Urteil des HessVGH vom 18.03.1993

VGH Kassel: vorstellungsgespräch, kunstgeschichte, ausschreibung, professor, qualifikation, verweigerung, architektur, mitbestimmungsrecht, mitbewerber, malerei

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
Fachsenat für
Personalvertretungssachen
(Land)
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
HPV TL 2698/90
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
PersVG HE, § 69 Abs 2 S
4 PersVG HE
(Mitbestimmung des Personalrates bei der Einstellung:
Begründung der Zustimmungsverweigerung mit Hinweis
auf angestrebte Erhöhung des Frauenanteils)
Gründe
I.
Zwischen den Verfahrensbeteiligten besteht Streit darüber, ob der Beteiligte
berechtigt war, die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters auf Zeit im
Fachbereich Architektur, Fachgebiet Kunstgeschichte, mit dem von ihm
ausgewählten Bewerber Dr. M. zu besetzen, obwohl der Antragsteller seine
Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung zuvor verweigert hatte.
Im Frühjahr 1989 schrieb die TH Darmstadt unter der Kennummer 72 die Stelle
eines wissenschaftlichen Mitarbeiters/einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin am
Fachgebiet Kunstgeschichte zur Besetzung aus. In dem Ausschreibungstext hieß
es, das Aufgabengebiet umfasse u. a. die Kunst des 20. Jahrhunderts.
Voraussetzungen seien ein abgeschlossenes Universitätsstudium und Promotion
im Fach Kunstgeschichte. Die TH Darmstadt strebe eine Erhöhung des Anteils der
Frauen am Personal an und fordere deshalb qualifizierte Frauen nachdrücklich auf,
sich zu bewerben.
Auf die Ausschreibung gingen insgesamt 38 Bewerbungen, davon 17 von
Bewerberinnen und 21 von Bewerbern, ein. Unter diesen Bewerbungen waren auch
mehrere Doppelbewerbungen auf eine gleichzeitig ausgeschriebene Stelle eines
wissenschaftlichen Assistenten (C 1). Bewerbungen von Behinderten oder
hochschulinternen Personen lagen nicht vor.
Der für das Fachgebiet Kunstgeschichte am Fachbereich Architektur zuständige
Professor Dr. L. schlug dem Beteiligten nach Ablauf der Bewerbungsfrist und
Sichtung der vorgelegten Unterlagen unter dem 19. Juli 1989 vor, die Stelle mit
dem Bewerber Dr. M. aus Frankfurt am Main zu besetzen, da dieser allen anderen
Bewerbern deutlich überlegen sei. Er vermöge die Kunst des 20. Jahrhunderts
überzeugend darzustellen. Er habe an der Städel- Schule in Frankfurt das Studium
der Malerei erfolgreich absolviert, danach an der Universität Frankfurt am Main
seinen Magister artium im Fach Philosophie gemacht und schließlich an der
Universität Gießen mit Auszeichnung in Kunstgeschichte promoviert. Aus einem
persönlichen Vorstellungsgespräch ergebe sich, daß er in einzigartiger Weise die
vielfältigen Implikationen von Theorie und Praxis in der Kunst unseres Jahrhunderts
erfaßt habe und dies in Übungen und Seminaren auch vermitteln könne.
Mit Schreiben vom 2. August 1989 teilte der Dekan des Fachbereichs Architektur
dem Beteiligten auf Anfrage mit, unter sämtlichen Bewerberinnen und Bewerbern
sei Dr. M. die einzige Person, die aufgrund ihres Ausbildungsweges und der
bisherigen Tätigkeit für den in der Ausschreibung geforderten Schwerpunkt "Die
Kunst des 20. Jahrhunderts" über Qualifikationsnachweise verfüge. Deshalb seien
keine weiteren Bewerber oder Bewerberinnen zu einem Vorstellungsgespräch
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keine weiteren Bewerber oder Bewerberinnen zu einem Vorstellungsgespräch
eingeladen worden, zumal aufgrund der eingereichten Unterlagen deutlich zu
erkennen gewesen sei, daß bei ihnen der geforderte Schwerpunkt nicht
nachgewiesen werden könne. Bei Herrn Dr. M. komme hinzu, daß dieser nicht nur
Kunsthistoriker, sondern auch ausgebildeter Maler sei.
Nachdem der Beteiligte dem Antragsteller die Unterlagen des einzustellenden
Bewerbers Dr. M. sowie die Unterlagen der übrigen Bewerber/innen zur
Vorbereitung des Erörterungstermins hatte zukommen lassen, beantragte er im
Anschluß an die Erörterung vom 14. August 1989 mit Schreiben vom gleichen
Tage bei dem Antragsteller die Zustimmung zur Einstellung des Dr. M.. In einem
ergänzenden Schreiben vom 18. August 1989 erläuterte Professor Dr. L.
gegenüber dem Antragsteller, 3 der insgesamt 17 Bewerberinnen hätten die
geforderte Promotion nicht aufweisen können und von den übrigen Bewerberinnen
hätte lediglich ein kleiner Teil eine wissenschaftliche Qualifikation für die Kunst des
zwanzigsten Jahrhunderts besessen. In der Regel gewinne man nur durch eine
Dissertation, die diesen Zeitabschnitt behandele, eine gesicherte Basis. Von den -
insgesamt 6 - Bewerberinnen, die nicht über die Kunst des 20. Jahrhunderts
promoviert worden seien, habe keine einen Beitrag zur Kunst der Gegenwart
vorweisen können, der wissenschaftlichen Ansprüchen genügt hätte. 2 weitere
Bewerberinnen hätten sich in ihren Arbeiten mit Themen der NS-Kunst beschäftigt,
welche für die Bedürfnisse der heutigen Architekturstudenten und eine lebendige
Auseinandersetzung mit der Gegenwart ohne Belang seien. Eine Bewerberin habe
in ihrer Dissertation ein Thema von lokaler Bedeutung behandelt, eine andere ein
marginales Problem der Kunstentwicklung. Die Arbeiten zweier weiterer
Bewerberinnen seien zwar im 20. Jahrhundert angesiedelt, befaßten sich jedoch
mit hermeneutischen und wissenschaftsgeschichtlichen Problemen des Fachs
Kunstgeschichte ohne unmittelbare Beziehung zur Kunst dieses Jahrhunderts. Die
Publikationen einer weiteren Bewerberin zeugten zwar von intensiver
Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Kunst, dabei handele es sich jedoch
vielfach um Übersetzungen, eigenständig seien nur zwei monographische
Beiträge. Diese Bewerberin sei deshalb nicht zu einem Vorstellungsgespräch
eingeladen worden, weil er, Professor Dr. L., sie bereits früher bei zwei
Fachtagungen getroffen und mit ihr längere Gespräche habe führen können. Dabei
habe er festgestellt, daß es der Bewerberin an einer klaren Artikulationsfähigkeit
fehle, die für die Aufgabenwahrnehmung an der Hochschule indes unverzichtbar
sei. Eine weitere Bewerberin habe über ein in jeder Hinsicht marginales Thema
promoviert, sei aber durch ein Volontariat am Hessischen Landesmuseum
Darmstadt in engeren Kontakt mit neuerer Kunst gekommen. Mit ihr habe er
Anfang Mai ein längeres Gespräch führen können. Diese Bewerberin sei trotz ihres
Engagements für die Kunst der Gegenwart mit der klassischen Moderne nicht in
der erforderlichen Weise vertraut; ihre eher deskriptiven Katalogbeiträge seien
nicht als eigentlich wissenschaftlich zu bezeichnen; ihre Fähigkeiten lägen mehr im
Bereich von Kunstgalerien und Kunstpädagogik. Unter den männlichen Bewerbern,
für die sich ähnliche Feststellungen treffen ließen, rage lediglich der
vorgeschlagene Dr. M. heraus. Mit seiner Dissertation über die Raumkonzentration
in der Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts beschränke er sich nicht auf partikulare
Erscheinungen, sondern greife ein künstlerisch zentrales Problem in der
Kunstentwicklung auf und verfolge es über zwei Jahrhunderte hinweg. Der Bewerber
verfüge bereits über ein historisches Gesamtbild. Das Vorstellungsgespräch habe
die aufgrund der Bewerbungsunterlagen geweckten Erwartungen bestätigt und
gezeigt, daß dieser Bewerber mit Studenten umzugehen und die administrativen
Aufgaben zu erledigen wisse. Er wolle sich über das Thema der Zeitdarstellung in
der Moderne habilitieren. Über das Studium der Kunstgeschichte hinaus habe Dr.
M. Philosophie und Malerei studiert und sei daher mit der Materie wie kaum ein
anderer Wissenschaftler vertraut. Er sei daher der einzig wirklich qualifizierte
Bewerber. Im übrigen werde die gleichzeitig ausgeschriebene wissenschaftliche
Assistentenstelle mit einer Bewerberin besetzt.
In einem ergänzenden Schreiben vom 23. August 1989 berichtigte sich Prof. Dr. L.
dahin, daß 3 Bewerberinnen nicht mangels Promotion aus dem Kreis der in
Betracht Kommenden ausgeschieden seien, sondern deshalb, weil sie nicht die
erforderliche inhaltliche Qualifikation erbracht hätten, nicht über die Kunst des 20.
Jahrhunderts promoviert hätten oder eine weitere wissenschaftliche Arbeit über die
Kunst dieses Jahrhunderts hätten vorlegen können.
Am 28. August 1989 lehnte der Antragsteller die Zustimmung zur Einstellung des
Bewerbers Dr. M. mit der Begründung ab, die TH Darmstadt strebe eine Erhöhung
des Anteils von Frauen am Personal an. In ihren Ausschreibungen fordere sie
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des Anteils von Frauen am Personal an. In ihren Ausschreibungen fordere sie
qualifizierte Frauen ausdrücklich auf, sich zu bewerben. Darüber hinaus schreibe
der Frauenförderplan vor, geeignete Bewerberinnen in die engere Auswahl
(Vorstellungsgespräche) einzubeziehen. Auf die Ausschreibung hätten sich
insgesamt 17 promovierte Frauen, neben zahlreichen männlichen Bewerbern,
beworben. Obwohl sich einige Bewerberinnen nach Auffassung Prof. L.s
eingehender mit dem in der Ausschreibung genannten Aufgabengebiet - Kunst
des 20. Jahrhunderts - befaßt hätten und somit als geeignete Bewerberinnen
angesehen werden müßten, sei ausschließlich Herr Dr. M. zu einem
Vorstellungsgespräch gebeten worden. Diese Verfahrensweise erscheine dem
Personalrat weder mit Art. 33 Grundgesetz noch mit dem Frauenförderplan des
Landes Hessen oder mit dem Erlaß des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft
und Kunst über die Grundsatzempfehlungen zur Gleichstellung der Frauen an den
hessischen Hochschulen vereinbar. Die ergänzenden Erläuterungen von Prof. Dr.
L. zur Begründung des Verzichts auf weitere Vorstellungsgespräche hätten den
Personalrat nicht überzeugen können. Für ihn bestehe vielmehr die begründete
Besorgnis, daß andere Bewerber/innen benachteiligt worden seien, ohne daß dies
aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt erscheine.
Am 31. August 1989 hat der Beteiligte dem Antragsteller mitgeteilt, die schriftliche
Verweigerung der Zustimmung und die abgegebene Begründung genügten nicht
den daran zu stellenden Anforderungen. Die begründete Verweigerung der
Zustimmung stehe einer unbegründeten Zustimmungsverweigerung gleich und
sei ebenso wie diese unbeachtlich. Aufgrund dieser Rechtslage und im besonderen
Interesse von Herrn Dr. M. sowie des Fachbereichs Architektur der TH Darmstadt
habe er die Einstellung von Herrn Dr. M. als wissenschaftlichen Mitarbeiter für die
Dauer von 5 Jahren vollzogen.
Am 25. September 1989 hat der Antragsteller das verwaltungsgerichtliche
Beschlußverfahren eingeleitet.
Er hat es für rechtswidrig gehalten, daß der Beteiligte ohne die Durchführung eines
Stufenverfahrens die Ablehnung des Personalrates eigenständig bewertet und
über die ausdrückliche Ablehnung hinaus eine Zustimmungsfiktion angenommen
hat. Es könne nicht angehen, daß die Zustimmungsverweigerung in eine
Zustimmungsfiktion umgedeutet werde, wenn eine sachliche Begründung der
Zustimmungsverweigerung vorliege. Die gleichwohl vollzogene Einstellung ohne
Zustimmung des Antragstellers verletze daher dessen Mitbestimmungsrecht.
Der Antragsteller hat beantragt
festzustellen, daß die Einstellung des Bewerbers Dr. A. M. nicht nach § 69 Abs. 2
Satz 4 HPVG als gebilligt gilt.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hat seine Auffassung, daß der Antragsteller seine Zustimmungsverweigerung
mitbestimmungsfremd begründet habe, bekräftigt und betont, Herr Dr. M. sei als
qualifiziertester Bewerber ausgewählt worden, da er als einziger 3 Studiengänge in
einschlägigen Fächern absolviert habe. Auch die Grundsatzempfehlung zur
Gleichstellung der Frauen an hessischen Hochschulen (Frauenförderplan) gehe
davon aus, daß Leistungs- und Qualifikationskriterien Vorrang haben müßten. Eine
Bevorzugung von Frauen aufgrund einer durch Verwaltungsvorschrift erlassenen
Quotenregelung sei unzulässig. Die von dem Antragsteller angemeldeten Zweifel,
Mitbewerber seien benachteiligt worden, seien unsubstantiiert.
Mit Beschluß vom 4. Juli 1990 hat das Verwaltungsgericht Darmstadt, Fachkammer
für Personalvertretungssachen (Land), den Antrag mit der Begründung abgelehnt,
die begehrte Feststellung könne nicht getroffen werden, da die Einstellung des
Bewerbers Dr. M. nach § 69 Abs. 2 Satz 4 HPVG als gebilligt gelte. Der
Antragsteller habe die Zustimmungsverweigerung nicht ausreichend schriftlich
begründet.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 17. August 1990 zugestellten Beschluß
hat der Antragsteller am 10. September 1990 Beschwerde eingelegt und diese wie
folgt begründet:
Das Mitbestimmungsrecht gehe von einer Gleichberechtigung der
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Das Mitbestimmungsrecht gehe von einer Gleichberechtigung der
personalvertretungsrechtlichen Partner in der Dienststelle aus. Diese
Gleichberechtigung fehle, wenn man - wie das Verwaltungsgericht in dem
angefochtenen Beschluß - einen nicht mehr mitbestimmten Auswahlrahmen des
Dienstherrn und damit einen rechtsfreien Raum hinsichtlich der Mitbestimmung
annehme. Das Verwaltungsgericht habe völlig übersehen, daß nach § 62 Abs. 3
HPVG der Personalrat ein Recht zur Teilnahme an Auswahlgesprächen habe. An
den Auswahlgesprächen, die Prof. Dr. L. mit dem ausgewählten Bewerber Dr. M.
geführt habe, sei der Antragsteller nicht beteiligt worden. Er, der Antragsteller,
habe aber wesentlichen Wert auf Auswahlgespräche gelegt. Im Falle der
Nichtbeteiligung an Auswahlgesprächen werde die Frage der
Qualifikationsbestimmung mitbestimmungsfeindlich allein bei der beteiligten
Hochschule angesiedelt, was umso schwerer wiege, wenn sich - wie hier - die
Feststellung hinsichtlich der Qualifikation erst aufgrund von Auswahlgesprächen
ergebe. Zudem sei von Prof. Dr. L. gegenüber der Ausschreibung eine
Einschränkung vorgenommen worden, die sich erst aus dem persönlichen
Auswahlgespräch ergeben habe. Die Qualifikation anderer im Sinne der
Ausschreibung geeigneter Bewerber/innen sei gar nicht erst überprüft worden.
Dies sei unzulässig. Insbesondere im Zusammenhang mit der durch Erlaß
geregelten Verpflichtung der Hochschule, Frauenförderung vorzunehmen, hätten
entsprechende Auswahlgespräche mit geeigneten Bewerberinnen erfolgen
müssen. Im Rahmen derartiger Auswahlgespräche sei der Personalrat ebenfalls zu
beteiligen gewesen. Eine offensichtlich mißbräuchliche Zustimmungsverweigerung
liege nicht vor, da der Antragsteller konkrete Rügen erhebe. Der Beteiligte hätte
daher die Verweigerung nicht als unbeachtlich behandeln dürfen, sondern das
Stufenverfahren einleiten müssen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Darmstadt, Fachkammer für
Personalvertretungssachen (Land), vom 4. Juli 1990 aufzuheben und festzustellen,
daß die Einstellung des Bewerbers Dr. A. M. nicht nach § 69 Abs. 2 Satz 4 HPVG
als gebilligt gilt.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen,
daß die Einstellung des Bewerbers Dr. M. nach § 69 Abs. 2 Satz 1 HPVG als
gebilligt gelte, da der Antragsteller die Zustimmung zur Einstellung von Dr. M. mit
offensichtlich mitbestimmungsfremder Begründung verweigert habe. Die lapidare
Behauptung, die Ausführungen von Prof. Dr. L. zur Qualifikationsbeurteilung
könnten den Personalrat nicht überzeugen, sei als Begründung unzureichend und
daher unbeachtlich gewesen. Prof. Dr. L. habe bei seiner Entscheidung im
einzelnen dargelegt, welche Kriterien bei der Auswahl berücksichtigt worden seien.
Der Antragsteller habe demgegenüber keine Argumente geliefert, die die
Auswahlentscheidung von Prof. Dr. L. hätten erschüttern können. Soweit der
Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung geltend mache, die
Qualifikationsbeurteilung ergebe sich erst bei Auswahlgesprächen, müsse
nochmals betont werden, daß hier bereits aufgrund der Bewerbungsunterlagen
eine solche Qualifikationsdiskrepanz zwischen Dr. M. und allen anderen Bewerbern
bestanden habe, daß es auf Vorstellungsgespräche nicht mehr angekommen sei.
Nur Herr Dr. M. habe in einem Vorstellungsgespräch noch zeigen müssen, ob er
vom persönlichen Auftreten her der Aufgabe ebenso gewachsen gewesen sei, wie
dies aufgrund seiner vorgelegten Unterlagen zu erwarten gewesen sei. Soweit der
Antragsteller behaupte, er hätte an dem Auswahlgespräch mit Dr. M. beteiligt
werden müssen, sei dem entgegenzuhalten, daß in der Nichtbeteiligung an
Vorstellungsgesprächen keine ungerechtfertigte Benachteiligung von Bewerbern
liege. Außerdem werde diese Begründung erst im Beschwerdeverfahren und damit
nicht mehr innerhalb der in § 69 Abs. 2 HPVG genannten Frist vorgebracht.
Schließlich habe der Antragsteller auf sein Recht auf Beteiligung an dem
Auswahlgespräch verzichtet, was aus verschiedenen, zwischen dem Antragsteller
und ihm, dem Beteiligten, geführten Schriftwechseln hervorgehe.
Die Verwaltungsvorgänge des Beteiligten (1 Aktenheft) haben vorgelegen und sind
Gegenstand der Beratung gewesen.
Die Verfahrensbeteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne
mündliche Verhandlung erklärt.
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II.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige
Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht
abgelehnt.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere fehlt ihm nicht das erforderliche
Rechtsschutzbedürfnis, obwohl der Beteiligte die streitige Personalmaßnahme
bereits vor der Einleitung des Personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens
vollzogen hat. Zwar ist die Frage, welche Anforderungen an die Begründung der
Zustimmungsverweigerung bei der Einstellung von Arbeitskräften zu stellen sind,
in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der
Oberverwaltungsgerichte geklärt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. September
1983 - 6 P 32.80 - BVerwGE 68, 30 und vom 20. Juni 1986 - 6 P 4.83 - BVerwGE 74,
273; Hess.VGH, zuletzt mit Beschluß vom 23. Januar 1991 - HPV TL 2511/85 -,
m.w.N.; BayVGH, Beschluß vom 19. Februar 1993 - 18 PC 92.236); auch im
Schrifttum besteht über diese Frage Einigkeit (Fürst, GKÖD Bd. 5, Stand: 10/92, §
75 Rdnr. 17; Altvater/Bacher/Hörter/ Sabottig/Schneider, BPersVG, 3. Aufl., 1990, §
77 Rdnr. 14 ff.; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 7. Aufl., 1991, §
77 Rdnr. 14; Harms, PersV 1990, 201). Das Rechtsschutzbedürfnis ist aber deshalb
zu bejahen, weil nach wie vor zwischen den Verfahrensbeteiligten streitig ist, ob die
von dem Antragsteller zur Verweigerung seiner Zustimmung gegebene
Begründung, die Auswahl des Dr. M. verstoße gegen das Ziel der Erhöhung des
Anteils von Frauen am Personal, den Anforderungen an eine Begründung der
Zustimmungsverweigerung genügt und weil diese Frage auch bei zukünftigen
Einstellungsfällen auftreten kann.
Der Feststellungsantrag ist jedoch nicht begründet. Der Antragsteller ist durch die
Einstellung des Bewerbers Dr. M. als wissenschaftlicher Mitarbeiter auf Zeit nicht in
seinem Mitbestimmungsrecht verletzt worden.
Die Einstellung des wissenschaftlichen Mitarbeiters Dr. M. als Angestellter
unterliegt nach § 77 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a Hessisches
Personalvertretungsgesetz - HPVG - vom 24. März 1988 (GVBl. I Seite 103),
geändert durch Gesetz vom 25. Februar 1992 (GVBl. I Seite 77), der
Mitbestimmung des Antragstellers. Die Sondervorschriften der §§ 97 ff. HPVG
betreffen nicht den Fall der Einstellung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters auf
Zeit in den Hochschuldienst. Deshalb durfte die Einstellung gem. § 69 Abs. 1 Satz
1 HPVG grundsätzlich nur mit Zustimmung des Antragstellers erfolgen. Die
Zustimmung ist ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn die Maßnahme gem. § 69
Abs. 2 Satz 4 HPVG als gebilligt gilt, weil der Personalrat nicht innerhalb von zwei
Wochen nach Antragstellung, in dringenden Fällen nach einer Woche, die
Zustimmung schriftlich begründet verweigert hat. So ist es hier: Die Einstellung
des wissenschaftlichen Mitarbeiters Dr. M. gilt als gebilligt, weil das ablehnende
Schreiben des Antragstellers vom 28. August 1989 nicht den Anforderungen des §
69 Abs. 2 Satz 4 HPVG genügt. Die Begründung, mit der der Antragsteller seine
Zustimmungsverweigerung rechtfertigte, liegt offensichtlich außerhalb des
Mitbestimmungstatbestandes des § 77 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a HPVG. Zur
Begründung wird zunächst gem. § 111 Abs. 3 HPVG i.V.m. §§ 87 Abs. 2 und 64
Abs. 6 Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG - sowie § 543 Abs. 1 Zivilprozeßordnung -
ZPO - auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluß (Seite
7, dritter Absatz bis Seite 10, Ende des ersten Absatzes) Bezug genommen. Auch
das Beschwerdevorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere
Entscheidung.
Nach der Rechtsprechung ist eine Zustimmungsverweigerung, auch wenn sie in
der richtigen Form und fristgerecht erklärt ist, unbeachtlich, wenn sie formelhaft
oder mit Ausführungen begründet ist, die offensichtlich außerhalb des
Mitbestimmungstatbestandes liegen oder aus denen sich keiner der gesetzlichen
Verweigerungsgründe ergibt. Die Mitbestimmung gem. § 77 Abs. 1 Nr. 2
Buchstabe a HPVG bezieht sich allein auf die Eingliederung der zur Einstellung
vorgesehenen Person, auf die von ihr auszuführende Tätigkeit und auf die mit der
Übertragung dieser Tätigkeit verbundene tarifrechtliche Bewertung (BVerwG,
Beschlüsse vom 19. September 1983 - 6 P 32.80 -, BVerwGE 68,30, und vom 3.
März 1987 - 6 P 30.84 -, ZBR 1987, 250). Dabei hat der Personalrat das Recht zu
prüfen, ob die beabsichtigte Einstellung gegen Rechtsvorschriften, gegen eine
gerichtliche Entscheidung oder gegen Verwaltungsvorschriften verstößt. Er darf
seine Zustimmung auch verweigern, wenn er feststellt, daß durch die getroffene
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seine Zustimmung auch verweigern, wenn er feststellt, daß durch die getroffene
Auswahlentscheidung andere Bewerber aus unsachlichen Gründen benachteiligt
werden. Allerdings steht ihm nicht das Recht zu, an der Auswahlentscheidung
mitzuwirken; insbesondere darf der Personalrat nicht sein eigenes Werturteil über
die Eignung des ausgewählten Bewerbers und der Mitbewerber an die Stelle der
Beurteilung des Dienststellenleiters setzen, weil die Beurteilung der Beschäftigten
und Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bei der
Einstellung allein dem Dienstherrn obliegt. Dabei ist dem Dienststellenleiter als
Einstellungsbehörde von Verfassungs wegen gem. Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz -
GG - ein weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum eingeräumt, der gerichtlich
nur beschränkt nachprüfbar ist und in den die Personalvertretung mit ihren
Einwendungen nicht eindringen kann. Das gilt nicht nur für die Einstellung von
Beamten, sondern auch für alle sonstigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes,
weil Art. 33 Abs. 2 GG insoweit keine Differenzierung vornimmt (BVerwG, Beschluß
vom 3. März 1987, a.a.O.). Die Eignungsbeurteilung durch den Dienststellenleiter
kann der Personalrat daher im Kern nicht in rechtlich beachtlicher Weise auf der
Grundlage einer von ihm selbst getroffenen Beurteilungsentscheidung angreifen;
er ist vielmehr ähnlich wie Gerichte bei der Überprüfung von Eignungsurteilen auf
die Überprüfung beschränkt, ob die rechtlichen Grenzen des
Beurteilungsspielraums eingehalten sind (vgl. zuletzt BVerwG, Beschluß vom 19.
Dezember 1990 - 6 P 24.88 - sowie Beschlüsse vom 10. August 1987 - 6 P 22.84 -,
BVerwGE 78, 65 und vom 27. März 1990 - 6 P 34.78 -, NVwZ 1990, 974). Deshalb
kann der Personalrat in beachtlicher Weise nur geltend machen, der gesetzliche
Rahmen, innerhalb dessen sich der Dienststellenleiter bei seiner
Eignungsbeurteilung bewegen konnte, sei überschritten, der anzuwendende Begriff
sei verkannt, der Dienststellenleiter sei von einem unrichtigen Sachverhalt
ausgegangen, er habe allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder
sachfremde Erwägungen angestellt. Der Personalrat ist jedoch nicht befugt, über
sein Mitbestimmungsrecht eine eigene Auswahlentscheidung durchzusetzen.
Im vorliegenden Fall überschreitet der Antragsteller diesen ihm zur Begründung
seiner Zustimmungsverweigerung eingeräumten Rahmen. Mit der
Ablehnungsbegründung, die TH Darmstadt strebe eine Erhöhung des Anteils von
Frauen am Personal an und, obwohl einige Bewerberinnen sich nach Auffassung
des maßgeblichen Professors eingehender mit dem in der Ausschreibung
genannten Aufgabengebiet befaßt hätten und somit als geeignete Bewerberinnen
hätten angesehen werden müssen, sei unzulässigerweise ausschließlich Herr Dr. M
zu einem Vorstellungsgespräch gebeten worden, hat der Antragsteller den
Rahmen des Mitbestimmungstatbestandes nach § 77 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a
HPVG verlassen. Zwar kann es durchaus zulässig sein, sich - beispielsweise
aufgrund einer Dienstvereinbarung - für eine Erhöhung des Anteils von Frauen am
Personal einzusetzen; dies setzt jedoch wegen der überragenden Bedeutung des
Art. 33 Abs. 2 und 3 Grundgesetz - GG - stets voraus, daß eine Bewerberin um
einen ausgeschriebenen Dienstposten aufgrund der von dem Dienstherrn
vorgenommenen Eignungs- und Leistungsbeurteilung als bestqualifizierte
Bewerberin abschneidet. Der das Beamtenrecht prägende Leistungsgrundsatz
verbietet die Berücksichtigung ungeeigneter Bewerber; er schreibt vielmehr vor,
daß in allen Fällen dem bestqualifizierten Bewerber der Vorrang einzuräumen ist
(vgl. Hess. VGH, Beschluß vom 18. Februar 1985 - 1 TG 252/85 -, NJW 1985, 1103).
Dies bedeutet, daß bei der Auswahlentscheidung zunächst die Bewerberinnen und
Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu beurteilen sind,
wobei im Rahmen dieser Beurteilung dem Dienstherrn ein weiter
Beurteilungsspielraum zusteht, der gerichtlich nur in engen Grenzen überprüfbar
ist. Erst bei gleicher Eignung der Bewerber kann der Dienstherr auf die
sogenannten "Hilfskriterien" zurückgreifen und beispielsweise persönliche oder
soziale Gesichtspunkte (etwa die Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers)
berücksichtigen. Voraussetzung für die Anwendung der sogenannten
"Hilfskriterien" ist jedoch stets die zumindest gleiche Eignung der Bewerberinnen
und Bewerber. Daß diese Voraussetzung hier fehlt, hat Herr Professor Dr. L. im
Rahmen des ihm insofern zustehenden Beurteilungsspielraums in seinen
ausführlichen Stellungnahmen vom 18. und vom 23. August 1989 rechtsfehlerfrei
dargelegt. Diese Stellungnahmen, die Grundlage der Personalentscheidung des
Beteiligten waren, lassen nur den Schluß zu, daß ausschließlich der Bewerber Dr.
M. als der einzig qualifizierte Bewerber um den ausgeschriebenen Dienstposten
des wissenschaftlichen Mitarbeiters angesehen werden konnte und daß sämtliche
Mitbewerberinnen und Mitbewerber schon von ihrem Leistungsprofil her zum Teil
erheblich hinter Dr. M. zurückblieben.
Die von Professor Dr. L. gegebene ausführliche Begründung seiner
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Die von Professor Dr. L. gegebene ausführliche Begründung seiner
Auswahlentscheidung ist nicht zu beanstanden; insbesondere verstößt die
Auswahlentscheidung nicht gegen anerkannte Beurteilungsgrundsätze.
Sachfremde Erwägungen oder willkürliche Benachteiligungen bestimmter
Bewerberinnen oder Bewerber sind nicht zu verzeichnen und werden vom
Antragsteller auch nicht gerügt. Angesichts dieser Sachlage ist die
Vorgehensweise des Beteiligten, ausschließlich den Bewerber Dr. M. zu einem
Vorstellungsgespräch zu laden, nicht zu beanstanden, nachdem die
vorausgegangene Eignungs- und Leistungsbeurteilung ergeben hatte, daß es sich
dabei um den einzigen qualifizierten Bewerber handelte.
Die von dem Antragsteller in diesem Zusammenhang erhobene Forderung nach
der Durchführung von Vorstellungsgesprächen auch mit den übrigen
Bewerberinnen und Bewerbern liegt erkennbar neben der Sache und greift in den
dem Beteiligten ausschließlich zustehenden Entscheidungsfreiraum ein. Dies
würde bedeuten, daß sich der Beteiligte mit einem seiner Ansicht nach
ungeeigneten Bewerber befassen müßte; ein derartiges Vorstellungsgespräch
wäre sinnlos gewesen, da angesichts der besonderen Qualifikation von Dr. M. ein
diesem in seiner Leistung nachstehender Bewerber bzw. eine geringer qualifizierte
Bewerberin wegen des Leistungsgrundsatzes niemals hätte zum Zuge kommen
können. Damit entsprach aber die von dem Beteiligten gewählte Vorgehensweise,
ausschließlich Dr. M. zu einem Vorstellungsgespräch zu bitten, den
Anforderungen, die Art. 33 Abs. 2 GG an die Durchführung eines
Ausleseverfahrens stellt.
Soweit der Antragsteller pauschal behauptet hat, die ergänzenden Erläuterungen
Professor Dr. L. s zur Begründung des Verzichts auf weitere Vorstellungsgespräche
hätten ihn nicht überzeugen können, für ihn bestehe vielmehr der begründete
Verdacht der Benachteiligung anderer Bewerber/innen, ist dieser Vortrag in der
Zustimmungsverweigerung zu unsubstantiiert und läßt nicht erkennen, welche
Rüge im einzelnen erhoben wird; für die Begründung einer
Zustimmungsverweigerung reicht diese pauschale Behauptung jedenfalls nicht
aus.
Schließlich vermag auch die von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren
gegebene Begründung, er sei in seinem Recht auf Teilnahme an dem
Auswahlgespräch mit Dr. M. verletzt worden mit der Folge, daß die Verweigerung
der Zustimmung deswegen wirksam sei, der Beschwerde nicht zum Erfolg zu
verhelfen. In diesem Zusammenhang ist zum einen zu beachten, daß der
Antragsteller auf sein Recht auf Beteiligung an dem Auswahlgespräch verzichtet
hat, wie der zwischen ihm und dem Beteiligten geführte Schriftwechsel erkennen
läßt. Zum anderen kann der Antragsteller mit diesem Vortrag deshalb nicht mehr
gehört werden, weil er die Rüge der Nichtbeteiligung an dem Auswahlgespräch
nicht innerhalb der gem. § 69 Abs. 2 Satz 2 HPVG vorgesehenen 2-Wochen-Frist
erhoben hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.