Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 16.02.2017

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VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 16.2.2017, 10 S 1878/16
Leitsätze
Zur Frage eines Anspruchs auf behördliches Einschreiten wegen Lärmimmissionen durch einen gemeindlichen
Brunnen.
Tenor
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom
17. März 2016 - 4 K 2056/15 - wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen, die diese auf sich selbst behält.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1 Die Kläger sind seit dem Jahr 1992 Anwohner des Marienplatzes in Ravensburg. Erstmals im Jahr 2014
wandten sie sich gegen Geräusche, die von einem auf dem Marienplatz von der Beigeladenen seit dem Jahr
1994 betriebenen, von dem Künstler Robert Schad gestalteten Brunnen ausgehen. Ihre gegen das Land
Baden-Württemberg als Träger der unteren Immissionsschutzbehörde gerichtete Klage hat das
Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17.03.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt,
ausweislich des von der Beigeladenen eingeholten immissionsschutzrechtlichen Sachverständigengutachtens
hielten sich die von dem Brunnen auf das Haus der Kläger einwirkenden Geräusche im Rahmen des in einem
Kerngebiet Zulässigen. Unabhängig hiervon handele sich bei den Brunnengeräuschen um herkömmliche und
sozial adäquate und deswegen zumutbare Geräuschimmissionen. Wiederum unabhängig hiervon hätten die
Kläger einen etwaigen Anspruch auf immissionsschutzrechtliches Einschreiten durch ihre jahrelange
Untätigkeit und Hinnahme der Brunnengeräusche verwirkt.
II.
2 Der auf die Gründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der
besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO)
gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom
17.03.2016 hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
3 1. Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit
des erstinstanzlichen Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4 a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht
erst dann gegeben, wenn im Zulassungsverfahren aufgrund summarischer Überprüfung der Erfolgsaussicht
des Rechtsmittels unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4
VwGO) der Erfolg wahrscheinlicher erscheint als der Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.12.2009 - 2
BvR 758/07 - BVerfGE 125, 104; VerfGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2016 - 1 VB 58/14 - VBlBW
2016, 374). Hinreichende Zweifel i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind vielmehr schon dann gegeben,
wenn ein Erfolg des Rechtsmittels möglich erscheint (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -
NVwZ-RR 2004, 542). Zur Darlegung ernstlicher Zweifel ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der
angegriffenen Entscheidung erforderlich. Dies erfordert ein Durchdringen und Aufbereiten des Sach- und
Streitstoffs in einer Weise, die im Einzelnen verdeutlicht, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen den
entscheidungstragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt werden kann (vgl.
Senatsbeschluss vom 14.06.2016 - 10 S 234/15 - VBlBW 2016, 466). Wird - wie hier - ein Urteil auf
mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn
hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund dargelegt wird und auch vorliegt (BVerwG,
Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26; VGH Baden-Württemberg,
Beschluss vom 09.03.2010 - 3 S 1537/08 - ESVGH 60, 212).
5 b) Gemessen hieran bestehen jedenfalls an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine
ernstlichen Zweifel. Die Kläger haben keine erheblichen Gründe vorgebracht, die dafür sprechen, dass das
verwaltungsgerichtliche Urteil einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten wird.
6 Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass Maßstab für die Beurteilung der
Lärmwirkung § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ist.
7 Nach dieser Vorschrift sind nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen - wie der hier
in Rede stehende Brunnen - unter anderem so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche
Umwelteinwirkungen verhindert werden. Schädliche Umwelteinwirkungen sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG
Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder
erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Ob Geräusche die
Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen überschreiten, unterliegt weitgehend tatrichterlicher Wertung
und ist folglich eine Frage der Einzelfallbeurteilung. Diese richtet sich insbesondere nach der durch die
Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit, wobei
wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die Sozialadäquanz und die allgemeine Akzeptanz
mitbestimmend sind (BVerwG, Beschluss vom 19.02.2013 - 7 B 38.12 - juris Rn. 10).
8 Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis
gelangt ist, dass von dem Brunnen keine schädlichen Umwelteinwirkungen zum Nachteil der Kläger
ausgehen und damit bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für die von den Klägern geltend
gemachten Ansprüche auf behördliches Einschreiten gemäß § 25 Abs. 2 und § 24 BImSchG fehlen.
9 Ausweislich des von der Beigeladenen eingeholten immissionsschutzrechtlichen
Sachverständigengutachtens der DEKRA vom 18.09.2014 überschreiten die von dem Brunnen ausgehenden
Geräusche hinsichtlich der Kläger nicht den Immissionsrichtwert von 60 dB(A), der nach Nr. 6.1 Buchst. c) TA
Lärm in dem hier nach Ansicht des Gerichts und der Beteiligten vorliegenden faktischen Kerngebiet
maßgeblich ist. In dem Sachverständigengutachten wird festgestellt, dass hinsichtlich des Wohnhauses der
Kläger ein Beurteilungspegel im Tagzeitraum von 56 dB(A) zu verzeichnen sei, von dem gemäß Nr. 6.9 TA
Lärm ein Messabschlag von 3 dB(A) vorzunehmen, mithin von einem Beurteilungspegel von 53 dB(A)
auszugehen sei. Damit unterschritten die zu beurteilenden Brunnengeräusche den maßgeblichen
Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags um mehr als 6 dB(A), so dass eine Untersuchung der Vorbelastung
durch andere Anlagen im Einwirkungsbereich des Brunnens unterbleiben könne (S. 8 des Gutachtens).
10 Nicht durchzudringen vermögen die Kläger mit ihrem Einwand, der Gutachter habe nicht gemäß Nr. 6.9 TA
Lärm einen Messabschlag von 3 dB(A) vornehmen dürfen. Vorliegend hat es sich um eine
Überwachungsmessung i. S. der Nr. 6.9 TA Lärm gehandelt (vgl. zum Begriff Feldhaus/Tegeder, BImSchR, Nr.
6 TA Lärm, Rn. 82 ff.), nachdem hier zur Vorbereitung etwaiger immissionsschutzrechtlicher Anordnungen
eine schon rund zwei Jahrzehnte bestehende Anlage daraufhin überprüft werden sollte, ob der zu
ermittelnde Beurteilungspegel den maßgeblichen Immissionsrichtwert einhält. Dass die Beigeladene
Auftragsgeberin war, ändert am Charakter als Überwachungsmessung nichts. Die von den Klägern
geäußerten Bedenken hinsichtlich der Erforderlichkeit eines solchen Messabschlags angesichts des Stands
der Messtechnik und der Verbesserung der Genauigkeit der eingesetzten Messgeräte greifen nicht durch.
Die Rechtsprechung geht zutreffend von einer fortbestehenden Anwendbarkeit der Nr. 6.9 TA Lärm aus (vgl.
BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom
13.12.2016 - 11 N 88.14 - juris Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 14.02.2012 - 22 ZB 11.2059 - juris Rn. 10;
vgl. auch Feldhaus/Tegeder, a. a. O., Rn. 74 ff. m. w. N., auch zur Gegenauffassung). Denn die auch in
anderen Regelwerken anerkannten Messabschläge gründen sich nur zu einem geringeren Teil auf mögliche
Messinstrumentenfehler, vorwiegend aber auf die Berücksichtigung bestimmter Einflussgrößen und anderer
Ursachen für Messungenauigkeiten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -
juris Rn. 36 m. w. N.). Der Messabschlag der Nr. 6.9 TA Lärm dient zudem dem Bestreben, bei
Überwachungsmessungen im Hinblick auf die Beweislast der Behörde jegliches Risiko eines rechtswidrigen
Eingriffs zu vermeiden. Die unterschiedliche Behandlung von Messungen im Genehmigungsverfahren
einerseits und Messungen im Rahmen der Überwachung andererseits ist darüber hinaus vor dem
Hintergrund zu sehen, dass es für den Anlagenbetreiber eine höhere Belastung darstellt, wenn er Umbauten
vornehmen oder Einschränkungen des Betriebs hinnehmen muss, nachdem er Investitionen auf der
Grundlage einer bestandskräftigen Genehmigung getätigt hat, als wenn ihm im Genehmigungsstadium
Auflagen erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.08.2007, a. a. O.).
11 Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das Verwaltungsgericht bei der immissionsschutzrechtlichen
Beurteilung der Brunnengeräusche auf Grundlage des von ihm eingenommenen Augenscheins keine
Zuschläge für Tonhaltigkeit, Informationshaltigkeit und Impulshaltigkeit für angezeigt hielt. Die Kläger legen
schon nicht dar, welche Charakteristika der Brunnengeräusche aus ihrer Sicht Zuschläge erfordern sollten.
Allein der Umstand, dass die Geräusche des Brunnens ausweislich des Protokolls der mündlichen
Verhandlung des Verwaltungsgerichts im Bereich der Wohnung der Kläger - bei geöffnetem Fenster bzw. auf
der Dachterrasse - als solche deutlich wahrnehmbar sind, vermag einen Zuschlag entgegen ihrer Auffassung
nicht zu rechtfertigen. Nichts anderes folgt aus dem von den Klägern zitierten Urteil des
Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18.11.2002 - 7 A 2141/00 - (veröffentlicht bei juris).
Dieser Entscheidung zufolge setzen Zuschläge gerade voraus, dass „objektiv als lästig empfundene
Komponenten“ aus dem übrigen Lärmgeschehen auffällig hervortreten; welche objektiv lästigen
Komponenten dies hier sein sollen, beantworten die Kläger nicht. Vor diesem Hintergrund ist auch nichts
dafür ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht - wie dies die Kläger meinen - keine hinreichenden
Feststellungen hinsichtlich einer etwaigen Zuschlagspflichtigkeit der Geräusche des Brunnens getroffen
hätte.
12 Soweit das Verwaltungsgericht auf Grundlage des von ihm eingenommenen Augenscheins selbständig
tragend angenommen hat, dass die Kläger hinsichtlich der Brunnengeräusche keinen Anspruch auf
Einschreiten der Immissionsschutzbehörde hätten, weil es sich hierbei um herkömmliche und sozial
adäquate Geräuschimmissionen handele, die jedenfalls so lange hinzunehmen seien, wie von den
Brunnengeräuschen - wie im vorliegenden Fall - keine Gesundheitsgefahren ausgingen, dürfte der
klägerische Vortrag bereits die Darlegungsanforderungen nicht erfüllen. Denn zu diesem Teil der
Entscheidungsgründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils verhalten sich die Kläger überhaupt nicht. Die
Begründung des Berufungszulassungsantrags mit Schriftsatz vom 18.10.2016 enthält keine Ausführungen,
die sich mit der Frage der Sozialadäquanz der Brunnengeräusche (S. 15 des erstinstanzlichen Urteils)
befassen. Insbesondere haben die Kläger nicht dargetan, dass die Brunnengeräusche wesentlich abweichen
von typischen, grundsätzlich als sozialadäquat einzustufenden Geräuschen von auf öffentlichen Plätzen
betriebenen gemeindlichen Brunnen.
13 Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht der Sache nach zutreffend angenommen, dass bestimmte
Verhaltensweisen oder Zustände, die sich im sozialen Zusammenleben ergeben und die sich möglicherweise
für Einzelne nachteilig auswirken, von der Bevölkerung insgesamt hingenommen werden, weil sich die
Verhaltensweisen oder Zustände noch in den Grenzen des als sozial Üblichen oder Tolerierbaren halten (vgl.
Senatsbeschluss vom 07.07.2016 - 10 S 579/16 - juris Rn. 19). So sind die von Brunnen ausgehenden
Geräusche auf öffentlichen Plätzen einer Gemeinde grundsätzlich als sozial adäquat und damit nicht
erheblich störend anzusehen (vgl. in diese Richtung - wenn auch noch unter Geltung der durch die TA Lärm
vom 26.08.1998 ersetzten TA Lärm vom 16.07.1968 - bereits: Senatsbeschluss vom 14.10.1991 - 10 S
2082/91 - NVwZ-RR 1992, 236). Zum einen wird das Geräusch von plätscherndem und fallendem Wasser als
Naturgeräusch und auch als Verweis auf die Bedeutung von Wasser für die Gründung menschlicher
Siedlungen im Allgemeinen als eher angenehm empfunden. Zum anderen werden die Geräusche gerade von
Brunnen auf öffentlichen Plätzen als positiv wahrgenommen, weil sie das Stadtbild aufwerten, zum
Treffpunkt dienen, zum Verweilen und im Sommer auch zur Abkühlung einladen und damit zur Steigerung
der Lebensqualität innenstädtischer Bereiche wesentlich beitragen.
14 Die verwaltungsgerichtliche Annahme einer Sozialadäquanz der Brunnengeräusche wird auch nicht insofern
durchgreifend in Frage gestellt, als die Berufungszulassungsbegründung an anderer Stelle, in
Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen der
Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 Abs. 2 BImSchG (S. 9 f. des erstinstanzlichen Urteils), vorträgt, das
Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Vorliegen einer durch die Brunnengeräusche hervorgerufenen
konkreten Gefahr für Leib und Leben verneint. Soweit sich die Kläger dabei auf Immissionen berufen, denen
nicht ihr eigenes, ca. 24 m vom Brunnen entferntes Anwesen, sondern das in rund 9 m Entfernung vom
Brunnen gelegene (Büro)Gebäude Marienplatz ... ausgesetzt ist, verkennen sie grundlegend, dass die in
Betracht kommenden und vom Verwaltungsgericht geprüften Anspruchsgrundlagen der § 25 Abs. 2, § 22
Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG jeweils die Betroffenheit in eigenen Rechten voraussetzen. Die Frage, ob
den Nutzern des Gebäudes Marienplatz ... durch die Brunnengeräusche eine Gesundheitsgefährdung droht,
ist für die Prüfung des von den Klägern geltend gemachten Anspruchs folglich ohne Belang.
15 Soweit die Kläger geltend machen, unabhängig von der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob in
dem von der Beigeladenen eingeholte Immissionsschutzgutachten ein Messabschlag habe vorgenommen
werden dürfen, stelle das Gutachten hinsichtlich ihres Gebäudes Marienplatz ... eine Belastung von 62 dB(A)
fest, die nach der Rechtsprechung des Senats eine Gesundheitsgefährdung darstelle, ist dies unzutreffend.
Das Gutachten geht davon aus, dass der Beurteilungspegel am Gebäude der Kläger ohne Messabschlag 56
dB(A) und mit Messabschlag 53 dB(A) beträgt (S. 3 des Gutachtens). Ein Beurteilungspegel von 62 dB(A)
läge nur vor, wenn man mit den Klägern zum einen den Messabschlag von 3 dB(A) für unzutreffend hielte
und zum anderen tatsächlich eine Vorbelastung bestünde, die zu einer Lärmsteigerung von 6 dB(A) führte.
Deshalb bedarf es keiner Entscheidung, ob im Einzelfall Gesundheitsgefahren bereits bei einer mittleren
Lärmbelastung oberhalb eines Schwellenwerts von 60 bis 65 dB(A) tags auftreten können (vgl. Senatsurteil
vom 04.11.2014 - 10 S 1663/11 - VBlBW 2015, 197 zum Betrieb einer phonoakustischen und
pyrotechnischen Vogelabwehranlage) und welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass nach den
Feststellungen des verwaltungsgerichtlichen Augenscheins die Brunnengeräusche bei geschlossenem
Fenster in der Wohnung der Kläger „nahezu nicht hörbar“ sind. Gegen eine Gesundheitsgefahr für die Kläger
spricht im vorliegenden Fall zudem, dass der Brunnen in der im Hinblick auf Gesundheitsgefahren besonders
kritischen Nachtzeit sowie in den Tagesrandzeiten (von 6:00 Uhr bis 10:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis
22:00 Uhr) nicht in Betrieb ist. Davon, dass die Kläger tatsächlich Geräuschen im gesundheitskritischen
Bereich ausgesetzt wären, kann mithin keine Rede sein. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Kläger bereits
seit über zwei Jahrzehnten den - vor einer Reduzierung des Wasserdurchlaufs des Brunnens am 08.07.2014
sogar noch stärkeren - Brunnengeräuschen ausgesetzt sind, ohne dass Anhaltspunkte für tatsächliche
Gesundheitsbeeinträchtigungen vorgetragen oder ersichtlich wären.
16 Unabhängig von den obigen Ausführungen bestehen zudem deswegen keine ernstlichen Zweifel an der
Richtigkeit des klagabweisenden verwaltungsgerichtlichen Urteils, weil selbst bei einer Qualifizierung der
durch den gegenwärtigen Betrieb verursachten Brunnengeräusche als schädliche Umwelteinwirkungen
keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich sind, dass die Kläger - wie von ihnen beantragt (vgl.
S. 5 des Urteils des Verwaltungsgerichts) - einen Anspruch auf Reduzierung der Brunnenlaufzeit auf
maximal 1,5Stunden pro Tag (oder auf Anordnung einer anderen lärmmindernden Maßnahme mit
vergleichbarer Wirkung) haben könnten. Hiergegen spricht insbesondere, dass ausweislich des
Sachverständigengutachtens am Haus Marienplatz ... ein um 8 dB(A) höherer Beurteilungspegel als am
Wohnhaus der Kläger vorliegt. Eine Reduzierung der Einwirkdauer des Brunnens auf maximal 1,5 Stunden
pro Tag würde dem Gutachten zufolge ohne Berücksichtigung des von den Klägern beanstandeten
Messabschlags von 3 dB(A) nach Nr. 6.9 TA Lärm am Haus Marienplatz ... eine Lärmreduktion auf einen Wert
von 54 dB(A) bewirken und damit die von dem Brunnen ausgehende Zusatzbelastung auf jeden Fall
tolerabel erscheinen lassen. Selbst wenn man den dortigen Bewohnern insoweit einen Reduktionsanspruch
zubilligen wollte, könnte das den Klägern nicht weiterhelfen. Denn es liegt auf der Hand, dass zur
Einhaltung des Immissionsrichtwerts am deutlich weiter vom Brunnen entfernt liegenden Haus der Kläger
nicht in gleichem Umfang Lärmminderungsmaßnahmen beansprucht werden können.
17 2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne
von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
18 Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten
zukommen. Der Zulassungsgrund liegt vielmehr nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall
in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu
entscheidenden Streitfälle abhebt und sich gerade die diesbezüglichen Fragen im Berufungsverfahren stellen
werden. Dies ist darzulegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Hierzu gehört, dass in
fallbezogener Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts die
besonderen Schwierigkeiten ausdrücklich bezeichnet werden und ausgeführt wird, inwieweit sich diese von
Verwaltungsstreitigkeiten durchschnittlicher Schwierigkeiten abheben (vgl. Senatsbeschluss vom
14.06.2016 - 10 S 234/15 - VBlBW 2016, 466).
19 Es ist nicht erkennbar, dass der vorliegende Fall eine besondere Komplexität oder Unübersichtlichkeit
aufweist. Wie sich aus den Ausführungen unter II. 1. ergibt, kann vielmehr bereits im Rahmen des
Zulassungsverfahrens - auch und gerade unter Würdigung des Zulassungsvorbringens - sicher beurteilt
werden, dass das Verwaltungsgericht richtig entschieden hat. Auch der im angefochtenen Urteil geleistete
rechtliche Begründungsaufwand weist nicht auf besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hin
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - VBlBW 2000, 392).
20 3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO).
III.
21 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO und § 162 Abs. 3
VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren den Klägern nicht aufzuerlegen, weil die
Beigeladene keinen Sachantrag gestellt und damit auch kein Prozessrisiko übernommen hat (vgl.
Senatsbeschluss vom 14.10.2015 - 10 S 1469/15 - VBlBW 2016, 212).
22 Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs.
1, 2 GKG i. V. m. der Empfehlung Nr. 19.2 i. V. m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt z. B. in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, unter § 163).
23 Dieser Beschluss ist unanfechtbar.