Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 29.03.2017

OVG Berlin-Brandenburg: gebühr, feuerwehr, kostendeckungsprinzip, pauschalierung, vergleich, bestimmtheitsgebot, korrespondenz, polizei, abrechnung, vollstreckung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 1 B 72.09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 17 Abs 1 Nr 4 FeuerwG BE, §
3 Abs 1 GebG BE, § 8 Abs 1
GebG BE, § 8 Abs 3 GebG BE, §
1 Abs 2 FeuerwEBenGebO BE
Feuerwehrbenutzungsgebühren; Gefahrenabwehreinsätze im
Nachgang zu Verkehrsunfällen; Rechtmäßigkeit des Einsatzes;
Benutzungsgebühren; Kostendeckungsprinzip;
Kostenüberschreitungsverbot; Äquivalenzprinzip; Gebot der
Leistungsproportionalität; Kalkulation; Gebühr für Einsätze bis
zu einer Stunde; durchschnittliche Einsatzzeit
Leitsatz
Es verstößt gegen das Gebot der Leistungsproportionalität, Benutzungsgebühren für
Feuerwehreinsätze auf der Basis einstündiger Einsätze festzusetzen, wenn die
durchschnittliche Einsatzzeit nur 35,5 Minuten beträgt und eine minutengenaue Abrechnung
der Einsätze ohne Schwierigkeiten möglich ist
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11.
November 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung für den Einsatz
der Berliner Feuerwehr im Nachgang zu einem Verkehrsunfall.
Der Kläger ist Halter des Kraftfahrzeugs vom Typ Mazda mit dem amtlichen Kennzeichen
B.... Am 24. März 2007 gegen 21.38 Uhr geriet der von Frau N... gefahrene Pkw in Höhe
der Kreuzung M... in Richtung L... Allee aus unbekannten Gründen in das Gleisbett der
Straßenbahn. Der Straßenbahnverkehr war ausweislich des polizeilichen
Tätigkeitsberichtes von 21.38 Uhr bis 21.55 Uhr unterbrochen. Die Einsatzzentrale der
Feuerwehr, die um 21.40 Uhr durch einen Notruf der BVG über den Unfall informiert
worden war, alarmierte um 21.41 Uhr die Einsatzkräfte, die mit einem Einsatzleitwagen
(ELW), einem Löschhilfefahrzeug (LHF) und einem Tanklöschzug (TLF) zur Unfallstelle
ausrückten. Ausweislich der Einsatzdokumentation trafen das Löschhilfefahrzeug um
21.46 Uhr und der Einsatzleitwagen um 21.49 Uhr am Unfallort ein; das
Löschhilfefahrzeug war um 22.02 Uhr wieder in der zuständigen Feuerwache, der
Einsatzleitwagen um 22.08 Uhr. Mittels einer Schlinge hatten die beteiligten
Einsatzkräfte der Feuerwehr den Pkw aus dem Gleisbett gezogen, wobei weder Pkw noch
Gleisbett beschädigt wurden. Das ebenfalls ausgerückte Tanklöschfahrzeug wurde dabei
nicht benötigt. Die Gesamteinsatzzeit einschließlich An- und Abfahrzeiten betrug danach
28 Minuten.
Mit Gebührenbescheid vom 11. Juni 2007 forderte die Berliner Feuerwehr vom Kläger
einen Betrag von 736,-- Euro für einen Gefahrenabwehreinsatz im Nachgang zu
Verkehrsunfällen nach Tarifstelle K 2.2.1 der Feuerwehrbenutzungsgebührenordnung
(FwBenGebO) für den Einsatz von zwei Fahrzeugen (ELW und LHF) bis zu einer Stunde.
Die Gebührenforderung wurde durch die den Unfall verursachende Fahrerin des Pkw am
selben Tag beglichen.
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Den vom Kläger dagegen eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug,
eines Einsatzes der Feuerwehr habe es weder bedurft noch sei er gewollt gewesen, weil
kurz nach dem Unfall bereits der ADAC benachrichtigt und auch wenige Minuten nach
der Feuerwehr am Unfallort eingetroffen gewesen sei, wies die Berliner Feuerwehr durch
Widerspruchsbescheid vom 14. August 2008 als unbegründet zurück.
Der am 26. August 2008 erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom
11. November 2009, nachdem es Unterlagen zur Gebührenkalkulation in das Verfahren
eingeführt hatte, stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf
abgestellt, dass zwar die Voraussetzungen für die Gebührenerhebung dem Grunde nach
erfüllt seien und angesichts der besonderen Gefahrensituation im Straßenbahnbereich
auch der Einsatz von zwei Fahrzeugen gerechtfertigt gewesen sei, die Tarifstelle K 2.2.1
der Feuerwehrbenutzungsgebührenordnung aber gegen höherrangiges Recht verstoße
und deshalb nichtig sei. Die Gebührenfestsetzung werde, wie sich bereits aus einem
Vergleich mit der Polizeibenutzungsgebührenordnung ergebe, dem
Kostendeckungsprinzip, dem ein Kostenüberschreitungsverbot innewohne, nicht gerecht,
wenn die Einsatzzeit einschließlich An- und Abfahrtszeiten unter einer halben Stunde
liege. Zwar sei der Ansatz, die Gebührenhöhe nach der Zahl der eingesetzten Fahrzeuge
und der Dauer ihrer Inanspruchnahme zu bemessen, nicht zu beanstanden, zu
unbestimmt sei aber bereits die Regelung zur Berechnung der Einsatzzeit „bis zu einer
Stunde“, da unklar bliebe, was in § 1 Abs. 3 Satz 2 FwBenGebO mit einer angemessenen
Berücksichtigung der An- und Abfahrzeit gemeint sei. In welchem Maße die tatsächliche
An- und Abfahrzeit zu erhöhen oder zu ermäßigen sei, bliebe allein der Verwaltung
überlassen; dies stelle jedoch einen Verstoß gegen das abgabenrechtliche
Bestimmtheitsgebot dar. Es gebe auch keinen Grund, warum für den Ansatz von An-
und Abfahrtzeiten nicht ein bestimmter Bemessungsfaktor angesetzt werde. Ob dies
allerdings schon zur Ungültigkeit der Tarifstellen im Abschnitt K des
Gebührenverzeichnisses führe, könne aber dahinstehen, da jedenfalls nach den
Kalkulationsgrundlagen der Gebührensatz der Tarifstelle K 2.2.1 für Fälle mit einer
Einsatzdauer einschließlich An- und Abfahrzeit bis zu einer halben Stunde gegen das
Kostenüberschreitungsverbot verstoße. Nach einem für die Ermittlung der
Gebührensätze maßgeblichen Vermerk vom 13. Juli 2001 seien Zeitzonen für die
Einsatzdauern von „bis zu ½ Stunde“ über „bis zu einer Stunde“ bis hin zu „länger als 3
Stunden“ zugrunde gelegt und auch bei den Tarifsätzen der Einzelabrechnungen nach
den Tarifstellen K 9 des Gebührenverzeichnisses angewandt worden. Im Gegensatz dazu
würden die pauschalen Gebührentarife im Abschnitt K 2, insbesondere K 2.1.1 und K
2.2.1, die Einsatzdauer beginnend mit „bis zu einer Stunde“ erfassen. Dadurch erhöhe
sich der kalkulierte Gebührensatz bis zu einer halben Stunde auch bei Einsätzen, die
insgesamt weniger als eine halbe Stunde gedauert hätten, auf das Doppelte. Die
Erklärung des Beklagten, nach Beanstandung durch den Rechnungshof würden die
Zeiten der An- und Abfahrt pauschal mit einer halben Stunde berücksichtigt und dazu
die tatsächliche Einsatzzeit hinzugerechnet, so dass sich kein Einsatz unter einer halben
Stunde ergeben könne, überschreite die Pauschalisierungsbefugnis, weil nach den mit
dem Feuerwehrleit- und -informationssystem IGNIS gegebenen Möglichkeiten eine
minutengenaue Ermittlung von An- und Abfahrzeiten möglich sei und deshalb keine
Notwendigkeit für eine Pauschalierung bestehe. Eine geltungserhaltende Herabsetzung
des Gebührensatzes komme nicht in Betracht, vielmehr müsse eine erneute
Festsetzung des Gebührensatzes durch eine Neufassung der Gebührenordnung
erfolgen.
Gegen das ihm am 4. Dezember 2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 10.
Dezember 2009 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, zu deren
Begründung er ausführt: Bereits die vom Verwaltungsgericht angenommene
Vergleichbarkeit von Polizei- und Feuerwehrbenutzungsgebührenordnung bestehe nicht,
da beiden unterschiedliche Kostenstrukturen zugrunde lägen. Im Unterschied zur
Feuerwehr bediene sich die Polizei bei der Umsetzung privater Firmen, so dass keinerlei
Fahrzeuganschaffungs- und -vorhaltekosten bei der Polizei anfielen. Eine Verletzung des
Kostendeckungsprinzips liege auch nicht schon dann vor, wenn eine Gebühr im Einzelfall
die tatsächlichen Kosten übersteige, es müsse vielmehr auf die Gesamtheit der
Gebühren für besondere Leistungen bestimmter Art im Vergleich zu der Gesamtheit der
Aufwendungen für diese Leistungen abgestellt werden. Dazu habe das
Verwaltungsgericht nichts ausgeführt. Es habe auch keine gröbliche Verletzung des
Kostendeckungs- oder Äquivalenzprinzips festgestellt. Allein aus der eventuellen
Ungerechtigkeit im Einzelfall ergebe sich noch nicht die Fehlerhaftigkeit gebildeter und
zulässiger Durchschnittssätze für die Kostenerstattung. Das Verwaltungsgericht habe
auch übersehen, dass § 8 Abs. 3 des Gesetzes über Gebühren und Beiträge (GebBG)
sich nicht auf die Deckung aller Kosten einer Einrichtung beschränke, sondern daneben
auch die Bildung von Rücklagen für die wirtschaftliche und technische Entwicklung als
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auch die Bildung von Rücklagen für die wirtschaftliche und technische Entwicklung als
Gebührenzweck vorsehe. Der Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 2 FwBenGebO, wonach An-
und Abfahrt angemessen zu berücksichtigen seien, fehle auch nicht die Bestimmtheit,
vielmehr sei für alle Einsätze mit einer Gesamtdauer bis zu einer Stunde eine Pauschale
als einheitlicher Maßstab festgelegt worden, der nachvollziehbar sei. Die Tarifstelle K
2.2.1 verstoße nicht gegen das Kostendeckungsprinzip, da die Gebühr auf die Mehrzahl
aller Fälle abstelle, diese aber länger als eine halbe Stunde dauerten. Wenn im Einzelfall
die Aufwendungen geringer seien als die Gebühr, verletze dies noch nicht das
Kostendeckungsprinzip. Es werde kein Einnahmeüberschuss erzielt. Die
Ausgabendeckung der Berliner Feuerwehr durch Einnahmen liege seit Jahren bei ca. 40
%. In die Kostenkalkulation seien keine Kosten für Personal, Fahrzeuge etc. eingeflossen,
die der kostenfreien Brandbekämpfung zuzurechnen seien. Das Verwaltungsgericht
habe den ihm zustehenden Prüfungsrahmen überschritten, der bei
Gebührenfestsetzungen und den zugrunde liegenden Kalkulationen aufgrund möglicher
prognostischer Ermittlungen der Werte eingeschränkt sei. Die Prognose des
Verordnungsgebers könne nur daraufhin überprüft werden, ob im Zeitpunkt der
Übernahme der Gebührenkalkulation die betreffenden Berechnungsfaktoren vertretbar
angenommen werden konnten. Solch vertretbare Berechnungsfaktoren seien aber
angesetzt worden. So habe die reine Einsatzdauer an einer Verkehrsunfallstelle im Jahr
2008 bei 22 Minuten gelegen, der Anmarsch einschließlich Ausrückens bei 7,2 Minuten
und die Rückfahrt bei 6,3 Minuten, was eine Gesamteinsatzzeit von durchschnittlich 35,5
Minuten ergebe, die der Kalkulation zugrunde gelegt worden sei. Einer Pauschalierung
stehe auch nicht entgegen, dass sich An- und Abfahrzeiten minutengenau ermitteln
ließen, da die Pauschalierung - auch vom Verwaltungsaufwand her - effektiver sei. Falsch
sei ferner die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Ansatz der Einsatzdauer „bis zu
einer Stunde“ führe zur Verdoppelung der bei Zugrundelegung von
Halbstundenschritten pauschal entstandenen Kosten, weil das Gericht nicht
berücksichtigt habe, dass anfallende Verwaltungskosten bei beiden Zeiträumen ähnlich
hoch seien. Der Tarifsatz eines Einzelfahrzeugs nach den Tarifstellen K 9 sei mit seinem
Anteil an der Gesamteinsatzzeit in den pauschalen Tarifsatz eingeflossen. Selbst wenn
die Argumentation des Verwaltungsgerichts richtig wäre, hätte es jedenfalls eine
geltungserhaltende Reduktion vornehmen müssen, da es dann nur an einer
erforderlichen Ermessensentscheidung mit dem Ergebnis der Kostenreduktion hätte
fehlen können. Auch wäre ein Teilerlass der Gebührenforderung nach § 19 GebBG i. V.
m. § 227 AO möglich gewesen, ein darauf bezogener Antrag sei aber vom Kläger nie
gestellt worden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. November 2009 zu ändern
und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor: Der Einsatz zweier Fahrzeuge sei weder erforderlich noch
verhältnismäßig gewesen. Das Kostendeckungsprinzip sei verletzt, weil die Ein-Stunden-
Pauschale wesentlich überzogen sei; nach dem Vortrag des Beklagten liege die
durchschnittliche Gesamteinsatzdauer von 35,5 Minuten näher an der
Halbstundengrenze als an einer Stunde. Auf jeden Fall wäre eine Einzelabrechnung nach
den Tarifstellen unter K 9 günstiger gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge
einschließlich der Kostenkalkulationsunterlagen verwiesen, die vorgelegen haben und
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im
Ergebnis zu Recht stattgegeben, denn der Gebührenbescheid der Berliner Feuerwehr
vom 11. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2008 ist
rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar
konnte der Kläger dem Grunde nach als Gebührenschuldner für die Kosten des
rechtmäßigen Feuerwehreinsatzes in Anspruch genommen werden (nachfolgend 1.),
auch ist die Gebührenfestsetzung nebst deren zugrunde liegender Kalkulation unter
Berücksichtigung des Kostenüberschreitungsverbots und des Äquivalenzprinzips nicht zu
beanstanden (nachfolgend 2.), jedoch verstößt die vom Kläger verlangte Gebühr ihrer
Höhe nach gegen das Gebot der Leistungsproportionalität (nachfolgend 3.).
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1. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Gebührenbescheid ist - ausgehend von der
zur Zeit der letzten Behördenentscheidung bestehenden Rechtslage - § 17 Abs. 1 Nr. 4
des Gesetzes über die Feuerwehren im Land Berlin (Feuerwehrgesetz - FwG) vom 23.
September 2003 (GVBl. S. 457) i. V. m. § 6 Abs. 1 des Gesetzes über Gebühren und
Beiträge vom 22. Mai 1957 (GVBl. S. 516), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Juli
2006 (GVBl. S. 713), und § 1 Abs. 2 der Gebührenordnung für die Benutzung von
Einrichtungen der Berliner Feuerwehr und die kostenersatzpflichtige
Alarmierung/Inanspruchnahme von Einrichtungen der Berliner Feuerwehr
(Feuerwehrbenutzungsgebührenordnung - FwBenGebO -) in der Fassung vom 13. April
1995 (GVBl. S. 293), zuletzt geändert durch 26. Änderungsverordnung vom 12. Juli 2004
(GVBl. S. 286).
Nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 FwG kann die Feuerwehr Ersatz der ihr durch den Einsatz
entstandenen Kosten nach Maßgabe des Gesetzes über Gebühren und Beiträge von
dem Fahrzeughalter verlangen, wenn die Gefahr oder der Schaden beim Betrieb von
Kraft-, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeugen (hier: Kraftfahrzeug) entstanden ist,
sowie von dem Ersatzpflichtigen in sonstigen Fällen der Gefährdungshaftung. § 17 Abs. 1
FwG stellt dabei einen eigenständigen Kostenerstattungstatbestand dar (vgl.
Abgeordnetenhaus-Drucksache 15/1558, S. 14), eines Rückgriffs auf § 15 ASOG bedarf
es nicht. Der Kläger ist danach kostenersatzpflichtig, denn er ist der Fahrzeughalter des
verunfallten Kraftfahrzeugs.
Für die kostenersatzpflichtige Alarmierung und die kostenersatzpflichtige
Inanspruchnahme von Einrichtungen der Feuerwehr werden gemäß § 1 Abs. 2
FwBenGebO Benutzungsgebühren nach der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 6
Abs. 1 GebBG erlassenen Feuerwehrbenutzungsgebührenordnung und dem
Gebührenverzeichnis „K“ - Kostenersatz - erhoben. Zu den davon erfassten
gebührenpflichtigen Tatbeständen zählen nach § 3 Nr. 5 FwBenGebO
Gefahrenabwehreinsätze mit Anspruch aus der Gefährdungshaftung i. S. des § 17 Abs. 1
Nr. 4 FwG. Ferner bestimmt § 1 Abs. 3 Satz 1 FwBenGebO, dass bei der Berechnung der
Gebühren nach den Absätzen 1 und 2 nach Zeiteinheiten (Monaten, Tagen, Stunden
oder halben Stunden) jede angefangene Zeiteinheit als weitere Zeiteinheit gilt. Gemäß §
1 Abs. 3 Satz 2 FwBenGebO ist die Zeit der An- und Abfahrt angemessen zu
berücksichtigen. Die Anlage zu § 1 FwBenGebO enthält das Gebührenverzeichnis,
entsprechend § 1 Abs. 1, § 2 FwBenGebO eingeteilt in das Gebührenverzeichnis „B“ -
Besondere Benutzungen - und in das Gebührenverzeichnis „K“ - Kostenersatz
entsprechend § 1 Abs. 2, § 3 FwBenGebO -. Die Tarifstellen K 2 haben
Gefahrenabwehreinsätze im Nachgang zu Verkehrsunfällen zum Gegenstand und sind
eingeteilt nach dem Einsatz von einem oder zwei Fahrzeugen einschließlich Personal
sowie nach den Zeiteinheiten „bis zu einer Stunde“ und „länger als eine Stunde“. Bei
Einsatz von mehr als zwei Fahrzeugen hat eine Einzelabrechnung nach den Tarifsätzen K
9 zu erfolgen. Nach der hier maßgeblichen Tarifstelle K 2.2.1 entsteht für den Einsatz
von zwei Fahrzeugen einschließlich Personal bis zu einer Stunde eine Gebühr von 736,00
Euro (vgl. 26. Änderungsverordnung zur FwBenGebO v. 12. Juli 2004 [GVBl. S. 286]). Vor
Inkrafttreten des Feuerwehrgesetzes vom 23. September 2003 waren
Gefahrenabwehreinsätze im Nachgang zu Verkehrsunfällen nicht kostenersatzpflichtig
(vgl. z. B. 23. Änderungsverordnung zur FwBenGebO vom 28. Oktober 1997 [GVBl S.
516]).
Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung ist dabei ein
rechtmäßiges Tätigwerden der Feuerwehr. Daran bestehen, wie auch das
Verwaltungsgericht dargelegt hat, keine Zweifel. Es obliegt grundsätzlich der Feuerwehr,
nach Alarmierung darüber zu entscheiden, ob ein Einsatz der Feuerwehr erforderlich ist
und bejahendenfalls welche sächlichen und personellen Mittel angesichts des
gemeldeten Gefahrenzustands zur Beseitigung desselben nach der dortigen fachlichen
Einschätzung voraussichtlich zum Einsatz kommen werden. Gerade wenn ein Pkw in das
Gleisbett der Straßenbahn gerät und dadurch der Straßenbahnverkehr erheblich
gefährdet ist, der Pkw auch nicht ohne fremde Hilfe aus dem Gleisbett entfernt werden
kann, ist ein Feuerwehreinsatz zur Beseitigung dieser Gefahr gerechtfertigt. Ein
Abwarten bis zum Eintreffen von Fahrzeugen des (privaten) ADAC war weder geboten
noch erforderlich. Angesichts der allein schon durch die stromführende Oberleitung
bedingten erhöhten Gefährlichkeit bei der Beseitigung des Pkw, der vom Beklagten
angeführten notwendigen Koordinierung mit der BVG und der Erforderlichkeit einer
schnellen Entfernung des Pkw aus dem Gleisbett zur Wiederaufnahme des
Straßenbahnverkehrs war auch der Einsatz von zwei Fahrzeugen insbesondere
verhältnismäßig (vgl. hierzu: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Juni 1998 - 1 S
1390/97 -, juris Rn. 21).
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2. Die kalkulierten Gebührensätze entsprechen den gesetzlichen Vorgaben für die
Gebührenerhebung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 FwG i. V. m. §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 3 GebBG.
Nach § 3 Abs. 1 GebBG werden Benutzungsgebühren als Gegenleistung für die
Benutzung öffentlicher Einrichtungen sowie für damit in Zusammenhang stehende
Leistungen erhoben. Die Höhe der Gebühren sind gemäß § 8 Abs. 3 GebBG so zu
bemessen, dass alle Kosten der Einrichtungen gedeckt sowie Rücklagen für die
wirtschaftliche und technische Entwicklung gebildet werden können. Die
Gebührenfestsetzung nach der Tarifstelle K 2.2.1 der Anlage zur FwBenGebO wird
diesem Gebührenzweck, also dem Kostendeckungsprinzip mit dem ihm innewohnenden
Kostenüberschreitungsverbot gerecht. Die vom Gesetzgeber gewollte Kostendeckung
stellt einen zulässigen Gebührenzweck dar (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2003 - 2
BvL 9/98 u. a. -, BVerfGE 108, 1 <18>). Dem Gesetz- und Ver-ordnungsgeber steht
dabei ein weiter Gestaltungsspielraums zu. Er darf, da Gebühren in der Regel in
Massenverfahren erhoben werden, bei denen nicht jede einzelne Gebühr nach Kosten,
Wert und Vorteil einer real erbrachten Leistung genau berechnet werden kann,
generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, die verlässlich
und effizient vollzogen werden können (vgl. BVerfG, a. a. O., 1, <18>). Grenzen für seine
Gestaltungsfreiheit ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1
GG und dem Äquivalenzprinzip als abgabenrechtliche Ausprägung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 3 C
29.08 -, BVerwGE 135, 352 ff., juris Rn. 13).
Der vom Landesgesetzgeber in § 8 Abs. 3 GebBG vorgegebene Rahmen für die
Bemessung der Gebühr wird durch die mit der Feuerwehrbenutzungsgebührenordnung
erfolgte Festsetzung des Gebührentarifs in der Tarifstelle K 2.1.1 nicht verletzt. Die
dieser Festsetzung zugrunde liegende Kalkulation, die auf einer zweifachen
Pauschalierung beruht, ist nicht zu beanstanden. Die Gebührenkalkulation, die selbst
nicht Bestandteil der Gebührenordnung ist, dient als Nachweis dafür, dass der
Verordnungsgeber die Gebührenhöhe der einzelnen Tarifstellen zutreffend bemessen
hat. Lässt sich der Nachweis durch eine - ggf. auch nachträglich aufgemachte –
Kalkulation nicht nachweisen, würde dies die Ungültigkeit des Gebührensatzes zur Folge
haben (vgl. Oberverwaltungsgericht Brandenburg, Urteil vom 6. November 1997 – 2 D
32/96.NE – VwRR MO 1998, 48). Die dem Senat vorliegenden Kalkulationsunterlagen
lassen Fehler indessen nicht erkennen; vielmehr hat der Beklagte eine sachgerechte
Kalkulation unter Berücksichtigung der eingesetzten Fahrzeuge und der angefallenen
Kosten vorgenommen. Als Erstes hat er die Kosten der einzelnen Fahrzeugtypen auf der
Grundlage der Buchungsdaten der Jahre 2000 und 2001 ermittelt und davon die
durchschnittlichen Jahreskosten je Fahrzeug gebildet. Diese Kosten sind dann anteilig
dem Verhältnis zum Gesamtfahrzeugbestand in die Ermittlung des Tarifsatzes der
Tarifstelle K 9 eingeflossen. Nach Ermittlung der für kostenersatzpflichtige Einsätze
entstandenen Kosten wurde sodann mit dem diesen zuzuordnenden Einsätzen im
untersuchten Einsatzzeitraum (1. Juli 1999 bis 30. Juni 2000) maschinell ermittelt, wie
viele Einsatzminuten insgesamt auf die jeweilige Tarifstelle entfallen waren (im
vorliegenden Fall also die Einsatzminuten für Gefahrenabwehreinsätze im Nachgang zu
Verkehrsunfällen) und welche Fahrzeuge mit jeweils wie vielen Einsatzminuten daran
beteiligt waren. Die durch die Brandbekämpfung entstandenen Kosten hat der Beklagte
dabei zu Recht unberücksichtigt gelassen, weil sie nicht in der die Kostenerstattung
regelnden Norm des § 17 FwG aufgeführt sind. Von den Kosten je Fahrzeug ausgehend
wurden nach der vom Beklagten vorgelegten „Berechnung von Tarifsätzen - Tarifstelle K
2.1.1“ vom 22. April 2003, die Grundlage für die Neufestsetzung der Gebühren durch die
26. Verordnung zur Änderung der Feuerwehrbenutzungsgebührenordnung vom 12. Juli
2004 (GVBl. S. 286) gewesen ist, die durchschnittlichen Kosten für einen jeweiligen
Einsatz errechnet und daraus ein Minutensatz gebildet, der anschließend auf einen
Stundensatz umgerechnet wurde. Dieser wurde der jeweiligen Gebührenfestsetzung
zugrunde gelegt.
Die Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung scheitert auch nicht an einer - in erster
Instanz freilich angenommenen - Verletzung des abgabenrechtlichen
Bestimmtheitsgebots durch die Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 2 FwBenGebO zur
angemessenen Berücksichtigung der An- und Abfahrtzeiten. Nach dem
rechtsstaatlichen Grundsatz der Normenklarheit, aber auch unter Berücksichtigung des
weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraums des Gebührengesetzgebers, muss
der Gebührenpflichtige - erforderlichenfalls im Wege der Auslegung - erkennen können,
für welche öffentliche Leistung die Gebühr erhoben wird und welche Zwecke der
Gesetzgeber bei der Gebührenbemessung verfolgt (BVerwG, Urteil vom 4. August 2010 -
9 C 6.09 -, juris Rn. 17). Das im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Bestimmtheitsgebot stellt
keine einheitlichen, in gleicher Weise für alle Abgaben geltenden Voraussetzungen auf
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keine einheitlichen, in gleicher Weise für alle Abgaben geltenden Voraussetzungen auf
(BVerwG, Beschluss vom 20. August 1997 - 8 B 170/97 -, BVerwGE 105, 144 ff., zitiert
nach juris Rn. 14). Vielmehr ist der Grad der von Verfassungs wegen geforderten
Regelungsbestimmtheit sowohl von der Eigenart des geregelten Sachverhalts und den
jeweiligen (Grundrechts-)Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen als auch von der
Art und Intensität des zugelassenen behördlichen Eingriffs abhängig (BVerfGE 48, 210
<222>; 56, 1 <13>). Das Bestimmtheitsgebot erfordert für das Gebühren- und
Beitragsrecht nur die dem jeweiligen Sachzusammenhang angemessene
Regelungsdichte; ein Verstoß ist in der Regel nur dann anzunehmen, wenn eine
willkürliche Handhabung durch die Behörden eröffnet wird (BVerwG, Urteile vom 2. Juli
1969 - IV C 68.67 -, juris Rn. 17, und vom 16. November 1984 - 4 C 3.81 - , juris Rn. 10).
Die Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift lässt insoweit noch nicht die rechtsstaatlich
gebotene Bestimmtheit entfallen (vgl. BVerfGE 21, 209 <215>; 63, 312 <324>). Aus
diesen Gründen begegnet auch die Verwendung sogenannter unbestimmter
Rechtsbegriffe nicht um ihrer selbst willen Bedenken. Ein Verstoß gegen das
(verfassungsrechtliche) Erfordernis angemessener Bestimmtheit liegt in ihrer
Verwendung nur dann vor, wenn entweder unter den gegebenen Umständen die
Verwendung des Begriffes nicht sachgerecht oder wenn es wegen der Unbestimmtheit
nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung
durch die Behörden und die Gerichte ausschließen (BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1969 - IV C
68.67 -, juris Rn. 17 m. w. N.; Urteil vom 4. August 2010 - 9 C 7.09 -, juris Rn. 13).
Nach diesen Grundsätzen ist die Formulierung in § 1 Abs. 3 Satz 2 FwBenGebO nicht zu
beanstanden, insbesondere werden der Verwaltung keine unangemessenen
Entscheidungsspielräume eröffnet. Denn im Kontext von § 1 Abs. 3 Satz 1 FwBenGebO
lässt sich der Begriff der „angemessenen Berücksichtigung“ ohne Weiteres ausfüllen, sei
es derart, dass die durchschnittlichen An- und Abfahrtzeiten angesetzt werden (hier
also, wie von dem Beklagten ermittelt, mit einer durchschnittlichen Anfahrtzeit von 7,2
Minuten und einer durchschnittlichen Abfahrtzeit von 6,3 Minuten), sei es aber auch
derart, dass die tatsächlichen An- und Abfahrtzeiten des jeweiligen Einsatzes angesetzt
werden. Letzterem steht – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – der
Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 2 FwBenGebO („angemessen“) nicht entgegen, denn eine
der Wirklichkeit entsprechende Abrechnung kann nicht unangemessen in diesem Sinne
sein (s. zum Wirklichkeitsmaßstab noch nachfolgend). Der zulässige Gebührenzweck der
Kostendeckung zwingt nämlich dazu, auch die Zeiten der An- und Abfahrt von
Feuerwehrfahrzeugen zum und vom Einsatzort bei der Gebührenfestsetzung mit zu
berücksichtigen, weil die eingesetzten Fahrzeuge während dieser Zeiten für andere
Einsätze gerade nicht zur Verfügung stehen. Vielmehr sind die Zeiten der An- und
Abfahrt originäre Bestandteile des Einsatzes, denn es dürfte dem Regelfall entsprechen,
dass nach Alarmierung Feuerwehrfahrzeuge aus den Feuerwachen zum Unfallort fahren
müssen, weil sie sich selten bereits an dem Ort befinden, an dem sich ein Unfall ereignet
hat. Entsprechendes gilt für die Abfahrt nach dem unmittelbaren Einsatz.
Auch das Äquivalenzprinzip ist nicht verletzt. Das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip
als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.
Oktober 2008 – 9 B 24.08 -, juris Rn. 4) ist verletzt, wenn Gebühren in einem groben
Missverhältnis zu der von der öffentlichen Gewalt gebotenen Leistung (vgl. u. a. BVerfG,
Beschluss vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 -, BVerfGE 83, 363 <392>; BVerwG,
Urteile vom 25. August 1999 - 8 C 12.98 -, BVerwGE 109, 272 <274>, und vom 25. Juli
2001 - 6 C 8.00 -, BVerwGE 115, 32 <44>) unter Berücksichtigung der mit der Gebühr
verfolgten legitimen Gebührenzwecke (BVerfG, Urteil vom 19. März 2003 - 2 BvL 9/98
u.a. -, BVerfGE 108, 1, <19>) stehen. Das Äquivalenzprinzip verpflichtet allerdings nicht
dazu, die Gebühr stets nach dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in jedem
Einzelfall zu bemessen; es genügt vielmehr, wenn auf das im Regelfall eintretende
wahrscheinliche Leistungsverhältnis abgestellt wird (so bereits BVerwG, Urteil vom 13.
Oktober 1955 - I C 5.55 -, BVerwGE 2, 246 <249> = juris Rn. 12). Setzt man demgemäß
die Gewährleistung einer schnellen und umfassenden Hilfeleistung der Feuerwehr im
Nachgang zu einem Verkehrsunfall und die Höhe der Gebühr ins Verhältnis, ist unter
Berücksichtigung zulässiger Pauschalierung jedenfalls ein grobes Missverhältnis
zwischen dem Einsatztypus und den dafür ermittelten Kosten nicht festzustellen.
3. Die vom Kläger verlangte Gebühr nach Tarifstelle K 2.2.1 der Anlage zur FwBenGebO
verstößt jedoch gegen den Grundsatz der Leistungsproportionalität der
Gebührenbemessung, den der Gesetzgeber mit der Beschränkung auf den Ersatz der
der Feuerwehr „durch den Einsatz entstandenen Kosten“ in § 17 Abs. 1 Nr. 4 FwG
verankert hat und der insoweit eine einfachgesetzliche Ausprägung des
Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) darstellt. Die Berechnung nach angefangenen
Stunden entfernt sich nämlich von der durch diesen Grundsatz gebotenen
wirklichkeitsnahen Ermittlung der durch den konkreten Einsatz verursachten Kosten und
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wirklichkeitsnahen Ermittlung der durch den konkreten Einsatz verursachten Kosten und
belastet die Gebührenschuldner, die infolge einer kürzeren Dauer des Einsatzes
tatsächlich weniger Kosten verursacht haben, mit den Kosten für eine Stunde, ohne dass
dafür ein sachlicher Grund vom Beklagten vorgetragen worden oder sonst erkennbar ist.
Der Grundsatz der Leistungsproportionalität bewirkt die gleichmäßige Belastung der
Gebührenschuldner, indem er eine Korrespondenz zwischen Leistungsmenge und
Gebührenbelastung herstellt. Insofern bietet er keinen Schutz gegen übermäßige
Gebührenforderungen - diese sind am Äquivalenzprinzip zu prüfen -, sondern dient der
Gleichbehandlung der Gebührenschuldner, indem er eine Korrespondenz zwischen
Leistungsmenge und Gebührenbelastung herstellt. Es sollen sozusagen nicht alle
Leistungsempfänger „über einen Kamm geschoren“ werden, sondern Gebühren sollen
idealerweise – soweit dies technisch und wirtschaftlich vertretbar ist – variabel, d.h. je
nach in Anspruch genommener Leistung, erhoben werden. Dieser Korrespondenz wird
am ehesten zunächst ein an der gemessenen oder gezählten Quantität orientierter
Maßstab (sog. Wirklichkeitsmaßstab) gerecht. Lediglich bei nicht oder nur schwer
messbaren Leistungen genügt auch ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. zum Ganzen:
Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 202 ff.).
Die Festsetzung der für die Einsatzdauer von einer Stunde kalkulierten Gebühr nach
Tarifstelle K 2.2.1 der Anlage zur FwBenGebO stellt hiernach eine willkürliche
Gleichbehandlung dar, soweit für Einsätze mit einer Einsatzzeit unter einer Stunde
generell die gleiche Gebühr verlangt wird wie für einstündige Einsätze. Die erfolgte
Gebührenfestsetzung ließe sich nur rechtfertigen, wenn es unwirtschaftlich wäre, statt
dieser Festgebühr die Erhebungsform einer variablen Gebühr anzuordnen, oder wenn die
Schwierigkeit bestünde, die unterschiedlichen Leistungsmengen quantitativ zu erfassen.
Wenn jedoch die rechnerische Erfassung der Leistungsmenge und ihrer Kosten keine
Schwierigkeiten bereitet und keine vernünftigen Argumente für die Wahl eines nach
Wahrscheinlichkeitsmaßstäben erhobenen Bemessungssystems sprechen, ist es
geboten, nach dem Prinzip der einen Wirklichkeitsmaßstab berücksichtigenden
Leistungs- und Kostenorientierung zu verfahren.
Ein sachlicher Grund, der die zeitliche Pauschalierung auf die Einsatzzeit „bis zu einer
Stunde“ rechtfertigen könnte, besteht vorliegend freilich nicht, denn aufgrund der mit
dem Feuerwehrleit- und -informationssystem IGNIS ohnehin konkret erfassten
tatsächlichen Einsatzzeiten einschließlich An- und Abfahrtzeiten lässt sich die Einsatzzeit
jedes einzelnen Feuerwehreinsatzes – offenbar ohne erheblichen Aufwand -
minutengenau abrechnen. Gründe dafür, warum dies technisch oder in wirtschaftlich
vertretbarer Weise nicht möglich sein sollte, hat der Beklagte auch im Rahmen der
diesbezüglichen umfangreichen Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat nicht aufzuzeigen vermocht. Ausgehend von der nicht zu beanstandenden
Kalkulation der bei einem Feuerwehreinsatz im Nachgang zu Verkehrsunfällen
anfallenden Kosten kann der Beklagte, statt die für eine Einsatzminute errechnete
Gebühr auf eine Stunde hochzurechnen und sie sodann als Festgebühr festzusetzen,
ohne Schwierigkeiten die Kosten für die konkrete Einsatzzeit einschließlich An- und
Abfahrzeiten ermitteln, indem er die kalkulierte Gebühr für eine Minute mit der
tatsächlichen Einsatzzeit multipliziert. Bei der im hiesigen Verfahren erfolgten Einsatzzeit
von insgesamt 28 Minuten dürfte sich nach der angeführten Berechnungsmethode eine
Gebühr von 343,28 Euro ergeben.
Auch aus dem Vergleich der hier relevanten Tarifstelle K 2.2.1 mit der Tarifstelle K 2.2.2
(gleiches gilt für das Verhältnis der Tarifstellen K 2.1.1 und K 2.1.2) und der weiteren
Bestimmung, dass bei einem Einsatz von mehr als zwei Fahrzeugen eine
Einzelabrechnung nach den Tarifsätzen K 9 zu erfolgen hat, wird deutlich, dass der
Gebührenschuldner für einen Feuerwehreinsatz in der dafür errechneten
durchschnittlichen Zeit von 35,5 Minuten jeweils rund 40 Prozent mehr zu zahlen hat, als
an Kosten nach der Kostenkalkulation tatsächlich angefallen sind, und damit die Gebühr
der Gebührenschuldner bei Feuerwehreinsätzen mit weitaus längerer Dauer sozusagen
„subventioniert“. Werden z. B. zwei Fahrzeuge einschließlich Personal für sechs Stunden
eingesetzt, sind nach der einschlägigen Tarifstelle K 2.2.2 Gebühren in Höhe von 1.160
Euro zu zahlen, die aber in gleicher Höhe auch bei einem nur anderthalbstündigen
Einsatz anfielen. Bei der für Einsätze bis zu einer Stunde zu zahlenden Gebühr von 736
Euro ergäbe sich aber für einen sechsstündigen Einsatz proportional hochgerechnet ein
Gebührenbetrag von 4.416 Euro. Da nach der Gebührenordnung aber nur 1.160 Euro
verlangt werden, werden offensichtlich die tatsächlich höheren Kosten dadurch
aufgefangen, dass Gebührenschuldner bei Einsätzen bis zu einer Stunde durchschnittlich
immer 40 Prozent mehr zu zahlen haben als angefallen sind. Für diese Benachteiligung
von „Kleinverbrauchern“ gegenüber „Großverbrauchern“ gibt es keine sachliche
Rechtfertigung (s. schon Wilke, a.a.O., S. 203). Vielmehr hat der Beklagte mit seiner den
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Rechtfertigung (s. schon Wilke, a.a.O., S. 203). Vielmehr hat der Beklagte mit seiner den
Gebühren zugrunde gelegten Kalkulation unter Berücksichtigung der ohne
Schwierigkeiten möglichen minutengenauen Einsatzberechnung gerade belegt, dass
eine Gebührenfestsetzung nach dem Leistungsverbrauch auf einfachem Wege möglich
ist.
Dies bedeutet nicht, dass der Beklagte bei einer Neufassung seiner betroffenen
Tarifstellen zwingend eine minutengenaue Abrechnung vorsehen muss. Falls es – wie
ausgeführt, jedenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufgezeigte –
technische oder wirtschaftliche Gründe gibt, die es sachlich vertretbar erscheinen lassen,
im Sinne der Anlegung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes auch eine gröbere
Zeiteinheit zugrunde zu legen, ist dies mit Blick auf die gleiche Behandlung der
Gebührenschuldner unbedenklich. Gibt es solche Gründe freilich nicht, greift der
Wirklichkeitsmaßstab, so dass nach Maßgabe tatsächlich in Anspruch genommener
Leistung minutengenau abzurechnen ist.
Der Senat konnte nicht von sich aus die mit dem angefochtenen Bescheid verlangte
Gebühr herabsetzen, denn es ist gemäß der gesetzlichen Zuweisung in § 6 Abs. 1
GebBG zunächst allein Sache des Verordnungsgebers, die festgestellte Unwirksamkeit
der Tarifstelle K 2.2.1 der Anlage zur FwBenGebO durch eine erneute
Gebührenfestsetzung unter Berücksichtigung entsprechender Kalkulationen und der
Ausführungen des Senats festzusetzen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom
3. November 2008 - 2 S 623/06 -, a. a. O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr.
10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten
Gründe vorliegt.
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