Urteil des HessVGH vom 03.12.2001

VGH Kassel: rücknahme, unrichtige angabe, pakistan, anspruch auf einbürgerung, arglistige täuschung, botschaft, geschiedene frau, eidesstattliche erklärung, doppelehe, staatsangehörigkeit

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
12. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 UE 2451/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 9 RuStAG, Art 6 Abs 1
GG, Art 16 Abs 1 GG, § 113
Abs 1 VwGO, § 114 VwGO
(Rücknahme der Einbürgerung; Doppelehe; Ermessen)
Tatbestand
Der ... 1958 in G. (Pakistan) geborene Kläger hielt sich das ... erste Mal in den
Jahren 1980 bis 1983 in Deutschland auf und betrieb erfolglos ein Asylverfahren.
Im Jahre 1983 kehrte er nach Pakistan zurück und schloß dort die Ehe mit Frau R.
K., mit der zusammen er inzwischen vier Kinder hat. Am 20. Juli 1989 kam der
Kläger erneut nach Deutschland und stellte einen Asylfolgeantrag. Diesen nahm er
zurück, nachdem er am 29. Juni 1990 die deutsche Staatsangehörige ... C. K.
geheiratet hatte. Bei der Eheschließung legte der Kläger sowohl eine amtliche
Bestätigung seiner Ehelosigkeit in Pakistan vom 23. Januar 1990 als auch eine
eidesstattliche Erklärung seines Vaters vor, dass er ledig und noch nicht
verheiratet gewesen sei. Aufgrund der Eheschließung erhielt der Kläger zunächst
eine befristete und am 28. September 1993 eine unbefristete
Aufenthaltserlaubnis.
Am 8. August 1994 beantragte der Kläger seine Einbürgerung. Dabei kreuzte er in
dem Antragsformular bei der Frage nach früheren Ehen die Antwort "nein" an und
strich die Felder in dem Abschnitt "Kinder" durch. In dem handschriftlichen
tabellarischen Lebenslauf erwähnte er ebenfalls nichts von einer früheren Ehe oder
Kindern. Daraufhin erteilte das Regierungspräsidium Gießen dem Kläger unter dem
3. Juli 1995 eine bis 1. Juli 1997 befristete Einbürgerungszusicherung für den Fall,
dass der Kläger den Verlust der pakistanischen Staatsangehörigkeit nachweist.
Nachdem der Kläger am 20. Juli 1995 seinen Pass bei der pakistanischen Botschaft
in Bonn abgegeben und diese unter dem 17. Februar 1996 unter Hinweis auf ein
Schreiben der Generaldirektion für Einwanderung und Pässe vom 11. Februar 1996
die Registrierung des Verzichts des Klägers auf die pakistanische
Staatsangehörigkeit bestätigt hatte, wurde der Kläger am 20. Februar 1996 unter
Aushändigung der Einbürgerungsurkunde vom 15. August 1995 eingebürgert.
Am 28. Dezember 1996 wurde die Ehe des Klägers mit Frau K. geschieden. Am 28.
Mai 1997 beantragte Frau R. K. für sich und drei Kinder bei der Deutschen
Botschaft in Islamabad die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung zum Zwecke
der Familienzusammenführung mit dem Kläger. Dazu gab sie an, sie sei Witwe und
der Kläger habe mit ihr am 3. Januar 1997 in G. (Pakistan) die Ehe geschlossen
und wolle die eheliche Lebensgemeinschaft in Deutschland fortsetzen. Dem
Bericht der Botschaft zu Folge sollen der Kläger und Frau K. seit 9. August 1985
verheiratet sein und es sich bei den 3 Kindern um gemeinsame eheliche Kinder
und nicht um Kinder Frau K. aus erster Ehe handeln. Die Sterbeurkunde ihres
angeblichen ersten Ehemanns sowie eine entsprechende Sterbebescheinigung
eines Krankenhauses seien als Fälschung identifiziert worden. Außerdem habe der
Registerbeamte des Geburtsregisters mündlich zugegeben, dass die
Geburtseinträge der drei Kinder hinsichtlich der Angaben zu Vater und Großvater
verändert worden seien.
Daraufhin leitete das Regierungspräsidium Gießen ein Rücknahmeverfahren
hinsichtlich der Einbürgerung ein und erstattete Strafanzeige gegen den Kläger.
Das Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht
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Das Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht
Limburg a. d. Lahn am 17. September 1998 gemäß § 153a Abs. 1 StPO gegen
Zahlung einer Geldbuße von 1.000 DM an eine gemeinnützige Einrichtung ein.
Mit Bescheid vom 14. Januar 1999 nahm das Regierungspräsidium Gießen die
Einbürgerung des Klägers zurück und führte dazu aus, die aufgrund von § 9 Reichs-
und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) vorgenommene Einbürgerung sei
materiell rechtswidrig gewesen, da die erforderlichen
Einbürgerungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Hinsichtlich der
Voraussetzung der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse sei die
Einbürgerungsbehörde seinerzeit von einem Sachverhalt ausgegangen, der in
Wahrheit nicht vorgelegen habe, nämlich davon, dass der Kläger noch
unverheiratet am 29. Juni 1990 die Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen C. K.
eingegangen sei. Demgegenüber sei die Einbürgerungsbehörde nunmehr davon
überzeugt, dass der Kläger im Zeitpunkt der Eheschließung nicht mehr ledig
gewesen sei, sondern bereits zuvor in Pakistan am 9. August 1985 die
pakistanische Staatsangehörige R. K. geheiratet habe und aus dieser Ehe drei
Kinder hervorgegangen seien. Dieser neue den Angaben des Klägers
widersprechende Sachverhalt sei nicht geeignet, die Annahme einer Einordnung
des Klägers in die deutschen Lebensverhältnisse zu rechtfertigen. Die deutschen
Lebensverhältnisse seien maßgeblich durch das hier herrschende und das Institut
der Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG bestimmende Prinzip der Einehe geprägt.
Die Doppelehe sei verboten und strafbewehrt. Indem der Kläger gegen das Verbot
der Doppeleheschließung verstoßen und dem Prinzip der Einehe über eine Dauer
von sechs Jahren hinweg zuwider gehandelt habe, habe er erkennen lassen, dass
er die Grundzüge der in Deutschland geltenden sozialen und rechtlichen Ordnung
nicht hinreichend verinnerlicht habe. Solches Verhalten lasse nur den Schluss zu,
dass der Kläger trotz jahrelanger Abwesenheit den in seinem Herkunftsland
herrschenden rechtlichen, kulturellen und sozialen Verhältnissen deutlich näher
stehe als der damit kollidierenden deutschen Rechts- und Werteordnung. Letztlich
sei dadurch, bezogen auf den Einbürgerungszeitpunkt, eine für ihn günstige
Prognose dahingehend, seine Integration werde sich mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit vollziehen, ausgeschlossen. Unabhängig
davon, ob eine arglistige Täuschung gegeben sei, habe der Kläger die
Einbürgerung jedenfalls durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung
unrichtig oder unvollständig gewesen seien (§ 48 Abs. 2 HVwVfG). Dem Kläger sei
auch bewußt gewesen, dass er wahrheitswidrige bzw. unvollständige Angaben
gemacht hat. Eine Rücknahme habe zu unterbleiben, wenn entweder zum
Zeitpunkt der Einbürgerung auch aus anderen Vorschriften eine Einbürgerung
möglich gewesen wäre ode dies gegenwärtig der Fall wäre. Beides treffe jedoch
nicht zu. Auch die Dauer des Aufenthalts des Klägers in Deutschland sei nicht so
lange, dass eine Rücknahme der Einbürgerung untunlich wäre. Bei dieser Sachlage
überwiege das öffentliche Interesse einer Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
gegenüber dem Interesse des Klägers an der Beibehaltung der deutschen
Staatsangehörigkeit.
Mit dem hiergegen am 25. Januar 1999 eingelegten Widerspruch machte der
Kläger geltend, die von der Einbürgerungsbehörde angeführten Gründe beruhten
lediglich auf Vermutungen; denn er habe zu keiner Zeit eine Doppelehe geführt
und sei bei der Eheschließung mit Frau K. nicht mehr mit Frau K. verheiratet
gewesen, da die letztere Ehe zu diesem Zeitpunkt geschieden gewesen sei. Frau
K. sei zwar seine erste Ehefrau gewesen, die Ehe sei jedoch vor dem 25. Juni 1990
geschieden worden. Über die von Frau K. vorgelegten Unterlagen wisse er nichts.
Sollten dort Manipulationen vorgenommen sein, so seien diese jedenfalls nicht
durch ihn veranlasst. Diesen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Gießen
mit Bescheid vom 25. August 1999 zurück und führte dazu zusätzlich aus, der
Kläger sei dafür, dass er sich vor der Eheschließung mit Frau K. habe scheiden
lassen, als darlegungspflichtige Partei beweispflichtig geblieben. Er habe weder
Zeitpunkt noch Ort der Ehescheidung noch irgendwelche Nachweise vorgelegt, die
überprüft werden könnten. Gegen ihn spreche auch, dass zwar die Heirat mit Frau
K. registriert sei, eine Scheidung jedoch anscheinend nirgendwo registriert worden
sei. Nachweislich der Angaben der Botschaft in Islamabad sei die Scheidung auch
nicht in den Papieren der Frau K. registriert worden. Zudem habe der Kläger bei
Vorliegen einer Scheidung hierzu Angaben in seinem Einbürgerungsantrag
machen müssen.
Mit der hiergegen am 23. September 1999 erhobenen Klage hat der Kläger sein
Begehren weiter verfolgt und unter Vorlage von Urkunden geltend gemacht, die
Ehe mit Frau K. sei im Jahre 1989 geschieden worden. Die Wiederverheiratung mit
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Ehe mit Frau K. sei im Jahre 1989 geschieden worden. Die Wiederverheiratung mit
seiner ersten Frau sei am 3. Januar 1997 in W./G. erfolgt. Den Einbürgerungsantrag
vom 8. August 1994 habe er nicht selbst ausgefüllt, die Ausfüllung sei durch einen
Kollegen erfolgt, und es sei unklar, wie es zu der falschen Eintragung gekommen
sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 14. Januar 1999 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 25. August 1999 aufzuheben und die Hinzuziehung
des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zu den vom Kläger vorgelegten Scheidungsunterlagen hat der Beklagte mitgeteilt,
die Deutsche Botschaft in Islamabad habe diese überprüfen lassen und der
Vertrauensanwalt habe sie für echt befunden. Ob es sich um nachträglich erstellte
Unterlagen handele, könne derzeit nicht nachgewiesen werden. Hierfür spreche
aber, dass der Kläger sowohl beim Einbürgerungsantrag als auch bei der
Eheschließung mit Frau K. frühere Ehen verneint und im September/Oktober 1999
beim Standesamt H. um Aushändigung der seinerzeit bei der Aufgebotsbestellung
vorgelegten Originalunterlagen gebeten habe. Außerdem habe im Zeitpunkt der
Einbürgerung zwischen dem Kläger und seiner deutschen Ehefrau tatsächlich keine
eheliche Lebensgemeinschaft mehr bestanden; die Eheleute R. hätten vielmehr
bereits seit Juli 1995 getrennt gelebt. Daher habe sich der Kläger auch durch
unvollständige Angaben hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse während des
laufenden Einbürgerungsverfahrens die Einbürgerung erschlichen.
Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit Urteil vom 12. Juni 2001 die Klage
abgewiesen und dazu ausgeführt, die Rücknahme der Einbürgerung sei nicht
rechtswidrig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Grundlage für die
Rücknahme sei in Ermangelung besonderer Regelungen § 48 HVwVfG. Die am 20.
Februar 1996 vollzogene Einbürgerung des Klägers sei rechtswidrig, da die
Voraussetzungen für die Einbürgerung nicht vorgelegen hätten. Ob der Kläger
tatsächlich im Zeitpunkt der Eheschließung mit Frau K. in Deutschland aufgrund
einer wirksamen Scheidung in Pakistan ledig gewesen sei, bleibe offen. Die
Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse (§ 9 StAG) sei hier bereits
aufgrund des Verhaltens des Klägers bei der Antragstellung zu verneinen. Der
Ausländer müsse gerade die für die Einbürgerung erkennbar bedeutsamen
Angaben zu seinen persönlichen Lebensumständen vollständig und richtig
angeben und dürfe hierbei nichts Wesentliches verschweigen oder bewußt in der
Bedeutung herabwürdigen. Im Zusammenhang mit einer Einbürgerung nach § 9
StAG seien jedenfalls vollständige und richtige Angaben zu der aktuellen
Familiensituation und auch zu einer früheren Ehe und der Existenz von Kindern zu
zählen. Der Kläger habe sich in seinem Antrag auf Einbürgerung in zwei wichtigen
Punkten nicht korrekt erklärt. Er habe auf die in dem Vordruck ausdrücklich
gestellte Frage nach früheren Ehen, indem er das Feld "nein" angekreuzt habe,
nicht wahrheitsgemäß geantwortet und auch zu seinen drei Kindern keine Angaben
gemacht. In diesem Zusammenhang sei weiter zu berücksichtigen, dass der
Kläger bereits die Heirat mit Frau K. unter Verwendung von schriftlichen Lügen,
nämlich den wahrheitswidrigen Bestätigungen des Vorsitzenden des Gemeinderats
und seines Vater, betrieben habe. Schon zu diesem Zeitpunkt sei dem Kläger
offenbar daran gelegen gewesen, seine frühere Ehe in Pakistan zu verbergen. Des
Weiteren sei der Kläger aber auch der Verpflichtung zur Mitteilung wesentlicher
Änderungen in seinen Lebensumständen nicht nachgekommen. Er habe nämlich
in der schriftlichen weiteren Begründung des Antrags ausgeführt, dass er seit fünf
Jahren hier in Deutschland lebe und seit vier Jahren mit einer deutschen Frau
verheiratet sei und sie zusammen wohnten. Diese Angabe sei zwar im Zeitpunkt
der Antragstellung wohl noch zutreffend gewesen; die Ehefrau des Klägers habe
sich aber einige Zeit später, nämlich im Juli oder August 1995, von dem Kläger
getrennt. Der Kläger hätte die Verpflichtung gehabt, entsprechende Änderungen
seiner Familiensituation der Einbürgerungsbehörde mitzuteilen. Die Rücknahme
der Einbürgerung sei auch hinsichtlich der konkret getroffenen Entscheidung
rechtmäßig. Dem Kläger müsse vorgehalten werden, dass er seine Einbürgerung
durch in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben
erschlichen habe. Der Rücknahme der Einbürgerung stehe auch nicht entgegen,
dass der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids einen
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dass der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids einen
Anspruch auf Einbürgerung gehabt hätte. Des Weiteren sei die
Rücknahmeentscheidung rechtzeitig erfolgt. Schließlich sei die Rücknahme auch
nicht deshalb rechtswidrig, weil der Kläger dadurch in seinen Grundrechten verletzt
sein könnte. Insbesondere werde er durch die mit Rücknahme eintretende
Staatenlosigkeit nicht in seinen Rechten nach Art. 16 Abs. 1 GG verletzt. Die
Einbürgerungsbehörde habe das ihr zustehende Ermessen entsprechend dem
Zweck der Ermächtigung ausgeübt. Anhaltspunkte dafür, dass sie das Ermessen
fehlerhaft ausgeübt habe, bestünden nicht.
Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 7. September
2001 (12 UZ 2190/01) verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und macht
geltend, die Rücknahme einer Einbürgerung sei grundsätzlich zulässig, wenn sie
erschlichen worden sei, und dies sei anzunehmen, wenn eine zweite Ehe
verschwiegen werde, selbst wenn sie nach Heimatrecht zulässig sein sollte. Seine
Ehe mit Frau K. sei wirksam und rechtskräftig geschieden; der Fall einer Doppelehe
sei bei ihm also nicht gegeben. Darauf, dass er bei Beantragung der Einbürgerung
die Frage nach früheren Ehen und Kindern aus früherer Ehe mit "nein" beantwortet
habe, könne eine Rücknahme der Einbürgerung nicht gestützt werden. Er spreche
zwar umgangssprachlich die deutsche Sprache, sei jedoch nicht in der Lage,
fehlerfrei zu schreiben, und habe darüber hinaus eine von vielen seiner deutschen
Mitbürger geteilte Abneigung gegen Formulare. Deshalb habe er sich bei
Bearbeitung des Einbürgerungsantrags der Mithilfe eines Landsmannes bedient.
Dieser habe ihm die Frage nach dem Bestehen früherer Ehen gestellt, und er habe
im Hinblick auf die bereits erwähnte Scheidung der ersten Ehe angegeben, nicht
verheiratet zu sein. Dies habe der Landsmann in den Antrag übernommen. Er
stamme aus einem Rechtskreis, der die Mehrehe zulasse, und habe den im
angefochtenen Urteil wiedergegebenen Hintergrund der Fragen des
Einbürgerungsformulars nicht erkennen können. Er habe lediglich angenommen,
dass wie vor der Eheschließung mit Frau K. erneut habe geprüft werden sollen, ob
nicht eine Doppelehe bestanden habe. An eine etwaige Unterhaltsverpflichtung
gegenüber geschiedener Ehefrau und Kindern aus geschiedener Ehe in Pakistan
habe er auch nicht im Entferntesten gedacht, da es derartige Unterhaltsansprüche
nach pakistanischem Recht nicht gebe und derartige Ansprüche pakistanischer
Staatsangehöriger in Deutschland ohnehin in der Praxis kaum durchsetzbar sein
dürften. Bis zum Zeitpunkt der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde hätten
sich hinsichtlich der persönlichen Lebensverhältnisse keine offenbarungspflichtigen
Änderungen ergeben. Er bleibe dabei, dass Frau K. nach vorangegangener
Trennung mit ihm einen Aussöhnungsversuch unternommen habe. Sie habe also
im Zeitpunkt der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde mit ihm zusammen
gelebt. Da die Vorschrift des § 24 StAngRegG auf Verschulden abstelle, müsse
dies auch zumindest analog bei der Anwendung allgemeiner Vorschriften gelten.
Er sei im Zuge der Einbürgerung veranlasst worden, seine pakistanische
Staatsangehörigkeit zurück zu geben. Wollte man ihn der Gefahr aussetzen, bei
jedem nachgewiesenen x-beliebigen Fehler seinen neugewonnenen Status
verlieren zu können, so würde dies eindeutig zu weit gehen. Sein Verschulden sei
bereits im Strafverfahren als gering bezeichnet worden. Die Einschätzung der
Staatsanwaltschaft sei nicht bindend, sie lasse sich jedoch auch materiell nicht
beanstanden. Insbesondere unter Berücksichtigung der jetzt dargestellten
Umstände könne es sich um einen Fehler handeln, der nicht unverzeihlich sei. Ein
auf nachvollziehbaren Mißverständnissen beruhender Fehler bei der Bearbeitung
eines umfangreichen Formulars könne nicht ein so erhebliches Gewicht erlangen,
dass er die Rücknahme der Einbürgerung rechtfertige.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils vom 12. Juni 2001 den
Bescheid des Beklagten vom 14. Januar 1999 in der Form des
Widerspruchsbescheids vom 25. August 1999 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt und vertieft die Ausführungen in den Behördenbescheiden und im
Klageverfahren und führt dazu aus, die Einbürgerung des Klägers habe auf in
wesentlichen Punkten falschen Angaben des Klägers im Einbürgerungsantrag
beruht und Ziel des Klägers sei es gewesen, mittels Erschleichen der Einbürgerung
ein Aufenthaltsrecht für sich und später auch für seine pakistanische Familie zu
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ein Aufenthaltsrecht für sich und später auch für seine pakistanische Familie zu
erlangen. Der Kläger gewährleiste weder zum Zeitpunkt der Einbürgerung noch
heute, sich in die deutschen Lebensverhältnisse einzuordnen. Die fehlende
Einordnung des Klägers zeige sich darin, dass er in dem Einbürgerungsantrag
fehlerhafte Angaben gemacht habe; insoweit sei dem Urteil des VG Gießen voll
umfänglich zuzustimmen. Des Weiteren habe es der Kläger unterlassen, der
Beklagten mitzuteilen, dass er sich von seine deutschen Ehefrau getrennt habe.
Im Übrigen sei die Einbürgerung schon aufgrund der Trennung rechtswidrig. Ein
Scheitern der Ehe habe auch die Folge, dass eine begünstigte Integration nicht
mehr zu erwarten sei. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Kläger eine
Doppelehe geführt habe. Daraus ergebe sich zum wiederholten Mal, dass sich der
Kläger nicht in die deutschen Lebensverhältnisse eingeordnet habe. Die
Behauptung des Klägers, er habe sich vor der Heirat in Deutschland von seiner
pakistanischen Ehefrau scheiden lassen, sei nicht glaubhaft. Der Kläger habe
seinen Sachvortrag so häufig und immer pünktlich in der entsprechenden
Verfahrenssituation geändert, dass er nunmehr gänzlich unglaubwürdig sei. Es
spreche einiges dafür, dass die vom Kläger vorgelegten Scheidungsurkunden
ebenso gefälscht seien, wie es die Sterbeurkunden des angeblich verstorbenen
Ehemanns der Frau K. und auch die Geburtsurkunden der Kinder gewesen seien.
Die Botschaft in Islamabad habe zwar nicht nachweisen können, dass die
Scheidungsunterlagen nachträglich erstellt worden seien. Es werde aber angeregt,
überprüfen zu lassen, ob das vom Kläger zu den Gerichtsakten gereichte
Scheidungsdokument auf Papier erstellt sei, welches mittlerweile 12 Jahre alt sei.
Die Scheidung sei auch deshalb unglaubhaft, weil eine Wiederheirat nach
traditionellem Islamrecht nur zulässig sei, wenn die geschiedene Frau einen
anderen Mann geheiratet habe und von ihm geschieden worden sei. Dies habe der
Kläger nicht vorgetragen. Bezüglich der im Rahmen des § 48 HVwVfG
vorzunehmenden Ermessenabwägung werde in vollem Umfang auf den
Rücknahme- und den Widerspruchsbescheid hingewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die
Gerichtsakten, die den Kläger betreffenden Behördenakten des
Regierungspräsidiums Gießen und die einschlägigen pakistanischen Gesetze in der
Übersetzung von Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht,
Bezug genommen, die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und nach rechtzeitiger Stellung
eines Berufungsantrags und nach der Begründung der Berufung auch sonst
zulässige Berufung (§§ 124 Abs. 1, 124a Abs. 3 VwGO) ist begründet, da das
Verwaltungsgericht die Klage auf Aufhebung des Rücknahmebescheids des
Regierungspräsidiums Gießen vom 14. Januar 1999 in der Form des
Widerspruchsbescheids vom 25. August 1999 zu Unrecht abgewiesen hat. Die
Rücknahme der Einbürgerung des Klägers ist nämlich rechtswidrig und verletzt den
Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung, dass die Rücknahme der
Einbürgerung des Klägers zu Recht erfolgt ist und insbesondere die
Einbürgerungsbehörde das ihr obliegende Ermessen jedenfalls im Ergebnis
fehlerfrei ausgeübt hat, unter Verstoß gegen die Grundsätze über die Überprüfung
von Ermessensentscheidungen
(§§ 113, 114 VwGO) nicht berücksichtigt, dass der von der Einbürgerungsbehörde
angenommene Sachverhalt nicht zur Überzeugung des Gerichts festzustellen ist
und die daran anknüpfenden behördlichen Ermessenserwägungen damit ins Leere
gehen und nicht durch Ermessenserwägungen des Gerichts ersetzt werden dürfen.
Wie der erkennende Senat bereits in dem Urteil vom 18. Mai 1998 -- 12 UE
1542/98 -- (EZAR 276 Nr. 4 = NVwZ-RR 1999, 276 = ESVGH 48, 256 = InfAuslR
1998, 505) entschieden hat, sind die allgemeinen Rücknahmevorschriften des § 48
HVwVfG grundsätzlich auf Einbürgerungen anwendbar. Danach durfte die
Einbürgerung des Klägers im Wege des Ermessens zurückgenommen werden, falls
dieser sie durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen hatte.
Die Einbürgerung des Klägers wurde im Februar 1996 unter Aushändigung der
Einbürgerungsurkunde vom 15. August 1995 auf der Grundlage der damals
geltenden Vorschrift des § 9 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (in der
Fassung der Änderung vom 30.06.1993 BGBl. I S. 1062) -- RuStAG -- über den
Einbürgerungsanspruch des Ehegatten eines Deutschen vollzogen. Danach sollen
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Einbürgerungsanspruch des Ehegatten eines Deutschen vollzogen. Danach sollen
Ehegatten Deutscher unter den Voraussetzungen des § 8 RuStAG eingebürgert
werden, wenn sie ihre bisherige Staatsangehörigkeit verlieren oder aufgeben und
gewährleistet ist, dass sie sich in die deutschen Lebensverhältnisse einordnen, es
sei denn, das der Einbürgerung erhebliche Belange der Bundesrepublik
Deutschland, insbesondere solche der äußeren oder inneren Sicherheit sowie der
zwischenstaatlichen Beziehungen entgegenstehen. Die danach notwendige
Voraussetzung der Vermeidung von Mehrstaatigkeit war dadurch gewährleistet,
dass der Verzicht des Klägers auf die pakistanische Staatsangehörigkeit, nachdem
ihm eine Einbürgerungszusicherung ausgestellt worden war, wirksam erfolgt war.
Die Einbürgerungsbehörde betrachtet die Einbürgerung im Nachhinein als
rechtswidrig, weil im Lichte nachträglicher Erkenntnisse nicht gewährleistet war,
dass sich der Kläger in die deutschen Lebensverhältnisse einordnet. Während die
Einbürgerungsbehörde in dem Rücknahmebescheid und dem
Widerspruchsbescheid angenommen hat, der Kläger sei im Zeitpunkt der
Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen K. am 29. Juni 1990 bereits
verheiratet und nicht wieder geschieden gewesen, hat das Verwaltungsgericht in
seiner Entscheidung offengelassen, ob der Kläger tatsächlich im Zeitpunkt der
Eheschließung mit Frau K. in Deutschland aufgrund einer wirksamen Scheidung in
Pakistan ledig oder aber noch verheiratet gewesen sei. Im Klageverfahren hat der
Beklagte das Ergebnis der Überprüfungen der Deutschen Botschaft in Pakistan
und eines Vertrauensanwalts mitgeteilt, wonach die vom Kläger vorgelegten
Scheidungsunterlagen für echt befunden worden seien und nicht nachgewiesen
werden könne, dass es sich um nachträglich erstellte Unterlagen handele. Hiervon
ist auch weiter auszugehen. Aussagekräftige Anhaltspunkte dafür, dass die vom
Kläger durch Urkunden nachgewiesene Ehescheidung in Wirklichkeit nicht
stattgefunden hat, liegen nicht vor. Es ist auch nicht ersichtlich, wie nachgewiesen
werden könnte, dass die frühere Ehe des Klägers tatsächlich nicht geschieden
worden ist und er damit im Zeitpunkt der Eheschließung in Deutschland noch mit
seiner pakistanischen Ehefrau verheiratet war, mit der er tatsächlich dann am 3.
Januar 1997 nach der Scheidung von seiner deutschen Ehefrau erneut die Ehe
geschlossen hat. Vermutungen darüber, dass die Scheidungsurkunde nachträglich
erstellt worden sei, reichen nicht dazu aus, den durch Vorlage einer Urkunde
geführten Nachweis über die Aufhebung der Ehe zu erschüttern. Obwohl die von
der Einbürgerungsbehörde angeführten zahlreichen Unstimmigkeiten dafür
sprechen könnten, dass der Kläger bewusst seine Einbürgerung unter
Vorspiegelung falscher Tatsachen betrieben hat, können diese Umstände allein,
selbst wenn sie trotz der insoweit vom Kläger vorgebrachten Einwände erwiesen
werden sollten, den mit den Scheidungsdokumenten geführten Beweis nicht
entkräften. Die Anregung des Beklagten, das Alter des Papiers des
Scheidungsdokuments überprüfen zu lassen, hat der Senat nicht aufgegriffen, weil
ihm diese Art der Beweiserhebung nicht geboten erscheint. Die Unterlagen sind
bereits in Pakistan unter Mithilfe eines Vertrauensanwalts der Deutschen Botschaft
geprüft und für echt befunden worden. Da dazu außerdem erklärt wurde, eine
nachträgliche Erstellung könne nicht nachgewiesen werden, ist nicht erkennbar,
aus welchen Gründen nunmehr im Berufungsverfahren ein triftiger Anlass für eine
derartige Prüfung bestehen soll, die von dem Beklagten ohne Weiteres auch schon
während des Verfahrens in erster Instanz hätte veranlasst werden können. Ob die
von dem Beklagten in diesem Zusammenhang angeführten Argumente
hinsichtlich der Ehescheidung und der Wiederverheiratung zutreffen, könnte erst
nach umfangreicher Sachaufklärung beantwortet werden. Angesichts der
erheblichen Unterschiede in den Familienrechten für die einzelnen Religionen und
Regionen in Pakistan (vgl. Bergmann/Ferid, Int. Ehe- und Kindschaftsrecht,
"Pakistan", S. 19 ff.) bedürfte es zur Prüfung der Richtigkeit der Behauptungen und
Überlegungen der Einbürgerungsbehörde zunächst der Feststellung, welcher
Religion und welchem Stamm der Kläger und seine pakistanische Ehefrau
angehören und nach welchen Rechtsregeln ihre erste Ehe aufgelöst worden ist.
Hierzu haben die Beteiligten, insbesondere der Beklagte, bisher nichts
vorgetragen.
Nach alledem ist eine wesentliche Entscheidungsgrundlage des Rücknahme- und
des Widerspruchsbescheids entfallen, die nicht nur die Annahme der
Rechtswidrigkeit der erfolgten Einbürgerung, sondern auch die daran
anknüpfenden Ermessenserwägungen der Einbürgerungsbehörde betrifft. Das
Verwaltungsgericht hat die Rücknahme gleichwohl für rechtens erklärt und ihr
letztlich eine andere Entscheidungsgrundlage und andere Ermessenserwägungen
nachträglich zu Grunde gelegt, indem es dem Kläger unrichtige Angabe zu seinen
Familienverhältnissen (Verschweigen von früherer Ehe, gemeinsamen Kindern und
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Familienverhältnissen (Verschweigen von früherer Ehe, gemeinsamen Kindern und
Getrenntleben während des Einbürgerungsverfahrens) vorgehalten und diese für
so gewichtig erachtet hat, dass die Rücknahmeentscheidung auch unter diesen
geänderten Verhältnissen fehlerfrei gewesen sei. Es lässt sich jedoch mit den in §§
113, 114 VwGO niedergelegten Grundsätzen der Überprüfung von
Behördenentscheidungen nicht vereinbaren, im Klageverfahren auf diese Weise die
Rechtsgrundlage der Rücknahmeentscheidung auszuwechseln.
Die Besonderheit besteht hier darin, dass die auf Anfechtungsklage hin zu
kontrollierende Rücknahmeentscheidung des Regierungspräsidiums zum einen
darauf beruht, dass nach Auffassung der Behörde die bei der Einbürgerung
getroffene Integrationsprognose im Hinblick auf eine vom Kläger jahrelang
geführte Doppelehe mit seiner pakistanischen und mit seiner deutschen Ehefrau
fehlerhaft war, und zum anderen darauf, dass im Hinblick auf das Gewicht dieser
Verfehlung und das Verschweigen der ehelichen Lebensverhältnisse in dem
Einbürgerungsantrag von der Möglichkeit der Rücknahme der Einbürgerung im
Ermessenswege Gebrauch gemacht wurde. Das Verwaltungsgericht hat die
Begründung für die ursprüngliche Rechtswidrigkeit der Einbürgerung
ausgewechselt, indem es dem Kläger lediglich vorgehalten hat, dass er seine
frühere Ehe und die daraus hervorgegangenen Kinder in dem Einbürgerungsantrag
nicht angegeben und die zwischenzeitliche Trennung von seiner deutschen Ehefrau
nicht während des Verfahrens mitgeteilt hat. Damit aber ist die Grundlage für die
der Rücknahme zugrundeliegende Annahme, der Kläger habe damals nicht die
Gewähr für die Einordnung in deutsche Lebensverhältnisse geboten, in
entscheidenden Punkten verändert worden. Für den Erfolg von
Integrationsbemühungen eines deutsch verheirateten Ausländers macht es einen
ganz erheblichen Unterschied, ob er vor der Einbürgerung durch Führen einer
strafbaren bigamischen Ehe deutlich zu erkennen gegeben hat, dass er dem
deutschen Rechts- und Kulturkreis ferne steht, oder ob er durch das
Nichtbeantworten der Fragen nach einer früheren Ehe und nach Kindern und durch
das Verschweigen des Getrenntlebens von seiner Ehefrau eine Pflichtwidrigkeit von
eindeutig wesentlich geringerem Gewicht für die Fähigkeit zur Integration in
deutsche Lebensverhältnisse begangen hat. Während im ersten Fall die Bigamie
und die in ihr zum Ausdruck gelangte strafbare Missachtung der deutschen
Rechtsordnungen selbst Zweifel an der Integrationsfähigkeit des
Einbürgerungsbewerbers aufkommen lassen müssen, geht es im zweiten Fall
lediglich um das objektive Verschweigen von Tatsachen, die dann, wenn sie
bekannt gewesen wären, der Einbürgerung nur insofern entgegen gestanden
hätten, als die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit der deutschen
Ehefrau in Rede steht.
Es kann hier offen bleiben, ob die im Rahmen des § 9 RuStAG anzustellende
Integrationsprognose, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, dadurch
beeinflusst werden kann, dass der Einbürgerungsbewerber im Zuge des
Einbürgerungsverfahrens eine objektiv unrichtige Angabe zu für die Einbürgerung
letztlich unerheblichen persönlichen Umständen macht. Es braucht auch nicht
entschieden zu werden, ob es sich bei der Nichtangabe der früher in Pakistan
geschlossenen und dann wieder geschiedenen Ehe und der Existenz daraus
hervorgegangener Kinder um einen so wesentlichen Vorgang handelt, dass die
Einbürgerungsbehörde bei Kenntnis der wahren Sachlage an einer günstigen
Integrationsprognose gehindert gewesen wäre. Vor allen Dingen kann offen
bleiben, ob die Einbürgerung mangels positiver Integrationsprognose hätte
unterbleiben müssen oder können, wenn die Unrichtigkeit der Angaben des
Klägers zu seiner früheren Ehe und zu der Existenz von Kindern aus dieser Ehe
bereits bei der Entscheidung über den Einbürgerungsantrag bekannt gewesen
wäre. Denn unabhängig von diesen Fragen steht fest, dass die behördliche
Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der damals vorgenommenen Einbürgerung
und über das ihr auf dieser Grundlage zustehende Rücknahmeermessen auf
einem wesentlich anderen Sachverhalt beruht, als jetzt während des
Gerichtsverfahrens festgestellt werden kann. Da es dem Senat andererseits
ebenso wie dem Verwaltungsgericht verwehrt ist, auf einer geänderten
Tatsachengrundlage sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der
Einbürgerungsbehörde zu setzen, erweist sich die Rücknahme als rechts- und
ermessenswidrig.
Dieser Entscheidung steht nicht entgegen, dass die Einbürgerungsbehörde ihre
Ermessenserwägungen hinsichtlich der Rücknahme während des Verfahrens
ergänzen darf (§ 114 Satz 2 VwGO); denn hier handelt es sich insoweit um eine
vollständig neue Sachverhaltsfeststellung und Ermessensausübung. Infolgedessen
vollständig neue Sachverhaltsfeststellung und Ermessensausübung. Infolgedessen
bedarf es auch nicht der Prüfung, ob der von dem Kläger bestrittene umfangreiche
-- teilweise neue -- Tatsachenvortrag der Einbürgerungsbehörde zutrifft.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.