Urteil des HessVGH vom 26.03.2008

VGH Kassel: obliegenheit, hauptsache, sozialhilfe, ausnahme, aufenthaltserlaubnis, unterlassen, rechtspflege, einverständnis, öffentlich, existenzminimum

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
7. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 D 575/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 19 Abs 4 GG, Art 20
Abs 3 GG, Art 3 Abs 1 GG,
§ 166 VwGO, § 114 ZPO
(Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Erledigung des
Rechtsstreits bei zuvor unterbliebener Bescheidung eines
Prozesskostenhilfegesuchs)
Leitsatz
1. Vom grundsätzlichen Erfordernis der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder -
verteidigung im Zeitpunkt der gerichtlichen Prozesskostenhilfeentscheidung ist eine
Ausnahme zu machen, wenn das Gericht vor Abschluss der Instanz eine Entscheidung
über ein entscheidungsreifes Prozesskostenhilfegesuch objektiv pflichtwidrig
unterlassen hat.
2. Bei Unterbleiben der Bescheidung eines entscheidungsreifen
Prozesskostenhilfegesuchs vor Abschluss der Instanz ist für das Erfordernis der
beabsichtigten Rechtsverfolgung auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife - ggf. auf
einen nach diesem, aber vor Instanzende liegenden Zeitpunkt der Bewilligungsreife, der
eingetreten ist, da sich die Erfolgsaussichten zwischenzeitlich zu Gunsten des
Antragstellers verändert haben - abzustellen.
3. Eine Obliegenheit der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei, die vom Gericht
geschuldete Entscheidung über ein entscheidungsreifes Prozesskostenhilfegesuch
herbeizuführen - etwa in einer Erledigungserklärung auf den noch offenen
Prozesskostenhilfeantrag hinzuweisen oder mit einer Erledigungserklärung zuzuwarten,
bis über das Prozesskostenhilfegesuch entschieden ist - sieht das Gesetz nicht vor.
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main
vom 29. Januar 2008 - 11 E 4795/06 - abgeändert und dem Kläger für den ersten
Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts ... zur Wahrung
der Rechte bewilligt.
Gründe
Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige
Beschwerde, über die der Berichterstatter gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO analog
im Einverständnis des Klägers anstelle des Senats entscheiden kann, ist
begründet.
1. Der Kläger erhob am 19. Oktober 2006 eine auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG gerichtete Verpflichtungsklage.
Am selben Tag beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und fügte
dem Antrag unter Verwendung des entsprechenden Vordrucks die Erklärung über
die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei. Auf die ihr am 30. Oktober
2006 zugestellte Klage- und Antragsschrift erwiderte die Beklagte am 9. November
2006.
Am 28. August 2007 trat die Altfallregelung des § 104a AufenthG in Kraft. Bereits
mit Schreiben vom 20. Juli 2007 vertrat der Kläger die Rechtsauffassung, dass sein
rechtshängiges Verpflichtungsbegehren auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels
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rechtshängiges Verpflichtungsbegehren auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels
nach § 104a AufenthG einschließe. Nachdem die Beklagte mitgeteilt hatte, dem
Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG zu erteilen, erklärte dieser
am 15. November 2007 den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt. Die
Beklagte schloss sich der Erledigungserklärung des Klägers am 30. November
2007 an.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main stellte mit Beschluss vom 14.
Dezember 2007 - 11 E 4795/06 (1) - das Klageverfahren ein und hob dessen
Kosten gegeneinander auf. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 11. Januar
2008 um Entscheidung über den nicht beschiedenen Prozesskostenhilfeantrag
nachgesucht hatte, lehnte das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit dem im
Tenor bezeichneten Beschluss den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
ab. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe scheide - so das Verwaltungsgericht -
grundsätzlich aus, da sie voraussetze, dass die fragliche Rechtsverfolgung noch
beabsichtigt sei (§ 114 ZPO i. V. m. § 166 VwGO). Auch aus Billigkeitsgründen sei
im Fall des Klägers keine Abweichung von diesem Grundsatz geboten. Lediglich
ausnahmsweise könne nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen
rückwirkend Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn das
Prozesskostenhilfegesuch vor der Erledigungserklärung positiv entscheidungsreif
gewesen sei und der die Prozesskostenhilfe beantragende Beteiligte im Rahmen
der ihn treffenden Obliegenheit zur prozessualen Mitwirkung seinerseits alles
Zumutbare getan habe, um eine Entscheidung vor Erledigung der Hauptsache zu
erreichen (Hess. VGH, Beschluss vom 3. Januar 2007 - 9 TP 3075/06 - m. w. N.).
Die letztgenannte Voraussetzung sei im Fall des Klägers nicht erfüllt. Ihm hätte es
oblegen, in der Erledigungserklärung auf den noch offenen
Prozesskostenhilfeantrag hinzuweisen bzw. mit der Erledigungserklärung
zuzuwarten, bis über sein Prozesskostenhilfegesuch entschieden sei (vgl. Hess.
VGH, Beschluss vom 3. Januar 2007 - 9 TP 3075/06 -). Der Kläger habe indessen
nichts getan, um eine Entscheidung des Gerichts über seinen Antrag auf
Prozesskostenhilfe zu erreichen. Er habe vielmehr mit Schriftsatz seines
Bevollmächtigten vom 15. November 2007 den Rechtsstreit für erledigt erklärt,
ohne zuvor auf die ausstehende Entscheidung über den Antrag auf
Prozesskostenhilfe hinzuweisen.
Am 27. Februar 2008 hat der Kläger gegen den ihm am 14. Februar 2008
zugestellten Prozesskostenhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am
Main Beschwerde erhoben.
2. Die Beschwerde des Klägers hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat mit dem im
Tenor bezeichneten Beschluss zu Unrecht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
für das vom Kläger mit der Klage verfolgte Verpflichtungsbegehren abgelehnt.
Prozesskostenhilfe ist dem Kläger gemäß § 114 ZPO i. V. m. § 166 VwGO zu
gewähren, da der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, und im
Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs vom Kläger eine
Rechtsverfolgung beabsichtigt gewesen ist, die hinreichende Erfolgsaussicht
geboten und sich nicht als mutwillig dargestellt hat.
a. Der aus dem Tenor ersichtlichen rückwirkenden Bewilligung von
Prozesskostenhilfe steht nicht entgegen, dass die Beteiligten den Rechtsstreit, für
dessen Durchführung der Kläger Prozesskostenhilfe begehrt, bereits
übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
In Übereinstimmung mit dem Charakter der Prozesskostenhilfe als
spezialgesetzliche Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1973 - 1 BvR 153/69 - BVerfGE 35, 348, 355)
verlangt § 114 ZPO allerdings grundsätzlich noch im Zeitpunkt der gerichtlichen
Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch einen prozessualen Bedarf in
Gestalt einer beabsichtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung. Prinzipiell
scheidet mithin eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Abschluss der
Instanz von vornherein aus, was uneingeschränkt für erst nach Abschluss der
Instanz gestellte Prozesskostenhilfeanträge gilt.
Vom grundsätzlichen Erfordernis der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder -
verteidigung im Zeitpunkt der gerichtlichen Prozesskostenhilfeentscheidung ist
indes eine Ausnahme zu machen, wenn - wie hier - das Gericht vor Abschluss der
Instanz eine Entscheidung über ein entscheidungsreifes Prozesskostenhilfegesuch
objektiv pflichtwidrig unterlassen hat. In einem solchen Fall kommt auch nach
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objektiv pflichtwidrig unterlassen hat. In einem solchen Fall kommt auch nach
Abschluss der Instanz eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe rückwirkend auf den
Zeitpunkt der Entscheidungsreife - ggf. auf einen nach diesem, aber vor
Instanzende liegenden Zeitpunkt der Bewilligungsreife, der eingetreten ist, weil
sich die Erfolgsaussichten zwischenzeitlich zu Gunsten des Antragstellers
verändert haben - in Betracht (vgl. zu Vorstehendem: BGH, Beschluss vom 30.
September 1981 - IVb ZR 694/80 - NJW 1982, 446; BVerwG, Beschluss vom 3. März
1998 - BVerwG 1 PKH 3.98 - juris; Senatsbeschluss vom 26. April 1995 - 7 TP
3419/94 -; Hess. VGH, Beschlüsse vom 28. Juni 1991 - 6 TP 1065/91 - NVwZ-RR
1992, 220, und vom 21. August 2007 - 11 TP 1305/07 -; Bader/Funke-
Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Aufl. 2007, § 166 Rdnr. 33; Sodan/Ziekow,
VwGO, 2. Aufl. 2006, § 166 Rdnr. 43 ff.; jeweils m. w. N.).
Diese Ausnahme hat ihren Grund in dem für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten aus
Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, im Übrigen
aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch (Art. 20
GG) herzuleitenden verfassungsrechtlichen Gebot der weitestgehenden
Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der
Verwirklichung des Rechtsschutzes, dem die Regeln über die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe dienen und das deren Auslegung maßgeblich bestimmt. Dieses
Gebot verlangt in erster Linie eine unverzügliche Entscheidung des Gerichts über
einen entscheidungsreifen Prozesskostenhilfeantrag. Um der mittellosen Partei
hinsichtlich der Durchführung eines Rechtsstreits eine einer bemittelten Partei
entsprechende Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen, soll die mittellose Partei
Klarheit darüber erhalten, ob sie von den Gerichtskosten und den eigenen
außergerichtlichen Kosten freigestellt wird oder ob sie insoweit das Risiko trägt,
einen Rechtsstreit nur unter Einsatz von Einkommen und Vermögen führen zu
können, das der Gesetzgeber in § 115 ZPO prozesskostenhilferechtlich dem
Existenzminimum zuordnet, das eine bemittelte Partei von vornherein zu anderen
Zwecken als zu dem Zweck der Rechtsverfolgung einsetzt. Das Ziel, im Hinblick
auf die Rechtsschutzgleichheit eine gleichheitswidrige Kostenbelastung der
mittellosen Partei zu vermeiden, steuert auch die Auslegung des § 114 ZPO, wenn
vor Abschluss der Instanz die Bescheidung eines entscheidungsreifen
Prozesskostenhilfegesuchs - also eines den Anforderungen des § 117 ZPO
genügenden Prozesskostenhilfeantrags, zu dem der Gegner nach § 118 ZPO
Stellung nehmen konnte - unterblieben ist: Würde noch in dem nach Abschluss der
Instanz liegenden Zeitpunkt der (verspäteten) gerichtlichen Entscheidung über das
Prozesskostenhilfegesuch als - in diesem Zeitpunkt notwendig zu verneinende -
Voraussetzung der Prozesskostenhilfebewilligung eine beabsichtigte
Rechtsverfolgung verlangt, drohte der mittellosen Partei eine mit dem
Gleichheitssatz bei der Rechtsverfolgung unvereinbare Kostenbelastung. Dies
gebietet es, bei Unterbleiben der Bescheidung eines entscheidungsreifen
Prozesskostenhilfegesuchs vor Abschluss der Instanz für das Erfordernis der
beabsichtigten Rechtsverfolgung auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife - ggf.
auf einen nach diesem, aber vor Instanzende liegenden Zeitpunkt der
Bewilligungsreife, der eingetreten ist, da sich die Erfolgsaussichten zwischenzeitlich
zu Gunsten des Antragstellers verändert haben - abzustellen (vgl.
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 119 Rdnr. 16;
Sodan/Ziekow, a. a. O.).
Diese Sichtweise, nach der ein vor Abschluss der Instanz entscheidungsreifes,
aber nicht beschiedenes Prozesskostenhilfegesuch nicht schon infolge des
Abschlusses der Instanz erfolglos ist, korrespondiert der Rechtslage bei sozialhilfe-
und unterhaltsrechtlichen Bedarfen: Auch dort geht es um die Befriedigung
gegenwärtiger Bedarfslagen; bei gerichtlicher Geltendmachung kann gleichwohl im
Nachhinein eine Verpflichtung bzw. Verurteilung zur Leistung erfolgen (vgl.
Hauck/Noftz, SGB XII, Sozialhilfe, Stand: Dezember 2007, K § 18 Rdnr. 13 ff.; Lehr-
und Praxiskommentar Bundessozialhilfegesetz, 6. Aufl. 2003, § 5 Rdnr. 16;
Sodan/Ziekow, a. a. O., § 166 Rdnr. 43 ff.; Palandt/Diedrichsen, BGB, 67. Aufl.
2008, § 1613 Rdnr. 1 ff.).
Für die hier vertretene Rechtsauffassung streitet ferner, dass das Gericht im noch
anhängigen Prozesskostenhilfeverfahren eine in der Regel pflichtwidrige
Verzögerung der von ihm zu treffenden Entscheidung über den
Prozesskostenhilfeantrag kompensieren kann und hierdurch ein etwaiger, sich
anschließender Amtshaftungsprozess, dessen Erfolgsaussichten jedenfalls das
Richterspruchprivileg des § 839 Abs. 2 BGB nicht entgegenstehen würde (vgl.
Palandt/Sprau, a. a. O., § 839 Rdnr. 63 - 67, m. w. N.), vermieden wird.
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Wird die Entscheidung über eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe
nach Instanzende (zusätzlich) von Billigkeitserwägungen abhängig gemacht (vgl.
Senatsbeschluss vom 26. April 1995, a. a. O.; Hess. VGH, Beschluss vom 21.
August 2007, a. a. O.), so sprechen auch diese für die hier vertretene Sichtweise,
da das Unterlassen der Bescheidung eines entscheidungsreifen
Prozesskostenhilfeantrags grundsätzlich in die Sphäre des Gerichts fällt (vgl.
Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, a. a. O., § 166 Rdnr. 33).
Soweit das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung in Anschluss an
eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung (vgl. Hess.
VGH, Beschluss vom 3. Januar 2007 - 9 TP 3075/06 -, m. w. N.) für eine
rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Abgabe übereinstimmender
Erledigungserklärungen über die vor Instanzende eingetretene Entscheidungsreife
des Prozesskostenhilfegesuchs hinaus verlangt, dass der Prozesskostenhilfe
beantragende Beteiligte im Rahmen einer ihn treffenden Obliegenheit zur
prozessualen Mitwirkung seinerseits alles Zumutbare getan hat, um eine
Entscheidung vor Erledigung der Hauptsache zu erreichen, und das
Verwaltungsgericht hierzu weiterhin ausführt, es hätte dem Kläger oblegen, in der
Erledigungserklärung auf den noch offenen Prozesskostenhilfeantrag hinzuweisen
bzw. mit der Erledigungserklärung zuzuwarten, bis über das
Prozesskostenhilfegesuch entschieden sei, teilt das Beschwerdegericht diese
Rechtsauffassung nicht. Obliegenheiten der um Prozesskostenhilfe
nachsuchenden Partei sind in §§ 117, 118 ZPO i. V. m. § 166 VwGO geregelt. Eine
darüber hinausgehende Obliegenheit, die vom Gericht geschuldete Entscheidung
über ein entscheidungsreifes Prozesskostenhilfegesuch herbeizuführen, sieht das
Gesetz nicht vor. Demgemäß hat ein Antragsteller - vorbehaltlich einer
gerichtlichen Aufforderung nach § 118 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 166 VwGO - mit einem
den Anforderungen des § 117 ZPO entsprechenden Prozesskostenhilfeantrag alles
von seiner Seite aus Erforderliche getan (vgl. BGH, Beschluss vom 30. September
1981, a. a. O.; BVerwG, Beschluss vom 3. März 1988, a. a. O.; Hess. VGH,
Beschlüsse vom 28. Juni 1991, a. a. O., und vom 21. August 2007, a. a. O.;
Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, a. a. O., § 166 Rdnr. 33; Sodan/Ziekow, a.
a. O., § 166 Rdnr. 45).
b. Für die im Zeitpunkt der Entscheidungsreife und danach bis zum Abschluss der
Instanz beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers hat auch eine hinreichende
Erfolgsaussicht bestanden.
Hinreichende Erfolgsaussicht einer Rechtsverfolgung im Sinne des § 114 ZPO ist
zu bejahen, wenn es aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage
möglich erscheint, dass der um Prozesskostenhilfe nachsuchende Beteiligte mit
seinem Begehren durchdringen wird. Insoweit ist an die Prognose der
Erfolgsaussicht grundsätzlich kein strenger Maßstab anzulegen, denn die Prüfung
der Erfolgsaussicht der Klage darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder -
verteidigung in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern
und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das
Prozesskostenhilfeverfahren ist nicht der Ort, den grundrechtlich garantierten
Rechtsschutz selbst zu bieten, sondern es soll diesen erst zugänglich machen (vgl.
zu Vorstehendem: BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 u. a. -
BVerfGE 81, 347 [357]; Senatsbeschlüsse vom 3. August 2007 - 7 TP 1231/07 -
und vom 8. August 2007 - 7 TP 1288/07 -; Hess. VGH, Beschluss vom 20. Juli 2004
- 9 TP 2716/02 -).
Bereits für das auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG
gerichtete Verpflichtungsbegehren hat eine hinreichende Erfolgsaussicht
bestanden, da über die vom Kläger behauptete posttraumatische
Belastungsstörung voraussichtlich Beweis hätte erhoben müssen, und ein dem
Kläger positives Beweisergebnis ebenso wenig auszuschließen ist wie eine hieran
anknüpfende Bejahung einer rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise als
maßgebliche Voraussetzung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5
Satz 1 AufenthG.
Ab dem Inkrafttreten der Altfallregelung des § 104a Abs. 1 AufenthG am 28.
August 2007 hat zudem eine hinreichende Erfolgsaussicht für einen
Aufenthaltstitel nach dieser Vorschrift bestanden. Das auf Erteilung eines
Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG
gerichtete Verpflichtungsbegehren erfasste auch den Aufenthaltstitel nach der
Altfallregelung, da dieser einen Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des
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Altfallregelung, da dieser einen Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des
Aufenthaltsgesetzes darstellt (vgl. zum Gegenstand einer auf Erteilung eines
Aufenthaltstitels gerichteten Verpflichtungsklage: BVerwG, Urteil vom 4.
September 2007 - BVerwG 1 C 43.06 - DVBl. 2008, 108, m. w. N.). Die Beiordnung
des Rechtsanwalts beruht auf § 121 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 166 VwGO.
Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren fallen nicht an, weil das
Kostenverzeichnis - Anlage I zum GKG - in Nr. 5502 einen Gebührentatbestand nur
für den Fall vorsieht, dass die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird.
Außergerichtliche Kosten werden gemäß § 127 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 166 VwGO
nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.