Urteil des OVG Niedersachsen vom 29.01.2013

OVG Lüneburg: beglaubigung, stellvertreter, vollmachten, nummer, öffentliche bekanntmachung, flurbereinigung, gemeinde, feststellungsklage, wahlergebnis, körperschaft

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Anfechtung der Wahl des Vorstands der
Teilnehmergemeinschaft in der Flurbereinigung
Ein Teilnehmer einer Flurbereinigung kann die Unwirksamkeit der Wahl des
Vorstands der Teilnehmergemeinschaft im Wege der Feststellungsklage
geltend machen; die Feststellungsklage ist gegen die
Teilnehmergemeinschaft zu richten.
Genügt ein Beglaubigungsvermerk nicht den zwingenden Anforderungen des
§ 34 Abs. 3 Satz 2 VwVfG, führt dies zur Unwirksamkeit der amtlichen
Beglaubigung.
§ 21 Abs. 5 FlurbG ist nicht dahin auszulegen, dass nur die gleiche Anzahl
von Stellvertretern zu wählen wäre, sondern dahin, dass die Teilnehmer für
jedes einzelne Mitglied des Vorstands einen bestimmten Stellvertreter zu
wählen haben.
OVG Lüneburg 15. Senat, Urteil vom 29.01.2013, 15 KF 19/11
§ 21 Abs 3 S 1 FlurbG, § 21 Abs 5 FlurbG, § 43 Abs 1 VwGO, § 34 Abs 2 VwVfG, §
34 Abs 3 S 2 VwVfG, § 34 Abs 3 S 1 VwVfG
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Wahl des Vorstands der Beklagten
unwirksam ist.
Er ist Teilnehmer der durch die Behörde für Geoinformation, Landentwicklung
und Liegenschaften (GLL) Oldenburg durch Beschluss vom 12. November 2010
angeordneten Regelflurbereinigung Schwei. Die Flurbereinigung hat rd. 400
Teilnehmer und umfasst ein Verfahrensgebiet in der Gemarkung Schwei
(Gemeinde Stadland im Landkreis Wesermarsch) zur Größe von rd. 2.775 ha.
Das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen
(LGLN) lud unter dem 3. März 2011 durch öffentliche Bekanntmachung die
Teilnehmer zur Wahl des Vorstands der Beklagten am 31. März 2011 ein. Diese
Einladung enthielt folgenden Hinweis:
„Wenn ein Teilnehmer am Termin verhindert ist, kann er sich durch einen
Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht muss spätestens im
Termin dem Amt für Landentwicklung vorgelegt werden und beglaubigt
sein. Beglaubigte Vollmachten werden gemäß § 108 FlurbG kostenfrei bei
der Gemeinde Stadland ausgestellt.“
In der Teilnehmerversammlung am 31. März 2011 wurden nach Aufstellung
einer Wahlliste zunächst neun Mitglieder des Vorstandes der Beklagten gewählt.
Das mit der geringsten Stimmenzahl gewählte Mitglied des Vorstands erhielt 77
Stimmen. Der nächstplatzierte Bewerber erhielt 71 Stimmen. Anschließend
wurden nach Aufstellung einer Wahlliste neun Stellvertreter gewählt. An dieser
Wahl nahmen u.a. Bevollmächtigte der Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummern
122, 123, 157, 162, 183, 204, 410, 455 und 483 teil, die Vollmachten vorlegten,
die mit einem amtlichen Beglaubigungsvermerk versehen waren. Der jeweilige
Vollmachtnehmer hatte zuvor mit einer vom betreffenden Vollmachtgeber
unterzeichneten Vollmachtsurkunde und Vorlage des Personalausweises des
Vollmachtgebers oder einer Kopie hiervon bei der Verwaltung der Gemeinde
Stadland mit der Bitte um amtliche Beglaubigung der Unterschrift des
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Vollmachtgebers vorgesprochen. Ein Bediensteter der Gemeinde Stadland hatte
nach Vergleich der Unterschriften in Personalausweis (oder Kopie hiervon) und
Vollmachtsurkunde in Abwesenheit des Vollmachtgebers dessen Unterschrift
beglaubigt. Im jeweiligen Beglaubigungsvermerk gab der Bedienstete der
Gemeinde Stadland an: „Die umstehende Unterschrift ist von … (Bezeichnung
des Teilnehmers) - ausgewiesen durch Personalausweis - anerkannt worden
und wird hiermit amtlich beglaubigt.“ Im Falle des Teilnehmers mit der Ordnungs-
Nummer 122 kam hinzu, dass er eine Vollmachtsurkunde unterzeichnet hatte,
ohne den Vollmachtnehmer anzugeben (Blankovollmacht). Gleichwohl war auch
diese Vollmachtsurkunde nach Ergänzung wie beschrieben amtlich beglaubigt
worden. Für die Teilnehmerin mit der Ordnungs-Nummer 223 nahm deren
Ehemann an der Wahl teil, obwohl die Unterschrift der Teilnehmerin auf der
Vollmachtsurkunde nicht beglaubigt worden war.
Nach der Niederschrift über die Teilnehmerversammlung am 31. März 2011
wurde auf eine Selbstkontrolle der Teilnehmer verzichtet.
Der Kläger hat am 26. September 2011 Klage erhoben, zu deren Begründung er
geltend macht: In der Ladung zur Vorstandswahl sei von der
Flurbereinigungsbehörde gefordert worden, dass im Falle der Bevollmächtigung
eines Vertreters die Unterschrift des Vollmachtgebers amtlich beglaubigt sein
müsse. Zahlreiche Teilnehmer hätten von der Möglichkeit der Bevollmächtigung
Gebrauch gemacht. Allerdings sei in mindestens 15 Fällen die Beglaubigung
nicht rechtmäßig erfolgt. Bei drei Vertretern habe eine schriftliche Vollmacht
gänzlich gefehlt. Bei zwölf Vollmachten sei die Beglaubigung rechtswidrig.
Entgegen der Ansicht des Urkundsbeamten müsse der Vollmachtgeber seine
Unterschrift selbst anerkennen. Außerdem fehle bei den näher bezeichneten
Vollmachten der Identifizierungsvermerk. Sämtlichen Vollmachten, die lediglich
„anerkannt“ worden seien, fehle der Hinweis, ob dies vor dem Urkundsbeamten
erfolgt sei. Die Heilung eines solchen Verstoßes sei nicht möglich.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die am 31. März 2011 durchgeführte Wahl des
Vorstands der Beklagten unwirksam ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert: Die Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummer 131 und 480 hätten
Vollmachten erteilt, wobei eine Beglaubigung der Vollmachten entbehrlich
gewesen sei, weil diese unmittelbar gegenüber der LGLN abgegeben worden
seien. Der Teilnehmer mit der Ordnungs-Nummer 240 habe an der
Vorstandswahl am 31. März 2011 selbst teilgenommen. Die Teilnehmer mit den
Ordnungs-Nummern 134 und 306 hätten in Gegenwart des Urkundsbeamten
ihre Unterschriften anerkannt. Das Vorbringen über die Erteilung der amtlichen
Beglaubigungen der Vollmachten der Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummern
123, 157, 162, 204, 410, 455 und 483 sei zutreffend. Jedoch hätten diese
Vollmachtgeber übereinstimmend erklärt, dass sie die Vollmachtsurkunden
tatsächlich unterzeichnet hätten und der Wille vorgelegen habe, dem jeweiligen
Vollmachtnehmer das Stimmrecht für die Vorstandswahl zu übertragen. Der
Teilnehmer mit der Ordnungs-Nummer 122 habe eine Blankovollmacht erteilt.
Zugunsten der Teilnehmerin mit der Ordnungs-Nummer 223 habe tatsächlich
keine beglaubigte Vollmacht vorgelegen. Gleichwohl hätte sich an dem Ergebnis
der Wahl nichts geändert. In drei der 15 vom Kläger angeführten Fälle sei eine
Beglaubigung der Vollmacht nicht erforderlich gewesen. In neun Fällen sei eine
Beglaubigung der Vollmacht in Abwesenheit des Vollmachtgebers
vorgenommen worden. Dabei sei ausnahmsweise von der Möglichkeit der
Beglaubigung in Abwesenheit des Vollmachtgebers Gebrauch gemacht worden.
Die Anforderungen der Flurbereinigungsbehörde seien in vierzehn der fünfzehn
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vom Kläger angesprochen Fälle erfüllt worden. Die Abstimmung durch einen
nicht ordnungsgemäß bevollmächtigten Vertreter eines Teilnehmers hätte zu
keiner Änderung des Wahlergebnisses geführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Flurbereinigungsbehörde verwiesen, die Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl des Vorstands der
Beklagten hat Erfolg.
1. Sie ist als Feststellungsklage nach § 140 FlurbG in Verbindung mit § 138 Abs.
1 Satz 2 FlurbG und § 43 VwGO zulässig. Die Feststellungsklage ist hier
statthaft, weil der Kläger das Nichtbestehen eines feststellungsfähigen
Rechtsverhältnisses geltend machen kann. Ein solches Rechtsverhältnis ist in
der wirksamen Bestellung eines Vorstands der Teilnehmergemeinschaft im
Wege der Wahl zu sehen. Denn von der Frage der wirksamen Bestellung des
Vorstands hängt es ab, ob der Vorstand die ihm obliegenden Aufgaben im
Flurbereinigungsverfahren in wirksamer Weise für die Teilnehmergemeinschaft
wahrnehmen kann. In diesem Sinne streiten die Beteiligten letztlich um
feststellungsfähige Statusrechte (vgl. allgemein v. Albedyll, in: Bader u.a.,
VwGO, 5. Aufl. 2011, § 43 Rdnr. 2; bezogen auf die Wahl eines Vorstands einer
Teilnehmergemeinschaft: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Januar 2007
- OVG 70 A 3.06 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Juli 1977, - 3 C
60/76 -, RzF § 21 Abs. 2 FlurbG Nr. 5).
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung (§
43 Abs. 1 VwGO) der Unwirksamkeit der Vorstandswahl. Hierfür genügt jedes
als schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller
Art. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die
Rechtsposition des Klägers zu verbessern. Aus seiner mitgliedschaftlichen
Stellung als Teilnehmer ergibt sich sein Recht auf Beteiligung an der
körperschaftlichen Willensbildung der Teilnehmergemeinschaft und mit Blick auf
die Bedeutung der Geschäftsführung des Vorstands für die
Teilnehmergemeinschaft und die Teilnehmer zudem ein Anspruch auf
gesetzeskonforme Bestellung des Vorstands (vgl. OVG Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 18. Januar 2007, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.
Januar 1976 - IX G 23/75 -, RzF § 21 Abs. 2 FlurbG Nr. 4; OVG Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 6. Juli 1977, a.a.O.). Aus diesen Gründen liegt die in entsprechender
Anwendung von § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG und § 42 Abs. 2 VwGO
erforderliche Klagebefugnis des Klägers im Sinne einer eigenen
Rechtsbetroffenheit (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 29. Juni 1995 - BVerwG 2
C 32.94 -, BVerwGE 99, 64 und vom 27. Mai 2009 - BVerwG 8 C 10.08 -,
Buchholz 415.1 Allg. Kommunalrecht Nr. 171; v. Albedyll, a.a.O., § 43 Rdnr. 21)
vor.
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen.
Denn der Kläger kann seine Rechte als Teilnehmer an der Flurbereinigung nicht
durch Gestaltungs- oder Leistungsklage geltend machen. Die Wahl des
Vorstands einer Teilnehmergemeinschaft nach § 21 FlurbG stellt keinen
Verwaltungsakt dar, dessen Aufhebung im Wege einer Gestaltungsklage
(Anfechtungsklage nach § 140 FlurbG 1. Var. FlurbG) hätte verfolgt werden
können. Sie ist vielmehr als ein Akt der inneren Organisation der
Teilnehmergemeinschaft als öffentlich-rechtlicher Körperschaft (§ 16 Satz 2
FlurbG) anzusehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Januar 2007,
a.a.O., Bay. VGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - 13 A 02.1479 -, RdL 2003, 247
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und Urteil vom 26. März 1971 - 210 VII 69 -, RdL 1972, 71; VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 19. Januar 1987 - 7 S 2103/86 -, RzF § 21 Abs. 3
FlurbG Nr. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Januar 1976, a.a.O.;
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Juli 1977, a.a.O.; Wingerter, in:
Schwantag/Wingerter, FlurbG, § 21 Rdnr. 6; Quadflieg, Recht der
Flurbereinigung - Stand 1989 -, § 21 Rdnr. 29).
2. Die Klage ist auch begründet.
Der Kläger kann gegenüber der Beklagten die Feststellung beanspruchen, dass
die Wahl der Mitglieder des Vorstands der Beklagten und deren Stellvertreter
durch die Teilnehmerversammlung am 31. März 2011 unwirksam ist (a.). Die
Wahl genügt nicht den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips. Hier liegen
Verstöße gegen geltende Wahlgrundsätze vor (b.). Diese Verstöße sind auch
beachtlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie sich auf das
Wahlergebnis ausgewirkt haben (c.).
a. Das Feststellungsbegehren des Klägers richtet sich zu Recht gegen die
Beklagte. Begehrt ein Teilnehmer einer Flurbereinigung die Feststellung der
Unwirksamkeit der Wahl des Vorstands einer Teilnehmergemeinschaft, ist
richtiger Beklagter wegen der Einordnung der Wahl des Vorstands als eines
Akts der inneren Organisation der Teilnehmergemeinschaft nicht die
Flurbereinigungsbehörde, sondern die Teilnehmergemeinschaft selbst (Bay.
VGH, Urteile vom 27. Februar 2003 und 26. März 1971, a.a.O.; OVG Rheinland-
Pfalz, Urteil vom 25. Oktober 1982 - 9 C 10/82 -, RdL 1984, 154 [156]; Wingerter,
a.a.O., § 21 Rdnr. 6).
b. Die Wahl der Mitglieder des Vorstands der Beklagten und deren Stellvertreter
genügt nicht den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips gemäß Art. 20 Abs. 3
GG, das für die Wahl des Vorstands als eines Akts innerer Organisation der
Teilnehmergemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts Geltung
beansprucht (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 27. Februar 2007, a.a.O.). Ein Verstoß
gegen geltende Wahlrechtsgrundsätze ist darin zu sehen, dass an der Wahl der
Mitglieder des Vorstands der Beklagten und deren Stellvertreter zumindest zehn
Personen mitgewirkt haben, die weder Teilnehmer an der Flurbereinigung noch
von diesen wirksam bestellte Bevollmächtigte waren.
Zwar enthält das Flurbereinigungsgesetz keine Regelungen darüber, ob und wie
die Berechtigung zur Wahl der zur Versammlung erschienenen Teilnehmer und
Bevollmächtigte geprüft werden soll. Die Aufstellung eines
Wählerverzeichnisses wird gesetzlich nicht verlangt. Im Falle der Mitwirkung von
Bevollmächtigten an der Verstandswahl hat der Bevollmächtigte sich durch eine
schriftliche Vollmacht auszuweisen (§ 123 Abs. 1 FlurbG). Darüber hinaus kann
- wie hier - angeordnet werden, dass die Unterschrift auf der Vollmachtsurkunde
amtlich beglaubigt werden muss (§ 123 Abs. 2 FlurbG). Hier hat die
Flurbereinigungsbehörde mit der Einladung zur Teilnehmerversammlung unter
dem 3. März 2011 angeordnet, dass die Vollmacht spätestens im Termin dem
Amt vorgelegt werden und beglaubigt sein muss. Diese Anordnung hat bei der
Teilnehmerversammlung am 31. März 2011 weiterhin Bestand gehabt.
Die Vertreter der Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummern 122, 123, 157, 162,
183, 204, 223, 410, 455 und 483 haben an der Wahl des Vorstands der
Beklagten mitgewirkt, obwohl sie sich nicht vor der Wahl durch in wirksamer
Weise amtlich beglaubigte Vollmachten ausgewiesen haben. Die jeweilige
Beglaubigung der Unterschrift dieser Teilnehmer auf der Vollmachtsurkunde
genügt nicht den formellen Anforderungen für einen Beglaubigungsvermerk
nach § 34 Abs. 3 VwVfG und führt deshalb zur Nichtigkeit der amtlichen
Beglaubigung.
Nach § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 VwVfG sind u.a.
die nach § 3 NVwVfG zuständigen Behörden befugt, Unterschriften zu
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beglaubigen, wenn das unterzeichnete Schriftstück zur Vorlage bei einer
Behörde benötigt wird. Dabei soll eine Unterschrift nur beglaubigt werden, wenn
sie in Gegenwart des beglaubigenden Bediensteten vollzogen oder anerkannt
wird (§ 34 Abs. 2 FlurbG). Des Weiteren setzt eine wirksame amtliche
Beglaubigung einer Unterschrift voraus, dass der Beglaubigungsvermerk
unmittelbar bei der Unterschrift, die beglaubigt werden soll, anzubringen ist (§ 34
Abs. 3 Satz 1 VwVfG). Der Beglaubigungsvermerk muss u.a. die Angabe
enthalten, ob sich der für die Beglaubigung zuständige Bedienstete Gewissheit
über die Person verschafft hat und ob die Unterschrift in seiner Gegenwart
vollzogen oder anerkannt worden ist (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 VwVfG) sowie den
Hinweis, dass die Beglaubigung nur zur Vorlage bei der angegebenen Behörde
oder Stelle bestimmt ist (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 VwVfG). Genügt der
Beglaubigungsvermerk nicht den zwingenden Anforderungen des § 34 Abs. 3
Satz 2 VwVfG, führt dies zur Unwirksamkeit der amtlichen Beglaubigung (vgl.
Bonk/ Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 34 Rdnr. 18
und § 33 Rdnr. 31; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 34
Rdnr. 10; Ritgen, in: Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 34 Rdnr. 19;
Ziekow, VwVfG, 2. Aufl. 2010, § 34 Rdnr. 5; U. Müller, in: Bader/Ronellenfitsch,
VwVfG, § 34 Rdnr. 7; bei Fehlen des Identitätsvermerks nach § 34 Abs. 3 Satz 2
Nr. 2 VwVfG: OVG Saarland, Beschluss vom 17. Mai 1993 - 8 R 91/91 u.a. -,
juris und VG Halle, Urteil vom 27. Februar 2009 - 3 A 124/06 -, juris; offen
gelassen: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. November 1977 - XV A
725/76 -, DÖV 1978, 334).
Der Bedienstete der Gemeinde Stadland hat nach Maßgabe dessen den
formellen Anforderungen für den Beglaubigungsvermerk nach § 34 Abs. 3 Nr. 2
VwVfG nicht genügt. Er hat in dem jeweiligen Beglaubigungsvermerk nicht
aufgenommen, ob der Vollmachtgeber seine Unterschrift in Gegenwart des
Bediensteten der Behörde anerkannt hat. Hier hätte der Bedienstete der
Behörde im Beglaubigungsvermerk angeben müssen, dass die Echtheit der
bereits vollzogenen Unterschrift in Abwesenheit des Vollmachtgebers amtlich
beglaubigt worden ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der
Vordruck des Beglaubigungsvermerks die Worte „vor mir“ enthält. Diese Angabe
bezieht sich nach der Gestaltung des Beglaubigungsvermerks erkennbar nicht
auf die Fallgestaltung der Anerkennung der Unterschrift durch den
Vollmachtgeber. Der Vordruck des Beglaubigungsvermerks gibt dem
Bediensteten der Behörde die Möglichkeit, durch Ankreuzen eine der zwei
Alternativen der Beglaubigung einer Unterschrift (Vollziehung oder Anerkennung
der Unterschrift) zu erklären. Nach den einleitenden Worten „Die umstehende
Unterschrift ist von …“ weist die erste Alternative den Wortlaut „vor mir vollzogen“
und die zweite Alternative den Wortlaut „anerkannt“ auf, und endet mit den
Worten „worden und wird hiermit amtlich beglaubigt. Aber selbst wenn man dem
nicht folgen wollte, wäre der Beglaubigungsvermerk in so verstandener
Auslegung unstreitig unrichtig.
Daneben waren die Vertreter der Teilnehmer mit den Ordnungs-Nummer 204
und 223 aus weiteren Gründen nicht wirksam bevollmächtigt. Im Falle der
Teilnehmerin mit der Ordnungs-Nr. 204 ist der Beglaubigungsvermerk
unvollständig; es fehlt dort die Angabe zu § 34 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG. Im Falle des
Teilnehmers mit der Ordnungs-Nummer 223 fehlt der Beglaubigungsvermerk
gänzlich.
Ferner erweist sich die Wahl der Stellvertreter der Mitglieder des Vorstands der
Beklagten noch aus einem anderen Grunde als rechtswidrig und damit als
unwirksam. Nach § 21 Abs. 5 FlurbG ist für jedes Mitglied des Vorstands ein
Stellvertreter - von den Teilnehmern - zu wählen oder - von der
Flurbereinigungsbehörde - zu bestellen. Nach der Rechtsprechung des Bay.
VGH (Urteil vom 23. Februar 1966 - 152, 155 VII 65 -, RdL 1966, 194 = RzF § 21
Abs. 2 FlurbG Nr. 1) ist die im Wesentlichen wortgleiche Bestimmung des Art. 7
Abs. 3 AGFlurbG des Freistaats Bayern nicht dahin auszulegen, dass nur die
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gleiche Anzahl von Stellvertretern zu wählen wäre (so aber allgemein Wingerter,
a.a.O., § 21 Rdnr. 9 und Quadflieg, § 21 FlurbG Rdnr. 37), sondern dahin, dass
für jedes einzelne Mitglied des Vorstands ein bestimmter Stellvertreter zu wählen
ist. Diese Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist auf § 21 Abs. 5
FlurbG übertragbar. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass lediglich die Zahl der
Stellvertreter der der Vorstandsmitglieder entsprechen müsse, wäre eine
dahingehende Regelung zu erwarten gewesen. Eine Bestätigung seiner
Auslegung sieht der Senat in dem Vergleich zu der entsprechenden Regelung in
dem Reichsumlegungsgesetz vom 16. Juni 1937 (RGBl. I S. 629) - im
Folgenden RUG. § 17 RUG bestimmte, dass die Gemeinschaft der Teilnehmer
eine Körperschaft des öffentlichen Rechts war, die nach § 26 einen aus mehrere
Mitgliedern bestehenden Vorstand hatte, der gemäß § 27 Abs. 1 RUG von den
im Wahltermin anwesenden Teilnehmern mit der Mehrheit der abgegebenen
Stimmen zu wählen war. Nach § 27 Abs. 3 RUG waren für die Mitglieder des
Vorstandes die gleiche Zahl von Stellvertretern zu wählen oder zu bestellen. An
die Stelle des RUG trat das Flurbereinigungsgesetz vom 14. Juli 1953 (BGBl. I
S. 591). Die Regelungen über den rechtlichen Status der
Teilnehmergemeinschaft und die Bestellung eines Vorstands haben keine
wesentliche Änderung erfahren (vgl. § 16 und § 21 FlurbG 1953). Eine
abweichende Regelung findet sich jedoch über die Bestellung der Stellvertreter
der Mitglieder des Vorstands der Teilnehmergemeinschaft. § 21 Abs. 4 FlurbG
1953 bestimmte ebenso wie der nunmehr geltende § 21 Abs. 5 FlurbG, dass für
jedes Mitglied des Vorstandes ein Stellvertreter zu wählen oder zu bestellen ist.
Die mithin festzustellende Abweichung der bis 1953 geltenden Regelung in § 27
Abs. 3 RUG und der seither geltenden Bestimmung im FlurbG zur Wahl oder
Bestellung der Stellvertreter der Mitglieder des Vorstands einer
Teilnehmergemeinschaft kann nur dahin verstanden werden, dass nach dem
FlurbG für jedes einzelne Mitglied des Vorstands ein bestimmter Stellvertreter
von den Teilnehmern zu wählen ist oder von Amts wegen bestellt wird (zu den
Modalitäten der Wahl des jeweiligen Stellvertreters eines Mitglieds des
Vorstands durch die Teilnehmerversammlung vgl. Bay. VGH, Urteil vom 23.
Februar 1966, a.a.O.).
c. Der Einfluss dieser Wahlfehler auf das Wahlergebnis kann hier nicht
ausgeschlossen werden. Nach dem in der Rechtsprechung zur Wahlprüfung
allgemein anerkannten Prinzip der potentiellen Kausalität kommt es nur darauf
an, dass die Möglichkeit eines Einflusses auf das Wahlergebnis besteht. Diese
Kausalität ist hier gegeben. Wären die Bevollmächtigten der o.a. zehn
Teilnehmer mangels amtlicher Beglaubigung ihrer Vollmachten zur Wahl nicht
zugelassen worden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass anstelle des
Teilnehmers Holger Busch (77 Stimmen) der Teilnehmer Heiko Meinardus (71
Stimmen) gewählt worden wäre. Entsprechendes gilt auch für die Wahl der
Stellvertreter der Mitglieder des Vorstands. Daneben beruht das festgestellte
Wahlergebnis der Stellvertreter der Mitglieder des Vorstands auf dem
fehlerhaften Wahlverfahren (fehlende Wahl eines bestimmten Stellvertreters für
jedes einzelne Mitglied des Vorstands).
Aufgrund der zuvor dargelegten Wahlfehler ist die gesamte Wahl ungültig. Eine
Nachwahl nur eines Mitglieds des Vorstands der Teilnehmergemeinschaft und
der Stellvertreter kommt nicht in Betracht. Denn das Gesetz sieht nur einen
einheitlichen Wahlvorgang vor. Nach § 21 Abs. 3 Satz 3 FlurbG steht mit der
Reihenfolge der Anzahl der auf die Wahlvorschläge entfallenden Stimmen auch
die Reihenfolge der Gewählten fest. Dies erfordert zur Wiederherstellung der
gleichen Wahlchancen eine Wiederholung der gesamten Wahl (VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 19. September 1985, a.a.O.).