Urteil des HessVGH vom 06.09.1991

VGH Kassel: schule, fremdsprache, vorläufiger rechtsschutz, schüler, gymnasium, vorläufige aufnahme, hauptsache, englisch, rechtsverordnung, französisch

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
7. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 TG 1968/91
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 123 Abs 1 VwGO, § 5 Abs
3 SchulVwG HE, § 5 Abs 5
SchulVwG HE, § 1
SchulKapV HE, § 2
SchulKapV HE
(Vorläufige Teilnahme eines Schülers am Unterricht in
einem selbständigen Gymnasium - Anordnungsgrund -
Mögliche Beschulung im gymnasialen Zweig einer
Gesamtschule)
Gründe
Die Beschwerde, mit der die Antragsteller begehren, den Antragsgegner unter
Aufhebung des angegriffenen Beschlusses im Wege einer einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, ihre Tochter G in die 5. Klasse der G-schule, hilfsweise eines
anderen Gymnasiums der Beigeladenen, aufzunehmen, bleibt ohne Erfolg.
Allerdings mag zugunsten der Antragsteller, die ihren erstinstanzlichen Antrag
ausschließlich auf die G-schule ausgerichtet hatten, davon ausgegangen werden,
daß die mit der Beschwerde erfolgte Antragsumstellung nicht als an § 91 Abs. 1
VwGO zu messende Antragsänderung, sondern als nach § 173 VwGO i.V.m. § 264
Nr. 2 ZPO ohne weiteres zulässige Erweiterung des Antrags ohne Änderung des
Klagegrundes anzusehen ist. Dafür - also für einen trotz Umstellung des Antrags in
qualitativer Hinsicht im wesentlichen gleichbleibenden Streitgegenstand (vgl.
Zöller-Stephan, ZPO, 16. Aufl. 1990, § 264, Rdnr. 3) - spricht insbesondere, daß
die mit der Beschwerde vorgenommene Antragsumstellung den Hauptantrag
unberührt gelassen hat und daß Haupt- und Hilfsantrag einander insofern
ausschließen, als die Tochter der Antragsteller jedenfalls nur in ein einziges
Gymnasium der Beigeladenen aufgenommen werden könnte.
Soweit der Hilfsantrag das F-gymnasium und die beiden an der A-S-Schule
eingerichteten Klassen betrifft, in denen Französisch als erste Fremdsprache
gelehrt wird, kommt indessen der Erlaß einer einstweiligen Anordnung mangels
Rechtsschutzbedürfnisses nicht in Betracht, weil die Antragsteller sich insoweit
nicht vorher mit ihrem Anliegen an den Antragsgegner gewandt haben (vgl.
Finkelburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 3. Aufl.
1986, Rdnr. 124, u. Kopp, VwGO, 8. Aufl. 1989, § 123, Rdnr. 25). Da die
ordnungsgemäße Durchführung des Aufnahmeverfahrens voraussetzt, daß neben
der primär angewählten Schule auch die als Ersatzwahl im Sinne des § 4 der
Verordnung über die Festlegung der Aufnahmekapazität für die Aufnahme in
weiterführende Schulen - KapVO - vom 14. Oktober 1983 (ABl. S. 952) benannte(n)
Schule(n) einbezogen werden (Hess. VGH, B. v. 7. September 1990 - 7 TG 2431/90
-), müssen sämtliche diesbezüglichen Erst- und Ersatzwünsche grundsätzlich bis
zum Beginn des Aufnahmeverfahrens geäußert sein. Eine Berücksichtigung später
nachgeschobener Wünsche wird freilich ausnahmsweise dann erfolgen müssen,
wenn - rechtsfehlerhaft - nicht alle verfügbaren Plätze vergeben worden sind oder
wenn ein ursprünglich bereits vergebener Platz nachträglich - z. B. durch Wegzug -
wieder freigeworden ist, kein "Nachrücker" (mehr) zur Verfügung steht und
demzufolge erneut in das Aufnahmeverfahren eingetreten werden muß. Die
Antragsteller berufen sich zwar darauf, daß die vorhandenen Kapazitäten nicht
ausgeschöpft worden sind, und damit auf einen der vorgenannten Ausnahmefälle;
sie haben jedoch vor der Einleitung des vorliegenden Verfahrens gegenüber dem
Antragsgegner nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sie -
entgegen dem Aufnahmeantrag vom 4. März 1991 - höchst ersatzweise die
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entgegen dem Aufnahmeantrag vom 4. März 1991 - höchst ersatzweise die
Aufnahme ihrer Tochter in ein Gymnasium der Beigeladenen mit Latein oder
Französisch als erster Fremdsprache begehren. Die in dem anwaltlichen
Widerspruchsschreiben vom 27. Juni 1991 hierzu enthaltene Wendung, die
Antragsteller seien "durchaus bereit, entsprechend anderweitige Fremdsprache zu
bestimmen", und deshalb werde gebeten, das "Einverständnis ... zur Aufnahme
des Kindes G in die G-schule ... oder anderes städtisches Gymnasium ...
anzuzeigen", genügt insoweit nicht den zu stellenden Anforderungen.
Auch hinsichtlich des Hauptantrags und des - mit Rücksicht auf die vorstehenden
Darlegungen - noch verbleibenden Teils des Hilfsantrags vermögen die
Antragsteller nicht die begehrte Verpflichtung des Antragsgegners im Wege einer
einstweiligen Anordnung zu erreichen. Der Erlaß einer sogenannten
Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO scheidet schon deshalb
aus, weil es den Antragstellern nicht darum geht, ihre Rechtsstellung vor solchen
Gefährdungen zu schützen, die durch eine Veränderung des bestehenden
Zustands bewirkt werden. Die Antragsteller erstreben vielmehr gerade keine
lediglich zustandssichernde, sondern eine zustandsverbessernde Maßnahme.
Vorläufigen Rechtsschutz nach dem dann allein in Betracht kommenden § 123
Abs. 1 Satz 2 VwGO gewährt der beschließende Senat nur, wenn sowohl
überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache als auch die Dringlichkeit der
begehrten vorläufigen Maßnahme glaubhaft gemacht sind (vgl. Finkelnburg/Jank,
a.a.O., Rdnr. 181, u. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Daran fehlt es
im vorliegenden Fall.
Allerdings erachtet der Senat das Klageverfahren in der Hauptsache in rechtlicher
und in tatsächlicher Hinsicht für offen, ohne freilich überwiegende
Erfolgsaussichten für die Antragsteller prognostizieren zu können. Es kann nämlich
- obgleich die ablehnenden Entscheidungen des Antragsgegners sich bei
eingehender Überprüfung in der Hauptsache als rechtsfehlerhaft erweisen könnten
- nicht festgestellt werden, daß die Antragsteller wahrscheinlich einen Anspruch auf
Aufnahme ihrer Tochter in eine der 5. Klassen der G-schule, der W-schule oder -
soweit dort Englisch als erste Fremdsprache gelehrt wird - der A-S-Schule in K
haben.
Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SchVG kann die Aufnahme eines auswärtigen Schülers -
um einen solchen handelt es sich bei der im Landkreis K wohnenden Tochter der
Antragsteller - in eine weiterführende Schule abgelehnt werden, wenn die
Aufnahmekapazität dieser Schule nach Ausschöpfung aller zumutbaren
Möglichkeiten dies nicht zuläßt. Der Antragsgegner hat seine ablehnende
Entscheidung auf der Grundlage der nach §§ 1 und 2 KapVO für die Gymnasien der
Beigeladenen festgelegten Aufnahmekapazitäten getroffen. Ob die Festlegung der
Aufnahmekapazitäten rechtsfehlerfrei erfolgt ist, erachtet der Senat indessen für
sowohl rechtlich als auch tatsächlich zweifelhaft. Dies ergibt sich aus folgenden
Erwägungen:
Gemäß § 2 Satz 1 KapVO ist die Aufnahmekapazität einer Schule so festzulegen,
daß nach Ausschöpfung der verfügbaren Mittel unter den jeweiligen personellen
und sächlichen Gegebenheiten die Erfüllung des Bildungsauftrags der Schule
gesichert ist. Hierbei sind insbesondere bestimmte - in § 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 7
KapVO im einzelnen bezeichnete - Umstände zu berücksichtigen, zu denen auch
"die festgelegten Richtwerte für die Größe der Klassen, Lerngruppen und Kurse"
gehören (§ 2 Satz 2 Nr. 4 KapVO). Demgemäß hat sich der Antragsgegner bei der
Festlegung der Aufnahmekapazität für die Gymnasien der Beigeladenen an den in
Form eines Erlasses des Hessischen Kultusministers ergangenen "Richtlinien für
die Festlegung der Anzahl und der Größe der Klassen (Gruppen, Kurse) in allen
Schulformen" vom 20. Februar 1990 (ABl. S. 242) orientiert und insbesondere die
dort für die Klassen 5 bis 10 des Gymnasiums bestimmte absolute
Schülerhöchstzahl von 33 - die eigentliche Schülerhöchstzahl von 30 kann nach
den Richtlinien um bis zu 3 Schüler überschritten werden - als verbindliche
Obergrenze angesehen (vgl. hierzu insbesondere den undatierten Vermerk über
die Aufnahmekapazität des F-gymnasiums im Schuljahr 1991/92 und den Vermerk
vom 18. April 1991 über die Aufnahmekapazität der G-schule). Der Senat hat mit
Blick auf den am 4. Juli 1990 in Kraft getretenen § 5 Abs. 5 Satz 2 SchVG - wonach
der Kultusminister ermächtigt wird, im Einvernehmen mit dem Minister der
Finanzen durch Rechtsverordnung Mindest- und Höchstwerte für die Bildung von
Klassen, Gruppen und Kursen in den einzelnen Schulformen und Schulstufen zu
bestimmen - Bedenken, ob der Antragsgegner den Richtlinien vom 20. Februar
1990 bei der Festlegung der Aufnahmekapazitäten für das Schuljahr 1991/92
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1990 bei der Festlegung der Aufnahmekapazitäten für das Schuljahr 1991/92
(noch) maßgebliche Bedeutung beimessen durfte. Entgegen der Auffassung des
Antragsgegners erschöpft sich der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 5 Satz 2
SchVG jedenfalls nicht darin, die nach Satz 1 gegebene Möglichkeit abzusichern,
daß die Aufnahme in eine bestimmte weitere Schule abgelehnt werden kann, wenn
die Zahl der Anmeldungen geringer als der für die Bildung einer Klasse festgelegte
Mindestwert ist. Andernfalls hätte nämlich die eingeführte
Verordnungsermächtigung auf Mindestwerte beschränkt werden können. Ihre
Erstreckung auch auf Höchstwerte dürfte demgegenüber darauf hindeuten, daß
der Gesetzgeber die Festlegung der Klassen-, Gruppen- und Kursgrößen zu
denjenigen schulorganisatorischen Regelungen zählt, die zwar nicht so wesentlich
sind, daß er sie selbst treffen müßte (vgl. hierzu BverfG, B. v. 22. Juni 1977 - 1 BvR
799/76 -, BVerfGE 45, 400 = NJW 1977, 1723; Hess. VGH, B. v. 18. August 1976 -
VI TG 368/76 -, NJW 1976, 1856 = DÖV 1977, 211, u. B. v. 20. Juni 1988 - 6 N
1364/88 -, ESVGH 38, 273 = NVwZ 1988, 949), die aber ihrer Bedeutung wegen
durch Rechtsverordnung und nicht nur durch Verwaltungsvorschriften getroffen
werden sollen. Immerhin hat auch das Hessische Kultusministerium auf Anfrage
des Antragsgegners erklärt, die in den Richtlinien vom 20. Februar 1990
festgelegten Mindest- und Höchstzahlen würden demnächst durch
Rechtsverordnung bestimmt. Ob unter diesen Umständen die Richtlinien vom 20.
Februar 1990 bereits mit Inkrafttreten des § 5 Abs. 5 Satz 2 SchVG ihre
Verbindlichkeit verloren haben oder ob dies erst nach einer gewissen, gesetzlich
nicht bestimmten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des
Schulverwaltungsgesetzes und anderer Schulgesetze vom 26. Juni 1990, GVBl. I S.
191) und auch nicht ohne weiteres bestimmbaren Übergangszeit geschehen ist
bzw. geschehen wird oder ob die Fortgeltung der Richtlinien deshalb angenommen
werden kann, weil § 5 Abs. 5 Satz 2 SchVG jedenfalls seinem Wortlaut nach den
Kultusminister lediglich zur Bestimmung der Klassen-, Gruppen- und Kursgrößen
durch Rechtsverordnung ermächtigt, nicht aber verpflichtet, vermag der Senat im
vorliegenden - notgedrungen nur summarischen - einstweiligen
Anordnungsverfahren nicht abschließend zu klären; die Entscheidung der damit
zusammenhängenden schwierigen Rechtsfragen muß vielmehr einer nur im
Hauptsacheverfahren möglichen eingehenden Überprüfung vorbehalten bleiben.
Dabei wird - sollte es an festgelegten Richtwerten im Sinne des § 2 Satz 2 Nr. 4
KapVO für das Aufnahmeverfahren betreffend das Schuljahr 1991/92 fehlen -
insbesondere auch darüber zu befinden sein, ob eine der bisher angewandten
Höchstzahl entsprechende Obergrenze eventuell daraus herzuleiten ist, daß bei
einer Überschreitung die Erfüllung des Bildungsauftrags der Schule nicht mehr
gesichert wäre (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 KapVO) und daß deshalb die Aufnahme von
34 und mehr Schülern pro Klasse keine nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SchVG
auszuschöpfende zumutbare Möglichkeit darstellt. Sollte indessen nach dieser
Überprüfung eine höhere Obergrenze als rechtlich vertretbar erscheinen, so
müßten im Hauptsacheverfahren in tatsächlicher Hinsicht weitere Feststellungen
dazu getroffen werden, ob und in welchem Umfang die Gymnasien der
Beigeladenen unter Berücksichtigung der sonst maßgeblichen Kriterien -
insbesondere der jeweiligen räumlichen Verhältnisse - noch über freie Plätze
verfügen, wobei einiges dafür spricht, daß angesichts der üblicherweise benutzten
Doppeltische allein die räumliche Situation jedenfalls nicht zur Begrenzung der
Aufnahmekapazität auf eine ungerade Schülerhöchstzahl pro Klasse wird führen
können.
Die dem Senat von den Beteiligten unterbreitete Tatsachenlage läßt derzeit
ebenfalls keine eindeutige Aussage darüber zu, ob - ungeachtet der im
vorstehenden Absatz aufgezeigten rechtlichen Bedenken, also bei
Zugrundelegung der Höchstzahl von 33 Schülern aufgrund der Richtlinien vom 20.
Februar 1990 - die Aufnahmekapazität aller drei Gymnasien der Beigeladenen, in
denen Englisch als erste Fremdsprache unterrichtet wird, ausgeschöpft ist. In der
von den Antragstellern primär angewählten G-schule sind mittlerweile drei Klassen
mit 33 Schülern und eine Klasse mit 32 Schülern besetzt, wobei sich in der
letztgenannten Klasse ein schwerstbehindertes Kind befindet. Auch wenn die
Beigeladene in einem Parallelverfahren unter dem 5. September 1991 mitgeteilt
hat, daß Erfahrungswerte, die über Zu- und Abgänge während eines Schuljahres
Aussagen zuließen, nicht vorlägen, sieht der Senat keine Veranlassung,
grundsätzlich zu beanstanden, daß eine Reserve von vier Schülerplätzen unter
Hinweis auf mögliche Zuzüge in die Stadt K bei der Entscheidung über die
Aufnahmeanträge betreffend Kinder aus dem Landkreis K am 12. Juni 1991
zunächst nicht vergeben worden ist. Denn die seither bis zum Schuljahresbeginn
noch erfolgten Zuzüge - die jedenfalls mit Rücksicht auf die substantiierten
Angaben des Antragsgegners in der Beschwerdeerwiderung vom 29. August 1991
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Angaben des Antragsgegners in der Beschwerdeerwiderung vom 29. August 1991
nicht ohne weiteres als vorgeschoben erscheinen - belegen hinreichend, daß
entsprechende Vorsorge geboten war. Indessen hätten für den Fall, daß es
entgegen den bisherigen Erfahrungen nicht zu Zuzügen im Umfang der
vorgehaltenen Plätze kommt oder daß Schüler, deren Aufnahmeantrag positiv
beschieden wurde, später ausfallen, weitere Anwärter auf Vorrat bestimmt werden
müssen, die alsdann hätten nachrücken können (vgl. hierzu schon Hess. VGH, B.
v. 7. September 1990 - 7 TG 2431/90 -). Ob die 5. Klasse der G-schule, in der sich
gegenwärtig nur 32 Schüler befinden, noch einen auswärtigen Schüler aufnehmen
kann, vermag der Senat derzeit nicht sicher festzustellen. Dazu bedürfte es, was
den Rahmen des vorliegenden summarischen Verfahrens sprengen würde, zum
einen näherer Aufklärung, ob dem möglicherweise ein erhöhter Raumbedarf des
schwerstbehinderten Kindes - sollte dieses etwa auf einen Rollstuhl angewiesen
sein - entgegensteht, und verneinendenfalls ob nicht einem anderen Kind, dessen
Zuzug ins Stadtgebiet - wie dem Senat aus einem parallelen Beschwerdeverfahren
bekannt ist - bevorstehen soll, gegebenenfalls Vorrang einzuräumen ist. In die
beiden Englisch-Klassen der A-S-Schule wurden bis jetzt je 32 Schüler
aufgenommen, wobei auch hier zwei ursprünglich vorgehaltene Reserveplätze den
substantiierten Angaben des Antragsgegners vom 4. September 1991 zufolge
zwischenzeitlich durch Zuzüge besetzt sind. Der Antragsgegner hat in dem
vorgenannten Schriftsatz ferner im einzelnen nachvollziehbar dargetan, daß die
Aufnahme je eines 33. Schülers angesichts der Raumsituation keine zumutbare
Möglichkeit darstellt, obgleich den 5. Klassen die größten Räume (von ca. 52 qm)
zugewiesen worden sind, über die die A-S-Schule verfügt. Es erscheint dem Senat
jedenfalls nachvollziehbar, daß die Aufstellung eines 17. Doppeltisches bei den
dann denkbaren Anordnungsmöglichkeiten nur unter unzumutbaren
Einschränkungen in Betracht käme. Soweit die Antragsteller dagegen einwenden,
daß in den vergangenen Schuljahren vereinzelt Klassen mit 33 Schülern in der A-
S-Schule geführt worden sind, vermag dies eine generelle Zumutbarkeit derartiger
Klassengrößen nicht ohne weiteres zu begründen, zumal Ursache hierfür die
Aufnahme von in die Stadt K zugezogenen Kindern, denen ein dahingehender
Rechtsanspruch zustand, gewesen sein kann. Ohne diesbezügliche weitere
Aufklärung, die ebenfalls nur im Hauptsacheverfahren geleistet werden kann, da
eine Inaugenscheinnahme der fraglichen Klassenräume ernsthaft in Betracht zu
ziehen ist, vermag der Senat auch hierüber nicht abschließend zu entscheiden.
Darüber, daß die Aufnahmekapazität der W-schule, in der jetzt vier Klassen mit je
33 Schülern geführt werden, nachdem durch Zuzüge und wegen eines erklärten
Rücktritts ursprünglich beabsichtigte Beschränkungen nicht aufrechterhalten
worden sind, erschöpft ist, besteht zwischen den Beteiligten offensichtlich kein
Streit.
Auch wenn danach derzeit sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht
klärungsbedürftig erscheint, ob die Aufnahmekapazität der drei Gymnasien der
Beigeladenen, in denen Englisch als erste Fremdsprache unterrichtet wird,
vollständig ausgeschöpft ist, können den Antragstellern überwiegende
Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht zugesprochen werden. Denn sie haben
nicht glaubhaft machen können, daß - bei mehr als 80 abgewiesenen auswärtigen
Schülern, von denen immerhin vier im Beschwerdeverfahren um vorläufigen
Rechtsschutz nachsuchen - gerade ihre Tochter G mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit einen der Plätze hätte erhalten müssen oder noch erhalten
muß, die für auswärtige Schüler verfügbar waren oder eventuell noch verfügbar
sind. Gründe, die zu einer vorrangigen Berücksichtigung der Tochter der
Antragsteller nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 SchVG führen müßten, haben die
Antragsteller nicht dargetan. Insbesondere haben sie vor der Einleitung des
vorliegenden Verfahrens keine bestimmte Sprachenfolge im Sinne des § 5 Abs. 3
Satz 2 Nr. 4 SchVG - also Latein oder Französisch als erste Fremdsprache -
gewünscht, sondern durch die primäre Anwahl der G-schule und die Ersatzwahl
eines anderen Gymnasiums der Beigeladenen mit Englisch als erster
Fremdsprache die übliche Sprachenfolge bestimmt. Die erst im Verlauf des
vorliegenden Verfahrens nachgeschobenen weiteren Ersatzwünsche können, wie
oben bereits ausgeführt, nicht mehr berücksichtigt werden. Eine Ausnahme
hiervon ist auch nicht deshalb angezeigt, weil die Antragsteller insoweit
unzureichende Beratung gerügt haben. Abgesehen davon, daß die hierzu in der
Beschwerdebegründung vom 13. August 1991 in Aussicht gestellte
Glaubhaftmachung unterblieben ist, ist der Antragsgegner den betreffenden
Ausführungen der Antragsteller über den Ablauf der Informationsgespräche und -
veranstaltungen an der G-schule und an der A-S-Schule mit Schriftsatz vom 29.
August 1991 substantiiert entgegengetreten, ohne daß die Antragsteller in der
Folgezeit nochmals hierauf zurückgekommen wären. Im übrigen waren die
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Folgezeit nochmals hierauf zurückgekommen wären. Im übrigen waren die
Antragsteller, die ausdrücklich eine Ersatzwahl getroffen haben, so daß auch den
Anforderungen des § 4 Satz 1 KapVO Genüge getan ist, offensichtlich hinreichend
informiert, zumal in den Medien mehrfach über die Problematik berichtet worden
war. Soweit die Antragsteller in Zweifel gezogen haben, daß bei den nach § 5 Abs.
3 Satz 2 Nr. 3 SchVG vorrangig berücksichtigten auswärtigen Schülern -
abgesehen von 14 Geschwisterkindern (vgl. hierzu Hess. VGH, B. v. 7. September
1990 - 7 TG 2431/90 -) - tatsächlich soziale Umstände vorlagen, hat der
Antragsgegner die erforderliche Substantiierung ebenfalls spätestens in der
Beschwerdeerwiderung nachgeholt. Da mithin sämtliche für auswärtige Schüler
verfügbaren Plätze in Gymnasien der Beigeladenen aufgrund des § 5 Abs. 3 Satz 2
Nrn. 3 oder 4 SchVG vergeben wurden und da nicht ersichtlich ist, daß bei den
insgesamt etwa 100 auswärtigen Schülern, die Aufnahmeanträge gestellt haben,
die nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 und 2 SchVG maßgebenden Verhältnisse in
wesentlichen Punkten unterschiedlich gewesen sind, bedurfte es keiner weiteren
Auswahlentscheidung mehr; schon deshalb können die Antragsteller mit ihrer
Rüge, daß die besondere Eignung ihrer Tochter nicht hinreichend berücksichtigt
worden sei, nicht gehört werden. Auch für den Fall, daß die Aufnahmekapazitäten
noch nicht völlig ausgeschöpft sein sollten und deshalb nachträglich eine
Auswahlentscheidung getroffen werden müßte, vermag der Senat - ausgehend
von den obigen Darlegungen - derzeit keine überwiegende Wahrscheinlichkeit
dafür zu erkennen, daß gerade der Tochter der Antragsteller ein Anspruch auf
Aufnahme in eines der drei fraglichen Gymnasien zustünde.
Mangelt es nach alledem schon an der überwiegenden Erfolgswahrscheinlichkeit in
der Hauptsache, so ist darüber hinaus nach Auffassung des Senats auch die
Dringlichkeit der begehrten vorläufigen Regelung nicht dargetan und glaubhaft
gemacht. Der insofern zu fordernde Regelungsgrund wäre nur gegeben, wenn es
unzumutbar erschiene, die Antragsteller auf den rechtskräftigen Abschluß des
Hauptsacheverfahrens zu verweisen (Finkelnburg/Jank, a.a.O., Rdnr. 177), wobei -
da der im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag auf vorläufige Aufnahme in ein
Gymnasium gerichtet ist - wegen der damit verbundenen Vorwegnahme der
Hauptsache sogar zu fordern wäre, daß die Antragsteller bei einer Verweisung auf
das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens besonders schwerwiegenden Nachteilen
ausgesetzt wären (Finkelnburg/Jank, a.a.O., Rdnrn. 1022 i.V.m. 245). Indessen
enthält der Beschwerdeantrag jedenfalls als minus den in erster Instanz
ausdrücklich gestellten Hilfsantrag, der Tochter der Antragsteller einstweilen die
Teilnahme am Unterricht in der 5. Klasse eines Gymnasiums der Beigeladenen zu
gestatten, und deshalb mag es hier bei den regelmäßig an die Dringlichkeit zu
stellenden Anforderungen bewenden. Dies vorausgeschickt, erachtet es der Senat
auch im Hinblick auf eine möglicherweise mehrjährige Dauer des
Hauptsacheverfahrens nicht für unzumutbar, die Antragsteller auf dessen Ergebnis
zu verweisen. Insbesondere sind die Folgen für die Antragsteller, die sich ergeben
können, wenn keine vorläufige Regelung erlassen wird, nicht so schwerwiegend,
daß ihre Hinnahme den Antragstellern nicht abverlangt werden könnte. Bei dieser
Einschätzung mißt der Senat dem Umstand besondere Bedeutung zu, daß der
Antragsgegner bereits in der Antragserwiderung vom 29. Juli 1991 den
Antragstellern angeboten hat, ihre Tochter in eine der schulformbezogenen
("additiven") Gesamtschulen der Beigeladenen aufzunehmen, in denen ab Klasse
7 ein gymnasialer Zweig geführt wird. Selbständiges Gymnasium und gymnasialer
Zweig einer schulformbezogenen Gesamtschule stellen keine unterschiedlichen
Bildungswege, sondern lediglich verschiedene Schulformen desselben
Bildungswegs dar (Hess. VGH, U. v. 1. Februar 1990 - 6 UE 2180/88 -, ESVGH 40,
205 = NVwZ 1991, 189, u. U. v. 23. Februar 1990 - 7 UE 3284/89 -). Die
Antragsteller sind deshalb nicht gehindert, ihre Tochter auch während eines unter
Umständen mehrere Jahre dauernden Hauptsacheverfahrens den von ihnen
gewünschten Bildungsweg beschreiten zu lassen, ohne daß damit ein Zeitverlust
für die Schullaufbahn des Kindes verbunden ist. Die betreffende Vorgehensweise
erscheint dem Senat auch nicht deshalb als unzumutbar, weil an sämtlichen
schulformbezogenen Gesamtschulen der Beigeladenen in den Jahrgangsstufen 5
und 6 die Förderstufe geführt wird. Diese ist zwar weder ein eigenständiger
Bildungsweg noch Teil des sich daran anschließenden Bildungswegs; sie will
vielmehr die Schüler auf die in Betracht kommenden Bildungswege erst
vorbereiten und die spätere Wahl des Bildungswegs erleichtern (vgl. Hess. VGH, U.
v. 23. Februar 1990 - 7 UE 3284/89 -). Ungeachtet dessen hindert der Besuch der
Förderstufe durch ihre Tochter die Antragsteller nicht, an ihrer bereits jetzt
getroffenen Wahl des Bildungswegs des Gymnasiums im Anschluß an die
Förderstufe ohne jeden Zeitverlust festzuhalten; das gilt um so mehr, als nach § 1
des Gesetzes zur Einführung der freien Wahl der Bildungswege und zur vorläufigen
des Gesetzes zur Einführung der freien Wahl der Bildungswege und zur vorläufigen
Regelung der Übergänge nach Grundschule und Förderstufe vom 13. Juni 1991
(GVBl. I S. 181) die Wahl des Bildungswegs Sache der Erziehungsberechtigten ist,
ohne daß es der erfolgreichen Teilnahme des Schülers an einem Probeunterricht -
und zwar auch nicht beim Übergang auf den Bildungsweg des Gymnasiums nach
der Förderstufe - bedarf (vgl. § 2 Nr. 1 a des vorgenannten Gesetzes vom 13. Juni
1991, durch den der bisherige § 5a Abs. 2 Satz 5 SchVG gestrichen wurde, i.V.m. §
2 Nr. 2 a sowie § 3 Nr. 1 des Gesetzes vom 13. Juni 1991). Im Einklang mit der
danach vom Senat für zumutbar erachteten Verfahrensweise besucht die Tochter
der Antragsteller übrigens seit Beginn des Schuljahres die Förderstufe einer
schulformunabhängigen ("integrierten") Gesamtschule in N-H.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.