Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 20.01.2015

chancengleichheit, wählbarkeit, ausschluss, jugend und sport

VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 20.1.2015, PL 15 S 1102/14
Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der Beauftragten für
Chancengleichheit von der Wahl zum Personalrat
Leitsätze
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Beauftragte
für Chancengleichheit nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LPVG nicht zum örtlichen
Personalrat gewählt werden kann.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts
Sigmaringen vom 16. April 2014 - PL 11 K 473/14 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1 Die Antragstellerin begehrt die Feststellung ihrer Wählbarkeit zum Personalrat als
Beauftragte für Chancengleichheit.
2 Die Antragstellerin ist Lehrerin an einer Grund- und Werkrealschule. Bei den
Personalratswahlen vom 06.05.2010 wurde sie in den örtlichen Personalrat der
Lehrkräfte für Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen beim Staatlichen Schulamt
... gewählt. Daneben bekleidete sie das Amt der Beauftragten für
Chancengleichheit beim Staatlichen Schulamt ...
3 Mit Schreiben vom 20.12.2013 wies das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Baden-Württemberg die Behörden und Anstalten sowie die öffentlichen
Gymnasien und beruflichen Schulen des Landes darauf hin, dass mit Inkrafttreten
der Novellierung des Landespersonalvertretungsgesetzes nunmehr geregelt sei,
dass die Beauftragte für Chancengleichheit und ihre Stellvertreterin für den
örtlichen Personalrat nicht wählbar seien. Die Mitgliedschaft im Personalrat
erlösche durch den Verlust der Wählbarkeit.
4 Mit Schreiben vom 22.01.2014 teilte die Antragstellerin dem Staatlichen Schulamt
mit, sie lege ihr Amt als Beauftragte für Chancengleichheit „nach dem Vorschlag
des Kultusministeriums“ zum 09.12.2013 nieder „unter Vorbehalt der Entscheidung
im Beschlussverfahren wegen der Feststellung der Fortdauer der Mitgliedschaft
und Wählbarkeit zum Personalrat der Grund-, Haupt-, Werkreal-, Real-,
Gemeinschafts- und Sonderschulen beim Staatlichen Schulamt ...“.
5 Am 26.02.2014 hat die Antragstellerin die Personalvertretungskammer beim
Verwaltungsgericht Sigmaringen angerufen und beantragt, festzustellen, dass sie
mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des
Landespersonalvertretungsgesetzes, des Landesrichter- und -
staatsanwaltsgesetzes und anderer Vorschriften am 11.12.2013 nicht der
Wählbarkeit zum Personalrat verlustig gegangen sei. Mit Beschluss vom
16.04.2014 - PL 11 K 473/14 - hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt
und ausgeführt, dass die Antragstellerin die Wählbarkeit zum Personalrat verloren
habe. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LPVG in der am 11.12.2013 in Kraft
getretenen Fassung seien für den Personalrat die Beauftragte für
Chancengleichheit und ihre Stellvertreterin nicht wählbar. Zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens der Neuregelung sei die Antragstellerin wirksam zur Beauftragten für
Chancengleichheit bestellt gewesen. Damit sei zu diesem Zeitpunkt der Verlust der
Wählbarkeit eingetreten. Da nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 LPVG die Mitgliedschaft im
Personalrat durch den Verlust der Wählbarkeit erlösche, sei die Antragstellerin
seitdem auch nicht mehr Mitglied im Personalrat. Durch die von der Antragstellerin
unter dem Vorbehalt der Entscheidung in diesem Beschlussverfahren erklärte
Niederlegung des Amtes der Beauftragten für Chancengleichheit habe sich an
dem Verlust der Wählbarkeit zum Personalrat folglich nichts geändert. Der
Auffassung, § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LPVG sei wegen Verfassungswidrigkeit
unwirksam, vermöge die Kammer nicht zu folgen. Das Grundgesetz und die
Verfassung des Landes Baden-Württemberg enthielten keine Vorgaben, wie der
Gesetzgeber innerhalb des ihm gesetzten Rahmens die Beteiligung der
Personalvertretung im Einzelnen ausgestalte. Dem Gesetzgeber sei
verfassungsrechtlich kein bestimmtes Mitbestimmungsmodell vorgegeben. Daher
bestünden auch gegen eine Abgrenzung der Tätigkeit im Personalrat und der
Ausübung des Amtes der Beauftragten für Chancengleichheit keine
verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn es dafür sachgerechte, eine Trennung
der Funktionen rechtfertigende Gründe gebe. Dies sei hier der Fall. Die Beauftragte
für Chancengleichheit sei durch das Chancengleichheitsgesetz (ChancenG) der
Dienststellenleitung unmittelbar zugeordnet worden und nehme eine einer
Stabsfunktion vergleichbare Stellung ein. Aus der direkten Zuordnung zur
Dienststellenleitung und ihrer Unterstützungspflicht im gesetzlich vorgesehenen
Rahmen ergebe sich eine andere Rechtsstellung der Beauftragten für
Chancengleichheit in Abgrenzung zum Personalrat. Aufgabe der Beauftragten für
Chancengleichheit sei es, im Rahmen der ihr vom Gesetz zugewiesenen
Aufgaben und Befugnisse als Teil der Verwaltung die Dienststellenleitung bei der
Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zu unterstützen. Sie sei Beraterin der
Dienststellenleitung, die im Rahmen der gesetzlich festgelegten Aufgaben an den
Maßnahmen ihrer Dienststelle mitzuwirken berechtigt und verpflichtet sei. So sei
die Beauftragte für Chancengleichheit etwa nach § 20 Abs. 3 ChancenG
berechtigt, an regelmäßig stattfindenden Besprechungen der Dienststellenleitung
mit den anderen Führungskräften der Dienststelle teilzunehmen, die in erster Linie
Bezug zu innerbehördlichen Fragestellungen hätten. Dass dies auch beim
Staatlichen Schulamt ... so praktiziert werde, habe der weitere Beteiligte zu 1 in der
mündlichen Anhörung bestätigt. So würden bei wöchentlichen
Dienstbesprechungen mit den Schulräten, an denen die Antragstellerin in ihrer
Funktion als Beauftragte für Chancengleichheit teilnehme, zu etwa drei Viertel
Führungsfunktionen oder Funktionsstellen besprochen. Wenn der Gesetzgeber
diese Ausgestaltung der Funktion der Beauftragten für Chancengleichheit, d.h. ihre
gesetzliche Anbindung nach § 19 ChancenG an die Dienststellenleitung und ihre
gemäß gesetzlichem Auftrag zum großen Teil bestehende Befassung mit
Personalmaßnahmen zum Anlass nehme, ihren Ausschluss von der Wählbarkeit
für den Personalrat zur Vermeidung von Interessenkollisionen durch die
gleichzeitige Vertretung von Belangen der Dienststelle und der Beschäftigten
vorzusehen, beruhe dies auf sachgerechten Gründen und sei
verfassungsrechtlich, auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 GG, nicht zu beanstanden.
Ob der Beauftragten für Chancengleichheit ein eigenes Entscheidungsrecht
zukomme oder ob bei ihr ein Interessengegensatz zur Tätigkeit des Personalrats
bestehe, sei angesichts ihrer engen Anbindung an die Dienststellenleitung nicht
erheblich. Die Kammer weise darauf hin, dass auch gemäß § 16 Abs. 5
Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) die mit ähnlichen Kompetenzen
ausgestattete Gleichstellungsbeauftragte und ihre Stellvertreterin keiner
Personalvertretung angehörten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem
Fehlen einer Übergangsregelung, denn es gelte, eine bereits bestehende
Interessenkollision durch die gleichzeitige Vertretung von Belangen der
Dienststelle und der Beschäftigten zu beseitigen. Gesichtspunkte des
Vertrauensschutzes stünden der unechten Rückwirkung der gesetzlichen
Neuregelung nicht entgegen. Es spreche viel dafür, dass die Antragstellerin, was
auf Grund der Beteiligung der Interessenverbände und Gewerkschaften im
Gesetzgebungsverfahren nahe liege, um das Fehlen einer Übergangsregelung
gewusst habe, mithin auch die Möglichkeit gekannt haben dürfte, sich zwischen
dem Fortbestand der Mitgliedschaft im Personalrat und dem Amt der Beauftragten
für Chancengleichheit vorab entscheiden zu können. Ungeachtet dessen könne
sich die Antragstellerin auch deshalb nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil das
durch Wahl erlangte Ehrenamt als Personalratsmitglied nicht in erster Linie als
subjektives Recht ausgestaltet sei, sondern der Wahrnehmung der Belange der
Beschäftigten diene. Durch den Ausschluss der Wählbarkeit und das damit
einhergehende Erlöschen der Mitgliedschaft im Personalrat habe der Gesetzgeber
angesichts des von ihm beabsichtigten Anliegens der Trennung der Ämter der
Beauftragten für Chancengleichheit und der Personalrätin die Grenzen der
Zumutbarkeit nicht überschritten. Er habe erkannt, dass der Ausschluss von der
Wählbarkeit schwer in das Persönlichkeitsrecht eingreife und es daher besonderer
rechtfertigender Gründe bedürfe. Nachdem es dem Gesetzgeber um die
Vermeidung bzw. Beseitigung einer bestehenden Interessenkollision gegangen
sei, habe ein gewichtiger rechtfertigender Grund für eine übergangslose
Neuregelung vorgelegen.
6 Gegen diesen ihr am 08.05.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am
06.06.2014 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, das Verwaltungsgericht
habe verkannt, dass § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LPVG unwirksam sei. Der
Ausschluss der Beauftragten für Chancengleichheit von der Wählbarkeit zum
Personalrat oder der Stufenvertretung sei nicht durch ihre Stellung in der
Dienststelle gerechtfertigt. Dafür erforderliche, besondere rechtfertigende Gründe
seien nicht ersichtlich. Es möge zunächst die Zuordnung der Beauftragten für
Chancengleichheit zur Dienststellenleitung in § 19 Abs. 1 ChancenG imponieren,
doch zeige sich bei näherem Hinsehen, dass sie mitunter etwas sagen könne,
aber nichts zu sagen habe, denn sie habe trotz der Zuordnung zur
Dienststellenleitung keinerlei irgendwie geartete Entscheidungsbefugnisse in
personellen Angelegenheiten. Ihre Kompetenzen erschöpften sich in
Unterrichtungs-, Überwachungs- und, soweit es um Maßnahmen zur gezielten
beruflichen Förderung von Frauen gehe, in eng abgegrenzten Initiativrechten. Sei
die Beauftragte für Chancengleichheit mit einer Entscheidung der Dienststelle,
soweit es um die Anwendung des ChancenG gehe, nicht einverstanden, könne sie
die Umsetzung der Entscheidung gemäß § 22 ChancenG beanstanden und damit
die Entscheidung der Dienststellenleitung bewirken, doch zeige dies, dass die
Zuordnung der Beauftragten für Chancengleichheit zur Dienststellenleitung letztlich
bei einem kompetenzfreien „Dabeisein“ bewende. Die Rechtfertigung des
Gesetzgebers für den Ausschluss der Wählbarkeit sei deshalb abstrakter Natur
und nicht geeignet, einen den Ausschluss von der Wählbarkeit zum Personalrat
besonderen rechtfertigenden Grund herzugeben. Es sei deshalb verfehlt, wenn
das Verwaltungsgericht von einer „Stabsfunktion“ ausgehe. „Stäbe“ gebe es im
Landesverwaltungsrecht nicht und die Beauftragte für Chancengleichheit habe
auch keine „Unterstützungspflicht“, sondern sei ausschließlich verpflichtet, die ihr
durch das ChancenG eingeräumten Zuständigkeiten wahrzunehmen. Bestenfalls
lasse sich ihre Stellung mit einer Qualitätssicherungsbeauftragten in
Gleichberechtigungsfragen vergleichen, die aber keine Stellung innehabe, die
einen Interessenkonflikt mit dem Amt der Personalrätin heraufbeschwören könnte.
Dies zeige die Praxis bis zum 11.12.2013 und es seien auch keine Rechtshändel
bekannt geworden, die auf einen vermeintlichen Interessenkonflikt zwischen der
Stellung der Beauftragten für Chancengleichheit und dem Amt einer Personalrätin
hindeuteten. Dass im Grunde kein Interessenkonflikt bestehe, zeige ein
systematischer Vergleich mit den anderen Ausschlusstatbeständen des § 12 Abs.
2 LPVG. Bemerkenswert sei in diesem Zusammenhang § 12 Abs. 2 Satz 2 LPVG,
wonach wählbar bleibe, wer ein bisschen mitentscheide. Die Beauftragte für
Chancengleichheit möge zwar das eine oder andere Mal ein gutes Wort einlegen,
entscheide aber jedenfalls nach ihrer Rechtsstellung gar nichts mit. Auch der nach
§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 LPVG von der Wählbarkeit ausgeschlossene
Personalsachbearbeiter habe einen größeren Einfluss auf
Personalentscheidungen als die Beauftragte für Chancengleichheit.
Rechtssystematisch sei ferner zu beachten, dass der überwiegende Teil der
Mitbestimmungs-, eingeschränkten Mitbestimmungs-, Mitwirkungs- und
Anhörungstatbestände des LPVG keinen unmittelbaren oder auch nur mittelbaren
Bezug zur Amtsstellung der Beauftragten für Chancengleichheit nach Maßgabe
des ChancenG aufweise. Deshalb begegne auch die Regelung des § 16 Abs. 5
BGleiG eher Bedenken und sei nicht geeignet, den Ausschluss der Wählbarkeit
zum Personalrat zu rechtfertigen. Vollends deutlich werde die Untauglichkeit des
„Aufhängers“ des Gesetzgebers für die Inkompatibilitätsregelung des § 12 Abs. 2
Satz 1 Nr. 5 LPVG, wenn § 55 Abs. 3 Satz 1 LPVG in den Blick genommen werde.
Plötzlich seien die in § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 LPVG genannten Personen
wählbar zu den Stufenvertretungen, die Beauftragte für Chancengleichheit eines
staatlichen Schulamts jedoch nicht. Dies zeige die fehlende „Fertigungstiefe“ des
Gesetzgebers, der völlig verkannt habe, dass es eben keine „besonderen
rechtfertigenden Gründe“ gebe, die die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der
Beauftragten für Chancengleichheit durch den Ausschluss von der Wählbarkeit
zum Personalrat rechtfertigen könnten. Der Ausschluss von der Wählbarkeit zum
Personalrat und erst recht zur Stufenvertretung verstoße gegen das
Persönlichkeitsrecht und gegen Art. 3 Abs. 3 GG. Diesen Grundrechtsverletzungen
hätte auch nicht mit einer Übergangsregelung abgeholfen werden können.
Allerdings gewinne der Verstoß des Gesetzgebers gegen Art. 2 und Art. 3 Abs. 3
GG mit der unechten Rückwirkung, die mit dem Verlust der Wählbarkeit zum
11.12.2013 eingetreten sei, noch besonderes Gewicht. Darüber helfe auch der
dem Gesetzgeber zugestandene weite Rahmen bei der Ausgestaltung der
Beteiligung der Personalvertretung nicht. Grundrechtsverletzungen umfasse der
Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht. Der Rechtsstreit sei auszusetzen
und die Entscheidung des Staatsgerichtshofs einzuholen.
7 Die Antragstellerin beantragt,
8
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. April 2014 - PL 11
K 473/14 - zu ändern und festzustellen, dass sie mit Inkrafttreten des Gesetzes
zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes, des Landesrichter- und -
staatsanwaltsgesetzes und anderer Vorschriften am 11.12.2013 die Wählbarkeit
zum Personalrat als Beauftragte für Chancengleichheit nicht verloren hat.
9 Der weitere Beteiligte zu 1 beantragt,
10 die Beschwerde zurückzuweisen.
11 Er verteidigt den angegriffenen Beschluss und führt aus, dass in § 12 Abs. 2 Satz 1
Nr. 5 LPVG ausdrücklich geregelt sei, dass die Beauftragte für Chancengleichheit
und ihre Stellvertreterin für den örtlichen Personalrat nicht wählbar seien. Da über §
55 Abs. 3 LPVG für die Stufenvertretungen u.a. § 12 LPVG entsprechende
Anwendung finde, seien beide auch für die Stufenvertretungen nicht wählbar. Die
Mitgliedschaft im Personalrat erlösche durch Verlust der Wählbarkeit nach § 29
Abs. 1 Nr. 5 LPVG. Da der Ausschluss von der Wählbarkeit schwer in das
Persönlichkeitsrecht eingreife, bedürfe es hierfür besonderer rechtfertigender
Gründe. Diese lägen bei der Beauftragten für Chancengleichheit vor. Die
gesetzliche Anbindung nach § 19 ChancenG an die Dienststellenleitung, die
ebenfalls von der Wählbarkeit ausgeschlossen sei, rechtfertige auch den
Wählbarkeitsausschluss der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer
Stellvertreterin. In der Antragsschrift sei selbst ausgeführt, dass die Beauftragte für
Chancengleichheit mit der Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten nach dem
ChancenG nicht in einem potentiellen Interessengegensatz zum Dienststellenleiter
stehe. Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 ChancenG könne sie an der regelmäßig
stattfindenden Besprechung der Dienststellenleitung mit den anderen
Führungskräften der Dienststelle teilnehmen. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ChancenG
achte sie auf die Durchführung und Einhaltung dieses Gesetzes und unterstütze
die Dienststellenleitung bei dessen Umsetzung. Hinzu komme, dass die
Beauftragte für Chancengleichheit aufgrund ihres gesetzlichen Auftrags zu einem
großen Teil mit Personalmaßnahmen befasst sei. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LPVG
sei nicht verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG liege nicht vor. Es
liege keine indirekte Ungleichbehandlung vor, da geschlechtsunabhängige Gründe
gegeben seien, die den Ausschluss der Wählbarkeit der Beauftragten für
Chancengleichheit sachlich rechtfertigten. Der Ausschluss erfolge nicht aufgrund
des Geschlechts, sondern um den Anschein von Interessenkonflikten zu
vermeiden. Darüber hinaus sei es aber ohnehin nicht ausgeschlossen, dass auch
ein männlicher Beschäftigter Beauftragter für Chancengleichheit werden könne,
wenn sich aus dem Kreis der weiblichen Beschäftigten keine zur Ausübung des
Amtes bereite Person finde (§ 17 Abs. 4 Satz 2 ChancenG).
12 Der weitere Beteiligte zu 2 hat keinen Antrag gestellt.
13 Bei den Personalratswahlen des Jahres 2014 wurde die Antragstellerin erneut in
den örtlichen Personalrat beim Staatlichen Schulamt ... gewählt. Das Amt der
Beauftragten für Chancengleichheit nimmt mittlerweile eine andere Frau wahr.
14 Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf
sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird ergänzend
Bezug genommen.
II.
15 Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach § 86 Abs. 2 LPVG i.V.m. § 87 Abs. 1
ArbGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist insbesondere in der nach § 89
Abs. 1 und 2 ArbGG vorgeschriebenen Form und nach § 87 Abs. 2 Satz 1, § 66
Abs. 1 Satz 1 ArbGG fristgerecht erhoben und begründet worden.
16 Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Antrag ist zwar zulässig, aber nicht
begründet.
17 Nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 LPVG entscheiden die Verwaltungsgerichte unter anderem
über die Wählbarkeit zum Personalrat. Der in der Sache auf die Feststellung des
Fortbestehens der Wählbarkeit der Antragstellerin als Beauftragte für
Chancengleichheit zum Personalrat gerichtete Antrag ist im Hinblick darauf
zulässig. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse ist vor dem Hintergrund der
gesetzlichen Neuregelungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LPVG, wonach die
Beauftragte für Chancengleichheit nicht für den Personalrat wählbar ist, und des §
29 Abs. 1 Nr. 5 LPVG, wonach die Mitgliedschaft im Personalrat durch den Verlust
der Wählbarkeit erlischt, gegeben. Das notwendige Feststellungsinteresse der
Antragstellerin besteht insoweit auch nach der 2014 durchgeführten
Personalratswahl und der in diesem Zusammenhang erklärten Aufgabe des Amtes
der Beauftragten für Chancengleichheit fort, denn in
personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren kann auch nach einer
Erledigung des „eigentlichen“ Streitfalls (Beendigung des Verlusts der Wählbarkeit
als Beauftragte für Chancengleichheit infolge Amtsende) die dem Vorgang zu
Grunde liegende Streitfrage noch der Klärung durch eine gerichtliche Feststellung
zugeführt werden, wenn sie künftige Sachverhalte betrifft, die in ihren Grundzügen
dem Sachverhalt des Anlass gebenden konkreten Vorgangs entsprechen und im
Wesentlichen dieselben Rechtsfragen aufwerfen. Ein solches Begehren hat der
jeweilige Antragsteller spätestens mit seinem in der letzten Tatsacheninstanz
gestellten Antrag deutlich zu machen (BVerwG, Beschlüsse vom 29.01.1996 - 6 P
45.93 -, Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 69 und vom 23.03.1999 - 6 P 10.97 -,
BVerwGE 108, 347; Senatsbeschluss vom 24.07.2007 - PL 15 S 388/05 -, Juris
m.w.N.). Ein Rechtsschutzbedürfnis für ein vom konkreten Vorgang losgelöstes
Begehren ist allerdings nur dann gegeben, wenn sich die strittige und
entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwischen denselben Verfahrensbeteiligten
auch in künftigen vergleichbaren personalvertretungsrechtlichen Verfahren mit
einiger - mehr als nur geringfügiger - Wahrscheinlichkeit erneut stellen wird
(BVerwG, Beschluss vom 17.09.1996 - 6 P 5.94 -, ZfPR 1997, 9). Diese
Voraussetzungen liegen hier vor.
18 Aus Anlass des konkreten Falles stellt sich die verallgemeinerungsfähige
Rechtsfrage der Wählbarkeit der Beauftragten für Chancengleichheit in den
örtlichen Personalrat. Das schutzwürdige Feststellungsinteresse besteht schon
deshalb fort, weil die Antragstellerin auch Mitglied des 2014 gewählten
Personalrats ist und einer von ihr nach eigenen Angaben grundsätzlich
erwünschten erneuten Übernahme des Amtes der Beauftragten für
Chancengleichheit damit die Rechtsfolge des § 29 Abs. 1 Nr. 5 LPVG - Erlöschen
der Mitgliedschaft im Personalrat - entgegensteht. Die Antragstellerin hat im
Rahmen der Anhörung vor dem Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass sie sich
nach wie vor eine Klärung der Frage im vorliegenden Verfahren erhoffe, um dann
in Zukunft entsprechend ihrem Selbstverständnis, dass beide Funktionen einander
nicht ausschlössen, auch wieder das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit
übernehmen zu können. Das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit habe
vor dem Hintergrund der derzeit noch geltenden Inkompatibilität notgedrungen
anderweitig besetzt werden müssen. Wenn es rechtlich ginge, würde sie das Amt
gerne wieder ausüben.
19 Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Die Antragstellerin hat mit Inkrafttreten des
Gesetzes zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes, des
Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes und anderer Vorschriften am
11.12.2013 als Beauftragte für Chancengleichheit die Wählbarkeit zum (örtlichen)
Personalrat nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LPVG verloren.
20 § 12 Abs. 2 LPVG in der Fassung von Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des
Landespersonalvertretungsgesetzes, des Landesrichter- und -
staatsanwaltsgesetzes und anderer Vorschriften vom 03.12.2013 (GBl. S. 329)
lautet:
21 Nicht wählbar sind
22 1. Beschäftigte, die infolge Richterspruchs die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen
Wahlen zu erlangen, nicht besitzen,
2. der Leiter der Dienststelle und sein ständiger Vertreter,
3. Beschäftigte, die zu selbstständigen Entscheidungen in
Personalangelegenheiten der Dienststelle befugt sind,
4. die den Beschäftigten nach Nummer 3 zugeordneten unmittelbaren Mitarbeiter,
die als Personalsachbearbeiter die Entscheidungen vorbereiten,
5. die Beauftragte für Chancengleichheit und ihre Stellvertreterin.
Beschäftigte, die nicht ständig selbstständige Entscheidungen in
Personalangelegenheiten treffen oder vorbereiten, sind von der Wählbarkeit nach
Satz 1 Nummer 3 und 4 nicht ausgeschlossen, wenn nur zu einem
untergeordneten Teil der Gesamtaufgaben des Beschäftigten
Personalangelegenheiten entschieden oder vorbereitet werden.
23 Die bis dahin geltende Regelung des § 12 Abs. 3 LPVG a.F. lautete hingegen:
24 Nicht wählbar sind der Leiter der Dienststelle, sein ständiger Vertreter sowie
Beschäftigte, die zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten
der Dienststelle befugt sind. Das gleiche gilt für die unmittelbaren Mitarbeiter der
letztgenannten Beschäftigten, die als Personalsachbearbeiter die
Entscheidungen vorbereiten.
25 § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LPVG begründet insoweit eine hinreichend bestimmte
Neuregelung, die im Ergebnis keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
Insbesondere ist keine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 3 GG sowie
des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots festzustellen. Eine Aussetzung
des Verfahrens und Vorlage an den Staatsgerichtshof gemäß Art. 68 Abs. 1 Nr. 3
i.V.m. Art. 2 Abs. 1 LV, § 51 StGHG bzw. das Bundesverfassungsgericht nach Art.
100 Abs. 1 GG kommt daher nicht in Betracht.
26 Der Gesetzgeber ging im Zusammenhang mit der Neuregelung zutreffend davon
aus, dass der Ausschluss von der Wählbarkeit schwer in das Persönlichkeitsrecht
eingreift, weshalb es hierfür besonderer rechtfertigender Gründe bedarf (LT-Drs.
15/4224 S. 90). Entsprechende, hinreichend tragfähige Gründe finden sich in den
Gesetzesmaterialien und in der Zusammenschau der Regelungen über die
Stellung und die Befugnisse der Beauftragten für Chancengleichheit im Verhältnis
zu Stellung und Befugnissen des örtlichen Personalrats. Auch ein
unverhältnismäßiger Eingriff in die Rechte der Antragstellerin scheidet im Hinblick
darauf aus.
27 In der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung wurde zur
Neuregelung des § 12 Abs. 2 LPVG ausgeführt, dass ein die Wählbarkeit
ausschließender Grund auch dann vorliege, wenn durch die gleichzeitige
Vertretung von Belangen der Dienststelle und der Beschäftigten
Interessenkollisionen unvermeidbar seien. Aufgrund ihrer umfassenden
Vertretungsbefugnis für die Dienststelle seien der Leiter der Dienststelle und sein
ständiger Vertreter generell von der Wählbarkeit ausgeschlossen. Ebenso sollten
die Beauftragte für Chancengleichheit und ihre Stellvertreterin von der Wählbarkeit
ausgenommen werden, da diese kraft ihres Amtes unmittelbar an die
Dienststellenleitung angebunden seien. Bei Beschäftigten, die in
Personalangelegenheiten verantwortlich entschieden und den ihnen zugeordneten
Sachbearbeitern solle künftig danach unterschieden werden, wie umfassend die
Personalentscheidungsbefugnis sei. Wer umfassend in Personalangelegenheiten
entscheiden könne oder solche Entscheidungen vorbereite, solle wie bisher von
der Wählbarkeit ausgeschlossen werden (vgl. dazu LT.-Drs. 15/4224 S. 91). Vor
dem Hintergrund von Forderungen des DGB, den Wählbarkeitsausschluss der
Beauftragten für Chancengleichheit dann nicht vorzusehen, wenn sie nur zu einem
untergeordneten Teil ihrer Gesamtaufgaben Personalangelegenheiten entscheide
oder vorbereite und angesichts der Forderungen von ver.di und des
Gesamtpersonalrats des SWR nach Beibehaltung der Wählbarkeit für die
Beauftragte für Chancengleichheit und ihrer Stellvertretung, da sie derzeit noch
keine weitergehenden Rechte nach dem Chancengleichheitsgesetz innehätten,
die mit der Eigenschaft eines Personalrats nicht vereinbar wären, wird ausgeführt,
dass diese Forderung im Gesetzentwurf nicht berücksichtigt sei. Die gesetzliche
Anbindung der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin nach §
19 ChancenG an die Dienststellenleitung, die ebenfalls von der Wählbarkeit
ausgeschlossen sei, habe auch den Wählbarkeitsausschluss der Beauftragten für
Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin zur Folge. Hinzu komme, dass die
Beauftragte für Chancengleichheit aufgrund ihres gesetzlichen Auftrags zu einem
großen Teil mit Personalmaßnahmen befasst sei (LT.-Drs. 15/4224 S. 181). Dass
diese Erwägungen nicht tragfähig wären, vermag der Senat nicht festzustellen.
28 Im insoweit im Hinblick auf die Stellung und die Aufgaben der Beauftragten für
Chancengleichheit maßgeblich in Bezug genommenen Chancengleichheitsgesetz
vom 11.10.2005 (Gesetz zur Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen
und Männern im öffentlichen Dienst des Landes Baden-Württemberg, GBl. S. 650)
finden sich die folgenden Regelungen:
29
§ 19 Rechtsstellung
30 (1) Die Beauftragte für Chancengleichheit ist der Dienststellenleitung unmittelbar
zugeordnet und hat ein unmittelbares Vortragsrecht. Sie ist in der Ausübung ihrer
Tätigkeit nicht an Weisungen gebunden.
31 (2) Die Beauftragte für Chancengleichheit ist mit den zur Erfüllung ihrer Aufgaben
notwendigen räumlichen, personellen und sachlichen Mitteln auszustatten. Ihr ist
die Teilnahme an spezifischen Fortbildungsveranstaltungen zu ermöglichen,
soweit diese für ihre Tätigkeit erforderlich sind.
32 (3) Die Dienststellenleitung hat die Beauftragte für Chancengleichheit im
erforderlichen Umfang von ihren anderweitigen dienstlichen Verpflichtungen zu
entlasten. Der Umfang bestimmt sich nach den in ihrer Dienststelle regelmäßig
anfallenden Aufgaben sowie nach dem auf die Ausübung ihrer Aufgaben und
Rechte entfallenden Zeitaufwand.
33 (4) Bei Uneinigkeit über den Umfang der Entlastung kann die Dienststelle oder die
Beauftragte für Chancengleichheit eine Schlichtungsstelle anrufen. Die
Schlichtungsstelle besteht aus einer Vertreterin oder einem Vertreter des für
Frauenfragen zuständigen Ministeriums (Vorsitz), einer Vertreterin oder einem
Vertreter des betroffenen Fachministeriums und einer dritten Person mit
Befähigung zum Richteramt, die der baden-württembergischen Arbeits- oder
Verwaltungsgerichtsbarkeit angehört und von dem für Frauenfragen zuständigen
Landtagsausschuss zu benennen ist. Das Nähere wird durch Rechtsverordnung
des für Frauenfragen zuständigen Ministeriums geregelt.
34 (5) Die Beauftragte für Chancengleichheit darf wegen ihrer Tätigkeit weder
allgemein noch in ihrer beruflichen Entwicklung benachteiligt werden. Die
Beauftragte für Chancengleichheit darf gegen ihren Willen nur umgesetzt, versetzt
oder abgeordnet werden, wenn dies aus dringenden dienstlichen Gründen auch
unter Berücksichtigung ihrer Funktion als Beauftragte für Chancengleichheit
unvermeidbar ist. In diesem Fall ist die Zustimmung der vorgesetzten Dienststelle,
die ihre Beauftragte für Chancengleichheit beteiligt, notwendig. § 15 Abs. 2 und 4
des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.
35 (6) Die Beauftragte für Chancengleichheit und ihre Stellvertreterin sind verpflichtet,
über die persönlichen Verhältnisse von Beschäftigten und andere vertrauliche
Angelegenheiten in der Dienststelle auch über die Zeit ihrer Bestellung hinaus
Stillschweigen zu bewahren. Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch für die
Ansprechpartnerinnen und für die fachlichen Beraterinnen.
36
§ 20 Grundsätze für die Zusammenarbeit
37 (1) Die Dienststellenleitung legt zu Beginn der Amtszeit der Beauftragten für
Chancengleichheit im Einvernehmen mit der Beauftragten für Chancengleichheit
die näheren Einzelheiten der Zusammenarbeit fest.
38 (2) Die Beauftragte für Chancengleichheit ist in dem für die sachgerechte
Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Beteiligungsrechte erforderlichen Umfang
frühzeitig und umfassend zu unterrichten. Ihr sind die hierfür erforderlichen
Unterlagen frühzeitig vorzulegen und alle erforderlichen Informationen und
Auskünfte zu erteilen.
39 (3) Die Beauftragte für Chancengleichheit kann an der regelmäßig stattfindenden
Besprechung der Dienststellenleitung mit den anderen Führungskräften der
Dienststelle teilnehmen. Dies gilt nicht, soweit die Dienststellenleitung einen
Bezug zu den der Beauftragten für Chancengleichheit nach diesem Gesetz
zugewiesenen Aufgaben ausschließt.
40
§ 21 Sonstige Aufgaben und Rechte
41 (1) Die Beauftragte für Chancengleichheit achtet auf die Durchführung und
Einhaltung dieses Gesetzes und unterstützt die Dienststellenleitung bei dessen
Umsetzung. Sie ist an sonstigen allgemeinen personellen sowie sozialen und
organisatorischen Maßnahmen ihrer Dienststelle, soweit diese Auswirkungen auf
die berufliche Situation weiblicher Beschäftigter haben können, frühzeitig zu
beteiligen.
42 (2) Die Beauftragte für Chancengleichheit hat ein Initiativrecht für Maßnahmen zur
gezielten beruflichen Förderung von Frauen. Sie kann sich innerhalb ihrer
Dienststelle zu fachlichen Fragen der Gleichberechtigung von Frauen und
Männern, der beruflichen Förderung von Frauen und der Vereinbarkeit von
Familie und Beruf äußern. Sie kann während der Arbeitszeit Sprechstunden
durchführen und einmal im Jahr eine Versammlung der weiblichen Beschäftigten
der Dienststelle einberufen.
43 (3) Weibliche Beschäftigte können sich in ihren Angelegenheiten ohne Einhaltung
des Dienstweges an die Beauftragte für Chancengleichheit ihrer Dienststelle
wenden.
44 (4) Den Beauftragten für Chancengleichheit ist Gelegenheit zum
Erfahrungsaustausch untereinander zu geben.
45 (5) Die Rechte der Personalvertretungen bleiben unberührt.
46
§ 22 Beanstandungsrecht
47 (1) Hält die Beauftragte für Chancengleichheit eine Maßnahme für unvereinbar mit
diesem Gesetz oder mit anderen Vorschriften über die Gleichbehandlung von
Frauen und Männern, hat sie das Recht, diese Maßnahme binnen einer Woche
nach ihrer Unterrichtung schriftlich zu beanstanden. Bei unaufschiebbaren
Maßnahmen kann die Dienststelle die Frist auf zwei Arbeitstage verkürzen. Im
Falle der Beanstandung hat die Dienststellenleitung ihrer Dienststelle zu
entscheiden. Die Ablehnung der Beanstandung ist gegenüber der Beauftragten
für Chancengleichheit schriftlich zu begründen.
48 (2) Die beanstandete Maßnahme soll vor Ablauf der Frist und vor der
Entscheidung der Dienststellenleitung nach Absatz 1 Satz 3 nicht vollzogen
werden.
49 (3) Wird die Beauftragte für Chancengleichheit nicht oder nicht rechtzeitig nach
Maßgabe dieses Gesetzes beteiligt, soll der Vollzug bis zum Ablauf einer Woche
nach Unterrichtung der Beauftragten für Chancengleichheit ausgesetzt werden.
50 (4) Die Beauftragte für Chancengleichheit kann sich unter Einhaltung des
Dienstweges über die jeweils nächsthöhere Behörde an die oberste
Dienstbehörde wenden und insbesondere Beanstandungen, denen auch die
nächsthöhere Behörde nicht abhilft, zur Klärung vorlegen.
51 (5) Bei Fragen von allgemeiner frauenpolitischer Bedeutung kann sich die
Beauftragte für Chancengleichheit an das für Frauenfragen zuständige
Ministerium wenden.
52 Die Zusammenschau dieser Bestimmungen verdeutlicht, dass und in welcher
Weise die Beauftragte für Chancengleichheit nach dem Willen des Gesetzgebers
dem Bereich der Dienststellenleitung zugeordnet ist und dass Grundlage der
Tätigkeit die einvernehmliche Festlegung von Einzelheiten der Zusammenarbeit
mit der Dienststellenleitung ist, wobei frühzeitige und umfassende Unterrichtungs-
und Beteiligungspflichten seitens der Dienststellenleitung ebenso bestehen wie ein
grundsätzliches Recht der Beauftragten für Chancengleichheit an der Teilnahme
an Besprechungen der Dienststellenleitung mit den anderen Führungskräften der
Dienststelle (§ 19 Abs. 1, § 20, § 21 Abs. 1 Satz 2 ChancenG). Die Beauftragte für
Chancengleichheit unterstützt gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 ChancenG die
Dienststellenleitung bei der Umsetzung des Gesetzes. Die Rechte der
Personalvertretungen haben demgegenüber eine gänzlich andere „Stoßrichtung“
und bleiben nach § 21 Abs. 5 ChancenG ausdrücklich unberührt.
Dementsprechend ist in § 22 ChancenG für die Beauftragte für Chancengleichheit
im Falle von Meinungsverschiedenheiten auch ein eigenes
Beanstandungsverfahren auf der Ebene der Dienststellenleitung vorgesehen, das
dem (grundsätzlich) bestehenden Kooperationsverhältnis zwischen
Dienststellenleitung und Beauftragter für Chancengleichheit Rechnung trägt.
Insoweit ist die Eingliederung der Beauftragten für Chancengleichheit in den
Bereich der Dienststellenleitung und der damit verbundene Ausschluss der
Wählbarkeit zur Personalvertretung schlüssig und widerspruchsfrei und durch
sachliche Argumente getragen.
53 Das bestätigt der Blick in das Gesetzgebungsverfahren zum Erlass des
Chancengleichheitsgesetzes, in dem u.a. die Stärkung der Rechte der
Beauftragten für Chancengleichheit - bis dahin: Frauenvertreterin - im Mittelpunkt
stand (vgl. LT-Drs. 13/4483 S. 1). Diese wurde unmittelbar der Dienststellenleitung
zugeordnet, besitzt ein unmittelbares Vortragsrecht und ist in der Ausübung ihrer
Tätigkeit nach dem ChancenG von fachlichen Weisungen frei. Die Freistellung von
Weisungen soll nach der Begründung zum Gesetzentwurf ihre sachliche
Unabhängigkeit als fachkompetente Instanz gewährleisten und korrespondiere
insofern mit ihrer Aufgabenstellung, die auf kritische Reflexion angelegt sei. Die
fachliche Weisungsfreiheit garantiere, dass frauenspezifische Belange ohne
vorherige „Filterung“ in die Willensbildung der Dienststellenleitung einfließen
könnten. Sie bewirke, dass die Beauftragte für Chancengleichheit insoweit vom
Wohlwollen anderer Verwaltungsstellen unabhängig sei und dass die von ihr
eingebrachten Gesichtspunkte nicht übergangen werden könnten. Dies ändere
jedoch nichts an dem zwischen der Dienststellenleitung und der Beauftragten für
Chancengleichheit bestehenden Kooperationsverhältnis, in dessen Rahmen und
entsprechend dem Gesetzeszweck beide gemeinsam auf die tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung zu achten hätten. Durch die Einräumung
eines direkten Vortragsrechts könne die Beauftragte für Chancengleichheit sich
direkt an die Dienststellenleitung wenden, soweit sie Klärungsbedarf in Fragen der
Gleichberechtigung sehe. Der übliche Dienstweg müsse nicht eingehalten werden.
Die Beauftragte für Chancengleichheit gehöre zur Verwaltung und unterstütze als
Teil der Verwaltung - soweit erforderlich - die Dienststelle bei der Umsetzung des
Gesetzes. Aus der direkten Zuordnung zur Dienststellenleitung und ihrer
Unterstützungspflicht im gesetzlich vorgesehenen Rahmen ergebe sich eine
andere Rechtsstellung der Beauftragten für Chancengleichheit in Abgrenzung zum
Personalrat. Diese besondere Rechtsstellung präge die Wahrnehmung der
Aufgaben und Rechte der Beauftragten für Chancengleichheit. Den Dienststellen
und juristischen Personen des öffentlichen Rechts obliege die Umsetzung des
Gesetzes. Aufgabe der Beauftragten für Chancengleichheit sei es, im Rahmen der
ihr vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse als Teil der Verwaltung
die Dienststellenleitung bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zu
unterstützen (LT.-Drs. 13/4483 S. 45). Die Beauftragte für Chancengleichheit sei
Beraterin der Dienststellenleitung, die im Rahmen der gesetzlich festgelegten
Aufgaben an den Maßnahmen ihrer Dienststelle mitzuwirken berechtigt und
verpflichtet sei (LT.-Drs. 13/4483 S. 46). Dienststellenleitung und Beauftragte für
Chancengleichheit haben vor diesem Hintergrund nach näher formulierten
Maßgaben den voraussichtlich erforderlichen Entlastungsumfang gemeinsam
festzulegen und damit einen Rahmen zu schaffen, in dem die Beauftragte für
Chancengleichheit die ihr gesetzlich zugewiesenen und in der Dienststelle auch
tatsächlich anfallenden Aufgaben und Befugnisse ordnungsgemäß wahrnehmen
könne (LT.-Drs. 13/4483 S. 47). Die zielorientierte und vertrauensvolle
Zusammenarbeit zwischen der Dienststellenleitung und Beauftragten für
Chancengleichheit müsse zu einem durchgängigen Leitprinzip werden. Die
Beauftragte für Chancengleichheit sei der Dienststellenleitung unmittelbar
zugeordnet und nehme eine einer Stabsfunktion vergleichbare Stellung ein (vgl.
hierzu näher LT.-Drs. 13/4483 S. 48).
54 Die Stellung der Beauftragten für Chancengleichheit unterscheidet sich nach dem
in diesen Erwägungen zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers
grundlegend von der Stellung eines Mitglieds des Personalrats. Die vom
Gesetzgeber formulierte Inkompatibilität begegnet vor diesem Hintergrund keinen
durchgreifenden Bedenken, vielmehr setzt sie die Ausgestaltung des Amtes der
Beauftragten für Chancengleichheit nach dem ChancenG und ihre Einbindung auf
der Ebene der Dienststellenleitung nunmehr auch im Bereich des
Landespersonalvertretungsrechts konsequent und schlüssig um.
55 Zwar hat die Beauftragte für Chancengleichheit - worauf die Antragstellerin insoweit
zutreffend hinweist - keine unmittelbaren Leitungsrechte und trifft auch keine
selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten, sondern besitzt im
Wesentlichen bloße Beteiligungs-, Vortrags- und Beanstandungsrechte, sie ist
aber nach der gesetzlichen Ausgestaltung des Chancengleichheitsgesetzes in das
„Lager“ der Leitungsebene im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit
soweit eingebunden, dass eine entsprechende Zuordnung und ein gesetzlicher
Ausschluss von der Wählbarkeit zum Personalrat infolge von (möglichen)
Interessenkollisionen gerechtfertigt werden kann. Die verschiedenen
Ausschlusstatbestände haben einen jeweils unterschiedlichen Ausgangspunkt
und eine unterschiedliche Zielsetzung. Dem Gesetzgeber steht es insoweit frei, bei
Vorliegen hinreichend gewichtiger Gründe unterschiedliche Beschäftigte bzw.
Beschäftigungsgruppen unterschiedlich zu behandeln. Dabei sind die jeweiligen
Ausschlusstatbestände selbständig auszulegen und entsprechend ihrem Wortlaut
sowie Sinn und Zweck anzuwenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.05.2010 - 6
P 7.09 -, PersV 2010, 379). Die Berufung der Antragstellerin auf § 12 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 bis 4 und § 12 Abs. 2 Satz 2 LPVG verfängt insoweit ebenso wenig wie die in
der Anhörung vor dem Senat vorgenommene Inbezugnahme der
Schwerbehindertenvertretung, die anders als die Beauftragte für
Chancengleichheit der Dienststellenleitung nicht unmittelbar zugeordnet ist.
56 Dem Gesetzgeber kommt ein weiter Gestaltungsspielraum zu, wie er die
besondere Stellung der Beauftragten für Chancengleichheit (§§ 19 ff. ChancenG)
personalvertretungsrechtlich bewertet und wie er die jeweiligen Teilhaberechte
organisatorisch ausgestaltet. Das Interesse an der Vermeidung von Interessen-
und Pflichtenkollisionen und an einer neutralen Ausübung von Mitwirkungsrechten
rechtfertigt vor diesem Hintergrund den hier im Streit stehenden
Wählbarkeitsausschluss. Im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit
verletzt eine solche Inkompatibilitätsregelung grundsätzlich - so auch hier - nicht
das Übermaßverbot (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit einer
Unvereinbarkeitsregelung für Personalratsmandat und Mitgliedschaft im
Fachbereichsrat einer Fachhochschule in Ansehung des damit verfolgten Zwecks
BVerfG, Beschluss vom 17.03.1994 - 1 BvR 2069/93 u.a. -, Juris und - vorgehend -
BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 - 6 C 14.92 -, BVerwGE 94, 53). Die
Personalratsmitglieder vertreten im Konfliktfall die Interessen der Beschäftigten und
(gerade) nicht der Geschäftsleitung. Die Personalvertretung nimmt einen
spezifischen Kontrollauftrag gegenüber der jeweiligen Dienststelle wahr und steht
insoweit in einem aus Interessengegensätzen resultierenden
Spannungsverhältnis. Die Beauftragte für Chancengleichheit beteiligt sich
hingegen im Rahmen eines Kooperationsverhältnisses auf Seiten der
Dienststellenleitung an Entscheidungen u.a. in Personalauswahlverfahren (vgl. §§
7 ff. ChancenG). Der jeweilige Blickwinkel auf zum Teil gleiche Fragestellungen ist
in beiden Ämtern ggf. unterschiedlich, je nachdem ob die Interessen aller
Beschäftigten in den Blick genommen werden oder ein selektiver Ansatz im
Hinblick auf die besondere Funktion der Beauftragten für Chancengleichheit erfolgt
(vgl. zum insoweit bestehenden „Koordinationsverhältnis“ zwischen
Dienststellenleitung und - damals noch - Frauenvertreterin, innerhalb dessen beide
gemeinsam auf die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung zu achten
haben und der hiervon deutlich abzugrenzenden „echten“ Interessenvertretung der
Beschäftigten durch die Personalvertretung bereits Senatsurteil vom 09.03.2004 -
4 S 675/02 -, VBlBW 2004, 303). Insoweit besteht trotz der häufig gleichgerichteten
Interessen die Gefahr eines Interessengegensatzes. Ob die im Streit stehende
Unvereinbarkeitsregelung (verfassungs-)rechtlich geboten ist, ist hingegen
ebensowenig entscheidend wie die Tatsache, dass die Antragstellerin geltend
macht, sie sei zu einer jeweils sachgerechten Wahrnehmung der (ggf.)
unterschiedlichen Interessen sehr wohl in der Lage (gewesen) und der Vortrag des
weiteren Beteiligten zu 2, es habe trotz jahrelanger Personalunion niemals eine
(erkennbare) Interessenkollision gegeben. Insoweit ist eine typisierende
Betrachtung der abstrakten Interessenlage zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom
17.03.1994 und BVerwG, Urteil vom 11.08.1993, jeweils a.a.O.).
57 Das schließt nicht aus, dass - worauf die Antragstellerin und der weitere Beteiligte
zu 2 in der Anhörung vor dem Senat hingewiesen haben - häufig gleichlaufende
Interessen von der Beauftragten für Chancengleichheit und dem Personalrat
vertreten werden und eine frühzeitige Einbindung der Beauftragten für
Chancengleichheit in die Arbeit des Personalrats - die durch die angegriffene
Neuregelung nicht ausgeschlossen wird, wie die Ausführungen des weiteren
Beteiligten zu 2 bestätigt haben, wonach die Beauftragte für Chancengleichheit
weiterhin regelmäßig an Sitzungen des Personalrats teilnimmt - sinnvoll ist. Die
Antragstellerin hat im Rahmen der Anhörung die mögliche Interessenkollision im
Falle der traditionellen Personalunion zwischen Personalratsmitglied und
Beauftragter für Chancengleichheit anschaulich beschrieben. Sie hat ausgeführt,
dass der lange „Kampf“, dass die Beauftragte für Chancengleichheit in
Dienststellenbesprechungen „hineinkomme“, inzwischen „gewonnen“ sei und in
diesem Zusammenhang eingeräumt, dass sie als Beauftragte für
Chancengleichheit von der Dienststellenleitung (vorab) Informationen bekommen
habe, die sie nicht an den Personalrat habe weitergeben können (dürfen) und
ausgeführt, sie könne „das trennen“. Das unterstreicht das berechtigte Anliegen
des Gesetzgebers, die beiden Tätigkeitsbereiche unabhängig von den
individuellen „Trennfähigkeiten“ der einzelnen Beauftragten für Chancengleichheit
voneinander abzukoppeln, um die tatsächlich bestehende (abstrakte) Gefahr einer
Interessenkollision zu verhindern.
58 Der u.a. von Seiten der GEW und dem DGB vertretene Ansatz, dass eine
Beauftragte für Chancengleichheit wie bisher für den Personalrat wählbar sein
solle, mag vor diesem Hintergrund zwar vertretbar sein, ist rechtlich aber nicht
zwingend. Vielmehr darf auch die Gleichstellungsbeauftragte des Bundes und ihre
Stellvertreterin keiner Personalvertretung angehören (§ 16 Abs. 5 BGleiG). Die
gleichzeitige Ausübung dieser beiden Funktionen ist verboten
(Fischer/Goeres/Gronimus, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder,
GKÖD V, § 14 RdNr. 16a). Auch durch diese gesetzliche Inkompatibilitätsregelung
soll die Unabhängigkeit bei der Wahrnehmung des Amtes gesichert werden (vgl.
BT-Drs. 14/5679 S. 27; s.a. Vogelgesang, „Inkompatibilitäten“ im
Personalvertretungsrecht, insbesondere bei einer Mitgliedschaft in mehreren
Personalräten?, ZfPR 2014, 114 <116 f.>). Offen bleiben kann in diesem
Zusammenhang mangels Entscheidungserheblichkeit im vorliegenden Verfahren,
ob dieselben Überlegungen auch den Ausschluss der Beauftragen für
Chancengleichheit von den Stufenvertretungen nach § 55 Abs. 3 Satz 1 LPVG
rechtfertigen können.
59 Die Unvereinbarkeitsregelung verletzt entgegen den Ausführungen der
Antragstellerin auch nicht Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Es liegt keine unzulässige
Benachteiligung wegen des Geschlechts vor, vielmehr ist die angegriffene
Regelung wegen der im Raum stehenden Interessenkollision des Amtes als
Beauftragte für Chancengleichheit - das nach § 17 Abs. 2 Satz 1 ChancenG
grundsätzlich durch eine Frau ausgeübt wird - und der Tätigkeit als Mitglied des
Personalrats gerechtfertigt.
60 Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verbietet jede Benachteiligung unter anderem wegen des
Geschlechts. Der allgemeine Gleichbehandlungsanspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG,
der hinter den spezielleren Gewährleistungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG
zurücktritt, wird durch dieses Verbot dahingehend konkretisiert, dass das
Geschlecht grundsätzlich nicht zu den sachlichen Gründen zählt, die eine
Differenzierung rechtfertigen können. Das Geschlecht ist nach Art. 3 Abs. 3 GG
grundsätzlich kein zulässiger rechtlicher Anknüpfungspunkt für rechtlich
unterschiedliche Behandlung. An das Geschlecht anknüpfende differenzierende
Regelungen sind mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung
von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen
auftreten können, zwingend erforderlich sind, oder eine Abwägung mit
kollidierendem Verfassungsrecht sie ausnahmsweise legitimiert.
Geschlechtsbezogene Zuschreibungen, die allenfalls als statistische eine
Berechtigung haben mögen (Geschlechterstereotype), und tradierte
Rollenerwartungen können danach zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen
nicht dienen. Das aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG folgende Differenzierungsverbot gilt
auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene
Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt.
Eine - mittelbare - Benachteiligung wegen des Geschlechts kann auch vorliegen,
wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung im Ergebnis überwiegend
Angehörige eines Geschlechts betrifft und dies auf natürliche oder
gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist
(vgl. zu Vorstehendem BVerfG, Beschluss vom 07.11.2008 - 2 BvR 1870/07 -,
DVBl 2009, 123 m.w.N.). Danach liegt hier zwar eine mittelbare Anknüpfung an das
Geschlecht vor, denn die Unvereinbarkeitsregelung trifft tatsächlich nahezu
ausschließlich Frauen. Sie ist aber vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund
des Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt.
61 Das Diskriminierungsverbot in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG wird ergänzt durch Art. 3
Abs. 2 GG. Nach dieser Vorschrift sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Das
ChancenG hat in Umsetzung des Verfassungsauftrags nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2
GG zum Ziel, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen
und Männern im Beruf zu fördern und auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie
und Beruf hinzuwirken (vgl. § 1 ChancenG). Die staatlichen Stellen sind insoweit
zur Durchsetzung der Gleichberechtigung verpflichtet. Die Beauftragte für
Chancengleichheit hat als Teil der Verwaltung die Aufgabe, die Dienststellenleitung
bei der Umsetzung dieser gesetzlichen Aufgabe zu unterstützen. Insoweit steht im
Hintergrund der angegriffenen Regelung das verfassungsrechtlich gebilligte und
sogar erwünschte Bemühen um die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen.
62 Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin liegt im Hinblick auf die nach § 29
Abs. 1 Nr. 5 LPVG ohne Übergangsregelung eintretende Rechtsfolge - nicht nur
Verlust der Wählbarkeit für die Zukunft, sondern unmittelbares Erlöschen der
(durch Wahl begründeten) Mitgliedschaft im Personalrat kraft Gesetzes zum
11.12.2013 - auch keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung vor.
63 Unter Vertrauensschutzgesichtspunkten bedarf der Normgeber einer besonderen
Rechtfertigung, wenn er die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen
Verhaltens nachträglich belastend ändert. Normen mit echter Rückwirkung, die
nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreifen
(„Rückbewirkung von Rechtsfolgen"), sind grundsätzlich verfassungsrechtlich
unzulässig. Dagegen sind Normen mit unechter Rückwirkung, die - wie hier - auf
gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft derart
einwirken, dass Rechtsfolgen zwar erst nach der Verkündung der Norm eintreten,
tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst
werden („tatbestandliche Rückanknüpfung"), in den Grenzen des
Vertrauensschutzes und des Verhältnismäßigkeitsprinzips grundsätzlich zulässig.
Hat der Normgeber „beachtliche Gründe", bestehende Rechtslagen zu ändern,
darf er das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage enttäuschen. Wie das
jeweilige Spannungsverhältnis aufzulösen ist, ob also beachtliche
Vertrauensschutzgesichtspunkte auf Seiten des Bürgers - insbesondere getroffene
Dispositionen - bzw. gewichtige Änderungsgründe auf Seiten des Normgebers
vorliegen, und wie diese konkret zu gewichten sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall
ab (vgl. zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 24.11.2014 - 9 BN 3.14 -,
Juris m.w.N.).
64 Hier liegt eine zulässige „unechte Rückwirkung“ vor. Gründe für die Begründung
eines schutzwürdigen Vertrauens an dem unveränderten Fortbestand des
gesetzlichen Rahmens hat die Antragstellerin weder geltend gemacht, noch sind
solche zu erkennen. Der Gesetzgeber hat vielmehr seinerseits schutzwürdige
Interessen daran, das bestehende Spannungsverhältnis bei einer gleichzeitigen
Wahrnehmung des Amtes als Beauftragte für Chancengleichheit und als Mitglied
des Personalrats im Zuge der Neugestaltung des
Landespersonalvertretungsgesetzes zeitnah aufzulösen.
65 Die Rechtsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen,
da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 86 Abs. 2 LPVG i.V.m. § 92 Abs.
1 Satz 2 und § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).