Urteil des HessVGH vom 13.09.2001

VGH Kassel: amnesty international, illegale ausreise, china, wahrscheinlichkeit, mitgliedschaft, regierung, zahl, strafbarkeit, gefährdung, mitarbeit

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
8. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 UZ 944/00.A
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 78 Abs 3 Nr 1 AsylVfG
1992, § 78 Abs 4 S 4
AsylVfG 1992
(Grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage; hier: für
neue Gutachten zu China abgelehnt)
Gründe
Der noch innerhalb der Zweiwochenfrist gemäß § 78 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AsylVfG
am 2. März 2000 per Fax beim Verwaltungsgericht eingegangene Antrag auf
Zulassung der Berufung gegen das am 17. Februar 2000 zugestellte Urteil des
Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 1999 ist abzulehnen,
weil der Kläger in seinem Antragsschreiben vom 2. März 2000 den allein geltend
gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache
gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4
Satz 4 AsylVfG entsprechenden Weise dargelegt hat.
Die von ihm aufgeworfenen Fragen,
1. ob einem illegal aus China ausgereisten Chinesen bei einer Rückkehr nach China
mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Freiheitsstrafe droht, wenn er sich in
Deutschland durch die aktive Mitgliedschaft in der ADC und der Teilnahme an
mehreren Demonstrationen gegen die chinesische Regierungspolitik exilpolitisch
engagiert hat,
2. ob die Verhängung eines Strafgeldes oder einer Geldbuße wegen einer illegalen
Ausreise aus China in Verbindung mit einem exilpolitischen Engagement als eine
asylrechtlich relevante Maßnahme politischer Verfolgung anzusehen ist,
sind für die vom Kläger mit seinem uneingeschränkten Zulassungsantrag nach wie
vor begehrte Anerkennung als Asylberechtigter schon mangels einer im
Heimatstaat vorhandenen und erkennbar betätigten entsprechenden
Überzeugung "unbeachtlich" (vgl. den vorletzten Absatz auf Seite 6 der
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils) und wären deshalb in einem
Berufungsverfahren insoweit schon nicht klärungsfähig.
Im Übrigen, d.h. hinsichtlich der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1
AuslG und des Bestehens von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG, hat
der Kläger ihre grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt.
Die vom ihm aufgeworfenen Tatsachenfragen sind in dem angefochtenen
verwaltungsgerichtlichen Urteil in Übereinstimmung mit der einhelligen und
gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung im verneinenden Sinne beantwortet
worden, wonach eine beachtliche Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung eines
chinesischen Rückkehrers nach illegaler Ausreise, Asylantragstellung im Ausland
und nicht besonders herausgehobener exilpolitischer Betätigung als einfaches
Mitglied der ADC/FDC und als bloßer Teilnehmer an Demonstrationen und
Protestaktionen nicht anzunehmen ist (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 27. Juli 1995 -
A 4 S 15/94 - juris; Bay. VGH, Beschluss vom 9. August 1995 - 2 BA 95.32963 -
BayVBl. 1996 S. 671 = juris; OVG Koblenz, Urteil vom 13. Dezember 1995 - 11 A
13385/95 - juris, Beschlüsse vom 26. August 1997 - 11 A 12080/97 - juris, vom 25.
Januar 2000 - 11 A 12211/99.OVG - juris, und vom 26. Juni 2001 - 10 A
10362/01.OVG - juris ; OVG Saarlouis, Urteil vom 19. Mai 1999 - 9 R 22/98 -
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10362/01.OVG - juris ; OVG Saarlouis, Urteil vom 19. Mai 1999 - 9 R 22/98 -
juris; OVG Lüneburg, Urteil vom 19. September 2000 - 11 L 2068/00 - juris; VGH
Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 1998 - A 6 S 3271/96 - juris; OVG NW, Urteile vom
26. Juni 1997 - 1 A 1402/97.A - und vom 24. April 1998 - 1 A 1399/97.A - jeweils
juris, Beschlüsse vom 11. Januar 1999 - 1 A 101/97.A -, 28. September 1999 - 1 A
1955/97.A -, 26. Januar 2000 - 1 A 296/00.A - und vom 5. Februar 2001 - 1 A
1713/00.A - jeweils juris , sowie Urteil vom 22. Mai 2001 - 15 A 1139/97.A -
juris ).
Das Vorbringen des Klägers in seinem Zulassungsantrag bietet keinen Anlass,
diese Frage auch noch durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof einer
(weiteren oder erneuten) Klärung in einem Berufungsverfahren zuzuführen.
Der Umstand, dass das angerufene Berufungsgericht - wie hier - eine bestimmte
Rechts- oder Tatsachenfrage noch nicht in einem Berufungsverfahren geklärt hat,
reicht für die Bejahung einer Klärungsbedürftigkeit allein nicht aus (vgl. Hess. VGH,
Beschluss vom 22. Juli 1994 - 13 UZ 1952/94 - juris; OVG NW, Beschluss vom 9.
August 2000 - 11 A 2370/00.A - juris). Der Antragsteller hat vielmehr auch in
diesem Fall darzulegen, warum die Frage aus Gründen der einheitlichen
Rechtsanwendung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer Klärung durch das
angerufene Obergericht bedarf.
Es sprechen gewichtige Gesichtspunkte dafür, dass es an einer hinreichenden
Darlegung in diesem Sinne hier schon deshalb fehlt, weil sich der Kläger in seinem
Zulassungsantrag mit der obigen einhelligen und gefestigten obergerichtlichen
Rechtsprechung nicht auseinandergesetzt hat, die die von ihm aufgeworfenen
Fragen bereits gerichtlich geklärt hat. Es erscheint nämlich gerechtfertigt, eine
vereinheitlichende Wirkung der Rechtsprechung der
Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe nicht nur hinsichtlich
bundesrechtlicher Fragen (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, Rdnr. 177 zu §
124), sondern auch hinsichtlich solcher Tatsachenfragen anzunehmen, die - wie
hier - für die Anwendung des bundesrechtlichen Ausländer- und Asylrechts
bedeutsam sind und sich auf Vorgänge im Ausland beziehen, also keine
landesrechtlichen Besonderheiten aufweisen.
Dies kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn der Kläger hat jedenfalls ein
Bedürfnis für eine über die Feststellungen und Wertungen des angefochtenen
verwaltungsgerichtlichen Urteils hinausgehende Klärung durch das
Berufungsgericht nicht ausreichend begründet. Dazu hätte er durch die
Benennung abweichender verwaltungs- oder oberverwaltungsgerichtlicher
Entscheidungen, gegensätzlicher Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten,
Presseberichte oder sonstiger Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse
Wahrscheinlichkeit dafür darlegen müssen, dass nicht die Feststellungen,
Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die
gegenteiligen Behauptungen in seiner Antragsschrift zutreffend sind, so dass es
der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf, weil die aufgeworfenen
Fragen einer unterschiedlichen Beantwortung zugänglich sind und es nicht von
vornherein absehbar ist, dass das Berufungsverfahren lediglich zu einer
Bestätigung der Auffassung des Verwaltungsgerichts führen kann (vgl. Hess. VGH,
Beschlüsse vom 22. Juli 1994 a.a.O. und vom 2. November 1995 - 13 UZ 3615/95 -
juris; OVG Weimar, Beschluss vom 16. Juli 1999 - 3 EO 510/00 - juris). Dabei kann
für die Darlegung der "gewissen Wahrscheinlichkeit" einer abweichenden
Berufungsentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben, dass das
Verwaltungsgericht einer einhelligen und gefestigten obergerichtlichen
Rechtsprechung gefolgt ist. Dann sind um so höhere Anforderungen zu stellen, je
eindeutiger und klarer die aufgeworfenen Fragen bisher in dieser Rechtsprechung
übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht beantwortet und je intensiver die
vom Antragsteller zur Begründung seines Zulassungsantrags angeführten
Erkenntnismittel dabei bereits berücksichtigt worden sind.
Diesen Anforderungen genügen die unter Berufung auf eine "uneinheitliche
Auskunftslage" und unter Heranziehung teilweise zitierter und in der
Rechtsprechung bereits gewürdigter Erkenntnismittel erhobenen Einwände des
Klägers in seinem Zulassungsantrag nicht.
Der Kläger wendet sich ab Seite 3 seines Zulassungsantrags unter II. gegen die
vom Verwaltungsgericht auf Seite 7 der Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils vorgenommene Differenzierung der Verfolgungsgefährdung wegen
herausgehobener exilpolitischer Betätigung einerseits und wegen lediglich
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herausgehobener exilpolitischer Betätigung einerseits und wegen lediglich
asyltaktisch motivierter einfacher Mitgliedschaft in Exilgruppierungen wie der ADC
und der bloßen Teilnahme an Demonstrationen und sonstigen Aktionen
andererseits und behauptet zunächst unter Berufung auf Stellungnahmen von
amnesty international eine beachtliche Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung
auch bei weniger herausragenden Aktivitäten. Wenn man aufgrund der den
Stellungnahmen zu Grunde liegenden Fälle die von amnesty international als
verfolgungsgefährdend angesehene "aktive Mitarbeit" übereinstimmend mit dem
Kläger nur als "langjährige Mitgliedschaft in der ADC und Teilnahme an diversen
Demonstrationen gegen die chinesische Regierungspolitik" (vgl. den ersten Absatz
unter II. auf Seite 3 des Zulassungsantrags) versteht, steht die Einschätzung von
amnesty international im Widerspruch zu nahezu allen anderen Erkenntnisquellen
und ist sie auch im Übrigen nicht geeignet, klärungsbedürftige Zweifel an deren
Richtigkeit zu begründen. Sie beruht auf einem schon 1990 veröffentlichten
Interview eines Mitarbeiters des Pekinger Sicherheitsamtes, wonach die im
September 1989 in Paris unmittelbar als Reaktion auf das Pekinger Massaker vom
Juni 1989 gegründete und damals von der chinesischen Regierung als gefährliche
Organisation angesehene FDC, später ADC, als konterrevolutionär bezeichnet
worden ist, und lässt deren Bedeutungsverlust infolge zunehmend erkennbarer
asylbedingter Mitgliedschaft und Mitarbeit und infolge interner Rivalitäten außer
Betracht. Dieser Bedeutungsverlust hat etwa nach den Auskünften des
Auswärtigen Amtes (AA), die grundsätzlich eine verlässliche Beurteilung
ermöglichen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. August 1995 a.a.O.), dazu geführt,
dass die FDC/ADC - wie auch das Verwaltungsgericht auf Seite 11 seiner
Entscheidungsgründe ausgeführt hat - von der chinesischen Regierung nunmehr
zwar immer noch als feindlich und unbequem, aber nicht mehr als gefährlich
eingestuft wird, und dass deshalb nur ihre führenden Köpfe bzw. ihre prominent in
der Öffentlichkeit hervorgetretenen Anführer verfolgungsgefährdet sind (vgl. u.a.
Lagebericht des AA vom 23. November 1998 S. 6 f.). Zudem hat das
Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass amnesty international keine
Erkenntnisse über einzelne Verfolgungsschicksale hat benennen können (vgl. auch
OVG Koblenz, Urteil vom 13. Dezember 1995 a.a.O.; OVG Lüneburg, Urteil vom 19.
September 2000 a.a.O. und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. April 1998 a.a.O.).
Der vom Kläger sodann auf Seite 3 seines Zulassungsantrags weiter angeführte
und unter Beweis gestellte Umstand, dass Demonstrationen von Angehörigen der
chinesischen Botschaft bzw. des chinesischen Geheimdienstes beobachtet und
gefilmt worden seien, lässt den von ihm gezogenen Schluss auf eine Gefährdung
auch bloßer Mitläufer nicht zu. Selbst wenn man darin die Schaffung einer
Verfolgungsmöglichkeit sähe, besagt das noch nichts darüber, ob diese auch
tatsächlich im Falle der späteren Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit -
entgegen den sonstigen Erkenntnissen - gegen alle Demonstrationsteilnehmer
unterschiedslos genutzt wird (vgl. dazu auch OVG Koblenz, Beschluss vom 25.
Januar 2000 a.a.O.); im Gegenteil eröffnet die genaue Überwachung exilpolitischer
Aktivitäten den chinesischen Dienststellen gerade die Möglichkeit, zwischen den
potentiell gefährlichen "führenden Köpfen" und den lediglich asyltaktisch
motivierten Mitläufern zu unterscheiden (vgl. auch OVG NW, Urteil vom 24. April
1998 a.a.O.).
Entsprechend ist auch die vom Kläger anschließend geltend gemachte Strafbarkeit
der bloßen Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Gruppierung für die
Verfolgungswahrscheinlichkeit unerheblich; maßgeblich ist vielmehr nur die
tatsächliche Verfolgungspraxis. Die insoweit vom Kläger auf den Seiten 4 und 5
seines Zulassungsantrags zum Beleg einer Verfolgung auch einfacher Mitglieder
und Mitläufer angeführten Gutachten des ehemaligen, am 19. November 1998 aus
China ausgewiesenen Peking-Korrespondenten des Spiegels, Jürgen Kremb, vom
6. November 1998 an das VG Hannover und vom 2. November 1999 an das VG
Gelsenkirchen und des Dr. Weyrauch zum Beweisbeschluss des VG Gelsenkirchen
vom 6. September 1999 sind nicht geeignet, die Auffassung des
Verwaltungsgerichts überprüfungsbedürftig erscheinen zu lassen.
In seinen Gutachten befasst sich Kremb, wie das Verwaltungsgericht auf Seite 11
der Entscheidungsgründe zum ersten Gutachten zutreffend ausgeführt hat, vor
allem mit der Gefährdung von in China oppositionell tätigen oder tätig gewesenen
Personen und nicht mit politischen Tätigkeiten außerhalb Chinas und macht keine
konkreten Aussagen zur Verfolgungswahrscheinlichkeit in Bezug auf den hier
interessierenden Personenkreis zurückkehrender einfacher Mitglieder und Mitläufer
exilpolitischer Organisationen. Die von ihm angesprochenen sieben Beispielsfälle
sind dafür schon wegen ihrer überwiegend hervorgehobenen beruflichen Stellung
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sind dafür schon wegen ihrer überwiegend hervorgehobenen beruflichen Stellung
nicht repräsentativ, lassen ebenso wenig wie seine sonstigen Ausführungen die
von ihm undifferenziert gezogenen Schlussfolgerungen zu und könnten jedenfalls
als Einzelfälle angesichts der großen Zahl der Abschiebungen nach China auch
keine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit für jeden exilpolitisch tätig
gewesenen Rückkehrer begründen (vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 19.
September 2000 a.a.O.; OVG NW, Beschlüsse vom 11. Januar 1999, 26. Januar und
5. Februar 2000 jeweils a.a.O.; OVG Koblenz, Beschluss vom 25. Januar 2000
a.a.O.).
Abgesehen davon, dass das Gutachten des Dr. Weyrauch in den einschlägigen
Passagen auf Berichten von "im Ausland lebenden Verbindungsleuten und
Vertrauenspersonen" und von anderen "Informanten" beruht, die Dr. Weyrauch
zufolge "politische und sogar vereinzelt in Asylfragen persönliche Interessen
vertreten", und dass es schon deshalb in seinem Aussagegehalt recht fraglich ist
(vgl. auch OVG Koblenz, Beschluss vom 25. Januar 2000 a.a.O.; OVG NW,
Beschlüsse vom 26. Januar 2000 und 5. Februar 2001 a.a.O.), ist in ihm zum
tatsächlichen Verfolgungsinteresse des chinesischen Staates u.a. ausgeführt,
dass es für den Bestand des kommunistischen Staates nur von untergeordneter
Bedeutung ist, wenn fernab von der chinesischen Bevölkerung Handlungen gegen
den Staat begangen werden, und dass die große Zahl der der Weltöffentlichkeit
unbekannten chinesischen Migranten, die aus dem Ausland abgeschoben werden,
kein großes Verfolgungsinteresse erlebt. Schließlich werden für die - auch vom
Kläger - angesprochenen Inhaftierungen von zehn bis dreißig Tagen oder für die
ebenfalls erwähnten empfindlichen Geldstrafen konkrete und aussagekräftige
Referenzfälle und auch die Anzahl der bloß pauschal angegebenen Fälle nicht
genannt; ergänzend wird zudem bemerkt, "dass das Interesse der Strafverfolger
vor allem auf hohe Geldstrafen gerichtet ist". Nur vereinzelte Übergriffe gegen
untergeordnet exilpolitisch tätige Rückkehrer könnten aber die Annahme einer
beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr für jeden von ihnen nicht
rechtfertigen (vgl. auch OVG Koblenz, Beschluss vom 25. Januar 2000 a.a.O. und
OVG Lüneburg, Urteil vom 19. September 2000 a.a.O.).
Schließlich wecken die Ausführungen des Klägers auf Seite 5 unten seines
Zulassungsantrags zur Frage der Verfolgungsgefährdung wegen illegaler Ausreise
keine begründeten Zweifel an den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die es
übereinstimmend mit der ausführlich und auf Grund zahlreicher Erkenntnisquellen
begründeten obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa OVG Koblenz, Urteil vom
13. Dezember 1995 a.a.O.) getroffen hat, wonach die illegale Ausreise keine
politische Straftat darstellt und allenfalls verhängte Geldbußen nicht an die
politische Überzeugung der Betroffenen anknüpfen, sondern als bloße
Geldbeschaffungsmaßnahmen zu bewerten sind. Soweit der Kläger demgegenüber
geltend macht, mit der Strafbarkeit der illegalen Ausreise solle eine "Abstimmung
der Chinesen mit Füßen" verhindert werden und sie stelle deshalb eine
asylrelevante Verfolgungsmaßnahme gegen unliebsame politische
Meinungsäußerungen dar, wirft er zum einen - entgegen seiner Einordnung der
Frage zu 2. - keine klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern die tatsächliche Frage
der Motivation der chinesischen Behörden auf. Zum anderen handelt es sich dabei
um eine bloße, nicht belegte Behauptung des Klägers, die zudem in Widerspruch
zu Äußerungen der von ihm selbst angeführten Sachverständigen Prof. Dr.
Scharping und Urs Morf-Loffredo steht. Prof. Dr. Scharping hat nämlich in dem von
ihm zitierten Gutachten vom 12. September 1994 dargestellt, dass die - in den
damals einschlägigen Strafbestimmungen nicht vorgesehenen - Geldstrafen wohl
der illegalen Einnahmebeschaffung korrupter Behörden dienen; auch der Journalist
Morf-Loffredo gibt in seinem Gutachten vom 22. Juli 1994 an, dass die
chinesischen Behörden einschließlich Polizei und Zollbehörden korrupt und
bestechlich sind. Der allein von ihm aufgestellten und vom Kläger aufgegriffenen
Behauptung, es lägen Beweise dafür vor, dass im Rahmen einer Kampagne in der
Provinz Fujian zumindest ein Teil der von illegalen Flüchtlingsschiffen Geborgenen
jeweils für Wochen und Monate in eigentliche Umerziehungslager verbracht worden
seien, steht eine Vielzahl anders lautender Informationen entgegen, und zwar etwa
auch die vom Kläger zitierte Auskunft des Prof. Dr. Scharping, wonach es
unwahrscheinlich ist, dass ein illegaler Grenzübertritt zu einer Einweisung in ein
Umerziehungslager führt. Zudem sind in der Stellungnahme des Journalisten Morf-
Loffredo keine dieser angeblichen "Zeugnisse" bezeichnet, so dass mangels
konkreter Angaben auch nicht dargelegt ist, dass die behauptete Verbringung von
Flüchtlingen in Umerziehungslager gerade wegen ihrer illegalen Ausreise erfolgt ist
(vgl. auch OVG Bautzen, Urteil vom 27. Juli 1995 a.a.O.).
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Nach alledem ist der Zulassungsantrag des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154
Abs. 2 VwGO abzulehnen; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG
nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist gemäß § 78 Abs. 5 Satz 2 und § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.