Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 29.03.2017
OVG Berlin-Brandenburg: probezeit, aufschiebende wirkung, präsident, entlassung, bewährung, beamtenverhältnis, direktor, einverständnis, umwandlung, verwaltungsakt
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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 4.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 4 B 66.06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 96 Abs 1 S 1 Nr 2 BG BB, § 70
Abs 1 VwGO
Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder Bewährung
Leitsatz
1. Das Recht des Dienstherrn, einen Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung zu
entlassen, erlischt unabhängig davon, ob der Beamte darauf vertrauen darf, dass er sich in
der laufbahnrechtlichen Probezeit bewährt hat, wenn der Dienstherr es unterlässt, den
Beamten unverzüglich nach Ablauf dieser Probezeit zu entlassen.
2. Die Zurücknahme des Widerspruchs gegen einen Verwaltungsakt durch mündliche
Erklärung ist unwirksam.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. H. des auf Grund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 120 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1965 geborene Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem
Beamtenverhältnis auf Probe.
Der Beklagte ernannte die Klägerin am 22. Januar 1996 unter Berufung in das
Beamtenverhältnis auf Probe zur Justizinspektorin zur Anstellung. Sie nahm in der
Folgezeit Aufgaben einer Rechtspflegerin wahr und zwar zunächst beim Amtsgericht
Cottbus. Der Direktor dieses Gerichts bewertete die von der Klägerin bis zum 17. Juni
1997 gezeigten Leistungen in seiner dienstlichen Beurteilung vom selben Tag mit
„ausreichend“. Der Präsident des Landgerichts Cottbus erklärte in seiner
Überbeurteilung vom 2. Juli 1997: Er sei zwar mit dieser Beurteilung einverstanden, habe
aber Bedenken, ob die Klägerin ohne eine grundlegende Änderung ihres
Arbeitseinsatzes und eine erhebliche Ausweitung ihrer Kenntnisse diese Note werde
halten können. Es bestehe die Gefahr, dass die Klägerin auf Dauer den Anforderungen
eines Einsatzes im gehobenen Dienst nicht gewachsen sei.
Der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts – Präsident des OLG – teilte
der Klägerin mit Schreiben vom 19. August 1997 mit, er beabsichtige, ihre Probezeit, die
gemäß § 7 Abs. 5 LVO unter Anrechnung der Tätigkeit der Klägerin als Gerichtssekretärin
mit Ablauf des 16. August 1997 hätte enden können, zunächst bis zum Ablauf der
regulären Probezeit zu verlängern, da die Bewährung innerhalb der festgesetzten
Probezeit nicht habe festgestellt werden können. Mit unanfechtbar gewordenem
Bescheid des Präsidenten des OLG vom 16. September 1997 wurde die Probezeit der
Klägerin zunächst bis zum 16. Juli 1998 verlängert.
Die Geschäfte der Klägerin wurden am 7. Mai 1998 unangekündigt geprüft. Der Direktor
des Amtsgerichts Cottbus erstellte am 11. Mai 1998 eine dienstliche Beurteilung der
Klägerin, die sich auf den Zeitraum vom 18. Juni 1997 bis zum 6. Mai 1998 erstreckte. Er
beurteilte die Leistung, Kenntnis und Fähigkeit der Klägerin mit „mangelhaft“ und
äußerte Bedenken gegen die Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf
Lebenszeit. Mit Bescheid vom 14. Juli 1998 lehnte der Direktor des Amtsgerichts Cottbus
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Lebenszeit. Mit Bescheid vom 14. Juli 1998 lehnte der Direktor des Amtsgerichts Cottbus
es ab, letztere Beurteilung abzuändern. Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid
Widerspruch.
Die Geschäfte der Klägerin wurden am 15. Juni 1998 und am 31. August 1998 erneut
unangekündigt geprüft.
Der Präsident des Landgerichts Cottbus erklärte mit Schreiben vom 8. September 1998
an den Präsidenten des OLG u. a., dass die in der Überbeurteilung vom 2. Juli 1997
geäußerte negative Prognose sich anlässlich der Geschäftsprüfungen vom 15. Juni 1998
und 31. August 1998 bestätigt habe und dass die Klägerin nach seinen Feststellungen
die Anforderungen der Laufbahn nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht
erfülle (§ 7 Abs. 1 LVO); er regte ausdrücklich an, die Entlassung der Klägerin gemäß § 7
Abs. 8 LVO in die Wege zu leiten.
Der Präsident des OLG teilte der Klägerin mit Schreiben vom 6. Oktober 1998 mit, dass
er sich auf Grund des Berichts des Präsidenten des Landgerichts Cottbus vom 8.
September 1998 veranlasst sehe, weitere Erkenntnisse zu gewinnen, um feststellen zu
können, ob gegen die beabsichtigte Übernahme in das Beamtenverhältnis auf
Lebenszeit Bedenken bestünden; vorsorglich weise er darauf hin, dass, da die Eignung,
Befähigung und fachliche Leistung der Klägerin bis zum Ende der Probezeit nicht habe
festgestellt werden können, die Probezeit während des für die abschließende Prüfung
unerlässlichen Zeitraums nicht ablaufe.
Mit Bescheid vom 7. Juni 1999 verlängerte der Präsident des OLG die Probezeit der
Klägerin über den 16. Juli 1998 hinaus bis zum 13. März 2000 und ordnete die Klägerin
zugleich mit Wirkung vom 14. Juni 1999 bis zum 13. Dezember 1999 zur weiteren
Erprobung an das Amtsgericht Frankfurt (Oder) ab. Die Klägerin erhob gegen diesen
Bescheid mit zwei anwaltlichen Schreiben vom 10. Juni 1999 Widerspruch; als Inhalt des
Bescheids ist in einem dieser Schreiben die Probezeitverlängerung und in dem anderen
die Abordnung ausdrücklich erwähnt. Die Klägerin beantragte beim Verwaltungsgericht
Cottbus (Az. 5 L 286/99), die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die in
dem Bescheid vom 7. Juni 1999 verfügte Abordnung anzuordnen. Die Klägerin und der
Beklagte erklärten diesen Rechtstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt,
nachdem die Klägerin sich in dem Erörterungstermin vom 14. Juli 1999 mit einer
Abordnung an das Amtsgericht Frankfurt (Oder) bis zum 13. Dezember 1999 – wie im
Bescheid vom 7. Juni 1999 verfügt – einverstanden erklärt hatte.
Der Direktor des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) erstellte am 1. Dezember 1999 eine
dienstliche Beurteilung der Klägerin. Mit Bescheid vom 6. Januar 2000 berichtigte er das
in dieser Beurteilung angegebene Ende des Abordnungszeitraums und lehnte es im
Übrigen ab, die Beurteilung abzuändern. Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid mit
Ausnahme besagter Berichtigung Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid/Überbeurteilung vom 7. April 2000 fasste der Präsident des
OLG die dienstliche Beurteilung des Direktors des Amtsgerichts Cottbus vom 11. Mai
1998 und diejenige des Direktors des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. Dezember
1999 neu. Die Klägerin erhob vor dem Verwaltungsgericht Cottbus Klage (Az. 5 K
871/00), mit der sie begehrte, sie für die Zeiträume 18. Juni 1997 bis 6. Mai 1998 und 14.
Juni 1999 bis 13. Dezember 1999 neu zu beurteilen.
Mit Bescheid vom 18. April 2000 entließ der Präsident des OLG die Klägerin mit Ablauf
des 30. Juni 2000 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Er führte zur Begründung im
Wesentlichen aus: Die Entscheidung stütze sich auf § 96 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 LBG. Er
könne eine erfolgreiche Bewährung der Klägerin, die durch eine erhebliche
Leistungssteigerung im Vergleich zu der nicht angefochtenen Beurteilung des Direktors
des Amtsgerichts Cottbus vom 17. Juni 1997 und der Überbeurteilung des Präsidenten
des Landgerichts Cottbus vom 2. Juli 1997 hätte gekennzeichnet sein müssen, nicht
feststellen. Die Klägerin habe die bereits in dieser Beurteilung bzw. Überbeurteilung
aufgezeigten Mängel während der gesamten verlängerten Probezeit nicht abstellen
können. Er vermöge der Argumentation, dass eine rechtskräftige Probezeitverlängerung
nicht vorliege, weil über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Juni 1999 noch
nicht entschieden worden sei, nicht zu folgen. Es habe davon ausgegangen werden
müssen, dass mit dem Einverständnis der Klägerin zu ihrer Abordnung an das
Amtsgericht Frankfurt (Oder) konkludent auch das Einverständnis zur Verlängerung der
Probezeit erklärt worden sei. Denn diese Abordnung, die ausschließlich dem Zweck der –
weiteren – Erprobung innerhalb der – verlängerten – Probezeit gedient habe, wäre
andernfalls ins Leere gelaufen. Der Präsident des OLG wies den Widerspruch, den die
Klägerin gegen den zuletzt genannten Bescheid erhoben hatte, mit
Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2000 zurück und führte zur Begründung aus: Die
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Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2000 zurück und führte zur Begründung aus: Die
dienstlichen Beurteilungen der Klägerin, die Gegenstand des Klageverfahrens 5 K 871/00
seien, bildeten nicht die Grundlage für die Entlassungsentscheidung. Die Entlassung
stütze sich vielmehr auf die ausgebliebene Leistungssteigerung der Klägerin im
Vergleich zu der nicht angefochtenen Beurteilung vom 17. Juni 1997 und
Überbeurteilung vom 2. Juli 1997.
Durch das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2004 ergangene,
rechtskräftige Urteil – 5 K 871/00 – hob das Verwaltungsgericht Cottbus den Bescheid
des Direktors des Amtsgerichts Cottbus vom 15. Juli 1998, den Bescheid des Direktors
des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. Januar 2000 und den mit
„Widerspruchsbescheid und Überbeurteilung“ überschriebenen Bescheid des
Präsidenten des OLG vom 7. April 2000 auf und verpflichtete den Beklagten, die Eignung,
Befähigung und fachliche Leistung der Klägerin in den Zeiträumen 18. Juni 1997 bis 6.
Mai 1998 und 14. Juni 1999 bis 13. Dezember 1999 neu zu beurteilen.
Der Direktor des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) bewertete die Leistungen, Kenntnisse
und Fähigkeiten der Klägerin in dem Zeitraum 14. Juni 1999 bis 13. Dezember 1999 in
seiner dienstlichen Beurteilung vom 15. August 2005 mit „ausreichend (untere
Grenze)“. Der Direktor des Amtsgerichts Cottbus bewertete die Leistungen, Kenntnisse
und Fähigkeiten der Klägerin in den Zeiträumen 18. Juni 1997 bis 6. Mai 1998, 7. Mai
1998 bis 13. Juni 1999 und 14. Dezember 1999 bis 13. März 2000 in seinen dienstlichen
Beurteilungen vom 28. September 2005 jeweils mit „mangelhaft“. Der Direktor des
Amtsgerichts Frankfurt (Oder) lehnte es mit Bescheid vom 27. Februar 2007 ab, seine
dienstliche Beurteilung vom 15. August 2005 abzuändern. Der Direktor des
Amtsgerichts Cottbus lehnte es mit Bescheiden vom 12. März 2007 ab, seine
dienstlichen Beurteilungen vom 28. September 2005 abzuändern. Der Präsident des
OLG wies die Widersprüche, die die Klägerin gegen die zuletzt genannten Bescheide
erhoben hatte, mit Widerspruchsbescheiden vom 29. Mai 2007 zurück. Die Klägerin
erhob vor dem Verwaltungsgericht Cottbus Klage (Az. 5 K 707/07), mit der sie begehrt,
sie für die zuletzt genannten Zeiträume neu zu beurteilen. Über diese Klage ist noch
nicht entschieden.
Die Klägerin hat gegen den Bescheid des Präsidenten des OLG vom 18. April 2000 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 26. Juli 2000 Klage
erhoben. Das Verwaltungsgericht Cottbus hat diese Bescheide durch das auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 9. August 2007 ergangene Urteil aufgehoben. Es hat
seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Entlassungsentscheidung
sei fehlerhaft, weil ihre tatsächlichen Grundlagen unklar seien. Es fehle deshalb auch an
der erforderlichen plausiblen und nachvollziehbaren Darlegung der mangelnden
Bewährung der Klägerin. Die angefochtenen Bescheide selbst ließen völlig offen, aus
welchen Tatsachen oder Bewertungen oder woraus sonst der Beklagte das Fehlen einer
Leistungssteigerung der Klägerin im Vergleich zu der Beurteilung von 1997 herleite;
entsprechendes gelte für die Einschätzung, die in dieser Beurteilung aufgezeigten
Mängel seien während der gesamten verlängerten Probezeit nicht abgestellt worden. An
diesem Befund ändere sich auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des
Beklagten, insbesondere im Klageverfahren, nichts.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten, zu
deren Begründung er geltend macht:
Grundlage der Entlassungsentscheidung seien die Beurteilung des Direktors des
Amtsgerichts Cottbus vom 17. Juni 1997 in der Gestalt der Überbeurteilung des
Präsidenten des Landgerichts Cottbus, die Beurteilung des Direktors des Amtsgerichts
Frankfurt (Oder) vom 15. August 2005 sowie die drei Beurteilungen des Direktors des
Amtsgerichts Cottbus vom 28. September 2005, die den vier zuletzt genannten
Beurteilungen zugrunde liegenden Feststellungen, die Erkenntnisse aus den
Geschäftsprüfungen vom 7. Mai 1998, 15. Juni 1998, 31. August 1998 und 24. März 1999
sowie die Feststellungen, die auf der Durchsicht der von der Klägerin ausweislich des
Protokolls vom 24. Juni 1999 in ihrem Dienstzimmer zurückgelassenen Akten beruhten.
Zudem seien Grundlage der Entlassungsentscheidung die von den jeweiligen
Behördenleitern gemachten eigenen Beobachtungen sowie die bei der Durchsicht von
Akten im Rahmen von Geschäftsprüfungen gewonnenen Erkenntnisse.
Die der Überbeurteilung des Präsidenten des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 9.
Dezember 1999 zugrunde liegenden Sachverhalte und Feststellungen, einschließlich
dieser – zeitnah – erstellten Überbeurteilung, seien zutreffend und blieben Grundlage der
Entlassungsentscheidung.
Die fachlichen Leistungen der Klägerin seien nicht ausreichend. Die Klägerin sei infolge
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Die fachlichen Leistungen der Klägerin seien nicht ausreichend. Die Klägerin sei infolge
ihrer mangelnden Rechtskenntnisse und ihrer mangelnden Arbeitsorganisation nicht in
der Lage ein durchschnittliches Pensum mengenmäßig zu bearbeiten.
Die Ergebnisse der Geschäftsprüfungen belegten, dass die Arbeitsweise der Klägerin zu
erheblichen Bearbeitungsrückständen geführt habe. Dies gelte insbesondere bei einem
Vergleich der Leistungen mit den anderen Rechtspflegern der Gerichte, bei denen die
Klägerin tätig gewesen sei. Dieser Vergleichsmaßstab sei bei den Geschäftsprüfungen
durch die Dienstvorgesetzten berücksichtigt worden.
Die mit Bescheid vom 7. Juni 1999 verfügte Probezeitverlängerung sei bestandskräftig.
Gegenstand der Erörterung im Termin vom 14. Juli 1999 sei auch die Verlängerung der
Probezeit gewesen und die Klägerin habe sich auch insoweit mit dem Inhalt des
Bescheides vom 7. Juni 1999 einverstanden erklärt. Die Erledigungserklärung in diesem
Termin habe – jedenfalls konkludent – auch den Widerspruch gegen die Verlängerung der
Probezeit umfasst mit der Folge, dass das Widerspruchsverfahren hierdurch seine
Erledigung gefunden habe.
Unabhängig davon sei der Bescheid vom 7. Juni 1999 auch rechtmäßig. Die Klägerin
könne sich nicht auf einen Vertrauenstatbestand berufen. Sie habe auf Grund der
Mitteilung des Präsidenten des OLG vom 6. Oktober 1998 gewusst, dass die Probezeit
mangels entsprechender Leistungen verlängert werden würde.
Der Beklagte beantragt,
das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. August 2007 ergangene
Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend und macht – unter
Bezugnahme auf ihren Vortrag im Verfahren im ersten Rechtszug und im
Berufungszulassungsverfahren – geltend:
Der im zweiten Rechtszug erfolgte Vortrag des Beklagten zu den tatsächlichen
Grundlagen seiner Entlassungsentscheidung sei verspätet. Lediglich hilfsweise würden
die dem Vortrag zugrunde liegenden Tatsachenbehauptungen bestritten.
Der Vortrag setze sich in deutlichen Widerspruch zu den Erklärungen des Beklagten in
der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2004, gehe von bestrittenen und
unbewiesenen Zahlen zu den bei ihr festgestellten Aktenvorgängen aus und würdige die
ins Feld geführten Aktenvorgänge rechtlich falsch.
Die Ergebnisse der sog. Geschäftsprüfungen seien nicht verwertbar. Der Beklagte
übersehe, dass auf Grund der Feststellungen in seinen bereits als solchen umstrittenen
„Geschäftsprüfungen“ kein konkreter Leistungsvergleich zwischen ihr und anderen
Bediensteten vorgenommen werden könne.
Es sei bis heute nicht über ihren Widerspruch gegen die mit Bescheid vom 7. Juni 1999
verfügte Probezeitverlängerung entschieden. Eine Erledigung dieses
Widerspruchsverfahrens durch die Erledigung des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens
gegen die Abordnung an das Amtsgericht Frankfurt (Oder) sei nicht eingetreten, weil
beide Verfahren unterschiedliche Streitgegenstände beträfen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf
die Streitakte (3 Bände), die Akten des Verwaltungsgerichts Cottbus mit den
Aktenzeichen 5 L 286/99, 5 K 871/00, 5 L 16/03 und 5 K 707/07, die
Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Akten des Amtsgerichts Cottbus 28 AR
29/97, 28 AR 34/98, 53 F 258/95 sowie 53 F 165/96 (3 Bände) verwiesen, die vorgelegen
haben und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im
Ergebnis zu Recht stattgegeben.
Der Bescheid des Präsidenten des OLG vom 18. April 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 26. Juli 2000 ist rechtswidrig und die
Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Beklagte war, als er
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Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Beklagte war, als er
die Klägerin mit Bescheid vom 18. April 2000 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe
entließ, hierzu nicht mehr berechtigt. Sein Recht, die Klägerin zu entlassen – oder auch
nur ihre Probezeit zu verlängern –, war spätestens Anfang Oktober 1998 erloschen.
1. Rechtsgrundlage für die Entlassung der Klägerin wegen mangelnder Bewährung ist §
96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Beamtengesetzes für das Land Brandenburg
(Landesbeamtengesetz – LBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober
1999 (GVBl. I S. 446). Nach dieser Vorschrift kann der Beamte auf Probe entlassen
werden, wenn er sich in der Probezeit hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung oder
fachlichen Leistung nicht bewährt hat.
a) Der Dienstherr darf grundsätzlich noch nach dem Ende der Probezeit über die
Bewährung des Beamten auf Probe und gegebenenfalls seine Entlassung entscheiden.
Er muss diese Entscheidungen allerdings aus Gründen der Fürsorgepflicht alsbald, d. h.
unverzüglich, mithin ohne schuldhafte Verzögerung nach Ablauf der Probezeit treffen
(vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1993 – 2 C 27.90 –, juris Rn. 11 f. und 14, vom 31.
Mai 1990 – 2 C 35.88 –, juris Rn. 22, und vom 29. Oktober 1964 – II C 219.62 –, BVerwGE
19 S. 344 [347 f.]).
Die Entscheidung über die Umwandlung des Beamtenverhältnisses auf Probe in ein
solches auf Lebenszeit darf nicht unangemessen lange hinausgezögert werden (vgl.
BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1993, a.a.O. Rn. 9 f., und vom 31. Mai 1990, a.a.O. Rn.
22 m.w.N.). Das setzt voraus, dass der Dienstherr die in Vorbereitung dieser
Entscheidung erforderlichen Feststellungen und Wertungen im gesetzlich vorgegebenen
Zeitrahmen trifft. Dies liegt sowohl im Interesse des Dienstherrn selbst als auch
insbesondere im Interesse des Beamten und dient seinem Schutz. Die Fürsorgepflicht
des Dienstherrn gebietet, den Beamten auf Probe alsbald wissen zu lassen, „woran er
ist“, damit dieser seine Lebensplanung entsprechend einrichten kann. Die Entscheidung
des Dienstherrn über die vorstehend bezeichnete Umwandlung ist dem Zweck des
Probebeamtenverhältnisses entsprechend auf Berufung in das Beamtenverhältnis auf
Lebenszeit oder Entlassung gerichtet bzw. um den Zeitpunkt der Entscheidung für eine
dieser Alternativen hinauszuschieben, auf Verlängerung der Probezeit. Eine weitere
Möglichkeit sieht das Gesetz nicht vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1993, a.a.O.
Rn. 9 m.w.N.).
Die Entscheidung des Dienstherrn über die Bewährung des Beamten in der Probezeit ist
zur Vorbereitung der Entscheidung über die Umwandlung erforderlich. Die Bewährung
des Beamten in einer Probezeit ist Voraussetzung für die Übernahme ins
Beamtenverhältnis auf Lebenszeit (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 3 und Abs 2 Satz 1 LBG);
Beamte, die sich nicht bewährt haben, sind gemäß § 7 Abs. 8 Satz 2 der Verordnung
über die Laufbahnen der Beamten des Landes Brandenburg (Laufbahnverordnung –
LVO) vom 25. Februar 1997 (GVBl. II S. 58) zu entlassen. Die für die
Bewährungsentscheidung erforderlichen Feststellungen sind demnach ebenfalls für die
Umwandlungsentscheidung notwendig. Auch diese Feststellungen können „ohne
schuldhaftes Zögern" noch nach Ablauf der Probezeit getroffen werden (vgl. BVerwG,
Urteil vom 25. Februar 1993, a.a.O. Rn. 14).
Maßgebend für die Beurteilung, ob sich ein Beamter auf Probe bewährt hat, bzw. ob er
wegen mangelnder Bewährung entlassen werden kann, ist sein Verhalten in der
laufbahnrechtlichen Probezeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 1990, a.a.O. Rn. 19, sowie
§ 7 Abs. 1 Satz 1 LVO).
b) Die Zeitspanne, die die Rechtsprechung dem Dienstherrn nach Ablauf der Probezeit
einräumt, um die in Rede stehenden Feststellungen und Entscheidungen zu treffen,
richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Februar
1992 – 2 B 161.91 –, juris Rn. 5 f., Beschluss vom 1. September 1988 – 2 B 105.88 –,
juris Rn. 3 m.w.N., und Urteil vom 29. Oktober 1964, a.a.O. S. 347; Günther, ZBR 1985 S.
321 ff. [321 und 331]). Ihre Dauer hängt davon ab, wann der Dienstherr die
Entscheidung über die Entlassung treffen kann, die Sache also insoweit
entscheidungsreif ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1972 – VI C 43.70 –, BVerwGE
41 S. 75 [80]). Sie bemisst sich mit anderen Worten danach, wie lange im jeweiligen
Einzelfall für die Feststellung des für diese Entscheidung erheblichen Sachverhalts und
für den Entschluss über die Rechtsfolge, mithin für eine sorgfältige Abwägung aller
Umstände (vgl. BVerwG vom 31. Mai 1990, a.a.O. Rn. 22, und vom 29. Oktober 1964,
a.a.O. S. 347), erforderlich ist (vgl. Günther, a.a.O. S. 321 f.).
c) Unterlässt es der Dienstherr, seine Wertung alsbald nach dem Ende der Probezeit
vorzunehmen und das Entlassungsverfahren (Anhörung des Beamten, erforderlichenfalls
Beteiligung des Personalrats) einzuleiten, dann ist die Entlassungskompetenz insoweit
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Beteiligung des Personalrats) einzuleiten, dann ist die Entlassungskompetenz insoweit
kraft Gesetzes erloschen (vgl. Günther, DÖD 1985 S. 148 [157]; sinngemäß auch
BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 1972, a.a.O. S. 79 f., und vom 29. Oktober 1964, a.a.O.
S. 348 ff.).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte die Entlassung der Klägerin aus
dem Beamtenverhältnis auf Probe durch Bescheid vom 18. April 2000 zu spät
ausgesprochen. Er hat diese Entscheidung nicht ohne vermeidbare Verzögerung nach
Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit der Klägerin getroffen.
a) Diese Probezeit lief am 16. Juli 1998 ab. Es mag letztlich auf sich beruhen, ob die
Probezeit, die mit der am 22. Januar 1996 wirksam gewordenen Ernennung der Klägerin
zur Beamtin auf Probe (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 Nr. 1 LBG) begann (vgl.
Schröder/Lemhöfer/Krafft, Das Laufbahnrecht der Beamten, 27. Ergänzungslieferung
[Stand: September 2009], § 7 BLV a. F. Rn. 9) und deren regelmäßige Dauer zwei Jahre
und sechs Monate betrug (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LVO), mit dem bestandskräftigen
Bescheid vom 16. September 1997 wirklich – wie es in ihm heißt – bis zu dem in Rede
stehenden Tag verlängert wurde. Denn jedenfalls setzte der Beklagte mit diesem
Bescheid das Ende der Probezeit auf den 16. Juli 1998 fest.
Die Verlängerung der Probezeit über den 16. Juli 1998 hinaus bis zum 13. März 2000, die
der Beklagte mit Bescheid vom 7. Juni 1999 aussprach, ist dagegen nicht zu
berücksichtigen. Diese Probezeitverlängerung, ein Verwaltungsakt, ist nicht vollziehbar,
d. h. Folgerungen tatsächlicher und rechtlicher Art können aus ihr nicht gezogen werden
(vgl. Nds. OVG, Urteil vom 24. April 2007 – 5 LB 37/07 –, juris Rn. 61). Der Widerspruch,
den die Klägerin mit Schreiben vom 10. Juni 1999 gegen diesen sie belastenden
Verwaltungsakt erhob, hat gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung.
Die Klägerin hat diesen Widerspruch entgegen der Auffassung des Beklagten nicht,
jedenfalls nicht wirksam zurückgenommen.
aa) Sie hat nicht ausdrücklich erklärt, dass sie den Widerspruch zurücknimmt. Eine
Erklärung dieses Inhalts ist von ihr insbesondere dem Sinne nach nicht abgegeben
worden.
Die Klägerin hat in dem Erörterungstermin vom 14. Juli 1999 vor dem Verwaltungsgericht
nicht ausdrücklich erklärt, dass sie mit der in dem Bescheid vom 7. Juni 1999 verfügten
Verlängerung ihrer Probezeit einverstanden ist. Sie äußerte dies damals nicht wörtlich.
Gegenteiliges trägt auch der Beklagte nicht vor. Seine Vertreterin hat in der mündlichen
Verhandlung auf Nachfrage des Senats klargestellt, dass der Beklagte behauptet, die
Klägerin habe sich in dem Erörterungstermin vom 14. Juli 1999 sinngemäß auch insoweit
mit dem Inhalt des Bescheides vom 7. Juni 1999 einverstanden erklärt, als mit diesem
Bescheid die Probezeit verlängert wurde.
Ein solches Einverständnis hat die Klägerin in dem genannten Erörterungstermin auch
dem Sinne nach nicht erklärt.
Die von ihr seinerzeit abgegebene Erklärung, sie sei mit einer Abordnung an das
Amtsgericht Frankfurt (Oder) bis zum 13. Dezember 1999 – wie im Bescheid vom 7. Juni
1999 verfügt – einverstanden, ist nicht dahin zu verstehen, dass die Klägerin neben der
Abordnung auch mit der Verlängerung der Probezeit einverstanden war. Ein
Einverständnis mit der Probezeitverlängerung kommt in dieser Erklärung unter
Berücksichtigung der Begleitumstände nicht deutlich und bestimmt genug zum
Ausdruck. Die anwaltlich vertretene Klägerin gab die Erklärung in einem gerichtlichen
Verfahren ab, in dem es allein um den Ort ging, an dem sie ihren Dienst in den nächsten
Monaten zu leisten hatte. Streitgegenstand dieses Verfahrens war ausschließlich die
Vollziehbarkeit der Abordnung. Die Klägerin, deren Widerspruch gegen die Abordnung
gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG keine aufschiebende Wirkung hatte, begehrte
ausdrücklich nur gegen diesen Verwaltungsakt vorläufigen Rechtsschutz. Außerdem hat
die Klägerin auch ansonsten deutlich zwischen den beiden Verwaltungsakten, die der
Bescheid vom 7. Juni 1999 enthielt, unterschieden. Sie hatte gegen die Abordnung und
gegen die Probezeitverlängerung jeweils gesondert Widerspruch erhoben.
Ein Anhalt dafür, dass die Klägerin mit der Verlängerung der Probezeit einverstanden
war, ist auch im Übrigen nicht vorhanden. Vielmehr wies die Klägerin den Beklagten mit
anwaltlichem Schreiben vom 27. März 2000 darauf hin, dass über ihren Widerspruch
gegen die Probezeitverlängerung noch nicht entschieden worden war. Es ist unerheblich,
dass der Beklagte die Klägerin ausdrücklich zur weiteren Erprobung abgeordnet hatte.
Denn das Einverständnis der Klägerin mit der Abordnung hat unter den genannten
Umständen nicht bedeutet, dass die Klägerin auch den vom Beklagten mit dieser
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Umständen nicht bedeutet, dass die Klägerin auch den vom Beklagten mit dieser
Maßnahme verfolgten Zweck und damit zugleich die Verlängerung ihrer Probezeit
akzeptierte. Es kann dahinstehen, ob auch die Verlängerung der Probezeit Gegenstand
der Erörterung in dem Termin vom 14. Juli 1999 war. Denn aus diesem Umstand folgt
weder allein noch zusammen mit anderen Umständen, dass die in Rede stehende
Erklärung zugleich das Einverständnis der Klägerin mit der Probezeitverlängerung
beinhaltete.
Die Äußerung der Klägerin in dem Erörterungstermin vom 14. Juli 1999, sie erkläre den
Rechtstreit für in der Hauptsache erledigt, ist ebenfalls nicht als Einverständnis mit der
Probezeitverlängerung zu verstehen. Diese Erklärung sollte unter den hier gegebenen
Umständen ihrem Wortlaut gemäß allein die Rechtshängigkeit des Rechtsstreits in der
Hauptsache beseitigen, in dem sie abgegeben wurde. Diese Hauptsache – der Streit um
die Vollziehbarkeit der Abordnung – war erledigt, nachdem die Klägerin sich mit der
Abordnung einverstanden erklärt hatte. Die Erledigungserklärung umfasste aus diesen
Gründen auch weder die Rücknahme des Widerspruchs gegen die Probezeitverlängerung
noch die Erledigung des diese Verlängerung betreffenden Widerspruchsverfahrens.
Der Beklagte hat nicht substantiiert behauptet, dass die Klägerin in dem
Erörterungstermin vom 14. Juli 1999 eine andere Erklärung abgab, die den Sinn eines
Einverständnisses mit der Probezeitverlängerung hatte. Insbesondere den Wortlaut einer
derartigen Erklärung hat er nicht dargelegt.
bb) Jedenfalls wäre eine solche wörtliche oder sinngemäße mündliche Erklärung als
Rücknahme des Widerspruchs nicht wirksam. Denn sie wahrt die erforderliche Form
nicht. Die Zurücknahme des Widerspruchs kann nur in der Form des § 70 Abs. 1 VwGO
erklärt werden (vgl. etwa Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 69 Rn. 8, Funke-Kaiser in
Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 69 Rn. 14, Dolde/Porsch in
Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 18. Ergänzungslieferung [Stand: Juli 2009], §
69 Rn. 14 m.w.N., Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht,
11. Aufl., § 36 Rn. 10, und Hess. VGH, Urteil vom 1. Februar 1971 – VI OE 37/70 –, juris;
a.M. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Februar 1995 – 3 A 2081/91 –, S. 8 UA), d.
h. schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen
hat, oder bei der Behörde, die über den Widerspruch zu entscheiden hat.
cc) Es kann offen bleiben, ob die Zurücknahme des Widerspruchs gegen einen
Verwaltungsakt konkludent erklärt werden kann (Funke-Kaiser in Bader/Funke-
Kaiser/Kuntze/von Albedyll, a.a.O. § 69 Rn. 14, und OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O. S. 8
UA, bejahen diese Möglichkeit, während die h.M., etwa Kopp/Schenke, a.a.O., § 69 Fn. 9,
Geis in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 69 Rn. 76, und Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O. §
36 Rn. 10, Bay. VGH, Beschluss vom 8. November 1974 – Nr. 260 IV 74 –, BayVBl. 1975
S. 21 f., sie verneint). Denn die Klägerin hat auch nicht konkludent erklärt, dass sie ihren
Widerspruch gegen die Probezeitverlängerung zurücknimmt. Weder die Abgabe der
Einverständniserklärung mit der Abordnung noch die Abgabe der Erledigungserklärung
durch die Klägerin im Termin vom 14. Juli 1999 lassen den Schluss darauf zu, dass die
Klägerin diesen Widerspruch zurücknehmen wollte. Diese Handlungen können aus den
gleichen Gründen, aus denen die betreffenden Erklärungen nicht als Rücknahme des
Widerspruchs zu interpretieren sind, auch nicht als schlüssig abgegebene Erklärungen
dieses Inhalts verstanden werden.
b) Der Beklagte hätte spätestens am 6. Oktober 1998 eine Entscheidung über die
Entlassung der Klägerin treffen können. Die Sache war spätestens an diesem Tag
insoweit entscheidungsreif. Ein längerer Zeitraum war im vorliegenden Fall für die
Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und für den Entschluss, von
welcher der im Gesetz vorgesehenen Entscheidungsmöglichkeiten der Dienstherr
Gebrauch machen wollte, nicht erforderlich.
Der Beklagte hatte den für die Entscheidung relevanten Sachverhalt spätestens Mitte
September 1998 ermittelt. Die für die Feststellung dieses Sachverhalts erforderlichen
Unterlagen lagen der für die Entscheidung zuständigen Behörde des Beklagten, dem
Präsidenten des OLG, spätestens am 16. September 1998 vor. Die dienstliche
Beurteilung des Direktors des Amtsgerichts Cottbus vom 11. Mai 1998, die Niederschrift
über die Prüfung der Geschäfte der Klägerin vom 15. Juni 1998 und das Schreiben des
Präsidenten des Landgerichts Cottbus vom 18. Juni 1998 waren am 22. Juni 1998 beim
Brandenburgischen Oberlandesgericht – OLG – eingegangen. Das Protokoll der
Geschäftsprüfung vom 7. Mai 1998, die von der Klägerin zu der Beurteilung abgegebene
Gegendarstellung vom 17. Juni 1998, der Bescheid des Direktors des Amtsgerichts
Cottbus vom 14. Juli 1998, das Schreiben der Klägerin vom 31. Juli 1998, mit dem diese
unter Bezugnahme auf besagte Gegendarstellung Widerspruch gegen den genannten
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unter Bezugnahme auf besagte Gegendarstellung Widerspruch gegen den genannten
Bescheid erhoben hatte, und der ergänzende Vermerk des Direktors des Amtsgerichts
Cottbus vom 12. August 1998 zu der Gegenvorstellung gingen dort am 19. August 1998
ein. Die Überbeurteilung des Präsidenten des Landgerichts Cottbus und das Protokoll
der Geschäftsprüfung vom 31. August 1998 lagen dem Präsidenten des OLG Mitte
September 1998 vor. Das Schreiben dieses Landgerichtspräsidenten vom 8. September
1998 stellt jedenfalls in Verbindung mit seinem Schreiben vom 18. Juni 1998 der Sache
nach diese Überbeurteilung dar. Der Präsident des Landgerichts Cottbus, der schon in
seinem Schreiben vom 18. Juni 1998 bemerkt hatte, das Ergebnis der Geschäftsprüfung
vom 15. Juni 1998 bestätige die in der dienstlichen Beurteilung vom 11. Mai 1998
getroffenen Feststellungen, erklärte in seinem Schreiben vom 8. September 1998 u. a.,
dass die in der Überbeurteilung vom 2. Juli 1997 geäußerte negative Prognose sich
anlässlich der Geschäftsprüfungen vom 15. Juni 1998 und 31. August 1998 bestätigt
habe und dass die Klägerin nach seinen Feststellungen die Anforderungen der Laufbahn
nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht erfülle (§ 7 Abs. 1 LVO). Sein
Schreiben vom 8. September 1998, dem u. a. das Protokoll der Geschäftsprüfung vom
31. August 1998 beigefügt war, ging am 16. September 1998 beim OLG ein.
Der Präsident des OLG benötigte seinerzeit keine weiteren tatsächlichen Erkenntnisse,
um eine sachgerechte Entscheidung über die Umwandlung des Beamtenverhältnisses
der Klägerin treffen zu können. Es ist weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich,
welche weiteren Erkenntnisse er laut seinem Schreiben vom 6. Oktober 1998 noch
gewinnen wollte, geschweige denn, dass diese Erkenntnisse für die Entscheidung über
diese Umwandlung erforderlich waren. Erkenntnisse, die der Präsident des OLG
möglicherweise durch seine Anfrage vom 14. Mai 1999 gewann, waren es offensichtlich
nicht. Denn er verlängerte die Probezeit der Klägerin durch Bescheid vom 7. Juni 1999,
ohne die Antwort des Direktors des Amtsgerichts Cottbus auf diese Anfrage abzuwarten.
Das Schreiben vom 16. Juni 1999, mit dem der Direktor dieses Amtsgerichts die Anfrage
beantwortete, ging erst am 23. Juni 1999 beim OLG ein.
Es mag letztlich auf sich beruhen, ob der Präsident des OLG die Wertung, dass die
Klägerin sich bis zum Ablauf der Probezeit am 18. Juli 1998 nicht bewährt hatte, am 6.
Oktober 1998 schon getroffen hatte, wofür die Äußerung in seinem Schreiben vom
selben Tag spricht, die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung – der Klägerin – habe
bis zum Ende der Probezeit nicht festgestellt werden können. Denn jedenfalls hätte er
diese Wertung bis zum 6. Oktober 1998 treffen können. Er hätte bis dahin auch bereits
den Entschluss fassen können, die Klägerin zu entlassen, und ein Entlassungsverfahren
einleiten können. Mehr als knapp drei Wochen waren dafür nach der Ermittlung des
entscheidungserheblichen Sachverhalts weder nötig noch angemessen.
Der Umstand, dass die Klägerin gegen den Bescheid des Direktors des Amtsgerichts
Cottbus vom 14. Juli 1998 Widerspruch erhoben hatte – dieser Umstand wird in dem
Aktenvermerk vom 30. April/4. Mai 1999 als Grund dafür angegeben, dass bis dahin auf
eine förmliche Verlängerung der Probezeit verzichtet worden sei –, hinderte den
Präsidenten des OLG nicht daran, bis zum 6. Oktober 1998 über die Entlassung der
Klägerin zu entscheiden. Denn die Entscheidung über diesen Widerspruch war weder
Voraussetzung für das vom Präsidenten des OLG zu fällende Urteil über die Bewährung
der Klägerin noch Voraussetzung für die von ihm zu treffende Entscheidung über die
Entlassung derselben.
Im Übrigen hat der Beklagte auch in der Zeit nach dem 6. Oktober 1998 nicht ohne
vermeidbare Verzögerung über die Entlassung der Klägerin entschieden. Hindernisse,
deren Beseitigung dem Beklagten – noch – nicht möglich war, standen einer
sachgerechten Entscheidung über diese Entlassung in der gesamten Zeit vom 7.
Oktober 1998 bis zu der Einleitung des Entlassungsverfahrens mit Schreiben vom 14.
Februar 2000 nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1964, a.a.O. S. 348).
c) Es ist aus diesen Gründen unerheblich, ob die Klägerin auf Grund des Schreibens des
Präsidenten des OLG vom 6. Oktober 1998 wusste oder wissen musste, dass ihre
laufbahnrechtliche Probezeit verlängert werden würde. Darüber hinaus hat der Präsident
des OLG der Klägerin in diesem Schreiben auch nicht, geschweige denn eindeutig,
mitgeteilt, dass er beabsichtige, besagte Probezeit zu verlängern. Vielmehr erklärte er
der Klägerin in dem Schreiben sinngemäß, dass ihre laufbahnrechtliche Probezeit
solange – kraft Gesetzes – nicht ende, wie er für die „abschließende Prüfung“ ihrer
Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung benötige. Er führte in dem Schreiben
namentlich aus, dass die Probezeit – seiner Auffassung nach – während des für diese
Prüfung unerlässlichen Zeitraums nicht ablaufe. Erst mit Schreiben vom 4. Mai 1999
teilte der Präsident des OLG der Klägerin mit, dass er beabsichtige, ihre Probezeit zu
verlängern.
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Es ist ohne Bedeutung, ob die Klägerin auf Grund des Schreibens des Präsidenten des
OLG vom 6. Oktober 1998 nicht darauf vertrauen durfte, dass sie sich in ihrer
laufbahnrechtlichen Probezeit bewährt hatte und dass sie nicht wegen mangelnder
Bewährung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen werden würde. Denn das
Fehlen eines schutzwürdigen diesbezüglichen Vertrauens der Klägerin enthob den
Beklagten nicht seiner Pflicht, unverzüglich nach dem Ablauf dieser Probezeit, nämlich –
wie oben ausgeführt – spätestens bis zum 6. Oktober 1998, eine Entscheidung über die
Umwandlung des Beamtenverhältnisses der Klägerin auf Probe in ein solches auf
Lebenszeit zu treffen. Letzteres hat der Beklagte nicht getan. Infolgedessen erlosch
seine Entlassungskompetenz in dem in Rede stehenden Umfang unabhängig von
besagtem Vertrauen der Klägerin kraft Gesetzes (vgl. Günther, DÖD 1985 S. 148 [157]).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr.
10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der § 132 Abs. 2 VwGO, § 127
BRRG nicht vorliegen.
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