Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 30.06.2008

OVG Berlin-Brandenburg: erhaltung, gefährdung, quelle, substanzverlust, gefahr, sammlung, link, verwaltungsgerichtsbarkeit, sanierung, wirtschaftlichkeit

1
2
3
4
5
Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 2 S 29.08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 7 DSchG BB, § 8 Abs 1
DSchG BB, § 8 Abs 2 DSchG
BB, § 9 Abs 1 Nr 1 DSchG BB
Sicherungsmaßnahmen im Rahmen einer
denkmalschutzrechtlichen Erhaltungsanordnung
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts
Frankfurt (Oder) vom 21. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 10 000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines im 19. Jahrhundert errichteten und seitdem
baulich nur geringfügig veränderten denkmalgeschützten Wohn- und Geschäftshauses,
das seit 1991 nicht mehr genutzt und bewirtschaftet wird. Es befindet sich in einem
schlechten baulichen Zustand und war für längere Zeit Witterungseinflüssen
weitestgehend ungeschützt ausgesetzt. Als "einstweilige Sicherungsmaßnahme" erließ
der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Bescheid vom 5.
September 2007 eine Erhaltungsanordnung, mit der die Antragstellerin u.a. verpflichtet
wurde, die Decke des Gebäudes in dem (durch eindringende Feuchtigkeit) geschädigten
Bereich in den Räumen an der Straßenfassade des Gebäudes abzustützen (Ziffer 3 der
Anordnung) und den im Gebäude befindlichen (mit Hausschwamm durchwachsenen)
Schutt im Hausflur, in den zur Straßenseite gelegenen Zimmern und im gesamten
Dachgeschoss zu beseitigen (Ziffer 4 der Anordnung). Einen dagegen gerichteten
vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen
Beschluss ab.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf deren
Prüfung das Oberverwaltungsgericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO),
rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
Die Denkmalschutzbehörde hat gemäß § 8 Abs. 1 und 2 BbgDschG nach
pflichtgemäßem Ermessen diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die zum Schutz der
Denkmale erforderlich sind. Kommen Verfügungsberechtigte oder Veranlasser ihren
Erhaltungspflichten nach § 7 BbgDschG nicht nach und tritt hierdurch eine Gefährdung
des Denkmals ein, können sie im Rahmen des Zumutbaren von der
Denkmalschutzbehörde verpflichtet werden, die zum Schutz des Denkmals
erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht ausgeführt, dass
die angeordneten Maßnahmen zur Abstützung der geschädigten Bereiche der Decke
sowie zur Beseitigung des in Teilen des Gebäudes befindlichen Bauschuttes zur
Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Hausschwammes sich im Rahmen des der
Antragstellerin Zumutbaren im Sinne von § 8 Abs. 2 BbgDSchG halten.
Das Beschwerdevorbringen, wonach die Antragstellerin in Kürze den Abriss des
Denkmals beantragen werde, weil nach einem Gutachten des Sachverständigen Dip. Ing.
B. vom 16. Februar 2008 die Wirtschaftlichkeit des denkmalgeschützten Gebäudes und
eines weiteren auf dem gleichen Grundstück befindlichen Gebäudes nicht gegeben sei,
weshalb sich die Durchführung der von dem Antragsgegner angeordneten
Sicherungsmaßnahmen als unnötig und daher unverhältnismäßig darstelle, rechtfertigt
keine Änderung des angegriffenen Beschlusses.
6
7
8
9
10
Der Umstand, dass die Antragstellerin künftig beabsichtigt, eine Erlaubnis zur
Beseitigung des Denkmals nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BbgDSchG zu beantragen, entbindet
sie derzeit nicht von der Erhaltungspflicht nach § 7 BbgDSchG. Eine
denkmalschutzrechtliche Erhaltungsanordnung nach § 8 Abs. 2 BbgDSchG, in der, wie
hier, Sicherungsmaßnahmen zur Abwehr einer Gefährdung des Denkmals, insbesondere
zur vorübergehenden Sicherung der Substanz des Denkmals angeordnet werden, kann
grundsätzlich so lange ergehen, bis eine Beseitigungserlaubnis nach § 9 Abs. 1 Nr. 1
BbgDSchG bestandskräftig erteilt wurde (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 24. April
2008 – 10 B 360/08 – veröffentlicht in juris). Dies hat zur Folge, dass es abweichend von
der Rechtsauffassung der Antragstellerin für die Bewertung, ob sich die in einer solchen
Erhaltungsanordnung angeordneten Maßnahmen im Rahmen des Zumutbaren im Sinne
von § 8 Abs. 2 BbgDSchG halten, grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob eine
Sanierung des Denkmals zum Zwecke der Erhaltung zu unzumutbaren Belastungen
führen würde, sondern, ob die konkret angeordnete Maßnahme zur vorübergehenden
Sicherung des Denkmals vor Gefährdungen als solches zumutbar ist (vgl.
Martin/Mieth/Graf/Sautter, BbgDSchG, 2. Aufl., § 8 Ziffer 3.4 m.w.N.). Denn es kann im
Interesse des Gemeinwohlbelanges des Denkmalschutzes und der Erhaltung des
Denkmalbestandes nicht hingenommen werden, dass vor oder während des noch nicht
abgeschlossenen Erlaubnisverfahrens nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BbgDSchG in
dem gerade geprüft und geklärt werden muss, ob die Erhaltung des Denkmals zumutbar
ist, infolge fehlender vorläufiger Sicherungsmaßnahmen ein Substanzverlust des
Denkmals eintritt oder droht.
Dass die hier konkret angeordnete und von der Antragstellerin angegriffene Maßnahme
zur vorübergehenden Sicherung des Gebäudes durch Abstützung der durch Feuchtigkeit
geschädigten Deckenbereiche sowie zur Beseitigung des in Teilen des Gebäudes
befindlichen Schuttes unzumutbar ist, also zu unverhältnismäßigen wirtschaftlichen
Belastungen führt, zeigt die Beschwerdebegründung nicht substantiiert auf.
Ob in Ausnahmefällen die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen zur Abwehr einer
Gefahr für die Substanz eines Denkmals vor oder während eines Erlaubnisverfahrens
über dessen Beseitigung den Rahmen des Zumutbaren im Sinne von § 8 Abs. 2
BbgDSchG dann überschreiten würde, wenn die Pflicht zur Erteilung der Erlaubnis zur
Beseitigung des Denkmals sich derart aufdrängt, dass jegliche nähere Prüfung,
insbesondere der wirtschaftlichen Erhaltungsbelastungen von vornherein entbehrlich
erscheinen, kann der Senat offen lassen. Ein derartiger Evidenzfall liegt hier jedenfalls
nicht vor, denn der Antragsgegner ist der von der Antragstellerin durch das Gutachten
vom 16. Februar 2008 und in der Stellungnahme vom 8. Juni 2008 ergänzten Darstellung
der wirtschaftlichen Erwägungen, die gegen die Erhaltung des Gebäudes sprechen
sollen, substantiiert entgegen getreten. Die Klärung der insoweit aufgeworfenen
streitigen tatsächlichen und rechtlichen Fragen muss daher dem (künftigen) Verfahren
über eine Beseitigung des Denkmals vorbehalten bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5. des Streitwertkatalogs
für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004, DVBl. 2004, S. 1525. Hinsichtlich
der Höhe der Streitwertfestsetzung folgt der Senat der erstinstanzlichen Schätzung der
Aufwendungen, die durch die Durchführungen der angeordneten Maßnahmen
erforderlich werden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum