Urteil des HessVGH vom 12.02.2008

VGH Kassel: einzelrichter, bad, quelle, dokumentation, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, rechtseinheit, einverständnis, vorauszahlung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
8. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 E 284/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 63 Abs 1 S 2 GKG 2004, §
63 Abs 1 S 1 GKG 2004, §
66 Abs 6 S 1 GKG 2004, §
68 Abs 1 S 5 GKG 2004, §
87a Abs 1 Nr 4 VwGO
(Entscheidung über Streitwertbeschwerde bei vorläufiger
Streitwertfestsetzung durch Vorsitzenden oder
Berichterstatter erster Instanz)
Leitsatz
1. Der Einzelrichter des Beschwerdegerichts entscheidet über eine
Streitwertbeschwerde auch dann, wenn die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung durch
den Vorsitzenden oder Berichterstatter gemäß § 87a VwGO erfolgt ist.
2. Die Beschwerde gegen eine vorläufige Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 1 Satz
1 GKG ist unstatthaft.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung in dem
Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 23. Januar 2008 - 4 K 88/08.KS -
wird verworfen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten
werden nicht erstattet.
Gründe
Der Senat entscheidet über die Beschwerde des Klägers gegen die Höhe des
vorläufig festgesetzten Streitwertes in entsprechender Anwendung der
Vorschriften über die endgültige Streitwertfestsetzung gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5
i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG in voller Besetzung, nachdem der Einzelrichter das
Verfahren dem Senat übertragen hat, weil der in der obergerichtlichen
Rechtsprechung umstrittenen Frage, wann gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 6 Satz 1, HS. 2 GKG über eine Streitwertbeschwerde das Beschwerdegericht
durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden hat, grundsätzliche
Bedeutung zukommt.
Der Senat schließt sich auch aus Gründen der Rechtseinheit und der
Vereinfachung kostenrechtlicher Verfahren der überzeugend begründeten
Auffassung des 9. Senats des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an,
wonach als Einzelrichter des Ausgangsgerichts gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1, HS. 2
GKG nicht nur der nach § 6 VwGO bestimmte Einzelrichter, sondern auch der nach
gesetzlicher Anordnung im vorbereitenden Verfahren gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 4
und Abs. 3 VwGO sowie der im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 87a
Absätze 2 und 3 VwGO anstelle des Senats entscheidende Berichterstatter
anzusehen ist (vgl. Bad.-Württ. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2006 - 9 S 1148/06 -
NVwZ-RR 2006 S. 648 f. = juris Rdnrn. 2 ff.; so auch Sächs. OVG, Beschluss vom 2.
Februar 2007 - 3 E 44/07 - DÖV 2007 S. 562 = juris Rdnr. 1; a. A.: OVG Berlin,
Beschluss vom 14. September 2004 - 4 L 22.04 - juris Rdnr. 1; Hess. VGH,
Beschluss vom 19. Januar 2005 - 11 TE 3706/04 - NVwZ-RR 2005 S. 583 f. = juris
Rdnrn. 1 f.; Bad.-Württ. VGH, Beschluss vom 19. Dezember 2005 - 4 S 2273/05 -).
Die Beschwerde gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 1
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Die Beschwerde gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 1
Satz 1 GKG ist nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen.
Das Rechtsmittel der Beschwerde ist nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG nur gegen einen
endgültigen Streitwertfestsetzungsbeschluss für die Gerichtsgebühren nach § 63
Abs. 2 GKG gegeben (vgl. Thür. OVG, Beschluss vom 19. September 2006 - 1 VO
819/06 - juris Rdnr. 2). Damit hat der Gesetzgeber aus Gründen der Eindämmung
von zeitraubenden und kostenträchtigen Zwischenverfahren die Statthaftigkeit von
Rechtsmitteln sinnvoll eingeschränkt, da das Ausgangsgericht zum einen stets die
Möglichkeit hat, auf Angaben eines Beteiligten eine vorläufige
Streitwertfestsetzung zu korrigieren, und weil zum anderen eine Herabsetzung im
Beschwerdeverfahren ebenfalls nur vorläufig wäre und bei der endgültigen
Festsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG wieder zu Lasten der Partei korrigiert werden
kann bzw. muss (vgl. Meyer, GKG, 9. Aufl. 2007, Rdnr. 3 zu § 68).
Die in § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG vorgesehene Möglichkeit von Einwendungen gegen
die Höhe des (vorläufig) festgesetzten Wertes im Verfahren über die Beschwerde
gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses
Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, ist in
Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht anwendbar, da diese gemäß § 86
VwGO dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegen und auch nicht in den
Regelungen der §§ 10 ff. GKG über Vorschuss/Vorauszahlung genannt sind, so
dass das Tätigwerden der Verwaltungsgerichte nicht von der Zahlung von Kosten
abhängig gemacht werden und deshalb ein entsprechender Beschluss nicht
ergehen kann (vgl. Thür. OVG, Beschluss vom 19. September 2006 a.a.O. juris
Rdnr. 2; Bad.-Württ. LSG, Beschluss vom 3. Dezember 2007 - L 5 KA 3492/07 W-B,
L 5 KA 3492/07 - juris Rdnr. 18); in Prozessverfahren vor den Gerichten der
Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit wird die Verfahrensgebühr gemäß
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 GKG - unabhängig von einem solchen Beschluss und ohne dass
die gerichtliche Tätigkeit von der Vorschussleistung abhängig wäre - mit der
Einreichung der Klage -, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit
der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig.
Das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 68 Abs. 3 GKG gerichtsgebührenfrei;
außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG
unanfechtbar.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.