Urteil des HessVGH vom 26.10.1995

VGH Kassel: satzung, grundstück, verfügung, zahl, gebühr, haushalt, hessen, aufwand, altpapier, anteil

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 N 237/94
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 10 Abs 3 S 1 KAG HE
(Abfallgebühr - zur Kombination von Personenmaßstab und
Behältermaßstab)
Leitsatz
Ein kombinierter Maßstab, der zum einen an die Zahl der für Grundstück veranlagten
Personen (sogenannter "Personenmaßstab"), zum anderen an das zur Verfügung
gestellte Behältervolumen (sogenannter "Gefäß- oder Tonnenmaßstab") anknüpft, ist
mit den gesetzlichen Vorgaben in § 10 Abs. 3 KAG vereinbar, wonach die Gebühr "nach
Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung zu
bemessen ist".
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich mit seinem am 27. Oktober 1993 zunächst beim
Verwaltungsgericht Wiesbaden eingereichten Normenkontrollantrag gegen
Bestimmungen der Abfall- und Gebührensatzung des Landkreises Limburg-
Weilburg. Anlaß zur Klageerhebung war für ihn, daß die Stadt Limburg mit Bescheid
vom 27. August 1993 seinen Antrag, ihm für seinen Zwei-Personen-Haushalt ein
kleineres Müllgefäß als die 120 l-Tonne - mit der Konsequenz niedrigerer
Müllgebühren - zur Verfügung zu stellen, unter Hinweis auf § 10 Abs. 3 der Satzung
abgelehnt hatte, weil die Satzung als kleinstes Gefäß nur die 120 l-Tonne vorsehe.
Nachdem der Antragsteller auf Anfrage des Gerichts klargestellt hatte, daß sich
sein Antrag "grundsätzlich gegen die nach seiner Ansicht rechtwidrige Satzung
richte" - davon, daß die Müllgebühren anhand der satzungsmäßigen Vorgaben
richtig berechnet seien, gehe er aus -, verwies das Verwaltungsgericht Wiesbaden
den Rechtsstreit mit Beschluß vom 5. Januar 1994 an den Hessischen
Verwaltungsgerichtshof.
Mit Kreistagsbeschluß vom 16. Dezember 1994 beschloß der Antragsgegner eine
neue Satzung über die Entsorgung von Abfällen und die Erhebung von Gebühren
im Landkreis Limburg-Weilburg (Abfall- und Gebührensatzung - AbfuGebS -), die
nach § 22 Abs. 1 rückwirkend zum 1. Oktober 1991 mit der Maßgabe in Kraft trat,
daß die bisherige Satzung vom 13. September 1991 nebst den zwischenzeitlich
ergangenen Änderungssatzungen ausdrücklich ersetzt werden und gleichzeitig
außer Kraft treten sollte. Die Gebührensätze für vergangene Zeiträume legt § 22
Abs. 2 AbfuGebS in Anlehnung an die jeweiligen früheren Regelungen fest.
Nach allen diesen Regelungen waren und sind weiterhin als Mindestnenngröße der
Abfallbehälter für Restmüll die 120 l-Tonne (§ 11 Abs. 3 Buchstabe a AbfuGebS)
und für die Gebührenerhebung bei aus Haushaltungen stammendem Abfall
gemäß 5 18 Abs. 2 Buchstabe a AbfuGebS ein kombinierter Maßstab vorgesehen,
wonach für jede veranlagte Person eine sogenannte "Grundgebühr" (zunächst
33,36 DM, dann 42,--DM) und zusätzlich für jeden Liter des zur Verfügung
gestellten Behältervolumens ein bestimmter Betrag (zunächst 0,48 DM, dann 0,84
DM) im Jahr erhoben werden. Nach § 13 Abs. 9 der Satzung muß auf jedem
Grundstück mindestens der kleinste nach § 9 (Altpapier), § 10 (Bioabfall) und § 11
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Grundstück mindestens der kleinste nach § 9 (Altpapier), § 10 (Bioabfall) und § 11
(Restabfall) zugelassene Behälter vorgehalten werden. Allerdings läßt die Satzung
die Bereitstellung eines gemeinsamen Altpapierbehälters mit ausreichendem
Volumen für mehrere unmittelbar benachbarte Grundstücke auf begründeten
Antrag zu (§ 9 Abs. 1 Satz 5); für Restabfall ist eine vergleichbare Regelung nicht
vorgesehen. Nach § 13 Abs. 6 dürfen Abfallsäcke mit der Aufschrift "Restabfallsack
- Landkreis Limburg-Weilburg" bzw. "Bioabfallsack - Landkreis Limburg-Weilburg"
nur ausnahmsweise anstelle von oder zusätzlich zu Abfallbehältern und nur dann
zugelassen werden, wenn auf einem anschlußpflichtigen Grundstück nur
vorübergehend geringe Abfallmengen anfallen oder wenn vorübergehend
zusätzliche Abfallmengen, die in den Abfallbehältern nicht untergebracht werden
können, anfallen. Im übrigen erfolgt die Zuteilung der Abfallbehälter auf die
anschlußpflichtigen Grundstücke für Abfall, der aus Haushaltungen herrührt, nach
Bedarf, wobei pro veranlagter Person 30 l Behältervolumen für sieben Tage in
Ansatz gebracht werden (§ 13 Abs. 7 Satz 1 AbfuGebS); fällt nachweislich wenig
Abfall an, können auf begründeten Antrag der gebührenpflichtigen Person unter
dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs bei der Zuteilung der Abfallbehälter 20 l
Behältervolumen pro gemeldeter Person in Ansatz gebracht werden.
Der Antragsteller hält an seinem Normenkontrollantrag gegen diese neue Satzung
fest und rügt weiterhin die Gebührenberechnung, dabei insbesondere die seiner
Meinung nach bestehende Ungleichbehandlung bei der Möglichkeit, durch
Reduzieren der Müllmengen Gebühren zu sparen. Die Gebührenreduzierung dürfe
nicht von der Zufälligkeit der Personenzahl in einem Haushalt abhängig gemacht
werden. Es müsse jedem bei entsprechender Müllreduzierung ein
Gebührennachlaß eingeräumt werden.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die in § 18 Abs. 2 Buchstabe a, z. Spiegelstrich i.V.m. § 11 Abs. 3 und § 13 Abs.
9 Satz 1 der Satzung des Antragsgegners über die Entsorgung von Abfällen und
die Erhebung von Gebühren im Landkreis Limburg-Weilburg vom 6. März 1995
getroffene Gebührenbemessungsregelung für nichtig zu erklären, soweit danach
auch für weniger als vier Personen in einem Haushalt der volumenabhängige
Gebührenanteil auf der Grundlage einer 120 l-Tonne berechnet wird.
Der Antragsgegner beantragt,
den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.
Er hält seine Satzung insgesamt für rechtmäßig, und zwar insbesondere auch
insoweit, als die Satzung eine bestimmte Mindestgröße des bereitzuhaltenden
Abfallbehälters vorsehe mit der Folge, daß sich im Ergebnis besondere
Anstrengungen zur Müllvermeidung gebührenrechtlich erst in den Fällen positiv
auswirken könnten, in denen ein Grundstück von mindestens fünf Personen
bewohnt werde. Dies ergebe sich aus dem Zusammenspiel der Regelungen über
das anzusetzende Behältervolumen pro Person, die Festlegung des auf
Grundstücken mindestens bereitzuhaltenden Behältervolumens und den
kombinierten Gebührenmaßstab teils nach Personenzahl, teils nach zur Verfügung
gestelltem Behältervolumen: Er, der Antragsgegner, dürfe die Mindestgröße von
Müllbehältern vorschreiben. Ein Grundstück, das lediglich von zwei Personen
bewohnt werde, verursache pro Person einen höheren Kostenaufwand für die
Abfallentsorgung als dies - pro Person betrachtet - bei einem Fünf- Personen-
Haushalt der Fall sei. Es sei kein linearer Kostenanstieg zu verzeichnen. Auch der
von ihm verwendete gemischte Gebührenmaßstab bringe keine absolute
Gerechtigkeit, versuche jedoch eine auf die Gesamtheit aller Gebührenpflichtigen
des Landkreises bezogene angenäherte Gleichbehandlung zu gewährleisten. Es
sei rechtlich nicht geboten, jedem Grundstück ein Abfallbehältnis der genau
passenden Größe zur Verfügung zu stellen, denn dies würde allein bei der
Umrüstung bzw. Anschaffung von Müllfahrzeugen einen unvertretbaren
Kostenaufwand verursachen; im übrigen müßte dann bei jeder Änderung der
Personenzahl auf dem Grundstück ein Austausch der Abfallgefäße stattfinden, was
ebenfalls höhere Kosten verursache. Auch bei der von ihm getroffenen Regelung
mit einem kombinierten Maßstab ergebe sich trotz gleichem Behältervolumen bei
unterschiedlicher Personenzahl eine unterschiedlich hohe Gebühr. Damit werde
dem Anliegen des Antragstellers genügt. Die Rechtsprechung habe sogar
Regelungen für mit dem Grundsatz der Abgabengleichheit vereinbar gehalten,
nach denen die Gebühr für ein Grundstück mit zwei Personen genauso hoch ist wie
für ein Grundstück mit vier Personen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von dem Antragsgegner
vorgelegten Behördenakten (zwei geheftete Vorgänge) Bezug genommen, die
Gegenstand der Beratung waren.
II.
Der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist - nach entsprechender Auslegung
seines Sachvortrags zur Ermittlung seines tatsächlichen Begehrens - zulässig.
Der Normenkontrollantrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft, denn der
Antragsteller wendet sich gegen eine Satzungsregelung, die im Range unter dem
Landesgesetz steht; hierfür sieht § 11 Abs. 1 des Hessischen
Ausführungsgesetzes zur VwGO - HessAG VwGO - die Überprüfung durch den
Hessischen Verwaltungsgerichtshof im Normenkontrollverfahren vor. Der
Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof steht nicht gemäß § 47 Abs. 3
VwGO eine ausschließliche Prüfungskompetenz des Landesverfassungsgerichts
entgegen. Nach Art. 132 der Verfassung des Landes Hessen - HV - ist dem
Staatsgerichtshof des Landes Hessen lediglich für Gesetze oder
Rechtsverordnungen, nicht aber für Satzungen, die Entscheidung über die
Vereinbarkeit mit der Verfassung vorbehalten.
Gegenstand eines rechtlichen Angriffs können im Ergebnis nur solche Vorschriften
sein, die den Antragsteller belasten. Gegen den Anschluß- und Benutzungszwang
als solchen wendet er sich nicht; gleiches gilt für die Gebührenberechnung anhand
der Satzungsbestimmungen der Höhe nach. Seine Ausführungen sind vielmehr
dahin zu verstehen, daß er beanstandet, daß seine - offenbar erfolgreichen -
Bemühungen, Restabfall zu vermeiden, zwar formal anerkannt werden, wenn der
Antragsgegner bzw. die Stadt Limburg gemäß § 13 Abs. 7 Buchstabe b AbfuGebS
pro Person nur 20 Liter ansetzt, er sich dafür jedoch nicht in gleicher Weise
finanziell belohnt sieht, wie dies bei anderen Benutzergruppen der Fall ist. Dies hat
seine Ursache darin, daß der Antragsgegner einerseits einen Gebührenmaßstab
gewählt hat, der in Form der sogenannten "Grundgebühr" die Zahl der veranlagten
Personen und für die Gebühr im übrigen das zur Verfügung gestellte
Behältervolumen berücksichtigt, andererseits aber durch die Bestimmung der
Mindestgröße einer Tonne (gemäß § 11 Abs. 3 Buchstabe a der Satzung 120 Liter)
der Festlegung des pro Person mindestens vorzuhaltenden Behältervolumens (§
13 Abs. 7 AbfuGebS) gebührenrechtlich erst dann Wirkung beimißt, wenn danach
mehr als ein Müllgefäß vorgehalten werden muß. Im Ergebnis wirkt sich die
Gebührenregelung des Antragsgegners - jedenfalls hinsichtlich des vom
Behältervolumen abhängigen Anteils - somit wie die Festlegung einer
Mindestgebühr aus. Der Senat legt daher das Begehren des Antragstellers dahin
aus, daß er sich gegen die Gebührenbemessungsregelung in § 18 Abs. 2
Buchstabe a, z. Spiegelstrich der Satzung wendet, weil diese Vorschrift im
Zusammenwirken mit § 11 Abs. 3 und § 13 Abs. 9 Satz 1 dazu führt, daß er mehr
zahlen muß, als wenn dieser Anteil der Müllgebühr nach dem tatsächlichen
Müllaufkommen bzw. dem Ansatz nach § 13 Abs. 7 berechnet würde. Bei diesem
Verständnis des Antrags kann offenbleiben, ob überhaupt und gegebenenfalls in
welchem Umfang mit einem Normenkontrollantrag auch die Feststellung der
Rechtswidrigkeit des Unterlassens einer bestimmten (Satzungs)Regelung durch
den Normgeber erstrebt werden kann (vgl. hierzu BVerwG, 18.09.1981 - 7 N 1.79 -,
BVerwGE 64, 77; Kopp, VwGO, 10. Aufl. 1994, § 47 Rdnr. 9 a am Ende m.w.N.).
Soweit die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags voraussetzt, daß durch die
angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung ein Nachteil eingetreten oder
in absehbarer Zeit zu erwarten ist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist auch dieses
Erfordernis erfüllt. Durch die Kombination der Vorschriften in § 11 Abs. 3, § 13 Abs.
9 und § 18 Abs. 2 Buchstabe a, 2. Spiegelstrich AbfuGebS des Antragsgegners, die
für angeschlossene Grundstücke mit bis zu vier Personen die Regelung in § 13
Abs. 7 Satz 1 und Buchstabe b der Satzung in gebührenrechtlicher Hinsicht
leerlaufen läßt, hat der Antragsteller bereits Nachteile erlitten; er hat sie darüber
hinaus auch künftig als Folge der Anwendung der beanstandeten
Satzungsvorschrift zu erwarten.
Der Normenkontrollantrag hat in der Sache keinen Erfolg.
In formeller Hinsicht ist die Satzung des Antragsgegners über die Entsorgung von
Abfällen und die Erhebung von Gebühren im Landkreis Limburg-Weilburg nicht zu
beanstanden. Die Satzung wurde vom Kreistag am 16. Dezember 1994
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beanstanden. Die Satzung wurde vom Kreistag am 16. Dezember 1994
beschlossen, am 6. März 1995 ausgefertigt und am 14. März 1995 im Nassauer
Tageblatt und im Weilburger Tageblatt sowie am 15. März 1995 in der
Nassauischen Neuen Presse ordnungsgemäß auf der Grundlage der gültigen
Veröffentlichungsregelungen in § 6 Abs. 1 der Hauptsatzung des Antragsgegners
(Fassung der 4. Änderungssatzung vom 31.1.1986, gültig ab 1.1.1986)
veröffentlicht.
In materiell-rechtlicher Hinsicht ergeben sich gegen die Gültigkeit der vom
Antragsteller angegriffenen Satzungsvorschriften entgegen der Auffassung des
Antragstellers ebenfalls keine Bedenken.
Die angeordnete Rückwirkung einschließlich der Übergangsregelungen für die
Geltung unterschiedlicher Gebührensätze für Zeiträume der Vergangenheit in § 22
ist nicht zu beanstanden (§ 3 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz - KAG -).
Der Antragsgegner hat sich zur Berechnung der Müllgebühren für Privathaushalte
für einen kombinierten Maßstab entschieden, der zum einen an die Zahl der für
das angeschlossene Grundstück veranlagten Personen (sogenannter
"Personenmaßstab"), zum anderen an das zur Verfügung gestellte
Behältervolumen (sogenannter "Gefäß- oder Tonnenmaßstab") anknüpft. Mit den
danach berechneten Gebühren sind zugleich die Aufwendungen des
Antragsgegners für die Entsorgung von Sperrmüll, Altpapier und Sonderabfall-
Kleinmengen abgegolten (§ 18 Abs. 6 AbfuGebS).
Diese Regelung ist mit den gesetzlichen Vorgaben in § 10 Abs. 3 KAG vereinbar,
wonach die Gebühr "nach Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung
zu bemessen" ist. Mit ihr hat der Satzungsgeber in verfassungsrechtlich
unbedenklicher Weise den Gleichheitsgrundsatz und das Äquivalenzprinzip
konkretisiert. Läßt sich das Maß der tatsächlichen Inanspruchnahme der
öffentlichen Einrichtung nur unter unverhältnismäßigem Aufwand messen, so kann
sich die Gebührenregelung an einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab statt an einem
Wirklichkeitsmaßstab orientieren.
Bei der Müllabfuhr ist - im Blick auf § 10 Abs. 3 Satz 1 KAG als zulässiger
Wahrscheinlichkeitsmaßstab der (reine) Personenmaßstab ebenso anerkannt wie
der Gefäßmaßstab und eine Kombination von beiden (vgl. Hess. VGH, 19.03.1987
-5 N 2/83 -, KStZ 1987, 190, 05.08.1987 - 5 N 538/85 -, Hess.VGRspr. 1987, 89,
31.01.1991 - 5 N 1388/88 -, NVwZ-RR 1991, 578 = HSGZ 1991, 305 = GemHH
1992, 133, 24.08.1995 - 5 N 2019/92 -).
Erst jüngst hat das Bundesverwaltungsgericht wieder den weiten Spielraum des
Ortsgesetzgebers bestätigt, indem es entschieden hat, daß Art. 3 Abs. 1
Grundgesetz - GG - eine satzungsrechtliche Müllgebührenbemessung, die an die
einzelnen Haushalte unabhängig von der Zahl der Haushaltsangehörigen oder der
konkret zu entsorgenden Müllmenge anknüpft, jedenfalls dann nicht ausschließt,
wenn aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse die mengenbezogenen
Abfallbeseitigungskosten, d.h. die durch die konkrete Benutzung verursachten
Kosten, gegenüber den fixen Kosten völlig unerheblich sind (BVerwG, 21.10.1994 -
8 C 21.92 -, KStZ 1995, 54 m. Anm. Schubel).
Abfallrechtliche Sonderregelungen, die die Wahl des Personenmaßstabs
ausschlössen oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zuließen, gibt es nicht
(vgl. dazu die noch auf das frühere Hessische Abfallgesetz in der Fassung des 4.
Änderungsgesetzes vom 31.10.1985 und des 5. Änderungsgesetzes vom
06.06.1989 bezogenen Ausführungen des Senats in seinem Beschluß vom
31.01.1991 - 5 N 1388/88 -, a.a.O.; zu dieser Problematik siehe auch BVerwG,
03.05.1994 - 8 NB 1.94 -, KStZ 1995, 173).
Der Grundsatz der leistungsgerechten Gebührenbemessung schließt auch die
Verwendung unterschiedlicher Maßstäbe nicht aus, soweit sich nur so Art und
Umfang der jeweiligen Leistung sachgerecht erfassen lassen; deswegen hat die
Rechtsprechung Satzungsregelungen anerkannt, nach denen die Müllabfuhrgebühr
für Privathaushalte nach dem Personenmaßstab, für Gewerbebetriebe und
ähnliche Einrichtungen dagegen nach dem Gefäßmaßstab erhoben wird und für
kurzfristigen zusätzlichen, über den Regelbedarf hinausgehenden Bedarf
(Müllsäcke) ebenfalls auf einen volumenorientierten Bemessungsmaßstab
zurückgegriffen wird (vgl. Hess. VGH, 31.01.1991 - 5 N 1388/88 -, a.a.O.). Ebenso
sind Mindestgebührenregelungen zulässig. Sie finden ihre Grundlage in § 10 Abs. 3
KAG, der die Festlegung von Mindestsätzen in der Satzung (Satz 2) und die
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KAG, der die Festlegung von Mindestsätzen in der Satzung (Satz 2) und die
Erhebung einer Grundgebühr neben einer Verbrauchsgebühr (Satz 3) zuläßt (vgl.
Hess. VGH, 24.08.1995 - 5 N 2019/92 -).
Der vom Antragsgegner gewählte Gebührenmaßstab für Privathaushalte greift
verschiedene Elemente auf; diese sind weder einzeln noch in ihrer Kombination zu
beanstanden.
Es liegt im satzungsgeberischen Ermessen der Gemeinde, nur wenige bestimmte
Müllgefäßgrößen - wie dies in § 11 Abs. 3 AbfuGebS geschehen ist - zuzulassen,
auch wenn dies im Einzelfall dazu führt, daß das vorzuhaltende Behältervolumen
über den Bedarf hinausgeht (vgl. Hess. VGH, 05.08.1987 - 5 N 538/85 -, a.a.O.).
19.03.1987 - 5 N 2/83 -, a.a.O.). Wenn sich der nach § 18 Abs. 2 Buchstabe a, 2.
Spiegelstrich AbfuGebS zu ermittelnde Gebührenanteil nach dem Volumen dieser
Tonne(n) richtet, ist das der Tonnenmaßstab, der sich zugleich bei weniger als vier
Personen in einem Haushalt im Sinne einer Mindestgebühr auswirkt. Über die nach
§ 18 Abs. 2 Buchstabe a, 1. Spiegelstrich der Satzung zu berechnende
sogenannte "Grundgebühr" - womit der Satzungsgeber nicht etwa den Begriff der
Grundgebühr im Sinne des § 10 Abs. 3 KAG gemeint hat - wirkt sich jedoch auch
die Zahl der auf dem Grundstück veranlagten Personen unmittelbar auf die Höhe
der Gesamtgebühr aus, so daß diese im Ergebnis mit zunehmender Personenzahl
auf jeden Fall ansteigt. Damit werden Grundstücke mit einer unterschiedlichen
Zahl von veranlagten Personen gerade unterschiedlich behandelt; soweit hiernach
der personenbezogene Gebührenanteil linear ansteigt, ist dagegen rechtlich nichts
einzuwenden (vgl. Hess. VGH, 24.08.1995 - 5 N 2019/92 - mit näherer
Begründung). Daß die Möglichkeit, bei nachgewiesenermaßen dauerhaft
geringerem Müllanfall die Gebühren senken zu können, erst ab einer bestimmten
Personenzahl greift, ist Ausfluß der Pauschalierung, die mit dem Verzicht auf
weitergehende Differenzierungen bei der Größe der Müllbehälter und mit der
Nichtberücksichtigung der tatsächlich jeweils angelieferten Müllmengen verbunden
ist. Eine solche sich gerade im unteren Leistungsmengenbereich auswirkende
Pauschalierung bedarf wegen des Gleichheitssatzes (Art. 3 GG) einer besonderen
Rechtfertigung. Letztere kann sich - zum einen - aus den praktischen
Schwierigkeiten bzw. dem im Verhältnis zum (Gebühren-)Ertrag unangemessen
hohen Aufwand einer Gebührenbemessung nach der genauen Leistungsmenge im
Einzelfall ergeben. Als weitere - denkbare Rechtfertigung ist aber auch das
Bestreben des Satzungsgebers anzuerkennen, durch eine Mindestbelastung im
unteren Leistungsmengenbereich sicherzustellen, daß auch noch die Bezieher
besonders niedriger Leistungsmengen angemessen an den Kosten der
Leistungserstellung im Einzelfall beteiligt werden können (vgl. Lohmann in
Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rdnr. 699 b). Nimmt der Anteil an der
Verursachung der Kosten der Leistungserstellung im Einzelfall nicht in gleichem
Umfang ab, wie es der Abnahme der bezogenen Leistungsmenge entspricht,
kämen bei rein leistungsmengenbezogener Gebührenbemessung gerade die
Bezieher ganz geringer Leistungsmengen unter dem Aspekt der
Kostenverursachung zu gut weg. Dieser Besserstellung darf im Rahmen einer
kostenorientierten Gebührenbemessung, wie sie auch in Hessen zulässig ist (vgl.
dazu Lohmann, a.a.O., § 6 Rdnr. 695), zum Beispiel durch eine Mindestgebühr
entgegengewirkt werden (in diesem Sinne auch für das nordrhein-westfälische
Landesrecht OVG Münster, 05.09.1985 - II A 2499/83 -, HSGZ 1986, 35). Nichts
anderes gilt für die vom Antragsgegner gewählte Regelung, die im Ergebnis
ebenso wie eine Mindestgebühr grundstücksspezifische Einflüsse auf die
Müllmenge genauso berücksichtigt wie die Entsorgungskosten im Einzelfall. Von
Bedeutung ist insbesondere, daß die für die Abfallbeseitigung anfallenden Kosten
zu einem ganz wesentlichen Teil unabhängig von der jeweils zu entsorgenden
Leistungsmenge durch das "Bedienen" der einzelnen Grundstücke bedingt sind,
welches im notwendigen Anfahren jedes einzelnen Grundstücks mit dem
Müllfahrzeug und in der Arbeit des Einsammelns der auf oder vor dem Grundstück
bereitgestellten Abfälle (Leerung der Tonnen) besteht. Dieser Aufwand ist
zunächst einmal tonnenbezogen und nur in geringerem Umfang abhängig von der
jeweils angefallenen Müllmenge, d.h. dem Tonneninhalt. Diese Kosten würden -
knüpfte man für die Gebührenberechnung, wie es dem Antragsteller
möglicherweise vorschwebt, nicht an das tatsächlich zur Verfügung gestellte
(Mindest-)Behältervolumen an, sondern an die Regelung in § 13 Abs. 7 AbfuGebS -
bei Grundstücken mit wenigen Bewohnern nur unzureichend erfaßt. Der
Differenzierung nach der Bewohnerzahl ist mit der Regelung in § 18 Abs. 2
Buchstabe a, 1. Spiegelstrich der Satzung angemessen und ausreichend
Rechnung getragen.
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Der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist nach alledem mit der Kostenfolge
aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Der Antragsteller
würde pro Jahr 67,20 DM sparen, wenn der Berechnung des Gebührenanteils nach
§ 18 Abs. 2 Buchstabe a, 2. Spiegelstrich AbfuGebS nicht die tatsächlich zur
Verfügung gestellten 120 l Behältervolumen, sondern für zwei Personen insgesamt
nur 40 Liter (§ 13 Abs. 7 Buchstabe b AbfuGebS) zugrundegelegt würden. In
Anwendung des Rechtsgedankens aus § 9 ZPO n.F. setzt der Senat den
dreieinhalbfachen Jahresbetrag des erstrebten Gebührenvorteils an; dies sind
235,20 DM.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.