Urteil des OVG Niedersachsen vom 01.09.2014

OVG Lüneburg: treu und glauben, rückforderung, arglistige täuschung, aufschiebende wirkung, verfügung, beamtenverhältnis, widerruf, beamter, bereicherungsanspruch, abfindung

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Rückforderung von Bezügen (Anwärterbezüge,
Anwärtersonderzuschlag)
Zur Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Bezügen, die einem Beamten
auf Widerruf nach seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis infolge der
der Behörde gemäß § 80 Abs. 1 VwGO bzw. § 80 V VwGO obliegenden
gesetzlichen Verpflichtung gezahlt worden sind.
OVG Lüneburg 5. Senat, Beschluss vom 01.09.2014, 5 LA 240/13
§ 12 Abs 2 S 2 BBesG, § 12 Abs 2 S 3 BBesG, § 12 Abs 2 S 1 BBesG, § 3 Abs 3
BBesG, § 814 BGB, § 818 Abs 3 BGB, § 818 Abs 4 BGB, § 820 Abs 1 S 2 BGB, § 80
Abs 5 VwGO, § 80 Abs 1 VwGO
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer (Berichterstatter) - vom 26.
September 2013 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf
17.486,31 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beklagte entließ den Kläger mit Verfügung vom 27. Juli 20.. mit Wirkung
der Aushändigung der Verfügung, die am 28. Juli 20.. erfolgte, aus dem
Beamtenverhältnis auf Widerruf. Nachdem der Kläger gegen die Verfügung
vom 27. Juli 20.. Widerspruch eingelegt hatte, ordnete die Beklagte am 28.
März 20.. die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Das Verwaltungsgericht
Koblenz stellte auf den Antrag des Klägers mit Beschluss vom 19. April 2011
die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen die Verfügung vom
27. Juli 20.. wieder her. Auf die Beschwerde der Beklagten lehnte das
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 29. Juli 2011
unter Änderung des genannten verwaltungsgerichtlichen Beschlusses den
Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab.
Zwischenzeitlich hatte das Verwaltungsgericht Koblenz mit Urteil vom 29. Juni
2011 die Klage gegen die Verfügung vom 27. Juli 20.. abgewiesen. Den
Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung lehnte das
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 7. Dezember
2011 ab.
Für die Zeit vom 1. September 20.. bis zum 31. Juli 20.. waren dem Kläger
Bezüge (Anwärterbezüge, Anwärtersonderzuschlag) in Höhe von 17.486,31
EUR gewährt worden. Mit Bescheid vom 5. April 20.. forderte die Beklagte den
Betrag zurück. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid
vom 21. März 20.. zurückgewiesen. Mit diesem Bescheid wurden vorläufig
Rückzahlungsraten in Höhe von 200 EUR festgesetzt, wobei der Kläger
aufgefordert wurde, seine finanziellen und sozialen Verhältnisse offenzulegen,
damit eine endgültige Rückzahlungsregelung getroffen werden könne. Das
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Verwaltungsgericht hat die gegen die vorgenannten Bescheide erhobene
Klage mit Urteil vom 26. September 2013 abgewiesen. Dagegen wendet sich
der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen des geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124
Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht erfüllt.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung sind erst
dann zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also
aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen
Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der
Entscheidung sprechende Gründe zu Tage treten, aus denen sich ergibt, dass
ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie
ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder
eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in
Frage gestellt wird. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis
der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der
angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit
des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der
Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung
auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner
Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der
die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist. Ist das
angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt,
müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe hinreichend
dargelegt werden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 25.4.2008 - 5 LA 154/07 -).
Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Vorbringen des Klägers nicht
zur Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das
Verwaltungsgericht ist zu Recht zu der Einschätzung gelangt, dass die
Beklagte die dem Kläger für die Zeit vom 1. September 20..bis zum 31. Juli 20..
in Höhe von 17.486,31 EUR gewährten Bezüge rechtsfehlerfrei
zurückgefordert hat. Der Senat macht sich die zutreffende Begründung des
angefochtene Urteils zu Eigen und verweist auf sie (§ 122 Abs. 2
Satz 3 VwGO). Der Kläger hat im Zulassungsverfahren keine gewichtigen,
gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden
Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten
Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg.
Mit Rücksicht auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren ist das
Folgende hervorzuheben bzw. zu ergänzen:
Der Senat teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die
Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG erfüllt sind. Denn dem Kläger
sind für die Zeit vom 1. September 20.. bis zum 31. Juli 20.. Bezüge in Höhe
von 17.486,31 EUR ohne Rechtsgrund gewährt worden.
Der Anspruch des Klägers auf Besoldung endete gemäß § 3 Abs. 3 BBesG mit
Ablauf des Tages, an dem er aus dem Dienstverhältnis als Beamter auf
Widerruf ausschied. Dies war der Ablauf des 28. Juli 20...
Für die Fortzahlung der Bezüge bestand zwar nach der Entlassung des
Klägers aufgrund der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs und
seiner Klage gegen die Entlassungsverfügung vom 27. Juli 20.. ein vorläufiger
Rechtsgrund. Dieser Rechtsgrund entfiel jedoch mit dem Beschluss des
Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juli 2011, das unter
Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 19. April
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2011 den Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
abgelehnt hatte, mit rückwirkender Kraft. Der Senat schließt sich insoweit der
zu einer vergleichbaren Fallkonstellation ergangenen Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts an (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982 - BVerwG
2 C 12.81 -, juris Rn 14 m. w. N.).
Der Umstand, dass der Kläger nach dem Entlassungszeitpunkt (Ablauf des
28.7.20.. ) weiterbeschäftigt worden war, hatte den Zeitpunkt des
Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf nicht
hinausgeschoben (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982, a. a. O., Rn 14 m. w.
N.). Der Senat kann insoweit ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht offen
lassen, ob und inwieweit ein "faktisches Beamtenverhältnis" als
Rechtsgrundlage für die Fortzahlung von Bezügen im Recht des öffentlichen
Dienstes anzuerkennen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982, a. a. O., Rn
15 m. w. N.; Urteil vom 13.6.1985 - BVerwG 2 C 56.82 -, juris Rn 23; vgl.
ebenso Hess. VGH, Beschluss vom 3.11.2009 - 1 A 1443/09.Z -, juris Rn 2; für
das Wehrdienstverhältnis bejahend Scherer/Alff/Poretschkin, Soldatengesetz,
9. Aufl. 2013, § 1 Rn 29). Denn die Bejahung des Bestehens eines "faktischen
Beamtenverhältnisses" würde jedenfalls voraussetzen, dass der Wille aller
Beteiligten dahin ging, ein Beamtenverhältnis zu begründen (vgl. BVerwG,
Urteil vom 25.11.1982, a. a. O., Rn 15; Hess. VGH, Beschluss vom 3.11.2009,
a. a. O., Rn 2). Einen solchen Willen hatte die Beklagte nicht. Die
Verwaltungsvorgänge sowie das Vorbringen der Beklagten im
Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren machen vielmehr
deutlich, dass die Beklagte die Bezüge nur infolge der ihr gemäß § 80 Abs. 1
VwGO bzw. § 80 Abs. 5 VwGO obliegenden gesetzlichen Verpflichtung
gezahlt hatte.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf den
Wegfall der Bereicherung berufen. Denn der Kläger haftet nach der Regelung
des § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB, auf die § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG u. a. verweist,
verschärft. Die Fortzahlung der Bezüge über den Entlassungszeitpunkt hinaus
beruhte nur noch auf der sich aus § 80 Abs. 1 VwGO bzw. § 80 Abs. 5 VwGO
ergebenden verfahrensrechtlichen Fiktion des einstweiligen Fortbestehens
des Beamtenverhältnisses. Die von der Beklagten erbrachten Leistungen
standen deshalb von vornherein unter dem gesetzlichen Vorbehalt des
rückwirkenden Fortfalls des Leistungsgrundes. Sie beruhten auf einem
Rechtsgrund, dessen Wegfall im Sinne des § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB nach
dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen worden und der
tatsächlich weggefallen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982, a. a. O., Rn
16 m. w. N.; Urteil vom 13.6.1985, a. a. O., Rn 24).
Der Kläger kann demgegenüber nicht mit dem Einwand durchdringen, dass §
814 BGB der Rückforderung entgegenstehe. Denn § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG
verweist nur insoweit auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, als
es um die Rechtsfolgen des Rückzahlungsanspruchs geht. Die
tatbestandlichen Voraussetzungen der Rückforderung bezeichnet § 12 Abs. 2
Satz 1 BBesG mit der Wendung "zu viel gezahlt" eigenständig und
abschließend. § 814 BGB regelt nicht den "Umfang der Erstattung", sondern
schließt den Bereicherungsanspruch dem Grunde nach aus. Eine solche
Ergänzung des Rechtsgrundes lässt § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG nicht zu
(BVerwG, Urteil vom 28.2.2002 - BVerwG 2 C 2.01 -, juris Rn 18).
Die von der Beklagten gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG getroffene
Billigkeitsentscheidung ist entgegen der Ansicht des Klägers ebenfalls nicht
rechtswidrig.
Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG kann von der Rückforderung aus
Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von
ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden. Die insofern zu
treffende Billigkeitsentscheidung bezweckt, eine allen Umständen des
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Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den
Besoldungsempfänger tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter,
Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des
Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des
auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und
stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz
geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, so dass sie vor
allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch
nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch
erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu
würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem
auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die
Lebensumstände des Besoldungsempfängers abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil
vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, juris Rn 24; Urteil vom 26.4.2012 -
BVerwG 2 C 4.11 -, juris Rn 18; vgl. ebenso Nds. OVG, Beschluss vom
26.9.2012 - 5 LA 233/11 -, juris Rn 9; Beschluss vom 24.7.2013 - 5 LB 85/13 -,
juris Rn 34; Beschluss vom 29.7.2013 - 5 LA 275/12 -, juris Rn 26; Beschluss
vom 3.3.2014 - 5 LA 286/13 -; Beschluss vom 5.3.2014 - 5 LA 177/13 -;
Beschluss vom 18.8.2014 - 5 LA 85/14 -). Dafür kommt es nicht entscheidend
auf die Lage in dem Zeitraum an, für den die Überzahlung geleistet worden ist,
sondern auf die Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung (BVerwG, Urteil vom
21.9.1989 - BVerwG 2 C 68.86 -, juris Rn 21). Da die Billigkeitsentscheidung zu
Gunsten des Schuldners den Rückzahlungsanspruch modifiziert, beurteilt sich
deren Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der
letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Urteil vom 8.10.1998 - BVerwG 2 C
21.97 -, juris Rn 22; Urteil vom 25.1.2001 - BVerwG 2 A 7.99 -, juris Rn 23;
Urteil vom 28.2.2002 - BVerwG 2 C 2.01 -, juris Rn 21).
Die Billigkeitsentscheidung kann darin bestehen, dass von der Rückforderung
insgesamt oder teilweise endgültig abgesehen, dass die Rückforderung ganz
oder teilweise erst für einen späteren Zeitpunkt verlangt oder dass die
Rückzahlung in Teilbeträgen (Ratenzahlung) gestattet wird (BVerwG, Urteil
vom 21.10.1999 - BVerwG 2 C 27.98 -, juris Rn 28; Urteil vom 25.1.2001, a. a.
O., Rn 22). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, wessen
Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße
ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein
Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist daher grundsätzlich in die
Ermessensentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG einzubeziehen
(BVerwG, Urteil vom 21.4.1982 - BVerwG 6 C 112.78 -, juris Rn 19; Beschluss
vom 11.2.1983 - BVerwG 6 B 61.82 -, juris Rn 6; Urteil vom 28.6.1990 -
BVerwG 6 C 41.88 -, juris Rn 20; Urteil vom 27.1.1994 - BVerwG 2 C 19.92 -,
juris Rn 22; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, juris Rn 25 ff.; Urteil
vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, juris Rn 19 ff.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze erweist sich die Billigkeitsentscheidung der
Beklagten, Rückzahlungsraten in Höhe von 200 EUR festzusetzen und dem
Kläger Gelegenheit zu geben, seine finanziellen und sozialen Verhältnisse
offenzulegen, um gegebenenfalls eine weitergehende Rückzahlungsregelung
treffen zu können, als ermessensfehlerfrei.
Besondere Umstände, die Anlass zu einer teilweisen Herabsetzung der
Rückforderung gegeben hätten, waren in dem für die Billigkeitsentscheidung
maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 21.
März 2013 nicht gegeben. Der Umstand, dass der Kläger während der Dauer
der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bzw. seiner Klage gegen
die Entlassungsverfügung vom 27. Juli 20.. weiterhin Dienst geleistet hatte,
hat die Beklagte nicht veranlassen müssen, eine weitergehende
Billigkeitsentscheidung zu treffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982, a. a. O.,
Rn 19). Das Vorbringen des Klägers, während der Praxisphase seiner
Ausbildung einen patentwürdigen Verbesserungsvorschlag eingebracht zu
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haben, hat die Beklagte, wie das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen
Urteil zutreffend festgestellt hat, in dem Widerspruchsbescheid vom 21. März
2013 ermessensfehlerfrei gewürdigt. Der Senat teilt die Einschätzung des
Verwaltungsgerichts, dass die von dem Kläger erbrachten Leistungen nicht
eine weitergehende Billigkeitsregelung gebieten.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die jüngere höchstrichterliche
Rechtsprechung stützen, wonach aus Gründen der Billigkeit in der Regel von
der Rückforderung teilweise abzusehen ist, wenn der Grund für die
Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt, weil ein
Beamter, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die
Überzahlung gesetzt hat, besser stehen müsse als ein Beamter, der die
Überzahlung allein zu vertreten hat, so dass in diesen Fällen regelmäßig ein
Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 Prozent des
überzahlten Betrages angemessen erscheint (BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 -
BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 26; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -,
a. a. O., Rn 20).
Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil sich
hier die Frage eines überwiegenden Mitverschuldens der Beklagten an der
Entstehung der Überzahlung nicht stellt. Die klassischen Fallkonstellationen, in
denen die Annahme eines überwiegenden Mitverschuldens der Behörde in
Betracht kommt und die auch den o. g. Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 zugrunde lagen, sind
diejenigen einer fehlerhaften Bezügefestsetzung, bei denen der Beamte oder
Soldat nach §§ 818 Abs. 4, 819 BGB in Verbindung mit (z. B.) § 12 Abs. 2 Satz
2 BBesG verschärft haftet, weil der Mangel des rechtlichen Grundes so
offensichtlich war, dass er ihn hätte erkennen müssen. Insoweit kommt die
Annahme eines überwiegenden behördlichen Mitverschuldens an der
Entstehung einer Überzahlung etwa dann in Betracht, wenn die Ursache für
die Überzahlung auf einem Fehler des von der Bezügestelle verwendeten
Computersystems oder auf einem Eingabefehler beruht und wenn weitere
verschärfende Umstände - etwa ein Unbemerktbleiben des Fehlers auch bei
nachfolgenden Kontrollen bzw. Eingaben in das System oder aber über lange
Zeit (so in den Fällen BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a.
a. O.; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O.) - hinzutreten (vgl.
auch Nds. OVG, Beschluss vom 24.7.2013 - 5 LB 85/13 -, juris; Beschluss
vom 29.7.2013, a. a. O., Rn 30; Beschluss vom 5.3.2014 - 5 LA 177/13 -).
Mit einer solchen Fallkonstellation sind die Fälle der von einer Behörde von
vornherein unter dem gesetzlichen Vorbehalt des rückwirkenden Fortfalls des
Leistungsgrundes erbrachten Leistung jedoch nicht vergleichbar. Denn hier ist
die Überzahlung als solche entstanden, weil die Beklagte der ihr gemäß § 80
Abs. 1 VwGO bzw. § 80 Abs. 5 VwGO obliegenden gesetzlichen Verpflichtung
nachgekommen ist. Damit liegt die wesentliche Ursache der Überzahlung als
solche weder in einem sorgfaltswidrigen Verhalten des Klägers noch in einem
fehlerhaften Verhalten der Beklagten, sondern ist allein der gesetzgeberischen
Entscheidung in § 80 Abs. 1 VwGO bzw. § 80 Abs. 5 VwGO geschuldet.
Der Rückforderungsanspruch der Beklagten ist entgegen der Ansicht des
Klägers schließlich auch nicht durch die von dem erklärte Aufrechnung mit
dem von ihm behaupteten "Anspruch auf Abfindung oder Entschädigung in
Höhe der Dienstbezüge" erloschen. Denn der Umstand, dass der Kläger
während der Dauer der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bzw.
seiner Klage gegen die Entlassungsverfügung vom 27. Juli 20.. weiterhin
Dienst geleistet hatte, hat die Beklagte - wie schon ausgeführt wurde - weder
veranlassen müssen, eine weitergehende Billigkeitsentscheidung zu treffen
noch dem Kläger für die geleisteten Dienste eine Abfindung oder
Entschädigung zu gewähren (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982, a. a. O., Rn
19; a. A. Scherer/Alff/Poretschkin, a. a. O., § 1 Rn 26, für den hier nicht
vorliegenden Fall, dass von vornherein kein wirksames Wehrdienstverhältnis
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begründet und das Wehrdienstverhältnis nicht durch arglistige Täuschung,
Drohung oder Bestechung erschlichen worden ist).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil
rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).