Urteil des OLG Zweibrücken vom 22.12.2010

OLG Zweibrücken: grundbuchamt, vag, grundpfandrecht, zwischenverfügung, urkunde, verfügungsbeschränkung, abtretung, aufnehmen, grundstück, legalitätsprinzip

Sonstiges
OLG
Zweibrücken
22.12.2010
3 W 202/10
Aktenzeichen:
3 W 202/10
Grundbuch von B......
Bl. ....
AG Bingen
BC-3352-18
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Beschluss
In dem Verfahren
betreffend das im Grundbuch von B..... Bl. ..... eingetragene Grundstück Flur .., Flurstück ...., Gebäude und
Freifläche, O.......,
an dem beteiligt sind:
1. D...... a.G., vertreten durch den Vorstand, ......,
Antragsteller und Beschwerdeführer,
2. G... E..... und F...... P......,
Grundstückseigentümer,
hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Kestel, den Richter am Oberlandesgericht Kratz und die
Richterin am Oberlandesgericht Stutz
auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 7. Dezember 2010
gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Bingen vom
1. Oktober 2010 und vom 18. November 2010
ohne mündliche Verhandlung
am 22. Dezember 2010
beschlossen:
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Bingen vom 1. Oktober
2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt - Bingen vom 18.
November 2010 wird zurückgewiesen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens betreffend den Beschluss vom 1. Oktober 2010 und betreffend die
Zwischenverfügung vom 18. November 2010 des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Bingen wird auf jeweils
5112,91 € (20 % von 25.564,59 €) festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Im Grundbuch von B..... war zu Lasten des vorbezeichneten Grundstücks in Abteilung drei eine
Grundschuld zugunsten der D...... AG über 25.564,59 € eingetragen. Mit notarieller Urkunde vom 3./7.
September 2010 trat diese die Grundschuld an den Beteiligten zu 1) ab. Mit weiterer notarieller Urkunde
vom 3./7. September 2010 erklärte der Beteiligte zu 1), er werde die Grundschuld gem. §§ 65 ff. VAG nach
Eintragung der Abtretung in sein Sicherungsvermögen aufnehmen und bewilligte und beantragte deshalb
die Eintragung eines sog. Treuhändersperrvermerks im Grundbuch. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2010
wies das Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung des Sperrvermerks zurück. Der Gläubigerwechsel
wurde am selben Tag im Grundbuch eingetragen. In dem der Zurückweisung vorausgegangenen
Schriftwechsel äußerte der Beteiligte zu 1) seine Rechtsansicht, die Aufnahme der Grundschuld in das
Sicherungsvermögen dürfe erst erfolgen, nachdem der Sperrvermerk im Grundbuch eingetragen worden
sei.
Mit notarieller Urkunde vom 10./12.11.2010 bewilligte und beantragte der Beteiligte zu 1) erneut die
Eintragung eines Sperrvermerks. In dem Antrag heißt es: „Die unten genannte Gläubigerin wird gemäß §§
65 ff VAG das Grundpfandrecht nach Eintragung der Abtretung in das Grundbuch in ihr
Sicherungsvermögen aufnehmen“. Mit der angegriffenen Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt der
Beteiligten zu 1) aufgegeben, zu erklären und zu belegen, dass das Grundpfandrecht zwischenzeitlich in
das Sicherungsvermögen übernommen worden sei.
Hiergegen und gegen den Beschluss vom 1. Oktober 2010 richtet sich die (unter dem Briefkopf der
früheren Gläubigerin eingelegte, indes unter der Bezeichnung der Beteiligten zu 1) unterzeichnete)
Beschwerde der Beteiligten zu 1), der der Rechtspfleger nicht abgeholfen und sie dem Senat zur
Entscheidung vorgelegt hat. Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Beteiligte zu 1) aus, der
Nachweis der Zugehörigkeit zum Sicherungsvermögen sei ihr nicht möglich, weil das Grundpfandrecht
erst nach der Eintragung des Sperrvermerks zum Sicherungsvermögen genommen werden könne.
Andernfalls könne für die Dauer der Bearbeitung durch das Grundbuch über die Grundschuld verfügt
werden, was gesetzlich nicht zulässig sei.
II.
1. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat ist nach §§ 72, 81 Abs. 1 GBO für die
Entscheidung über die Beschwerde zuständig.
2. Die Beschwerde führt in der Sache nicht zu dem angestrebten Erfolg. Das Grundbuchamt hat vielmehr
mit zutreffender Begründung den Eintragungsantrag abgelehnt bzw. den erneuten Eintragungsantrag mit
einer Zwischenverfügung verbeschieden. Im Einzelnen gilt folgendes:
a) Nach §§ 66 ff VAG hat der Vorstand eines Versicherungsunternehmens Beträge in bestimmter Höhe
dem sog. Sicherungsvermögen zuzuführen. Nach § 66 Abs. 6 Satz 1 VAG sind die Bestände des
Sicherungsvermögens einzeln in ein Vermögensverzeichnis einzutragen. Nach § 70 Satz 1 VAG
überwacht das Sicherungsvermögen ein Treuhänder. Das Sicherungsvermögen ist nach § 72 Abs. 1 VAG
so sicherzustellen, dass nur mit Zustimmung des Treuhänders darüber verfügt werden kann. Bei
Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, die ebenfalls Gegenstand des Sicherungsvermögens
sein können, erfolgt diese Sicherstellung durch Eintragung eines sog. „Sperrvermerks“ in Abteilung drei
des Grundbuchs (Lipowsky in Prölls, VAG, 12. Aufl., § 72 Rn 10 m.w.N.). Dieser Sperrvermerk hat
deklaratorische Bedeutung; die Verfügungsbeschränkung tritt kraft Gesetzes ein mit der Aufnahme des
Vermögenswertes in das Sicherungsvermögen (LG Bielefeld, VersR 1993, 333; Lipowsky a.a.O).
b) Nach dem im Grundbuchrecht geltenden formellen Konsensprinzip bedarf es zur Eintragung in das
Grundbuch der Bewilligung desjenigen, dessen Recht von ihr betroffen wird (§ 19 GBO). Sollen
Grundpfandrecht und Sperrvermerk erstmals und gleichzeitig eingetragen werden, so sind durch die
Eintragung des Sperrvermerks der Grundschuldgläubiger und der Grundstückseigentümer betroffen
(BayObLG, VersR 1965, 125). Ist hingegen der Grundschuldgläubiger bereits im Grundbuch eingetragen
und soll nur der Sperrvermerk nachträglich eingetragen werden, so ist alleine er durch die Eintragung
betroffen und somit bewilligungs- und antragsbefugt.
Ausgehend hiervon war der Beteiligte zu 1) grundsätzlich nach seiner Eintragung als
Grundschuldgläubiger im Grundbuch ab dem 1. Oktober 2010 bewilligungsberechtigt. Zur Eintragung des
Sperrvermerks hätte deshalb seine Behauptung ausgereicht, das Grundstück sei dem
Sicherungsvermögen zugeführt verbunden mit der Bewilligung der Eintragung der
Verfügungsbeschränkung (LG Traunstein, Beschluss vom 19.3.1980, 4 T 610/80). Ob der Beteiligte zu 1)
die Bewilligung auch schon zeitlich vor seiner Eintragung (für die Zeit danach) erklären konnte, wie hier
mit dem durch Beschluss vom 1. Oktober 2010 zurückgewiesenen Antrag, kann im Weiteren dahin stehen.
Sowohl der Antrag vom 3./7. September 2010 als auch derjenige vom 10./12.11.2010 sind nämlich aus
einem anderen Grund nicht vollzugsfähig. Mag nämlich auch im Grundbuchrecht das oben beschriebene
formelle Konsensprinzip gelten, so verpflichtet die nach dem Legalitätsprinzip erforderliche Prüfung der
Gesetzesmäßigkeit einer beantragten Eintragung das Grundbuchamt auch, das Grundbuch mit der
wirklichen Rechtslage in Einklang zu halten. Das Grundbuchamt darf deshalb nicht bewusst daran
mitwirken, das Grundbuch unrichtig zu machen; es darf keine Eintragung vornehmen, deren Unrichtigkeit
ihm positiv bekannt ist (BGHZ 35, 135 und BGHZ 106,
108
). So liegt der Fall hier. Der Beteiligte zu 1) hat
nämlich vorgetragen, das Grundpfandrecht tatsächlich noch nicht seinem Sicherungsvermögen zugeführt
zu haben, weil er der rechtsirrigen Auffassung ist, dies erst tun zu können, nachdem die Eintragung des
Sperrvermerks im Grundbuch erfolgt ist. Entgegen seiner Ansicht folgt ein solches Erfordernis jedoch nicht
aus § 72 Abs. 1 VAG. Danach ist das Sicherungsvermögen so sicherzustellen, dass nur mit Zustimmung
des Treuhänders darüber verfügt werden kann. Diese Bestimmung verlangt aber nicht die Herbeiführung
einer – jedenfalls zeitweiligen – Grundbuchunrichtigkeit, denn solange der Vermögenswert nicht dem
Sicherungsvermögen zugeführt ist, besteht keine Verfügungssperre und wäre die Eintragung im
Grundbuch deshalb falsch. Der Rechtspfleger bei dem Grundbuchamt hat deshalb zu Recht von dem
Beteiligten zu 1) verlangt, dass dieser (zumindest) erklärt, dass das Grundpfandrecht dem
Sicherungsvermögen zugeführt worden ist.
3. Den Geschäftswert hat der Senat nach § 131 Abs. 1 und Abs. 4 i. V. m. § 30 Abs. 1 KostO festgesetzt.
Kestel Kratz Stutz