Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 16.07.2007

VGH Baden-Württemberg: berufliche tätigkeit, einfluss, fachkompetenz, vergleich, zusammenarbeit, werturteil, bewährung, versetzung, durchschnitt, erfahrung

VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 16.7.2007, 4 S 1163/07
Auswahlverfahren für die Besetzung einer Richterstelle; Eignungsbeurteilung
Leitsätze
Der Dienstherr ist gehalten, im Hinblick auf die durch das Anforderungsprofil für das Amt eines Vorsitzenden Richters geforderten verschiedenen
Kompetenzfelder bei gleichem Gesamturteil in den aktuellen dienstlichen Anlassbeurteilungen zusätzlich eine vergleichende Gewichtung der bei
den Bewerbern festgestellten Eignungsmerkmale vorzunehmen.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Mai 2007 - 11 K 1281/07 - wird
zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) sowie inhaltlich den
Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des
Antragstellers, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, die ausgeschriebene Stelle einer
Vorsitzenden Richterin/eines Vorsitzenden Richters beim Verwaltungsgericht X. zu besetzen, zu Recht abgelehnt. Denn der Antragsteller hat
einen entsprechenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die
mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats grundsätzlich beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), sind nicht
geeignet, die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis in Frage zu stellen.
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Ein abgelehnter Bewerber, der geltend macht, sein Bewerberanspruch in ... einem durchgeführten Auswahlverfahren zur Besetzung einer
ausgeschriebenen Beamten- oder Richterstelle sei durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden, kann eine
erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen
sind, seine Auswahl also möglich erscheint; dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch im Verfahren auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung anzulegen (BVerfG, Beschlüsse vom 24.09.2002, DVBl. 2002, 1633, und vom 29.07.2003, DVBl. 2003, 1524; BVerwG,
Beschluss vom 20.01.2004, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23; Senatsbeschlüsse vom 12.04.2005 - 4 S 439/05 -, VBlBW 2006, 59 = NVwZ-RR
2005, 585 und vom 21.12.2006 - 4 S 2206/06 -). Der erforderliche Anordnungsanspruch hat daher zur Voraussetzung, dass die
Erfolgsaussichten des Antragstellers bei einer erneuten - fehlerfreien - Auswahl offen sind. Dies kann nicht angenommen werden; der
Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner mit der Auswahl der beigeladenen Mitbewerberin seine Rechte verletzt hat.
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In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht geht auch der beschließende Senat davon aus, dass im vorliegenden Streitfall die getroffene
Auswahl zwischen dem Antragsteller und der Beigeladenen in Anwendung des Art. 33 Abs. 2 GG, des § 8 LRiG und des § 11 Abs. 1 LBG
entsprechend nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen ist. Zwar handelt es sich um eine Auswahl zwischen zwei
Versetzungsbewerbern, die beide ein Richteramt nach Besoldungsgruppe R 2 anstreben, das statusrechtlich nicht höher eingeschätzt ist als die
bereits von ihnen wahrgenommenen Ämter eines Richters bzw. einer Richterin am Verwaltungsgerichtshof, auch bedarf die von beiden begehrte
Versetzung keiner Ernennung. Entschließt sich der Dienstherr jedoch im Rahmen seines Organisationsermessens, das Auswahlverfahren für
einen ausgeschriebenen Dienstposten sowohl für Beförderungsbewerber als auch für Versetzungsbewerber zu öffnen und damit im Wege des
Grundsatzes der Bestenauslese durchzuführen, ist er daran auch gegenüber den Versetzungsbewerbern gebunden. Ein Versetzungsbewerber
kann dann gegenüber dem Dienstherrn auf Einhaltung dieses Grundsatzes bestehen. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
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Der Antragsteller hat daher Anspruch darauf, dass der Antragsgegner das ihm als Dienstherr bei der Entscheidung über die streitige Versetzung
zu Gebote stehende Auswahlermessen unter Einhaltung etwaiger Verfahrensvorschriften fehlerfrei ausübt (Bewerberanspruch). Er kann deshalb
insbesondere verlangen, dass die Auswahl nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 8 LRiG und § 11 Abs. 1 LBG entsprechend nach Eignung, Befähigung und
fachlicher Leistung getroffen wird. Im Auswahlverfahren ist der Dienstherr an das von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden, mit welchem
er die Kriterien für die Auswahl der Bewerber festlegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.08.2001, BVerwGE 115, 58). Ausgehend von den zu
beamtenrechtlichen Personalentscheidungen entwickelten Grundsätzen verfügt der Dienstherr für die Einschätzung der Eignung, Befähigung
und fachlichen Leistung über eine Beurteilungsermächtigung, in Anbetracht derer sich eine gerichtliche Kontrolle darauf zu beschränken hat, ob
der Dienstherr den rechtlichen Rahmen und die anzuwendenden Begriffe zutreffend gewürdigt, ob er richtige Sachverhaltsannahmen zugrunde
gelegt und ob er allgemein gültige Wertmaßstäbe beachtet und sachfremde Erwägungen unterlassen hat. Dabei bleibt es der Entscheidung des
Dienstherrn überlassen, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umständen er das größere Gewicht
beimisst. Gelangt er bei der Beurteilung zu dem Ergebnis, dass mehrere Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung für das
angestrebte Amt im Wesentlichen gleich geeignet sind, so kann er die Auswahl nach weiteren sachgerechten Kriterien treffen; hierbei steht ihm
ein weites Ermessen hinsichtlich der Bestimmung des Auswahlkriteriums zu (vgl. zum Ganzen Beschlüsse des Senats vom 07.08.1996 - 4 S
1929/96 -, NJW 1996, 2525, vom 30.09.1996 - 4 S 2459/96 -, VBlBW 1997, 146, vom 19.05.1999 - 4 S 1138/99 -, VBlBW 1999, 305, vom
12.04.2005, a.a.O., und vom 13.12.2005 - 4 S 1997/05 -, NVwZ-RR 2006, 489).
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Nach Auffassung des Senats durfte die Beigeladene dem Antragsteller bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle vorgezogen werden, weil
sie bei einem Vergleich der maßgeblichen Anlassbeurteilungen vom 10.01.2007 und 11.01.2007 nach Eignung, Befähigung und fachlicher
Leistung besser beurteilt worden ist als der Antragsteller.
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Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung kommt dienstlichen Beurteilungen vom Beamten und Richtern insbesondere im
Rahmen von eine Personalentscheidung vorbereitenden Auswahlverfahren zur Verwirklichung des Leistungsgrundsatzes entscheidende
Bedeutung zu. Dies wird auch in Abschnitt I. der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums vom 16.04.2002 (Die Justiz 2002, 209;
„Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte“) ausdrücklich hervorgehoben. Die vom Dienstherrn aus dienstlichen Beurteilungen
gewonnenen Erkenntnisse über die fachliche Leistung und die Befähigung müssen sonach eine wesentliche Grundlage für die Feststellung der
Eignung der Bewerber im Rahmen von am Leistungsgrundsatz orientierten Personalentscheidungen bilden und sind in einem Auswahlverfahren
maßgeblich in den Blick zu nehmen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 19.05.1999, a.a.O., vom 12.04.2005, a.a.O., vom 13.12.2005, a.a.O. und
vom 21.12.2006 - 4 S 2206/06 -). Mängel einer im Zusammenhang mit einer Auswahlentscheidung zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilung
können bewirken, dass auch die Auswahlentscheidung rechtswidrig ist. Mit Blick darauf, dass in Stellenbesetzungsverfahren effektiver
Rechtsschutz letztlich nur im Wege vorläufigen Rechtsschutzes erlangt werden kann, weil die Besetzung der Stelle nicht mehr rückgängig
gemacht werden darf (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.2003, BVerwGE 118, 370), ist für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung
des Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Auswahl schon ausreichend, dass ein gegen die dienstliche Beurteilung gerichteter Rechtsbehelf
aussichtsreich ist und die Auswahl des betreffenden Bewerbers nach rechtsfehlerfreier Beurteilung möglich erscheint (BVerfG, Beschlüsse vom
24.09.2002 und vom 29.07.2003, jeweils a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 21.08.2003, a.a.O.; OVG Berlin, Beschluss vom 15.01.2004, NVwZ-RR 2004,
627; Nieders. OVG, Beschluss vom 05.06.2003, NVwZ-RR 2003, 878).
7
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben, da die dienstlichen Beurteilungen und die darauf beruhende Auswahl der
Beigeladenen rechtlich bedenkenfrei sind.
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Dienstliche Beurteilungen können von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Die maßgebliche
Beurteilung darüber, wie Leistungen eines Beamten oder Richters einzuschätzen sind und ob und in welchem Grad er die für sein Amt und für
seine Laufbahn erforderliche Eignung, Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn bzw. dem für
ihn handelnden jeweiligen Beurteiler vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Dieses persönlichkeitsbedingte Werturteil kann durch Dritte nicht
in vollem Umfange nachvollzogen oder gar ersetzt werden. Auch Selbstbeurteilungen des Beamten oder Richters haben insoweit keine
rechtliche Erheblichkeit. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber dieser der gesetzlichen Regelung
immanenten Beurteilungsermächtigung ebenfalls - wie bei der Auswahlentscheidung - im oben dargelegten Sinne zu beschränken. Soweit der
Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind
und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.2002, NVwZ 2003, 1398; Beschlüsse des Senats
vom 12.04.2005 - 4 S 439/05 -, a.a.O., und vom 13.12.2005, a.a.O.). Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die der Auswahlentscheidung
zugrunde gelegten dienstlichen Anlassbeurteilungen vom 10.01.2007 und vom 11.01.2007 rechtlich nicht zu beanstanden.
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Soweit der Antragsteller sich gegen die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen wendet, kann offen bleiben, ob er diese in ihrem Inhalt
hinnehmen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.2003, a.a.O., und Beschluss des Senats vom 12.04.2005, a.a.O.). Denn jedenfalls dürfte sie
nicht rechtswidrig sein. Dies gilt insbesondere für die vom Antragsteller genannten Gesichtspunkte der hinreichenden Beurteilungsgrundlage
und der ausreichenden Plausibilisierung. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner diesen Erfordernissen nicht hinreichend gerecht worden
wäre, hat der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung auch nicht dargelegt.
10 Der Antragsteller hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die aus Anlass der Bewerbung über ihn erstellte dienstliche Beurteilung des
Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs vom 10.01.2007 rechtswidrig ist. Soweit er mit der Beschwerde vorträgt, seine Anträge auf Anhebung
der Beurteilungsstufen in den ihm erteilten dienstlichen Beurteilungen vom 24.04.2003 und vom 11.01.2007 hätten Aussicht auf Erfolg, so dass
auch sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im vorliegenden Zusammenhang entsprechende Erfolgsaussichten hätte, kann
dem nicht gefolgt werden. Soweit der Antragsteller sich gegen die Regelbeurteilung vom Januar 2003 wendet, wäre die begehrte Anhebung
dieser Beurteilung schon deshalb nicht entscheidungserheblich, weil es im vorliegenden Zusammenhang entscheidend auf die aktuellen
Anlassbeurteilungen vom 10.01.2007 und vom 11.01.2007 ankommt. Denn für Auswahlentscheidungen sind in erster Linie aktuelle
Beurteilungen maßgebend. Ältere dienstliche Beurteilungen verhalten sich nicht zu dem nunmehr erreichten Leistungsstand des Beurteilten in
seinem derzeitigen statusrechtlichen Amt. Zwar können sie vor allem bei einem Vergleich von Bewerbern bedeutsame Rückschlüsse und
Prognosen über die künftige Bewährung in einem Beförderungsamt oder einem sonstigen neuen Amt ermöglichen. Ihre zusätzliche
Berücksichtigung bei der Auswahl ist deswegen mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG dann geboten, wenn eine Stichentscheidung unter zwei oder
mehr aktuell im Wesentlichen gleich beurteilten Beamten zu treffen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.12.2002, a.a.O., und vom 27.02.2003, NVwZ
2003, 1397; Beschluss des Senats vom 12.04.2005, a.a.O.). Dies war hier jedoch nicht der Fall, denn der Antragsgegner hat der Beigeladenen
im Ergebnis bereits bei dem gebotenen Vergleich der Anlassbeurteilungen gegenüber dem Antragsteller einen Eignungsvorsprung ohne
erkennbare Beurteilungsfehler zuerkannt. Vor diesem Hintergrund bedurfte es bei der Auswahlentscheidung nicht der Berücksichtigung der dem
Antragsteller erteilten - älteren - dienstlichen Regelbeurteilung vom 22.01.2003. Soweit der Antragsteller sich auf eine Überprüfung der aktuellen
Anlassbeurteilung vom 10.01.2007 mit dem Ziel einer Anhebung beruft, fehlen diesem Begehren wegen des dem Antragsgegner eingeräumten
Beurteilungsspielraums die Erfolgsaussichten. Wenn der Antragsteller sich insoweit auf eine Reduzierung des Beurteilungsspielraums mit der
Begründung beruft, eine Anhebung der ihm erteilten Beurteilungsstufe sei rechtlich geboten, hat er dahingehende Tatsachen auch mit seinem
Beschwerdevorbringen nicht glaubhaft gemacht.
11 Entgegen dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers hat der Antragsgegner auf der Grundlage der über den Antragsteller und die
Beigeladene erstellten, aktuellen Anlassbeurteilungen im Rahmen des ihm für die vergleichende Gewichtung der maßgeblichen Umstände
erteilten Beurteilungsspielraums trotz der beiden Bewerbern zuerkannten übereinstimmenden Gesamturteile ohne erkennbaren
Beurteilungsfehler einen Eignungsvorsprung der Beigeladenen für das von ihr und dem Antragsteller angestrebte Amt einer Vorsitzenden
Richterin/eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht angenommen.
12 Ausgangspunkt ist dabei die Erwägung, dass der Antragsgegner die einen Vorsprung der Beigeladenen begründenden Eignungsbewertungen
in der Weise vorgenommen hat, dass er bei der Auswahlentscheidung auf die Bewertung von solchen Merkmalen (Kompetenzfeldern) aus den
dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen hat, denen er im Hinblick auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle besondere
Bedeutung beigemessen hat (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.11.2001, DÖD 2002, 285 = IÖD 2002, 172). Diese Handhabung
begegnet weder allgemein noch im vorliegenden Zusammenhang durchgreifenden Bedenken. In derartigen Fällen hat der Dienstherr nämlich
einen Beurteilungs- oder Einschätzungsspielraum, welchen der sich aus den Beurteilungen ergebenden Leistungs- und Eignungskriterien er mit
Blick auf die Anforderungen des zu besetzenden Amtes ein größeres Gewicht beimessen will. Lassen sich schon danach sachgerechte Kriterien
finden, bedarf es keines Rückgriffs auf frühere Beurteilungen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.06.2007 - 10 D 10457/07 -, Juris).
Der Dienstherr wird dadurch zugleich dem aus dem Grundsatz der Bestenauslese herzuleitenden Gebot gerecht, zunächst die vorliegenden
dienstlichen Beurteilungen unter Berücksichtigung von Einzelfeststellungen und - wenn die Voraussetzungen vorliegen - danach ggfs. die
älteren Beurteilungen inhaltlich auszuschöpfen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 08.09.2006, NdsVBl 2006, 341). Dies entspricht
zugleich dem Gebot, die Eignungsbewertung folgerichtig aus dem Leistungs- und Befähigungsprofil zu entwickeln.
13 Danach kommt dem Anforderungsprofil an das Amt einer Vorsitzenden Richterin/eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht für die
gebotene vergleichende Gewichtung der aus den dienstlichen Beurteilungen ersichtlichen Eignungskriterien eine besondere Bedeutung zu. Das
Anforderungsprofil ergibt sich aus der Beurteilungsrichtlinie vom 16.04.2002 (a.a.O.). Danach werden für dieses Amt neben der Erfüllung der
Grundanforderungen eine ausgeprägte Fachkompetenz, eine ausgeprägte soziale Kompetenz und Führungskompetenz verlangt. Die
Einzelheiten dieser notwendigen Kompetenzen werden - in sich schlüssig - näher beschrieben. Die Entwicklung eines derartigen
Anforderungsprofils hält sich angesichts der mit dem Amt verbundenen sowohl fachlichen als auch gestalterischen Aufgaben offenbar, auch
soweit es um die näheren Einzelheiten geht, im Rahmen des dem Antragsgegner zustehenden und durch die Beurteilungsrichtlinie
konkretisierten Organisationsermessens. Das vom Antragsgegner entwickelte differenzierte Anforderungsprofil ist deshalb ein zulässiger
Bezugspunkt für die Gewichtung der sich aus den dienstlichen Beurteilungen der Bewerber ergebenden Eignungsmerkmale. Das Erfordernis,
über die fachlichen Kompetenzen hinaus weiteren Anforderungen gerecht zu werden, wird auch dadurch verdeutlicht, dass die berufliche
Tätigkeit des Vorsitzenden Richters innerhalb des bestehenden gesetzlichen Rahmens mittlerweile durch eine gestärkte dezentrale
Personalverantwortung gekennzeichnet ist (vgl. Abschnitt III. Abs. 1 der Beurteilungsrichtlinie).
14 Nach diesen Maßstäben erweist sich der Eignungsvorsprung, den der Antragsgegner bei der Auswahlentscheidung im Rahmen des ihm
eröffneten Beurteilungsspielraums der Beigeladenen zuerkannt hat, als rechtlich nicht zu beanstanden. Wie aus der über den Antragsteller
anlässlich seiner Bewerbung erstellten dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2007 hervorgeht, wurde er in der zusammengefassten, nach einer
der in der Beurteilungsrichtlinie vorgegebenen Beurteilungsstufen zu erteilenden Beurteilung vom zuständigen Präsidenten des
Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg dahingehend eingeschätzt, dass er die Anforderungen an das Amt eines Vorsitzenden Richters am
Verwaltungsgericht „übertreffen“ wird. Die anlässlich der Bewerbung der Beigeladenen erteilte dienstliche Beurteilung des Präsidenten des
Verwaltungsgerichtshofs vom 11.01.2007 kam ebenfalls zu der zusammengefassten Beurteilung, dass sie die Anforderungen an ein derartiges
Amt „übertreffen“ wird. Dies könnte zwar bedeuten, dass beide Bewerber, auch unter Berücksichtigung der in den dienstlichen Beurteilungen
enthaltenen verbalen Beschreibungen ihrer Leistungen, im Wesentlichen gleich beurteilt worden sind. Indes ist der Dienstherr zu einer
inhaltlichen Ausschöpfung dienstlicher Beurteilungen nicht nur berechtigt, sondern er ist verpflichtet, eine solche zumindest ernsthaft in Betracht
zu ziehen. Der Dienstherr muss bei - wie hier - gleichlautendem Gesamturteil der Frage nachgehen, ob die Einzelfeststellungen in aktuellen
dienstlichen Beurteilungen eine Prognose über die zukünftige Bewährung in dem angestrebten Amt ermöglichen. Er darf sich also im Rahmen
eines Qualifikationsvergleichs nicht ohne weiteres auf das Gesamturteil aktueller Beurteilungen beschränken (vgl. Senatsbeschluss vom
21.12.2006 - 4 S 2206/06 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.12.2005, NVwZ-RR 2006, 343). Insoweit durfte der Antragsgegner in
Ausübung seines Beurteilungsspielraums zusätzlich darauf abstellen, dass die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und der
Beigeladenen einen Vorsprung der Beigeladenen hinsichtlich der Beurteilung der sozialen Kompetenz und der Führungskompetenz aufweisen.
Dabei vermag der Senat, ebenso wie bereits das Verwaltungsgericht, nichts dagegen zu erinnern, dass der Antragsgegner bei der gebotenen
vergleichenden Gewichtung dieser Einzelmerkmale, wie sie in der schriftlichen Begründung der Auswahlentscheidung vom 09.03.2007 zutage
getreten ist, der Beigeladenen einen Vorsprung zuerkannt hat. Dieser Vorsprung lässt sich, bei Berücksichtigung des dem Antragsgegner
insoweit zustehenden Einschätzungsspielraums, plausibel aus den beiden Beurteilungen herleiten.
15 Soweit der Antragsteller geltend macht, aus den vorliegenden Anlassbeurteilungen lasse sich der vom Antragsgegner angenommene Vorsprung
der Beigeladenen in diesen Kompetenzbereichen nicht herleiten, teilt der Senat diese Ansicht nicht. Mit dem Antragsteller ist er freilich der
Auffassung, dass diese beiden Eigenschaften auch bei ihm ausgesprochen positiv eingeschätzt worden sind. Das folgt aus den dem
Antragsteller zuerkannten Werturteilen, nach denen er u.a. eine „angemessene Autorität“ ausstrahle und es sich bei ihm um eine „eindrucksvolle
Richterpersönlichkeit“ handele. Auch wird zur Führungskompetenz des Antragstellers im Anschluss an den Beurteilungsbeitrag des
Senatsvorsitzenden vom Beurteiler ausgeführt, sein Engagement für Belange des Hauses sei stark gewachsen, er sei ein kenntnisreicher und
souverän seine Meinung vertretender Gesprächspartner, vorbildlich in seiner Verantwortungsbereitschaft und seinem Pflichtbewusstsein. Der
Beurteiler bringt des Weiteren die Überzeugung zum Ausdruck, dass der Antragsteller in der Zusammenarbeit mit Kollegen und Mitarbeitern
einerseits ausgleichend wirken, andererseits durch Verdeutlichung von gemeinsamen Zielen aber auch gewünschte Ergebnisse erreichen
könne. Demgegenüber ist die Beigeladene in den Bereichen der sozialen Kompetenz und der Führungskompetenz noch besser beurteilt
worden. In der Beschreibung ihrer Persönlichkeit werden u.a. ihre „hohe Begabung“ zur Motivation Dritter, ihre Tatkraft, ihre Bereitschaft zu
vertrauensvoller Zusammenarbeit als Eigenschaften „besonders hervorgehoben“, die sie „in besonderem Maße“ befähigen würden, den
Kammervorsitz an einem Verwaltungsgericht zu übernehmen. In den vom Beurteiler übernommenen Beurteilungsbeiträgen ihrer
Senatsvorsitzenden wird ausgeführt, dass die Zusammenarbeit „besser nicht hätte sein können“, dass sie eine in sich ruhende
Richterpersönlichkeit mit einer „ausgesprochen positiven Ausstrahlung“ und einer „besonders ausgeprägten“ sozialen Kompetenz sei, über
„außergewöhnliche kommunikative Fähigkeiten“ und eine „besondere Teamfähigkeit“ verfüge. Ihre Führungskompetenz umschreibt der
Beurteiler dahingehend, dass sie eine Persönlichkeit sei, die „in ganz besonderem Maße“ die Fähigkeit besitze, ihre positive Einstellung zur
Arbeit auf Kollegen und Mitarbeiter zu übertragen und dass sie in der Lage sein werde, die Kammergeschäfte „bestens abzustimmen und zu
koordinieren“.
16 Auf der Grundlage dieser beiden Beurteilungen kann der Senat nichts gegen die Einschätzung des Antragsgegners erinnern, dass die
Beigeladene in den genannten beiden Kompetenzfeldern besser als der Antragsteller beurteilt worden sei. Dieser Eindruck ergibt sich aus dem
objektiven Erklärungsinhalt der in den Beurteilungen zum Ausdruck gebrachten Bewertungen. Dabei ist auch von Bedeutung, dass beide
Beurteilungen nahezu zeitgleich von demselben Beurteiler erstellt worden sind. Dabei ist es für die Rechtmäßigkeit der im Rahmen des
Beurteilungsspielraums erfolgten vergleichenden Gewichtungen des Antragsgegners bei seiner Auswahlentscheidung unerheblich, dass die
zugrundeliegenden Anlassbeurteilungen sich nicht in jeder Hinsicht deckungsgleich und schematisch mit einer gleichmäßigen Begründungstiefe
zu denselben einzelnen Eigenschaften verhalten, die für die soziale Kompetenz und die Führungskompetenz in Betracht kommen, sondern
teilweise unterschiedliche einzelne Merkmale in den Blick nehmen. Denn die getroffenen Aussagen sind jedenfalls in der vergleichenden
Zusammenschau von ihren Gegenständen her hinreichend deckungsgleich und aussagekräftig und lassen den vom Antragsgegner
angenommenen Vorsprung der Beigeladenen bei der vergleichenden Einschätzung genügend plausibel erscheinen.
17 Hinsichtlich der weiteren relevanten Einzelfeststellungen ist der Antragsgegner in Ausübung seines Beurteilungsspielraums beim Vergleich der
fachlichen Befähigung und der Leistung der beiden Bewerber zu einem Vorsprung des Antragstellers gelangt. Er hat zwar berücksichtigt, dass
der Beigeladenen eine „ausgeprägte Fachkompetenz“ bescheinigt worden ist, hat aber eine darüber hinausgehende, deutlich über dem
Durchschnitt liegende fachliche Befähigung des Antragstellers bejaht. Dieses vergleichende Werturteil wird durch entsprechende Ausführungen
in den beiden Anlassbeurteilungen gestützt, denen zufolge die Beigeladene umfassende Rechtskenntnisse besitzt, die sie aufgrund ihrer
juristischen Befähigung und schnellen Auffassungsgabe im Einzelfall anwenden und vertiefen kann, ferner ein gutes Verhandlungsgeschick und
eine besondere Fähigkeit zum Ausgleich. Der Beurteiler führt weiter aus, sie besitze eine mit hohem praktischen Gespür gepaarte
Auffassungsgabe, eine sichere Urteilsfähigkeit und eine beeindruckende Entschlusskraft. Demgegenüber heißt es in der Beurteilung der
fachlichen Befähigung und Leistung des Antragstellers, seine hohe Leistungsbereitschaft und seine erbrachten Leistungen hätten nie
nachgelassen und seine Belastbarkeit, auch bei der Bearbeitung von „Großverfahren“, sei stark ausgeprägt. Die schnelle und dennoch
gründliche Arbeitsweise verdiene besondere Hervorhebung; die schon früher gelobte fachliche Kompetenz des Antragstellers auf vielfältigen
und mitunter schwierigen Arbeitsfeldern habe sich weiter gesteigert und seine Fachkenntnisse seien sehr gut. Die Qualität seiner Arbeit erreiche
ein „ausgesprochen hohes Niveau“ mit Differenzierungsvermögen, Sinn für praxisgerechte Lösungen, Kreativität und juristischer Phantasie. Der
Beurteiler zieht daraus den Schluss, der Antragsteller besitze eine deutlich über dem Durchschnitt liegende fachlich-juristische Qualifikation.
18 Auf der Grundlage dieser ebenfalls nachvollziehbaren und als Werturteil hinreichend plausibel gemachten Einschätzungen hält der Senat es für
rechtlich bedenkenfrei, dass der Antragsgegner bei der vergleichenden Gewichtung der Einzelmerkmale „fachliche Befähigung und Leistung“ in
Ausübung seines Beurteilungsspielraums - anders als bei der sozialen Kompetenz und Führungskompetenz - einen Vorsprung des
Antragstellers angenommen hat. Wie sich aus der Begründung der Auswahlentscheidung des Antragsgegners ergibt, hat dieser bei der wegen
des gleichlautenden Gesamturteils erforderlichen Gewichtung der einzelnen Kompetenzfelder seinen Einschätzungsspielraum nun dahingehend
ausgeübt, dass er für das zu besetzende Amt des Vorsitzenden Richters in der ersten Instanz bei Berücksichtigung des entsprechenden
Anforderungsprofils der sozialen Kompetenz und der Führungskompetenz einerseits ein größeres Gewicht beigemessen hat als der fachlich-
juristischen Befähigung und Leistung andererseits und deshalb insgesamt einen Eignungsvorsprung der Beigeladenen angenommen hat. Auch
dies ist nach Auffassung des Senats sowohl generell als auch mit Blick auf den vorliegenden Fall rechtlich nicht zu beanstanden. Denn der
Antragsgegner war berechtigt, im Hinblick auf die durch die Beurteilungsrichtlinie geforderten verschiedenen Kompetenzfelder, denen die
Vorsitzende Richterin bzw. der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht gerecht werden muss, eine vergleichende Gewichtung der bei den
beiden Bewerbern insoweit festgestellten Eignungsmerkmale vorzunehmen. Diese Gewichtung ist, wovon bereits das Verwaltungsgericht
ausgegangen ist, ohne erkennbare Beurteilungs- und Ermessensfehler erfolgt. Insbesondere hat der Antragsgegner die Bedeutung sowohl der
Fachkompetenz einerseits als auch der sozialen Kompetenz und der Führungskompetenz andererseits in ihrer objektiven Gewichtigkeit nicht
verkannt und davon ausgehend die Einschätzung dieser Fähigkeiten bei beiden Bewerbern auf der Grundlage der aktuellen
Anlassbeurteilungen ohne ersichtliche Rechtsfehler vorgenommen.
19 Die vom Antragsgegner in der Beurteilungsrichtlinie als Merkmalsgruppen des Anforderungsprofils entwickelten Kompetenzfelder erscheinen
gesetzeskonform und sachgerecht. Das Amt wird durch die Funktionen geprägt, die seinem Inhaber durch die Bestimmungen des Prozessrechts
(vgl. etwa §§ 5, 86 Abs. 3, 102 bis 104, 169 VwGO und 21 GVG) zugewiesen sind. Danach sind Rechtskenntnisse, Führungsqualitäten und
Verhandlungsgeschick erforderlich. Auch wird die Funktion des Vorsitzenden in Rechtsprechung und Rechtslehre dahingehend umschrieben,
dass er im Rahmen des Möglichen eine grundsätzliche Gewähr für die Güte und Stetigkeit der Rechtsprechung innerhalb des einzelnen
Spruchkörpers zu schaffen und darauf einen richtunggebenden Einfluss auszuüben habe, was der Antragsgegner auch in sein
Anforderungsprofil aufgenommen hat. Hierfür ist der Einsatz von Richtern erforderlich, die besonders qualifiziert und ausgesucht sind. Mit
Aufgaben eines Vorsitzenden sollen nur solche Richter betraut werden, denen eine größere Sachkunde, eine reifere Erfahrung und eine bessere
Menschenkenntnis als den übrigen Mitgliedern des Spruchkörpers zukommt. Ein Vorsitzender wird danach nur seinen Aufgaben in dem
gesetzlich gebotenen Maße gerecht, wenn er durch den Umfang seiner Tätigkeit im Spruchkörper einen richtunggebenden Einfluss auf die
Rechtsprechung dieses Spruchkörpers ausüben kann (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.01.1999, NVwZ-RR 1999, 417; VG
Karlsruhe, Beschluss vom 12.08.1999 - 2 K 1814/99 -, Juris; Kissel, GVG, 4. Aufl., 2005, § 59 RdNr. 7 m.w.N.).
20 Diesen Anforderungen wird das vom Antragsgegner entwickelte Anforderungsprofil - auch in seinen einzelnen Kompetenzfeldern - gerecht. Zwar
kommt der fachlichen Befähigung und Leistung nach dem gesetzlich vorgeprägten Berufsbild des Vorsitzenden Richters an einem
Verwaltungsgericht hohe Bedeutung zu. Dem trägt die Beurteilungsrichtlinie dadurch Rechnung, dass sie vor allem die besondere Fähigkeit zu
vertiefter Auseinandersetzung mit Rechtsproblemen, ein besonderes Verständnis für die praktischen Konsequenzen rechtlicher Lösungsansätze,
die Fähigkeit, auf die Güte und Stetigkeit der Rechtsprechung des Spruchkörpers einen richtunggebenden Einfluss einzuüben und Erfahrung in
der Verhandlungsführung verlangt. Vor allem der geforderte richtunggebende Einfluss ist von erheblicher Bedeutung und muss bei der
Eignungsbewertung gebührend beachtet werden. Demgegenüber erscheinen aber auch die von der Richtlinie geforderten zusätzlichen
Fähigkeiten einer ausgeprägten sozialen Kompetenz (u.a. Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit) und einer Führungskompetenz (u.a.
Integrationskraft, Motivationskraft, Organisationstalent, Unterstützung von Nachwuchskräften) als weitere Teile des Anforderungsprofils
sachgerecht. Dabei ist von Bedeutung, dass diese Fähigkeiten nicht nur bei der Rechtsprechungstätigkeit, sondern auch bei der Wahrnehmung
der gewachsenen dezentralen Personalverantwortung unerlässlich sind. Bei der vergleichenden Bewertung der Eignung von Bewerbern für das
Amt eines Vorsitzenden Richters ist daher darauf zu achten, dass diese unterschiedlichen Anforderungen ihrer objektiven Gewichtigkeit
entsprechend, ohne unangemessene Zurücksetzung bestimmter einzelner Fähigkeiten, im Rahmen des vorhandenen Einschätzungsspielraums
allgemein und im jeweiligen Einzelfall gerecht abgewogen werden. Dabei ist es mit Blick auf die objektive Gewichtigkeit der einzelnen
Kompetenzbereiche und die individuellen Eigenschaften der Bewerber nicht geboten, einem Bewerber, der einen Vorsprung in der fachlichen
Kompetenz aufzuweisen hat, in allen Fällen den Vorzug zu geben.
21 Nach diesen Maßstäben hält der Senat - wie schon das Verwaltungsgericht - die getroffene Auswahlentscheidung für rechtmäßig. Die gebotene
vergleichende Bewertung aller im Anforderungsprofil enthaltenen Kompetenzfelder, die zur Feststellung der Eignung für das angestrebte Amt
vorgenommen werden muss, dürfte zu keiner unangemessenen Zurücksetzung der Fähigkeiten des Antragstellers geführt haben. Dabei geht der
Senat davon aus, dass die stärkere Gewichtung derjenigen Eigenschaften, hinsichtlich derer der Beigeladenen ein Vorsprung zuerkannt worden
ist, möglich ist, obwohl diese Eigenschaften - wie auch die dem Antragsteller zuerkannten positiven Einschätzungen - bereits in das
zusammenfassende Gesamturteil Eingang gefunden haben. Denn das Gebot, bei gleichlautendem Gesamturteil die Einzelfeststellungen, welche
zu diesem geführt haben, vergleichend zu gewichten, setzt notwendig die darin liegende erneute Berücksichtigung voraus. Dagegen ist nichts
einzuwenden, so lange die Gewichtung sachgerecht erfolgt. Davon ist im vorliegenden Zusammenhang auszugehen. Auch im Übrigen erscheint
die stärkere Gewichtung der Kompetenzen, welche bei der Beigeladenen besonders ausgeprägt sind, gegenüber den besonderen fachlichen
Fähigkeiten und Leistungen des Antragstellers nicht unangemessen. Denn die Unterschiede in den Bewertungen der verschiedenen
Eigenschaften des Antragstellers und der Beigeladenen sind nicht so groß, dass von einer unausgewogenen Entscheidung gesprochen werden
müsste: Der dem Antragsteller bescheinigte Vorsprung in der Fachkompetenz ist nicht derartig, dass er gegenüber dem Vorsprung der
Beigeladenen bei der sozialen Kompetenz und der Führungskompetenz den Ausschlag hätte geben müssen. Die Bevorzugung der
Beigeladenen hält sich demnach im Rahmen des dem Antragsgegner eingeräumten Beurteilungsspielraums.
22 Dem vom Antragsteller mit der Begründung seiner Beschwerde des Weiteren gestellten Antrag auf erweiterte Akteneinsicht braucht der Senat
nicht zu entsprechen. Denn die von dem Antragsteller vermutete Unvollständigkeit der vom Antragsgegner vorgelegten, für das streitige
Auswahlverfahren maßgeblichen Akten des Justizministeriums ist nicht gegeben. Dazu hat der Antragsgegner in seiner Beschwerdeerwiderung
vom 18.06.2007 glaubhaft vorgetragen, dass die bereits dem Verwaltungsgericht vorgelegten Akten vollständig sind und weitere für die
Auswahlentscheidung relevante Verfahrensakten nicht existieren. Der Senat sieht sich daher nicht veranlasst, dem Antragsgegner die Vorlage
weiterer Akten aufzugeben. Das gilt auch für den vom Personalreferat des Justizministeriums für den Justizminister gefertigten „internen
Vermerk“, welcher nach der glaubhaften Darlegung des Antragsgegners in der Beschwerdeerwiderung allein als unvollständige, lediglich einen
mündlichen Vortrag des Personalreferats gegenüber der Hausspitze ersetzende und die Auswahlentscheidung nicht tragende Gedankenstütze
für den Minister vorbereitet wird. Der darin liegenden bloßen Information für den Minister kommt folglich keine für das Auswahlverfahren
erhebliche rechtliche Bedeutung zu, so dass es vertretbar erscheint, ihn nicht als Bestandteil der Akten anzusehen. Dies wird auch dadurch
deutlich, dass der Vermerk nach der Entscheidung des Ministers vernichtet wird.
23 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat hält es für billig, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
für erstattungsfähig zu erklären, da sie einen Sachantrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat.
24 Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 und 52 Abs. 2 GKG. Es entspricht der ständigen Praxis des Senats, in Verfahren
der vorliegenden Art, in denen der Antragsteller die einstweilige Sicherung seines Bewerberanspruchs erstrebt, auf den Auffangstreitwert
zurückzugreifen, der nach § 52 Abs. 2 GKG 5.000,-- EUR beträgt, und ihn wegen der besonderen Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes in
diesen Verfahren nicht zu halbieren (vgl. etwa Beschluss vom 21.12.2006 - 4 S 2206/06 -).
25 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).