Urteil des HessVGH vom 10.01.2006

VGH Kassel: organisation, innere sicherheit, bekämpfung des terrorismus, gefährdung, verfügung, aufschiebende wirkung, zugehörigkeit, hessen, gasp, ausweisung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
12. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 TG 1911/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 54 Nr 5 AufenthG 2004, §
54 Nr 6 AufenthG 2004, §
54 Nr 5a AufenthG 2004, §
129a StGB
(Ausländer; Organisation Kalifatstaat; Unterstützung;
Zugehörigkeit; Zeitschriftenbezug)
Leitsatz
1. Nur wenn feststeht, dass eine Vereinigung terroristische Bestrebungen unterstützt
oder sich selbst terroristisch betätigt, kommt eine tatbestandsmäßige Unterstützung
durch einzelne Personen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG in Betracht (wie BVerwG,
Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -).
2. Nach derzeitiger Erkenntnislage handelt es sich bei der verbotenen Organisation
Kalifatstaat nicht um eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt.
3. Die bloße Zugehörigkeit zu einer nach dem Vereinsgesetz verbotenen Organisation
genügt nicht für die Feststellung einer Gefährdung der freiheitlichen-demokratischen
Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 54
Nr. 5a AufenthG (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -).
4. Der bloße Bezug der Zeitschrift einer verbotenen Organisation begründet im Regelfall
noch keine Sicherheitsgefahr im Sinne von § 54 Nr. 5a AufenthG.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird unter Abänderung des Beschlusses
des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juni 2005 die aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs gegen den ausländerbehördlichen Bescheid vom 26.
April 2005 angeordnet bzw. wiederhergestellt.
Der Antragsgegner hat - unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses auch
insoweit - die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Aufgrund des Beschwerdevorbringens
(§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ist festzustellen, dass die angefochtene Verfügung
sich im Hauptsacheverfahren wahrscheinlich als rechtswidrig erweisen wird. Die
angegriffene Ausweisungsverfügung kann voraussichtlich weder auf § 54 Nr. 5
noch auf Nr. 5 a oder Nr. 6 AufenthG gestützt werden. Unter diesen Umständen
überwiegen die privaten Interessen des Antragstellers an einem vorläufigen
Verbleib in Deutschland die öffentlichen Interessen an der sofortigen Vollziehung.
Dies gilt hier insbesondere, weil - wie unten ausgeführt wird - keine konkrete vom
Antragsteller ausgehende Gefahr für die innere Sicherheit erkennbar ist, deren
Verwirklichung bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu befürchten wäre.
Im Einzelnen:
Nach § 54 Nr. 5 AufenthG wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört
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Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört
oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige
Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat. Voraussetzung für die Anwendung
dieses Regelausweisungstatbestandes ist demnach, dass die Vereinigung, deren
Unterstützung dem Ausländer vorgeworfen wird, ihrerseits terroristischen
Charakter hat oder den Terrorismus unterstützt. Nur wenn feststeht, dass eine
Vereinigung terroristische Bestrebungen unterstützt oder sich selbst terroristisch
betätigt, kommt eine tatbestandsmäßige Unterstützung durch einzelne Personen
in Betracht (BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, juris-Ausdruck Ziffer 41
= NVwZ 2005, 1091, 1093 f. = DVBl. 2005, 1203, 1207 f.).
Der Begriff des Terrorismus ist im Aufenthaltsgesetz nicht definiert. Einen
Anhaltspunkt zur Begriffsbestimmung kann zunächst der Katalog des § 129a Abs.
1 und 2 StGB bieten (Hailbronner, Ausländerrecht, § 54 AufenthG Rn. 28). Da die
Bundesrepublik Deutschland mit den Bestimmungen zur Regelausweisung bei
Personen, die der Unterstützung des Terrorismus verdächtig sind, auch ihren
internationalen Verpflichtungen zur Terrorismusbekämpfung nachkommt (siehe
Hailbronner, a.a.O., § 54 AufenthG Rn. 28 am Ende), können darüber hinaus zur
Begriffsbestimmung Beschlüsse der EU, die etwa in Form eines "Gemeinsamen
Standpunktes" einen textlichen Niederschlag gefunden haben, herangezogen
werden (siehe so auch BVerwG, Urteil vom 15.03.2005, a.a.O., juris-Ausdruck Ziff.
42).
Dem Antragsteller wird vorgeworfen, die nach dem Vereinsgesetz verbotene
Vereinigung "Kalifatstaat" zu unterstützen bzw. unterstützt zu haben. Die
Vereinigung "Kalifatstaat" ist durch Verfügung des Bundesministerium des Innern
vom 8. Dezember 2001 auf der Grundlage des Vereinsgesetzes verboten worden.
Diese Verfügung ist nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.
November 2002 (- 6 A 4.02 -, DVBl. 2003, 873 ff. = NVwZ 2003, 986 ff.)
bestandskräftig. In der Verfügung ist festgestellt, dass die Vereinigung
Kalifatsstaat sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der
Völkerverständigung richtet sowie die innere Sicherheit und sonstige erhebliche
Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Der "Kalifatstaat" wolle unter
der Führung des selbst ernannten "Emir der Gläubigen und Kalif der Muslime"
Metin Kaplan nicht nur das laizistische Staatsgefüge der Türkei beseitigen, sondern
strebe darüber hinaus eine islamische Ordnung auf der Grundlage der Scharia mit
dem Endziel der Weltherrschaft des Islam an. Den Äußerungen des "Kalifatstaats"
sei zu entnehmen, dass er die Demokratie für mit dem Islam unvereinbar und für
verderblich halte. Der "Kalifatstaat" beanspruche im Widerspruch zu
rechtsstaatlichen Grundsätzen eigene Staatsgewalt. Die Organisation verfolge ihre
Ziele in kämpferisch-aggressiver Weise. Ihre Äußerungen seien hetzerisch und von
Aufrufen zur gewaltsamen Auseinandersetzung mit dem (politischen) Gegner
geprägt. In der Propagierung gewaltsamer Mittel liege zugleich eine Gefährdung
der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Die Agitation gegen die
Republik Türkei verstoße ebenso gegen den Gedanken der Völkerverständigung
wie die Agitation gegen Israel und die Juden. Diese Bewertung des "Kalifatstaats"
entspricht im Wesentlichen auch der aktuellen Bewertung des Hessischen
Verfassungsschutzes (siehe: Verfassungsschutz in Hessen, Bericht 2004, S. 37).
Demgegenüber lässt sich nicht feststellen, dass es sich bei dem "Kalifatstaat" um
eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt. Im Rahmen des
Strafverfahrens gegen den Führer des "Kalifatstaats", Metin Kaplan, wurde der
Haftbefehl gegen Kaplan zunächst auch auf den dringenden Tatverdacht einer
Straftat nach § 129a StGB gestützt. Nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs
vom 30. Juni 1999 (- StB 5/99 -, - 2 BJs 95/97 -, - 4 StB 5/99 -, NStZ 1999, 503)
konnte jedoch der dringende Tatverdacht einer Straftat nach § 129a nicht
festgestellt werden. Allein der Aufruf zur Tötung eines angeblichen Abweichlers
oder Konkurrenten kann hiernach im Fall des Kalifatsstaats nicht den dringenden
Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung im Sinne des § 129a StGB
rechtfertigen. Im folgenden Strafprozess wurde Metin Kaplan gemäß § 111 StGB
wegen öffentlichem Aufrufs zu Straftaten verurteilt. In der angefochtenen
Verfügung werden auch keine neueren Erkenntnisse mitgeteilt, die aus heutiger
Sicht die Feststellung tragen könnten, dass es sich bei der Vereinigung
"Kalifatstaat" um eine terroristische Vereinigung oder eine Vereinigung handelt, die
ihrerseits den Terrorismus unterstützt. Vielmehr wird der in der Verbotsverfügung
des Bundesinnenministeriums festgestellte Sachverhalt durch den aktuellen
Verfassungsschutzbericht (a.a.O.) bestätigt.
Bei dem "Kalifatstaat" handelt es sich weiter auch um keine Vereinigung, die auf
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Bei dem "Kalifatstaat" handelt es sich weiter auch um keine Vereinigung, die auf
Ebene der EU als terroristisch eingestuft wird. In einer Liste der an terroristischen
Handlungen beteiligten Personen, Vereinigungen und Körperschaften ist der
"Kalifatstaat" nicht aufgeführt (vgl. zuletzt Anhang zu dem Gemeinsamen
Standpunkt 2005/220/GASP des Rates vom 14. März 2005 zur Aktualisierung des
gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer
Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. 2005, L 069, S. 59).
Demgegenüber sind dort etwa die kurdische PKK (Nr. 21 der Liste) oder die
palästinensische Hamas (Nr. 16) benannt.
Auf dieser Sachverhaltsgrundlage scheidet weiter eine Regel-Ausweisung nach §
54 Ziff. 6 AufenthG aus. Nach dieser Vorschrift wird in der Regel ein Ausländer
ausgewiesen, der in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die
Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung
oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder
anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten falsche oder
unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen
macht, die der Unterstützung des internationalen Terrorismus verdächtig sind.
Hiernach kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob dem Antragsteller
vorgeworfen werden kann, bei seiner Sicherheitsbefragung am 4. Mai 2005 zu den
gestellten Fragen in wesentlichen Punkten falsche oder unvollständige Angaben
gemacht und dabei insbesondere Verbindungen zur Organisation Kalifatstaat nur
unvollständig angegeben zu haben. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass
es sich bei der Organisation "Kalifatstaat" um eine Vereinigung handelt, die der
Unterstützung des internationalen Terrorismus verdächtig ist. Zwar genügt nach
dem Wortlaut von § 54 Ziff. 6 AufenthG im Vergleich zum Wortlaut von § 54 Ziff. 5
der bloße Verdacht, dass eine Organisation den internationalen Terrorismus
unterstützt und eine positive Feststellung einer solchen Unterstützung ist im
Rahmen von § 54 Ziff. 6 AufenthG nicht erforderlich. Jedoch fehlt es in der
angefochtenen Verfügung auch an Feststellungen dazu, dass Anhaltspunkte dafür
bestehen, die Organisation "Kalifatstaat" unterstütze den internationalen
Terrorismus. In Frage kämen hier etwa konkrete Feststellungen dazu, dass es
Anhaltspunkte dafür gibt, die Organisation pflege Verbindungen zu terroristischen
islamistischen Organisationen im Ausland.
Schließlich kann die angefochtene Verfügung voraussichtlich auch nicht auf § 54
Ziff. 5a AufenthG gestützt werden. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in
der Regel ausgewiesen, wenn er die freiheitliche demokratische Grundordnung
oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet oder - was
vorliegend aber nicht in Betracht kommt - sich bei der Verfolgung politischer Ziele
an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit
Gewaltanwendung droht. Für die Feststellung einer Gefährdung der freiheitlichen
demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik
Deutschland reicht die bloße Zugehörigkeit zu einer Vereinigung, die ihrerseits
wegen Gefährdung der inneren Sicherheit nach Art. 9 Abs. 2 GG oder § 14 Abs. 1
VereinsG verboten werden kann oder verboten ist, für sich genommen nicht aus
(BVerwG, Urteil vom 15.03.2005, a.a.O.). Dies ergibt sich schon aus der
Systematik des § 54 AufenthG: Nach § 54 Nr. 7 AufenthG erfüllt den Regel-
Ausweisungstatbestand ohne weitergehende Feststellungen (nur), wer zu den
Leitern eines unanfechtbar verbotenen Vereins gehörte. Bei einer sonstigen
Betätigung für eine verbotene Vereinigung muss sich demnach der
vereinsrechtliche Verbotsgrund der Gefährdung der inneren Sicherheit nach
polizeirechtlichen Grundsätzen in der Person des Ausländers konkretisiert haben
(BVerwG, a.a.O.; ferner Urteil vom 31.05.1994 - 1 C 5.93 - BVerwGE 96, 86, 92;
Bay. VGH, Beschluss vom 09.11.2005 - 24 CS 05.2621 -, juris-Ausdruck Rz. 91;
VGH Mannheim, Beschluss vom 18.11.2004 - 13 S 2394/04 -, InfAuslR 2005, 31,
33; VGH Mannheim, Beschluss vom 07.05.2003 - 1 S 254/03 -, EZAR 032 Nr. 20;
Hailbronner, a.a.O., § 54 AufenthG Rn. 41). Hierbei muss nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15.03.2005, a.a.O., juris-Ausdruck Ziff.
23) zur Feststellung einer Gefährdung der inneren Sicherheit durch den
Betroffenen in Zusammenhang mit einer Betätigung für verbotene Vereine und
Organisationen insbesondere geprüft werden, ob der Ausländer gegen das
strafrechtlich bewehrte Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz verstoßen hat.
Hiernach kann zunächst die der angegriffenen Verfügung zugrundeliegende
Annahme, der Antragsteller sei ein Anhänger der Organisation "Kalifatstaat", weil
er Mitglied des Vereins "Ümmet-Moschee" in A-Stadt sei und dort verkehre, auf
einer "Personalliste des Kaplan-Verbandes" auftauche und ein auf ihn
zugelassenes Fahrzeug vor den Räumlichkeiten der "Islamischen Föderation
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zugelassenes Fahrzeug vor den Räumlichkeiten der "Islamischen Föderation
Hessen" in Frankfurt sowie im nahen Umfeld der Ümmet-Moschee festgestellt
worden sei, für sich genommen nicht den Tatbestand einer Gefährdung der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik
Deutschland im Sinne von § 54 Nr. 5a AufenthG tragen.
Das Gleiche gilt, soweit dem Antragsteller vorgehalten wird, Vereinszeitschriften
der verbotenen Organisation "Kalifatstaat" zu beziehen. Denn der bloße Bezug
einer Zeitschrift stellt im Unterschied etwa zur Verteilung der Zeitschrift einer
verbotenen Organisation nach Auffassung des Senats im Regelfall noch keine
Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der
Bundesrepublik Deutschland dar. Durch die bloße passive Entgegennahme von
verbotenen Zeitschriften werden verfassungsfeindliche Bestrebungen nicht nach
außen gefördert und es wird eine Sicherheitsgefahr nicht hervorgerufen,
abgesehen von der bloß mittelbaren und in der Regel unerheblichen Förderung
durch den Spendencharakter eines Entgelts für den Zeitschriftenbezug. Dieser
Wertung entsprechend, hat der Bundesgerichtshof entschieden (Beschluss vom
03.11.2005 - 3 StR 333/05 -, juris; zitiert auch in FAZ vom 03.01.2006), dass allein
das Abonnement der Zeitschrift der verbotenen Organisation "Kalifatstaat" nicht
strafbar ist als Zuwiderhandlung gegen das Vereinsverbot oder als Verstoß gegen
§ 85 Abs. 2 StGB und dass im Unterschied dazu etwa die Verteilung der
Vereinszeitschrift des verbotenen "Kalifatsstaats" die genannten strafrechtlichen
Tatbestände erfüllt (s. BGH, Urteil vom 10.03.2005 - 3 StR 245/04 -, NJW 2005,
2164). Das Schutzgut der inneren Sicherheit des Staates wird nicht gefährdet
durch die bloße Entgegennahme der Zeitschrift und daher kann im Regelfall durch
solche Verhaltensweisen eine Gefährdung der inneren Sicherheit nicht begründet
werden.
Schließlich vermag auch die Feststellung in der angefochtenen Verfügung, der
Antragsteller habe im Oktober 1994 gemeinsam mit zwei weiteren Personen für
eine Kulturveranstaltung der "Türkisch-Islamischen Gemeinschaft A-Stadt" die
Unterfrankenhalle in Aschaffenburg angemietet und während der Veranstaltung
habe sich herausgestellt, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein
Zusammentreffen der islamischen Extremisten "Verband der islamischen Vereine
und Gemeinden e. V." (ICCB) gehandelt habe, eine Ausweisung wegen Gefährdung
der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der
Bundesrepublik Deutschland nach § 54 Nr. 5a AufenthG nicht zu tragen. Dieser
Sachverhalt liegt - seine Richtigkeit für das Eilverfahren unterstellt - bereits über 10
Jahre zurück, ohne dass seither eine Fortsetzung solcher möglicherweise auf aktive
verfassungsfeindliche Bestrebungen hindeutenden Tätigkeiten des Antragstellers
hätte festgestellt werden können. An die Förderung des Zusammenhalts einer als
verfassungsfeindlich verbotenen Organisation kann für den damaligen Zeitpunkt
nicht angeknüpft werden, weil im Jahre 1994 der Verband ICCB (bzw. die
Organisation "Kalifatstaat") noch nicht verboten war. Unabhängig davon könnte
ohne weitere Anhaltspunkte aus einer Verhaltensweise, die 11 Jahre zurückliegt
und sich als einmalige und nicht besonders intensive organisatorische
Unterstützung einer extremistischen Bestrebung darstellen würde, kaum auf eine
aktuelle Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, die sich in der
Person des Antragstellers konkretisiert, geschlossen werden.
Da die übrigen dem Antragsteller vorgeworfenen Verhaltensweisen wie dargestellt
bereits im Ansatz keine Gefährdung der inneren Sicherheit begründen können,
kann sich auch aus einer Gesamtschau aller in der angegriffenen Verfügung
bewerteten Umstände nichts Abweichendes ergeben.
Die Entscheidungen über die Kosten und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens
ergeben sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3
Satz 3 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.