Urteil des HessVGH vom 15.11.2007

VGH Kassel: unechte rückwirkung, studiengebühr, hessen, hochschule, erlass, numerus clausus, promotion, grundrecht, behinderung, verfügung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
8. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 UE 1109/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§§ 1-6 StudGuthG HE, § 1
HSchulImmV HE, §§ 3-6
HSchulImmV HE, § 10
HSchulImmV HE, Art 3 Abs
1 GG
(Zur Rechtmäßigkeit der Hessischen Studiengebühr für
Langzeitstudierende)
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe
leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war im Wintersemester 2003/2004 im 38. Hochschulsemester
Politologie an der beklagten Johann Wolfgang Goethe-Universität in A-Stadt
eingeschrieben. Er studiert auch gegenwärtig noch in einem
Promotionsstudiengang, der gemäß einer bis 1996 geltenden Promotionsordnung
die Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie ohne vorherige Zwischen-
, Magister- oder Diplomprüfung ermöglicht hatte. Zur Vermeidung sozialer Härten
ist ihm zuletzt eine Frist zur Abgabe seiner Dissertation bis 2008 gewährt worden.
Er erarbeitet eine empirische Dissertation mit dem Arbeitstitel "Kulturpolitik heute:
Das Kunstmuseum im Spannungsfeld zwischen öffentlicher Subvention und
Kulturindustrie".
Mit Bescheid vom 21. Mai 2004 setzte die Abteilung für Studentische
Angelegenheiten der Beklagten für die Rückmeldung zum Studium im
Sommersemester 2004 ein Studienguthaben des Klägers von 13 Semestern
gemäß dem Hessischen Studienguthabengesetz - StuGuG - fest, das aus einer
Regelstudienzeit von neun Semestern plus vier Semestern errechnet worden war.
Wegen Verbrauchs des Studienguthabens wurde eine Gebühr in Höhe von 500 €
festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger unter Hinweis auf sein gebührenfreies
Promotionsstudium und den Bezug von Sozialhilfe wegen einer körperlichen
Behinderung Widerspruch und wandte sich mit einem weiteren Schreiben vom 26.
Juni 2004 gegen die Gebührenfestsetzung. Mit Widerspruchsbescheid vom 3.
August 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Entgegen der Berechnung
des Studienguthabens im Ausgangsbescheid, bei der der Diplom-Studiengang
zugrunde gelegt worden sei, sei die Regelstudienzeit von 10 Semestern für den
derzeit angebotenen Magister-Studiengang Politologie heranzuziehen. Das
Studienguthaben betrage 14 Semester. Bei seinem Studiengang handele es sich
nicht um ein kostenfreies Promotionsstudium. Die Voraussetzungen für einen
Erlass, eine Stundung oder eine Minderung der Studiengebühr aus sozialen
Härtegründen seien bei ihm nicht gegeben. Finanzielle Gründe seien nur in
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Härtegründen seien bei ihm nicht gegeben. Finanzielle Gründe seien nur in
unmittelbarer zeitlicher Nähe zum letzten Abschnitt der Abschlussprüfung
beachtlich. Auch die studienzeitverlängernden Auswirkungen einer Behinderung
könnten bei ihm keine Berücksichtigung finden, weil von einer unbilligen Härte
dann keine Rede mehr sein könne, wenn die Regelstudienzeit fast um das
Vierfache überschritten sei.
Der Kläger hat am 26. August 2004 bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, das zugrunde gelegte
Studienguthabengesetz und damit auch die Hessische
Immatrikulationsverordnung - HimmaVO - seien verfassungswidrig. Der hessische
Gesetzgeber habe mit diesen Regelungen unter Missachtung der bei der Erhebung
nichtsteuerlicher Abgaben zu beachtenden Anforderungen, die sich aus der
Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung
ergäben, den ihm verfassungsrechtlich gesteckten Rahmen nicht eingehalten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien für die
Zulässigkeit nichtsteuerlicher Abgaben begrenzende Voraussetzungen zu
beachten: Sie bedürften im Unterschied zu einer Steuer einer besonderen
sachlichen Rechtfertigung und zur Wahrung der Belastungsgleichheit der
Pflichtigen eines besonderen Grundes für die zusätzliche Belastung. Außerdem
gebiete der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans eine Organisation
der erzielten Einnahmen innerhalb des Haushaltsplanes.
Hinsichtlich der Höhe der Studiengebühren für Langzeitstudierende fehle es an
einem rechtfertigenden Grund. Die Höhe hänge wesentlich von der
Finanzierungsverantwortlichkeit ab, die der Gesetzgeber konkret übernommen
habe. Hier steche bereits insoweit ein äußerst grobes Missverhältnis ins Auge, weil
nicht nur aus Gründen der Vereinfachung und Handhabbarkeit die Höhe der
Studiengebühren für Studierende pauschaliert werde, sondern einheitlich
überhöhte Kosten unabhängig davon, in welcher Höhe sie bei den jeweiligen
Studiengängen anfielen, abgerechnet würden. Die erwirtschafteten Gelder würden
auch nicht den jeweiligen Universitäten verbleiben, sondern an den allgemeinen
Landeshaushalt abgeführt. Die sofort mögliche Erhebung von Studiengebühren für
Langzeitstudierende und die damit verbundene Rückwirkung des Gesetzes sei
verfassungsrechtlich sehr bedenklich. Es fehle an ausreichenden
Übergangsregelungen insbesondere für Studierende mit Kindern, studienparalleler
Berufstätigkeit oder einer Tätigkeit in universitären Selbstverwaltungsgremien.
Verwaltungsgerichtliche Entscheidungen in Hessen könnten sich nicht auf das
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2001 zur Erhebung von
Studiengebühren nach dem baden-württembergischen Landeshochschulgesetz
stützen, das mit der hessischen Regelung nicht vergleichbar sei. Die erzielten
Studiengebühren seien dort bei den Universitäten verblieben und damit
unmittelbar den Hochschulen zugute gekommen. Auch habe das
Bundesverwaltungsgericht die nachfolgende Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2003 zum baden-württembergischen
Verwaltungskostenbeitrag nicht berücksichtigen können. Das Argument des
Bundesverwaltungsgerichts, das Äquivalenz- und das Kostendeckungsprinzip seien
bei Studiengebühren von zunächst 500 € pro Semester eindeutig gewahrt, sei
lediglich eine Behauptung. Die Überlegungen zu Art. 12 GG überzeugten nicht. Die
Eignung der Studiengebührenregelung zur Verhaltenslenkung bei Studierenden,
die beim Inkrafttreten des Studienguthabengesetzes schon länger studiert und
ihre Lebensplanung darauf ausgerichtet hätten, sei fraglich.
Aber selbst wenn die Verfassungsmäßigkeit des Studienguthabengesetzes und
der Hessischen Immatrikulationsverordnung angenommen werden könnte, sei es
bedenklich, dass die Beklagte im Falle des Klägers bei der Berechnung der
Regelstudienzeit auf den jetzt angebotenen Magisterstudiengang
Politikwissenschaften abstelle. Der Kläger belege einen Promotionsstudienplatz,
der mit dem heutigen Studiengang nicht vergleichbar sei. Für ein
Promotionsstudium werde nach dem Studienguthabengesetz keine Gebühr
erhoben.
Jedenfalls erfülle der Kläger wegen seiner erheblichen Behinderung aufgrund
chronischer Erkrankungen und wegen seines Sozialhilfebezugs die
Voraussetzungen der Härtefallregelung in § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und 3 HImmaVO.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 21. Mai 2004 in der Fassung des
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den Bescheid vom 21. Mai 2004 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 3. August 2004 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, der Kläger betreibe einen mit einem Magisterstudium
vergleichbaren grundständigen Studiengang und (noch) kein Promotionsstudium
im Sinne der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 StuGuG, deren Sinn und Zweck es
sei, Studierenden, die über einen ersten berufsqualifizierenden
Hochschulabschluss verfügten, ein kostenfreies Promotionsstudium zu
ermöglichen, das nach dem Erwerb eines ersten Abschlusses nach § 3 Abs. 3
StuGuG ebenfalls grundsätzlich gebührenpflichtig wäre. Die Heranziehung der
Regelstudienzeit des Magisterstudienganges sei deshalb geboten gewesen, weil
der von dem Kläger gewählte Studiengang seit längerem nicht mehr existiere.
Die Voraussetzungen für einen Erlass, eine Minderung oder eine Stundung der
Studiengebühr müssten in einem gesonderten Verfahren geprüft werden. Die
Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheids sei davon nicht berührt.
Mit Urteil vom 22. Februar 2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
Die streitgegenständlichen Bescheide seien formell und materiell rechtmäßig
ergangen.
Die der Festsetzung der Studiengebühr zu Grunde liegenden Vorschriften des
Studienguthabengesetzes und der Hessischen Immatrikulationsverordnung seien
mit höherrangigem Recht vereinbar und insbesondere verfassungsgemäß.
Die erkennende Kammer habe bereits in ihrem Beschluss vom 21. Juli 2004 (12 G
2920/04; bestätigend: HessVGH, Beschluss v. 9. November 2004 - 5 TG 2386/04)
u. a. folgendes ausgeführt:
„Der hessische Landesgesetzgeber hat mit Erlass des StuGuG von der
ihm gemäß Art. 70 Abs. 1 Grundgesetz zustehenden, insoweit nicht durch
Rahmenvorschriften des Bundes beschränkten Kompetenz ohne Verletzung
verfassungsrechtlicher Grundsätze Gebrauch gemacht.
Die mit dem StuGuG auch in Hessen eingeführte Studiengebühr
genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die für die Erhebung von
Abgaben entwickelt wurden.
Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass
individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner
auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren
Kosten ganz oder teilweise zu decken (BVerwGE 50, 217, BVerwGE 95, 188).
Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber neben
Gesichtspunkten der Finanzierung der Hochschulen und der Vermeidung des
Missbrauchs des Studentenstatus mit der Einführung von Studiengebühren auch
bezweckt hat, die Studierenden zu einem zügigen Studium und zum baldigen
Studienabschluss anzuhalten. Dass Gebühren auch erhoben werden können, um
das Verhalten des Gebührenschuldners zu lenken, ist allgemein anerkannt
(Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.07.2001, BVerwGE 115, 32; Bay VGH,
Urteil vom 28.03.2001, Az.: 7 B 00.1151 jeweils mit weiteren Nachweisen).
Das dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgende
Äquivalenzprinzip, welches besagt, dass die erhobenen Gebühren in keinem
groben Missverhältnis zu der von der öffentlichen Hand gebotenen Leistung
stehen dürfen, ist gleichfalls nicht verletzt. Denn es bestehen keinerlei
Anhaltspunkte dafür, dass die Studiengebühr in einem derart groben
Missverhältnis zu dem Wert der mit ihr abgegoltenen Leistung des Staates steht.
Mit der Studiengebühr soll der mit der Einschreibung verbundene Vorteil für die
Studierenden (zumindest teilweise) abgegolten werden. Dieser besteht in der
jederzeitigen und umfassenden Berechtigung, das Ausbildungsangebot der
Hochschulen wahrzunehmen, wobei es nicht darauf ankommt, inwieweit der
gebührenpflichtige Studierende das Ausbildungsangebot der Universität
tatsächlich nutzt. Dies gilt auch für die Studierenden, die bereits sämtliche
Leistungsnachweise erbracht haben und sich im Selbststudium befinden. Wollen
sie das Ausbildungsangebot der Hochschule tatsächlich nicht wahrnehmen, so
können sie sich beurlauben lassen und so die Zahlung der Gebühr vermeiden. Die
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können sie sich beurlauben lassen und so die Zahlung der Gebühr vermeiden. Die
erhobene Studiengebühr leistet lediglich einen finanziellen Beitrag zu den Kosten
eines Studiums, dessen tatsächliche Kosten auch bei einem kostengünstigen
Studium weit über dem Betrag der erhobenen Studiengebühr liegen. Hierbei ist im
übrigen unerheblich, dass die Einnahmen aus den erhobenen Studiengebühren
gemäß § 4 StuGuG dem Landeshaushalt zufließen und nach der geltenden
Gesetzeslage die Hochschulen zehn vom Hundert der vereinnahmten Gebühren
zur Deckung der Kosten für die Ausführung des Gesetzes erhalten, denn die
Hochschulen werden im wesentlichen mit Landesmitteln finanziert und die
gebührenpflichtigen Studierenden erhalten tatsächlich den Vorteil, der mit der
erhobenen Gebühr teilweise abgegolten werden soll (Bundesverwaltungsgericht,
Urteil vom 25.07.2001, a. a. O.; VG Göttingen, Urteil vom 04.03.2004, Az.: 4 A
98/03). Da die von den gebührenpflichtigen Studierenden erhobenen
Studiengebühren die Kosten eines Studiums bei weitem nicht decken, besteht
auch kein Anhalt für eine mögliche Verletzung des Kostendeckungsprinzips,
welches an hand einer generalisierenden Betrachtung besagt, dass das
Gebührenaufkommen den Gesamtaufwand für eine gebührenpflichtige Leistung
nicht absichtlich dauernd übersteigen darf (BVerwGE 26, 305).
Die hier streitgegenständlichen Vorschriften über die Erhebung von
Studiengebühren nach dem StuGuG verstoßen auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1
GG. Nach Art. 12 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz
und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Ein Anspruch auf ein kostenloses Studium
wird durch dieses Grundrecht nicht gewährleistet (Bundesverwaltungsgericht, Urteil
vom 25.07.2001, a. a. O.). Soweit aus Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG
und dem Sozialstaatsprinzip ein Anspruch auf ein Ausbildungsangebot folgt, das
allen dazu Befähigten, unabhängig von den Besitzverhältnissen der Eltern, ein
Studium ermöglicht, trägt die vorgenommene Einrichtung eines Studienguthabens
nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch dem
hinreichend Rechnung. Während der Regelstudienzeit zuzüglich drei bzw. vier
weiterer Semester werden nach der hessischen Regelung Studiengebühren nicht
erhoben, so dass es auch finanziell schlechter gestellten Studierenden
grundsätzlich möglich ist, ein erstes berufsqualifizierendes Studium kostenfrei zu
absolvieren. Darüber hinaus gibt es neben Härtefallregelungen, die unter
Umständen auch wirtschaftliche Notlagen berücksichtigen, Sonderregelungen für
Doppelstudien, Studienwechsel und konsekutive Studiengänge. Damit handelt es
sich bei der Erhebung von Studiengebühren letztlich nicht um eine Beschränkung
des Zugangs zum Studium, sondern lediglich um eine Ausgestaltung der
Studienbedingungen, deren Rechtmäßigkeit an den Voraussetzungen für die
Regelungen zur Berufsausübung zu messen ist, insbesondere den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit wahren muss. Gegen die Verhältnismäßigkeit der Regelungen
des StuGuG in diesem Sinne bestehen keine Bedenken. Der Gesetzgeber verfolgt
mit seiner Absicht, durch die Einführung der Studiengebühren auf ein zügiges und
zielgerichtetes Hochschulstudium der Studierenden hinzuwirken und der
missbräuchlichen Ausnutzung der sozialen Vergünstigungen des Studentenstatus
möglichst Einhalt zu gebieten, legitime Anliegen des Gemeinwohls. Die Erhebung
von Studiengebühren im Fall der Überschreitung der Regelstudienzeit zuzüglich
drei bzw. vier Semester ist ein geeignetes Mittel, diese Ziele zu erreichen, da
davon ausgegangen werden kann, dass ein Studienanfänger bei der Planung
seines Studiums diese zeitliche Grenze im Auge behalten und versuchen wird, sein
Studium zuvor zu beenden, um die Zahlung dieser Gebühr zu vermeiden. Aber
auch Langzeitstudenten werden voraussichtlich zur Vermeidung der
Zahlungspflicht anstreben, ihr Studium möglichst bald zum Abschluss zu bringen.
Es wird auch wenig attraktiv sein, den Studentenstatus lediglich deshalb aufrecht
zu erhalten, um in den Genuss sozialer Vergünstigungen zu kommen, wenn man
hierfür zunächst eine nicht unerhebliche Gebühr entrichten muss. Aber auch
hinsichtlich des weiteren vom Gesetzgeber verfolgten, am Gemeinwohl
orientierten Ziels, zur Finanzierung der Hochschulen beizutragen, stellt sich die
von ihm gewählte Regelung zur Erhebung von Studiengebühren als geeignetes
Mittel dar. Mildere, gleichermaßen geeignete Mittel, auf die der Gesetzgeber im
Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu verweisen wäre, standen nicht
zur Verfügung. Die Zahlung der Studiengebühr ist den Studierenden auch
zumutbar, und damit ist die Regelung verhältnismäßig im engeren Sinne. Das
nach § 2 StuGuG zu ermittelnde Studienguthaben in Höhe der Regelstudienzeit
zuzüglich drei bzw. vier weiterer Semester lässt grundsätzlich ausreichend Zeit für
ein gebührenfreies Studium unter Einschluss einer anfänglichen
Orientierungsphase. Durch Erhöhung der Regelstudienzeit um weitere drei bzw.
vier Semester wurde auch dem Umstand hinreichend Rechnung getragen, dass
sich ein Studium aufgrund notwendiger Erwerbstätigkeit hinauszögert. Dessen
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sich ein Studium aufgrund notwendiger Erwerbstätigkeit hinauszögert. Dessen
ungeachtet durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass aufgrund des
bestehenden Unterhaltsrechts und des Rechts auf Ausbildungsförderung dem
Studierenden im Regelfall eine ausreichende wirtschaftliche Grundlage zur
Verfügung steht, ein Studium innerhalb des zeitlichen Rahmens des
Studienguthabens gebührenfrei abzuschließen (Bundesverwaltungsgericht, Urteil
vom 25.07.2001, a. a. O.). Hinzu kommt, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber
in § 3 und § 6 des StuGuG und im § 6 der HImmaVO darüber hinausgehende
Regelungen getroffen hat, um unbillige Härten und unzumutbare Konsequenzen
aus den Vorschriften zur Erhebung der Studiengebühren zu vermeiden. Im
Rahmen dieser Regelungen werden u. a. Behinderungen und chronische
Erkrankungen ebenso berücksichtigt wie familiäre und wirtschaftliche Notlagen. Ein
möglicher Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist
abgesehen von der bereits oben erörterten Frage der gleichen Bildungschancen
für jedermann unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern nicht
ersichtlich. Die Regelungen über die Erhebung von Studiengebühren nach dem
StuGuG entfalten keine unzulässige Rückwirkung, weder im Hinblick auf das
Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 GG noch im Hinblick auf Art. 103 GG. Die
Vorschriften über die Erhebung von Studiengebühren in Hessen bewirken keine
Rechtsfolgen für einen Zeitraum vor ihrem Inkrafttreten, so dass es sich hierbei
nicht um eine so genannte "echte " Rückwirkung handelt. Nach den vorgenannten
Vorschriften wird die Gebührenpflicht frühestens im Sommersemester 2004,
teilweise auch erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Inkrafttreten des StuGuG
relevant. Soweit die Entstehung der Studiengebührenpflicht davon abhängig ist,
inwieweit das den Studierenden zur Verfügung stehende Studienguthaben in der
Vergangenheit bereits verbraucht wurde, handelt es sich lediglich um eine
grundsätzlich zulässige tatbestandliche Rückanknüpfung oder so genannte
"unechte" Rückwirkung (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.07.2001, a. a. O.;
OVG Lüneburg, Beschluss vom 13.01.2004, Az.: 2 ME 364/03). Eine solche "echte"
Rückwirkung ist zu messen an den rechtsstaatlichen Grundsätzen des
Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit. Diese sind
nicht mehr gewahrt und auch die "unechte" Rückwirkung ist unzulässig, wenn bei
der Abwägung des enttäuschten Vertrauens der Betroffenen einerseits und der
Bedeutung der Neuregelung für das Allgemeinwohl andererseits den Interessen
der Betroffenen ein höheres Gewicht einzuräumen ist. Das ist hier jedoch nicht der
Fall. Der Gesetzgeber hatte ein berechtigtes Interesse, die mit dem StuGuG
verbundenen Zwecke möglichst bald greifen zu lassen, dies insbesondere auch im
Hinblick auf die nicht unerhebliche Anzahl von Langzeitstudierenden an den
Hochschulen des Landes Hessen. Die Umsetzung der vom Gesetzgeber verfolgten
Ziele wäre um viele Jahre verzögert worden, hätte man die Regelungen ganz ohne
Rückanknüpfung an bereits vergangene Semester ausgestaltet und damit erst für
Studienanfänger zur Anwendung gebracht. Demgegenüber konnten Studierende
angesichts der knapper werdenden öffentlichen Mittel und der bereits seit
längerem geführten politischen Diskussionen über die Einführung von
Studiengebühren nicht darauf vertrauen, dass sie ein einmal begonnenes Studium
auch weit über die für dieses Studium angesetzte Regelstudienzeit letztlich auf
Kosten der Allgemeinheit und gänzlich ohne eigenen Beitrag und ohne jede
zeitliche Grenze beenden können würden (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
25.07.2001, a. a. O.; VG Göttingen, Urteil vom 04.03.2004, a. a. O.). Hinzu kommt,
dass das Hessische Studienguthabengesetz unter den vorgenannten
verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ausreichende Übergangsvorschriften
bereithält. Die nach dem am 18.12.2003 in Kraft getretenen Gesetz zu
entrichtenden Studiengebühren greifen schon für das Sommersemester 2004 nur
bei den Studierenden, die bereits im Wintersemester 2003/2004 nicht mehr über
ein Studienguthaben verfügten. Studierende, die im Wintersemester 2003/2004
noch über ein Studienguthaben verfügt hätten, werden erst ab dem
Wintersemester 2004/2005 gebührenpflichtig. Darüber hinaus erhalten
Studierende, die bis zum Ablauf des Wintersemesters 2005/3006 das Studium, für
das die Gebühr erhoben wurde, erfolgreich abschließen, die entrichteten Gebühren
zurück. Damit gewährt das Studienguthabengesetz den Studierenden entweder
ausreichend Gelegenheit, sich im Vorfeld auf die zu entrichtenden Gebühren
einzustellen, oder aber zumindest die Möglichkeit, gezahlte Gebühren
zurückzufordern, soweit das Studium innerhalb von vier Semestern, zum Ablauf
des Wintersemesters 2005/2006, nach erstmaligem Greifen der Studiengebühr
beendet wird. Insbesondere letzteres dürfte in den Fällen realistisch möglich sein,
in denen die Regelstudienzeit zuzüglich weiterer drei bzw. vier Semester
überschritten wurde. ...
Einen Verstoß gegen die Vorschriften der Verfassung des Landes
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Einen Verstoß gegen die Vorschriften der Verfassung des Landes
Hessen, insbesondere gegen Art. 59 Abs. 1 Hess. Verfassung, beinhalten die
Regelungen des StuGuG gleichfalls nicht. Auch die garantierte Unterrichtsgeld-
und Lernmittelfreiheit an den Hochschulen des Landes Hessen erstreckt sich
lediglich auf das, was der Einzelne vernünftigerweise als Studienförderung erwarten
und verlangen kann. Zweit- und Aufbaustudien außen vorgelassen kann ein
Studierender auch in diesem Rahmen vernünftigerweise nicht mehr verlangen, als
ihm auch im Hinblick von Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem
Sozialstaatsprinzip gewährt wird, nämlich die Förderung eines Studiums während
der Regelstudienzeit zuzüglich weiterer drei bzw. vier Semester und
gegebenenfalls zuzüglich weiterer Semester bei Vorliegen besonderer Umstände
und/oder besonderer Härten. Die Antragsgegnerin hat insoweit zutreffend Bezug
genommen auf das Urteil des Hessischen Staatsgerichtshofs vom 01.12. 1976,
ESVGH, 27, 30.
..."
Ergänzend sei zu den Darlegungen des Klägers auszuführen, dass gegen die Höhe
der streitigen Studiengebühren auch bei dem vom Kläger gewählten Studiengang
keine Bedenken bestünden. Auch bei einem kostengünstigen Studiengang müsse
die Beklagte in jedem Fall Personal- und Sachmittel wie Bücher sowie
Räumlichkeiten bereithalten. Die Kosten hierfür überstiegen 500 € je
eingeschriebenem Studenten bei weitem. Die Übergangsregelungen seien
ausreichend und vermieden auch für Studierende, die wegen Kindererziehung oder
studienbegleitender Berufstätigkeit langfristig hätten disponieren müssen,
unzumutbare Härten. Zeiten, die nach § 3 oder nach § 11 HImmaVO zur
Inanspruchnahme eines Teilzeitstudiums oder einer Beurlaubung berechtigt
hätten, könnten bei entsprechendem Nachweis gemäß § 10 Abs. 3 HImmaVO zu
einer Erhöhung des Studienguthabens um bis zu vier Semester führen. Auch sei
zu berücksichtigen, dass gemäß § 5 Abs. 2 StuGuG die Möglichkeit bestanden
habe, das Studium noch bis zum Wintersemester 2005/2006 abzuschließen und so
in den Genuss der Rückerstattung der Gebühren zu kommen. Die vom Kläger
herangezogene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die baden-
württembergische Rückmeldegebühr von 100,- DM allein für die Bearbeitung der
Rückmeldung nicht angemessen sei, habe hier nicht die von ihm angedeutete
Relevanz.
Der Kläger erfülle auch die tatbestandlichen Voraussetzungen zur Erhebung der
streitgegenständlichen Studiengebühr. Er habe sein Studienguthaben unabhängig
davon verbraucht, ob man die Regelstudienzeit für den Diplom- oder den
Magisterstudiengang zu Grunde lege.
Eine Ausnahme von der Gebührenpflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 StuGuG liege
nicht vor. Er sei nicht ausschließlich für ein Promotionsstudium immatrikuliert.
Auch wenn der Kläger den von ihm gewählten Studiengang mit einer Promotion
abschließen könne, handele es sich nicht um ein Promotionsstudium im Sinne des
Gesetzes und im Sinne hochschulrechtlicher Definition. Die Besonderheit eines
Promotionsstudiums bestehe darin, dass der Student seinen Lernprozess
ausschließlich im Zusammenhang mit der Fertigstellung seiner Dissertation
vorantreibe, es diene aber nicht der Erlangung eines ersten
Hochschulabschlusses. Es erscheine nicht gerechtfertigt, den Kläger allein wegen
des Umstandes, dass er seinen Studiengang mit einer Promotion abschließen
könne, von der Gebührenpflicht auszunehmen. Diese Fälle hätten ersichtlich nicht
von § 3 Abs. 1 Nr. 3 StuGuG erfasst werden sollen. Der Hessische
Verwaltungsgerichtshof habe in dem Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung
von Prozesskostenhilfe für den Kläger mit Beschluss vom 8. September 2005 dazu
ausgeführt, dass sich diese Frage eindeutig anhand der Zielrichtung des
Studienguthabengesetzes und der gesetzlichen Systematik beantworten lasse.
Das Studienguthabengesetz habe mit der Ausnahme gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
StuGuG das Promotionsstudium aus der Gebührenpflicht deshalb
herausgenommen, weil es dem Regelungszweck des Gesetzes - Gebührenpflicht
nach Erreichen eines Studienabschlusses innerhalb des durch das Gesetz
gewährten Studienguthabens - nicht unterliege. Gemeint seien
Promotionsstudiengänge, die sich der Gesetzgeber zum Zeitpunkt des Erlasses
des Gesetzes habe vorstellen können und die entsprechend § 31 Abs. 1 S. 2 HHG
regelmäßig ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraussetzten. Ein
grundständiges Studium mit einer Promotion als erstem berufsqualifizierenden
Studienabschluss, wie es der Kläger aufgrund einer seit 1996 nicht mehr geltenden
Studien- und Prüfungsordnung begonnen habe, erfasse die Ausnahme des § 3
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Studien- und Prüfungsordnung begonnen habe, erfasse die Ausnahme des § 3
Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StuGuG eindeutig nicht.
Soweit der Kläger darüber hinaus Gründe für eine Stundung, Minderung oder einen
Erlass der streitigen Studiengebühren geltend mache, weise die Beklagte
zutreffend darauf hin, dass diese in einem gesonderten Verfahren geltend zu
machen seien.
Zur Begründung der mit Beschluss des Senats vom 25. Mai 2007 - 8 UZ 916/06 -
wegen besonderer Schwierigkeiten rechtlicher Art zugelassenen Berufung vertieft
der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Die zuständige Prüfungskommission
habe die Abgabefrist für seine Dissertation wegen seiner gesundheitlichen
Beeinträchtigungen (Diabetes II, Verkleinerung des rechten Schultergelenks,
Wirbelsäulenerkrankung) und im Hinblick darauf regelmäßig verlängert, dass es
sich um eine empirische Arbeit mit Feldforschung an zehn Museen handele.
Er erhebe nach wie vor Einwendungen gegen die Verfassungsmäßigkeit der
Gebührenpflicht nach dem Studienguthabengesetz in Verbindung mit der
Hessischen Immatrikulationsverordnung. Gemäß Art. 63 Abs. 2 S. 1 HV müsse ein
Gesetz, das eine Beschränkung oder Ausgestaltung eines Grundrechtes der
Landesverfassung enthalte, dieses ausdrücklich bestimmen. Die Regelung sei
daher mit Art. 19 Abs. 1 S. 2, 80 Abs. 1 S. 3 GG (sog. Zitiergebot) vergleichbar.
Das Studienguthabengesetz, das eine Beschränkung der Regelungen des Art. 59
Abs. 1 HV enthalte, bringe dieses im Gegensatz zu § 11 des Hessischen
Studienbeitragsgesetzes nicht zum Ausdruck. Das Bundesverfassungsgericht
habe in seiner Entscheidung zur Hennenhaltungsverordnung (BVerfGE 101,1 ff.)
einen Verstoß gegen das Zitiergebot unter Hinweis auf das Rechtsstaatsprinzip
mit der Sanktion der Nichtigkeit der entsprechenden Rechtsverordnung geahndet.
Die hier vorliegende Verletzung des Zitiergebotes aus Art. 63 Abs. 2 S. 1 HV sei
kein Verstoß gegen eine bloße Ordnungsvorschrift, sondern habe die Nichtigkeit
der gesetzlichen Regelung und der hierauf beruhenden Rechtsverordnungen zur
Folge.
Das Verwaltungsgericht habe sich nicht hinreichend mit seinen Einwänden zum
Verstoß gegen die Finanzverfassung des Grundgesetzes, insbesondere gegen den
Grundsatz der Normenklarheit und Normenwahrheit auseinander gesetzt. Es
qualifiziere die durch das Studienguthabengesetz eingeführte Studiengebühr als
eine Mischung aus einer Gebühr zur Finanzierung der Hochschulen, zur
Vermeidung des Missbrauchs des Studentenstatus und als Gebühr zur
Verhaltenslenkung. Dem Studienguthabengesetz sei eine solche
Zweckbestimmung nicht zu entnehmen. Aus den §§ 1 und 3 StuGuG ergäbe sich
vielmehr, dass die Gebührenpflicht nicht an die Nutzung von
Hochschuleinrichtungen anknüpfe, sondern - rückwirkend - an den Verbrauch eines
Studienguthabens.
Auch der Umstand, dass die Gebührenerträge fast vollständig dem allgemeinen
Landeshaushalt zufließen würden, spreche für eine verdeckte Steuer. Das Ziel der
Vermeidung des Missbrauchs des Studentenstatus und der Verhaltenslenkung
greife nur gegenüber solchen Studierenden, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen
Situation zusätzliche Kosten des Studiums durch Studiengebühren entweder gar
nicht oder nur unter äußerst erschwerten Bedingungen aufbringen könnten.
Wirtschaftlich starke Langzeitstudierende würden durch die Studiengebühren nicht
erreicht. Dieses werde durch die gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 StuGuG getroffene
Regelung des § 6 Abs. 3 HImmaVO bestätigt. Hier stellten wirtschaftliche Gründe
allein keinen Befreiungstatbestand dar. Damit sei nicht nur die Eignung, sondern
auch die Belastungsgleichheit der Pflichtigen zweifelhaft.
Es bestünden weiterhin erhebliche Bedenken gegen die Erforderlichkeit der
Studien-gebührenpflicht. Die Organisation des Studienbetriebes stelle eine
wesentliche Bedingung dafür dar, ob und in welchem Umfang Studierende ihr
Studium innerhalb der gesetzlich geregelten Regelstudienzeit beenden könnten
oder nicht. Solche Maßnahmen stellten insbesondere gegenüber wirtschaftlich
bedürftigeren Studierenden das mildere Mittel im Vergleich zu einer
Studiengebührenpflicht dar. Bestehe der wesentliche Zweck der Studiengebühr in
der Verhaltenslenkung und der Missbrauchsbekämpfung, sei für das
Äquivalenzprinzip im engeren Sinne kein Raum. Denn bei dieser Zwecksetzung sei
eine "Gegenleistung" des Staates für die Gebühr nicht ersichtlich.
Soweit sich das Verwaltungsgericht mit der Problematik der (unechten)
Rückwirkung der Studiengebührenpflicht auseinander setze, seien die Darlegungen
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Rückwirkung der Studiengebührenpflicht auseinander setze, seien die Darlegungen
ebenfalls rechtsfehlerhaft. Die notwendige Trennung zwischen dem generellen
Problem der Einführung von Studiengebühren von dem speziellen Problem,
inwieweit hier eine unechte Rückwirkung verfassungsrechtlich zulässig sei, sei nicht
gelungen. Es fehle an einer Auseinandersetzung mit der Problematik, dass vor
dem Inkrafttreten des Studienguthabengesetzes liegende Dispositionen oder
Unterlassungen von Studierenden zeitlich nicht nachholbar seien und welche
Nachteile es für das Gemeinwohl hätte, wenn man eine "weichere"
Übergangsregelung geschaffen hätte. Volkswirtschaftlich sei ein Studienabbruch,
der vielen Langzeitstudierenden drohe, erheblich nachteiliger als die Erlangung
eines Hochschulabschlusses mit mehr Zeitaufwand als bis zum Ende des
Wintersemesters 2005/2006.
Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen im Hinblick auf ein berechtigtes Interesse
des Gesetzgebers an einer möglichst bald zur Geltung kommenden
Verhaltenslenkung keinerlei belegbare Tatsachen über die Anzahl von
Langzeitstudierenden angeführt. Auch das Argument des Verwaltungsgerichts,
dass Studierende wegen der seit längerem geführten politischen Diskussion über
die Einführung von Studiengebühren nicht darauf hätten vertrauen können, dass
sie ein einmal begonnenes Studium auch weit über die für dieses Studium
angesetzte Regelstudienzeit hinaus würden beenden können, überzeuge nicht,
zumal allein auf hessische Verhältnisse habe abgestellt werden dürfen. Hier sei
eine Einzelfallbetrachtung im Rahmen einer durch den Gesetzgeber allgemein
formulierten Härtefallregelung verfassungsrechtlich geboten. Die
Übergangsregelung in § 5 StuGuG sei nicht ausreichend. Entgegen der Auffassung
des Verwaltungsgerichts gewähre diese Bestimmung keine ausreichende
Gelegenheit, sich im Vorfeld auf die zu entrichtenden Gebühren einzustellen.
Hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung eines Teilzeitstudiums vor und nach
Einführung der Studiengebührenpflicht sei allein zu prüfen, ob mit dieser Regelung
der Interessenlage der betroffenen Studierenden in schützenswerter und
zumutbarer Weise Rechnung getragen werde. Die Verfassungsmäßigkeit einer
(unechten) Rückwirkung hänge von der Abwägung des individuellen
schützenswerten Vertrauensinteresses des Betroffenen mit dem öffentlichen
Zweck der Regelung ab. Das Gebot der Systemgerechtigkeit verlange, dass der
Gesetzgeber, wenn er rückwirkend ein bestimmtes System einführe, nicht nur die
belastenden, sondern auch die begünstigenden Tatbestände einzuführen habe,
wenn die Rückwirkung verfassungsrechtlich zulässig sein solle. Deshalb seien
Teilzeitstudien- und Beurlaubungstatbestände im Falle der Rückanknüpfung der
Studiengebührenpflicht insoweit - fiktiv - zu Gunsten der betroffenen Studierenden
zu berücksichtigen.
Er, der Kläger, sei zudem gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StuGuG von der
Studiengebühr befreit. Die Besonderheit seines Promotionsstudiums bestehe
darin, dass er seinen Lernprozess ausschließlich im Zusammenhang mit der
Fertigstellung seiner Dissertation vorantreibe. Außerdem sei zum Zeitpunkt der
Aufnahme des Studiums die Promotion der einzig mögliche Studienabschluss
gewesen. So ermögliche ihm auch der zuständige Fachbereich ungeachtet
inzwischen erfolgter hochschulrechtlicher Änderungen weiterhin den
Hochschulabschluss durch die Promotion. Dieser Besitzstand sei auch bei der
Auslegung des § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StuGuG zu berücksichtigen. Das
Promotionsstudium nach einem Hochschulabschluss und das Promotionsstudium
zur Erlangung eines Hochschulabschlusses seien strukturell vergleichbar. Im
Übrigen sei die Belastung der Hochschule durch Promotionsstudierende gering.
Promotionsstudierenden stehe das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit zur Seite,
weil sie eine Forschungsleistung erbrächten, die vom Gesetzgeber nicht in das
Korsett einer Regelstudienzeit gepresst werden könne.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe es sich auch mit seinem
Härtefallantrag nach § 6 Abs. 3 HImmaVO befassen müssen. Im Hinblick auf seine
gravierenden Erkrankungen, die unstreitig seien, sei der Härtefalltatbestand des §
6 Abs. 3 Nr. 1 HImmaVO anwendbar. Der Argumentation der Beklagten, dass
dieses deswegen ausscheide, weil er die für ihn nicht existierende Regelstudienzeit
bereits um ein mehrfaches überschritten habe, könne nicht gefolgt werden.
Härtefallregelungen hätten grundsätzlich die Funktion, Milderungen für diejenigen
Fälle zu schaffen, die außerhalb der Norm lägen. Da er ein Promotionsstudium
betreibe, seien ihm die Studiengebühren, sofern sie denn überhaupt entstanden
seien, zu erlassen.
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Abschließend weist der Kläger auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
vom 30. April 2007 (1 BvR 1323/05) hin, mit dem ein Beschluss des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Mai 2005 (5 TP 681/05 und 5 TP 682/05)
aufgehoben worden sei. Diese Entscheidung enthalte ausführliche Erwägungen zu
den Anforderungen an eine Übergangsfrist bei der Neueinführung von
Studiengebühren.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main
vom
22. Februar 2006 - 12 UE 3913/04 (3) - den Bescheid der Beklagten
vom 21. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. August
2004 aufzuheben,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, über den Härtefall des Klägers unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Das Zitiergebot des Art. 63 Abs. 2 S. 1 HV
greife beim Studienguthabengesetz nicht. Der Auffassung des Klägers, bei der
Erhebung von Langzeitstudiengebühren handele es sich um eine Beschränkung
des Grundrechts aus Art. 59 Abs. 1 S. 1 HV, sei das Urteil des Hessischen
Staatsgerichtshofs vom 1. Dezember 1976 zum damaligen Gesetz über
Unterrichtsgeld- und Lernmittelfreiheit und Erziehungsbeihilfen - GULE -
entgegenzuhalten, wonach eine zeitlich unbegrenzte Unterrichtsgeldfreiheit für
Studierende, die den Abschluss unangemessen hinauszögerten, nicht dem
Wesensgehalt des Art. 59 Abs. 1 S. 1 HV entspreche. Auch eine Ausgestaltung
dieses Grundrechts sei zu verneinen, da hier die aus dem Sozialstaatsprinzip
herrührende Schranke und nicht das Grundrecht selbst konkretisiert werde. Der
Hessische Staatsgerichtshof habe in seiner Entscheidung auch ausgeführt, dass
Art. 59 Abs. 1 HV keinen echten Gesetzesvorbehalt enthalte. Das lasse sich auch
nicht aus Art. 59 Abs. 1 S. 4 HV entnehmen. Im übrigen solle das Zitiergebot des
Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom
30. Mai 1973 lediglich ausschließen, dass neue, dem bisherigen Recht fremde
Möglichkeiten des Eingriffs in Grundrechte geschaffen würden, ohne dass der
Gesetzgeber darüber Rechenschaft ablege und dies ausdrücklich zu erkennen
gebe. Dieses gelte aber nur bei einem Eingriff in das Grundrecht, der hier gerade
nicht gegeben sei. Dass der hessische Gesetzgeber sich im Falle der allgemeinen
Studienbeiträge veranlasst gesehen habe, in § 11 HStubeiG auf Art. 59 HV zu
verweisen, spiele für das Studienguthabengesetz keine Rolle. Hinsichtlich der
Gesetzgebungskompetenz folge die Zuständigkeit des hessischen
Landesgesetzgebers aus Art. 70 Abs. 1 GG. Dieses sei schon seit der
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2001 ausdiskutiert und
habe deshalb seitens des Verwaltungsgerichts keiner eingehenderen
Ausführungen bedurft. Soweit sich der Kläger im Hinblick auf den Grundsatz der
Normenklarheit und der Normenwahrheit auf die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2003 stütze, habe ein anderer
Sachverhalt zu Grunde gelegen. Bei den baden-württembergischen
Rückmeldegebühren habe der Gesetzgeber einen im Wortlaut eng begrenzten
Gebührentatbestand geschaffen. Vorliegend gehe es jedoch nicht um eine eng
gefasste Gebühr für eine konkrete Amtshandlung. Sowohl aus dem
Studienguthabengesetz selbst als auch aus dessen Begründung (s. LT-Drs. 16/861
S. 15 ff.) würden die verschiedenen Gesetzeszwecke hinreichend deutlich.
Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, alle mit der Einführung eines Gesetzes
verbundenen Zwecke einzeln zu normieren. Der Zufluss der Studiengebühren an
den allgemeinen Landeshaushalt werde in der Rechtsprechung nicht beanstandet.
Das Bundesverwaltungsgericht habe in der Entscheidung vom 25. Juli 2001 auch
zur Frage der Verhältnismäßigkeit eingehend Stellung genommen. Es habe
ausgeführt, dass die Studiengebühr in jedem Falle als Kostenfaktor in die
Studienplanung eingehe und auf diese Weise als steuerndes, wenn auch nicht
immer notwendig als entscheidendes Element wirke. Dieses gelte insofern sowohl
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immer notwendig als entscheidendes Element wirke. Dieses gelte insofern sowohl
für Langzeitstudierende, die sich die Gebühren nicht leisten könnten, wie auch für
wirtschaftlich "starke" Langzeitstudierende.
An der Erforderlichkeit einer angemessenen Heranziehung von
Langzeitstudierenden zu den erheblichen Kosten für die Bereitstellung des
Hochschulbetriebes bestünden angesichts der angespannten Haushaltslage des
Landes und der immensen Steuerlast der Steuerpflichtigen keine Zweifel. Dem
Gesetzgeber habe ein weniger einschneidendes Mittel nicht zur Verfügung
gestanden, um die Zwecke alsbald zu erreichen. Der Gesetzgeber habe auch
ausreichende Maßnahmen zur Organisation des Studienbetriebes und zur
Studienbegleitung ergriffen. Dennoch habe es eine nicht unbeträchtliche Zahl von
Langzeitstudierenden in Hessen gegeben. Die Organisation des Studienbetriebes
sei im wesentlichen Aufgabe der Hochschulen selbst. Der Gesetzgeber habe keine
weiteren Maßnahmen treffen können, um die Studienzeiten zu verkürzen.
Zumindest zur Missbrauchsvermeidung habe dem Gesetzgeber kein milderes
Mittel zur Verfügung gestanden.
Dem Senat liegen die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens, die
beigezogenen Gerichtsakten 12 G 2920/04 (5 TG 2386/04, 5 TP 2388/04) des
Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main sowie die Behördenakten der Beklagten
(ein Hefter) vor. Sie sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht
worden.
Entscheidungsgründe
Die von dem Senat zugelassene Berufung ist zulässig, insbesondere form- und
fristgerecht begründet worden, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das ergibt sich für das gegen die Festsetzung der Langzeitstudiengebühr
gerichtete Hauptbegehren daraus, dass das Verwaltungsgericht die zulässige
Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 2004 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2004 gemäß § 113 Abs. 1 S. 1
VwGO zu Recht abgewiesen hat, denn die Gebührenfestsetzung ist rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Berechnung seines Studienguthabens und die Feststellung der
Gebührenpflicht für die hier streitige Rückmeldung zum Sommersemester 2004
beruhen auf den Bestimmungen des Hessischen Studienguthabengesetzes
(StuGuG), das als Art. 12 des Zukunftssicherungsgesetzes (ZSG) vom 18.
Dezember 2003 (GVBl. I, S. 513 ff. ) am 24. Dezember 2003 in Kraft
getreten ist und nach der geänderten Fassung durch Art. 2 des Gesetzes zur
Einführung von Studienbeiträgen an den Hochschulen des Landes und zur
Änderung weiterer Vorschriften vom 16. Oktober 2006 (GVBl. I, S. 512 )
letztmals für das Sommersemester 2007 Anwendung gefunden hat, sowie auf der
Verordnung über das Verfahren der Immatrikulation, das Teilzeitstudium, die
Ausführung des Hessischen Studienguthabengesetzes und die Verarbeitung
personenbezogener Daten an den Hochschulen des Landes Hessen (Hessische
Immatrikulationsverordnung - HImmaVO) vom 29. Dezember 2003 (GVBl. S. 12
ff.), die zuletzt durch Art. 4 des obengenannten Änderungsgesetzes vom 16.
Oktober 2006 (GVBl. S. 512 ) geändert worden ist.
Soweit bedeutsam ergeben sich daraus folgende Regelungen:
In § 1 StuGuG wird das gebührenfreie Studium an den Hochschulen in Hessen bis
zum Erwerb eines ersten berufsqualifizierenden Studienabschlusses sowie im
Rahmen von konsekutiven Studiengängen eines weiteren berufsqualifizierenden
Abschlusses durch Studienguthaben gewährleistet. Das Studienguthaben
errechnet sich aus der Semesterzahl der Regelstudienzeit des gewählten
Studiengangs zuzüglich von drei Semestern bei einer Regelstudienzeit von bis zu
sieben Semestern und von vier Semestern bei einer Regelstudienzeit von
mindestens acht Semestern (§ 2 Abs. 1 S. 1 StuGuG). Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1
StuGuG erheben die Hochschulen von Studierenden, die danach nicht (mehr) über
ein Studienguthaben verfügen, für jedes Semester Gebühren. Ausgenommen sind
nach Satz 2 dieser Vorschrift u. a. Studierende, die beurlaubt sind, Leistungen
nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhalten, ausschließlich
für ein Promotionsstudium immatrikuliert sind oder Kinder bis zu drei Jahren
betreuen. Nach § 3 Abs. 2 StuGuG beträgt bei einem Erststudium die Gebühr für
Langzeitstudierende für das erste gebührenpflichtige Semester 500 €, für das
zweite gebührenpflichtige Semester 700 € und für jedes weitere gebührenpflichtige
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zweite gebührenpflichtige Semester 700 € und für jedes weitere gebührenpflichtige
Semester 900 €, nach Abs. 3 für ein Zweitstudium für jedes Semester
grundsätzlich 500 €. Nach § 5 Abs. 1 S. 3 StuGuG sind Studierende ohne
Studienguthaben ab dem Sommersemester 2004 gebührenpflichtig. Für
Studierende, die zeitnah im Wintersemester 2003/2004 oder im Sommersemester
2004 noch über ein Studienguthaben verfügen, sind Übergangsregelungen
vorgesehen. Außerdem werden entrichtete Gebühren nach § 5 Abs. 2 StuGuG an
diejenigen Studierenden auf deren Antrag zurückerstattet, die bis zum Ablauf des
Wintersemesters 2005/2006 das Studium, für das die Gebühr erhoben worden ist,
erfolgreich abschließen. In § 6 Abs. 1 StuGuG wird die zuständige Ministerin oder
der zuständige Minister zum Erlass erforderlicher Ausführungsbestimmungen
ermächtigt, insbesondere etwa zur Berücksichtigung besonderer Belange
behinderter oder chronisch kranker Studierender, Studierender mit Kindern oder
Gremientätigkeit, zu den Auswirkungen eines Teilzeitstudiums, zur Verwendung
von Reststudienguthaben sowie über den Erlass oder die Minderung der Gebühr in
Härtefällen.
In § 1 der hierauf beruhenden Hessischen Immatrikulationsverordnung ist
demzufolge vorgesehen, dass die Hochschule über Studienguthaben,
Gebührenpflicht und Härtefallanträge entscheidet. Nach § 10 Abs. 3 HImmaVO
erfolgten die Berechnung des Studienguthabens und die Feststellung der
Gebührenpflicht für die Rückmeldung zum Sommersemester 2004 in einem
gesonderten, von der Hochschule festzulegenden Verfahren. Für die
Vergangenheit können gemäß § 6 Abs. 4 HImmaVO unter bestimmten
Voraussetzungen noch Gründe für ein Teilzeitstudium oder eine Beurlaubung ab
dem Sommersemester 1999 zur Erhöhung des Studienguthabens um bis zu vier
Semestern geltend gemacht werden. Die Hochschule kann gemäß § 6 Abs. 3 S. 1
HImmaVO die Gebühr auf Antrag stunden, mindern oder erlassen, wenn die
Erhebung eine unbillige Härte darstellt. In § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 3 HImmaVO sind
Regelbeispiele unbilliger Härten wie studienzeitverlängernde Auswirkungen einer
Behinderung, chronischen Erkrankung oder Folgen als Opfer einer schweren
Straftat sowie eine wirtschaftliche Notlage in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum
letzten Abschnitt der Abschlussprüfung aufgeführt.
Die Vorschriften des Studienguthabengesetzes in Verbindung mit der Hessischen
Immatrikulationsverordnung sind mit höherrangigem Recht, insbesondere dem
Grundgesetz und der Hessischen Landesverfassung vereinbar, wie das
Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, und zwar in Übereinstimmung mit
allen hessischen Verwaltungsgerichten (vgl. VG Gießen, Urteil vom 16. März 2006
– 3 E 5843/04 – juris Rdnr. 27 m. w. N.) und der ober- und höchstrichterlichen
Rechtsprechung, vor allem zu den baden-württembergischen
Langzeitstudiengebühren (vgl. Bad.-Württ. VGH, Urteil vom 6. April 2000 – 2 S
1860/99 – DVBl. 2000 S. 1782 ff. = juris; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C
8.00 - BVerwGE 115 S. 32 ff. = DVBl. 2002 S. 60 ff. = NVwZ 2002 S. 206 ff. = juris
Rdnrn. 12 ff.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. März
2006 - 1 BvR 1750/01 - juris Rdnrn. 22 ff.).
Mit der Einführung der Studiengebühr hat der Landesgesetzgeber in Hessen nicht
die ihm nach Art. 70 Abs. 1 GG eingeräumte und durch bundesgesetzliche
Rahmenvorschriften nicht beschränkte Gesetzgebungskompetenz für das
Hochschulrecht überschritten. Ein Verstoß gegen die grundgesetzliche
Finanzverfassung in ihrer Schutz- und Begrenzungsfunktion (Art.105 ff. GG) ist mit
der Auferlegung dieser Abgabe nicht-steuerlicher Art ebenfalls nicht gegeben (vgl.
Bad.-Württ. VGH, Urteil vom 6. April 2000 a.a.O., juris Rdnr. 39; demgegenüber
BVerfG, Urteil vom 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. - BVerfGE 108 S. 1 ff. = DVBl.
2003 S. 993 ff. = NVwZ 2003 S. 715 ff. = juris Rdnrn. 46 ff. zur
Verfassungswidrigkeit der bad.-württ. Rückmeldegebühr). Die Studiengebühr für
das Langzeitstudium ist nicht nur ihrer Bezeichnung nach, sondern auch nach ihrer
Rechtsnatur eine Gebühr und keine verdeckte Steuer. Es handelt sich um eine
Benutzungsgebühr, mit der der mit der Einschreibung verbundene Vorteil für alle
Studierenden in jedem Semester (teilweise) abgegolten werden soll. Der Vorteil
besteht für diese Studierenden in der jederzeitigen und umfassenden
Berechtigung, das Ausbildungsangebot ihrer Hochschule zu nutzen (BVerwG, Urteil
vom 25. Juli 2001 a.a.O. juris Rdnr. 44; BVerfG, Beschluss vom 31. März 2006
a.a.O. juris Rdnr. 48). Die Studiengebühr dient weiterhin der Verhinderung der
missbräuchlichen Nutzung der mit dem Studentenstatus verbundenen sonstigen
Vorteile und der Entlastung der Hochschulen. Die Langzeitstudiengebühr soll einen
teilweisen Ausgleich der Kosten eines wenig zielführenden Studiums erzielen und
zugleich zu einer zielführenden Studiengestaltung anhalten. Die Höhe der Gebühr,
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zugleich zu einer zielführenden Studiengestaltung anhalten. Die Höhe der Gebühr,
die ganz erheblich unter den Kosten eines Studienplatzes an einer Hochschule
liegt, begegnet keinen Bedenken. Das Äquivalenzprinzip und auch das
Kostendeckungsprinzip sind gewahrt; es finden sich keine Anzeichen für ein grobes
Missverhältnis in der Höhe der erhobenen Gebühr im Vergleich zu dem mit ihr
abgegoltenen Vorteil. Das Äquivalenzprinzip ist nach ständiger Rechtsprechung
(erst) verletzt, wenn die Höhe der Gebühr und der Wert der Gegenleistung außer
Verhältnis stehen, weil diese für den Begünstigten wertlos ist, die Gebühr so hoch
festgesetzt ist, dass sie von der Inanspruchnahme der Gegenleistung
abzuschrecken geeignet ist oder erdrosselnd und damit prohibitiv wirkt. Dafür
findet sich vorliegend kein Anhalt.
Das von dem Kläger herangezogene Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
19. März 2003 (a.a.O.) ist nicht geeignet, einen Verfassungsverstoß der
hessischen Studiengebührenregelung aufzuzeigen, weil die dort
streitgegenständliche baden-württembergische Rückmeldegebühr eine andere
Fallkonstellation betraf. Diese Gebühr von 100,- DM wurde ausschließlich für die
Bearbeitung des Immatrikulations- und Rückmeldevorgangs als solchen von allen
Studierenden erhoben. Die Höhe der Gebühr überstieg die tatsächlichen Kosten
der Verwaltungsdienstleistung von etwa 8,- DM bei weitem. Wegen dieses groben
Missverhältnisses hat das Bundesverfassungsgericht die baden-württembergische
Regelung wegen eines Verstoßes gegen die bundesstaatliche Finanzverfassung für
nichtig erklärt, weil es der rechtstaatliche Grundsatz der Normenklarheit und -
wahrheit verbiete, andere mit der Einschreibung verbundene Studienvorteile
einzubeziehen. Diese würden durch die gleichzeitig eingeführte Studiengebühr
abgegolten. Gegen deren Verfassungsmäßigkeit hat es entgegen der Auffassung
des Klägers keine Bedenken geäußert, wie auch vorhergehend schon nicht das
Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 25. Juli 2001 (a.a.O.; vgl. auch VG
Gießen, Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. juris Rdnrn. 29 f.) und nachgehend nicht
das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 31. März 2006 (a.a.O).
Mit dem Studienguthabengesetz hat der hessische Gesetzgeber auch die
Grundsätze der Normenklarheit und -wahrheit nicht verletzt. Dem Wortlaut der
Bestimmungen des Studienguthabengesetzes, ihrer Systematik und der
Gesetzesbegründung ist klar zu entnehmen, was der Gesetzgeber mit der
Erhebung dieser Gebühren bezweckt. Er erhebt gerade nicht Gebühren für eine
bestimmte Verwaltungsleistung der Hochschulen, sondern will Vorteile bei der
Nutzung der Hochschuleinrichtungen - und diese teilweise - entgolten wissen.
Die tatsächlichen Kosten der einzelnen Studiengänge in Hessen wurden den
Hochschulen nach der Begründung des Gesetzentwurfs mit Beträgen zwischen
1960 € (pro Semester für Sozialwissenschaften an Universitäten) und 14.855 €
(pro Semester für Veterinärmedizin) vom Land erstattet (vgl. Begründung zum
Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Zukunftssicherungsgesetz vom 28.
Oktober 2003, LT-Drs. 16/861, S.17 f.). Für das Jahr 2007 ergibt sich ein
Durchschnittswert von 11.000 € Kosten für das Land Hessen pro Studierenden in
der Regelstudienzeit. Das Land Hessen wendet für einen Medizin-Studierenden
mehr als 150000 €, für Pharmazie-Studierende über 81000 €, für Pädagogik-
Studierende etwa 28.000 € und für BWL-Studierende fast 23.000 € für das
gesamte Studium auf (Angaben d. Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und
Kunst unter www.studienbeitraege.hessen.de ; vgl. VG Gießen, Urteil vom 16. März
2006 a.a.O. juris Rdnr. 32).
Dass der Landesgesetzgeber einheitliche (Langzeit-)Studiengebühren erhebt und
nicht nach kostengünstigen oder kostenintensiven Studiengängen oder
Fachsemestern differenziert, ist auch mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1
GG vereinbar. Er ist gehalten, in den Grenzen der Praktikabilität und
Wirtschaftlichkeit eine verhältnismäßige (Belastungs-)Gleichheit unter den
Gebührenpflichtigen zu suchen. Dabei ist eine Pauschalierung aus Gründen der
Verwaltungsvereinfachung zulässig (BVerwG, Urteil vom 20.12.2000 - 11 C 7.00 -
DVBl. 2001 S. 488 m.w.N.). Da die Studiengebühr in der vorgesehenen Staffelung
beginnend mit 500 € bei weitem nicht - wie bereits ausgeführt - die Kosten auch
eher günstiger Studiengänge abdecken, ähneln sie einer Grundgebühr (so
BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - a.a.O., juris Rdnr. 47).
Es widerspricht ihrem Gebührencharakter nicht, dass nach § 4 StuGuG die
Einnahmen aus den Gebühren dem Landeshaushalt zufließen und die
Hochschulen (unmittelbar) nur zehn vom Hundert der vereinnahmten Gebühren
erhalten. Damit sollen ihnen nur die Kosten der Umsetzung des
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erhalten. Damit sollen ihnen nur die Kosten der Umsetzung des
Studienguthabengesetzes pauschal erstattet werden (vgl. LT-Drs. 16/861, S. 18).
Der Gesetzgeber ist im Übrigen davon ausgegangen, dass die Hochschulen in
Hessen mit Beiträgen des Landes ausgestattet werden, die die
Gebühreneinnahmen bei weitem übersteigen, und er die Einnahmen deshalb im
Hinblick auf die Systematik der leistungsorientierten Mittelzuweisung und den
Hochschulpakt (zunächst) im Landeshaushalt vereinnahmen darf (LT-Drs. 16/861
S. 18). Das ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November
1995 - 2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93 - BverfGE 93 S. 319 ff. <348> = juris Rdnr.
153; Nds OVG, Urteil vom 29. Juni 2006 - 13 LC 356/04 - juris Rdnr. 50). Der
Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans ist entgegen dem
Einwand des Klägers nur dann berührt, wenn der Gesetzgeber Einnahme- und
Ausgabekreisläufe außerhalb des Budgets organisiert. Ein Blick auf die
Beitragsleistung des Landes Hessen in den vergangenen Jahren an die hessischen
Hochschulen (2003: 1.126, 8 Mio. €, 2004: 1.119,9 Mio. €, 2005 und 2006: 1.158,7
Mio. €, 2007: 1.191, 7 Mio. €, S. 2, Weißbuch-Präsentation des Hessischen
Ministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 15. Oktober 2007, einzusehen unter:
www.hmwk.hessen.de ) zeigt, dass in erheblichem Maße Mittel zugewiesen werden,
die die prognostizierten Einnahmen durch Studiengebühren nach dem
Studienguthabengesetz bei weitem übersteigen. Jedenfalls findet sich hier kein
Anhaltspunkt dafür, dass aus den Studiengebühren erzielte Einnahmen
zweckentfremdet im Landeshaushalt bewirtschaftet würden.
Dass die Studiengebühr auch zu anderen Zwecken als der Einnahmeerzielung
eingeführt worden ist, nämlich als Steuerungsinstrument für ein zielgerichtetes
Studium und als Hindernis für die missbräuchliche Ausnutzung der mit dem
Studentenstatus verbundenen sozialen Vergünstigungen, z.B.
Krankenversicherung, vergünstigte Fahrtmöglichkeit mit öffentlichen
Verkehrsmitteln (vgl. LT-Drs. 16/861, S.17), schließt ihre Qualifizierung als Gebühr
nicht aus. Der Gesetzgeber darf mit der Einführung von Gebühren auch lenkende
Zwecke verfolgen (BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001, a.a.O. juris Rdnr. 40; BVerfG,
Beschluss vom 31. März 2006 a.a.O. juris Rdnr. 42 m.w.N.), hier letztlich auch mit
dem Ziel, eine möglichst effiziente Nutzung der Lehrangebote und insofern auch
den effizienten Einsatz der zur Finanzierung der Hochschulen bereitgestellten
öffentlichen Mittel zu erreichen (vgl. LT-Drs. 16/861, S. 17).
Die Studiengebührenregelungen des Hessischen Studienguthabengesetzes sind
auch mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.
Das aus diesem Grundrecht in Verbindung mit Art. 3 GG und dem
Sozialstaatsprinzip herzuleitende Teilhaberecht ist nicht beeinträchtigt, weil das
Studienguthabengesetz jedenfalls ein Erststudium für die Dauer der
Regelstudienzeit zuzüglich drei bzw. vier Semestern von der Gebühr freistellt (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 31. März 2006 a.a.O. juris Rdnr. 25; BVerwG, Urteil vom 25.
Juli 2001 a.a.O. juris Rdnrn. 23 f.).
Soweit das Studienguthabengesetz in seiner Lenkungsfunktion wie eine
Berufsausübungsregelung in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG als
Abwehrrecht eingreift, ist es durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls
gerechtfertigt und verhältnismäßig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. März 2006
a.a.O. Rdnrn. 25 u. 26). Die Bestimmungen des Studienguthabengesetzes und der
Hessischen Immatrikulationsverordnung sollen nach dem Willen des
Landesgesetzgebers darauf hinwirken, dass wenig zielführende
Studiengestaltungen künftig unterbleiben und die Studierenden verstärkt
Anstrengungen unternehmen, um ihr Studium innerhalb des gebührenfreien
Zeitraums erfolgreich abzuschließen (LT-Drs. 16/861, S. 17). Dabei handelt es sich
um eine angemessene Steuerung des Ausbildungsverhaltens durch die
Gebührenregelung.
Dem Verwaltungsgericht ist darin beizupflichten, dass dem Gesetzgeber mildere,
gleichermaßen geeignete Mittel nicht zur Verfügung standen. Wenn der
Berufungskläger hierzu auf organisatorische Möglichkeiten innerhalb des
Studienbetriebs verweist, kann es sich dabei nur um hochschulinterne Angebote
handeln, die es auch bereits gibt. Die Beklagte führt in diesem Zusammenhang
zutreffend die Maßgabe der Regelstudienzeit für die Gestaltung der Studiengänge,
die Sicherstellung des Lehrangebots, die Gestaltung des Prüfungsverfahrens sowie
die Ermittlung der Ausbildungskapazitäten nach § 24 Abs. 2 HHG und die den
Hochschulen zugewiesene Aufgabe der Studienberatung (§ 18 HHG) an. Es ist
davon auszugehen, dass es hierdurch in einer Reihe von Fällen gelungen sein
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davon auszugehen, dass es hierdurch in einer Reihe von Fällen gelungen sein
mag, wenig zielführende Studiengestaltungen zu beeinflussen. Es ist aber
naheliegend und somit hinzunehmen, dass sich der Landesgesetzgeber, der im
Übrigen auch die Autonomie der Hochschulen und ihrer Mitglieder und
Angehörigen in Forschung und Lehre zu beachten hat (vgl. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG,
§§ 3, 4, 11 Abs. 2 Satz 1 HHG, dazu Hess. VGH, Urteil vom 23. Februar 1995 - 6
UE 652/93 - DVBl. 1995 S. 1362 ff. <1364> = juris Rdnrn. 118 f.), sich im Sinne
einer „flächendeckenden“ Effizienz zu abgabenrechtlichen Maßnahmen
entschlossen hat, die auf der einen Seite einen unmittelbaren Zufluss von Mitteln
in den Landeshaushalt bewirken und zum anderen alle Studierenden erreichen, die
durch Zeitablauf und ihre persönliche Studiengestaltung die Voraussetzungen für
die Inanspruchnahme erfüllen. Die Effizienz einer solchen Maßnahme ist gleichsam
sichergestellt, während Regelvorgaben oder Beratungsangebote ihre Adressaten
je nach persönlicher Voraussetzung höchst unterschiedlich ansprechen. Dabei ist
es ohne Belang, ob es sich um Langzeit- oder Zweitstudierende handelt, die sich
Gebühren nicht oder nur schwer leisten können, oder um wirtschaftlich „starke“
Studierende. Für jeden Studierenden besteht ein Kostenanreiz, sein Studium so
auszugestalten, dass die Gebührenpflicht minimiert oder sogar vermieden wird.
Das gilt auch noch für diejenigen Studierenden, deren Studienguthaben - wie im
Falle des Klägers - bei Inkrafttreten des Studienguthabengesetzes bereits
verbraucht war. Die Übergangsregelung des § 5 Abs. 2 StuGuG ermöglichte die
Rückerstattung entrichteter Gebühren, wenn bis zum Ablauf des Wintersemesters
2005/2006 das Studium, für das die Gebühr erhoben worden war, erfolgreich
abgeschlossen wurde.
Die von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragenen Lenkungszwecke
des Studienguthabengesetzes werden auch nicht mit unverhältnismäßigen Mitteln
verfolgt, weil den Studierenden ein angemessenes kostenfreies Erststudium
ermöglicht wird, die Gebühren im Verhältnis zu den gebotenen Vorteilen - wie oben
ausgeführt - nicht unangemessen hoch und für Härtefälle hinreichende
Regelungen getroffen sind. So können etwa Behinderungen oder Erkrankungen,
die Betreuung kleiner Kinder oder die Pflege naher Angehöriger, erforderliche
Erwerbstätigkeit oder wirtschaftliche Notlagen und belastende Gremienarbeit über
Beurlaubung und Teilzeitstudium bei der Berechnung oder dem Verbrauch des
gebührenfreien Studienguthabens gemäß § 2 Abs. 5 Satz 3 StuGuG, § 11 Abs. 1
und § 3 Abs. 2 bis 4 sowie § 6 Abs. 4 i.V.m. § 10 Abs. 3 HImmaVO oder durch einen
gesetzlichen Ausschluss von der Gebührenpflicht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 StuGuG
und schließlich durch eine Härtefallregelung gemäß § 6 Abs. 3 HImmaVO
berücksichtigt werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht
eine mit dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 1 GG vereinbare (unechte)
Rückwirkung der Studiengebührenpflicht angenommen. Es hat richtig erkannt,
dass es sich bei der an den Verbrauch des Studienguthabens durch das bisherige
Studium anknüpfenden Gebührenpflicht frühestens zum Sommersemester 2004
oder erst zu einem späteren Zeitpunkt nach dem Inkrafttreten des
Studienguthabengesetzes um eine grundsätzlich zulässige tatbestandliche
Rückanknüpfung handelt. Diese ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Anderes könnte nur angenommen werden, wenn ausgehend von rechtstaatlichen
Grundsätzen wie denen des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der
Verhältnismäßigkeit bei der gebotenen Abwägung zwischen dem enttäuschten
Vertrauen der Betroffenen und der Bedeutung der Neuregelung für das Wohl der
Allgemeinheit den Interessen der Betroffenen ein höheres Gewicht einzuräumen
wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 a.a.O. juris Rdrn. 51 m.w.N.; Hess. VGH,
Beschluss vom 5. Oktober 2007 – 8 UZ 428/07). Hierfür findet sich aber vorliegend
wegen der eindeutig überwiegenden Interessen des Gemeinwohls an einer raschen
und effizienten Durchsetzung der Studiengebührenpflicht kein Anhalt. Einerseits
konnte kein Studierender bei Inkrafttreten des Studienguthabengesetzes im
Dezember 2003 angesichts der knapper werdenden öffentlichen Mittel und der seit
längerem geführten politischen Diskussion über die Einführung von
Studiengebühren, die zudem in diesem Zeitpunkt bereits in mehreren anderen
Bundesländern erfolgt war (vgl. etwa das bad.-württ. Landeshochschulgesetz vom
5. Mai 1997), darauf vertrauen, ein überlanges, weit über die Regelstudienzeit
hinausgehendes Studium ohne eigenen Kostenbeitrag gebührenfrei auf Kosten der
Allgemeinheit fortführen und beenden zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli
2001 a.a.O. juris Rdnr. 53; VG Gießen, Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. juris Rdnr.
52). Das gilt entgegen dem klägerischen Einwand auch für die Verhältnisse im
Land Hessen, in dem die Langzeit- und Zweitstudiengebühren nach der 1992
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Land Hessen, in dem die Langzeit- und Zweitstudiengebühren nach der 1992
erfolgten Aufhebung des Gesetzes über Unterrichtsgeld- und Lernmittelfreiheit
(GUL) unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung in den anderen Ländern zur
Ausgestaltung des Grundrechts aus Art. 59 Abs. 1 Satz 1 der Hessischen
Verfassung - HV - lediglich wieder eingeführt worden sind (LT-Drs. 16/861 S. 15).
Andererseits hatte der Landesgesetzgeber im Interesse der Überzeugungskraft
der beabsichtigten verhaltenslenkenden Wirkung und angesichts einer Zahl von
etwa 17.000 Langzeitstudierenden an Hessischen Hochschulen im
Sommersemester 2004 (vgl. VG Gießen, Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. juris
Rdnr. 53 m.w.N.) ein berechtigtes Interesse daran, auch diesen Personenkreis
durch ein baldiges Inkrafttreten des Studienguthabengesetzes mit einer
Anknüpfung an absolvierte Studienzeiten zu einem möglichst zügigen
Studienabschluss zu bewegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 a.a.O. juris
Rdnr. 52).
Die dazu im Studienguthabengesetz in Verbindung mit der Hessischen
Immatrikulationsverordnung getroffenen rückwirkenden Bonus-, Übergangs- und
Härtefallregelungen sind bei der in diesem Zusammenhang gebotenen
Gesamtschau (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 2007 - 1 BvR 1325/05 - S. 12
des Beschlussabdrucks) so angemessen und ausreichend, dass unter
Berücksichtigung des gesetzgeberischen Entscheidungsspielraums auch unter
rechtsstaatlichen Gesichtspunkten eine Verpflichtung zu weitergehenden
Vergünstigungen nicht bestand.So berücksichtigt die Festsetzung des
Studienguthabens für ein gebührenfreies Erststudium gemäß § 2 Abs. 1 StuGuG
durch den Zuschlag von etwa 50 % der Regelstudienzeit bereits einen Spielraum
für die persönliche Studiengestaltung einschließlich eventueller Erwerbstätigkeit
(vgl. LT-Drs. 16/861 S. 15). Bei einem vorangegangenen Studienwechsel können
gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 HImmaVO i.V.m. § 6 Abs. 1 StuGuG zwei Semester
gutgeschrieben werden. Frühere Urlaubssemester, etwa wegen Erkrankungen,
Pflege naher Angehöriger oder Gremienarbeit (vgl. § 67 Abs. 2 HHG a.F.), werden
gemäß § 2 Abs. 5 Satz 3 StuGuG berücksichtigt. Selbst wenn in der Vergangenheit
ein Antrag auf Beurlaubung oder ein Teilzeitstudium (vgl. § 65 HHG a.F.) nicht
gestellt worden war, konnten bei der Festsetzung des Studienguthabens zum
Sommersemester 2004 entsprechende Gründe, wie etwa Erkrankungen,
Berufstätigkeit, Betreuung naher Angehöriger oder Gremienarbeit, ab dem
Sommersemester 1999 unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 3
Satz 1, § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 i.V.m. §§ 3 und 11 HImmaVO und § 6 Abs. 1 Nr. 2
StuGuG zu einer weiteren Erhöhung des Studienguthabens um bis zu vier
Semester führen. Soweit der Kläger insoweit eine Ungleichbehandlung gegenüber
der Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO geltend macht, die eine Anrechnung
für die Zukunft bis zu einer Streckung des Studienguthabens auf die doppelte
Regelstudienzeit zulässt, ist dem - abgesehen von der Rechtfertigung einer
Differenzierung durch den in die Zukunft gerichteten gesetzlichen Lenkungszweck
- entgegen zu halten, dass die rückwirkende Erhöhung des Studienguthabens um
vier Semester angesichts des Grundzuschlags von drei bzw. vier Semestern
jedenfalls insgesamt auch etwa zur Verdoppelung der Regelstudienzeit führte. Die
rückwirkende Berücksichtigung dieser Gründe ohne frühere Antragsstellungen
stellte zudem ein die Übergangsphase berücksichtigendes gesetzliches
Entgegenkommen dar und die Gründe für eine Beurlaubung oder ein
Teilzeitstudium waren aus praktischen Gründen auch nicht uneingeschränkt für die
Vergangenheit überprüfbar. Auch unter Einbeziehung dieser rückwirkenden
Bonusregelungen erscheint die Übergangsvorschrift des § 5 StuGuG ausreichend.
Danach traf die recht kurze Übergangszeit zwischen dem Inkrafttreten des
Studienguthabengesetzes im Dezember 2003 und dem Beginn der
Langzeitstudiengebührenpflicht im Sommersemester 2004 nur solche
Studierende, die weder bei Inkrafttreten des Gesetzes im Wintersemester
2003/2004 noch im Sommersemester 2004 über ein restliches Studienguthaben
verfügt hätten oder verfügten, also schon im Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Studienguthabengesetzes im Dezember 2003 ein Studium über eine Dauer von
etwa 1 ½ Regelstudienzeiten ohne berücksichtigungsfähige persönliche
Besonderheiten, wie etwa einen früheren Studienwechsel oder Gründe für
Beurlaubung oder Teilzeitstudium, absolviert hatten. Selbst diesen wurde durch § 5
Abs. 2 StuGuG noch im Sinne der gesetzgeberischen Lenkungsziele die
Möglichkeit eingeräumt, ihr Studium unter Inanspruchnahme weiterer fünf
Semester, also insgesamt innerhalb eines Zeitraums von etwa mehr als der
doppelten Regelstudienzeit bis zum Ablauf des Wintersemesters 2005/2006
erfolgreich mit der Folge abzuschließen, dass ihnen die entrichteten
Langzeitstudiengebühren zurückerstattet wurden.
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Ob das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 30. April 2007 (a.a.O.
S. 14 des Beschlussabdrucks) Bedenken gegen diese Übergangsfrist auch deshalb
geäußert hat, weil es an dieser Stelle unzutreffend von einer Frist lediglich bis zum
Wintersemester 2004/2005 ausgegangen ist, kann dahinstehen, weil es damit
lediglich begründet hat, dass diese Frage nicht in einem
Prozesskostenhilfeverfahren hätte „durchentschieden“ werden dürfen, während
der Senat vorliegend die gebotene Gesamtabwägung unter Einbeziehung des
anwaltlichen Vorbringens des Klägers vornimmt. Im Rahmen dieser
Gesamtwürdigung ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Gebühren für diese
letzte Übergangsfrist ggf. von den Studierenden zwischenfinanziert werden
mussten, zumal in Ausnahmefällen nach § 3 Abs. 1 S. 2 StuGuG eine
Gebührenfreistellung und in Härtefällen eine Billigkeitsregelung nach § 6 Abs. 3
HImmaVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 StuGuG vorgesehen war, die etwa auch durch
eine Gebührenstundung bis zum rechtzeitigen Studienabschluss erfolgen konnte.
Die mit dem Studienguthabengesetz in Hessen wieder eingeführte Langzeit- und
Zweitstudiengebühr ist auch mit Art. 59 HV vereinbar. Hier ist auf die
Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofs zu § 2 Abs. 1 und 2 des
Gesetzes über Unterrichtsgeldfreiheit und Lernmittelfreiheit und
Erziehungsbeihilfen - GULE - vom 30. Mai 1969 (GVBl. I, S. 114) zu verweisen, das
insoweit als Vorgängerregelung des Studienguthabengesetzes angesehen werden
kann (vgl. LT-Drs. 16/861, S. 15).
In seinem Urteil vom 1. Dezember 1976 (P.St. 812 - RdJB 1977 S. 225 ff. = juris)
hat der Staatsgerichtshof unter Verweis auf die bundesverfassungsgerichtliche
Rechtsprechung zu Art. 12 Abs. 1 GG als Teilhaberecht (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.
Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u. 25/71 - BVerfGE 33 S.
303 <333 f.>) in verfassungs-konformer Auslegung ermittelt, was der einzelne
vom Staat im Rahmen des Art. 59 HV vernünftigerweise als Studienförderung
erwarten und verlangen könne, nämlich eine Unterrichtsgeldfreiheit für die Dauer
eines Studiums, das in einer dem Studienfach angemessenen Zeit abgewickelt
werde. Eine solche Begrenzung sei gerade unter Beachtung des Art. 59 Abs. 1
Satz 1 HV als eines sozialen Grundrechts zweckmäßig, notwendig und zumutbar.
Die zeitlich unbegrenzte Unterrichtsgeldfreiheit entspreche nicht dem
Wesensgehalt des Art. 59 Abs. 1 Satz 1 HV und sei nicht vertretbar (a.a.O., juris
Rdnr. 60). Der Staatsgerichtshof hat die Festlegung des
gemeinschaftsgebundenen Grenzbereichs durch den Gesetzgeber, der den Fortfall
der Unterrichtsgeldfreiheit für Studierende bestimmt, die den Abschluss ihres
Studiums unangemessen hinauszögern, als Verwirklichung und nicht als
Einschränkung oder nähere Ausgestaltung des gemeinschaftsbezogenen
Grundrechts angesehen (a.a.O., juris Rdnr. 59). Das aber gilt auch für die
Studiengebühr nach dem Studienguthabengesetz, das eine der unbestimmten
Vorschrift des § 2 GULE entsprechende, allerdings differenziertere Regelung trifft.
Insofern geht mangels einer Einschränkung oder Ausgestaltung des Grundrechts
aus Art. 59 HV auch - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - der Hinweis des
Klägers auf eine mögliche Verletzung des sog. Zitiergebotes nach § 63 HV bzw.
Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG fehl. Dazu hat schon der Staatsgerichtshof in seinem
Urteil vom 1. Dezember 1976 (a.a.O. juris Rdnr. 69) ausdrücklich ausgeführt, der
Gesetzgeber sei hier von Art. 63 Abs. 2 HV befreit, weil Art. 59 HV keinen echten
Gesetzvorbehalt enthalte, denn Art. 63 HV stelle die besonderen Erfordernisse nur
für die Fälle des echten Gesetzesvorbehaltes auf. Wenn demgegenüber in § 11
HStubeiG nun die Ausgestaltung des Art. 59 Abs. 1 HV durch das Hessische
Studienbeitragsgesetz zum Ausdruck kommt, mag dieses seine Begründung darin
finden, dass im Unterschied zum vorhergehenden Studienguthabengesetz gerade
kein gebührenfreies Studienguthaben mehr gewährt wird. Jedenfalls ist vorliegend
keine Verletzung dieses Gebots ersichtlich, das nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts sicherstellen soll, dass nicht neue, dem bisherigen
Recht fremde Möglichkeiten des Eingriffs in Grundrechte geschaffen werden, ohne
dass der Gesetzgeber sich darüber Rechenschaft ablegt und dies ausdrücklich zu
erkennen gibt; denn es findet keine Anwendung auf solche Gesetze, die - wie hier -
bereits geltende Grundrechtsbeschränkungen unverändert oder mit geringen
Abweichungen wiederholen (so BVerfG, Beschluss vom 30. Mai 1973 – 2 BvL 4/73 -
BVerfGE 35, 185 <188> = juris Rdnr. 14 m.w.N.).
Die Studiengebühr nach dem Hessischen Studienguthabengesetz begegnet auch
keinen Bedenken aus völkerrechtlicher Sicht, die im Übrigen vom Kläger nicht
geltend gemacht worden sind. Diese Regelung verstößt weder gegen den
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geltend gemacht worden sind. Diese Regelung verstößt weder gegen den
Internationalen Pakt vom 19. Dezember 1966 (BGBl. II 1973, S. 1569) über
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR), noch stehen Verpflichtungen
nach der Europäischen Sozialcharta (BGBl.II 1964, S. 1261) entgegen (vgl. VGH
Bad.-Württ., Urteil vom 6. April 2000 a.a.O. juris Rdnrn. 86 ff.; BVerwG, Urteil vom
25. Juli 2001 a.a.O. juris Rdnrn. 55 ff.; OVG NW, Urteil vom 10. Oktober 2007 - 15 A
1596/07- juris Rdnrn. 29 ff.).
Die Beklagte hat unter Anwendung der danach wirksamen Vorschriften des
Studienguthabengesetzes in dem Verfahren gemäß § 10 Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1
Satz 2 HImmaVO zur Rückmeldung des Klägers zum Sommersemester 2004 mit
den angefochtenen Bescheiden ausgehend von einem Studienguthaben gemäß §
2 Abs. 1 StuGuG von 14 Semestern und einer Studiendauer von 38
Hochschulsemestern zu Recht eine Studiengebühr von 500 € festgesetzt.
Dabei konnte sie in ihrem Widerspruchsbescheid vom 3. August 2004 nach Sinn
und Zweck des das Grundrecht aus Art. 59 HV verwirklichenden
Studienguthabengesetzes von der Regelstudienzeit des Magisterstudiums
Politologie von 10 Semestern ausgehen, obwohl für das entsprechende
Promotionsstudium des Klägers nach der zum 31. März 1996 ausgelaufenen
Promotions-Ordnung zur Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie vom
12. Juli 1967 (ABl. 1968 S. 365 ff.) – PromO – eine Regelstudienzeit nicht
festgesetzt war.
Entgegen dem Klägervortrag, zum Zeitpunkt der Aufnahme seines
Politologiestudiums sei die Promotion der einzig mögliche Studienabschluss
gewesen, ergibt sich aus der Begründung des Widerspruchsbescheides, dass das
Studium der Politologie nach damals geltendem Recht grundsätzlich ein
Magisterstudium und das Promotionsstudium lediglich ein zusätzliches Angebot
gewesen sei; dafür spricht auch das vom Kläger im Verwaltungsverfahren
eingereichte Informationsschreiben des Fachbereichs 3 vom 17. November 1995
zum bevorstehenden Auslaufen der Promotions-Ordnung, in dem neben einem
Fristverlängerungsantrag für die Dissertationseinreichung ersatzweise auch ein
Wechsel in den Magisterstudiengang empfohlen wird. Da für den zum 31. März
1996 ausgelaufenen Promotionsstudiengang eine Regelstudienzeit nicht (mehr)
festgesetzt worden war, konnte die Beklagte bei der Berechnung des
Studienguthabens des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 StuGuG i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 1
und § 4 HImmaVO von der Regelstudienzeit des parallelen Magisterstudiengangs
ausgehen, denn das Studienguthaben dient der Konkretisierung der
angemessenen Dauer des nach § 59 Abs. 1 HV allein garantierten gebührenfreien
Erststudiums, während eine zeitlich unbegrenzte „Unterrichtsgeldfreiheit“ dem
Wesensgehalt dieses Grundrechts nicht entspräche und auch nicht vertretbar wäre
(vgl. StGH, Urteil vom 1. Dezember 1976 a.a.O. juris Rdnr. 60). Dass damit eine
angemessene Studiendauer zugrunde gelegt worden ist, ergibt sich auch aus § 2
Nr. 2 PromO und § 31 Abs. 1 Satz 2 HHG, wonach Voraussetzung für die
Zulassung zum Promotionsverfahren u.a. ein ordnungsgemäßes und gründliches
Fachstudium bzw. (in der Regel) ein abgeschlossenes Hochschulstudium mit einer
Regelstudienzeit von mindestens 8 Semestern ist.
Entgegen seiner Auffassung befindet sich der Kläger auch nicht in einem
Promotionsstudium, das nach § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StuGuG von der
Gebührenerhebung ausgenommen ist. Der Kläger hatte zwar ein Studium
aufgenommen, das gemäß der seinerzeit gültigen Promotions-Ordnung vom 12.
Juli 1967 als Abschluss nur die Möglichkeit einer Promotion vorsah. Hierbei handelt
es sich indes um ein grundständiges Studium zur Erlangung eines ersten
berufsqualifizierenden Abschlusses, das der Gesetzgeber ersichtlich nicht mit der
Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StuGuG erfassen will und, worauf die
Beklagte in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat, bei der
Formulierung des Gesetzes im Jahre 2003 nicht regeln wollte; denn diese
Promotions-Ordnung war seit 1996 ausgelaufen. Den Gesetzesmaterialien zu § 3
StuGuG (LT-Drs. 16/861, S. 16, 17) ist zu entnehmen, dass ein Promotionsstudium
im Sinne dieser Vorschrift nur dann gegeben ist, wenn sich dieses an ein erstes
berufsqualifizierendes Studium mit Abschluss anschließt (vgl. a. Hess. VGH,
Beschluss vom 8. September 2005 - 5 TP 1805/05 - S. 4 d. amtl. Umdrucks). Der
Kläger befindet sich auch nach seinen eigenen Darlegungen nach wie vor in einem
ersten grundständigen Studium, das er nicht abgeschlossen hat. Dass er das
Studium unter anderen Bedingungen aufgenommen hat als denjenigen, die
inzwischen Gültigkeit haben, verändert an dieser Bewertung nichts. Die
Veränderung der Studienbedingungen unterliegt der wissenschaftlichen
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Veränderung der Studienbedingungen unterliegt der wissenschaftlichen
Autonomie der Hochschule bzw. der jeweiligen Fakultät, die Abgabebedingungen
der Dissertation den diesbezüglichen Vorgaben des betreuenden
Hochschulprofessors. Danach mag es weiterhin möglich sein, dass der Kläger sein
(Erst-) Studium mit einer Promotion abschließen können wird. So hat er in der
mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass ihm nunmehr eine Abgabe der
Dissertation noch bis 2008 ermöglicht worden sei. Dieses hat aber keinen Einfluss
auf seine Gebührenpflichtigkeit wegen Langzeitstudiums.
Schließlich ist das Verwaltungsgericht entgegen der Auffassung des Klägers
zutreffend davon ausgegangen, dass die von ihm geltend gemachten
Härtefallgründe für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gebührenfestsetzung
und damit für die Begründetheit der Anfechtungsklage unerheblich, diese vielmehr
in einem gesonderten, selbständigen Verfahren geltend zu machen sind (vgl.
BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 a.a.O. juris Rdnr. 58 m.w.N.). Die Stundung, die
Minderung oder der Erlass der Gebühr wegen einer unbilligen Härte gemäß § 6
Abs. 3 HImmaVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 StuGuG setzen schon begrifflich das
Bestehen einer Gebührenpflicht und verfahrensmäßig ausdrücklich einen Antrag
des/der Studierenden voraus, so dass das Nichtvorliegen solcher Härtegründe
nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Gebührenfestsetzung ist.
Die Berufung des Klägers bleibt auch hinsichtlich des dementsprechend hilfsweise
auf Neubescheidung seines Härtefallantrags gerichteten Verpflichtungsbegehrens
gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO ohne Erfolg.
Obwohl das Verwaltungsgericht auf Grund des Klageantrags und der
Klagebegründung des Bevollmächtigten des Klägers allein von einer
Anfechtungsklage gegen die Gebührenfestsetzung ausgegangen und deshalb
über dieses Verpflichtungsbegehren nicht entschieden hat, ist es Gegenstand des
Berufungsverfahrens geworden, weil das Verwaltungsgericht insoweit kein Teilurteil
gemäß § 110 VwGO erlassen, sondern den erstinstanzlichen Streitgegenstand
verfahrensfehlerhaft nicht voll ausgeschöpft hat (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom
26. November 1997 - 14 UE 4076/97 - juris Rdnr. 14). Der Kläger hat zwar in
seinem Widerspruchsschreiben vom 26. Mai 2004 den Bezug von Sozialhilfe auf
Grund seiner körperlichen Behinderung zunächst nur zur Abwehr des
Gebührenfestsetzungsbescheides angeführt, aber auch schon auf die
Unpfändbarkeit seiner Sozialhilfe hingewiesen; jedenfalls mit seinem ergänzenden
Schreiben vom 26. Juni 2004 hat er sich insoweit ausdrücklich auf die Möglichkeit
berufen, dass die Gebühren aus sozialen Härtegründen wie z.B. geringes
Einkommen erlassen werden könnten, so dass ein Erlassantrag vorlag.
Dementsprechend hat die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 3. August
2004 in einem die Begründung abschließenden eigenen Absatz eine
Härtefallregelung ausdrücklich wegen des Nichtvorliegens der
Tatbestandsmerkmale des § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und 3 HImmaVO abgelehnt, so
dass darin ein Ablehnungsbescheid hinsichtlich dieses Härtefallantrags zu sehen
ist. Da sich der Kläger in seiner persönlichen Klageerhebung nur gegen den
Widerspruchsbescheid als solchen gewandt und mit der Klagebegründung seines
Bevollmächtigten auch Härtefallgesichtspunkte geltend gemacht hat, ist auch
unter Berücksichtigung des Art. 19 Abs. 4 GG der mit dem Widerspruchsbescheid
abgelehnte Billigkeitserlass Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens
geworden.
Die auf Neubescheidung gerichtete Verpflichtungsklage hat aber auch im
Berufungsverfahren keinen Erfolg.Es ist schon fraglich, ob sie zulässigerweise ohne
Durchführung eines Vorverfahrens gemäß 68 Abs. 2 VwGO erhoben werden
konnte. Zwar wird in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als Folge
der dem § 75 VwGO entsprechenden Verknüpfung zwischen behördlichem
Verwaltungs- und gerichtlichem Klageverfahren eine Widerspruchseinlegung in der
Klageerhebung gesehen, allerdings nur, wenn diese schon gemäß § 75 VwGO
zulässig erhoben wird (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. März 1973 - 4 C 2.72 -
BVerwGE 42 S. 108 <114>), also vor Erlass eines Ablehnungsbescheides.
Dennoch könnte hier wiederum im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG ein Vorverfahren
in Anlehnung an § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO und wegen der allein die
Klagemöglichkeit anführenden Rechtsmittelbelehrung des Widerspruchs- (und
Ablehnungs-) Bescheides für entbehrlich gehalten werden.
Diese Frage bedarf aber keiner endgültigen Entscheidung, denn die
Verpflichtungsklage ist jedenfalls gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO
unbegründet.Die Beklagte hat den Härtefallantrag des Klägers rechtmäßig
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unbegründet.Die Beklagte hat den Härtefallantrag des Klägers rechtmäßig
abgelehnt, weil sein Vorbringen keine unbillige Härte gemäß § 6 Abs. 3 HImmaVO
erkennen lässt und auch keinen Anlass zu einer weiteren behördlichen Prüfung bot
(vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 3. September 2007 - 8 TP 1506/07 - S. 5 des
Beschlussabdrucks m.w.N.).
Die Beklagte hat das Vorliegen des Regelbeispiels einer wirtschaftlichen Notlage
gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 HImmaVO trotz des Sozialhilfebezuges des Klägers
zutreffend verneint, weil er sich - wie dort weiter vorausgesetzt wird - nicht in
unmittelbarer zeitlicher Nähe zum letzten Abschnitt der Abschlussprüfung
befindet, denn er hat bis heute seine Dissertation noch nicht eingereicht. Die
Beklagte hat auch zutreffend das Regelbeispiel einer unbilligen Härte wegen
studienzeitverlängernder Auswirkungen einer Behinderung oder chronischen
Erkrankung des Studierenden nach Nr. 1 dieser Vorschrift abgelehnt. Der Kläger
hat seine Erkrankung im Verwaltungsverfahren lediglich in seinem
Widerspruchsschreiben vom 26. Mai 2004 erwähnt, allerdings nicht als
studienzeitverlängernd, sondern als Grund für seinen Sozialhilfebezug.
Aus § 6 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO mit seinem Antragserfordernis, und der
Voraussetzung besonderer Umstände des Einzelfalls für eine unbillige Härte sowie
aus der ausdrücklich in Satz 3 eingeräumten Befugnis der Hochschule, geeignete
Nachweise zu verlangen, ist ersichtlich, dass der Antragsteller die für die Annahme
einer unbilligen Härte sprechenden Umstände seines Einzelfalls mit seinem Antrag
so detailliert und nachvollziehbar darlegen, glaubhaft machen oder belegen muss,
dass die Hochschule nicht den gesamten Sachverhalt von sich aus ermitteln
muss, sondern in die Lage versetzt wird, allenfalls noch einzelne geeignete
Nachweise ergänzend anfordern zu müssen. Die Beklagte hat den Antrag des
Klägers hinsichtlich seiner gesundheitlichen Behinderungen dementsprechend
schon mangels Erfüllung dieser Anforderungen zu Recht abgelehnt, ohne dass sie
weitere Ermittlungen hätte anstellen müssen.
Ihr Hinweis auf seine vierfache Überschreitung der Regelstudienzeit deutet zudem
auf berechtigte Zweifel daran hin, dass allein seine Erkrankungen in einem
solchem Maße studienzeitverlängernde Auswirkungen gehabt haben könnten. Eine
andere Beurteilung würde sich auch nicht aus der Berücksichtigung seines Klage-
und insbesondere Berufungsvorbringens ergeben, weil es zum einen an einer
substantiierten und belegten Darstellung für die gesamte sein Studienguthaben
überschreitende Studiendauer fehlt. Die ihm jeweils vom Promotionsausschuss
gewährte Fristverlängerung für die Dissertationseinreichung, deren Beantragung
den Promotionsstudierenden in dem Informationsschreiben des Fachbereichs 3
vom 17. November 1995 angeraten worden war und die wohl auch im
wissenschaftlichen Interesse an der Fertigstellung seiner Forschung gewährt
worden sein dürfte, ist für sich gesehen nicht ausreichend, einen das Regelbeispiel
des § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HImmaVO ausfüllenden „Schicksalsschlag“ (vgl. LT-
Drs. 16/861 S. 19) zu belegen.
Zwar schließt das danach anzunehmende Nichtvorliegen eines Regelbeispiels auch
für seinen Regelungsbereich die Anwendbarkeit des allgemeinen
Härtetatbestandes nach § 6 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO nicht von vornherein aus, die
Regelbeispiele bieten aber insoweit eine Auslegungshilfe dahingehend, dass eine
vergleichbar belastende Situation vorliegen muss (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom
3. September 2007 a.a.O.); auch dafür bestanden und bestehen beim Kläger keine
hinreichenden Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11,
711 ZPO in Verbindung mit § 167 VwGO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2
VwGO). Das Studienguthabengesetz ist ausgelaufenes Recht. Die Regelungen im
Hessischen Studienbeitragsgesetz über Langzeitstudienbeiträge sind auch
hinsichtlich der Übergangs- und Härtefallregelungen nicht identisch und befinden
sich in einem anderen rechtlichen und tatsächlichen Regelungszusammenhang.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.
die obersten Bundesgerichte erfolgt.