigten Flächen zum beitragsfähigen
Aufwand gehören (hierzu im Einzelnen Driehaus, Erschließungs- und
Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 13 Rn. 32 ff.; derselbe in
Kommunalabgabenrecht, Stand: 48. Erg.Lfg. 2013, § 8 Rn. 261, 319a, 332,
336). In diesem Sinne handelt es sich bei dem Ausbaubeitrag um einen
Erstattungsanspruch der Gemeinde für den Aufwand, der unmittelbar im
Zusammenhang mit der konkreten Ausbaumaßnahme erforderlich ist. Hat die
Gemeinde - wie hier - im Zusammenhang mit der konkreten Ausbaumaßnahme
keinen Aufwand für den Flächenerwerb bzw. die Flächenbereitstellung, weil sie
weder aus ihrem Liegenschaftsvermögen Grundstücke bereitstellen noch für die
Maßnahme erwerben muss, entfällt ein unmittelbar darauf bezogener
Erstattungsanspruch. Werden umgekehrt die im Eigentum der Gemeinde
stehenden und in ihr Liegenschaftsvermögen eingegangenen Flächen einer
Verkehrsanlage aufgrund einer im Ausbauprogramm vorgesehenen
Umgestaltung der Verkehrsanlage nicht mehr benötigt und veräußert, erfolgt
durch die Vereinnahmung des Veräußerungserlöses ein Ausgleich für den
Verlust des Grundeigentums der Gemeinde. Der Veräußerungserlös dient daher
gerade nicht unmittelbar der Verbesserung oder Erneuerung der
Verkehrsanlage zugunsten der Beitragspflichten und ist systematisch daher
auch nicht als „negativer Grunderwerb“ der konkreten Ausbaumaßnahme
zuzurechnen und bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands zu
berücksichtigen. Denn der beitragsfähige Aufwand oder eine in diesem
Zusammenhang zu berücksichtigende Anrechnung von Erlösen kann sich nur
auf diejenigen Grundflächen der Verkehrsanlage beziehen, die nach dem
Ausbauprogramm noch zur öffentlichen Verkehrsanlage gehören, nicht aber auf
solche, die danach nicht mehr Teil der öffentlichen Verkehrsanlage sein sollen.
Der Verkaufserlös für nicht mehr benötigte Teilflächen einer bereits hergestellten
Verkehrsanlage (z. B. wegen Verschmälerung oder Verlagerung der bisherigen
Verkehrsfläche) steht folglich nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der
konkreten Ausbaumaßnahme, sondern erfolgt nur gelegentlich dieser.
Insofern unterscheidet sich die vorliegende Konstellation auch von den in der
Rechtsprechung anerkannten und vom Verwaltungsgericht angeführten Fällen,
in denen der beitragsfähige Aufwand zu mindern ist, wenn etwa für
wiederverwendbares Altmaterial der ausgebauten Verkehrsanlage Erlöse erzielt
werden oder solche anzurechnen sind (hierzu Driehaus, Erschließungs- und
Ausbaubeiträge, § 33 Rn. 15 und derselbe, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn.
324) oder wenn bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes eine
tatsächlich eingetretene Kostenersparnis durch die Verbindung von Kanalbau -
und Straßenbaumaßnahme eingetreten ist (hierzu Driehaus, Erschließungs- und
Ausbaubeiträge, § 33 Rn. 26 und derselbe, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn.
329). Bezogen auf wiederverwendbares Altmaterial kann der beitragsfähige
Aufwand nach der Senatsrechtsprechung zu mindern sein, wenn in das
Vermögen der Gemeinde als Ergebnis des Ausbaus wiederverwendbares
Material von nicht unerheblichem Wert einfließt, z. B. durch die Aufnahme und
Veräußerung ausgebauten Altmaterials, das objektiv wiederverwendungsfähig
ist und einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Wert hat (vgl. Senatsurteil vom
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22.01.1986 - 9 A 132/83 -). Hierzu hat der Senat ausgeführt:
„ Aufgenommenes und noch brauchbares Altmaterial aus öffentlichen
Straßen, an dem die Anlieger weder Besitz- noch sonstige Rechte
haben und das nach nicht zu beanstandendem Ausbauermessen an
dieser Stelle nicht wiederverwendet wird, kann damit den
Ausbauaufwand schon begrifflich nicht mindern. Etwas anderes mag
dann gelten, wenn es einzig ermessensgerecht erschiene, das
„Altmaterial“ beim Ausbau in der Straße zu belassen und dies allein aus
sachfremden Motiven unterbleibt. … Etwas anderes mag ferner dann in
Betracht zu ziehen sein, wenn das Altmaterial unmittelbar nach seiner
„Bergung“ veräußert wird und der Erlös auch im zeitlichen
Zusammenhang mit der Abrechnung der Ausbaumaßnahme als
aufwandsmindernd anzusehen ist. …“
Grundlage einer danach in eng begrenzten Fällen denkbaren
Anrechnungspflicht ist somit, dass der Gemeinde durch das wiederverwendbare
Altmaterial Vermögenswerte zufließen, die sie ohne den Ausbau nicht hätte und
die deshalb aufwandmindernd zu berücksichtigen sind. Demgegenüber führt die
Veräußerung von gemeindeeigenen Teilflächen einer Verkehrsanlage nicht zu
einem Vermögenszuwachs der Gemeinde, den sie ohne den Ausbau nicht
hätte, sondern gleicht den Verlust von Liegenschaftsvermögen aus. Es geht
also - anders als das Verwaltungsgericht meint - bei der Beurteilung der
Aufwandminderung bei wiedergewonnenem Altmaterial und nicht mehr
benötigten Grundflächen nicht nur um den Unterschied zwischen beweglichen
und unbeweglichen Sachen.
Der Verkaufserlös für die veräußerten südlichen Randstreifen ist auch nicht im
Sinne einer Zuwendung Dritter bei der Ermittlung des umlagefähigen
Beitragsaufwands aufwandmindernd zu berücksichtigen, denn er dient nicht
zweckgerichtet der Minderung des von den Beitragspflichtigen aufzubringenden
Investitionsaufwandes, sondern als Gegenleistung für eine
Grundstücksveräußerung der Gemeinde (vgl. ähnlich zur Frage der
Aufwandminderung durch die Vereinnahmung von Sondernutzungsgebühren:
Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 331b).
Soweit das Verwaltungsgericht den Verkauf der nicht mehr benötigten
Teilflächen als Umkehrung des Ankaufs der Verkehrsflächen ansieht, scheint es
auf einen Erstattungsanspruch der Anlieger für den Fall abzuzielen, dass diese
den Grunderwerb der Flächen für die Erschließungsanlage bzw. ihre
Bereitstellung durch die Gemeinde bei der erstmaligen Herstellung der
Erschließungsanlage über Erschließungsbeiträge anteilig (zu 90 %) finanziert
haben. Dabei übersieht das Verwaltungsgericht bei seiner Argumentation für
eine Anrechnungsverpflichtung zunächst, dass es sich bei der Veräußerung der
Flächen nicht um eine Kehrseite der nunmehr durchgeführten
Ausbaumaßnahme (Erneuerung oder Verbesserung) handelt, sondern allenfalls
um eine Kehrseite der erstmaligen Herstellung der Erschließungsanlage, mithin
um die Kehrseite einer ganz anderen Maßnahme. Darüber hinaus unterstellt das
Verwaltungsgericht bei seinen Ausführungen, dass durch die Veräußerung
einige Anlieger Flächen zurückkaufen könnten, für deren Erwerb sie bei der
erstmaligen Herstellung einen Anteil von 90 % geleistet hätten, ohne
hinreichende Anhaltspunkte dafür zu haben, dass die Beklagte überhaupt bei
der erstmaligen Herstellung des J.-- Weges Aufwand für den Grunderwerb in
Ansatz gebracht hat. Auf den Umstand, dass die Straßenbaubeitragssatzung
der Beklagten den Grunderwerb als umlagefähigen Aufwand anführt, kommt es
dabei ersichtlich nicht an, weil maßgeblich wäre, ob der nach § 128 Abs. 1
BauGB beitragsfähige Grunderwerb bei der Erhebung von
Erschließungsbeiträgen oder ihrer Ablösung berücksichtigt wurde. Vorliegend ist
aber weder ersichtlich noch von der Beklagten eingeräumt worden, dass die
Kläger oder ihre Rechtsvorgänger bei Erwerb der Grundstücke
Erschließungsbeiträge gezahlt oder abgelöst hätten, in deren Berechnung als
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beitragsfähiger Aufwand auch der Grunderwerb eingeflossen wäre.
Außerdem ist abschließend der Fehlvorstellung zu begegnen, dass die
Beitragspflichtigen selbst dann, wenn der Grunderwerb in die Ermittlung des
Erschließungsbeitragsaufwandes einbezogen worden wäre, im Falle einer
späteren Veräußerung von Teilflächen der Verkehrsanlage einen
Erstattungsanspruch wegen auszugleichender Vermögensnachteile hätten.
Denn die für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage eingebrachten
Flächen stehen nicht im (auch nur anteiligen) Eigentum der Anlieger, sondern im
Eigentum der Gemeinde und die Anlieger erwerben mit der Entrichtung von
Erschließungsbeiträgen oder Ablösungsbeträgen keine Eigentums- oder
Besitzrechte an der Erschließungsanlage, sondern erbringen eine
Gegenleistung für den ihnen gewährten Erschließungsvorteil. Dieser bleibt aber
auch nach Veräußerung von Teilflächen des J.- Weges bestehen. In diesem
Sinne ist auch im Erschließungsbeitragsrecht nicht vorgesehen, dass eine
spätere Änderung des räumlichen Umfangs der erstmals hergestellten
Erschließungsanlage oder sogar ihre gänzliche Einziehung nachträglich
Erstattungsansprüche der Anlieger auslösen würde.
Demzufolge ist der von der Beklagten in Ansatz gebrachte beitragsfähige
Aufwand in Höhe von 36.200,37 Euro nicht um den erzielten Verkaufserlös für
die südlichen Teilflächen zu mindern. Sonstige Einwände gegen die Höhe des
ermittelten beitragsfähigen Aufwands haben die Kläger im Berufungsverfahren
nicht erhoben. Die angefochtenen Bescheide vom 2. Oktober 2009 sind auch
nicht aus anderen Gründen rechtswidrig. Soweit die Kläger erstinstanzlich
geltend gemacht haben, dass eine Beitragserhebung für die Teileinrichtungen
Gehwege, Parkbuchten und Beleuchtung einen Aufwandspaltungsbeschluss
erfordert habe, hat die Beklagte dem zu Recht entgegengehalten, dass alle
Teileinrichtungen des J.- Weges von der Ausbaumaßnahme erfasst waren. Die
Beitragspflicht ist daher für die Verkehrsanlage insgesamt mit all ihren
Teileinrichtungen entstanden und die Beitragserhebung war nicht gemäß § 9
SBS nur auf einzelne Teileinrichtungen bezogen. Hierfür ist unerheblich, dass
die Beklagte in die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands zugunsten der
Anlieger nur den Aufwand für einzelne Teileinrichtungen einbezogen hat. Der
Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Anliegeranteil für die
Stichstraße mit 75 % zu hoch bemessen wäre. Bei dem mit einer Fahrbahn,
Gehwegen und Parkbuchten ausgestalteten J.- Weg handelt es sich ersichtlich
nicht um eine verkehrsberuhigte Wohnstraße im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 5 SBS.
Ebenso wenig ist erkennbar, dass abweichend von den Anteilsätzen für
Anliegerstraßen eine andere Vorteilsbemessung gemäß § 4 Abs. 4 SBS
geboten gewesen wäre.