Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 02.04.2017

OVG Berlin-Brandenburg: erleichterung, hebung, funktionszulage, senkung, einigungsverfahren, initiativrecht, schule, link, offenkundig, quelle

1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 60.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 60 PV 3.06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 85 Abs 2 Nr 2 PersVG BE
Zur fehlenden Verpflichtung, aufgrund eines Initiativantrags ein
Einigungsverfahren bzw. ein Mitbestimmungsverfahren
durchzuführen - hier: Richtlinien für die
Lehrerstundenzumessung
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass der Beteiligte verpflichtet sei, infolge
eines Initiativantrags ein Einigungsverfahren bzw. ein Mitbestimmungsverfahren
durchzuführen.
Der Beteiligte legt regelmäßig „Richtlinien für die Lehrerstundenzumessung“ zur
Mitwirkung vor, in denen u.a. Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden für besondere
Belastungen geregelt sind. Nach Vorlage solcher Richtlinien im Frühjahr 2005 beschloss
der Antragsteller am 31. Mai 2005 einen Initiativantrag, wonach unter Ziff. 3.3.
(„Allgemeines Entlastungskontingent für alle Schularten“) ein weiterer (Entlastungs-
)Tatbestand aufgenommen werden sollte, und zwar mit folgendem Wortlaut:
„2 % der anerkannten Unterrichtsstunden für Schulentwicklung und Qualitätssicherung“
Zur Begründung heißt es in dem Antrag auszugsweise wie folgt:
„Mit den bildungspolitischen Neuerungen des Schulgesetzes im Zusammenhang von
Qualitätssicherung, Evaluation, Profil- und Programmarbeit, Ganztagsschule und flexibler
Schulanfang sind eine Reihe von neuen und arbeitsintensiven Aufgaben auf die
Lehrkräfte der Berliner Schule zugekommen. Beispielhaft seien hier nur aufgeführt:
Diese vielfältigen Belastungen, die in den letzten zwei, drei Jahren und insbesondere seit
und durch die Einführung des neuen Schulgesetzes entstanden, sind so differenziert,
dass ein zentral und fein geregelter Ausgleich als nicht sinnvoll erscheint. Stattdessen
beantragt der Hauptpersonalrat - um flexible und entsprechend den besonderen
Bedingungen der Einzelschule entsprechende (Teil-) Ausgleiche zu bewirken - dies als
Pool an die Schule zu geben, über den diese nach Maßgabe der von der
Gesamtkonferenz … beschlossenen Grundsätze entscheidet“.
Bezug genommen war insoweit auf § 79 Abs. 4 PersVG (Initiativrecht der
Personalvertretung) und § 85 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative PersVG (Mitbestimmung bei
Maßnahmen zur Erleichterung des Arbeitsablaufs).
Der Beteiligte trat dem entgegen; die Durchführung eines Einigungsverfahrens lehnte er
ab, weil ein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand nicht gegeben sei.
Hierauf hat der Antragsteller am 26. August 2005 das Verwaltungsgericht angerufen und
die Feststellung begehrt, dass der Beteiligte verpflichtet sei, hinsichtlich seines
Initiativantrages das Einigungsverfahren durchzuführen. Das Verwaltungsgericht hat den
11
12
13
14
15
16
17
18
Initiativantrages das Einigungsverfahren durchzuführen. Das Verwaltungsgericht hat den
Antrag mit Beschluss vom 24. Januar 2006 zurückgewiesen und zur Begründung
ausgeführt, er sei unbegründet, weil der Initiativantrag vom 31. Mai 2005 mangels
Bezuges zu einem erkennbaren Mitbestimmungstatbestand unbeachtlich sei. § 85 Abs.
2 Nr. 2 PersVG betreffe ausdrücklich nur Maßnahmen des Dienstherrn zur Hebung der
Arbeitsleistung und zur Erleichterung des Arbeitsablaufs. Der vorliegende Initiativantrag
ziele aber nicht auf eine Hebung, sondern auf eine Entlastung und damit Senkung der
Arbeitsleistung, was nicht der Mitbestimmung unterliege. Auch das Initiativrecht nach §
79 Abs. 4 PersVG weite bestehende Mitbestimmungsrechte nicht aus. Auch von einer
Maßnahme zur Erleichterung des Arbeitsablaufs könne man vorliegend nicht sprechen;
hier gehe es nicht um eine zeitliche und räumliche Aufeinanderfolge von
Arbeitsvorgängen zur Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse, sondern um eine
Erleichterung der Arbeitsleistung, was von der vorgenannten Bestimmung nicht erfasst
werde. Auch unabhängig davon würde der genannte Mitbestimmungstatbestand nicht
greifen, weil die pauschale Zuweisung eines erhöhten Stundenpools an
Entlastungsstunden sich nur mittelbar auf die Arbeitsbelastung der Beschäftigten
auswirken würde.
Hiergegen hat der Antragsteller rechtzeitig Beschwerde erhoben. Er macht geltend, die
Schutzfunktion des Mitbestimmungsrechts schließe auch Maßnahmen zur Senkung der
Arbeitsleistung ein. Bei den positiv gefassten Mitbestimmungstatbeständen sei eine
Beteiligung zugleich bei negativen Maßnahmen vorgesehen. In diesem Zusammenhang
sei auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2005 hinzuweisen,
wonach nicht nur die Zahlung einer Funktionszulage, sondern auch der Entzug einer
Funktionszulage als so genannter actus contrarius vom Mitbestimmungsrecht erfasst
sei.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. Januar 2006 abzuändern und
festzustellen, dass der Beteiligte verpflichtet ist, hinsichtlich des Initiativantrages des
Antragstellers vom 31. Mai 2005 bzgl. eines Entlastungspools für die durch das
Schulgesetz neu entstandenen Belastungen das Verfahren gem. §§ 80 ff. PersVG
durchzuführen.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er tritt der Beschwerde im Einzelnen entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den
Feststellungsantrag auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens zu Recht
zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass ein
Mitbestimmungstatbestand - namentlich § 85 Abs. 2 Nr. 2 PersVG (Maßnahmen zur
Hebung der Arbeitsleistung und zur Erleichterung des Dienstablaufs) - hier nicht
gegeben sei. Insoweit nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung
Bezug (§ 91 Abs. 2 PersVG i.V.m. § 87 Abs. 2 und 69 Abs. 2 ArbGG) und weist im Hinblick
auf das Beschwerdevorbringen ergänzend auf das Folgende hin: § 85 Abs. 2 Nr. 2, 1.
Alternative PersVG spricht von einer „Hebung“, nicht von einer „Senkung“ der
Arbeitsleistung. Die von dem Antragsteller geforderte Auslegung würde damit bereits
gegen die Wortlautgrenze des Gesetzes verstoßen, so dass es an sich weiterer
Ausführungen nicht bedarf. Soweit der Antragsteller unbeschadet dessen meint, auch
der „actus contrarius“ der im Gesetz geregelten Maßnahme sei von der Mitbestimmung
erfasst, lässt sich diese pauschale Sicht auch damit nicht vereinbaren, dass der
Gesetzgeber nur bestimmte, von ihm kataloghaft geregelte Tatbestände für
beteiligungspflichtig erklärt hat, und andere eben nicht. Aber selbst ein „actus
contrarius“ zu dem in der genannten Bestimmung geregelten Tatbestand liegt hier nicht
vor. Ein solcher „actus“ würde ein Aktivwerden der Dienststelle voraussetzen, wie es
etwa in der Streichung einer Funktionszulage im Gegensatz zur Gewährung einer
Funktionszulage zu sehen wäre (vgl. insoweit das von dem Antragsteller herangezogene
Urteil des BAG vom 26. Januar 2005 - 10 AZR 331/04 -, Juris-Ausdruck Rdn. 30); daran
fehlt es, weil der Beteiligte in diesem Sinne nicht aktiv geworden ist, sondern lediglich
einem Anliegen der Personalvertretung nicht nachkommt. Aus demselben Grund kann
hier auch von einer Maßnahme zur Erleichterung des Arbeitsablaufs (§ 85 Abs. 2 Nr. 2, 2.
19
20
hier auch von einer Maßnahme zur Erleichterung des Arbeitsablaufs (§ 85 Abs. 2 Nr. 2, 2.
Alternative PersVG) nicht gesprochen werden, zumal das Verwaltungsgericht zu Recht
darauf abgestellt hat, dass es hier nicht - wie freilich erforderlich - um die zeitliche und
räumliche Aufeinanderfolge von Arbeitsvorgängen zur Erzielung eines bestimmten
Arbeitsergebnisses gehe (vgl. insoweit auch Germelmann/Binkert, PersVG Berlin, 2. Aufl.
2002 § 85, Rdn. 223), sondern um eine die Arbeitsleistung insgesamt betreffende
Angelegenheit.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht schließlich hervorgehoben, dass auch unabhängig
von den vorgenannten Erwägungen sich eine pauschale Zuweisung eines erhöhten
Stundenpools nur mittelbar auf die Arbeitsbelastung der Beschäftigten auswirken würde.
Wie sich aus der eingangs zitierten Begründung des Initiativantrages vom 31. Mai 2005
ergibt, soll das Entlastungskontingent als Pool zur dortigen weiteren Verwendung an die
Schulen gegeben werden, sodass danach völlig unbestimmt bleibt, wo und zu Gunsten
welches Beschäftigten sich welche konkrete Arbeitsleistung verändern soll. Für das
Entstehen des Mitbestimmungsrechtes ist freilich im Einzelnen darzulegen, durch welche
konkrete organisatorische Maßnahme eine Erhöhung - bzw. hier mit der Argumentation
des Antragstellers eine Senkung - der Arbeitsbelastung der betroffenen Dienstkräfte
eintreten bzw. wie die Erleichterung der Arbeitsabläufe erkennbar werden soll (vgl.
Germelmann/Binkert, a.a.O., Rdn. 226). Auch daran fehlt es offenkundig.
Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum