Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 02.04.2017

OVG Berlin-Brandenburg: treu und glauben, genehmigung, ausgleichsabgabe, verordnung, nutzungsänderung, ausgleichszahlung, rückabwicklung, öffentlich, auflage, behörde

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 5 B 9.08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 7 WoZwEntfrV BE 2, §
54 VwVfG, § 57 VwVfG, § 59
Abs 1 VwVfG, § 242 BGB
Öffentlich-rechtlicher Vertrag: Erstattungsanspruch bei
Formnichtigkeit
Leitsatz
Dem auf einem formnichtigen, im Übrigen aber mit dem materiellen Recht in Einklang
stehenden öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhenden Erstattungsanspruch eines Beteiligten
steht der Grundsatz von Treu und Glauben jedenfalls in dem Umfang entgegen, als eine
Rückabwicklung der vom anderen Teil erbrachten Leistung aus rechtlichen oder tatsächlichen
Gründen nicht möglich ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. Mai
2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Bescheid des Bezirksamts
Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vom 10. Juli 2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 3. April 2003 auch insoweit
aufgehoben wird, als dem Kläger darin die Zahlung einer Ausgleichsabgabe von mehr als
300.000 DM oder 153.387,56 Euro aufgegeben wird.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden,
wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger erwarb in den Jahren 1978 und 1983 zwei Eigentumswohnungen im
Erdgeschoss des Hauses M. in Berlin- C.. Beide Wohnungen dienten ursprünglich
Wohnzwecken. Der Kläger nutzte sie vom jeweiligen Übergabezeitpunkt an als
Rechtsanwaltskanzlei, wovon der Beklagte durch einen anonymen Anruf im Juli 1997
Kenntnis erhielt.
In dem daraufhin eingeleiteten Verwaltungsverfahren wegen Zweckentfremdung von
Wohnraum stellte der Kläger am 10. September 1997 den Antrag, ihm eine auch den
zurückliegenden Zeitraum legalisierende dauerhafte Zweckentfremdungsgenehmigung
gegen Zahlung eines einmaligen Ausgleichsbetrages zu erteilen. Diesen Antrag lehnte
der Beklagte nach Einholung einer Stellungnahme der Senatsbauverwaltung mit
Bescheid vom 18. November 1997 ab. Hiergegen erhob der Kläger mit der Begründung
Widerspruch, die Versagung der Genehmigung bedeute eine ernsthafte Bedrohung
seiner Existenz. In der Folgezeit unternommene Bemühungen um eine Einigung mit dem
Wohnungsamt blieben zunächst erfolglos.
Mit Bescheiden vom 8. Mai 1998 verhängte das Wohnungsamt gegen den Kläger wegen
der verbotswidrigen Nutzung der Wohnungen Bußgelder in Höhe von zusammen knapp
420.000,- DM (einschließlich Verfahrenskosten rd. 440.000,- DM). Gegen diese
Bescheide legte der Kläger Einspruch ein. Gleichzeitig bot er dem Wohnungsamt an, eine
einmalige Ausgleichszahlung von 300.000,- DM zu leisten, wenn mit dieser Zahlung
Verwaltungs- und Bußgeldverfahren ihre Erledigung fänden. Dem wiederum vermochte
das Wohnungsamt im Hinblick auf die Dauer der Zweckentfremdung nicht zuzustimmen.
Am 8. Juli 1998 schließlich fand auf Bitten der Rechtsvertreter des Klägers ein Gespräch
im Bezirksamt statt, an dem auf der einen Seite der Kläger und seine Rechtsvertreter,
auf der anderen Seite der Leiter des Wohnungsamtes, die Baustadträtin sowie -
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auf der anderen Seite der Leiter des Wohnungsamtes, die Baustadträtin sowie -
zeitweise - der Leiter des Rechtsamts teilnahmen. Im Verlaufe des Gesprächs einigte
man sich auf die Zahlung einer einmaligen Ausgleichsabgabe von 440.000,- DM gegen
Einstellung sämtlicher Verfahren, also auch der Bußgeldverfahren, sowie auf die
Erteilung der beantragten Zweckentfremdungsgenehmigung.
Kurz darauf übersandten die Rechtsvertreter des Klägers dem Wohnungsamt den
Entwurf einer schriftlichen Vereinbarung und baten darum, nach deren Abschluss die
Bußgeldverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 2 OWiG einzustellen. In einem Schreiben vom
21. September 1998 bestätigten sie ein Telefonat mit dem Rechtsamtsleiter, in dem
dieser darauf hingewiesen habe, dass die Umsetzung der in Aussicht gestellten
Vereinbarung die Erteilung einer baurechtlichen Genehmigung zur Nutzungsänderung in
eine Rechtsanwaltskanzlei voraussetze, der Kläger diese beantragen solle und erhalten
werde, so dass die Ausgleichabgabe ausschließlich die zweckfremde Nutzung in der
Vergangenheit betreffe und eine zweckentfremdungsrechtliche Genehmigung für die
Zukunft nicht mehr erforderlich sei. Im Anschluss daran unterrichtete der
Rechtsamtsleiter das Bauamt von der beabsichtigten Vereinbarung. Die
Bußgeldverfahren wurden ruhend gestellt. Auf die Übersendung eines überarbeiteten
Vereinbarungsentwurfs vom Dezember 1998 reagierten weder das Wohnungs- noch das
Rechtsamt.
Im April 1999 erhielt der Kläger antragsgemäß die Genehmigung für die
Nutzungsänderung der Wohnungen in eine Rechtsanwalts- und Notariatskanzlei.
Daraufhin übersandte er nochmals den überarbeiteten Vereinbarungsentwurf mit dem
Bemerken, dieser entspreche dem, was am 8. Juli 1998 mit dem Wohnungsamtsleiter
und der Stadträtin abgesprochen worden sei; er bitte nunmehr um kurzfristige
Unterzeichnung und Rücksendung. Auch dieser Aufforderung kam das Bezirksamt nicht
nach.
Im Januar 1999 und im Januar 2000 verbuchte die Bezirkskasse zwei Zahlungen des
Klägers über jeweils 150.000,- DM.
Erstmals mit Schreiben vom 10. Juni 2002 wandte sich der Rechtsamtsleiter wieder an
den Kläger und entschuldigte die Säumnis mit einem wechselseitigen Missverständnis
zwischen Wohnungs- und Rechtsamt. Er habe gemeint, die Sache sei längst
vereinbarungsgemäß erledigt und schlage vor, dass die Genehmigung für die
freiberufliche Nutzung der Wohnräume nun unverzüglich erteilt, die Einstellung der
Bußgeldverfahren auch formal mitgeteilt werde und dafür die noch ausstehenden
140.000,- DM bis zum 31. Juli 2002 überwiesen werden. Darauf erwiderte der Kläger
unter dem 3. Juli 2002, dass eine Vereinbarung nicht zustande gekommen sei und er -
da er Zahlungen nur unter einem entsprechenden Vorbehalt geleistet habe - nunmehr
erwarte, dass die gezahlten 300.000,- DM bis zum 31. Juli 2002 zurück überwiesen
würden.
Unter dem 10. Juli 2002 erteilte das Wohnungsamt dem Kläger die Genehmigung für die
zweckfremde Nutzung der Wohnungen als Rechtsanwaltskanzlei ab 1978 bzw. 1983 bis
zur Genehmigung der Nutzungsänderung am 22. April 1999 unter der Auflage der
Zahlung einer einmaligen Ausgleichsabgabe von 440.000,- DM und bat um Überweisung
der noch ausstehenden 140.000,- DM bis zum 15. August 2002.
Mit seinem Widerspruch gegen diesen Bescheid machte der Kläger geltend, dass er
seinen Genehmigungsantrag bereits vor dessen Erlass zurückgenommen habe. Im
Übrigen sei der Bescheid rechtswidrig, weil die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung
(ZwVbVO) - wie das Oberverwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 13. Juni 2002
festgestellt habe - bereits zum 1. September 2000 außer Kraft getreten sei; er bestehe
daher auf der Rückzahlung der rechtsgrundlos geleisteten 300.000,- DM.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. April 2003 wies das Bezirksamt den Widerspruch nach
vorheriger Anhörung des Klägers als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurück. Der
Widerspruch verstoße gegen Treu und Glauben, nachdem sich das Wohnungsamt an die
am 8. Juli 1998 getroffene Vereinbarung gehalten und sowohl die Genehmigung zur
Nutzungsänderung erteilt als auch die Bußgeldverfahren nicht weiter betrieben habe.
Jedenfalls aber sei der Widerspruch unbegründet, weil sich der Bescheid ausschließlich
auf einen Zeitraum beziehe, in dem die Verordnung zweifellos gegolten habe und zu
befolgen gewesen sei. In diesem Fall wäre die Genehmigung wegen dauerhafter
zweckfremder Nutzung der Wohnungen unter der Auflage einer wesentlich höheren
Ausgleichsabgabe von Amts wegen und rückwirkend zur Heilung der Verbotsverletzung
geboten gewesen.
Mit der bereits im Februar 2003 erhobenen Klage hat der Kläger - nach Einbeziehung des
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Mit der bereits im Februar 2003 erhobenen Klage hat der Kläger - nach Einbeziehung des
Widerspruchsbescheides und Erweiterung des Zahlungsanspruchs um einen Betrag von
1.960,58 € nebst Zinsen als Verzugsschaden - beantragt, die angefochtenen Bescheide
aufzuheben und den Beklagten zur Zahlung von 155.348,14 € nebst Zinsen zu
verurteilen.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 3. Mai 2007 stattgegeben, soweit
im Genehmigungs- bzw. Widerspruchsbescheid eine Ausgleichsabgabe von mehr als
304.284,- DM festgesetzt worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Es sei ohne Belang, dass sich der
Kläger ursprünglich mit einer einmaligen Ausgleichszahlung von 440.000,- DM
einverstanden erklärt habe, weil ein öffentlich-rechtlicher Vertrag mangels Wahrung der
Schriftform nicht wirksam zustande gekommen sei. Ungeachtet dessen habe der
Beklagte von dem Kläger Ausgleichszahlungen für die vor dem automatischen
Außerkrafttreten der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung liegenden Zeiten
zweckfremder Nutzung verlangen dürfen, da die Ermächtigungsgrundlage für die
Festsetzung von Ausgleichszahlungen erst nach der förmlichen Aufhebung der
Verordnung im Juli 2003 außer Kraft getreten sei. Zwar möge sich das
Zweckentfremdungsverbot als repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt infolge
Beseitigung der Mangellage zum 1. September 2000 erledigt haben, nicht aber der
Zweck der Auflage für vor dem automatischen Außerkrafttreten liegende Zeiten, die es
hier, da die Wohnungen entgegen der Behauptung des Klägers nicht unvermietbar
gewesen seien, (noch) zu legitimieren gegolten habe. Eine unzulässige Rückwirkung sei
damit nicht verbunden. Allerdings hätten die Voraussetzungen für die Festsetzung einer
einmaligen Ausgleichsabgabe nicht vorgelegen, weshalb der Beklagte
Ausgleichszahlungen nur auf der Basis laufender Zahlungen habe berechnen und
ansetzen dürfen. Diese Zahlungen beliefen sich nach Maßgabe der jeweils geltenden
Fassung der Ausführungsvorschriften zur Zweckentfremdungsverbot-Verordnung - AV-
ZwVbVO - auf zusammen 304.284,- DM bzw. 155.577,94 €. Der Rückzahlungsanspruch
des Klägers sei mit Zugang des Genehmigungsbescheides durch Aufrechnung
erloschen, der geltend gemachte Verzugsschaden sei nicht entstanden.
Zur Begründung seiner - vom Senat zugelassenen - Berufung führt der Kläger unter
Vertiefung seines Rechtsstandpunkts zur Rechtsgrundlosigkeit seiner Zahlungen im
Wesentlichen aus:
Nach dem automatischen Außerkrafttreten der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung
mit Ablauf des 31. August 2000 habe es für eine rückwirkende Genehmigung der
zweckfremden Nutzung keine Rechtsgrundlage mehr gegeben. Eine Vereinbarung auf
der Grundlage der Besprechung vom 8. Juli 1998, die ihm eine dauerhafte Absicherung
der gewerblichen Nutzung seiner Wohnungen habe verschaffen sollen, sei nicht zustande
gekommen, weil der Beklagte den von ihm - dem Kläger - gefertigten Vertragsentwurf
vom 10. Juli 1998 nicht unterzeichnet habe, sondern in mehreren Telefonaten aus für ihn
nicht nachvollziehbaren Gründen auf „Nachverhandlungen“ bestanden habe. Auf seine
korrigierten Entwürfe, seine schriftlichen wie telefonischen Bitten, die Vereinbarung zu
unterschreiben und an ihn zurückzusenden, habe der Beklagte nicht reagiert. Auch seien
die mündlichen Absprachen nicht umgesetzt worden. Denn weder sei die Genehmigung
erteilt noch seien die Bußgeldverfahren eingestellt worden. Infolgedessen habe für ihn
bis zum Außerkrafttreten der Verordnung Rechtsunsicherheit bestanden, die ihn an
Investitionen in seine Kanzlei gehindert habe. Wie auch immer geartete rechtliche oder
tatsächliche Vorteile, die unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ein Äquivalent für
die Zahlung der 300.000,- DM darstellen könnten, habe er nicht erlangt. Es sei im
Gegenteil in höchstem Maße treuwidrig, seine Zahlungen entgegen zu nehmen und sich
über mehrere Jahre ohne nähere Begründung trotz Zusage zu weigern, den
Vertragsentwurf zu unterzeichnen und die Genehmigung zu erteilen. Ausgehend von der
in Aussicht genommenen Ausgleichszahlung von 440.000,- DM für eine zeitlich wie auch
hinsichtlich der Nutzungsart uneingeschränkte Genehmigung sei es im Übrigen
willkürlich, die Berechnung der Ausgleichszahlung an den AV-ZwVbVO auszurichten. Für
die bloß tatsächliche Duldung einer zudem lediglich freiberuflichen Tätigkeit bis zur
baurechtlichen Genehmigung der Nutzungsänderung im April 1999 bzw. bis zum
Außerkrafttreten der Verordnung könne die Ausgleichsabgabe allenfalls mit 110.000,-
DM bemessen werden. Dabei sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass eine Dritte
Zweckentfremdungsverbot-Verordnung, die seinerzeit bereits in Vorbereitung gewesen
sei, vorgesehen habe, dass ungünstige Erdgeschosswohnungen ganz aus dem Verbot
herauszunehmen seien, weil für sie tatsächlich kein Bedarf mehr bestanden habe. Das
werde durch seine vergeblichen Vermietungsbemühungen der aufgrund der Lage in
ihrem Wohnwert ohnehin stark eingeschränkten Wohnungen bestätigt.
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. Mai 2007 zu ändern und
1. den Bescheid des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vom 10.
Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 3. April
2003 insgesamt aufzuheben sowie
2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 155.348,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 153.387,56 € seit dem 5. Februar 2003
sowie aus 1.960,58 € seit dem 7. April 2004 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er führt aus, es sei zwar zutreffend, dass die von den Beteiligten getroffene
Vereinbarung an einem Formmangel leide. Der Kläger habe jedoch, wie beantragt und
vereinbart, die baurechtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung für seine
Rechtsanwaltskanzlei erhalten. Die Bußgeldverfahren seien nicht weiterverfolgt worden.
Eine Rückabwicklung der seitens des Landes Berlin vereinbarungsgemäß erbrachten
Leistungen sei nicht mehr möglich, so dass der vom Kläger reklamierte Formfehler dazu
führen würde, dass allein er in den Genuss der Vorteile aus dem nichtigen
Rechtsgeschäft komme. Diese Rechtsfolge sei in hohem Maße unbillig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf die Gerichtsakten (2 Bände) und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (2
Bände) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Das Verwaltungsgericht
hat seine Klage zu Unrecht abgewiesen, soweit die dem ange-fochtenen
Genehmigungsbescheid beigefügte Zahlungsauflage den Betrag von 300.000,- DM oder
153.387,56 € übersteigt. Im Übrigen hat es die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
1.
Es kann offenbleiben, ob die gegen den Genehmigungsbescheid vom 10. Juli 2002 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2003 gerichtete Klage - soweit mit ihr
die Zweckentfremdungsgenehmigung als solche angegriffen wird - im Hinblick auf deren
lediglich begünstigenden Charakter nicht bereits unzulässig ist. Denn jedenfalls ist das
mit dem Klageantrag zu 1) verfolgte Begehren unbegründet. Der Erteilung der
angefochtenen Genehmigung stand entgegen der Auffassung des Klägers weder das
(automatische) Außerkrafttreten der Zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung
zum 1. September 2000 noch die Rücknahme des Genehmigungsantrages entgegen.
Das vom Kläger in den Vordergrund seiner gegen die Genehmigung gerichteten Angriffe
gestellte Argument, die Zweite Zweckentfremdungsverbot-Verordnung vom 15. März
1994 (GVBl. S. 91), zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. November 2001 (GVBl. S.
581) - 2. ZwVbVO -, habe der Genehmigung im Zeitpunkt ihrer Erteilung nicht mehr als
Rechtsgrundlage dienen können, geht von einem falschen Ansatz aus. Zutreffend ist
zwar, dass sich die zur Zeit seines Genehmigungsantrages vom 10. September 1997
geltende Rechtslage ungeachtet der erst am 13. Juni 2002 ergangenen und vom
Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. März 2003 - BVerwG 5 B 253.02 -
bestätigten Entscheidung des Senats - OVG 5 B 19.01 u.a. - auch ohne Aufhebungsakt
bereits zum 1. September 2000 geändert hatte, der nachträglichen Aufhebung durch
den Verordnungsgeber (vgl. Art. I Ziff. 1 der Verordnung vom 11. Juli 2003, GVBl. S. 283)
mithin nur deklaratorische Bedeutung zukam. Davon hängt die Antwort auf die Frage
nach der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Genehmigungsbescheides allerdings nicht
ab. Denn er diente nach Wortlaut und Sinn der Abhilfe im noch offenen Verfahren über
den Widerspruch des Klägers gegen die ursprüngliche Ablehnung seines
Genehmigungsantrages im Bescheid des Beklagten vom 18. November 1997 und der
Erfüllung der im Zuge des Widerspruchsverfahrens getroffenen Vereinbarung vom 8. Juli
1998.
Bei dieser Vereinbarung handelte es sich, da der Beklagte das aus der langjährigen
zweckfremden Nutzung der Wohnungen resultierende Rechtsverhältnis zum Kläger auch
einseitig hoheitlich durch Verwaltungsakt hätte regeln können, um einen - zulässigen -
subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Austauschvertrag im Sinne von §§ 54, 56
VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG Berlin, mit dem zugleich Zweifelsfragen in Bezug auf
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VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG Berlin, mit dem zugleich Zweifelsfragen in Bezug auf
Berechnungsmodus und Höhe der Ausgleichsabgabe durch gegenseitiges Nachgeben
beseitigt werden sollten (§ 55 VwVfG). Ein dem Inhalt der Vereinbarung entsprechender
Verwaltungsakt - Genehmigung gegen Ausgleichszahlung - wäre nicht etwa deshalb im
Sinne von § 59 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG rechtswidrig gewesen, weil die fraglichen Wohnungen,
wie der Kläger jedenfalls ursprünglich geltend gemacht hatte, wegen ihrer Größe und
Lage nicht dem Zweckentfremdungsverbot unterlegen hätten. Beide Wohnungen sind
vor 1948 als solche errichtet und bis zum Erwerb durch den Kläger allenfalls
teilgewerblich und damit durchgehend zu Wohnzwecken genutzt worden. Angesichts der
Tatsache, dass er die in einem repräsentativen Altbau in guter Wohnlage gelegenen
Wohnungen erst- und zugleich letztmalig im Jahre 1997 und zudem zu einer
Nettokaltmiete von deutlich über 13,- DM/qm/Wohnfläche lediglich dreimal hat inserieren
lassen, ist er den Nachweis fehlgeschlagener nachhaltiger Vermietungsbemühungen
schuldig geblieben. Das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten vom April 1998 bietet
ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnungen unvermietbar gewesen wären.
Denn nach dem Inhalt des Gutachtens unterscheiden sie sich in nichts von anderen
Erdgeschosswohnungen im Berliner Altbaubestand, die nebenbei bemerkt zu keiner Zeit
generell von dem Anwendungsbereich der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung
ausgenommen worden sind. Sie mögen wegen der dichten Bebauung im Bereich der
Straßenfront zwar relativ dunkel sein, verfügen aber über genügend Fenster zum
Innenhof, so dass die Belichtungssituation in den nach hinten gelegenen Räumen eine
deutlich bessere ist und im Übrigen durch eine günstigere Gestaltung der Bepflanzung
des Innenhofes noch weiter hätte verbessert werden können.
Stand demzufolge die materielle Rechtslage der Wirksamkeit der Vereinbarung nicht
entgegen, so war sie gleichwohl, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen
hat, wegen Verstoßes gegen das Erfordernis der Schriftform nichtig, da sie von keinem
der Beteiligten jemals unterschrieben worden ist (vgl. §§ 57, 59 Abs. 1 VwVfG in
Verbindung mit § 125 BGB). Das hat zwar zur Folge, dass Erfüllungsansprüche aus der
Vereinbarung nicht hergeleitet werden können, heißt aber nicht, dass der Beklagte -
zumal der Kläger mit der Zahlung von 300.000,- DM auf die vereinbarte
Ausgleichsabgabe zu erkennen gegeben hatte, dass er sich ungeachtet der fehlenden
Unterzeichnung durch den Beklagten an die getroffene Vereinbarung halten wolle - die
von ihm zugesagte Genehmigung nicht mehr hätte erteilen dürfen. Dass der Kläger
seinen Genehmigungsantrag zurückgenommen hat, steht dem nicht entgegen. Selbst
wenn sein Schreiben vom 3. Juli 2002, wie er geltend macht, die Erklärung der
Antragsrücknahme enthalten haben sollte, so war diese Erklärung unbeachtlich, weil der
Kläger mit ihr gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und
Glauben verstieß. Denn mit der Rücknahme verfolgte er ersichtlich allein das Ziel, der
vom Leiter des Rechtsamts mit Schreiben vom 10. Juni 2002 angekündigten
Ausfertigung der zugesagten Genehmigung einschließlich der Ausgleichsabgabe den
Boden zu entziehen und den Beklagten auf Erstattung der geleisteten Zahlungen in
Anspruch nehmen zu können. Vor dem Hintergrund aber, dass der Beklagte die zur
rückwirkenden Legalisierung des dem Kläger zu Recht angelasteten langjährigen
Verstoßes gegen das Zweckentfremdungsverbot und die künftige genehmigungsfreie
Nutzung der Wohnungen als Kanzlei notwendigen Schritte vereinbarungsgemäß bereits
im Wesentlichen umgesetzt hatte, sich die Bedeutung der Genehmigung also
gleichermaßen in einer formgerechten Bestätigung der bereits erfüllten Zusagen
erschöpfte, stellt sich das Verhalten des Klägers als treuwidrig dar.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, dass er „wie auch immer
geartete rechtliche oder tatsächliche Vorteile“, die unter Berücksichtigung von Treu und
Glauben ein Äquivalent für seine Zahlungen darstellen könnten, nicht erlangt habe, kann
ihm nicht gefolgt werden. Unmittelbar nach dem Gespräch vom 8. Juli 1998 hat der
Beklagte die Bußgeldverfahren „ruhend gestellt“ und ohne Rücksicht auf
Verjährungsfristen auch nicht wieder aufgenommen. Ferner ist dem Kläger als
unabdingbare Voraussetzung für die von ihm angestrebte endgültige Umwidmung der
Wohnungen die - wenngleich durch Verzicht auf eine Untersagungsverfügung lediglich
stillschweigende - Genehmigung zur weiteren zweckfremden Nutzung der Wohnungen
erteilt worden. Und schließlich ist ihm auf Veranlassung des Rechtsamts im April 1999
die baurechtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung in eine Rechtsanwalts- und
Notariatskanzlei erteilt worden. Das aber bedeutete den endgültigen Verzicht des
Beklagten auf ein Einschreiten gegen die verbotswidrige Nutzung von Wohnraum; denn
nach der genehmigten Nutzungsänderung, d.h. ab 22. April 1999, gehörten die
Wohnungen des Klägers nicht mehr zum geschützten Wohnungsbestand. Dem kann der
Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Vereinbarung vom 8. Juli 1998 nicht auf
die zweckentfremdungsrechtliche Genehmigung einer freiberuflichen Tätigkeit in den
Wohnungen, sondern auf Genehmigung ihrer gewerblichen Nutzung gelautet habe.
Ausweislich des Genehmigungsbescheides des Bauamts hat er selbst in
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Ausweislich des Genehmigungsbescheides des Bauamts hat er selbst in
Übereinstimmung mit der zwischen seinen Rechtsvertretern und dem Rechtsamtsleiter
getroffenen Absprache die Nutzungsänderung in eine Rechtsanwalts- und
Notariatskanzlei beantragt bzw. von seinem Architekten beantragen lassen; mit diesem
Inhalt hat er sie erhalten und bestandskräftig werden lassen.
Mit Erfolg wendet sich der Kläger allerdings gegen die Höhe der Ausgleichszahlung,
soweit sie noch im Streit ist. Der Genehmigungsbescheid ist im Umfang von weiteren
4.284 DM bzw. 2.190,37 € aufzuheben, weil dem Beklagten ein über die vom Kläger
geleisteten Zahlungen hinausgehender Erfüllungsanspruch aus der Vereinbarung vom 8.
Juli 1998 nicht zusteht und die vom Verwaltungsgericht auf der Grundlage laufender
Ausgleichszahlungen vorgenommene Neuberechnung den tatsächlichen und rechtlichen
Gegebenheiten nicht gerecht wird.
Der Geltendmachung eines Anspruchs auf Vertragserfüllung gegen den
Kläger steht die Nichtigkeit der Vereinbarung mit dem Beklagten entgegen. Zwar kann
die Berufung auf die Formunwirksamkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages dem
Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil
vom 16. Mai 2000 - BVerwG 4 C 4.99 -, juris, LS 2 und Rn. 31 ff.; OVG Hamburg, Urteil
vom 19. März 2008 - 2 Bf 192/05 -, juris, LS 2 und Rn. 47). Ein Erfüllungsanspruch aus
einem nichtigen Vertrag lässt sich aus diesem Grundsatz jedoch nur herleiten, wenn das
Ergebnis nach der Rechtsordnung anderenfalls schlechthin unerträglich wäre (vgl. OVG
Hamburg a.a.O.; OVG Lüneburg, Urteil vom 13. August 1991 - 9 L 362.89 -, juris, LS 2
und Rn. 8), so etwa dann, wenn dem Schuldner der Leistung ein besonders schwerer
Treueverstoß zur Last zu legen ist. So liegen die Verhältnisse hier jedoch nicht. Zwar hat
der Kläger beide Teilzahlungen auf die Ausgleichsabgabe in Kenntnis der noch nicht
wirksam gewordenen Vereinbarung geleistet. Diese Vorleistungen dienten jedoch, wie
sich den jeweils beigefügten Vorbehalten entnehmen lässt, ersichtlich dem Zweck,
seiner Forderung nach Unterzeichnung des Vereinbarungsentwurfs durch den Beklagten
und möglichst zeitnaher Erteilung der zugesagten Zweckentfremdungsgenehmigung
sowie förmlicher Einstellung der Bußgeldverfahren Nachdruck zu verleihen. Die
entsprechenden Zusagen hat der Beklagte jedoch auch in der Folgezeit nicht vollständig
eingehalten. Weder hat er einen der vom Kläger übersandten Vereinbarungsentwürfe
unterschrieben noch ist dem Kläger die Genehmigung zu einem Zeitpunkt erteilt
worden, bei dem noch von einer zeitlichen Nähe zu der erzielten Übereinkunft
gesprochen werden könnte, noch sind die Bußgeldverfahren jemals förmlich eingestellt
worden.
Dem Beklagten steht aber auch aus sonstigem Recht kein Erfüllungsanspruch in Höhe
der ihm vom Verwaltungsgericht zugesprochenen weiteren 4.284,- DM bzw. 2.190,37 €
zu. Soweit er im Hinblick darauf, dass ihm der Kläger das Recht zum Behalten selbst der
bereits gezahlten 300.000,- DM unter Berufung auf die Formnichtigkeit der Vereinbarung
streitig macht, die Berechnung der Ausgleichsabgabe auf der Grundlage der seinerzeit
maßgeblichen Vorschriften über die mit der Zweckentfremdungsgenehmigung
regelmäßig zu verbindenden Auflage der Zahlung einer Ausgleichszahlung
(vgl. § 2 Abs. 7 der 2. ZwVbVO) verteidigt, muss er sich unabhängig von der Frage, ob
die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung hierfür überhaupt noch als Rechtsgrundlage
in Betracht käme, ebenso wie der Kläger treuwidriges Verhalten entgegenhalten lassen.
Denn er hat den Genehmigungsbescheid in Kenntnis der fehlenden Wirksamkeit der
Vereinbarung erteilt, um einer bislang nicht erfüllten Verpflichtung aus der mit dem
Kläger erzielten Übereinkunft nachzukommen, nicht aber, um die Voraussetzungen für
einen davon unabhängigen Anspruch auf eine Ausgleichsabgabe nach Maßgabe der
Verordnung zu begründen. Das gilt umso mehr, als durch die Vereinbarung - wie bereits
erwähnt - auch und gerade Zweifelsfragen in Bezug auf die Zulässigkeit einer
Ausgleichsabgabe und deren Bemessung beseitigt werden sollten. Daran muss sich der
Beklagte mit der Folge festhalten lassen, dass er Ansprüche aus der nichtigen
Vereinbarung nur in dem Umfang herleiten kann, als beide Vertragspartner sie erfüllt
haben. Das bedeutet, da weder der Kläger noch der Beklagte ihren eingegangenen
Verpflichtungen vollständig nachgekommen sind, dass der Beklagte als Gegenleistung
für die erteilte Zweckentfremdungsgenehmigung über die vom Kläger gezahlten
300.000,- DM hinaus keine weiteren Zahlungen auf die vereinbarte Ausgleichsabgabe
verlangen kann.
2.
Dem vom Kläger mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Anspruch auf
Erstattung der Zahlungen, die er auf der Grundlage der formunwirksamen Vereinbarung
geleistet hat, steht aus den im wesentlichen gleichen Gründen der Einwand von Treu und
Glauben entgegen. Demzufolge ist auch ein Verzugsschaden nicht entstanden.
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Bei der Vereinbarung vom Juli 1998 handelte es sich, wie bereits erwähnt, um einen
öffentlich-rechtlichen Austauschvertrag im Sinne von §§ 54, 56 VwVfG. Bei Verträgen
dieser Art stehen die beiderseitigen Leistungen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis im
Sinne der §§ 320 ff. BGB, so dass eine Rückgewähr nur Zug um Zug erfolgen kann und
ausgeschlossen ist, wenn die Leistung eines der Beteiligten nicht mehr rückgängig
gemacht werden kann. Diese Beschränkung des Erstattungsanspruchs beruht auf einer
aus Billigkeitsgründen gebotenen Berücksichtigung einer Störung des
Austauschverhältnisses und bewirkt, dass bei der Rückabwicklung eines nichtigen
Vertrages als der Kehrseite der Erfüllung eine der Gleichstellung der Parteien
entsprechende Risikoverteilung vorzunehmen ist, sofern nicht eine Partei den
Nichtigkeitsgrund gekannt oder zu vertreten hat (vgl. OVG Münster, Urteil vom 6.
Oktober 1977 - III A 793/75 -, juris Rn. 49 ff., unter Hinweis auf BGH, Urteile vom 24. Juni
1963 - VII ZR 229/62, NJW 1963, 1870, und vom 30. November 1976 - X ZR 81/72 - NJW
1977, 1194). Diese Risikoverteilung führt vorliegend zum Ausschluss des vom Kläger
geltend gemachten Erstattungsanspruchs. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Soweit die Vereinbarung vom 8. Juli 1998 von den Beteiligten erfüllt worden ist, haben
beide ihre im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Verpflichtungen in Kenntnis der
Nichtigkeit der Vereinbarung erbracht. Dass die mangelnde Formwirksamkeit allein vom
Beklagten zu vertreten wäre, wie der Kläger einwendet, trifft nicht zu. Denn der
schriftliche Vereinbarungsentwurf, gleich welcher Fassung, ist auch von ihm zu keiner
Zeit unterschrieben worden und entsprach im Übrigen inhaltlich nicht dem
Umwidmungszweck, wie er ausweislich des Schreibens seiner Rechtsvertreterin vom 21.
September 1998 mit dem Beklagten vereinbart und wie er von ihm selbst durch den
Baugenehmigungsantrag vom 24. November 1998 bestätigt worden ist. Eine
Rückabwicklung der auf der Grundlage der unwirksam gebliebenen Vereinbarung
erbrachten Leistungen Zug um Zug ist ausgeschlossen. Zwar könnte der Beklagte die
rechtsgrundlos geleisteten Zahlungen erstatten. Die dem Kläger im Gegenzug
zugeflossenen (geldwerten) Leistungen des Beklagten jedoch, die in der Erteilung der
Baugenehmigung zur Umwidmung der Wohnungen in Kanzleiräume und der - wenngleich
nicht förmlichen - Einstellung von Zweckentfremdungs- und Bußgeldverfahren unter
Verzicht auf eine Ausgleichsabgabe in größtmöglichem Umfang bestehen, lassen sich
nicht mehr rückgängig machen, so dass das Rückabwicklungsrisiko einseitig auf den
Beklagten verlagert würde, würde der Kläger mit seinem Erstattungsanspruch
durchdringen.
Ohne Erfolg hält der Kläger dem Einwand von Treu und Glauben die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zur Rückabwicklung von nichtigen
Folgekostenvereinbarungen entgegen, nach der die Geltendmachung von
Erstattungsansprüchen selbst im Falle nur einseitig möglicher Rückabwicklung nicht von
vornherein und in jedem Falle rechtsmissbräuchlich ist (vgl. etwa Urteil vom 16. Mai 2000
- BVerwG 4 C 4.99 -, juris, LS 2 und Rn. 31 ff). Diese Rechtsprechung betrifft
Fallgestaltungen, in denen die Verknüpfung der durch den Vertrag begründeten
Zahlungspflicht des Bürgers mit der hoheitlichen Maßnahme einer Behörde rechtlich zu
missbilligen ist. Vorliegend beruht die Nichtigkeit der Vereinbarung jedoch nicht auf
einem Verstoß gegen das Koppelungsverbot nach § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG. Leistung
(Erteilung der Zweckentfremdungsgenehmigung, Einstellung der Bußgeldverfahren) und
Gegenleistung (Zahlung einer Ausgleichsabgabe) befanden sich vielmehr mit der
seinerzeit geltenden Rechtslage in Einklang. Da sich die Genehmigungsbedürftigkeit
infolge der baurechtlichen Nutzungsänderung auf den Zeitraum bis zum 22. April 1999
beschränkte, steht auch das Außerkrafttreten der Zweckentfremdungsverbot-
Verordnung dem Einwand der Treuwidrigkeit nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung folgt mit Rücksicht auf das nur geringfügige Unterliegen des
Beklagten aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr.
10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten
Gründe vorliegt.
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