Urteil des HessVGH vom 22.02.1993

VGH Kassel: aufschiebende wirkung, öffentliches interesse, verfügung, grundstück, tennisplatz, gewächshaus, schwimmbecken, form, beratung, vollziehung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
4. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 TH 2278/92
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 83 Abs 1 S 1 BauO HE, §
111 Abs 1 BauO HE
(Überwachung eines Nutzungsverbots - Duldungsverfügung
zur Durchsetzung des Betretungsrechts eines Grundstücks)
Gründe
I.
Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war eine Verfügung des
Antragsgegners, mit der er den Antragstellern unter Anordnung des Sofortvollzugs
u. a. die Nutzung eines Gartenhauses mit Feuerstätte, von zwei Hütten, einem
Gewächshaus, einem Schwimmbecken und einem Tennisplatz untersagt. Unter
Ziffer 5 der Verfügung wurde den Antragstellern zugleich aufgegeben, das
Betreten des Grundstücks und der baulichen Anlagen zur Überwachung des
Nutzungsverbots zu ermöglichen und zu dulden.
Mit Beschluß vom 15.10.1992 hat das Verwaltungsgericht Darmstadt die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die Anordnung
unter Ziffer 5 der Verfügung wiederhergestellt und den Antrag im übrigen
zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Darmstadt
rechtzeitig insoweit Beschwerde eingelegt, als die aufschiebende Wirkung des
Widerspruchs gegen die Verfügung unter Ziffer 5 wiederhergestellt wird. Das
Verwaltungsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Eilantrag auch insoweit kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde des Antragsgegners als unbegründet zurückzuweisen.
Die Behördenakten liegen vor und waren Gegenstand der Beratung.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§§ 146,
147 VwGO).
Sie ist auch begründet.
Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, daß lediglich der Antragsgegner
Beschwerde eingelegt hat und die Ablehnung des Antrags der Antragsteller durch
das Verwaltungsgericht im übrigen (nämlich hinsichtlich des Nutzungsverbots für
die ungenehmigten baulichen Anlagen) nicht Gegenstand des
Beschwerdeverfahrens ist. Zu diesem Hinweis besteht Veranlassung, weil sich der
Vortrag der Bevollmächtigten der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren zum
Teil auf das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Grundverfügung bezieht.
Das in der Verfügung enthaltene Gebot, das danach allein Gegenstand des
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Das in der Verfügung enthaltene Gebot, das danach allein Gegenstand des
Beschwerdeverfahrens ist, nämlich das Betreten des Grundstücks und der
baulichen Anlagen zur Überwachung des Nutzungsverbots zu ermöglichen und zu
dulden, findet seine Rechtsgrundlage in § 111 Abs. 1 HBO, wonach die mit dem
Vollzug dieses Gesetzes beauftragten Personen berechtigt sind, in Ausübung ihres
Amtes oder Auftrages Grundstücke und bauliche Anlagen einschließlich der
Wohnungen zu betreten. Die Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 26.10.1990 -
4 TH 1480/89 -, HessVGRspr. 1991, 17 = NVwZ-RR 1991, 526), wonach eine
Duldungsverfügung zur Durchsetzung des Wohnungsbetretungsrechts aus § 111
HBO nur dann rechtmäßig ist, wenn in der Verfügung der Zeitraum, in welchem
das Zutrittsrecht ausgeübt werden soll, sowie die voraussichtlich für erforderlich
gehaltene Anzahl der Wohnungsüberprüfungen angeführt sind und die Maßnahme
auch insoweit verhältnismäßig (erforderlich) ist, betrifft nicht den vorliegenden Fall.
Hier geht es nicht um das Wohnungsbetretungsrecht, sondern um das Recht, ein
Außenbereichsgrundstück sowie darauf befindliche bauliche Anlagen, ein
Gartenhaus mit Feuerstätte, zwei Hütten, Gewächshaus, Schwimmbecken und
Tennisplatz zu betreten, auf die Art. 13 GG keine Anwendung findet. Nach den
Angaben der Antragsteller dienen die baulichen Anlagen auf dem Grundstück der
Gartenbewirtschaftung nicht - auch nicht teilweise - Wohnzwecken. Weiter ist es
nach § 83 Abs. 1 Satz 1 HBO Aufgabe der Bauaufsichtsbehörden, bei baulichen
Anlagen nach diesem Gesetz für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen
Vorschriften und der aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen zu
sorgen, mithin auch die Einhaltung des für sofort vollziehbar erklärten
Nutzungsverbotes zu überwachen. Die Antragsteller haben sich im
Beschwerdeverfahren ausdrücklich dagegen gewandt, dem Antragsgegner das
Betreten des Grundstücks zur Überwachung des Nutzungsverbots zu ermöglichen.
Auch wenn das Grundstück - worauf die Antragsteller abheben - von einem
öffentlichen Weg aus einsehbar sein sollte, ist damit auch im vorliegenden Fall
nicht ausgeschlossen, daß das Betreten des Grundstücks durch Mitarbeiter der
Bauaufsichtsbehörde zur Überwachung des Nutzungsverbots erforderlich werden
könnte. Zum einen haben die Antragsteller die Einfriedung, jedenfalls zum Teil, mit
Sichtschutz versehen. Zum anderen befinden sich unter den baulichen Anlagen,
die Gegenstand des Nutzungsverbots sind, drei Gebäude, deren verbotswidrige
Nutzung gegebenenfalls von außen nicht ohne weiteres erkennbar ist. Es ist nicht
ersichtlich und auch nicht zu erwarten, daß die Verfügung Grundlage etwa für eine
übermäßige Fülle von Besichtigungen sein soll. Sie ist zeitlich begrenzt auf den
Zeitraum des illegalen Zustandes und erscheint auch im Übrigen nicht
unverhältnismäßig. Für den Fall, daß der Antragsgegner sich davon abweichend
verhält, können die Antragsteller einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO stellen.
Die Begründung des Sofortvollzuges der Duldungsverfügung zur Durchsetzung des
Betretungsrechts begegnet im Hinblick auf § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO keinen
rechtlichen Bedenken. Auch insoweit ist ein öffentliches Interesse zu bejahen, da
ohne die Anordnung des Sofortvollzuges eine wirksame Kontrolle der Einhaltung
des für sofort vollziehbar erklärten Nutzungsverbots praktisch kaum möglich wäre
(ebenso Hess. VGH, Beschl. v. 20.02.1992 - 4 TH 2627/91 -).
Nach alledem war der Beschwerde stattzugeben.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.