Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 10.03.2017

wahlergebnis, stimmzettel, ausschluss der öffentlichkeit, rüge

VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 10.3.2017, 1 S 1652/16
Leitsätze
Bei einem Verstoß gegen den Grundsatz, dass die Feststellung des Ergebnisses einer Kommunalwahl öffentlich
erfolgt, ist die abstrakte Möglichkeit von Manipulationen nicht ausreichend, um die Wahl für ungültig zu
erklären. Vielmehr ist zu ermitteln, ob die festgestellten Mängel im konkreten Fall Auswirkungen auf das
Wahlergebnis haben konnten.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8.
Juli 2016 - 7 K 3161/15 - wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen zu 1. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1 Die Klägerin wendet sich gegen die Gültigkeit der Bürgermeisterwahl vom 26.04.2015 in Gundelsheim. Am
Wahltag nach 18 Uhr ermittelten die Wahlvorstände in den einzelnen Wahlbezirken zunächst die Ergebnisse
und übermittelten diese telefonisch an Herrn ..., Mitarbeiter im Ordnungsamt der Beigeladenen zu 1 und
stellvertretender Schriftführer des Gemeindewahlausschusses. Anschließend wurden in den jeweiligen
Wahlbezirken die Wahlniederschriften gefertigt und gemeinsam mit den in Kuverts verpackten Stimmzetteln
sowie den Schnellmeldungen zu Herrn ... ins Rathaus gebracht. Herr ... brachte die Wahlunterlagen
gemeinsam mit zwei Verwaltungsmitarbeitern in einen separaten und verschlossenen Raum. Der
Gemeindewahlausschuss traf sich am Wahltag um 15.30 Uhr im Rathaus der Beigeladenen zu 1 und
ermittelte als Briefwahlvorstand das Briefwahlergebnis. Nachdem die Ergebnisse aller Wahlbezirke vorlagen,
erstellte Herr ...-... das vorläufige amtliche Ergebnis. Herr ..., der Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses
und stellvertretender Bürgermeister, gab dieses Ergebnis mit Hilfe einer Lautsprecheranlage auf dem
Rathausvorplatz bekannt. Danach entfielen von den insgesamt 3.499 abgegebenen Stimmen, von denen 45
als ungültig und 3.454 als gültig aufgeführt wurden, 1.728 Stimmen auf die Beigeladene zu 2 und 1.719
Stimmen auf den weiteren Bewerber. Die Beigeladene zu 2 erzielte danach eine Stimme mehr als die Hälfte
der gültigen Stimmen (1.727 + 1) und damit die absolute Mehrheit.
2 Zur Vorbereitung der Sitzung des Gemeindewahlausschusses nahmen drei Verwaltungsmitarbeiter der
Beigeladenen zu 1 im Laufe des Montags, 27.04.2015, eine Nachprüfung des Wahlergebnisses vor. Herr ...,
Schriftführer des Gemeindewahlausschusses, Herr ..., stellvertretender Schriftführer, und Herr ...,
Hauptamtsleiter, zählten die Stimmzettel und die Stimmabgabevermerke nach und überprüften die
Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke. In sechs der acht Wahlbezirke sowie im Briefwahlergebnis
bestätigte sich das von den Wahlvorständen am Vorabend ermittelte Ergebnis. In den Wahlbezirken 103 und
507 ergab die Nachzählung jeweils eine Abweichung, über die der Gemeindewahlausschuss nachfolgend
Beschluss fasste.
3 Ort, Zeit und Gegenstand der Sitzung des Gemeindewahlausschusses vom 27.04.2015 um 16 Uhr wurden
durch entsprechenden Aushang am Eingang des Sitzungsgebäudes am selben Tag um 15.48 Uhr bekannt
gemacht. In der ab 16 Uhr stattfindenden Sitzung stellte der Gemeindewahlausschuss fest, dass ein
Stimmzettel aus dem Wahlbezirk 103, der für den weiteren Bewerber gezählt wurde, ungültig sei, weil auf
dem Stimmzettel nicht dieser, sondern eine nicht identifizierbare Person („...“) gekennzeichnet war.
Außerdem erklärte der Gemeindewahlausschuss einen aus dem Wahlbezirk 507 stammenden und zunächst
für ungültig befundenen Stimmzettel, auf dem die Beigeladene zu 2 angekreuzt und der Beruf des weiteren
Bewerbers unterstrichen worden war, zugunsten der Beigeladenen zu 2 für gültig. Auf dieser Grundlage
stellte der Gemeindewahlausschuss als endgültiges Wahlergebnis fest, dass von den insgesamt 3.499
abgegebenen Stimmen - davon 45 ungültig und 3.454 gültig - auf die Beigeladene zu 2 1.729 Stimmen
sowie den anderen Bewerber 1.718 Stimmen entfallen sind. Damit erzielte die Beigeladene zu 2 zwei
Stimmen mehr als die Hälfte (1.727) der gültigen Stimmen. An der Sitzung des Gemeindewahlausschusses
nahmen ca. zehn bis fünfzehn Zuschauer, darunter die Klägerin, teil. Das Wahlergebnis wurde auf Antrag
des Gemeindewahlausschusses durch den Beklagten als Wahlprüfungsbehörde überprüft und bestätigt. Das
am 27.04.2015 festgestellte Ergebnis der Wahl wurde im amtlichen Mitteilungsblatt der Beigeladenen zu 1
am 30.04.2015 bekannt gemacht.
4 Mit Schreiben vom 06.05.2015 legte die Klägerin beim Beklagten Einspruch gegen die Bürgermeisterwahl
ein. Dem Einspruch traten 159 Wahlberechtigte mit ihrer Unterschrift bei. Der Beklagte wies den Einspruch
mit Bescheid vom 01.06.2015 zurück.
5 Die auf Ungültigerklärung der Wahl gerichtete Klage der Klägerin wies das Verwaltungsgericht Stuttgart ab
(vgl. Urt. v. 08.07.2016 - 7 K 3161/15 - juris). Soweit die Klägerin die nichtöffentliche Nachprüfung der Wahl
durch die Verwaltungsmitarbeiter ..., ... und ... rüge, liege ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über
die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses vor. Jedoch habe das Ergebnis der Wahl durch die
Nachprüfung durch die Verwaltungsmitarbeiter nicht beeinflusst werden können. Auch bei dem vorliegenden
Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz sei die abstrakte Möglichkeit von Manipulationen nicht
ausreichend, um die Wahl für ungültig zu erklären. Der Gemeindewahlausschuss habe das - auch bereits am
Wahlabend telefonisch mitgeteilte - Ergebnis in sechs Wahlbezirken und das Briefwahlergebnis unverändert
übernommen. Insofern habe die nichtöffentliche Nachprüfung keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet.
Soweit der Gemeindewahlausschuss eine Stimme im Wahlbezirk 507 für gültig erklärt habe, die der
Wahlvorstand als ungültig gewertet habe, sei der Gemeindewahlausschuss dazu gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3
KomWO befugt gewesen. Der Wahlvorstand habe mit Schreiben vom 18.05.2015 bestätigt, dass der
Stimmzettel in dieser Form bereits am Wahlabend im Wahllokal vorgelegen habe. Insoweit sei nicht
ersichtlich, wie eine Manipulation hätte erfolgen können. Selbst wenn man eine theoretisch denkbare
Manipulation annehmen sollte, dahingehend, dass die Stimme „... ...“ sich im Stapel der ungültigen Stimmen
befunden hätte, in den Stapel des weiteren Bewerbers verschoben und dafür eine gültige Stimme des
weiteren Bewerbers unterschlagen worden wäre, hätte dies das Wahlergebnis nicht verändern können, weil
die Beigeladene zu 2 trotzdem mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erreicht hätte (1.729 Stimmen von
dann 3.455 gültigen Stimmen).
6 Ferner habe auch die Rüge der Klägerin, dass die Sitzung des Gemeindewahlausschusses vom 27.04.2015
erst kurzfristig zwölf Minuten vor Sitzungsbeginn ausgehängt worden sei, keinen Erfolg. Zwar sei dadurch
wohl gegen § 21 Abs. 3 Satz 2 KomWO verstoßen worden. Jedoch sei nicht ersichtlich, wie das Ergebnis der
Wahl durch diesen wahrscheinlichen Verstoß habe beeinflusst werden können, zumal 13 Zuschauer
einschließlich der Klägerin in der Sitzung anwesend gewesen seien.
7 Die Rüge der Klägerin, dass für das Verschließen der Umschläge für die Stimmzettel die Wahlvorsteher nur
teilweise die dafür vorgesehenen Siegelmarken verwendet hätten, wodurch gegen § 39 Abs. 1 KomWG
verstoßen worden sei, sei nach § 31 Abs. 1 Satz 2 KomWG präkludiert. Denn diese Rüge finde im
Einspruchsschreiben vom 06.05.2015 keine Erwähnung, sondern sei erst im Klageverfahren ausgeführt
worden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass sich dieser Umstand auf das Wahlergebnis habe auswirken
können.
8 Schließlich bestünden Zweifel, ob die Klägerin mit ihrer Rüge in der Klageschrift, dass die Stimmenanzahl in
der Gegenliste und im Wählerverzeichnis in den Wahlbezirken 101 und 103 nicht übereinstimme und somit
die Wahlniederschriften unrichtig seien, im Einspruchsverfahren gehört werden könne. Im Ergebnis könne
offen bleiben, ob die Klägerin mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen präkludiert sei. Denn jedenfalls habe
durch diese Unstimmigkeiten das Wahlergebnis nicht beeinflusst werden können. Das Gericht habe die
Stimmabgabevermerke im Wählerverzeichnis des Wahlbezirks 101 nachgeprüft. Dieses enthalte 457
Stimmabgabevermerke, was mit der Zahl der Stimmzettel übereinstimme. Die Diskrepanz zwischen am
Wahlabend gezählten 456 und vom Gericht festgestellten 457 Stimmabgabevermerken dürfte allerdings auf
einer unrichtigen Addition der Stimmabgabevermerke auf S. 31 des Wählerverzeichnisses beruhen, anstatt
auf einer undeutlichen Kennzeichnung auf S. 6. Die bloße Tatsache, dass der im Wählerverzeichnis
„abgehakte“ Wähler mit der Nr. 254 in der Gegenliste nicht notiert worden sei, führe angesichts der
Übereinstimmung der Zahl von Stimmabgabevermerken und Stimmzetteln nicht zu einer anderen
rechtlichen Bewertung. Es sei zudem nicht ersichtlich, wie der Fehler - mangelnde Information des
Gemeindewahlausschusses und unrichtige Niederschrift - sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben
könnte.
9 Im Wahlbezirk 103 habe der Wahlvorstand gegen § 37 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 10 KomWO
verstoßen, indem er die Diskrepanz zwischen der Anzahl der Stimmzettel, der Zahl der
Stimmabgabevermerke im Wählerverzeichnis und der Zahl der in der Gegenliste vermerkten Wähler nicht in
die Wahlniederschrift aufgenommen und statt dessen zwei Stimmzettel zur Seite gelegt habe. Das habe das
Ergebnis der Wahl nicht beeinflussen können. Nach der Erklärung des Wahlvorstandes vom 30.04.2015, die
von allen acht Mitgliedern unterschrieben sei, habe es sich um zwei leere, d.h. nicht gekennzeichnete,
Stimmzettel gehandelt. Diese ungültigen Stimmzettel hätten das Wahlergebnis nicht beeinflussen können.
Die Kammer sehe keine Veranlassung, an der Richtigkeit der übereinstimmenden Erklärung des
Wahlvorstandes zu zweifeln. Selbst wenn man unterstelle, dass es sich entgegen der Erklärung des
Wahlvorstandes um zwei gültige Stimmen zugunsten des weiteren Bewerbers gehandelt hätte, hätte dies
das Wahlergebnis nicht beeinflussen können. Denn dann hätte die Beigeladene zu 2 mit 1.729 Stimmen
immer noch mehr als die Hälfte (1.728) der dann 3.456 gültigen Stimmen erreicht. Soweit der
Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung geäußert habe, dass zwei Wähler jeweils zwei Stimmen für
die Beigeladene zu 2 abgegeben haben könnten, wenn ihnen versehentlich zwei Stimmzettel ausgehändigt
worden wären, so fehle dafür jeder konkrete Anhaltspunkt. Selbst wenn man dennoch unterstelle, dass
zwei Wähler jeweils zwei Stimmen für die Beigeladene zu 2 abgegeben hätten, habe dies das Wahlergebnis
nicht beeinflussen können, weil die Beigeladene zu 2 mit dann noch 1.727 (1.729 - 2) Stimmen immer noch
mehr als die Hälfte (1.726) der dann 3.452 gültigen Stimmen erreicht hätte.
10 Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wendet sich die Klägerin mit ihrem Zulassungsantrag, dem der
Beklagte und die Beigeladene zu 1 entgegen getreten sind.
II.
11 Der rechtzeitig gestellte und begründete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
12 1. a) Aus den von der Klägerin dargelegten Gründen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit
des angefochtenen Urteils. Die Darlegung ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO
erfordert, dass ein die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragender Rechtssatz oder eine für diese
Entscheidung erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird
(BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - VBlBW 2000, 392; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.05.2011
- 10 S 354/11 - VBlBW 2011, 442). Dazu müssen zum einen die angegriffenen Rechtssätze oder
Tatsachenfeststellungen - zumindest im Kern - zutreffend herausgearbeitet werden (VGH Bad.-Württ.,
Beschl. v. 11.08.1999 - 6 S 969/99 - juris). Zum anderen sind schlüssige Bedenken gegen diese Rechtssätze
oder Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, wobei sich der Darlegungsaufwand im Einzelfall nach den
Umständen des jeweiligen Verfahrens richtet (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.08.1999, a.a.O., und v.
27.02.1998 - 7 S 216/98 - VBlBW 1998, 378 m.w.N.), insbesondere nach Umfang und Begründungstiefe der
Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Zulassungsgrund liegt vor, wenn eine Überprüfung des
dargelegten Vorbringens aufgrund der Akten ergibt, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des
angefochtenen Urteils tatsächlich bestehen. Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat keine erheblichen
Gründe vorgebracht, die dafür sprechen, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil unrichtig sein könnte.
13 b) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, das Verwaltungsgericht habe nicht erkannt, dass bei einem
Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Wahlergebnisermittlung es für die Ungültigerklärung
ausreiche, wenn die abstrakte Möglichkeit bestehe, dass die festgestellten Mängel sich auf das Wahlergebnis
ausgewirkt haben könnten.Nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG ist die Wahl für ungültig zu erklären, wenn ihr
Ergebnis dadurch beeinflusst werden konnte, dass wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die
Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind.
Dabei reicht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine bloß abstrakte
Möglichkeit des Einflusses auf das Wahlergebnis nicht aus. Notwendig ist eine konkrete und nach der
Lebenserfahrung nicht ganz fern liegende Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses. Nur wenn
unbehebbare Zweifel an der Richtigkeit des Wahlergebnisses vorliegen, kommt eine Ungültigerklärung der
Wahl in Betracht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.1959 - 4 F 171/58 - EKBW KomWG § 32 E 3; Urt. v.
18.02.1964 - III 405/61 - ESVGH 14, 11 = EKBW KomWG § 32 E 4; Urt. v. 18.08.1964 - III 733/63 - ESVGH
14, 193 = EKBW KomWG § 32 E 5; Urt. v. 04.03.1970 - I 703/69 - ESVGH 21, 93 = EKBW KomWG § 32 E
19; Urt. v. 26.04.1982 - 1 S 2416/83 - VBlBW 1983, 34; Urt. v. 02.12.1985 - 1 S 2083/85 - EKBW § 32 E 36;
Urt. v. 17.02.1992 - 1 S 2266/91 - EKBW KomWG § 32 E 39; Urt. v. 27.01.1997 - 1 S 1741/96 - EKBW
KomWG § 32 E 41).
14 Dies gilt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, auch dann, wenn es um Verletzungen
der Vorschriften über die Öffentlichkeit bei der Ermittlung des Wahlergebnisses geht. Auch in diesen Fällen
bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, dass durch den Ausschluss der Öffentlichkeit eine Verfälschung des
Wahlergebnisses ermöglicht wurde. Das bloße Hegen eines Verdachts reicht insoweit nicht aus (so Senat,
Urt. v. 12.03.1968 - I 542/67 -, LS in EKBW KomWG § 32 E 13, zu Verletzungen der Vorschriften über die
Öffentlichkeit; ebenso für Verletzungen des Wahlgeheimnisses: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.10.1955, a.a.O.;
ebenso für Verstöße gegen § 27 KomWO a.F. über Versiegelung und Verwahrung von Stimmzetteln und
Wahlumschlägen bei Unterbrechung der Auszählung: Senat, Urt. v. 28.05.1973 - I 581/72 - EKBW KomWO §
36 E 1). Entgegen der Auffassung der Klägerin und anders als es andere Oberverwaltungsgerichte für die
Rechtslage in ihren Ländern entschieden haben (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 26.02.2009 - 4 L 364/08 - juris, für
folgende Verstöße: Behandlung der Briefwahlunterlagen nicht durch das zuständige Gremium; fehlende
Öffentlichkeit bei der Behandlung der Briefwahlunterlagen; Entzug der Verfügungsgewalt des zuständigen
Gremiums über die Briefwahlunterlagen für einen nicht nur völlig unerheblichen Zeitraum; ähnlich OVG
Rhl.-Pf., Urt. v. 04.12.1990 - 7 A 11827/90 - NVwZ 1991, 598 <601> für Verletzungen der Vorschriften
über die Besetzung des Wahlvorstands), genügt daher die abstrakte Möglichkeit der Kausalität für das
Wahlergebnis nicht. Das Erfordernis, dass für eine Ungültigerklärung der Wahl die konkrete Möglichkeit der
Beeinflussung des Wahlergebnisses bestehen muss, beruht darauf, dann es nur dann gerechtfertigt ist, die
Allgemeinheit mit den weit reichenden Folgen einer Neuwahl zu belasten (so bereits VGH Bad.-Württ., Urt.
v. 18.02.1964, a.a.O.). Daher findet dieses Erfordernis auch auf Verletzungen der Vorschriften über die
Öffentlichkeit der Wahlergebnisermittlung Anwendung. Denn es ist kein Grund dafür ersichtlich, die Folgen
einer Neuwahl in Kauf zu nehmen, wenn die Möglichkeit der Wahlbeeinflussung rein theoretischer Natur ist.
15 Dem entspricht auch die gesetzliche Konzeption des § 32 KomWG. § 32 Abs. 2 KomWG enthält absolute
Wahlanfechtungsgründe, die zur Ungültigerklärung führen, unabhängig davon, ob durch den Mangel das
Wahlergebnis beeinflusst werden konnte, während der hier einschlägige § 32 Abs. 1 KomWG ausdrücklich
das Erfordernis vorsieht, dass durch den Wahlfehler das Ergebnis beeinflusst werden konnte.
16 c) Unbegründet ist die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe den einheitlichen Vorgang der
Ergebnisermittlung der Wahl verkannt. Sie ist der Auffassung, im vorliegenden Fall könnten die Ergebnisse
der Wahlvorstände nicht Grundlage der Feststellung des Wahlergebnisses sein. Nach der Entscheidung für
die Nachermittlung des Wahlergebnisses sei die Erstermittlung für die Feststellung des Wahlergebnisses
nicht mehr relevant. Richtigerweise gehörten die Ergebnisermittlung durch die Wahlvorstände in den
Wahlbezirken und die Zusammenfassung dieser Ergebnisse zum Gesamtvorgang der
Wahlergebnisermittlung. Dass die Ermittlung des Ergebnisses der Wahl eine wahlrechtliche Einheit sei,
ergebe sich aus § 28 KomWG und § 43 KomWO. Die Erstermittlung sei daher ein Vorgang, dessen Relevanz
durch die Entscheidung für die Nachzählung und erst recht durch die Nachprüfung hinfällig werde.
17 Mit diesem Vorbringen werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht
begründet. Die Rüge der Klägerin geht an der gesetzlichen Systematik des Wahlanfechtungsrechts und den
Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts vorbei. Die Ungültigerklärung nach § 32 Abs. 1 Nr. 2
KomWG hat zwei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen, nämlich erstens den Verstoß gegen
wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und
Feststellung des Wahlergebnisses und zweitens die Möglichkeit, dass dadurch das Ergebnis beeinflusst
werden konnte. Das Verwaltungsgericht hat zu jedem bejahten Verstoß gegen wesentliche Vorschriften im
Sinne von § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG dargelegt, warum eine Möglichkeit, dass dadurch das Ergebnis
beeinflusst werden konnte, fehlt. Hiermit setzt sich der Zulassungsantrag an keiner Stelle auseinander. Da
die Klägerin diese Ausführungen nicht angreift, fehlt es insoweit bereits an der ausreichenden Darlegung
ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Es ist auch in keiner Weise ersichtlich,
warum die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass der Gemeindewahlausschuss das - auch bereits am
Abend telefonisch mitgeteilte - Ergebnis in sechs Wahlbezirken und das Briefwahlergebnis unverändert
übernommen hat und dass insofern die nichtöffentliche Nachprüfung keine Manipulationsmöglichkeiten
eröffnete, zu beanstanden sein soll. Manipulationsmöglichkeiten in diesen Punkten zeigt der
Zulassungsantrag nicht auf. Soweit der Zulassungsantrag pauschal geltend macht (Schriftsatz vom
20.09.2016, S. 11), Manipulation sei nicht von der Hand zu weisen, ist dies in keiner Weise belegt.
18 Zudem nimmt der von der Klägerin postulierte Grundsatz der Einheit der Ergebnisermittlung die
Gesetzessystematik nicht in den Blick. Zwar trifft es zu, dass nach § 28 KomWG bei Gemeindewahlen das
Wahlergebnis vom Gemeindewahlausschuss unverzüglich festzustellen und vom Bürgermeister in der
Gemeinde öffentlich bekannt zu machen ist und dass nach § 43 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 KomWO der
Gemeindewahlausschuss die Wahlniederschriften der Wahlvorstände auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu
prüfen und dabei die Feststellungen der Wahlvorstände nachzuprüfen hat, und dass er, wenn sich aus den
Wahlniederschriften oder aus sonstigen Gründen Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit des Wahlgeschäfts
ergeben, diese so weit wie möglich aufklärt und er fehlerhafte Entscheidungen abändern kann. Das Gesetz
geht jedoch nicht davon aus, dass die Tätigkeit der Wahlvorstände in den Wahlbezirken ohne rechtliche
Relevanz ist. Vielmehr bestimmt § 14 Abs. 1 KomWG, dass für jeden Wahlbezirk ein Wahlvorstand gebildet
wird, der die Wahlhandlung leitet und das Wahlergebnis im Wahlbezirk feststellt. Eine Normierung des von
der Klägerin postulierten Grundsatzes der Einheit der Wahlergebnisermittlung lässt sich daher in dieser
Form in Kommunalwahlgesetz und Kommunalwahlordnung nicht finden.
19 Dies gilt auch für den Fall der Nachzählung und Nachprüfung der Wahl. Der Umstand, dass der
Gemeindewahlausschuss nach § 28 KomWG dasjenige Organ ist, dass das Wahlergebnis feststellt, bedeutet
nicht, dass bei einer Überprüfung der Wahl die Feststellung des Wahlergebnisses in den Wahlbezirken durch
die Wahlvorstände keine Bedeutung hat und stets alle Stimmen nachzuzählen sind. Aus der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts, auf die sich die Klägerin in diesem Zusammenhang beruft, folgt das gerade
nicht. Denn das Bundesverfassungsgericht geht ausdrücklich davon aus, dass es eine Frage des Einzelfalls
ist, ob bei Wahlfehlern eine Nachzählung nur in einzelnen Stimmbezirken ausreicht oder die Nachzählung
auf jeden Stimmbezirk auszudehnen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.12.1991 - 2 BvR 562/91 - BVerfGE 85,
148, juris Rn. 41 f.). Davon ist auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung stets
ausgegangen, indem er im Rahmen der Prüfung der Kausalität des Wahlfehlers die Behandlung einzelner
streitiger Stimmabgaben und ihre möglichen Auswirkungen auf das Wahlergebnis untersucht, ohne dass es
eines Eingehens auf nicht streitige Stimmabgaben oder auf Ergebnisse nicht streitiger Wahlbezirke bedürfte
(vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.02.1967 - I 760/66 - ESVGH 18,70 = EKBW KomWG § 23 E 1). Das
entspricht auch der gesetzlichen Systematik, nach der die Wahl, wenn erhebliche Verstöße nur in einzelnen
Wahlkreisen oder Wahlbezirken vorgekommen sind, auch nur in diesen für ungültig erklärt werden kann (§
33 Satz 1 KomWG).
20 d) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils werden auch nicht durch das
Zulassungsvorbringen begründet, die Präklusionsvorschrift des § 31 Abs. 1 Sätze 1, 2 KomWG sei
verfassungswidrig. Denn das Verwaltungsgericht hat sein Urteil zu jedem angenommenen Verstoß
selbstständig tragend darauf gestützt, dass der Verstoß das Ergebnis der Wahl nicht beeinflussen konnte,
was von der Klägerin, wie dargelegt, nicht ernstlich in Zweifel gezogen wurde.
21 e) Soweit die Klägerin im Zulassungsantrag Ausführungen zum Substantiierungsgebot im
Wahlprüfungsrecht macht (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 26 -28), sind ernstliche Zweifel im Sinne von §
124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht ersichtlich. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, inwiefern die
Anforderungen an die Substantiierung von Einsprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl hier
entscheidungserheblich sein sollen. Das Verwaltungsgericht hat sein Urteil darauf nicht gestützt. Soweit im
Folgenden ausgeführt ist (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 28 - 31), die beiden vorhandenen Unstimmigkeiten
- mit denen sich das Verwaltungsgericht ausführlich befasst hat - legten nahe, dass weitere Unstimmigkeiten
das Wahlergebnis beeinflusst hätten, handelt es sich um bloße Vermutungen; wiederum wird nicht
aufgezeigt, warum die schlüssige und gut begründete Annahme des Verwaltungsgerichts, dass für die
Feststellung der Wahlergebnisse in sechs Wahlbezirken und des Briefwahlergebnisses
Manipulationsmöglichkeiten nicht eröffnet gewesen seien und die vorhandenen Unstimmigkeiten sich auf das
Wahlergebnis nicht ausgewirkt haben könnten, zu beanstanden sein soll.
22 2. Die Rechtssache weist nicht die von der Klägerin geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder
rechtlichen Schwierigkeiten auf. Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im
Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder
durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Vielmehr muss sich der konkret zu entscheidende Fall in
tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu
entscheidenden Streitfälle abheben (st. Rspr., vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 22.04.1997 - 14 S 913/97 -
VBlBW 1997, 298; Beschl. v. 07.01.1998 - 7 S 3117/97 - NVwZ-RR 1998, 371; Beschl. v. 11.08.1999 - 6 S
969/99 - juris), d. h. er muss überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende
Schwierigkeiten verursachen (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl., § 124 Rn. 9). Daran fehlt es hier. Die
Komplexität der Sache geht weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht über das in vergleichbaren
verwaltungsgerichtlichen Verfahren Übliche hinaus. Besondere Schwierigkeiten i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO sind daher nicht gegeben.
23 3. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht
vor. Eine solche kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur
Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der
Tatsachenfeststellungen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite
beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des
Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass unter
Durchdringung des Streitstoffes des erstinstanzlichen Urteils eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage
aufgezeigt, d.h. benannt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragend war und die auch
für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund
gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. VGH Bad.-Württ.,
Beschl. v. 05.06.1997 - 4 S 1050/97 - VBlBW 1997, 420 m.w.N.; Beschl. v. 19.08.2010 - 8 S 2322/09 -
ZfWG 2010, 424). Eine Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt mangels
Entscheidungserheblichkeit einer aufgeworfenen Grundsatzfrage nicht in Betracht, wenn das angegriffene
Urteil auf mehrere selbständige tragende Gründe gestützt ist und einer der tragenden Gründe nicht oder
nicht mit Erfolg mit dem Zulassungsantrag angegriffen wird. Denn im Fall einer solchen Mehrfachbegründung
müssen die Zulassungsvoraussetzungen grundsätzlich für jede der Begründungen gegeben sein (vgl. OVG
NRW, Beschl. v. 15.04.2008 - 6 A 185/06 - juris Rn. 4, m.w.N.; BayVGH, Beschl. v. 10.03.2011 - 14 ZB
09.2479 - juris Rn. 7; Beschl. v. 08.06.2011 - 12 ZB 10.1727 - juris Rn. 10).
24 Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die aufgeworfene Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 31 Abs.
1 Satz 1, 2 KomWG nicht grundsätzlich bedeutsam. Denn, wie bereits ausgeführt, hat das
Verwaltungsgericht für jeden Verstoß gegen Wahlvorschriften die Möglichkeit der Beeinflussung des
Wahlergebnisses verneint, ohne dass insoweit ein Zulassungsgrund vorläge. Der aufgeworfenen Frage fehlt
es mithin an der Entscheidungserheblichkeit.
25 Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt auch nicht vor im Hinblick auf die aufgeworfene
Frage nach der „Einheit der 'ersten Ermittlung' mit der 'Nachermittlung' des Wahlergebnisses, die erst mit
der verbindlichen Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses abgeschlossen ist“. Eine konkrete Rechts-
oder Tatsachenfrage, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragend war, ist damit bereits nicht
formuliert. Soweit damit ohne Formulierung einer grundsätzlich bedeutsamen Frage die Problematik
angesprochen ist, ob es stets und auch dann, wenn keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass in
bestimmten Wahlbezirken Wahlfehler vorgekommen sind, in allen Wahlbezirken einer Neuauszählung der
Stimmen bedarf, fehlt es an einem Zulassungsgrund i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, da sich, wie oben unter
1 c) dargelegt, die Antwort auf diese Frage aus § 33 Satz 1 KomWG und den zitierten Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs ergibt.
26 Am Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO fehlt es auch, soweit die Klägerin im Zusammenhang mit
ihrer Rüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zur Frage der abstrakten Möglichkeit der Auswirkung von
Wahlfehlern (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 20 ff.) ohne Darlegung einer grundsätzlich bedeutsamen Frage
im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Substantiierung von Wahlrügen die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache geltend macht (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 23 Mitte). Denn - unbeschadet der mangelnden
Formulierung einer Grundsatzfrage und unbeschadet des Umstandes, dass insoweit für eine
Entscheidungserheblichkeit nichts ersichtlich ist - die Anforderungen an die Substantiierung von Wahlrügen
sind hinreichend geklärt (vgl. Senat, Urt. v. 27.02.1996 - 1 S 2570/95 - NVwZ-RR 1996, 411; Urt. v.
16.05.2007 - 1 S 567/07 - VBlBW 2007, 377, m.w.N.).
27 4. Die Divergenzrüge der Klägerin kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Die Darlegung einer die Berufung
nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO eröffnenden Divergenz setzt voraus, dass ein inhaltlich bestimmter, die
angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz benannt und einem dieselbe Rechtsvorschrift
betreffenden seinerseits entscheidungserheblichen Rechtssatz des Divergenzgerichts gegenüber gestellt
wird (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 20.12.1995 - 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712).
28 Dem genügt das Vorbringen der Klägerin nicht. Es fehlt bereits an der Herausarbeitung eines die
Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragenden Rechtssatzes und dessen Gegenüberstellung mit einem
abweichenden Rechtssatz eines in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichts. Unabhängig von der
mangelnden Darlegung der Divergenz ist auch in der Sache aufgrund der von der Klägerin in Anspruch
genommenen Entscheidungen eine Divergenz nicht ersichtlich:
29 Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.09.2016, Seite 33, 34 ausführt, Oberverwaltungsgerichte, das
Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht hätten durchgehend die Öffentlichkeit des
gesamten Wahlverfahrens, insbesondere die Öffentlichkeit der Ergebnismitteilung als „wesentliches Prinzip
des Wahlverfahrensrechts herausgestellt, dessen Verletzung entweder unabhängig von weiteren
Umständen die Verbindlichkeit der Wahlermittlung aufhebt oder jedenfalls, wenn die Ergebnisermittlung der
Wahl von dieser Verletzung beeinflusst sein kann“, rechtfertigt das keine Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4
VwGO. Die Bezugnahme auf Entscheidungen des OVG Sachsen-Anhalt und des OVG Rheinland-Pfalz, nach
denen eine ab-strakte Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses ausreichen soll, kann von
vornherein die Divergenzrüge nicht begründen. Denn § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO eröffnet die Divergenzrüge
nur bei einer Abweichung von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, das im Instanzenzug dem
Verwaltungsgericht übergeordnet ist, mithin hier des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (vgl. nur
Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 124 Rn. 162, m.w.N.)
30 Eine Divergenz zu dem angegebenen Urteil des Senats vom 27.02.1996 - 1 S 2570/95 - ist in keiner Weise
erkennbar. Der Senat hat dort u.a. ausgeführt, dass ein Einspruchsgrund gegeben ist, wenn er sowohl in
tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht hinreichend konkretisiert ist, und dass Wahlbeanstandungen,
die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht
hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, nicht
ausreichen, aber die Anforderungen an die Substantiierung der Rüge nicht überspannt werden dürfen. Einen
davon abweichenden Rechtssatz enthält die angefochtene Entscheidung nicht.
31 Auch eine Divergenz zum angegebenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.03.2012 - 8 C 7/11 -
ist nicht erkennbar. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht dort ausgeführt, dass sowohl nach
Bundesrecht als auch nach nordrhein-westfälischem Landesrecht die abstrakte Möglichkeit von
Manipulationen nicht ausreichend ist, um eine Wahl für ungültig zu erklären.
32 Schließlich ist eine Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht erkennbar. Mit
ihrer Divergenzrüge zur Relevanz des Öffentlichkeitsprinzips (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 33, 34)
benennt die Klägerin bereits keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, zu der eine Abweichung
gegeben sein soll. Soweit die Klägerin in anderem Zusammenhang (Schriftsatz vom 20.09.2016, S. 21 - 23)
auf den Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 12.12.1991 - 2 BvR 562/91 - BVerfGE 85, 148 zur
Substantiierung von Wahlrügen Bezug genommen hat, ergibt sich aus der von der Klägerin in ihrem
Schriftsatz eingestellten Passage aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nichts zu der Frage,
ob Verletzungen des Prinzips der Öffentlichkeit bei der Ermittlung des Wahlergebnisses die konkrete oder die
abstrakte Möglichkeit des Einflusses auf das Ergebnis zur Folge haben müssen. Auch im Hinblick auf die
Substantiierung von Wahlrügen - um die es in der zitierten Passage vor allem geht - ist eine Abweichung
von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts weder dargelegt noch ersichtlich. Dies gilt auch im
Hinblick auf die Entscheidung des Senats vom 27.02.1996, a.a.O., da ein insoweit abweichender Rechtssatz
des Verwaltungsgerichts zur Substantiierung von Wahlrügen weder dargelegt noch sonst erkennbar ist.
33 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts
beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
34 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).