Urteil des HessVGH vom 25.09.1991

VGH Kassel: bpv, mitbestimmungsrecht, befristung, pauschal, rechtsschutzinteresse, form, betriebsrat, beteiligungsrecht, hauptsache, wiederholungsgefahr

1
2
3
4
5
Gericht:
Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Fachsenat für
Bundespersonalvertretungssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
BPV TK 458/91
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
BPersVG
(Zum Mitbestimmungsrecht des Personalrates bei der
Einstellung sogenannter Abrufkräfte - Vorabzustimmung)
Tatbestand
Der Beteiligte übersandte dem Antragsteller im September 1987 die
Personalunterlagen von 23 Bewerbern - unter ihnen Frau G K -, die sich mit einer
zukünftigen Beschäftigung als Abrufkraft beim Postamt 3 in F einverstanden
erklärt hatten. In dem Anschreiben wurde ausgeführt, die Abrufkräfte sollten im
Rahmen bereits bestehender Dienstpläne beschäftigt werden. Ihr Einsatz sei bei
Arbeitsrückständen infolge unvorhersehbarer Schwankungen des
Verkehrsaufkommens oder infolge von plötzlichen Erkrankungen geplant. Die
Abrufkräfte würden gemäß den tarifvertraglich geregelten Bestimmungen nach
Lohngruppe IV entlohnt und entsprechend eingruppiert. Es werde beantragt, der
zukünftigen Beschäftigung der genannten Personen als Abrufkräfte für den
bestehenden Bedarfsfall und für Wiederholungsfälle zuzustimmen.
Der Antragsteller lehnte mit Schreiben vom 17.9.1987 seine Zustimmung unter
Bezugnahme auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 und § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG ab. Im einzelnen
führte er aus, bei der vorgesehenen Form der "Einstellung" solle die
Personalvertretung eine pauschale Zusage zum späteren Abschluß von
Arbeitsverträgen erteilen. Diese Art der Beteiligung sei im
Personalvertretungsgesetz nicht vorgesehen. Das
Bundespersonalvertretungsgesetz bestimme, daß der Personalrat bei jeder
Einstellung zu beteiligen sei. Dies bedeute, daß in jedem Einzelfall vor Abschluß
eines Arbeitsvertrages ein qualifiziertes Beteiligungsrecht beachtet werden müsse.
Hinsichtlich der verlangten pauschalen Form der Zustimmung werde weder ein
Wochenleistungsmaß noch die Dauer der Beschäftigung genannt. Eine qualifizierte
Beteiligung sei damit nicht gegeben. Für den "Herbeigerufenen" würden ferner
Kündigungsschutzregeln umgangen. Für den Personalrat und den Beschäftigten
sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund dieser unter Umständen eines Tages
nicht mehr herbeigerufen werde, wenn das Postamt ihn aus irgendwelchen
Gründen nicht mehr beschäftigen wolle. Schließlich sehe § 4 des
Beschäftigungsförderungsgesetzes vor, daß dem Arbeitnehmer 10 Stunden pro
Woche zu vergüten seien, wenn zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber keine
feste Vereinbarung über das Arbeitszeitdeputat bestehe. Es werde also mit der
vorgesehenen Verfahrensweise gegen Bestimmungen des
Personalvertretungsrechts, des Kündigungsschutzgesetzes sowie des
Beschäftigungsförderungsgesetzes verstoßen.
Der Beteiligte antwortete hierauf mit Schreiben vom 29.9.1987, er könne keine
Zustimmungsverweigerungsgründe gemäß § 77 Abs. 2 BPersVG erkennen. Für die
Fortsetzung des Mitbestimmungsverfahrens sei deshalb kein Raum, es werde im
Einvernehmen mit der Oberpostdirektion abgebrochen.
Am 20.1.1989 schloß der Beteiligte mit Frau K einen befristeten Arbeitsvertrag
über 4,5 Stunden an diesem Tag für nicht vollbeschäftigte Arbeiter ab.
Der Antragsteller hat am 3.2.1989 beim Verwaltungsgericht Frankfurt a.M. das
personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und geltend
6
7
8
9
10
11
12
13
personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und geltend
gemacht:
Die vom Beteiligten gewünschte pauschale Zustimmung für den in ungewisser
Zukunft liegenden Abschluß von Arbeitsverträgen mit einzelnen Personen sei im
Personalvertretungsrecht nicht vorgesehen. Vielmehr sei vor Abschluß eines jeden
Arbeitsvertrages ein qualifiziertes Beteiligungsrecht gegeben. Die beabsichtigten
Einstellungen würden im übrigen gegen die Bestimmungen des
Kündigungsschutzgesetzes und des Beschäftigungsförderungsgesetzes
verstoßen. Die Hauptsache habe sich nicht erledigt, da der Beteiligte nach wie vor
Abrufkräfte mit Zeitverträgen für einen Tag oder weniger einstelle. Mit dem
Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29.3.1989 - BPV TK
3821/87 - seien auch die anstehenden Rechtsfragen nicht geklärt. Es bestünden
Zweifel, ob dieser Beschluß mit dem geltenden Personalvertretungsrecht im
Einklang stehe. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem die
Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschluß vom 27.7.1990 - 6 PB
12.89 - zu der hier interessierenden Rechtsfrage, ob ein Personalrat seine
Zustimmung zu Einstellungen auch für zukünftige Fälle pauschal erklären könne,
nicht Stellung genommen. Es habe lediglich ein Abweichen von seiner
Rechtsprechung verneint. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof habe im übrigen
darüber zu entscheiden gehabt, ob die Absicht der Verwaltung,
Beschäftigungsverhältnisse für Abrufkräfte anzubieten, der Mitbestimmung
unterliege. Es sei nicht darum gegangen, ob der einzelne Abschluß des
Arbeitsvertrages mitbestimmungspflichtig sei.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß der Beteiligte durch die Einstellung der Frau G K am 20.1.1989
das Beteiligungsrecht des Antragstellers verletzt habe.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hat erwidert: Der Antrag sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die
Einwendungen des Antragstellers im Schreiben vom 17.9.1987 ließen das
Vorliegen eines Verweigerungsgrundes von vornherein als unmöglich erscheinen.
Die Art des Einsatzes der Abrufkräfte rechtfertige die Zustimmungsverweigerung
offensichtlich nicht, weil die Bewerber, deren Einstellung man beabsichtige, dem
Antragsteller bekannt gegeben worden seien. Auch ein Wiederholungsrhythmus
bestehe nicht. Die Vergütung der Kräfte stehe fest. Die Bewerber seien bei einem
Anruf der Dienststelle in ihrer Entscheidung frei, ob sie das Angebot einer
Wiedereinstellung annehmen wollten oder nicht. Die Kräfte könnten auch von sich
aus bei der Einsatzstelle des Briefabgangsdienstes anrufen und sich erkundigen,
ob die Möglichkeit einer Wiedereinstellung bestehe. Der Einwand zum
"Wochenarbeitszeitdeputat" gehe offensichtlich fehl, da eine Vereinbarung eines
"wöchentlichen Durchschnitts der regelmäßigen Arbeitszeit" ausgeschlossen sei.
Im übrigen werde auf die Ausführungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs
im Beschluß vom 29.3.1989 - BPV TK 3821/87 - verwiesen.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt a.M. - Fachkammer für
Personalvertretungssachen des Bundes - hat den Antrag mit Beschluß vom
15.1.1991 abgelehnt und ausgeführt:
Der Antrag sei unzulässig. Die vom Beteiligten getroffene Maßnahme, durch die
sich der Antragsteller in seinem Mitbestimmungsrecht verletzt fühle, sei zeitlich
längst überholt und äußere keine Wirkungen mehr. Die Einstellung der
Beschäftigten K am 20.1.1989 für 4,5 Stunden habe sich nach Ablauf dieses
Zeitraumes erledigt, ein Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag sei
mithin entfallen. Ein Rechtsschutzbedürfnis könne auch nicht mit der vom
Antragsteller angeführten Wiederholungsgefahr begründet werden. Der anwaltlich
vertretene Antragsteller hätte dann nämlich nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts die dahinterstehende allgemeine
personalvertretungsrechtliche Frage - losgelöst vom konkreten Vorgang - zum
Gegenstand seines Antrags machen müssen. Aber auch bei einer entsprechenden
Antragsumstellung wäre ein Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben. Nach
Erledigung der Hauptsache könne eine Wiederholungsgefahr für sich allein ein
Rechtsschutzbedürfnis nicht begründen, wenn klärungsbedürftige Rechtsfragen
nicht mehr anstünden. Die allgemeinen Rechtsfragen, die der vorliegende Streitfall
aufwerfe, seien in der Rechtsprechung geklärt.
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
In einem parallel gelagerten Verfahren zwischen denselben Beteiligten habe der
Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs mit Beschluß vom 29.3.1989 - BPV TK 3821/87 -
dargelegt, daß die beabsichtigte Einstellung von Abrufkräften nach § 69 Abs. 2
Satz 5 BPersVG als gebilligt gelte, weil die vom Antragsteller geltend gemachten
Einwendungen (pauschale Zusagen zum späteren Abschluß von Arbeitsverträgen
seien im Bundespersonalvertretungsgesetz nicht vorgesehen, jeder einzelne
"Abrufeinsatz" müsse zur Zustimmung vorgelegt werden; es werde gegen § 4
Beschäftigungsförderungsgesetz verstoßen; Kündigungsschutzregeln würden
umgangen) ersichtlich außerhalb des gesetzlichen Mitbestimmungstatbestandes
lägen und schon deshalb vom gesetzlichen Verweigerungskatalog des § 77 Abs. 2
BPersVG nicht gedeckt seien. Aus einem kollektiven Schutzauftrag könne der
Antragsteller keine ausreichenden Verweigerungsgründe unter dem Aspekt
unzulässiger "Pauschaleinstellungen" darlegen. Das habe der Hessische
Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Beschluß eingehend dargelegt. Er habe
sich ferner der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angeschlossen, wonach
der Betriebsrat bei gleichliegenden, immer wieder auftretenden Fällen seine
Zustimmung zu mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen auch im voraus erteilen
könne (BAGE 38, 96 <103/104>). Da nach der Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts über die Beschwerde des Antragstellers gegen die
Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde (Beschluß vom 27.7.1990 - 6 PB 12.89 -)
Abweichungen von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der
Oberverwaltungsgerichte in dem Beschluß des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs nicht zu erkennen seien, seien die angesprochenen
Rechtsfragen als geklärt anzusehen.
Gegen diesen ihm am 3.2.1991 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller durch
anwaltlichen Schriftsatz vom 28.2.1991 Beschwerde erhoben, die am 4.3.1991
(Montag) beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist. Er hat das
Rechtsmittel in demselben Schriftsatz begründet und ausgeführt:
Eine einzelne Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs sei nicht
geeignet, das Rechtsschutzinteresse für alle vergleichbaren Fälle und für alle
Zukunft auszuschließen. Das Bundesverwaltungsgericht habe im Verfahren über
die Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussage getroffen, die als Bestätigung des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs angesehen werden könne. In der Sache
könne man dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof auch nicht folgen. Es bleibe
vor allem unklar, wie lange die einmal (pauschal) erteilte Zustimmung Gültigkeit
habe, was insbesondere dann gelte, wenn die Zustimmung gemäß § 69 Abs. 2
Satz 5 BPersVG fingiert werde. Der Umstand, daß das Arbeitsverhältnis, um
dessen Beteiligungspflichtigkeit hier gestritten werde, längst beendet sei, habe für
das Rechtsschutzinteresse keine Bedeutung, weil immer wieder neue Verträge mit
Abrufkräften abgeschlossen würden.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nach dem erstinstanzlichen
Antrag zu erkennen.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Wegen des Sachverhalts und des Streitstands im übrigen wird auf die Schriftsätze
der Verfahrensbeteiligten nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie ist statthaft, form- und
fristgerecht erhoben und ordnungsgemäß begründet worden. Sie muß jedoch in
sachlicher Hinsicht erfolglos bleiben.
Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts hält der Fachsenat das
Feststellungsbegehren des Antragstellers für zulässig. Zwar hat sich die konkrete
Einstellung der Frau G K als Abrufkraft am 20.1.1989 erledigt; denn sie ist nur an
diesem Tag und lediglich für die Dauer von 4,5 Stunden beschäftigt worden. Ein
25
26
27
28
diesem Tag und lediglich für die Dauer von 4,5 Stunden beschäftigt worden. Ein
Rechtsschutzinteresse ist jedoch deshalb zu bejahen, weil es dem Antragsteller
nicht allein um ein Mitbestimmungsrecht bei diesem Vorgang geht. Streitig ist
vielmehr die dahinterstehende allgemeine Frage, ob die Zustimmung zur
zukünftigen Einstellung von Abrufkräften für den nicht vorhersehbaren Bedarfsfall
vorab und global verlangt werden kann sowie welche Einwendungen dem
Antragsteller hierbei zu Gebote stehen. Da sich dieser Streit unter den Beteiligten
mit großer Wahrscheinlichkeit wiederholen wird, bedarf er der Entscheidung. Die
vorstehende Auslegung bleibt dem Fachsenat unbenommen, weil der
Antragstellerbevollmächtigte sein wahres Antragsziel wenigstens durch den
Sachvortrag deutlich gemacht hat (vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 27.3.1990 - 6
P 34.87 -, Amtlicher Entscheidungsabdruck S. 3/4 und 13/14).
Die allgemeinen Rechtsfragen, die der vorliegende Streitfall aufwirft, sind auch
noch nicht als höchstrichterlich geklärt anzusehen. Sie sind zwar in dem Beschluß
des erkennenden Fachsenats vom 29.3.1989 - BPV TK 3821/87 -, der einen
gleichliegenden Parallelfall betraf, ausführlich erörtert und entschieden; das
damalige Verfahren gelangte aber nur über eine Beschwerde des Antragstellers
gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde vor das
Bundesverwaltungsgericht, das demgemäß zu einer umfassenden Prüfung nicht
berechtigt war. Das Bundesverwaltungsgericht hatte nur zu prüfen, ob eine
Abweichung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vorlag (vgl. seinen Beschluß
vom 27.7.1990 - 6 PB 12.89 -, ZBR 1990 S. 354, insbesondere S. 355 unter 2: "Mit
diesen wohl grundsätzlich bedeutsamen Ausführungen ...").
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Beteiligte hat das
Mitbestimmungsverfahren mit Recht abgebrochen. Soweit dem Antragsteller ein
Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG (Einstellung) zusteht, liegen
seine Einwendungen ersichtlich außerhalb des gesetzlichen Tatbestandes und
werden schon deshalb vom gesetzlichen Verweigerungskatalog des § 77 Abs. 2
BPersVG nicht erfaßt. Das gilt insbesondere für den angeblichen Verstoß gegen §
4 Beschäftigungsförderungsgesetz und die Kündigungsschutzbestimmungen. Der
erkennende Fachsenat hat in seinem obengenannten Beschluß vom 29.3.1989
ausgeführt:
"Ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 BPersVG kommt
nicht in Betracht; denn die hier in Rede stehenden Abrufkräfte werden bei
unvorhersehbaren personellen Bedarfsfällen nur im Rahmen der vorhandenen
Dienstpläne eingesetzt und in aller Regel lediglich für eine Dienstschicht
beschäftigt. Der Auffassung des Antragstellers im Schreiben vom 16.7.1986, den
Anforderungen des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG müsse in jedem Einzelfall und nicht
pauschal genügt werden, kann der Fachsenat nicht folgen. Sie verkennt, daß eine
Abrufkraft allein auf freiwilliger Grundlage zur Dienstleistung herangezogen werden
soll, weshalb sich ihr Einsatz einer individuellen Planung entzieht. Auch die
Vorschrift des § 75 Abs. 4 BPersVG ist nicht anwendbar, weil sich bezüglich der
Abrufkräfte, so wie sie im Streitfall verstanden werden, Grundsätze für die
Aufstellung der Dienstpläne nicht auffinden lassen. ...
Dagegen ist ein Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG ohne
weiteres gegeben. Unter Einstellung im Sinne dieser Vorschrift versteht man die
Eingliederung eines neuen Beschäftigten in die Dienststelle, die regelmäßig mit
der Begründung eines Rechtsverhältnisses (Beamtenverhältnis, Arbeitsverhältnis)
verbunden ist. Die Mitbestimmung bezieht sich allein auf die Eingliederung,
nämlich auf die zur Einstellung vorgesehene Person, auf die von ihr auszuübende
Tätigkeit sowie - bei Arbeitern und Angestellten - auf die nach den
Tätigkeitsmerkmalen vorzunehmende tarifliche Bewertung, die sogenannte
Eingruppierung, so daß letztere in § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG eigentlich keiner
besonderen Erwähnung mehr bedurft hätte. Das mit der Einstellung in aller Regel
zu begründende Beschäftigungsverhältnis ist dagegen nicht Gegenstand der
Mitbestimmung nach § 75 Abs. 1 Nr. 1, und zwar weder hinsichtlich seiner Art
(Beamten- oder Arbeitsverhältnis) noch in bezug auf seinen Inhalt. Die
Mitbestimmung des Personalrates erfaßt insbesondere nicht den Arbeitsvertrag
und seine nähere Ausgestaltung. Deshalb sind einzelvertragliche Abreden wie die
Befristung des Arbeitsverhältnisses oder die Vereinbarung einer kürzeren
Arbeitszeit (Teilzeitbeschäftigung) der Mitbestimmung entzogen. Das ist nunmehr
ständige Rechtsprechung sowohl des Bundesverwaltungsgerichts wie des
Bundesarbeitsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluß vom 12.8.1983 - 6 P 4.82 -, ZBR
1984 S. 77 = Personalvertretung 1985 S. 246 <247>; Beschluß vom 19.9.1983 - 6
P 32.80 -, BVerwGE 68, 30 <33>; Beschluß vom 30.9.1983 - 6 P 4.82 -,
29
30
31
P 32.80 -, BVerwGE 68, 30 <33>; Beschluß vom 30.9.1983 - 6 P 4.82 -,
Personalvertretung 1985 S. 167; Beschluß vom 30.9.1983 - 6 P 11.83 -,
Personalvertretung 1986 S. 466 <467>; Bundesarbeitsgericht, Beschluß vom
20.6.1978 - ABR 65/75 -, AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG = RdA 1978 S. 401; Beschluß
vom 16.7.1985 - 1 ABR 35/83 -, BB 1986 S. 525; vgl. auch Dannhäuser, Die
Befristung von Arbeitsverhältnissen unter mitbestimmungsrechtlichen Aspekten,
Personalvertretung 1986 S. 353; derselbe, Neue Diskussionen zur Frage der
Mitbestimmung bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst,
Personalvertretung 1988 S. 34). Der erkennende Fachsenat folgt dieser
Rechtsprechung (vgl. Beschluß vom 14.1.1987 - BPV TK 1887/86 -; ebenso Bayer.
VGH, Beschluß vom 29.10.1986 - Nr. 18 C 86.02111 -, ZBR 1987 S. 252).
Da sich die Mitbestimmung nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG somit nicht auf die
Dauer (Befristung) eines Beschäftigungsverhältnisses und die wöchentliche
Durchschnittsarbeitszeit erstreckt, ist der Antragsteller gehindert, in diesem
Zusammenhang Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 77 Abs. 2 BPersVG
geltend zu machen. Dazu müßten sich seine Einwendungen auf einen Tatbestand
beziehen, der nach § 75 Abs. 1 oder § 76 Abs. 1 BPersVG der Mitbestimmung
unterliegt. Denn die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 77 Abs. 2 BPersVG
setzen voraus, daß sich der Personalrat mit seiner ablehnenden Stellungnahme im
Rahmen eines Mitbestimmungsfalles nach § 75 Abs.1 oder § 76 Abs. 1 BPersVG
hält und nicht Gründe geltend macht, die außerhalb der gesetzlichen
Mitbestimmungstatbestände liegen. Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut,
sondern auch aus dem Sinn des § 77 Abs. 2, weil anderenfalls über die dort
angeführten Zustimmungsverweigerungsgründe die gesetzlichen
Mitbestimmungstatbestände erweitert werden könnten, wenn nur die
entsprechenden Behauptungen aufgestellt und gegebenenfalls bewiesen werden
(vgl. insoweit ebenfalls Dannhäuser, Personalvertretung 1986 S. 353 <359>),
Die nähere arbeitsvertragliche Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses
kann der Antragsteller auch nicht über das allgemeine Überwachungsrecht gemäß
§ 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG zum Gegenstand der Zustimmungsverweigerung
machen, denn dieses Recht gewährt keine Sanktionen für den Fall, daß die
Vorstellungen von Dienststellenleiter und Personalvertretung auseinandergehen,
und ist vor allem nicht geeignet, die gesetzlichen Mitbestimmungstatbestände
auszuweiten. Es hat ferner nicht den Sinn, eine zusätzliche generelle Überprüfung
aller dienst- und arbeitsrechtlicher Entscheidungen durch die Personalvertretung
zu institutionalisieren (vgl. Lorenzen/Haas/Schmidt, a.a.O., RdNr. 23 zu § 68
BPersVG). Hiervon abgesehen wird der Antragsteller nach den von ihm selbst zu
den Akten gereichten Unterlagen bezüglich jeder Abrufkraft über sämtliche
Merkmale unterrichtet, die gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG seiner
Mitbestimmung unterliegen, wie der Beteiligte zutreffend hervorhebt. ...
Wie der Beteiligte zutreffend mit der Beschwerde geltend gemacht hat, sind dem
Antragsteller alle in Betracht kommenden Bewerber von Anfang an namentlich
bekannt gegeben worden. Das gleiche gilt für Art und Dauer der Beschäftigung,
den Beschäftigungsort und die Entlohnung; wobei hier erneut darauf hinzuweisen
wäre, daß sich die Mitbestimmung gar nicht auf alle diese Gegebenheiten
erstreckt. Schließlich gilt folgendes: Wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat
(Beschluß vom 2.3.1982 - 1 ABR 74/79 - BAGE 38, 96 <103/104>), kann der
Betriebsrat bei gleichliegenden, immer wieder auftretenden Fällen seine
Zustimmung zu den mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen auch im voraus
erteilen. Den Betriebspartnern sei zuzumuten, für Eilfälle entsprechende Vorsorge
zu treffen; der Betriebsrat dürfe sich im Hinblick auf das Gebot der
vertrauensvollen Zusammenarbeit einer vorsorglichen Regelung jedenfalls nicht
entziehen. Es kann nach Auffassung des hier erkennenden Fachsenats kein
Zweifel bestehen, daß diese Grundsätze auch im Personalvertretungsrecht
Geltung beanspruchen; sie müssen speziell in Fällen der vorliegenden Art
Anwendung finden, zumal gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 BPersVG weder eine
Dienstvereinbarung zulässig ist noch nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 19.4.1988 - 6 P 33.85 -, DVBl. 1988 S.
699) eine vorläufige Regelung gemäß § 69 Abs. 5 BPersVG ergehen kann. Der
Beteiligte hat den Antragsteller auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
wiederholt hingewiesen. Zwar ist verständlich, daß sich der Antragsteller - wie die
mündliche Verhandlung ergeben hat - scheut, eine zeitlich unbeschränkte
Vorabzustimmung zu erteilen. Das berechtigt ihn aber nicht, jegliche Zustimmung
zur zukünftigen Einstellung von Abrufkräften überhaupt abzulehnen. Eine fühlbare
Verkürzung seiner Rechte ist nicht zu befürchten. Er ist nicht nur über alle
Einstellungen auf dem laufenden zu halten; auf Grund seines Informationsrechts
32
33
Einstellungen auf dem laufenden zu halten; auf Grund seines Informationsrechts
nach § 68 Abs. 2 BPersVG kann er auch jederzeit nähere Aufklärung über die
Entwicklung der Angelegenheit verlangen. In personeller Hinsicht sind ihm die
Namen aller in Betracht kommenden Bewerber von vornherein mitgeteilt worden.
Auf Grund der vorstehenden Ausführungen gilt die beabsichtigte Einstellung von
Abrufkräften entsprechend dem Antragsschreiben des Beteiligten vom 2.1.1987
gemäß § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG als gebilligt, weil die Einwendungen des
Antragstellers ersichtlich außerhalb des gesetzlichen
Mitbestimmungstatbestandes liegen und schon deshalb vom gesetzlichen
Verweigerungskatalog des § 77 Abs. 2 BPersVG nicht gedeckt sind (vgl. hierzu
BVerwG, Beschlüsse vom 18.4.1986 - 6 P 31.84 -, ZBR 1986 S. 308 und 20.6.1986
- 6 P 4.83 -, DVBl. 1986 S. 952; Beschluß des erkennenden Fachsenats vom
14.1.1987 - BPV TK 1887/86 -). Von einem Verstoß gegen die Regeln des
Mitbestimmungsverfahrens kann ebenfalls keine Rede sein."
An diesen Ausführungen hält der erkennende Fachsenat auch für den hier
anstehenden Streitfall fest. Das Vorbringen des Antragstellers in dem
vorliegenden Beschlußverfahren gibt ihm zu einer anderen rechtlichen Würdigung
keinen Anlaß. Der Fachsenat kann dem Antragsteller insbesondere nicht darin
folgen, daß es in Fällen der vorliegenden Art um eine zweifache Beteiligung der
Personalvertretung gehe (Mitbestimmung bei der Absicht der Verwaltung,
Beschäftigungsverhältnisse für Abrufkräfte anzubieten, und Mitbestimmung bei
Abschluß der einzelnen Arbeitsverträge. In Frage steht vielmehr die einheitliche
Beteiligung im Wege der Vorabzustimmung für immer wieder auftretende
Einstellungsfälle bei einem namentlich bestimmten Personenkreis. Die Frage, für
welchen Zeitraum hierbei eine Zustimmung erteilt wird oder als erteilt gelten soll,
kann nur unter Beachtung des Grundsatzes der vertrauensvollen
Zusammenarbeit beantwortet werden und bedarf notfalls - wenn sich die
Beteiligten nicht einigen können - der Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen
Beschlußverfahren.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.